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1. Neue Landeskunde des Königreichs Württemberg - S. 51

1911 - Stuttgart : Holland & Josenhans
— 51 — Unter der Wasserarmut der Albhochfläche hatten in früheren Zeiten die Bewohner sehr zu leiden. Es fehlte ihnen an Quellwasser, und sie mußten daher das Regen- Wasser von den Dächern herab in Zisternen leiten. Diese waren 5—6 m tief und mit Ton oder Zement wasserdicht gemacht. Für das Vieh hatte man sogenannte Hülen oder Hülben, in welche das Regenwasser aus den Dorfgassen zusammenlief. Im trockenen Sommer war natürlich das Wasser der Zisternen oft ekelerregend und ungesund. Dann mußten die Leute mit ihren Wassertonnen die tiefen Täler aufsuchen und das Wasser stundenweit auf steilen Wegen auf die Höhe schaffen. In neuerer Zeit ist jedoch dem Wassermangel durch die staatliche Albwasserversorguug abgeholfen. Das Wasser wird aus den Flußtälern auf die Höhe der Alb gepumpt und in großen Behältern gesammelt. Von diesen gehen Leitungen nach den einzelnen Wohnorten, in Wohnhäuser und Ställe, und der Albbewohner weiß es sehr zu schätzen, daß er jetzt, wenn er Wasser will, nur den Hahneu öffnen darf. Etwa 75 000 Menschen haben an der Wohltat der Albwasser- Versorgung teil. Häufig kommen noch sogenannte Hungerbrunnen vor. Man der- steht darunter Quellen, die nur in sehr nassen Jahrgäugeu, wenn Mißwachs droht, ans unterirdischen Wasserbehältern gespeist werden. Ist dies der Fall, so stürzt aus ihnen oft ein reißender Strom hervor. Eine eigen- tümliche Erscheinung der Albhochfläche sind auch die Erdfälle. Dies siud kreisrunde Einsenknngeu, die durch Einbruch unterirdischer Höhlungen entstanden sind. An Döhlen ist die Alb überaus reich. Man zählt deren 70 größere, von denen die N e b e l h ö h l e bei dem Schlößchen Lichtensteiu die be- kannteste, die C h a r l o t t e n h ö hl e bei Hürben die längste und schönste ist. Dazu kommen noch viele kleinere Höhlen und Grotten. In vielen dieser Höhlen finden sich wundervolle Tropfsteinbildungen, die entweder nach Art der Eiszapfen von der Decke herabhängen oder vom Boden auf- wärts wachsen. Sie entstehen dadurch, daß das durch die Decke herab- träufelnde Wasser aufgelösten Kalk mit sich führt, der sich absetzt und beim Verdunsten des Wassers erhärtet. In diesen Albhöhlen hausten in der Vorzeit Tiere, die jetzt ausgestorben sind (Höhlenbär) oder nur noch int hohen Norden leben (Renntier). Daß auch der Mensch in vorgeschichtlichen Zeiten sie als Wohnung wählte, beweisen ansgesuudene Feuersteinwerkzeuge und Geschirrscherben (Weinlands „Rnlaman"). Die Albbewohner siud ein kräftiges, zähes Geschlecht. Zäh hängt der Älbler am Althergebrachten, er klebt an der Scholle und bebaut am liebsten seinen Acker. Zäh hängt er an den alten Sitten und Gebräuchen. Freilich die alten Trachten sind auch auf der weltentlegenen Hochfläche des Gebirges fast ganz verschwunden. Das junge Geschlecht hat längst an- gefangen, sich städtisch zu kleiden. Nur im Ulmer Land sieht man noch häufig beim männlichen Geschlecht schwarze, lederne Kniehosen, eine blaue Bluse über den Schultern und eine Zipfelmütze auf dem Kopf. Frauen und Mädchen tragen dort oft noch Häubchen mit langen, schwarzen Seiden- bändern, ein buntes Mieder und ein Nüster aus Granaten oder Glasperlen mit einem Anhänger um den Hals. Aus dem Härtsfeld fällt bei den Männern das kurze Wams aus dunklem Tuch mit einer langen Reihe von Rollknöpfen und der dreieckige Hut besonders auf. Im allgemeinen hat sich bei den Bauern auf der ganzen Alb das praktische blaue Überhemd am meisten erhalten. Das Kitma der Albhochfläche ist regen- und schneereich, windig und rauh. Die Alb ist eines der regenreichsten Gebiete Württembergs und

2. Neue Landeskunde des Königreichs Württemberg - S. 10

1911 - Stuttgart : Holland & Josenhans
— 10 — Die. größten Seen des Schwarzwaldes sind der Titisee und der Schluchsee im südlichen Teil des Gebirges. Sie sind keine Karseen, sondern liegen in einer slach trogsörmigen Einsenkimg und sind von eiszeitlichen Auf- schüttungen umgeben und gestant. 6. Die Bewohner, a) Ihre Eigen schafte n. Die Bevölkerung des waldreichen württ. Schwarz- Waldes ist wegen des rauhen K l i m a s und der Unergiebig- keit des Bodens uicht sehr zahlreich. Die Schwarzwälder sind Der Wildsee (links balzender Auerhahn). gesunde, kräftige Leute mit Hellem, natürlichem Verstände, offeu, treuherzig, gastfreundlich, ernst, streng religiös und voll Liebe zu ihrer Heimat („O Schwarzwald, o Heimat, wie bist du so schön!"). Sie sind meist katholischen Glaubens. Nur in: württ. Schwarzwald überwiegt das evangelische Bekennt- ms, und zwar wohnen auch hier die Protestanten mehr im Norden, die Katho- liken mehr im Süden. Die alten Trachten der Schwarzwälder Land- bevölkeruug haben schon vielfach der städtischen Kleidnng weichen müssen. Immerhin sieht man noch in manchen Gegenden, besonders an Sonn- und Festtagen sowie bei festlichen Anlässen, bei den Frauen mehr als bei den Männern, die malerischen, farbenprächtigen Trachten (z. B. im Gutach-, Schupbach- und Elztal). Im württembergischen Schwarzwald wird nament- lich in den Bezirken Nagold und Calw noch Frauen- und Männertracht ge- tragen; nur ist sie weniger bunt als im badischen Teil des Gebirges.

3. Neue Landeskunde des Königreichs Württemberg - S. 73

1911 - Stuttgart : Holland & Josenhans
73 bürgen) herein. Obermarchtal, ehemaliges Kloster, großes Schloß. Untermarchtal, Mutterhaus der barmherzigen Schwestern von Gmünd mit Mägdeschule. Munderkingen, Kunststickerei und Bürstenwarenfabri- kation. Ehingen*, niederes Konvikt sür katholische Geistliche. Große Zementindustrie, Baumwollspinnerei. Vor dem Austritt der Donau aus Württemberg liegt U l m *, die größte Stadt des Oberlandes und zweitgrößte Stadt des Landes (55 000 Einw.). Seiuer günstigen Lage an uralten Handelsstraßen und an der Mündung von Jller und Blau, die die Douau von hier ab schiffbar machen, verdankt die Stadt ihre Entwicklung. Ulm war schon in alter Zeit als freie Alm. Reichsstadt weithin berühmt. Sein Reichtum war sprichwörtlich gervordeu („Ulmer Geld geht durch alle Welt"). Vou dem Unternehmungsgeist und dem Stolz der alten Reichsstädter zeugt heute noch Ulms herrliches Münster, das die zweitgrößte Kirche Deutschlands ist und den höchsten Kirchturm der Welt besitzt (161 m). Die Altstadt hat enge, malerische Straßen und Gassen mit alten, hochgiebeligen Häusern. Berühmt ist das mit schönen Malereien gezierte'rathaus. Die Ulmer halten viel auf heitere Geselligkeit und zeichnen sich durch Humor aus. Die alten Sitten und Bräuche halten sie hoch in Ehren (Schwörmontag, Fischerstechen). Ulm hat große militärische Bedeutung, indem es als eine Haupt- festung das Douautal gegett entert von Westen kommenden Feind über- wacht. Es beherbergt eine der größten Garnisonen des Deutschen Reiches, ist Kreishauptstadt des Donaukreises und Sitz eines Landgerichts und anderer Behörden. Seine höheren und niederen Schulen erfreuen sich des besten Rufes. Seiner Lage zwischen zwei Hauptgetreidekammern des Landes (Ulmer Alb und Oberschwaben) verdankt es den größten Fruchtmarkt

4. Neue Zeit - S. 213

1897 - Stuttgart : Neff
213 französische Hof wurde für viele deutsche Höfe tonangebendes Muster mit seiner Etikette und Pracht, seinen kostspieligen Bauten, von denen Versailles {Baumeister Le Vau und dann Mansart) allein, ohne die von fronenden Bauern oder Soldaten geleistete Arbeit, etwa 500 Millionen Mark heutigen Geldwertes kostete, und mit seiner offen zur Schau getragenen Unsittlichkeit neben der peinlichsten Kirchlichkeit (Maitressen Ludwigs zuerst Fräulein de la Vallière, dann zwei Jahre noch neben dieser seit 1667 die nicht verwitwete Madame de Montespan, die bis 1690 am Hofe blieb; nach dem Tode seiner Gemahlin [1688] heiratete Ludwig 1684 die Erzieherin seiner und der Montespan Kinder, die seit 1660 verwitwete Mme. Scarron [geh. d’Aubigné, f 1719], die er zur Marquise von Maintenon erhob). Im Dienste des Königs, seines Ruhms und seiner alles bedeutenden Hoheit kam die akademisch-klassicistische (römisch- italienische) Richtung der bildenden Künste vollends zur Herrschaft (in der Architektur der Barockstil s. S. 186). Zentralisierend und uniformierend wirkte die Schaffung der Académie royale de peinture et sculpture 1664, deren erster Leiter der Maler L ehrun (1619—1690) die Säle von Versailles schmückte und die Vorlagen für die königliche Gohelinsfabrik schuf. Die 1666 geschaffene Académie de France à Rome lieferte die malerische und plastische Dekoration der königlichen Gärten und Gebäude. Der glänzendste Vertreter der klassicistisch-römischen Richtung der Malerei war Nicolas Poussin (1594—1665), der Meister der heroischen Landschaft Claude Gelée, genannt Lorrain (1600—82). Original-national blieb nur die Porträtmalerei. Den Park von Versailles schuf der geniale Gartenkünstler Le Nôtre (1618-1700). Auch die französische Litteratur, insbesondere das Drama, erlebte unter Ludwig Xiv. ihr goldenes Zeitalter. Auf die formelle Seite übte die 1635 gegründete Académie française immer grösseren Einfluss. Die klassische französische Tragödie mit ihrer Beob- achtung der drei aristotelischen Einheiten, ihrem Alexandriner, ihren aus fremden Völkern und fernen Zeiten, vor allem dem Altertum entnommenen Stoffen begründete schon Pierre Corneille (1606—81), dessen vom Hof nicht beeinflusste Wirksamkeit vor die Epoche Ludwigs fällt. Höfischer Dramatiker der Glanzperiode Ludwigs war Jean Racine (1639—99), der sich vor Corneille durch grössere psychologische Vertiefung auszeichnete. Er schuf 1667—77 Dramen antiken, und 1690, von Frau von Maintenon veran- lasst, biblischen Stoffes. Er war bei seiner Thätigkeit vielfach beraten von dem Meister des französischen (Sitten- und Charakter-) Lustspiels Jean Baptiste Molière (ursprünglich Poquelin, 1622—73). Noch mehr als Molière war ein echter Vertreter französischen Geistes der nicht in der Hof- luft lebende Jean de la Fontaine (1621—95), dessen bedeutendstes Werk seine Fabeln sind. Als Kritiker und Theoretiker wurde für die Kunst- dichtung massgebend Boileau-Despréaux (1636—1711), der jedoch inseinén Satires und Epitres, noch mehr in seinen Oden hinter seinem Vorbild Horaz zu- rückblieb. In den letzten Jahrzehnden seines Lebens begünstigte Ludwig die Oper. — Die rhetorische Richtung und Begabung des französischen Wesens verkörperte sich auch in bedeutenden Kanzelrednern u. a. Bossuet (1627—1704), 1669—1681 Erzieher des Dauphin, der 1711 starb (Verfasser einer Uebersicht der Weltgeschichte und einer Politik, sowie Veranstalter von Klassikerausgaben „in usum Delphini“), der seine kirchengeschichtlichen Kenntnisse zu der Bekämpfung des Protestantismus verwandte. François Fénelon, 1651—1715 Erzieher des hoffnungsvollen „petit Dauphin“ Louis von Bourgogne, der 1712 starb, schrieb u. a. für seinen Zögling die aventures de Télémaque, welche über die Aufgaben der Regierung wesentlich andere Anschauungen enthalten als die des Sonnenkönigs. Der bedeutendste der Prosaiker war aber Blaise Pascal, 1623—52, einerseits Bekämpfer

5. Neue Zeit - S. 250

1897 - Stuttgart : Neff
250 § 76. Preussen unter Friedrich I. und Friedrich Wilhelm I. Friedrichs I. Regierung. Das Testament des grossen Kur- fürsten, das die staatliche Einheit der brandenburgisch-preussischen Gebiete gefährdete, indem es den jüngeren Söhnen aus zweiter Ehe besondere Landesteile als Regenten allerdings unter der Oberhoheit des Kurfürsten zuwies, hatte Kurfürst Friedrich Iii. alsbald aufgehoben. Auch sein politischer Haupterfolg, dass er sich und seinem Haus die Königswürde ver- schaffte (s. S. 232), war für die Einheit und damit für die Zukunft des Staatswesens unmittelbar bedeutungsvoll, formell, sofern die verschiedenen Gebiete jetzt erst unter einen einzigen Herrschaftstitel zusammengefasst waren, sachlich, sofern die Ertei- lung des privilegium de non appellando für alle zum Reich gehörigen Gebiete der preussischen Monarchie (1702) die Voraussetzung für eine einheitliche und selbständige Justiz war: 1703 wurde das Ober- appellationsgericht in Berlin errichtet als höchste Instanz für die preussische Monarchie; für die Kurlande blieb diese dem Kammer- gericht. Sonst war die Regierung Friedrichs I., der in Ent- faltung von Prunk und Kunstpflege nach dem Muster Ludwigs Xiv. Beruf und Glück des Herrschers sah, arm an sachlich wertvollen und dauerhaften Erfolgen. In der äusseren Politik war die Zustimmung des Kaisers zu der Auf- hebung des Testaments des grossen Kurfürsten mit der Rück- gabe des Schwiebuser Kreises (s. S. 224), die jedoch ein Wieder- aufleben der Ansprüche auf die schlesischen Fürstentümer er- möglichte, und der Ruhm der preussischen Waffen, die im österreichischen Erbfolgekrieg fremden Interessen dienten, mit dem Verzicht auf eine selbständige preussische Politik im nor- dischen Krieg teuer erkauft. Im Innern folgte auf die Zeit, wo Friedrichs Erzieher, der tüchtige und gewissenhafte, aber selbstherrische Eberhard von Danckelmann (1(543—1722), die Geschäfte leitete, nach dessen Sturz 1697 eine verschwen- derische und unredliche Günstlingsherrschaft, der erst 1711 auf Betreiben des Kronprinzen durch Bestrafung der offenkundig Schuldigen und Entlassung des allmächtigen Kolbe von Wartenberg ein Ende gemacht wurde. Für die Pflege von Kunst und Wissenschaft geschah viel, für Volksbildung so gut wie nichts. Eine Schöpfung von bleibendem Wert war die Gründung der Universität Halle 1694; das von Hering ent- worfene, von dem Hamburger Andreas Schlüter (1664—1714) ausgeführte Zeughaus, der Umbau des königlichen Schlosses und das Denkmal des grossen Kurfürsten, beide von Schlüter, zeichnen sich vor den sonstigen Erzeugnissen des Barockstils dadurch aus,

6. Neue Zeit - S. 296

1897 - Stuttgart : Neff
— 296 — gründet war das Urteil durch die Uebergriffe des Ordens in weltliche Angelegenheiten. Ein Jahr nachher starb Clemens Xiv. Geduldet blieben die Jesuiten als Weltpriester, die Unterricht erteilten, in Preussen und als organisierter Orden in Russland. § 91. Die Anfänge Ludwigs Xvi. In den letzten Regierungsjahren Ludwigs Xv. kam es zu einem Streit zwischen dem Königtum und den Parlamenten. Als der König einen Prozess gegen den bisherigen Gouverneur der Bretagne niederschlug, protestierte das Pariser Parlament „gegen die rechtlosen Uebergriffe willkürlicher Gewalt“ (1770), und da es in seinem Widerstand verharrte, hob derkanzler Maupeou das Pariser Parlament und dann die übri- gen Parlamente auf und setzte an ihre Stelle königliche Obergerichte. Die Massregel, die mit Abschaffung der Käuf- lichkeit der Richterstellen eine Reform des Gerichtswesens ein- leiten sollte, war formell ein Rechtsbruch und wurde als solcher aufs heftigste von der Presse angegriffen. Eine der ersten Regierungshandlungenludwigsxvi. (1774—92), derzwanzig- jährig seinem Grossvater folgte, war die Wiederherstellung der Parlamente. Der junge König war in seinem Privat- leben tadellos, aber für seinen Beruf ebensowenig begabt als er- zogen, in Gunstbezeugungen („Pensionen“) auf Kosten der Staats- kasse verschwenderisch und bei gutem Willen indolent und schwach. Diese Schwäche zeigte er gleich zu Anfang seiner Regierung darin, dass er sich von seiner Tante Adelaide be- stimmen liess, statt des ehrenwerten tüchtigen Machauld den charakterlosen Grafen Maurepas zu seinem ersten Minister zu machen. Die Gemahlin des Königs war (seit 1770) Marie Antoinette von Oesterreich, die, persönlich sittenrein, aber verschwenderisch, durch die Unvorsichtigkeit ihres Benehmens der üblen Nachrede Stoff bot und ihre geistige Ueberlegenheit über den König benützte, um die Politik nach ihren Launen und im österreichischen Interesse zu beeinflussen. Die Unzu- friedenheit über die Verluste und Opfer, die das österreichische Bündnis Frankreich verursachte, übertrug sich auf ihre Person. Dass er den Willen, zu bessern, hatte, bewies der König durch die Ernennung Turgots (1727—81) zum Generab kontrolleur der Finanzen. Turgot war im allgemeinen ein Anhänger der physiokratischen Schule (s. S. 260) und hatte als Intendant in Limoges (seit 1761) sich um die wirtschaftliche Hebung dieser Provinz durch seine hingebende, von Menschen- liebe und Sachkenntnis getragene Arbeit die grössten Verdienste

7. Neue Zeit - S. 300

1897 - Stuttgart : Neff
300 zusammen, der die Wiederherstellung des Rechtszustands von 1763 verlangte. Der Krieg- bis zum Eingreifen Frankreichs. Die eigent- lichen Feindseligkeiten eröffneten 1775 die blutigen Gefechte hei Lexinyton und Bunkershill. Das englische Heer, dessen Kern seit 1775 von ihren Landesherrn an England verkaufte deutsche Truppen, besonders Braunschweiger und Hessen, bildeten, war an kriegerischer Leistungsfähigkeit den amerikanischen Milizen überlegen, hatte aber bei der grossen Ausdehnung des Kriegs- schauplatzes eine unlösbare Aufgabe; und in Georg Washing- ton (1732—99), der sich schon in dem Krieg gegen die Fran- zosen 1756—62 hervorgethan hatte, gaben sich die Amerikaner einen Oberfeldherrn, der sich durch militärische Tüchtigkeit, selbstlose Hingabe an die Sache seines Vaterlandes und un- erschütterliche Festigkeit allen Schwierigkeiten gegenüber aus- zeichnete. Er zwang den neuen englischen Obergeneral Howe, Boston zu räumen, und am 4. Juli 1776 sprach nach Vorgang und auf Antrag Virginiens der Kongress der vereinigten Kolonien in Philadelphia die Unabhängigkeitserklärung der „vereinigten Staaten von Amerika“ aus; diz Berufung auf die „allgemeinen Menschenrechte“, der in Amerika selbst hinsicht- lich der Sklaven keine Folge gegeben wurde, entsprang wesent- lich puritanischen Anschauungen und war geeignet, in Frankreich für die Sache der Kolonien Stimmung zu machen: viele Franzosen traten als Freiwillige unter dem jugendlichen Marquis von Lafayette (1777) in amerikanische Dienste, und Beaumarchais organisierte mit geheimer Unterstützung der französischen Regierung grossartige Sendungen von Geld und Kriegsmaterial nach Amerika; er selbst wurde freilich darüber zum Bettler, und erst 1835 erhielten seine Erben eine Abfindungssumme. Nachdem die Niederlage hei Brooklyn (August 1776) von Washington durch die glücklichen Ueberfälle von Trenton (26. Dez. 1776) und Princeton (3. Jan. 1777) wett gemacht war, wurde 16. Oktober 1777 ein eng- lisches Korps auf dem Marsch von Quebeck nach New-York bei Saratöga zur Ergebung gezwungen. Jetzt erreichte Franklin, seit 1776 Vertreter des Kongresses in Paris, das den schlichten Amerikaner mit Begeisterung aufgenommen hatte1), dass Frankreich 6. Februar 1778 mit den ver- einigten Staaten einen Freundschafts-und Handels- vertrag, sowie einen eventuellen Bündnisvertrag schloss. 9 In der Akademie begrüsste ihn d’Alembert mit dem Verse: „Eripuit coelo fulmen sceptrumque tyrannis.“

8. Neue Zeit - S. 88

1897 - Stuttgart : Neff
maas 88 Caraffa erwirkte 1542 von Paul Iii. die Neugestaltung der Inqui- sition nach spanischem Muster; das Sanctum Officium machte sich zuerst an die Hochgestellten, es unterdrückte, am schonungs- losesten und blutigsten unter Paul Iv. und Pius V., den, fast nur in den höheren Ständen sich findenden, italienischen Protestan- tismus. Am meisten gab der Gegenreformation Kraft und Ziel der 1540 endgültig gegründete Jesuitenorden, dessen Stifter der spanische Ritter Ignatius Loyola mit schwärmerischer Religiosität und selbstverleugnender Hin- gebung an die kirchliche Idee grosse Weltklugheit, kühlste und das Einzelnste umfassende Berechnung, zähe Willensstärke und Arbeitskraft, mit grosser Anpassungsfähigkeit unbeirrtes Fest- halten des Ziels, mit persönlicher Demut ausnehmende Herrsch- gewandtheit undherrschensfreudeverband. Demorden eigen- tümlich war von Anfang an strengste Disziplin (Gehor- sam „perinde ac si cadaver essent“) und dabei doch möglichst grosse Ausbildung der Verstandes- und Willens- kräfte des einzelnen, schärfste Zentralisation und Verwendung des einzelnen auf dem für seine Eigen- art passendsten Posten, soweit der ausgesprochen inter- nationale Charakter des Ordens es zuliess, unbedingte Unterwerfung unter die Dogmen und starke Avert- schätzung und Pflege wissenschaftlicher Bildung. Loyola, selbst gerade kein Mann tiefgehender wissenschaftlicher Bildung oder Interessen, griff in der Lehre nach dem Vorgang der spanischen Theologen der Avende des Xv. und Xvi. Jahr- hunderts auf Thomas vonaquino als höchste Autorität zurück, hat aber dabei die formelle Seite des Huma- nismus der Bildung und der bildenden Thätigkeit seines Ordens mit schärfster und berechnendster Ausnützung dienstbar gemacht. In Betreff des Verhältnisses von Staat und Kirche nahm der Orden die mittelalter- liche Anschauung entschieden wieder auf, wusste dabei aber die Mittel moderner Politik rücksichtslos zu hand- haben. Er stellte sich unbedingt in den Dienst des Papstes; seine Organisation ist straff zentralisiert; die Befugnisse des von der Generalkongregation auf Lebenszeit gewählten Generals sind sehr gross, er ist jedem Ordensgenossen an Christi Statt; aber er wird von einem Admonitor und von Assistenten beraten und überwacht und kann von der Generalkongregation abgesetzt werden. Der Orden gewann Einfluss haupt- sächlich durch (höheren und mittleren) Unterricht, durch den Beichtstuhl (vor allem Gewissensberatung der Fürsten I

9. Neue Zeit - S. 211

1897 - Stuttgart : Neff
211 Freiheit (Missbrauch der lettres de cachet) verfügen dürfe. Den Adel schloss er thatsächlich im allgemeinen von .allen höheren, wirklich bedeutenden Staatsämtern aus, beliess ihm aber die sehr einkommensreichen G-ouverneurstellen (die meist in absentia bekleidet wurden) und verschwenderisch bezahlte Hofämter. Auch dieg-eistlichen wurden von den Ministerposten ausgeschlossen, die mit Leuten bürger- licher Abkunft, später auch nur mittlerer Begabung, besetzt wurden. Den Klerus betrachtete Ludwig als den ersten Stand des Königreichs, übertrug aber so ziemlich alle, wirklich mit geistlichen Funktionen verbundenen Kirchenstellen an, zumeist geistig und sittlich würdige, Persönlichkeiten bürgerlicher Ab- kunft. Dagegen wurden die Parlamente auf ihre gerichtlichen Obliegenheiten beschränkt und ihnen vor der Einregistrierung der Dekrete keine remontrance zugelassen. Louvois, ein Zivilist, dem sein Vater Michel Le Tellier vorgearbeitet hatte, schuf, seit 1600 massgebender Leiter des Kriegsministeriums, durch wesentliche Einschränkung der Verkäuflichkeit der Offiziers- stellen und Ausmerzung des Kriegsspekulantentums ein vom König abhängiges, zentralisiertes und stetig kon- trolliertes stehendes, aber immer noch in der Regel ge- worbenes, jedoch überwiegend nationales Heer (1678: 100000 Mann Garnisonen ; 120000 Mann Feldtruppen, worunter 30000 Fremde). Der eigentliche Leiter der seit 1669 ge- schaffenen Artillerie truppen war Vauban, der erfolgreiche Belagerer von 53 und Erbauer von 33 Festungen, sowie Organi- sator eines Stabs von Genieoffizieren (noch keine Genietruppen). Jean Baptiste Colbert (f 1683) brachte, seit 1665 contrô- leur général —- für seine Zeit — Ordnung und Ehrlichkeit in die Finanzverwaltung, minderte die Staatsschuld u. a. auch (wie Sully) durch Reduktion der Staatsrenten und vermehrte, insbesondere durch Erhöhung und Zusammenlegung der Zölle, die Staatseinnahmen. Im allgemeinen ein Anhänger •des „Merkantilismus“ suchte er Industrie und Han- del durch Schutzzölle auf Fabrikate oder gar durch Einfuhrverbote und Ausfuhrzölle auf Rohstoffe, zum Teil auf Kosten der Landwirtschaft, zu heben. Er schuf •durch Begünstigung oder Erteilung bezw. königliche Ausübung von Monopolen neue Industriezweige (insbesondere Luxus- industrie), von denen manche blühten, reglementierte aber die gewerbliche Erzeugung bis ins einzelste. Das Strassenwesen hob er und gab die Anregung zum Bau des Kanals von Languedoc (1681 vollendet). Er veranlasste die Gründung,

10. Neue Zeit - S. 304

1897 - Stuttgart : Neff
Zweiter Teil. Neueste Geschichte von 1789 ab. Erster Abschnitt. Die grosse französische Revolution und Napoleon I. Kapitel Xxvii. Die französische Revolution und der erste Koalitionskrieg. § 93. Frankreich vor der Revolution. Die französischen Zustände vor der Revolution. Der Widerspruch zwischen den zur Schau getragenen Anschauungen und Neigungen der herrschenden oder tonangebenden Kreise und den thatsächlichen politischen und gesellschaftlichen Zuständen, der für die letzten Jahrzehnde des aufgeklärten Despotismus über- haupt bezeichnend ist, war nirgends so grell und tief, wie in dem Frankreich, das Ludwig Xv. seinem Enkel hinterlassen hatte. Hier war die staatliche und kirchliche Ordnung, die eine Hüterin des Rechts, der Sittlichkeit und Religion sein sollte, einelüge: das Recht war in launenhafte Willkür, Sitte und Sittlichkeit in den Schliff gefälliger, das Schlechte verhüllen- der und begünstigender Umgangsformen, die Religion in Frömmelei oder blosses Zeremoniell ohne inneren Gehalt verkehrt. Die oppositionelle Litteratur (s. S. 257ff.) beherrschte die ge- bildeten Klassen, die in ihren Anschauungen und ihrem Ver- halten für sich nur noch die Autorität der äusseren Stellung und des Zeremoniells anerkannten und so das Gefühl für Autorität untergruben.
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