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1. Bürgerkunde - S. 19

1907 - München : Gerber
19 Später schlossen sie sich zum Zwecke gegenseitiger Hilse sogar zu „ländlichen S ch u tz g i l d e n" *) zusammen. Auch die Handwerker in den Städten vereinigten sich zu Gilden. Die Handwerkergilden umfaßten gewöhnlich nur Mit- glieder eines einzelnen Handwerkes einer Stadt. Die meisten Handwerkergilden entstanden aus Bruderschaften. Die Mitglieder eines Handwerks verehrten einen Heiligen als gemeinsamen Schutzpatron, die Schuhmacher z. B den hl. Crispin. Mehrmals im Jahre fanden festliche Zusammenkünfte statt; das Hauptfest war das Fest des Schutzpatrons. Es begann mit einer kirchlichen Feier und endete mit geselliger Unterhaltung. (Vergl. die religiösen Handwerkervereine in unserer Zeit!) Die Bruderschaften verpflichteten ihre Mitglieder zu Werken der Nächstenliebe: Hilfe- leistung bei Krankheit, Unterstützung der Hinterbliebenen eines verstorbenen Mitgliedes re. In Bremen hatten die Schuster be- reits zu Anfang des 13. Jahrhunderts dem deutschen Orden ein Krankenhaus gebaut. Mit der Zeit änderten sich die Bestrebungen der Zünfte insofern, als sie in erster Linie auf Förderung des Handwerks bedacht waren. Aus den religiösen Vereinigungen wurden gewerbliche Z ü n f t e?) Einige Zünfte waren auch aus 2. Zünfte. Vereinigungen der Handwerker auf den Fronhöfen entstanden. Hauptziel jeder Zunft war: Förderung des Handwerks. Die Zünftler erkannten, daß hiezu tüchtige Handwerker und recht- schaffene Männer notwendig seien; sie empfanden, daß die Hebung des Handwerks nur durch gewerbliche, geistige und sittliche Hebung der Handwerker möglich sei. Dieser gesunde Grundsatz der Selbst- hilfe durch Selbstzucht kam in der ganzen Einrichtung der Zünfte zum Ausdruck. . Der Vorstand der Zunft, die gewöhnlich nur Mitglieder ^ Zunst- eines Gewerbes umfaßte, war der Zunftmeister; die Ausschuß- um im0' Mitglieder waren die Altmeister. Die Versammlungen wurden in der Zunftstube, der Herberge, die sich meist in einem Wirtshause befand, abgehalten. Ein Schrein in der Zunftstube, die Lade, diente zur Aufbewahrung der Vereinsgesetze (Statuten, Satzungen), des Siegels und des Zunftvermögens. Bei den Zunftversamm- lungen wurde über Zunftangelegenheiten beraten und beschlossen. Die Zünftler verfolgten außer gewerblichen Zwecken auch allgemeine. Sie fühlten sich als eine große Familie. Die älteren suchten die jüngeren, die so leicht dem Genusse und der Ver- suchung verfallen, durch Beispiel, Gewöhnung und Überwachung vor Müßiggang und Laster zu bewahren, sie zu Fleiß und Tüchtigkeit zu erziehen. Kranke Mitglieder der Zunftfamilie 9 Gilde — zahlende Vereinigung. _ ,2) Zunft von ziemen — geziemen, schicken; Zunft, eigentlich Zumft, — Schicklichkeit, Regel, Genossenschaft mit bestimmten Regeln. 2*

2. Bürgerkunde - S. 22

1907 - München : Gerber
Familien blieben. Diese Familien hießen „Geschlechter" oder „Patrizier". Manche Patrizier wurden sogar „Edle" und „Ritter". Solche waren in München z. B. die Ligsalz, Barth, Schrenk u. a. Zu den „Geschlechtern" zählten auch Ritterfamilien, die vorher „auf dem Lande" gelebt hatten und in die Stadt zogen. So wanderten die Pütriche, Diener, Sendlinger re. in München ein und gehörten zu den Patriziern. Im 14. Jahrhundert gab es in München gegen 40 Patrizier- familien. Heute sind fast alle ausgestorben. Nur die angesehenen Geschlechter der Barth und Schrenk erinnern im 20. Jahrhunderte noch an die Patrizierzeit des Mittelalters. Die deutschen Städte wurden, wie erwähnt, ausschließlich von den Patriziern regiert. Die Handwerker waren von den städtischen Ehrenämtern ganz ausgeschlossen. Sie trugen aber durch Fleiß, Ehrenhaftigkeit und Tüchtigkeit auch zum Blühen der Städte bei. Zu Zünften vereinigt, fühlten sie sich stark. Sie strebten daher darnach, an der Verwaltung der Städte teilnehmen zu können. Die Patrizier aber waren selten geneigt, von ihren ererbten Vorrechten abzulassen. Es erzählt uns daher die Ge- schichte vieler Städte von Kämpfen zwischen den Bevorzugten und den Zurückgesetzten, d. i. zwischen den Patriziern und den Zünft- lern, um das Stadtregiment. Auch München, Nürnberg, Augs- burg und verschiedene andere Städte blieben davon nicht verschont. Die Nürnberger Zünfte erfreuten..sich der Gunst des Kaisers Ludwig des Bayers. Dieser batte ihnen zum Ärger der Patrizier manche Vorrechte eingeräumt, wie die Ausführung feierlicher Tänze, die Errichtung von Trinkstuben rc. Die Stadtverwaltung war, wie überall, in den Händen der vornehmen Geschlechter, der Behaim, Tücher, Weigel u. a. — Im Frühjahre 1340 versammelten sich nun die Handwerker Nürnbergs in einem Dominikanerkloster, um zu beraten, wie sie das Stadtregiment erlangen könnten. Der Leiter der Versammlung war ein ^chwertfeger, der wegen seines spitzen Bartes „Geißbart" hieß. Die Versammelten beschlossen, den alten Rat abzuschaffen und dafür Zunftfreunde zu wählen. Damit würden aber die Patrizier sicher nicht einverstanden gewesen sein. Deshalb wurde bestimmt, daß die Ratsherren überfallen und gewaltsam abgesetzt werden sollten. Am 3. Juni 1349 sollte der Beschluß ausgeführt werden. Die Zünftler drangen in das Rathaus und in die Wohnungen der Ratsherren, trafen diese aber nicht. Die Patrizier hatten den Plan der Zünftler er- fahren und sich vorgesehen: einige hatten sich in Klöstern versteckt, andere waren verkleidet aus der Stadt entkommen. Wütend über den mißlungenen Anschlag, verwüsteten die Zünftler die Wohnungen der Patrizier, plünderten die städtischen Kassen und zerstörten alte, wichtige Schriftstücke. — Da kam König Karl Iv. den Patriziern zu Hilfe und stellte wieder Ordnung her. Er eilte nach Nürnberg, setzte den alten Patrizischen Rat wieder ein und gab ihm das Recht, unfolgsame Zünftler an Leib und Leben zu strafen. Sieben Anführer wurden hingerichtet und Hunderte ans der Stadt ge- wiesen; die Zunftmeister der gewalttätigen Zünfte wurden abgesetzt, den Zünftlern wurde zugleich das Tragen von Waffen verboten. Nur zwei h Patres — Väter; Patrizier — Angehörige vornehmer Geschlechter.

3. Bürgerkunde - S. 23

1907 - München : Gerber
23 Zünfte, die der Metzger und der Messerschmiede, welche sich an dem Auf- stande nicht beteiligt hatten, erhielten als Belohnung das Recht, jähr- lich zu Fastnacht einen großen Tanz auszuführen und dann „Schampart" (Schönbart) zu laufen, d. h. eine lustige Mummerei zu treiben. — Fast dreißig Jahre später kam zwischen Patriziern und Zünftlern bezüglich der Stadtverwaltung ein Ausgleich zustande. Im Jahre 1378 wurde nämlich, wahrscheinlich auf Wunsch des Königs Karl Iv., je ein Mitglied der Gold- schmiede-, Tuchmacher-, Kürschner-, Schneider-, Gerber-, Metzger-, Bäcker- und Bierbranerznnft in den Rat der Stadt aufgenommen. Mit der Zeit wurde die Zahl der zünftigen Ratsherren immer größer; zuletzt waren die Zünftler allein die Herren der Stadt. Die Augsburger Z ü n f t l e r erlangten die Regierung der Stadt ohne Blutvergießen. Die Augsburger Patrizier hatten gerecht und umsichtig regiert und den Handwerkern daher keine Veranlassung zur Un- zufriedenheit gegeben. Die Zünftler beanspruchten nur, daß ihnen bei gleicher Tüchtigkeit und Rechtschaffenheit im Vergleich mit den Geschlechtern auch gleiche Rechte zuteil werden sollten. Zur Beratung, wie diese Wünsche erfüllt werden könnten, hielten sie heimliche Zusammenkünfte ab unter der Leitung des Kaufmanns Wessi Prunn er. Am 24. Oktober 1378 ver- sammelten sich die sämtlichen „zünftigen" Augsburger mit ihren 24 Bannern und besetzten die Stadttore und das Rathaus. Ihre Wortführer trugen die Wünsche dem Stadtrate bescheiden vor: 1. Anteil der Zünftler an der Verwaltung, 2. Abschaffung der Patrizierherrschaft, 3. Abgabe der Schlüssel zum Rathanse, zu den Stadttoren und zur Sturmglocke. Die Patrizier sagten die Erfüllung dieser Wünsche zu, schlugen aber vor, neben Zünftlern auch Patrizier in den Stadtrat zu wählen. Voir 30 Ratsherren waren von nun an 18 Zünftler und 12 Patrizier. Der Kaufmann W e s s i p r u n rr e r wurde erster, ein Patrizier zweiter Bürgermeister. Die zünftigen Bürger hatten sich infolge ihrer Kämpfe um ihre Unabhängigkeit auch Ausrüstung verschafft. Die Münchener waren im 14. und 15. Jahrhundert militärisch gerüstet. Sie bildeten eine Art Bürgerwehr. Diese war aber nicht von den Fürsten, sondern von den Bürgern aufgestellt und unterhalten. Jeder waffenfähige Mann war wehrpflichtig. Wenn Feinde die Stadt bedrohten, so verließen die Zünftler die Werkstätten, um in gemeinsamen: Angriffe die Störenfriede zum Abzüge zu zwingen. Jeder Handwerker hatte in seinem Hause eine Rüstkammer und verstand Armbrust und Wurfgeschoß gut zu führen. Die baye- rischen Fürsten nahmen die Dienste der tapferen Bürger wieder- holt in Anspruch. (Kaiser Ludwig bei Gammelsdorf und Ampfing.) Fassen wir die Ergebnisse unserer kurzen Betrachtung zu- sammen, so können wir sagen, daß die Zünfte bedeutende Erfolge errungen haben: 1. Zur Zeit der Grundherrschaften gab es nur Herren und ^Eckolge Knechte. Die körperliche Arbeit war Aufgabe der Knechte, " die Nutznießung daraus das Recht der Herren. (Nur die Klöster machten hievon eine Ausnahme.) Die Zünfte brachten die körperliche Arbeit zu Ehren und glichen den Ge- gensatz zwischen Herren und Knechten wenigstens etwas aus.

4. Bürgerkunde - S. 95

1907 - München : Gerber
95 Jnmmgsordmmg für die deutschen Handwerker aufgestellt. Der- zufolge vereinigten sich 1883 mehrere Münchener Bäcker zu einer- neuen Bäckerinnung. So finden wir zu Anfang des 20. Jahrhunderts wieder zahlreiche Innungen, die freilich verschieden sind von ihren verwandten Vorgängerinnen, den mittelalterlichen Zünften. Heute^ründung. ist es den Handwerkern überlassen, sich zu Innungen zu verbinden. Die Jnnungsordnung verlangt nicht: „Ihr Münchener Bäcker müßt euch zu einer Innung zusammenschließen!" Ein derartiger Befehl würde sich auch mit dem Grundsätze der Gewerbefreiheit nicht gut vertragen. Die Jnnungsordnung sagt vielmehr nur: „Wenn Ihr wollt, so könnt Ihr eine Innung gründen, welche dann von Beamten, die natürlich nicht zum Gewerbestande ge- hören, beaufsichtigt wird!" Aufgaben der neuen Innungen sind : Aufgaben, das Handwerk zu heben, die Standesehre der Handwerker zu erhalten und zu stärken, Gemeingeist zu pflegen, das Fachschul- wesen zu fördern, das Lehrlingswesen zu regeln und für Aus- bildung der Lehrlinge zu sorgen, Gesellen- und Meisterprüfungen zu veranstalten sowie Kranken- und andere Unterstützungs-Kassen zu errichten. — Als Jnnungsmitglieder können ausgenommen '|je^ts werden: 1. diejenigen, welche ein Gewerbe, für welches die Innung errichtet ist, in dem Jnnungsbezirke selbständig betreiben; 2. die Werkmeister in einem Großbetriebe desselben Gewerbes; 3. Per- sonen, die früher als Handwerksmeister oder Werkmeister in dem- selben Gewerbe tätig waren, nun aber ihren Berus nicht mehr ausüben und auch keinen anderen ergriffen haben; 4. die in land- wirtschaftlichen oder gewerblichen Betrieben gegen Entgelt be- schäftigten Handwerker?) Die bei den Jnnungsmitgliedern beschäftigten Gesellen nehmen an der Erfüllung der Aufgaben der Innung und an ihrer Ver- waltung teil und wählen zu diesem Zwecke den Gesellenaus- schuß. ^ Die alten Zünfte hatten Zunststandarten gehabt; die Zeichen d) festen, treuen Zusammenhaltens der neuen Innungen sind Fahnen. n 11 ' Die erste Jnnungsfahne in München seit Bestehen der vollen Gewerbefreiheit erhielt die Schneidermeister-Innung. Bei deren Fahnenweihe am 1. Juli 1888 sprach Bürgermeister Borscht unter anderem: „Sie haben an mich das Ersuchen gestellt, die Weihe Ihrer neuen herrlichen Vereinsfahne vorzunehmen. Freudigen Herzens leiste ich dieser ehrenvollen Einladung Folge, weil diese Feier es mir nicht allein vergönnt, einer hochachtbaren Ver- 9 Aufgabe: Vergleiche die neuen Innungen mit den mittelalter- lichen Zünften a) in Bezug auf ihre Ziele, b) in Bezug auf ihre Mitglieder!

5. Bürgerkunde - S. 24

1907 - München : Gerber
24 2. Sie hielten Lehrlinge und Gesellen in Zucht und erzogen sie zur Arbeitssrendigkeit. 3. Sie sorgten für Kranke, Witwen und Waisen. 4. Sie stellten tadellose Waren her, straften Betrug und schlossen unfolgsame Mitglieder aus der Zunft aus. 5. L-ie eroberten sich das Stadtregiment und verteidigten die Stadt gegen Feinde. 6. Sie zeichneten sich durch Fleiß und Tüchtigkeit aus. Der Name „Meister" war ein Ehrentitel für den Handwerker, wie „Doktor" für den Gelehrten, „Ritter" für den Soldaten. Die Zünfte waren Förderer der deutschen Kultur. Ist es zu verwundern, daß das deutsche Handwerk eine hohe Stufe erreichte? 1. Deutsche Handwerker begehrt. 2; Erfin- dungen. 3. Die Blüte des deutschen Handwerks. Durch die Zunftordnungen, das Zunftrecht und den Zunft- zwang war die Tätigkeit der Handwerker auf ein kleines Arbeits- feld beschränkt. Dies hatte zur Folge, daß der Handwerker in seinem Fache große Fertigkeit erlangte. Die Zunftpolizei und der Ehrgeiz der Handwerker spornten außerdem zu besonderer'sorg- falt an. Uber den guten Ruf der deutschen Handwerker urteilt ein Ulmer Mönch, namens Felix Fab er: „Wenn jemand ein vortreffliches Werk will in Erz, Stein, Holz geliefert haben, so schickt er es den Deutschen. Ich habe deutsche Goldschmiede, Juwe- liere, Steinhauer und Wagner unter den Sarazenen^) Wunderdinge machen sehen und wie sie, besonders die Schneider, Schuster und Maurer, die Griechen und Italiener an Kunst übertrafen .... Italien hat kein anderes schmackhaftes, gesundes und annehmliches Brot, als das von deutschen Bäckern gebacken ist, die durch Ge- schicklichkeit und fleißige Arbeit das Feuer dämpfen, die Hitze mäßigen, das Mehl durchseihen, daß ein leichtes, geringes und schmackhaftes Brot wird, das, wenn es der Italiener bäckt, schwer, dicht, ungesund und unschmackhaft hervorkommt. Daher der Papst und die großen Prälaten, die Könige, Fürsten und großen Herren selten Brot essen, wenn es nicht aus deutsche Art gemacht ist." Der große Eifer, das Streben nach Verbesserung der Werk- zeuge und Einrichtungen hatte wertvolle Erfindungen im Gefolge. Konstantin Antlitzen, unter dem Klosternamen Bertold Schwarz bekannt, ein deutscher Franziskanermönch, erfand zwar das Pulver nicht, denn die Chinesen hatten es schon früher gekannt, aber er stellte es in einer Mischung her, daß es für den Krieg brauchbar wurde. — Ein Gießer von Augsburg, Johann von Aarau, erfand bald darauf das F e u e r g e w.e h r. *) *) Einem Volksstamme im Norden Arabiens.

6. Bürgerkunde - S. 30

1907 - München : Gerber
30 I.veränderte Zett- verhältnisse. Ii. Ursachen des Nieder- ganges des Handwerks. 1. Äußere Gründe, a) Macht der Landes- fürsten. ü) Religions- kriege. 5. Der Niedergang des deutschen Handwerks. Der Schriftsteller Riehl sagt: „Die Jdeeff der mittel- altrigen Zunft läßt sich nicht trennen von der Idee der mittel- altrigen Stadtgemeinde. . . Die Stadt beschloß eine kleine Welt und der Gedanke der Gemeinde war die lichtspendende Sonne dieser Welt . . . Die Gemeinde gibt den Zünften gleichsam die verschiedenen Berufskreise zu Lehen, die Zünfte belehnen den einzelnen Meister mit seinem Meisterrecht. Nur wer zur Gemeinde gehört, kann Meister werden . . . Die Gemeinde grenzt die ein- zelnen Arbeitskreise gegeneinander ab, sie sorgt für unverkümmerten Nahrungsstand derselben, sie sichert ihre Arbeitergruppen gegen- über der auswärtigen Konkurrenz^) und konnte dies solange tun, als sie eben eine annähernd abgeschlossene Welt für sich bildete. . . Als die Gewerbe- und Handelsschranken der Städte und Land- gebiete fielen, da verloren auch die Zünfte ihren Untergrund und mußten, sofern man die tote Form eigensinnig festhalten wollte, zu Hegestätten des Eigennutzes und der Beschränktheit herabsinken." Diese Umgestaltung begann im 16. Jahrhundert. Verschiedene Ereignisse hatten dies bewirkt. Mit den veränderten Verhältnissen hätte auch das Zunftwesen geändert werden sollen. Die Zünftler aber hatten dafür kein Verständnis; sie hielten ihre Ordnungen und Einrichtungen zweckmäßig für alle Zeiten. Sie gingen nicht mit der Zeit; darum ist die Zeit über sie hinweggeschritten. Welche Verhältnisse nun haben die Veränderungen bewirkt? Die Gründe kann man in äußere und innere unterscheiden. Die Macht der Landesfürsten nahm zu; die Städte mußten sich dieser Macht unterordnen. Die Wehrfähigkeit der Zünfte wurde damit beschränkt. Bisher waren die Zünfte die bewaffnete Macht der Städte; die Städte verloren nun den Schutz durch die Zünfte. In der Blütezeit der Zünfte hatten die Städte das Ge- fühl eigener Kraft; nun entstand das Bewußtsein der Ohnmacht. Kaiser Karl V., seit 1519 das Oberhaupt des hl. römischen Reiches, war ein Gegner Luthers; weil die Zünfte vielfach zu Luther hielten, so war der Kaiser auch ein Gegner der Zünfte. Das kaiserliche Mißfallen gegenüber den Zünften benützten die Geschlechter, um wieder in den Besitz des Stadtregiments zu ge- langen. Die bedeutendsten Städte mußten sich der Macht des Kaisers fügen; die Zünfte verloren dadurch die mühsam erkämpften Rechte wieder. Die zünftigen Bürger Konstanz' z. B. hatten ihre Rechte mit ihrem Blute erkauft. Nachdem sich die Stadt dem schmalkaldischen Bunde angeschlossen, wurde sie in die Reichsacht erklärt. r) Idee — der Gedanke. ■) Konkurrenz — Wettbewerb.

7. Bürgerkunde - S. 125

1907 - München : Gerber
125 Vater und Sohn wandern über die Monatshauser Hügel dem schön- gelegenen und vielbesuchten Tutzing zu. Vor ihnen breitet sich der Würm- see aus, umrahmt von sanft ansteigenden Hügeln. Bald kommen sie an die Grenze des genannten Dorfes. Sie lesen, was ans der weiß-blauen Tafel geschrieben steht: Ortschaft Tutzing Gemeinde Tutzing Amtsgericht Starnberg Bezirksamt Starnberg Aushebungsbezirk Starnberg Landwehrbezirk Weilheim Hanptmeldeamt Weilheim Sohn: Vater, schau', da steht zweimal das gleiche! Ortschaft Tutzing — Gemeinde Tutzing! Das ist doch recht überflüssig! L-ieh, die zweite Zeile hätte man ganz weglassen können! Vater: Das hast du nicht genügend überlegt! Drüben in Ammer land hättest du lesen können: Ortschaft Ammerland, Gemeinde Münsing. S.: Ist auf der Ober-Zeismeringer Tafel nicht gestanden: Gemeinde Tutzing? V.: Daraus kannst du sehen, daß Ober-Zeismering wohl eine Ort- schaft, nicht aber eine Gemeinde ist. Es gibt hingegen eine Ortschaft und eine Gemeinde Tutzing. S.: Dann ist die Angabe „Ortschaft Tutzing, Gemeinde Tutzing" allerdings nicht überflüssig. V.: Du kannst gleichzeitig verstehen, daß zu einer Gemeinde mehrere Ortschaften gehören können. Mit dem Namen Gemeinde bezeichnet man hierbei eine politische Gemeinde. S.: Gibt es denn auch andere Gemeinden als Polirische? V-: Siehst du dort im Süden das hübsche Tntzinger Schulhaus? Das ist Eigentum der politischen Gemeinde Tutzing. Und dort den Tntzinger Friedhof? Auch dieser gehört der politischen Gemeinde Tutzing. Und da- zwischen die Kirche? Diese ist ein Besitztum der Kirchengemeinde Tutzing. S.: Was ist größer, die Politische Gemeinde oder die Kirchengemeinde? V.: Das ist in den einzelnen Fällen verschieden. Du weißt, daß Landshut, Augsburg, München bedeutende Städte find. Jede derselben ist eine politische Gemeinde. Innerhalb der politischen Gemeinde Lands- hut z. B. bestehen drei katholische Pfarreien und eine protestantische Pfarrei. S.: Die größte Kirche heißt Martinskirche; sie hat einen hohen, schönen Turm. Das Bild hiervon habe ich in der Schule gesehen. V.: Nun, da denkst du dir also die Martinspfarrei dazu. S.: Die Gemeinde Landshnt umschließt also mehrere Kirchengemeinden. V.: Ganz recht! Es können aber auch umgekehrt zu einer Kirchen- gemeinde mehrere politische Gemeinden gehören. Du siehst, die politische Gemeinde kann räumlich größer oder kleiner sein als die Kirchengemeinde. S.: München ist aber eine große politische Gemeinde im Vergleich zu Tutzing. V.: Die Gemeinde Tutzing ist nicht eine der kleinsten Gemeinden. Das schwäbische Dorf Leiheim hat 100 Einwohner, die Kreishanptstadt Schwabens 94000 Einwohner. Leiheim ist ebenso eine politische Gemeinde wie Aligsburg. S-: Das ist die Gemeinde Tutzing doch schon vielmal größer als Leiheim. V.: Auf die Größe der Ortschaft und ans deren Einwohnerzahl kommt es also nicht an, wenn es sich um eine Politische Gemeinde handelt. S : In Augsburg muß es aber doch viel mehr zu ordnen geben als in Leiheim und in München viel mehr als in Tutzing.

8. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 62

1912 - München : Kellerer
— 62 — Gemahlin hatten nämlich gelobt, bei der Geburt eines Krön- Prinzen den Theatinern Kloster und Kirche zu bauen. Der Bau wurde im Jahre 1662 begonnen, aber erst 1767 wurde die Vorderseite vollendet. Das Gebäude wurde einem italienischen Mönchsorden, den Theatinern, übergeben. Dieser Orden mußte 27 Personen zählen und durfte nur von Almosen leben, das er aber nicht erbetteln durfte. Die Mitglieder waren auf frei- willige Spenden angewiesen. Erst wenn sie drei Tage lang ohne Nahrung geblieben waren, war es ihnen gestattet das Notglöcklein zu läuten. Dies soll in München nur zweimal der Fall gewesen sein. Das Kloster wurde in späteren Jahren aufgehoben und für das Ministerium des Innern bestimmt. Es sind also die Arbeitszimmer vieler Beamten dort unter- gebracht. Die Kirche mit ihrer Kuppel und den zwei stattlichen Türmen steht noch. Sie ist von italienischen Baumeistern ge- baut, mit italienischer Gipsarbeit reich verziert. Kostbare Ge- mälde italienischer Künstler schmücken das Innere. In der Fürstengruft ruhen die Stifter der Kirche. Ein großer Stein- sarg in einem Seitengang ist das Grabdenkmal König Max Ii. Den Abschluß von Theatiner- und Residenzstraße bildet die Feldherrnhalle, die auf Kosten König Ludwigs I. erbaut wurde. Sie steht ungefähr an der Stelle des Schwabingertores, das zur Zeit der Stadterweiterung am Ende des 13. Jahrhunderts die Stadtmauern unterbrach und das Dorf Schwabing von München trennte. Hohe Granitpostamente tragen die Standbilder der Feldherren Tilly und Wrede, die zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges lebten. Ein Ehrendenkmal für die bayerischen Kämpfer der Jahre 1870/71 ist das von Seiner Kgl. Hoheit dem Regenten gestiftete Siegesdenkmal, das die Mitte der Rückwand schmückt. Ein Krieger in Helm und Fahne beschützt eine Frauen- gestalt, die den Frieden bedeutet. Zwei mächtige Löwen bewachen den Eingang der Halle. Um sie naturgetreu darstellen zu können, waren mehrere Monate lang ein lebendiger Löwe aus einer Menagerie und sein Wärter in der Akademie der Künste unter- gebracht, und der Schöpfer des Steinwerkes, Professor Rue- mauu, hat den viersüßigeu Fremdling mit liebevollem Sinn und künstlerischem Auge beobachtet und nachgebildet. An ein paar Tagen in der Woche findet hier in der Mittagsstunde die sogenannte Parade statt, nach welcher die Militärmusiker eiu Konzert geben. Zu dieser Zeit kommen auf dem großen, mit zwei Flaggenmasten geschmückten Platze viele Leute zu- sammeu, um der Musik zu lauschen.

9. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 56

1912 - München : Kellerer
— 56 — nannt. Zwei Tafeln daran tragen die Inschrift: Nenhausertor bis zum 1. Mai 1791, Karlstor vom 1. Mai 1791 an. Das schönste Bauwerk der Neuhauserstraße ist unstreitig die St. Michaelskirche, ausgezeichnet durch ihr 29 m weites Gewölbe. Die Vorderseite hat zwei Prachttore von rotem Marmor, dazu in einer Nische das Erzdenkmal des hl. Michael, den Satan überwindend. Im Giebel ist Christus als Welterlöser, unter ihm sind Büsten der Angehörigen des bayerischen Fürstenhauses und Bilder verschiedener bayerischer und deutscher Herrscher. Die Michaelskirche wurde von Herzog Heinrich V. erbaut, zur Zeit, als noch die Jesuiten, ein Mönchsorden, in Bayern waren, und war zugleich die Hofkirche. In den oberen vergitterten Ab- teilnngen pflegte der Hof dem Gottesdienst beizuwohnen. In der Fürstengruft der St. Michaelskirche liegt mancher bayerische Herrscher begraben und auch König Ludwig Ii. wurde dahin ge- bracht. Die großen weitläufigen Gebäude neben der Michaels- kirche waren früher Kloster und Schule der Jesuiten. Im Jahre 1759, als die Jesuiten nicht mehr in München waren, bildeten mehrere gelehrte und edle Männer einen Verein, der es sich zur Aufgabe machte, alles Wissenswerte in der Geschichte, Kunst, Naturgeschichte, Länder- und Völkerkunde, zu erforschen. Was jeder einzelne an Neuem und Schönem gefunden, sollte in einer der regelmäßigen Versammlungen mitgeteilt werden. Der Verein, dem anfangs nur wenige Mitglieder angehörten, wurde immer größer und größer, und heute zählt er wohl 100 und mehr Mitglieder und führt den Namen Akademie der Wissen- schasten. Das Gebäude, das die Akademie der Wissenschaften inne hat, in dem sie ihre Sitzungen abhält und ihre Samm- langen aufbewahrt, ist das ehemalige Jesuitengebäude neben der St. Michaelskirche. Seine weiten Säle enthalten reiche Sammlungen von Tieren, Pflanzen, Mineralien usw. aus alleu Ländern der Erde und sind an bestimmten Tagen für das Volk geöffnet. Hinter der Akademie liegt die Herzog Maxburg, früher vielfach die Wohnung von Mitgliedern des Regentenhauses. Sie dient jetzt der Staatsschuldentilgungskasse und dem Militär. In deren nächsten Nähe sieht man die im römischen Stile ge- baute Synagoge, sowie das Künstlerhaus mit seinem sehens- werten Festsaal, eine Schaffung des Künstlers Lenbach. Die zweite Kirche, die die Neuhauserstraße aufzuweisen hat, ist der Bürgersaal, eine Kirche, deren eigentlicher Betsaal sich im ersten Stock befindet, wozu zwei breite Steintreppen hinauf-

10. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 89

1912 - München : Kellerer
— 89 — die in späterer Zeit in die hl. Geistkirche umgebaut wurde. Eine Sehenswürdigkeit dieser Kirche ist die aus der Kapelle des Wartenbergischen Hauses herübergebrachte Statue Herzog Fer- diuauds mit zwei Gedenktafeln. Neben der hl. Geistkirche befand sich in früherer Zeit das hl. Geistspital. Wir lesen: Hier war das Spital zum hl. Geist gestiftet und erbaut von Herzog Otto dem Erlauchten im Jahre 1251, abgebrannt im Jahre 1327, wieder aufgerichtet vom Kaiser Ludwig dem Bayern, bereichert durch bayerischer Fürsten und Münchens Bürger edlen Sinn und im Jahre 1823 in das Kloster der Elisabetherinnen verlegt. Dieses Gebäude wurde, nachdem später die Stadtwage und die Laudesprodukteuhalle Platz gefunden hatten, in unserer Zeit abgetragen und der Platz zur Vergrößerung der hl. Geist- kirche benützt. 38. Das Hackenviertel ist vom Angerviertel durch die Seudliugerstraße geschieden. Letztere war im 14. Jahrhundert eine enge, langgezogene Straße, die den Verkehr zwischen der alten Stadt und dem Angerviertel vermittelte. Diese Gegend war zur Zeit Ludwigs des Bayern mit ländlichen Anlagen bedeckt, die im Hagka hießen und davon ist der Name Hackenviertel herzuleiten. Von der Sendlinger- straße zieht die Kreuzgasse mit der Kreuzkirche und von dieser die nach dem Josephspital benannte Josephspitalgasse weg. Das für alte und kranke Leute bestimmte Spital erwies sich be- sonders in dem Elende des 30 jährigen Krieges als wohltätige Anstalt. Die Herzogspitalgasse enthält das Kloster und die Kirche mit dem wundertätigen Marienbild. Wo in der Damen- stistsgasse jetzt die Ludwigs-Kreisrealschule untergebracht ist, war ein Stift für adelige Damen. Die vier Viertel, Kreuz-, Graggeuauer-, Anger- und Hackenviertel, sind der älteste Teil der Stadt und deshalb unter dem Namen Altstadt bekannt. Unter der Regierung König Max I. wurde die Stadt durch die inuern Vorstädte, die sich um den ältesten Teil ziehen, vergrößert. 39. Die Ludwigsvorstadt. Die Namen der sogenannten inneren Vorstädte: Ludwigs-, Max-, Schönfeld-, Anna- und Isarvorstadt, die nur wenig mehr
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