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1. Bd. 6 - S. 211

1846 - Braunschweig : Westermann
211 Zweites Kap. Religion. Priester und Lehrer der Theologie auf der hohen Schule zu Oxford, Lehren vor, welche von jenen der nachfolgenden großen Reformatoren im Wesen wenig verschieden sind. Er verwarf die Vervielfältigung der Ceremonien beim Gottesdienste, die Transsubstantiation, die Oberherrschaft der römischen Kirche, den Reichthum der Geistlichkeit, das Mönchthum und zumal die Bettelorden. Er behauptete, die heilige Schrift sey die einzige Richtschnur des Glaubens, *) die himmlische Gnade — hierin der augustinischen Strenge beipflichtend — die einzige Hoffnung des Heils. Also zernichtete er — voll Eifers wider die mißbrauchte menschliche Autorität —- die Freiheit des Einzelnen durch die unbedingte Vorherbestimmung, gleichwie er, aus Scheu vor der einheimischen Kirchengewalt, die Freiheit der gesammten Kirche hingab an die weltliche M a ch t. Diese Lehren fanden ausgebreiteten Beifall, erregten aber den Haß des Klerus. Papst Gregor Xi. verordnete den Kezerproccß wider Wiklcf, der jedoch durch den mächtigen Schuz des Herzogs von Lancaster und anderer Großen dem ersten Angriffe entging. Später vertheidigten ihn die Ge- meinen, nach den Grundsäzen verfassungsmäßiger Freiheit; und am meisten beschwichtigte Er Selbst die Gegner durch die Nachgiebigkeit, womit er die anstößigsten seiner Lehren mildernd erklärte. Er starb als Pfarrer in Lutter- worth (1384) und die Flüche der Verdammung schallten blos über sein Grab. Seine Schüler (man nannte sie wie andere Kezer Lollharden und Beghar den), **) pflanzten die Meinungen des Rcformartors theils in ge- *) Noch hat er das neue Testament in's Englische übersezt. **) Die Ueberreste der Waldenser und Albigenser und viele von ihnen abstammende Sekten, welche unter mancherlei besonderen Namen, auch vielfacher Abweichung von den Lehren der Hauptsekte, in den Ländern zerstreut erscheinen, werden oft zusammengefaßt unter dem allgemeinen Namen der Lollharden. Mit ihnen verwandt, wiewobl ans» gezeichnet durch besonders schwärmerisches Treiben, waren die Bcgharden und (ihreschwe- stern die) Begninen, welche zum Theil durch Gelübde sich verbunden hatten zu einem dem Gebete und den Bußübungcn geweihten Leben, und meist wandernd und Proselyten machend umherzogen. Als Lehrer der strengen evangelischen Armuth waren alle diese Sekten der hohen Geistlichkeit und dem Papste verhaßt. Viele verunstalteten auch die, von den Waldensern her- rührenden, freien und verständige» Meinungen durch so abenteuerliche Uebungen und Schwär- mereien, daß sie gerechten Grund zun» Aegerniß oder Unwillen gaben. Merkwürdige Beispiele davon lesen wir in „Joh. Conr. Fueßlin's Kirchen- und Kezerhistorie der mitt- leren Zeit." Der Verwandtschaft der Waldenser mit den Pauliciancrn haben wir sihoa 14'

2. Bd. 7 - S. 65

1846 - Braunschweig : Westermann
68 und dtö Wasserweges nach Ostindien. übrige Unterthanen, der Wohlthaten eines gleichen Nechtes genießen, keine gezwungene oder keine unbezahlte Dienste den Eroberern thun. alle ihre Lei- stungen sollten durch's Gesez oder durch Vertrag bestimmt seyn. Allein durch diese milde, später noch oft wiederholte, Verfügung bekamen sie doch ihre als Eigenthum der Pflanzer oder der Krone behande'ten Gründe nicht wieder. Der Hunger führte sie demnach in vertragsmässige Knechtschaft. Sodann waren es die Spanier Selbst, welchen der Vollzug jener Geseze vertraut blieb. Von der Gnade und Menschlichkeit des Vieekönlgs oder eines Bezirks- Verwalters hing es daher ab, welche Kraft sic haben sollten. Ilebcrhaupt aber konnten sic nicht rückwärts wirken, und immer bleibt Wiederherstellen schwerer, als Zerstören. Freilich erholte sich im Laufe der Jahrhunderte die dahingeschwundene Bevölkerung wieder. Es giebt Länder, wie Mexiko, Neu-Granada u. a., worin sie heut zu Tage wahrscheinlich zahlreicher, als zur Zeit der Eroberung ist; doch in den meisten ist sie, was die einge- borene Nacc betrifft, dürftig geblieben, und was durch die Gunst des Klima's und durch milde Geseze zu ihrer Vermehrung geschah , wurde oft wieder mehr als ausgewogen durch die wiederkehrenden Verheerungen des Hungcrs und der Seuchen, durch jene des immer fortwährenden Drucks und des übermäßigen Gebrauches von Rum und Branntwein. Auch die Kultur der Amerikaner ist nur langsam vorangeschrittcn. Die Taufe, zu der man sie lockte oder zwang, war eine leere Form. Ihr noch unvorbereiteter und durch Mißhandlungen niedergedrückter Geist begriff die hohe Lehre dcö Christenthums — überhaupt das Edlere und Ucbersinn- liche nicht. Auch war die Despotie der geistlichen und weltlichen Macht nur allzusehr beflissen, solche geistige Unmündigkeit zu verewigen, und die fort- währende Erniedrigung, in der die Unglücklichen schmachteten, ließ keinem freien oder lichten Gedanken Raum. Mit wenigen Ausnahmen sind die Amerikaner noch heut zu Tage in allen Sphären der edleren Mcnschcnbildung ein unter- geordnetes Geschlecht. Gleichwohl bleibt empörend, daß in der Rangordnung unter den Raren der Einwohner die Eingeborenen, die natürlichen Herren des Landes, welchem die Natur sie zugebilket, auf dem Boten, den ihre Väter den ihrigen nannten, die leztc Stelle einnehmen. Indem Kasten-System, welches in Amerika die Natur ' nicht das Menschcngcscz gegründet — dieses mir durch bizarre Rangordnung entstellt — hat, behaupten nämlich oder be- v. Aoltcck. Ällflfm. Geschichte. Vii. 5

3. Bd. 7 - S. 88

1846 - Braunschweig : Westermann
88 Drittes Kap. Geschichte der Reformation. schw erden der Stände kaum das Drittheil oder Vierthcil) des Staatsgutes. Zu dieser Fülle der Macht und des Reichthums gesellten sich die ausgezeich- netsten dinglichen und persönlichen Privilegien und Immunitäten, wodurch die Geistlichkeit bis auf ihre geringsten Glieder herab der Lasten und Verpflich- tungen des bürgerlichen Verbandes fast gänzlich enthoben und, bei der Aus- sicht auf Straflosigkeit, häufig zu frecher Unthat ermuthiget ward. Welche Geistliche aber nicht durch Verbrechen oder Tyrannei der Gesellschaft schwer sielen, dieselben ärgerten sie wenigstens durch grenzenlose Ausschweifung und alle Scham verhöhnende Sittenlosigkcit. Fast einstimmig tönt hierüber bei den Geschichtschreibern jener Zeit die bitterste Klage; selbst der heftigste Feind der Reformation und eifrigste Vertheidiger des Papstthums, der Jesuit und Kardinal Bellarmin (geb. 1342), gesteht ein, daß „einige Jahre vor Lu- ther's und Calvin's Kczerci, laut einmüthigen Zeugnisses aller Zeitgenossen, keine Strenge bei den geistlichen Gerichten, keine Sittlichkeit bei dem Klerus, keine Kenntniß der heiligen Dinge, keine Achtung für Gottes Gebot, über- haupt fast keine Religion mehr gewesen sey." Von den Reichthümern der teutschen Geistlichkeit, wie von der spärlichen Habe der Laien floß aber (und Solches war aueb in den meisten anderen Ländern, ob auch etwas minder, der Fall) ein großer Theil, und unter den nichtigsten Titeln, nach Rom. Der Papst hatte sich die Vergebung der Hälfte der Benesicien (nach Monaten abwechselnd mit den wahrhaft berech- tigten Kollatoren) vorbehalten, und verkaufte dieselben oder auch die bloss Anwartschaft darauf fast offenbar an den Meistbietenden, oder auch überhaupt an spckulirende Großhändler, die durch den vereinzelten Wiederverkauf sich be- reicherten. Hierzu kamen die Annateu, d. h. die Einkünfte des ersten Jahrcs jedes angetretenen Bencsiciums, die hohen P a lli eu g eld er und manche ge- legentlich — gewöhnlich unter dem Vorwände eines Kreiizzuges wider die Türken — erpreßte Steuern, endlich die ans vielnami'gen Gründen, vorzüg- lich aber für Akte der abenteuerlich erweiterten geistlichen Gerichtsbarkeit, für Dispensationen von Kirchengesezen oder von göttlichem Gebote und für — zu Sünden mächtig einladenden — Sündencrlaß, von den Laien wie von dcu Geistlichen erhobeuen Summen und über alles Dieses die persönliche Ab- hängigkeit, die allgemein durch solche Verhältnisse begründet ward, und der unmittelbare Einfluß in alle Sphären des Privat- wie dcs öffentlichen Lebens Wo noch einige Funken des natürlichen Verstandes und des rein christ-

4. Bd. 7 - S. 99

1846 - Braunschweig : Westermann
Hm Drittes Kap. Geschichte der Reformation. 99 saune der Freiheit — der kirchlichen allernächst, aber durch leichte Jdeenver- bindung auch die bürgerliche umfassend — war weittönend erklungen; was war natürlicher, als daß die Bedrängten aller Art dem Schmcicheltone be- gierig lauschten, sofort von Lösung aller Bande träumten, und, je weniger verstehend von Recht, Staat und Kirche, desto mehr dahingerissen wurden von blinder Leidenschaft, und desto leichter preis waren den Verführungen schlauer Bosheit und der Ansteckung fanatischer Schwärmerei? Auch poli- tische Zwecke, Plane des Ehrgeizes und der Herrschsucht wurden begünstigt oder hervorgerufen durch die mächtig fortschreitende Umwälzung. Also waren unter den Fürsten, welche der Reformation sich zuwandten, mehrere, die vom Geiste der neuen Lehre wenig ergriffen, sie nur als Mittel liebten, wodurch sic selbstständiger gegen Kaiser und Reich, herrischer gegen ihre Unterthanen und zumal auch reicher durch die Erwerbung von Kirchen- gütern werden möchten. Das Beispiel Albrccht's v. Brandenburg, Großmeisters des teutschen Ordens, welcher (1523) das diesem Orden gehö- rige preußische Land zum Erbfürstenthume seines Hauses machte (s. unten Vii. Kapitel, §. 5), eröffnete eine verführerische Aussicht auf die vielen fürst- lich ausgestatteten Erz- und Domstifte und Prälaturen Deutschlands. Nach so reicher Beute jedoch gelüstete allererst noch mehr die Ritter, als die Fürsten. Der Eifer, welchen schon in der Zeit des wormser Reichstages der Adel für Luther geäußert, insbesondere Franz von Sickingen's An- erbieten, ihn mit Waffen zu schüzcn gegen Jedermann, mag zum Theil aus derselben Quelle geflossen seyn. Derselbe Sickingen, voll der kühnsten Ent- würfe, überzog bald darauf das Erzbisthum Trier mit zwölftausend Sold- nern, der Landfriedeusgeseze spottend, während die weithin gährcnde Zer- würsniß des Adels mit den Fürsten die Schrecken eines allgemeinen inneren Krieges über Teutschland zu bringen drohte. Die schnelle Verbindung der benachbarten Fürsten beschwor jedoch dieses Gewitter. Franz von Sickingen, durch ihre llebcrmacht zurück in seine Feste Land stuhl gedrückt, verlor sein Leben bei deren Vertheidigung. Die Plane des Adels zerrannen. Desto furchtbarer war der bald darauf erfolgende Aufstand der Bauern. Schon seit längerer Zeit war unter dieser, der Schwere der Feudallasten er- liegenden, ja meist in voller Leibeigenschaft schmachtenden, Klasse die Sehn- sucht nach Befreiung lebendig geworden. Mehrere Unruhen in verschiedenen Theilen Teutschlands verriethen den geheimen Brand. Die Reformation war 7'

5. Bd. 7 - S. 111

1846 - Braunschweig : Westermann
Drittes Kap. Geschichte der Reformation. 111 Nation sollte in ihrer Gewissensfreiheit preis gegeben an die Willkür jener Häupter, und, ob Einer im Volke seiner Ueberzeugung folgen dürfe oder nicht, von dem Zufalle abhängig seyn, ob sein Herr dieselbe Ueberzeugung theile. Er möge im verneinenden Falle auswandern! — Dieses traurige Reckt und zwar mit Abzugsfreihcit wurde ihm gewährt! — Dagegen wurde mit unbeugsamem Eifer darüber gestritten, ob die Reli- gionsfreiheit auch den geistlichen Ständen zukomme, oder ob dieselben und überhaupt alle Prälaten (wie bei der niederen Geistlichkeit sich von selbst ver- stand), wenn sic von der alten zur neuen Religion überträten, ihres Amtes und geistlichen Bcsizthums sollten cntsezt seyn? — Das Leztc verlangte der König Ferdinand mit den katholischen Ständen unbedingt und unnach- giebig. Auch wohl mit Recht; denn wie mochte man, nach erklärter und anerkannter Trennung der beiden Rcligionstheile, also nach förmlich auf- gehobener rein christlicher Rechtsgemeinschaft der teutschen Kirche, die Eigenschaft eines Stiftes und Kirchcngntcs, ja die damit oft verbundene Eigenschaft eines ganzen Landes rechtlich abhängig erklären von der per- sönlichen Gesinnung des zeitlichen Inhabers, und zwar eines solchen, der nicht aus eigenem selbstständigen Rechte (wie etwa ein weltlicher und Erbfürst), sondern blos vermöge Amtes und Auftrages dasselbe verwaltete? Aber die Protestanten, welche die Freiheit der Unterthanen so leichtsinnig da- hin gegeben, bestanden aus dem Fvrtbesize des Kirchen gutes für die zu ihrer Konfession tretenden Stände und Prälaten als auf dem Hauptpreise des Kampfes. Nicht etwa forderten sic, daß, wenn z. B. ein bischöfliches Land sich zur protestantischen Kirche wende, alsdann auch der bischöfliche Stuhl dem protestantischen Körper angehöre — denn solches Recht eines Landes oder einer kirchlichen Gemeinde erkannte man nicht —, sondern daß der aufgestellte Hirt einer katholischen Gemeinde nach Willkür zur pro^ testantischen Kirche übertreten, und gleichwohl Kirchcnhaupt, auch mit dein Reformationsrecht bekleideter Landesherr und Nuznicßcr des Kirchengutes bleiben, dieses leztcre sonach protestantisches Eigenthum seyn solle. Auch gaben sie, wiewohl Ferdinand ans kaiserlicher Vollmacht den „geistlichen Vorbehalt" (resei-vatuni ecelesirrstieurn), wie man die verhängnißvolle Klausel nannte, als unerläßliche Bedingung des Friedens erklärte, ihre Einwilligung dazu nur in einer schwankenden und zweideutigen Form, was den Samen zu noch größerem künftigen Hader streute.

6. Bd. 7 - S. 113

1846 - Braunschweig : Westermann
113 Drittes Kap. Geschichte der Reformation. englischen Kirche erklärte (1334), und, mit Ausnahme des Papstes und dcs Mönchswesens, den katholischen Kirchcngebrauch beibehielt. Die obgleich kurze Regierung Eduard's Vi. gab ihr neue Kräfte, also, daß selbst die tyran- nische Verfolgung der Königin Maria sie nicht mehr zu tödtcn vermochte, und die Gunst Elisab'eth's sie für immer zur Herrschaft erhob. Doch ge- staltete sich die englische Kirche zu einer eigenen, von der streng reformirten gesonderten Kirche, durch die Beibehaltung der hierarchischen Form und vie- ler Ceremonien. Man nennt, sie die hohe anglikanische oder Episkopal- Kirche, und sie ist durch den Konformitätsakt (1362) für die alleinherr- schcnde in England erklärt. Insbesondere zeichnet sie sich durch die von Rich. Bau er oft 1388 hinzugefügte ausdrückliche Lcbre aus, daß die Bi- schöfe ihre Macht nach göttlichem Rechte bcsizen, und daß blos die von den Bischöfen empfangene Weihe derselben theilhaftig mache. Auch in Irland erhielt diese Kirche den Vorrang, obwohl die Mehrheit dcs Volkes katholisch blieb. In Schottland war das rein reformirtc oder presbytcrianische System vorherrschend, welches auch in England viele Anhänger behielt, und dadurch zu Druck und Verfolgung Anlaß gab. Viele politische Umwälzun- gen gingen aus solchem getrennten Religivnsverhältnissc hervor. Es genüge hier dieser allgemeine Uebcrblick. Die näheren Umstände mö- gen der politischen Geschichte der einzelnen Reiche vorbehalten bleiben. Nur bei Deutschland, wo die Reformation ihren Ursprung genommen, schien es zweckmäßig, die umständlichere Geschichte derselben im Zusammenhange bis zu ihrer gcsezlichen Befestigung fortzuführen. 8. 21. Innere Geschichte der katholischen Kirche. Das Papstthum. Auch reiht sich bicr natürlich eine kurze Darstellung der noch übrigen allgemeinen oder im Schooße der einzelnen Kirchen entstandenen Verhältnisse und rein kirchlichen Vorfälle an, zumal derjenigen, die mit der Reforma- tion in näherer Verbindung stehen. Der Zustand der katholischen Kirche fordert hier unsere besondere Aufmerksamkeit. Derselbe ward gleich nach der Reformation und großentheils durch dieselbe wirklich verschlechtert. Man sagt wohl: das schonungslose Aufdecken seiner Blößen durch den ergrimmten Feind und die Nothwendigkeit, gegen reyen Vorwürfe sich zu schirmen, gegen die unermüdlichen Angriffe sich v. Notteck, eiligem. Gctchlch'e. Vif. 8

7. Bd. 7 - S. 119

1846 - Braunschweig : Westermann
Drittes à.p. Geschichte der Reformation. 119 §. 24. Dic Jesuiten. Fast um dieselbe Zeit, als die lezte allgemeine Kirchenversammlnng, zum Th:il aus übergroßem Haß gegen die Kezer, die päpstliche Gewalt mit allen ihren Auswüchsen — als welche man, wie den Kezern zum Hohne, mit neu erwachter Vorliebe in Schuz nahm — für eine lange Folgezeit befestigte, trat eine dauernde, für die katholische Kirche, ja für die ganze Welt höchst wichtige Einsezung in's Leben, welche zu den gleichen Zwecken mit ganz außer- ordentlichen Kräften wirksam war: der Orden der Jesuiten*). Ignaz (Jnigo) von Loyola, ein spanischer Edelmann (geb. 1491) von schwärmerischem Gemüthe, welcher in seiner Jugend Kriegsdienste im Heere Ferdinand's des Katholischen gethan, bei der Belagerung von Pam- pclona (1821) eine Wunde erhalten, und während des Krankenlagers durch Lesung von Heiligengeschichten seine Phantasie vollends entzündet hatte, legte, nach abenteuerlicher Vorbereitung und mühevoller Sammlung von Brüdern, den Grund zu einem Orden, welchen, nachdem Papst Paul Iii. 1340 den- selben bestätigt hatte, sein Nachfolger im Generalat, Laincz (1336), und ein Menschenalter später Aqua viva (von 1381 bis 1618) genialisch zur ein- greifendsten Wirksamkeit in der Kirche und im Staate ausbildeten. Die „Gesellschaft Jesu", wie die Loyolitcn sich nannten, nahm neben den drei Hauptgelübden des Mönchsthums noch ein viertes, des unbedingten Gehorsams gegen den Papst in Allem, was den Dienst der Kirche, vorzüg- lich gegen Kezer und Ungläubige beträfe, auf sich, und erhob sich schnell durch die Gunst des römischen Stuhles, durch die ausgezeichnetsten Privi- legien, mehr noch durch die Weisheit ihrer inneren Einrichtung, an Glanz, Reichthum und Einfluß über alle Mönchsorden der Christenheit. Der aus- schließende Gcmcingeist, die völlige Dahingebung jedes Einzelnen an die Gesammtheit gaben dieser letzten erstaunenswürdigc Kraft. Kein Jesuit.ge- hörte mehr sich selbst oder seiner Familie oder seiner Nation an; er war *) Beegl. liist. gén. de la naissance et des progrès de la comp. de Jésus. Paris 1t-S0. 4 vol. P. Ph. Sbolf'ê allg. Gcschichtc ter Zesuueu. Zurich 1789. 4 Thcilc. Vcr- schictcuc Schrjfte» von L. t e Guz m a u » P. Z1»ag»ez, Hztrdenberq, Musse», S d) rock h u. v. N. Die protcstantische» Goiresgelchricn iin lctcit und 17tc» Ialirhuudert gave» t'eu Jesuilc» geruc de» Na,»en Ze su miter.

8. Bd. 7 - S. 120

1846 - Braunschweig : Westermann
120 Drittes Kap. Geschichte der Reformation. nichts anders mehr, als Glied des Ordens, als Theil des großen Kör- pers, welchen die Gesammtseele, der in Nom rcsidirende Ordens general, belebte und bewegte. Der Orden aber bestrebte sich, „Allen Alles" zu seyn, insbesondere aber den Fürsten als Rathgeber und Beichtväter einfluß- reich zur Seite zu stehen, durch Unterricht der Jugend die nachwachsenden Generationen mit Ideen, die der Ordcnspolitik frommten, zu erfüllen, und durch vielseitige Verbindung mit allen Ständen (selbst Könige — wie Ludwig Xiv. — waren weltliche Mitarbeiter oder Laienbrüder dcs Ordens) dieselben alle zu beherrschen. Die Wahl der Mitglieder, ihr Noviziat, ihre Verwendung zum geeignetsten Dienste, ihre ganze Regel war trefflich berechnet zu solchem Zwecke. Alles, auch die Wissenschaft und die Moral, mußte durch Accomvdation demselben dienstbar werden. Also geschah es, daß fast zweihundert Jahre lang der Jesuitenorden einen stets mächtigen, all- zuoft vorherrschenden Einfluß in den großen Gesthästcn der Kirche und der Staaten ausübte, daß er „zugleich wilden und halb und sehr verfeinerten Völkern mit großem Erfolge Geseze gab, gewisse Ideen verbreitete und be- festigte, und schwache Privatmänner zu Herren der Erde und ihrer Könige machte." (Johann von Müller.) Aber so große Erfolge wurden erkauft nicht nur mit Unterdrückung der individuellen Selbstständigkeit und Persönlichkeit seiner Mitglieder, als welche sämmtlich zu wahren Leibeigenen des Ordens, zu blinden Werkzeugen seiner Zwecke sich hingeben mußten; sondern auch auf Unkosten des Lichtes, des Rechtes und der Moral in der ganzen von dem Orden beherrschten oder be- arbeiteten Welt. Der Ausruf der Bewunderung über die mächtigen Wirkun- gen, die von ihm ausgingen, wird erstickt durch den Klageruf: „Was hätten die Jesuiten nicht Herrliches, Humanes und rein Wohlthätiges vollbringen mögen, wären ihre Zwecke auf Licht und Recht gerichtet ge- wesen!!" — Aber freilich, dann würden sie auch der Gunst der Gewaltigen sich nicht erfreut haben, sie würden, unbeschüzt durch Privilegien und Vor- rechte, als geheime Verbrüderung arbeiten, und — ob schon damals die Polizei so tausendäugig und armig nicht war, wie heute — sich dennoch auf einen sehr kleinen Wirkungskreis haben beschränken müssen. §. 23. Innere Streitigkeiten der lutherischen Kirche. In den vorzüglich eifrigen Bestrebungen der Jesuiten wider das Auf-

9. Bd. 7 - S. 151

1846 - Braunschweig : Westermann
Viertes Kap. Die Zeiten Karl's V. 131 §. 14. Heinrich Viii. von England. In demselben Jahre, wie Franz, starb auch Heinrich Viii., mit weit schlimmerem Nachrühme. Ohne bedeutenden Vortheil für sein Reich hatte er zweimal, mit Karl V. verbündet, wider Frankreich gestritten; ohne allen Ge- winn — auch durch Thatlosigkcit desselben umverth — zweimal mit Franz gegen Karl gekriegt; ein Sklave seiner wechselnden Launen und Leidenschaf- ten, ausgezeichnet blos durch Despotenkunst und Tyrannei. Wir haben in der Ncformationsgeschichte erzählt, wie Heinrich, anfangs des Papstes Freund, nachmals von ihm abfiel, und sich selbst zum Haupt der anglikanischen Kirche erklärte. Die Grundsäze derselben — in der Wesenheit meist oer katholischen Lehre gemäß, doch mit Verwerfung des Papstes und des Mönchsthums — wurden in sechs Artikeln vom König und vom Parlament gesczgebend ver- kündet; bei Todesstrafe wurde der Glaube daran und der Suprematscid von allen llnterthancn gefordert, das Vermögen der Klöster, die Annalen, die geistlichen Zehnten wurden eingezogen für die Krone. Die Ursache solches Abfalles war jedoch blos ein Licbesrausch. Der König — angeblich wegen Gewisscnszweifcln — verlangte von seiner altern- den Frau, Katharina von Aragouien (seines Bruders Arthur Wittwe), geschieden zu werden, um die schöne Anna von Boleyn, deren Gunst er um keinen geringeren Preis erhalten konnte, zu hcirathen. Der Papst, meist Kaiser Karl V. zu Liebe, widersezte sich der Scheidung, welche sodann Hein- rich ohne den Papst von seiner willfährigen Geistlichkeit, nach dem Gutachten mehrerer Universitäten, aussprcchen ließ; was die päpstliche Exkommunikation und auch den völligen Bruch mit Rom nach sich zog. Eine Folge dieses Scheidungsprozesses war auch der Fall des langjährigen Günstlings, des Kar- dinals Wolsey, welcher dabei nicht jenen folgsamen Eifer gezeigt hatte, den der König erwartete. Nach vielen erlittenen Kränkungen ward er zulezt gar des Hochverraths angeklagt, und starb auf dem Wege nach dem Tower. Sein Nachfolger in der Gunst des Königs war Cranmer, chevor Mitglied des Jesuitcn-Kollegiums zu Cambridge, dann wegen seiner Verdienste um die Ehescheidung zum Erzbischof zu Canterbury und Primas von England er- nannt, ein der Reformation eifrigst ergebener Prälat, und welchen nur Hein- richs bigotte Anhänglichkeit an die katholische Lehre für jezt noch zu vorsich- tiger Mäßigung zwang.

10. Bd. 7 - S. 217

1846 - Braunschweig : Westermann
217 Fünftes Kap. Dic Zeiten Philipp's Ii. u. Iii. erbärmliche Geldhilfe war nicht einmal eingegangen. Viele Stände blieben ibr Betrcffniß schuldig; wiewohl sie, durch den Reichstag ermächtigt, die Türkensteuer auf ihre Unterthanen umzulegen, ungleich mehr, als deren Be- trag von denselben gezogen hatten. §. 31. Maximilian Ii. Türkenkrieg. Niklaus Zrini. Maximilian Ii. (1864—1376), noch bei des Vaters Lebzeiten zum römischen König erwählt, erfuhr abermals den abgeschmackten Widerspruch des Papstes, den er jedoch durch eine freundliche Gesandtschaft beschwichtigte. Indessen versprach er demselben blos „obsequium"; das Wort „obedientia" wurde vermieden. Dieser Kaiser hat, als Preis seiner Weisheit und Mäßi- gung, worin er allen andern Fürsten seines Hauffs vorangeht, das unge- theiltc Lob der Protestanten wie der Katholiken erhalten.- Der Religionshaß schlummerte während seiner Regierung, oder verbarg sich, beschämt durch das Beispiel seiner Milde, und seine parteilose Beschüzung des Rechtes kennend. Er bestätigte den Religionsfricden und vermehrte die kirchlichen Freiheiten seiner Erblandc, worin bereits ein sehr großer Theil des Adels — weniger des gemeinen Volkes — die neue Lehre ergriffen. Doch blieb die Religions- freiheit — nach dem Beispiele Desjenigen, was im Reiche geschehen — auf den Adel beschränkt. Nur Herren und Ritter sollten auf ihren Schlös- sern und Gütern für sich und ihre Unterthanen der öffentlichen Ausübung der augsburgischcn Konfession sich erfreuen; für die Unterthanen derjenigen Herren, welche selbst katholisch blieben, war kein Trost, ja sogar die landes- herrlichen Städte und Märkte, wiewohl sic das Recht der Stand sch a st besaßen, wurden ausgeschlossen von der Kirchenfreiheit, und vergebens flehten wiederholt die sämmtlichen Stände, diesen Städten, insbesondere der Stadt Wien, eine evangelische Kirche zu gewähren. So weit entfernt war jene Zeit, und war selbst ein Maximilian von der Erkenntniß der Rechte des Meirichen und des Bürgers! — Die Freiheit galt blos als Privilegium einer höheren Klasse. Sklaverei war die Regel für die Gemeinen. Jndesien würde wohl der Kaiser, dem Antriebe seines Herzens folgend, eine ausgedehntere Freiheit bewilligt haben, wenn nicht die Einflüsterungen seiner katholischen Geistlichkeit, die drohenden Vorstellungen des Papstes (durch das Organ des Kardinals Commendon ihm zugehend) und die po- litischen Verhältnisse, zumal mit Spanien, ihn zur standhaften Verweigerung
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