Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 14

1913 - Leipzig : Hahn
t — 14 — Jüngling, und seine vorige, blühende Gestalt wurde ihm bitter vor> gegaukelt. Er konnte es nicht mehr sehen, er verhüllte das Auge, tausend heiße Tränen strömten versiegend in den Schnee, er seufzte nur noch leise, trostlos und sinnlos: „Komm nur wieder, Jugend, komm wieder!" Und sie kam wieder; denn er hatte nur in der Neujahrsnacht so fürchterlich geträumt — er war noch ein Jüngling. Nur seine Verirrungen waren nicht bloß ein Traum gewesen. Aber er dankte Gott, daß er noch jung war und von den schmutzigen Gängen des tasters umkehren und sich auf die Sonnenbahn zurückbegeben konnte, die ins reine Land der ewigen Ernten führt. Aehre mit ihm um, junger Leser, wenn du auf seinen Irrwegen stehst. Dieser schreckende Traum wird künftig dein Richter werden! Aber wenn du einst jammervoll rufen würdest: „Komm wieder, schöne Jugendzeit!" — sie würde nicht wiederkommen. Jean Paul Friedrich Richter. 13. Die deutsche Turnkunst. Wie so viele Dinge in der Welt so hat auch die deutsche Turnkunst einen kleinen, unmerklichen Anfang gehabt. Ich wanderte gegen das Ende des Jahres 1809 nach Berlin, um den Einzug des Königs zu sehen. Bei dieser Feier ging mir ein Hoffnungsstern auf, und nach langen Jrr- jahren und Irrfahrten wurde ich hier heimisch. Liebe zum Vaterlands und eigne Neigung machten mich wieder zum Jugendlehrer, was ich schon so oft gewesen war. Zugleich ließ ich mein „Deutsches Volkstum" drucken. In schöner Frühlingszeit des Jahres 1810 gingen an den schul- freien Nachmittagen der Mittwoche und Sonnabende erst einige Schüler mit mir in Feld und Wald, bald folgten immer mehr und mehr. Die Zahl wuchs, und es wurden Jugendspiele und einfache Übungen vor- genommen. So ging es fort bis zu den Hundstagen, wo eine Unzahl von Knaben zusammenkam, die sich aber bald nachher verlief. Doch sonderte sich ein Kern aus, der auch im Winter als Stamm zusammen- hielt, und mit dem dann im Frühjahr 1811 der erste Turnplatz in der Hasenheide (bei Berlin) eröffnet wurde. Jetzt wurden im Freien öffentlich und vor jedermanns Augen von Knaben und Jünglingen mancherlei Leibesübungen unter dem Namen Turnkunst in Gesellschaft getrieben. Damals kamen die Benennungen Turnkunst, turnen, Turner, Turnplatz und ähnliche miteinander zu- gleich auf. Das gab nun bald ein gewaltig Gelaufe, Geschwätz und Geschreibe. Selbst durch französische Tageblätter mußte die Sache Gaffen laufen. Aber auch hierzulande hieß es anfangs: „Eine neue Narrheit, die alte Deutschheit wieder ausbringen zu wollen." Dabei blieb es nicht. Vorurteile wie Sand am Meer wurden von Zeit zu Zeit ruchbar. Sie

2. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 17

1913 - Leipzig : Hahn
17 in fremden Ärmeln wegzusehen, war alle Welt mit mir zufrieden, wie ich mit aller Welt. — So hatte ich beständig Freunde, be- ständig Beistand, Zutrauen, Geschäfte. Gott gab Segen. Der Segen liegt im Rechttun und Rechtdenken wie im Nußkern der fruchttragende, hohe Baum. — So wuchs mein Vermögen. „Wozu denn?“ fragte ich; „du brauchst ja nicht den zwanzigsten Teil davon. -— Prunk damit treiben vor den Leuten? — Das ist Torheit. Soll ich in meinen alten Tagen noch ein Loch im Ärmel auf weisen? — Hilf anderen, wie dir Gott durch andre geholfen. Dabei bleibt?s. Das höchste Gut, das der Reichtum gewährt, ist zidetzt Unabhängigkeit von den Launen der Ijeute und ein großer Wirkungskreis. — Jetzt, Konrad, gehe auf die hohe Schule, lerne etwas Rechtes; denke an den Mann mit der weißen Perücke: hüte dich vor dem ersten kleinen Loch im Ärmel; mach’s nicht wie mein Kamerad Albrecht! h. zschokk«. 15. Karl Krause. Vor mehr als siebzig Jahren wanderte in Leipzigs Mauern ein junger Bauernbursche ein, der nichts sein eigen nannte als seine gesunden Glieder, sein reines Gemüt und den guten Willen, seinem künftigen Brotherrn treu zu dienen. Dies waren alle seine Schätze, die nur ergänzt wurden durch ein Bündel kleiner Habselig- keiten, das ihn aber recht wenig zu drücken schien. Kaum vierzehn Lenze zählend, hatte er sein sriedliches Heimatdörschen verlassen und wollte nun sein Glück in der Stadt versuchen. Gar klein sollte der Anfang der neuen Laufbahn sein; denn Karl Krause, so heißt der Held unserer Erzählung, wollte Laufbursche bei Wilhelm Felsche in Leipzig werden. Noch wußte er selbst nicht, welche Kräfte in seiner Seele schlummerten, und daß die Anregungen des großstädtischen Lebens seiner Geisteskraft einst die Schwingen geben würden, sich aus der Menschheit Höhen emporzuheben. Vielmehr schien ihm das Los, in so früher Jugend das Vaterhaus verlassen zu müssen, eine harte Prüfung des Schicksals zu sein; denn bis jetzt hatte er ein recht ungebundenes Leben in der Freiheit der ländlichen Verhältnisse führen können. Seine Wiege stand in Limehna, einem anmutigen Dörfchen zwischen Eilenburg und Halle. Seine Eltern waren brave Landleute, die gar fleißig ihre Hände rührten, da nicht weniger als elf Sprößlinge im Hause nach Brot verlangten. Damm mußten früh- zeitig alle Kinder auf Feld und Wiese, in Haus und Hof, in Stall und Scheune tapfer mit zugreifen und den Lebensunterhalt verdienen helfen. Auch Karl lernte auf diese Weise schon im jugendlichsten Alter den hohen Wert der Arbeit kennen und stählte seine Körper- kraft durch harte Übung an landwirtschaftlichen Geräten. Ein neues Leben begann mit der Schulzeit. Obwohl der alte Lehrer Eckert Lesebuch f. Fortbildungsschulen rc. Alltz. Teil. 2

3. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 251

1913 - Leipzig : Hahn
Blökend ziehen heim die Schafe, und der Rinder breitgestirnte, glatte Scharen kommen brüllend, die gewohnten Ställe füllend. Schwer herein schwankt der wagen, kornbeladen; bunt von Farben, auf den Garben liegt der Kranz, und das junge Volk der Schnitter fliegt zum Tanz. Markt und Straßen werden stiller; um des Lichts gefell'ge Flamme sammeln sich die Pausbewohner, und das Stadttor schließt sich knarrend. Schwarz bedecket sich die Erde; doch den sichern Börger schrecket nicht die Nacht, die den Bösen gräßlich wecket; denn das Auge des Gesetzes wacht. peil'ge Drdnung, segensreiche pimmetstochter, die das Gleiche frei und leicht und freudig bindet, die der Städte Bau gegründet, die herein von den Gefilden rief den ungesell'gen wilden, eintrat in der Menschen Kütten, sie gewöhnt zu sanften Sitten und das teuerste der Bande wob, den Trieb zum vaterlande! Tausend fleiß'ge pände regen, Helsen sich in munterm Bund, und in feurigem Bewegen werden alle Kräfte kund. Meister rührt sich und Geselle in der Freiheit heil'gem Schutz; jeder freut sich seiner Stelle, bietet dem Verächter Trutz. Arbeit ist des Bürgers Zierde, Segen ist der Mühe preis; ehrt den König seine würde, ehret uns der pände Fleiß. Polder Friede, süße Eintracht, weilet, weilet freundlich über dieser Stadt! Möge nie der Tag erscheinen, wo des rauhen Krieges porden dieses stille Tal durchtoben; wo der Pimmel, den des Abends sanfte Röte lieblich malt, von der Dörfer, von der Städte wildem Brande schrecklich strahlt! Schiller. 110. Joachim Uettelbeck. Joachim Nettelbeck, ein treuer Bürger seiner engeren Heimat, btt Stadt Kolberg, wie des gesamten deutschen Vaterlandes, war ein leuchtendes Vorbild der Vaterlandsliebe, Opferwilligkeit und Entschlossenheit. Das folgende Stück aus seiner Selbstbiographie zeigt ihn uns als aufopfernden Bürger, der die Kirche seiner Vaterstadt rettet: Das Jahr 1776 kam heran und fand mich als Lehrer in der Steuermannskunst in Kolberg, wobei ich mich, da ich tüchtige und lern- begierige Schüler hatte, immer noch in meinem angemessensten Elemente befand. Auch im Winter 1777 trieb ich diese nützliche, wenn auch nicht eben sonderlich einträgliche Beschäftigung. Am 28. April dieses Jahres stand ich hier in Kolberg etwa um die Mittagszeit eines abzumachenden Geschäfts wegen beim Herrn Advokat Krohn am Fenster, als mitten in unser Plaudern plötzlich ein ganz er- schrecklicher Donnerschlag geschah, sodaß jener vor Schrecken neben mir niederstürzte und wie ohne Leben und Besinnung schien. In der Tat glaubte ich auch nichts gewisser, als daß er von dem Blitzstrahl getroffen worden, bis mein Rütteln und Schütteln ihn endlich doch wieder auf die Beine brachte. „Wo hat es eingeschlagen?" fragte er immer noch hoch bestürzt. — „Ich hoffe nirgends", war meine Gegenrede, „oder mindestens

4. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 10

1913 - Leipzig : Hahn
10 alle gleich machte und brüderliche Eintracht herrschte. Anton glaubte, einen Propheten zu hören. Als er aus der Kirche nach Hause ging, sagte er zu seinem Genossen kein Wort, aber beim Wollekratzen in der Werkstatt und beim Hütewaschen an der Oker beschäftigte er sich die ganze Woche über mit den Ge- danken an die gehörte Predigt. Aua ^Autori Reiser“ Ton K. Ph. Moriu. 8. An den Nicht feine Kost, nicht weiche Betten, nicht träge Zeit an manchem Tag kann so ans Haus des Meisters ketten, als wie's die Freundlichkeit vermag. Beim Ärmsten bleibt man und mit Freude, der uns belehrt mit mildem Wort; doch wo man sich zu fragen scheute, da geht man nur mit Freuden fort. Lehrling. Du aber, du, der noch die Bürde der herben Lehrzeit tragen muß, wenn sie dir noch so drückend würde, halt aus in Ehren bis zum Schluß l Je enger deiner Freiheit Schranken die strenge Zucht des Lehrherrn setzt, je inn'ger wirst du's einst ihm danken, wenn man um deinen Fleiß dich schätzt. Karl Weise. 9. Freue dich, Jüngling, in deiner Jugend. So freue dich, Jüngling, in deiner Jugend und laß dein Herz guter Hinge sein in deiner Jugend. Tue, was dein Herz lüstet und deinen Augen gefällt; und wisse, daß dich Gott um dies alles wird vor Gericht führen. Laß die Traurigkeit aus deinem Herzen und tue das Übel von deinem Leibe; denn Kindheit und Jugend ist eitel. Gedenk an deinen Schöpfer in deiner Jugend, ehe denn die bösen Tage kommen und die Jahre herzutreten, da du wirst sagen: Sie gefallen mir nicht. pred. saiomonu. 10. Frisch Hab’ oft im Kreise der Lieben in duftigem Grase geruht und mir ein Liedlein gesungen, und alles war hübsch und gut. Hab’ einsam auch mich gehärmet in bangem, düsterem Mut und habe wieder gesungen, und alles war wieder gut. gesungen! Und manches, was ich erfahren, verkocht’ ich in stiller Wut, und kam ich wieder zu singen, war alles auch wieder gut. Sollst nicht uns lange klagen, was alles dir wehe tut, nur frisch, nur frisch gesungen I Und alles wird wieder gut. Chamisio. 11. Der Wald des Elends. Es war Abend. Der Tag hatte sich geneigt, die Sonne war hinter die Berge hinabgesunken, und die Dämmerung breitete ihre Flügel über die weite Ebene. Kaum dem Auge sichtbar, flimmerte hier und dort ein einzelner Stern am Himmel auf.

5. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 15

1913 - Leipzig : Hahn
15 haben bekanntlich niemals vernünftigen Grund, mithin wäre es lächer- lich gewesen, da mit Worten zu widerlegen, wo das Werk deutlicher sprach. Im Sommer 1812 wurden zugleich mit dem Turnplatz die Turn- übungen erweitert. Sie gestalteten sich von Turntag zu Turntag viel- facher und wurden unter freudigem Tummeln im jugendlichen Wettstreben auf geselligem Wege gemeinschaftlich ausgebildet. Es ist nicht mehr genau zu ermitteln, wer dies und wer das zuerst entdeckt, erfunden, ersonnen, versucht, erprobt und vorgemacht hat. Von Anfang an zeigte die Turn- kunst einen großen Gemeingeist und vaterländischen Sinn, Beharrlichkeit und Selbstverleugnung. So ist es noch. Beim Aufruf des Königs vom 3. Februar 1813 zogen alle wehr- haften Turner ins Feld, und die Sache stand augenblicklich wie verwaist. Nach langem Zureden gelang es mir in Breslau, einen meiner ältesten Schüler zu gewinnen, daß er während des Krieges an meiner Stelle das Turnwesen fortführen wollte. Wenn auch zuerst nur einer als Bauherr den Plan entworfen hat, so haben doch Meister, Gesellen, Lehrlinge und Handlanger treu und red- lich gearbeitet und das Ihrige mit Blick und Schick beigetragen. Das ist nicht ins einzelne zu verzetteln. Auch soll mau nicht unheiligerweise Lebende ins Gesicht loben. Berlin, den 31. März 1816. F. L. Jahn. 14. Das Loch im Ärmel. Ich hatte einen Spielgesellen und Jugendfreund, namens Albrecht, erzählte einst Herr Marbel seinem Neffen Konrad. Wir beide waren überall und nirgend, wie nun Knaben sind, wild, unbändig. Uns’re Kleider waren nie neu, sondern schnell besudelt und zerrissen. Ha gab es Schläge zu Hause; aber es blieb beim alten. Eines Tages saßen wir in einem öffentlichen Garten auf einer Bank und erzählten einander, was wir werden wollten. Ich wollte Generalleutnant, Albrecht Generalsuperintendent werden. „Aus euch beiden wird im Leben nichts!“ sagte ein steinalter Mann in feinen Kleidern und weiß gepuderter Perücke, der hinter unserer Bank stand und die kindlichen Entwürfe angehört hatte. Wir erschraken. Albrecht fragte: „Warum nicht?“ Her Alte sagte: „Ihr seid guter Leute Kinder, ich sehe es euem Böcken an; aber ihr seid zu Bettlern geboren; würdet ihr sonst diese Löcher in euern Ärmeln didden ?“ Habei faßte er jeden von uns an den Ellenbogen und bohrte mit den Fingern in die daselbst durchgerissenen Ärmel hinauf. — Ich schämte mich, Albrecht auch. „Wenn’s euch“, sagte der alte Herr, „zu Haus niemand zunäht, warum lernt ihr’s nicht selbst? Im Anfang hättet ihr den Bock mit zwei Nadelstichen geheilt; jetzt ist es zu spät, und ihr kommt wie Bettelbuben. Wollt ihr Generalleutnant und Generälsuperintendent

6. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 19

1913 - Leipzig : Hahn
19 den mächtigen Eisenbahnzug in Bewegung setzte oder ihm zu halten gebot. Immer mächüger rief eine innere Stimme dem Laufburschen zu: „Du mußt Lokomotivführer werden." Bald konnte er dem Rufe nicht mehr widerstehen und teilte seinen Herzenswunsch mit Zittern und Zagen seinem strengen Herrn Arbeitgeber mit. Wilhelm Felsche war ein tüchtiger Menschenkenner und hatte längst bemerkt, daß im jungen Krause Talente schlummerten, die sich nur entwickeln tonnten, wenn der Bursche ein Handwerk erlernte. Er sann und forschte, erkundigte sich bei Freunden und überlegte wieder; endlich hatte er das Rechte gefunden: Karl mußte in eine Schlosserwerkstatt. Durch diese Arbeitsstätte führte der Weg auf die Lokomotive, blieb aber auch offen für jeden andern Zweig der jetzt in Deutschland mächtig aufstrebenden Eisenindustrie. Schon sechzehn Jahre alt, trat Krause seine Lehrzeit bei Meister Reinhold in Leipzig an, und vier lange Jahre mußte er lernen. An Arbeit fehlte es ihm nicht, doch war er immer mit Leib und Seele dabei. Die ungemeine Strenge des Herrn und der Frau Meisterin fühlte er nicht als Last, sondern als Ansporn zu immer größerem Fleiße. Schon fünf Uhr früh begann die Arbeit, und die geringste Verspätung wurde strengstens geahndet. Da nun Karl noch nicht wie so viele seinesgleichen in unserer Zeit eine Uhr besaß, so stand er nicht selten mitten in der Nacht auf, um die Zeit nur ja nicht zu versäumen. Barfuß eilte der abgehärtete Knabe von der Bodenkammer auf die Straße, wo ihm die nächste öffentliche Uhr gar oft die süße Gewißheit gab: Du kannst noch einige Stunden schlafen. Bis abends sieben Uhr schwang er mit geringer Zeitunterbrechung den schweren Eisenhammer oder stand emsig feilend am Schraubstock oder zog den mächtigen Blasebalg des Meisters. Und nach Feier- abend — gehörte seine freie Zeit nach alter Väter Sitte dem Dienste der Meisterin. Da wurden noch fleißig Kohlen herbeigeschafft, Holz gespalten, Stiefel gereinigt oder sonstige kleine Besorgungen verrichtet. „Arbeiten und gehorchen" war die Losung, „Lehrjahre sind keine Herrenjahre" der Leitspruch in dieser Zeit. Und doch — wie mundete da die kräftige Hausmannskost, wie köstlich schlief es sich auf hartem Lager, und wie beglückend war der Gedanke, vorwärts zu schreiten in den Kenntnissen und Fertigkeiten des frei erwählten Berufes! Sonntags wurde früh die Werkstatt gereinigt und dann der Gottesdienst besucht. Der Nachmittag war frei. Doch zog es den lerneifrigen Jüngling gar oft in die Werkstatt des Meisters; da stand eine Drehbank, die er wochentags nicht berühren durfte. Nun übte er sich während des Feiertags an dieser Maschine und erwarb sich auch auf dieser in kurzer Zeit große Fertigkeit. Im zwanzigsten Lebensjahre wurde Karl Krause losgesprochen. Als Schlossergeselle stand ihm jetzt die ganze Welt offen, und es trieb ihn hinaus in die Fremde. Er hatte sich einen kleinen Zehr- pfennig gespart und wanderte nun mit dem Segen seines Meisters 2*

7. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 65

1913 - Leipzig : Hahn
65 Beute findest; aber auch die Bedeutung des Sprichwortes ,Reinlichkeit erhält den Leibi verstehe ich jetzt besser als sonst. “ Der Jüngling senkte beifällig das dunkle Haupt, heftete die schwarzen Augen auf den Knaben und sprach weiter: „Hüte dich vor aller Unmäßigkeit im Essen und Trinken, damit du nicht frühzeitig in das Grab sinkest!“ Der unerfahrene Knabe konnte die Wahrheit dieser Worte noch nicht ganz erfassen, darum fragte er schüchtern: „Sind nicht Kriege und Überschwemmungen bessere Gehilfen?“ „Auch diese stehen in meinem Dienste,“ antwortete der Tod; „sie arbeiten schnell und furchtbar; doch hat sie der Schöpfer alles Lebens an Zeit und Ort gebunden. Die Unmäßigkeit aber führt mir bei Tag und Nacht aus allen Himmelsgegenden immer neue Opfer zu.“ „Du hast auch eine Seele, mein Kind,“ fuhr der Tod mit sanfter Stimme fort; „wenn diese verwüstet wird, verwelkt der Leib alsbald wie die Blume des Feldes. Hast du nie gehört von dem blassen Neide, der die Gesundheit untergräbt und gleich der Unmäßigkeit mein treuester Gehilfe ist? Und wie den Neid, so habe ich jede Leidenschaft, den Haß und die Feindschaft, die Unkeuschheit und die Habsucht, in meinen Dienst genommen. — Doch jetzt weißt du genug.“ Bei diesen Worten verschwand der Tod, um das Werk seiner Gehilfen zu vollenden. Gottfried trat nachdenklich in die väterliche Hütte und faßte noch an demselben Abend einen festen Entschluß. „Ich will die Gehilfen des Todes meiden und die Gesundheit hüten wie einen kostbaren Schatz“, sprach er laut vor sich hin. „Darum will ich vorsichtig sein bei all meinen Arbeiten und Erholungen, die Reinlichkeit lieben und Mäßigkeit üben mein Leben lang.“ Und Gottfried hielt, was er sich vorgenommen hatte. Deshalb wurde aus dem fröhlichen Knaben ein kräftiger Jüngling, ein rüstiger Mann und ein glücklicher Greis. Meister Ehrlich konnte bis in sein hohes Alter dem täglichen Erwerbe nach- gehen, und Gott segnete ihn überdies mit gesunden Kindern und blühenden Enkeln. Als aber die Zeit, die unvermeid- liche Gehilfin des Todes, ihr Werk vollbracht hatte, da er- schien abermals der Todesengel. Der ehrwürdige Greis erschrak nicht; denn der Schmetterling über dem Haupte des Jünglings erinnerte ihn an die Auferstehung. Der Todesengel sprach kein Wort, sondern senkte sich leise, leise auf die sterbliche Hülle und führte die Seele in das himmlische Land, wo ewiges Leben und ewige Gesundheit wohnt. Herold. Lesebuch f. Fortbildungsschulen rc. Allg. Teil. 5

8. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 233

1913 - Leipzig : Hahn
233 Stimme ist klangvoll und angenehm, das Auge lebhaft und klar. In ruhiger, schlichter Sprache, mit großer Freundlichkeit und Güte erklärt er dem Besucher manche seiner Apparate, namentlich seine Lieblingserfindung, den Phonographen. Die Versuchswerkstatt ist seine liebste Arbeitsstätte. Hier ist er in ein- samer, stiller Nacht oft bis znm Morgengrauen tätig, und gerade die Morgenstunden sollen ihm die meisten Erfindungen geschenkt haben. Jahre- lang arbeitete er täglich 18 Stunden und begnügte sich dabei mit einer äußerst einfachen Kost, oft fast nur mit Brot. Das Leben des berühmten Mannes nahm seinen Anfang in ein- fachen, ja ärmlichen Verhältnissen. Thomas Alwa Edison wurde am 10. Februar 1847 zu Milan im Staate Ohio geboren und verlebte seine Kindheit in der Stadt Port Huron in Michigan. Sein Vater, der aus Holland stammte, war der Reihe nach Schneider, Baumgärtner und Korn- händler und hatte es trotz seiner Rührigkeit und Klugheit nicht zur Wohlhabenheit gebracht. Edisons Ausbildung war auf den Unterricht beschränkt, den er von feiner Mutter erhielt; von ihr lernte er lesen, schreiben, rechnen. Alles übrige eignete er sich durch eigenes Studium ohne jegliche Beihilfe an. Schon in seinen Knabenjahren war sein Wissens- drang ganz außerordentlich, und er las alles, was er an Büchern und Zeitungen erreichen konnte. Mit zwölf Jahren kam er als Bahn- oder Zeitungsjunge zur Grand-Trunk-Eisenbahnlinie von Canada und Central - Michigan, fuhr mit dem Zuge von einem Ende der Linie zum andern und hatte hierbei den Reisenden Zeitungen, illustrierte Journale, auch Früchte, Gebäck, Zigarren usw. anzubieten. In kurzer Zeit war Edison mit seinem Geschäfte vollkommen vertraut. Er verschaffte sich verschiedene Ver- günstigungen, unter anderem das Vorrecht des ausschließlichen Verkaufs von Drucksachen aus der Grand-Trunk-Bahnlinie, und erleichterte sich schließlich die Arbeit dadurch, daß er mehrere Jungen seines Alters be- zahlte und diesen an seiner Stelle das Anbieten der Waren anvertraute. Er selbst saß in seinem Gepäckwagen und las eifrig in den Büchern, die er sich von seinem geringen Verdienst kaufte. Bald hatte er in seinem Gepäckwagen eine förmliche Werkstatt eingerichtet, in der er während der Fahrt eifrig Versuche machte. Wie vielseitig und unternehmungslustig der junge Edison damals schon war, davon gibt folgende Tatsache einen sprechenden Beweis. Er hatte Gelegenheit gefunden, eine Anzahl abgenutzter Druckbuchstaben und eine kleine Handpresse billig zu erstehen. Sofort begab er sich ans Werk, und in seinem Gepäckwagen verfaßte, setzte, korrigierte und druckte er eine „ Eisenbahnzeitung", die er den Reisenden des Zuges verkaufte. Eine hochherzige Tat wurde zu einem Wendepunkte in Edisons Leben. Als er einst am Bahnsteig von Port Clement stand, sah er mit Schrecken, daß ein kleines Kind spielend auf den Schienen saß, während ein in vollem Lause befindlicher Zug heranbrcmste. Rasch entschlossen, sprang Edison quer über die Schienen und riß das Kind mit sich fort. Die Puffer der

9. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 235

1913 - Leipzig : Hahn
235 der Kaiserin wurde ein neuer Zylinder für die Prinzen eingesetzt, und der Kronprinz sang mit fester Stimme „Heil dir im Siegerkranz"; weniger sicher trug dann Prinz Eitel Fritz das Lied „Ich hatt' einen Kameraden" vor. Dem Prinzen Adalbert schien die Sache sehr gelegen zu kommen; denn er ries, ohne sich zu besinnen, laut und jubelnd in das Sprachrohr: „Papa, ich möchte gern einen Pony haben." Zur Freude der Kaiserin wiederholte der Apparat diese Worte mit überraschender Treue. Anfangs November wurde der Phonograph auch dem Kaiser Franz Joseph I. von Österreich vorgeführt, den es ganz besonders freute, unter den Leistungen desselben auch ein Lied zu hören, das Fürst Bismarck hineingesungen hatte. Trotz seines großen Ruhmes ist Edison stets ein einfacher und schlichter Mann geblieben. Zu seiner Lebensgefährtin erkor er sich eine Arbeiterin, deren gute Eigenschaften und vortrefflichen Charakter er kennen gelernt hatte. Mit ihr führt er ein glückliches Familienleben als musterhafter Gatte und Vater. Die Sonntagsfeier hält er aus das gewissenhafteste und widmet sich an diesem Tage gänzlich seiner Familie; alle wissen- schaftlichen und geschäftlichen Angelegenheiten ruhen an diesem Tage. Nach Ritter von Urbanitzky. 102. Heil der Arbeit. Heil der Arbeit! — Träges Leben gibt uns kein erheiternd Los. Nie wird rühmlich sich erheben, der die Hand legt in den Schoß. Nur muß gleist auch Früchte bringen, denn die Lust ;um Schaffen flieht den, der unter stetem Ringen seines Harms kein Ende sieht. Ntancher wird ins Elend fallen, der sich in die Zeit nicht schickt und statt mut'gem Vorwärtswallen planlos aufs Vergangne blickt. Leer und nichtig sind die Träume von der „guten, alten" Zeit; in der Werkstatt enge Räume trägt sie keinen Segen heut'. Karl Weise.

10. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 287

1913 - Leipzig : Hahn
287 So unbeholfen Rietschels Technik noch sein mochte, Rauchs Genie erkannte sofort den verwandten Geist. Er wurde in kurzer Zeit Rauchs bester Schüler, den der Meister 1827 für die Ausführung des Denkmals des Königs Friedrich August von Sachsen empfahl und der den Auftrag auch erhielt. Die Lehrjahre unter Rauchs Leitung waren für den begeisterten jungen Künstler von unschätzbarem Werte. Rietschel beteiligte sich an einer Preisbewerbung um das dreijährige Stipendium zu einer italienischen Reise. Mit dem ihm eigenen rastlosen Eifer warf er sich auf die Auf- gabe. „Meine Leidenschaftlichkeit ließ im Falle des Nichterfolges Schlimmes für meine Gesundheit befürchten," erzählt er, „denn ich fühlte mich, da ich täglich über zwölf Stunden arbeitete, außerordentlich angegriffen. Meine Freunde hielten mir das Unrecht solchen Strebens vor; ich fühlte auch die Wahrheit ihrer Warnungen sehr wohl und suchte mich auf ein ungünstiges Resultat vorzubereiten, doch wollte mir's nicht recht gelingen." Seine Hoffnung wurde nicht getäuscht, er erhielt den ersten Preis. Doch konnte ihm als Ausländer das Stipendium in Berlin nicht gegeben werden; aber Rauch verschaffte es ihm von der sächsischen Regierung. Die Reise ging über München, wo er eine Figur für das Giebelfeld der Glyptothek und für das Max-Joseph-Denkmal die reizende Figur der Bavaria nach Rauchs Modell ausführte. In Italien gab er sich eifrig dem Studium der dortigen Kunstschätze hin. Nach Berlin zurückgekehrt, arbeitete er zu- nächst wieder einige Zeit in Rauchs Künstlerwerkstatt. Die äußeren Sorgen schwanden jetzt mehr und mehr, und die Liebenswürdigkeit seines be- scheidenen, treuen und tüchtigen Wesens, sein rastloses, nie sich genügendes Vorwärtsstreben gewannen ihm die Herzen aller, mit denen er verkehrte. 1832 wurde Rietschel als Professor der Bildhauerkunst nach Dresden berufen, und dort, wo er einst als Schüler gesessen hatte, wurde er der Reformator der heute weithin berühmten Bildhauerschule. Eine große Schar lernbegieriger Schüler sammelte sich um ihn, und ehrenvolle Auf- träge traten an ihn heran, die er in vollendeter Weise zur Ausführung brachte. So hatte sein starker, fester Wille alle Hindernisse überwunden und sein Genie sich freie Bahn gebrochen. Durch eigene Tüchtigkeit hat er sich zu einer Höhe emporgearbeitet und emporgerungen, die wenige er- reichen, und dabei gezeigt, daß er nie vergaß, Gott zu danken, durch dessen Güte ihm seine Erfolge möglich wurden. Aus seiner Meisterhand gingen unvergängliche Kunstwerke hervor, von denen hier nur genannt seien das Standbild Thaers in Leipzig und das Karl Maria von Webers in Dresden, die Büste Rauchs in Berlin, die Lessing-Statue in Braunschweig, die Goethe-Schiller-Gruppe in Weimar und das Luther-Monument in Worms. Rietschel starb am 18. Februar 1861. Nach Stahr.
   bis 10 von 11 weiter»  »»
11 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 11 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 0
1 4
2 0
3 1
4 0
5 5
6 0
7 1
8 0
9 0
10 2
11 0
12 0
13 0
14 0
15 0
16 1
17 0
18 0
19 0
20 0
21 0
22 0
23 0
24 0
25 0
26 0
27 0
28 0
29 1
30 0
31 0
32 0
33 1
34 1
35 0
36 1
37 7
38 0
39 0
40 0
41 0
42 0
43 0
44 0
45 4
46 0
47 0
48 0
49 0

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 2
1 42
2 0
3 6
4 31
5 2
6 17
7 1
8 6
9 8
10 5
11 0
12 35
13 16
14 0
15 7
16 68
17 161
18 1
19 62
20 0
21 20
22 0
23 9
24 2
25 6
26 0
27 1
28 39
29 7
30 1
31 2
32 13
33 1
34 0
35 2
36 71
37 1
38 16
39 77
40 76
41 3
42 25
43 1
44 1
45 99
46 13
47 0
48 3
49 6
50 1
51 16
52 5
53 0
54 18
55 0
56 0
57 0
58 4
59 12
60 18
61 10
62 2
63 0
64 9
65 0
66 7
67 2
68 23
69 4
70 4
71 11
72 38
73 0
74 0
75 37
76 27
77 152
78 0
79 7
80 0
81 4
82 29
83 0
84 2
85 0
86 0
87 89
88 0
89 0
90 0
91 51
92 162
93 0
94 148
95 0
96 0
97 1
98 11
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 0
1 0
2 0
3 2
4 0
5 0
6 0
7 0
8 0
9 0
10 0
11 0
12 3
13 0
14 0
15 0
16 0
17 0
18 0
19 0
20 0
21 0
22 0
23 0
24 0
25 0
26 0
27 0
28 0
29 0
30 0
31 0
32 0
33 5
34 0
35 0
36 0
37 0
38 0
39 0
40 0
41 0
42 0
43 1
44 0
45 0
46 0
47 0
48 0
49 0
50 1
51 3
52 0
53 0
54 0
55 0
56 0
57 0
58 0
59 0
60 0
61 1
62 0
63 0
64 0
65 0
66 0
67 0
68 0
69 0
70 0
71 1
72 0
73 0
74 0
75 0
76 1
77 0
78 0
79 0
80 0
81 6
82 0
83 0
84 0
85 0
86 0
87 0
88 0
89 0
90 0
91 0
92 0
93 0
94 0
95 0
96 0
97 0
98 0
99 0
100 3
101 0
102 0
103 0
104 0
105 0
106 0
107 0
108 0
109 0
110 1
111 3
112 0
113 0
114 0
115 0
116 0
117 0
118 0
119 0
120 0
121 0
122 0
123 1
124 0
125 0
126 0
127 1
128 0
129 0
130 0
131 1
132 0
133 0
134 0
135 0
136 1
137 0
138 0
139 0
140 0
141 0
142 1
143 0
144 0
145 0
146 0
147 0
148 0
149 0
150 0
151 0
152 1
153 0
154 4
155 1
156 0
157 0
158 0
159 0
160 0
161 0
162 0
163 0
164 0
165 0
166 3
167 0
168 0
169 0
170 0
171 0
172 0
173 0
174 0
175 2
176 0
177 0
178 0
179 0
180 0
181 0
182 1
183 4
184 0
185 0
186 0
187 0
188 0
189 0
190 0
191 0
192 0
193 0
194 0
195 0
196 2
197 0
198 0
199 1