Iv
Vorrede.
von reden. Wie der Vater, wenn er im Kreise seiner
Kinder und Enkel von seiner eignen Jugend redet, die
Innigkeit seines Jugendgefühls hervorzurufen strebt, so
sollen auch wir im Kreise der jetzt Heranwachsenden Ju-
gend nur mit Begeisterung von der Jugendzeit des neuen
deutschen Lebens reden, welche in die hier geschilderten
Jahre zusammengedrängt ist. Wir sollen uns nicht
scheuen, das starke Bild und den ungewöhnlichen Aus-
druck zu gebrauchen, welche der berechnende Verstand
vielleicht übertrieben nennen möchte.
Diese Gedanken glaubte ich aussprechen zu müssen,
indem ich nach einem langer» Zwischenräume die Dar-
stellung der Jahre 1813, 14 und 15 von Neuen: dem
Druck übergebe. In manchen Stellen war ich versucht,
etwas von der lebhaften Farbe hinwegzunehmen, die in
den Tagen der ersten Aufregung unwillkührlich aus mei-
ner Feder hervorgegangen war; aber der inwohnende
Geist jener Darstellung, der nicht mein Werk, sondern
das jener gehobenen Zeit selbst gewesen, entwaffnetc die
kühlere Kritik. Das Ganze ist geblieben, wie es von
^Anfang an war; nur habe ich manches Einzelne, was
ich bei späterer Lcctüre, oder aus den Mittheilungen
von Augenzeugen, gesammelt habe, hinzugegebcn, so daß
manche Begebenheiten durch einzelne bezeichnende Züge
vervollständigt sind.
Mein Wunsch ist, daß der Lehrer der deutschen
Geschichte zum Schlüsse seines ganzen Kursus sich eben
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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TM Hauptwörter (200): [T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T91: [Geschichte Krieg Zeit Zeitalter Mittelalter Revolution Reformation deutsch Jahrhundert Ende], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk]]
Maximilian Ii.
in
Ferdinand, den 25. Juli 1664, im 62ten Jahre
seines Alteps. Das sprechendste Zeugniß für ihn
in der Geschichte ist, daß er in so schwierigen Zei-
ten , wo der Hast und die Leidenschaften so oft
das Urtheil bestimmtem , von allen Partheien,
von Katholiken sowohl als Protestanten, das Lob
eines trefflichen Mannes mit in das Grab genom-
men hat.
21. Maximilian It. i564 —1676.
Schon im Jahre i56o hatte Ferdinand seinen
Sohn Maximilian, auf dem Churfürstentage zu
Frankfurth, zu fernem Nachfolger vvrgeschlagcn,
und die Churfürsten hatten ihn ernannt. Der
Vater empfahl den Sohn mit Werten, welche als
eilt wahrhaftiges Zeugniß über ihn ausbewahrt zu
werden verdienen. „Er sey mit hoher Vernunft,
Schicklichkeit, Milde und Sanftmüthigkeit, auch
allen andern fürstlichen Tugenden und guten Sit-
ten trefflich begabt, von gerechtem, ehr - und
friedliebendein Gemüth, und trage gegen das hei-
lige Reich teurscher Nation große Liebe sinb Zu-
neigung, deren Ehre ugd Wohlfahrt zu befördern
er zum höchsten begierig sey. Endlich sey er auch
der sechs vornehmsten, in der Christenheit ge-
bräuchlichen Sprachen kundig, also, daß er alles,
was jetzo und künftig mit fremden Potentaten zu
handeln sey, selbst werde verstehen, reden und
ausfertigen können."
Ein anders, ehrenvolles Zeugniß legten seine
böhmischen Unterthanen über ihn ab, als ste ihn
den Polen zum Könige empfahlen, die ihr Auge
auf ihn gerichtet hatten. „Unser Böhmen, sagten
sie, befindet sich unter seiner Regierung besser,
als wenn es von einem angebornen Varer beherrscht
würde; unsere Vorrechte, Gesetze und Freiheiten
werden von ihm geschützt, und er laßt alles un»
verändert bei seiner Kraft. Und was man faß
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Extrahierte Personennamen: Maximilian_Ii Maximilian Ferdinand Maximilian_It Maximilian Ferdinand Maximilian Maximilian
n4 Vi.ztr.karlvbiszum westph.fried. 1620-16/,8.
mann bei Haus und Hof, und kein Herr bei
Land und Leuten bleiben könne. "
Auf solche Klaaen verfaßte inail denn auch
neue und strengere Kriegsgesetze, oder segenannte
Ne i te rbe sta l l u ngen. Allein das gründlichste
Mittel, welches der Kaiser vorgeschlagen batte,
alle Werbungen auswärtiger Fürsten in Teutsch-
land gänzlich zu verbieten, konnte nicht durchge-
fetzt werden. Die teutschen Fürsten behaupteten:
„Von Alters her sey es eine löbliche Art teutscher
Freiheit gewesen, um Ehre und Ruhm mit ritter-
lichen Thaten fremden Herrschern, ohne alles Be-
leidigen des Vaterlandes, zu dienen. Wenn dieser
Brauch aufgehoben werde, so werde der Kriegs-
stand in Teutschland vernichtet, und zur Zeit der
Noth werde es an Kriegern fehlen." — Wir ver-
nehmen in solchen Reden noch iinmer d,e Klänge
aus Tacituö Zeit, da die teutschen Jünglinge,
wenn in ihrem Stamme Ruhe war, durch Waf-
fenlust getrieben, zi« solchen zogen, die im Kriege
begriffen waren. Die''er eingebohrne Sinn der
Waffen ist bis auf n heutigen Tag nicht aus
dem Volke gewichen.
Der Kaiser Mariinilian brachte im Jahr \5^5
die Wahl seines Sohnes Rudolf zum römischen
Könige zu Stande und starb ein Jahr darnach,
auf dem Reichstage zu Regensburg, an demselben
Tage und in derselben Stunde, als der Reichs-
tagsaöschied daselbst öffentllch bekannt gemacht
wurde.
Die lange Regierung dieses Kaisers hat den
Zunder neuer, gewaltsamer Erschütterungen in
Teutschland angehauft, und ist ein trauriger Be-
weis, wie in schwierigen Zeiten Unentschiedenheit
und Trägheit fast schlimmer wirken, als selbst der
üble Wille. Dieser kann dem Kaiser Rudolf nicht
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Extrahierte Personennamen: Mariinilian Rudolf Rudolf Rudolf Rudolf
Allgemeine Bemerkungen. 19p’
lahmende Angst vor der noch kommenden, ver»
finstern, und alle Freudigkeit und Znverstcht des
Lebens hinwegnehmen. Der junge Keim der neuen
Geschlechter wird im Entstehen vergiftet/ er kann
nur ein kränkelndes Zeitalter, ohne Kraft und
Muth, hervorbringen.
Dennoch bewährte sich die teutsche Tüchtigkeit auch
in dieser Zeit durch ein verhältnißmaßig schnelles Er-
mannen. Es zeigte sich in sittlicher Hinsicht in
einem tiefen Ernste, der auf das gänzlich losge.
Kunden« Leben folgte; wie denn gerade die End-
punkte sich oftmahlö berühren. Die Sittenverwil-
derung, theils in den Kriegerch, welche aus dem
Feldlager nach Hause kehrten, theils in der wüst
aufgewachsenen Jugend, nöthigte die Fürsten, viel
Sorge auf Kirchen und Schulanftalten zy
wenden, und solche Sorge trägt immer hundert-
fältige Zinsen. — So wie reges Leben und Ge-
schäftigkeit wiederum erwachte und wuchs, so lebte
vor allen der Lqndbau so schnell wieder auf, daß
kaum ein größeres Beispiel des, tevtschen Fleißes
Und Ernstes zu finden ist. Grundstücke waren sehr
wohlfeil, denn so viele Tausende von Besitzernhk*;
ren ausgestorhen; die Belkskaft .vendete sich gan^
vorzüglich auf den Ackerbau;-löalk^blüheten du
Felder wieder-, und die Dörfer erhoben sich aus dei
Asche. Schon 13, Jahre nach dem Kriege fand un-
ter andern ein französischer Matsch all die Pfal^
die er im Kriege verwüstet gesehen, wiederum btfc
hend. Es kam auch bald die Zeit, da die Men-
schenrechte in dem Bauerstande besser erkannt und
die härteren Formen der Leibeigenschaft.nach und
nach in gelindere umgewandelt, bis sie endlich fast
überall ganz gelöst wurden, Und da die gesunde
Lebenskraft für ein Volk am meisten aus der müt-
terlichen Erde aufgehr, wenn es ihr seine Sorge
widmet, so hätte auch aus dom,- zu einfacher Le»
bensweiie zurückgekohrten, nicht in Städten zu«
sammengeh-äuftest , dunmvohuenden 'Ge sch lech re von
Ackerbauern ein neues, herrliches Teutschland auf»
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Allgemeine Anmerkungen. 199
Zeit gleichfalls unter die Herrschaft der Fürsten
gestellt wurden? Es ist ein treffendes Wort, daß
feit dem dreißiaiähriqen Kriege, ja schon seit dem
Ende des Mittelalters, die Zeit der freien Städte
und Genossenschaften vergangen, und die der fürst-
lichen Gewalt und der Soldaten gekommen war.
Auch die Herrlichkeit des Adels war ver-
schwunden. Seit er nicht mehr den eigentlichen
Kriegerftand bildete und durch ritterliche Waffen-
tüchtrgkcir der Nation voran leuch tote; seit die Fürsten
mit gemietheten Söldnern seinen kühnen Freiheits-
trotz leicht niederschlugen, und Weichlichkeit, Zier-
lichkeit, fremde Sitten an die Stelle der alten
Tüchtigkeit traten, da ging die rechte Bedeutung
des Adels verloren, wie ihn Deutschland qeivollt
hatte. Er wurde dienstbar, n»d fand bald
Freude an dem Eitlen und Kleinen ; denn das
Einfache und Grosse ist grur im Gefolge der Frei-
heit. Mit Flitter« mancher Art, mit Rang und
Titeln und Ehrenzeichen und der Lafelfähigkeit bei
Hofe, »purde die Dienstbarkeit überdeckt. Wie die
Fürsten sich vom Volke geschieden hatten, schied^
sich auch der Adel von demselben/! und nun j erst
trat der Stolz, auf die .Vorzüge der Geburt ein.
Die Fürsten qhe.p., um in der Zeit des llebergan-
ges, da die Dienstbarkeit des Adels noch nicht
überall entschieden war, ihn desto williger zu der-
selben zu machen, räumten ihm wesentliche Vor-
züge vor dem dritten Stande ein, .welche später-
hin, vor dem Fortschritte der Zeiten, nicht mehr
bestehen konnten: ..Freiheit von Stagtslasten, aus-
schließendes Recht auf die höchsten Stellen und fast
alleinige Landstandschaft. Das letztere Vorrecht
war fast das drückendste für das Volk. Denn der
Adel, in den steigenden Luxus der Höfe hineinge-
zoqen, durch iltmttt- und Ehrenstellen geblendet,»
und durch seine Privilegien gesichert, bewilligte auf
den Landtagen dem Fürsten gern seine Federun-
gen, und walzte die Last der Abgaben auf Bürger
und Bauern. Auf diese Werse entstand Trenuung
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202 Vii. Ztr. ycm westph. Fried, bis jetzt. 1648 -1817.
bitter« daß die vielen kleinen Hofhaltungen auf
den Ernst des Lebens und die Strenge der Mitten,
sehr uachtheilich gewirkt haben. Es ist schwer, .—
so laiitet ihr Wert, — die feine und schwärmerr-
sche Empfänglichkeit das Geistes, welche die Kunst
exferdert und wiederum nährt, mit der ernslen
Enthaltsamkeit und Nchchieruheit zu vereinigen,,
ohne welche die männliche .Tlmrnd nicht seyn kann;
allein die schönsten, wenn auch lehr kürest, "Au-
genblicke der.griechischen Freistaaten im ?llter.thum.'
und der itgilschen und deutschest freien Stabte im
Mittelalter, haben, gezeigt, daß es einen Eini-
glingspun.kt,- für. Beides, gchbt. Die späteren Fürsten-
hofe habe »st ihn aber ; lind ex kann
»vohl über.hallpst nur da ge.fu.nden .werden, wo ein.
ernste, ste.hr gechältreiche^ Ta.stew.rtrk .dsts Gegeags-
wlcht st gegen den lieber',null) der" Vübsthungskraft.
gehen kars.ng.^Ustd wie mag^/stlstwlches mit hem .ge-,
wohnsichssn Hml bestehen Dhieses..«Mtzm
geytheil die,Jesttsch? , Si»tt.' vqnjvorn ,hegeist,durch.
das Jagen, 11 achch.etnstastäländischen vergiftet.. Von
ihm, ags. begannst die' Abgötterei-mit 'dem' Fränzo-
fischen st das^Aerqch'tkll d^st^igenest^ guten, brechen
& \li ach? Leg f.y, i d a's l e 1 ch tff,,.,'f;« stm. &',e sch Pätz; d re
R'estsen ches deutschen 'Adessstststachä Frankreich, das"
Nachahmen , her 'Moden und Skttest,'g"a der.'Ilnsttt-'
lichste'ist xä da/ Verehren endlich, französtsche-r Lehr--
mer'i^rstün.d,.Eiziehe,'junen, achiches. Alles zil der
Entärchi^ig-chchx hö.hexenst'stände tlgfer gewirkt hat,'
als stch i'neá/.berechnen urich . sstgen laßt. Ein
greströch Mick' für linchr,'die Niederen'
und. Mittleren ist shtn aus Armuth diesem Wege
nidstf/gen konnten,t(tib >'o den Kern von Ehr-
barkeit, scheue und Geradheit bewahren müßten.
Dennoch ist nicht zu nennen, wie viel versäumt
und selbst verlörest sst.,,-Mas die..Teutschen. in dett
hundert Jahrxn nach dem 'dreißigjährigen 'Kriege
gebildet hahen , ' ist aus dürrem, unfruchtbarem
Acker emporgewachsen, weil die schaffende Kraft der
Vclkseigenthiimlichkeit fehlte; es rst kalter Nach-
klang des Alten oder noch schlimmere Nachahmung
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Dreißigjähriger Krieg. i/5
Geschichte war in ihm, und wer wagt es, zu be-
stimmen, wo ein solcher Geist sein Ziel gefunden
hättet Ein Genosse seiner Zeit, dessen Unheil
als unbestochen gelten kann, der Graf Gualdo,
ein Venetianer und Katholik, der sich verschiedene
Jahre sowohl bei den kaiserlichen als schwedischen
Heeren aufgehalten, schildert des Königs große
Eigenschaften auf folgende Weise : „Gustav war
großgebaut, sagt er, stark, von königlichem An-
sehen, welches die Herzen mit Ehrerbietung, Ver-
wunderung , Liebe und Furcht erfüllte. Sein
Haar und Bart waren blond, das Auge groß,
aber nicht in die Ferne sehend. Von seiner ersten
Jugend an hatte der Krieg für ihn großen Reiz,
und Ehre und Ruhm waren seine Leidenschaft.
Auf selner Zunge wohnte Beredsamkeit, Anmuth
und Leutseligkeit waren in seiner Unterhaltung.
Es ist kein Feldherr, dem man mit solcher Nei-
gung und Ergebenheit gedient, als ,hm. Er war
freundlich, lobte gern, und tapfere Handlungen
blieben unauslöschlich in seinem Gedächrniß. Aber
höfisches Wesen und Schmeichelei hasste er, und
wenn einer sich ihm auf solche Weise nähre, so
konnte er, sein Vertrauen nicht gewinnen. Gegen
die Ausschweifungen der Soldaten war er streng,
und sehr besorgt für die Sicherheit des Bürgers
und Landmanns. Als ihm, nach der Eroberung
einer katholischen Stadt, Einige riethen, die Bür-
ger streng zu behandeln und ihnen neue Gesetze
zu geben, antwortete er: „Die Stadt ist nun
mein und nickt mehr des Feindes. Ich bin ge»
kommen, der Freiheit die Fesseln abzunehmen,
nicht sie in neue zu schlagen. Lasse man sie leben,
wie sie bisher gelebt; ich gebe denen keine neue
Gesetze, die sc zu leben wissen, wie sie ihre Re-
ligion gelehrt hat."
„Bei der Behandlung der Protestanten und
Katholischen machte er kernen Unterschied. Sein
Grundsatz war, daß jeder ein Rechtgläubiger sey,
der sich den Gesetzen gemäß verhalte. Die Men-
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2<H Vii, Zti'. vom weftph. Fried, bis jetzt. 1648-28^7.
sohten zwei französische Heers, um Hessen und
Hannover/ und demnächst die preußischen Elblan-
der änzugreiseii. Das eine von ihnen, unter dein
Prinzen Soubise, wendete sich nach Thüringen,
um sich 111 rt der trutschen Neichöarmee, uttiek dem
Prinzen von Hi! gburg hausest , zu vereinigen. Der
Pi'arschall d'etrkes aber, der das französische
Hauptheer anführte, schlug beim Eintritt in das
hannoversche Land den Herzog von Cumberland
mit seinem englisch - teukschen Heere, am 26. Juli
bei Hastenbeck an dh Weser. Es war die Un-
geschicklichkeit des englischen Feldherrn, die dieses
Treffen verlor, denn sein, wiewohl kleineres Heer,
hatte durch die Tapferkeit des Erbprinzen von
Braun schweig schon Vertheile erlangt, und schon
hatte der französische Marschall den Befehl zum
Rückzüge gegeben, als der Herzog, zu Aller Er-
staunen, das Schlachtfeld verließ, und in seinem
Rückzüge auch nicht stilistand, bis er die Elbe bei
Stade erreicht hatte. Za, zur .Vollendung der
Schande, schloß er attt 9. September eine E 0 n-
vention zu Kloster Seeven, vermöge »velcher
er sein Heer aufzulösen versprach, und den Fran-
zosen Hannover, Hessen, Braunschweig Und das
ganze Lanch zwischen Weser und Rhein, einräumte.
Der Herzog von Richelieu, der dem Marschall
Etrees im Oberbefehl folgte, ein ubermüthiger,
verschwenderischer und gewissenloser Mann, >og
diese Lander durch unerhörte Erpressungen aus;
und rute in der Nahe des Heerführers Alles sich
nur der Geldgier und den Wollüsten überließ, so
verbreitete sich bald der ruchloseste Sinn durch das
ganze Heer; er machte es zu einer räuberischen
Horde, schlimmer als die Schaareu der Kosacheiz
sind Kalmücken, die zu gleicher Zeit in dein Kö-
nigreiche Preußen hauseten. Das Verderbstiß der
Sitten ist m einem äußerlich gebildeten Volke ge-
fahrkcher, als in dem rohen, weil es durch den
Reiz der Verführung ein fressendes Gift in Städ-
ten und Dörfern, und mitten im Schooße des
häuslichen Lebens zurucklaßt. Der böse Ruf des
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser]]
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256 Vii. Ztr. vomwestph. Fried, bis jetzt. 1648-1817
werden wir vielmehr trauern, daß ein so unge-
wöhnlicher Geist nicht in einer großartigern Zeit
geboren wurde.
Als der Vater Friedrich Wilhelm I am
Ziten Mar/ 1740 starb, war Friedrich 28 Jahre
alt; sein Geist war durch rastlose innere Tbaciq-
$eit, durch ernste Beschäftigung mit den Wissen-
schaften, durch den Umgang mit geistreiche» Män-
nern , zu aller idchärfe der Denkkraft ausgebildet;
das Studliim der Geschichte hatte seinen Blick über
die engen Schranken der Gegenwart weit hin-
ausgeführt; sie hatte ihm ein hohes Bild von der
Würde Lines Königs gegeben, und sein erstes
Auftreten zeigte, daß er ihm nachstrebe. Es wurde
sogleich offenbar, daß er selbst zu herrschen ent-
schlossen sey; seine Thätigkert in Leitung der Ge-
schäfte, seine Aufmerksamkeit auf Kleines und
Großes, feine Entsagung des Schlafes uno der Ver»
gnügungen, seine strenge Eintheitung der Stun-
den, daß kerne ihm ungenutzt verloren gehe; —
dieses Alles war ein Wunder für die, welche solche
Aufopferung aller Lebenskraft für den Regenten-
beruf bei andern Herrschern nicht kannten. Recht
eigenrhümlrch spricht sich der außeroroentlrche Ein-
druck rn dem Berichte eines fremden Gemndten an
des Königs Hofe aus. „Um einen richtigen Be-
griff von der neuen Regierung zu geben, heißt
es darin, darf man nur sagen, daß der König
schlechterdings alles selbst thut, und daß der erste
Minister nichts zu tbun bat, als die ihm direct
au- dem Kabiner zukommenden Befehle auszufer-
tigen, ohne daß er über etwas befragt wird. Un-
glücklicher Weise ist nicht Einer um den König,
der fein ganzes Vertrauen hatte, und dessen man
sich bedienen könnte, um mir Erfolg die nöthigen
Einleitungen zu machen; daher ein Gesandter sich
hier weniger zurecht finden kann, als an jedem
andern Hofe.u — Freilich, die, von den Frau-
ze en in Europa aufgebrachte, das sittliche Ver-
bättniß der Herrscher unter einander vergiftende,
i nst, durch Lauern und Hachen und Bestechen,
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich Friedrich
3o4 Vii. Ztr. vom westph. Fried. bis jetzt. 1648-1817.
Endlich aber rückten die Russen mit 4o,roo
A?ann gegen die Oder heran, und Laudon war
mit 20,000 Oestrei'chern bereit, sich mit ihnen ;rt
vereinigen. In dieser Gefahr glaubte Friedrich,
durch eine außerordentliche Maaßreael der schwieri-
gen Lage begegnen zu müssen. Er hatte unter
feinen -Feldherren einen jüngeren im Range, wel»
eher sich bei inanchen Gelegenheiten durch große
Kühnheit ausgezeichnet hatte; es war der Geneial
Wedel. Diesen hielt er für den tauglichsten,
ihn den Russen entgegenzustellen; aber es war zu
fürchten, daß die alteren Generale ihm nicht wrt«
lig gehorchen würden- Da beschloß der König,
wie die Römer in dringenden Gefahren, einem
einzigen Manne alle Gewalt in die Hände legend,
ihn zum Dictator ernannt hatten, so den General
Wedel als Dictator zu dem Heere zu senden,
welches gegen die Russen stand. Diese, so lautete
der königliche Befehl, sollte er angreifen, wo er
sie fände. Der Dictator that nach dem Worte,
aber, ohne die Umsicht, die ein solches Wort vor-
aussckr, Er griff die Russen am 23. Juli bei
dem Äorfe Kay, unweit Züllichau, an, aber so,
daß sein Heer über ein? Brücke und durch einen
engen Weg, im lange!, Auge, zum Angriff sich
durchdrängen mußte. Die Haufen kamen einzeln
nach einander auf dem Schlachtfelde an und wur-
den einzeln von dem Feinde mit mörderischem Feuer
empfangen und zuruckgeschlagen. Die Preußen
verloren äooo tapfere Krieger und die Russen rer»
einigten sich nun ungehindert mit Laudon»
Da mußte König Friedrich selbst ihnen entge-
gen eilen. Er fühlte dre Gefahr, der er entgegen
ging, berief feinen Bruder Heinrich in das hager
bek Schmottseifen, trug ihm l^e Beobachtung des
Fkldmarschallö D>un auf, und bestellte ihn über»
dies zum Verwalter des Staates, wenn er auf
diesem Znge sterben oder gefangen werden sollte.
Doch forderte er von ihm das feierliche Versprechen/
wenn ihm ein solches Unglück begegnen sollte, in
keinen , dem preußischen Hause schimpflichen, Friede»
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Wedel Kay Friedrich Friedrich Heinrich Heinrich