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1. Heimatkundliches Lesebuch - S. 170

1912 - Danzig : Kasemann
170 Culmsee. Seit jeher wurde darum vorzugsweise der Weizen angebaut. In be- sonders umfangreichem Maßstabe wird jetzt auch der Zuckerrübenbau betrieben. Bon den 18 im Betriebe befindlichen Zuckerfabriken Westpreußens befinden sich allein vier im Culmerlande, darunter die größte ganz Deutschlands, Culmsee. Auch wird viel Roggen ausgeführt. Der reiche Überschuß der auf dem leichteren Boden gewonnenen Kartoffeln wird in den Gutsbrenne- reien verarbeitet oder zur industriellen Verwertung nach Thorn gebracht, wo sich eine der größten Spritfabriken der östlichen Provinzen befindet. Auch eine Kartoffeldörrfabrik ist dort erbaut. Durch ausgedehnten Gemüsebau zeichnet sich die Culmer Niederung aus. In der Umgebung von Briefen wird besonders viel Weißkohl angebaut. Zur Gewinnung des Sauerkrauts sind in Culm und Briefen Fabriken gegründet worden, deren Absatz auch nach dem Westen Deutschlands sich alljährlich vergrößert. Vorzüglich gedeiht das Obst. Ganze Kahnladungen, die aus dem Innern der Landschaft und der Niederung kommen, werden nach Danzig und weiter hinaus verfrachtet. Ein großer Teil des Obstes wird aber auch in der Culmer Obstkelterei und der Pflaumenmusfabrik Bogguschau verarbeitet. Dem Obstbau wird von den Bewohnern der Landschaft ein andauernd steigendes Interesse entgegen- gebracht. Von den 20 00i> Obstbänmen, die die große Gärtnerei Lissomitz im Kreise Thorn in den letzten Jahren durchschnittlich absetzte, wurden die meisten im Culmerlande gepflanzt. Eine große Obstbaugärtnerei befindet sich auch in Graudenz. Dort besteht auch eine Weidenverwertungsgenvssen- schaft und in Culm eine Faßreifenfabrik. Beide Unternehmungen beziehen die erforderlichen Weiden vorzugsweise ans der Weichselniedernng. Auch

2. Heimatkundliches Lesebuch - S. 180

1912 - Danzig : Kasemann
180 Wenn ich an dem Getrümmer dieses Schlosses stand, mußte ich immer wieder an die Ruine von Roggenhausen denken. Hier wie dort finden wir dieselben Bestandteile der Landschaft, das tiefeingeschnittene Erosionstal eines Flusses und anmutig geschweifte Randberge. Aber dennoch kann man sich kaum verschiedenere Bilder denken. An der Ossa grünem Strande ver- schwindet die Ruine beinahe im Baumgrün, und längs des Flüßchens, das durch blumige Wiesen rauscht, bilden Erle und Hasel dichte Hecken. Kaum bedürfte es da noch der blütenreichen Obstgärten im Grunde, um unsere Seele mit idyllischem Frieden, behaglicher Lebensfreude zu erfüllen. Hier an der Drewenz redet die Natur zu uns in einer ernsteren Sprache. Hier umhüllt fein schattiger Buchenwald die Randberge des Tales; baumlos und kahl liegt der breite Grund vor uns da, und auch die Hopfenplantage von Marienhof vermag die Halden nicht freundlich zu beleben, da sie allzu ver- einsamt in der weiten Fläche daliegt. Herb und ernst ist die Stimmung der ganzen Landschaft, herb und ernst, wie die Gedanken an frühere Zeiten, die uns in ihr kommen müssen, lagerte doch in diesem Grunde dereinst die Macht der Ordensritter, um Jagiello und seinen blutdürstigen Tartaren den Weg ins deutsche Land zu wehren, den sie sich wenige Tage später durch die Schlacht bei Tannenberg dennoch bahnen sollten. Aber dennoch verlohnt auch dieser Gau unserer Heimat einen Besuch, denn die Landschaft besitzt dort einen Stimmungswert, der sie von anderen Gegenden scharf unterscheidet. Wandern wir später in den Forsten bei Loukorsz am Ufer schmaler, flußähnlicher Waldseen dahin, von deren unter Schilf und Binsen verborgenen Flut die Wildenten in ganzen Wolken hoch- gehen, überschauen wir vom hohen Ufer den buchtenreichen Spiegel des Partenschinsees, so werden wir diese Landschaften im Geiste sicherlich gar oft mit der charaktervollen Flußlandschaft vergleichen, von der der wuchtige Nawraberg und die trutzige Schloßruine von Kauernik aufragen. Fritz Braun. Abschied. i§in Birkchen stand am Weizenfeld. Gab Schatten kaum erst sechzehn Jahr'; Das hat den Bauer sehr erbost, Daß die paar Fuß der Sonne bar. Ich ging vorbei, der Bauer schlug, Dem Stümmchen war so wund und weh, Es quält die Axt, das Bäumchen ächzt Und ruft mir zu: „Ade, ade!" Die Krone schwankt, ein Böglein kam, Das seinen Frieden hatte dort, Noch einmal sucht im Hin und Her Das Krallchen Halt im grünen Port. Das Bäumchen sinkt, der Vogel fliegt Mit wirrem Zwitscherlaut ins Land; Ich schämte niich vor Baum und Tier Und schloß die Augen mit der Hand. Detlev v. Liliencron.

3. Heimatkundliches Lesebuch - S. 297

1912 - Danzig : Kasemann
Das größte Kolonisationswerk in Westpreußen. Westprenßen, besonders der östlich der Weichsel gelegene Teil der Provinz, hat in den letzten achthundert Jahren eine zweimalige ziffernmäßig nachweisbare Besiedlung erfahren, die jedesmal von besonders einschneidender Bedeutung für die Provinz gewesen ist. Die erste Besiedlung erfolgte nach dem Jahre 1231, gleich nach der Eroberung und Besitznahme des Landes durch den Deutschen Ritterorden. Damals verschenkte die neue Herrschaft an Ein- wanderer aus dem Reiche und an wenige dem Orden treu ergebene Preußen für geleistete oder noch zu leistende Dienste große Teile des eben erst er- oberten und durch den Krieg entvölkerten Landes. Diese Länderstrecken, die sofort durch Grenzen festgelegt wurden, und die früheren Komtureigüter zu beiden Seiten der Weichsel gehören zum wesentlichen Teile noch heute zu den vom Orden begründeten Rittergütern. Die zweite noch größere Besiedlung setzte 1886 mit dem Ankauf und der Aufteilung eines großen Teiles dieser Güter durch die Königliche An- siedlungs-Kommission in Posen ein, die durch das Gesetz vom 26. April 1886 ins Leben gerufen wurde, um das vom Polentum gefährdete deutsche Element durch Ansiedlung deutscher Bauern und Arbeiter zu vermehren und zu stärken. Während durch die erste Besiedlung große Güter in den Besitz einzelner Personen gelangten, sind durch die Tätigkeit der Ansiedlungs- Kommission viele Familien, Deutsche aus allen Teilen unsers Vaterlandes und Rückwanderer aus Rußland und Galizien auf diesen Gütern ange- siedelt worden. Im Laufe der 25 Jahre hat die Königliche Ansiedlungskommission in den beiden Regierungsbezirken der Provinz insgesamt 281 Güter, von denen mehrere in einer Hand waren, Bauerngehöfte und selbst Gastwirtschaften, rund 116 040 ba, 1/22 der gesamten Bodenfläche Westpreußens, angekauft. Von diesen waren 32 Wirtschaften 1— 50 ha groß 37 „ 50- 100 „ „ 44 - „ 100— 200 „ „ 88 „ 200— 500 „ „ 58 „ 500—1000 „ „ 22 „ über 1000 „ „ , Die größten Güter waren Poldersee (1127 ha), Kreis Berent, Richthof, - Kreis Danzig Höhe, mit Hoch-Kelpin, Smengorschin und Nestempohl (2513 ha), die drei Nebengüter im Kreise Karthaus, Summin und Lippi (1219 ha),

4. Heimatkundliches Lesebuch - S. 383

1912 - Danzig : Kasemann
383 Die Burgen des Deutschen Ordens in Preußen. An kaum zwei Menschenaltern hat der Deutsche Ritterorden Altpreußen erobert und aus dem wilden Land ein wohlgeordnetes Staatswesen ge- schaffen. Mit nur 10 Ritterbrüdern begann um 1230 die Unternehmung, in den schwersten Zeiten des Kampfes mochten 200 nach Preußen beordert sein, in der Blütezeit haben höchstens 500 den Staatskörper dargestellt. Nicht die Zahlen gaben den Ausschlag, sondern die Tugenden: Tapferkeit, Weit- blick, wirtschaftliches Können; diese fordern unsere Bewunderung heraus! Das wesentlichste Mittel, durch welches die Ritter ihre Erfolge erzielten, war der Burgenbau, und da uns noch zahlreiche Burgreste verblieben sind, so können wir daran am handgreiflichsten das Wesen des Ritterordens er- forschen. Die Ordensburgen hatten zunächst eine militärische Bedeutung: sie ent- standen im Zuge des Eroberungskrieges. Wohlvorbedacht wurden sie mit gelegentlichen Kreuzfahrer-Haufen an geeigneter Stelle durch Erd- und Holz- werk gegründet und später nach Bedarf und Gelegenheit in Mauerwerk ausgebaut. Nessau und Thorn oben an der Weichsel waren die ersten Burgen. Von hier wurde der Feind aus dem Kulmerland, wo er selbst wohl nur Eroberer war, hinausgedrängt, und dies den Einfällen offne Hochplateau förmlich mit Burgen — 20 an der Zahl — gespickt. Bei der weiteren Eroberung bediente sich der Orden des Wasserwegs: die Weichsel und Nogat hinab, die Haffküste entlang und wieder die Flußmündungen aufwärts. Heimatkunde, Ii. Teil. 25

5. Heimatkundliches Lesebuch - S. 386

1912 - Danzig : Kasemann
386 (an anderen Stellen der Provinz — Dirschau, Konitz — sind sie spurlos verschwunden). Hier sei gleich einer andern Abart der preußischen Burgen gedacht, der Bischofsburgen, welche Bischof oder Kapitel in den ihnen vom Orden abge- tretenen Landesteilen errichteten. Im Culmerland waren es die verschwun- denen Burgen zu Culmsee, Löbau, Kauernik. In Pomesanien: Marien- werder, Schönberg, Riesenburg, die ganz oder teilweis noch stehen. In Ostpreußen gehören Allenstein und Heilsberg in diese Gattung. Sie wurden sortisikatorisch und wirtschaftlich nach gleichen Grundsätzen wie die Ordens- burgen gebaut, weichen aber in der innern Gliederung völlig von ihnen ab. Die rechte, echte Ordensburg ist also in der Komturei zu erblicken, wie sie im ersten frischen Schaffen des Ordens, in der Zeit der spannenden Kämpfe und des dem siegreichen Ausgang folgenden Aufschwunges sich als Muster herausbildete. Grade in Westpreußen finden sich vorwiegend die Reste dieser wertvollen Anlagen vor. (Z. B. Steinbrecht, Preußen zur Zeit der Landmeister, Berlin 1888.) Will man diese Komtureiburgen verstehen, so muß man auf die bahnbrechenden Klostersiedelungen der Zisterzienser zurückgehen, wie wir sie in Oliva und Pelplin haben. Beide, Kloster wie Ordensburg, bestehen in einer um einen Kreuzhof gruppierten Klausuranlage für die Ordensbrüder, mit der Kirche als vornehmstem Ordensraum, aus den Nebenanlagen für Wohlfahrt und Gastzwecke, aus den Wirtschaftshöfen mit den Viehställen, Speichern und Wohnungen und endlich aus dem fließenden Wasser mit Teichen und Mühlen. Aber während beim Kloster dieses alles in einem lieblichen Tale friedlich und malerisch weit aus- gebreitet liegt, selbst die Klausur in behaglicher Breite sich an eine hoch und weit gegliederte Kirche anschmiegt, ist dagegen die Ordenskomturei durch militärische Rücksichten auf die beherrschende annäherungsschwierige Höhen- lage angewiesen. Die Wirtschaftshöfe und ihre Gebäude, von Gräben und Mauern zusammengefaßt, drängen sich um die Herrenklausur, das Konvents- Haus, welches als enges, hohes Gebäudeviereck, kastellartig — statt des fried- lichen Glockenturms wohl mit einem drohenden Wehrturm überhöht — emporragt. In diesen Konventshäusern der Komturei gipfelt die Baukunst des Ordens. Haben wir Vorburgen, Gräben und Zwinger mit all ihren Wehr- einrichtungen durchschritten, so umfängt uns innen ein klosterartiger Hof von mäßiger Weite und desto ausfälliger Höhe; denn Platzbeschränkung und Höhengewinnung sind Forderungen der Verteidigung. Wo wir solche Höfe noch haben — in Marienburg und Heilsberg — da sind sie von bestricken- dem Reiz, als hätte die Baukunst sich hier ein besonderes Plätzchen ersehen. Die Umgänge sind mehrgeschossig. Wie Flure vermitteln sie den Verkehr zu den Schloßrüumen: zu den unterirdischen, bisweilen zweigeschossigen Vor- ratskellern; zu den Hofräumen — welche aus der wärmespendenden Kvn- ventsküche und dem Melzhaus, aus den Vorratsräumen und den Wachstuben bestehen —; zu den bevorzugteren Diensträumen endlich des Haupt- und Herrengeschosses, nämlich der Kirche, dem Kapitelsaal, dem Konventsremter, dem Dormitorium, der Herrenstube und der Komturs-Wohnung. Die Mauer- krone, unter Dach, ist ringsum durchbrochen durch Wehrgangsöffnungen, und über das steile Dach hinaus streben Ecktürme auf, deren einer bisweilen durch besondere Höhe und Stärke ausgezeichnet ist.

6. Heimatkundliches Lesebuch - S. 388

1912 - Danzig : Kasemann
388 dem Hauptschloß derart beherrscht, daß selbst ein eingedrungener Feind sie nicht zum Bollwerk gegen dasselbe benutzen konnte. War das Land erst sicherer und besiedelt, so entstanden im Komtureibezirk die Ordenshöfe, Wald- ämter, Fischmeistereien, Kobbelbuden (Gestüte), — im kleinen nach denselben Regeln wie die Komturei selbst befestigt. Später, bei zunehmender Aus- dehnung der Komtureibezirke, bekamen größere Teile besondere Burgsitze, die an Ausdehnung und Amtsbefugnissen einer Komturei nicht nachstanden, doch der Klausur und des Aufwandes eines Konventshauses entbehrten. Die Deutschritter griffen mit der Gründung der Ostmark eine brennende nationale Frage auf. Das Unternehmen löste im deutschen Volke die höchste Begeisterung aus. In Bericht und Sang wurden die Taten und das neue Leben tut Ostland gepriesen, und mancher, dem das Leben im engherzigen Reiche nicht mehr gedeihen wollte, folgte kurz entschlossen mit Familie und Hausrat dem Zug an den freien Weichselstrom, einer neuen hoffnungs- reicheren Heimat zu. Welch frisches Leben dort unter der zielbewußten Leitung des Ordens erblühte, können wir uns am besten vorstellen an der gewaltigen Bautätigkeit, die jetzt anhub: in kaum 50 Jahren, von 1270 bis 1320, entstanden über 40 Komtureien, wie jetzt die eine, Marienburg, noch teilweise steht, und ebensoviel Städte mit Mauern, Kirchen und Stadt- haus. Das erforderte viel tüchtige Bauleute und zeitigte eine Fülle von Erfahrungen, die sich in Leistungen von dauernder kunstgeschichtlicher Be- deutung niederschlugen. Als Baumaterial bot sich der bildsame Ton und der ungefügige Fiud- lingsgranit. Der Ton gab die schlichten, ernst wirkenden roten Mauer- flächen her und zu ihrer Belebung die hellfarbigen Glasuren und die sili- granartig seinen Formen und Skulpturen an Portalen, Friesen, Giebeln ttnd Gewölben. Trotzig stand dazu — als Sockel der Mauern, als Fassung der Tore, als Stützen gewölbter Hallen — der unverwüstliche, jedem Wetter, jeder Last widerstehende Granit. Aus der Vereinigung dieser Gegensätze der eisenschlanken Granitpfeiler und zarten Gespinnste der Sterngewölbe entstanden die gefälligen Remterhallen der Marienburg. Ebenso erfindungsreich war man in der Kunst, diese Remter für nor- dische Winter wohnlich zu machen. Durch Öfen int Untergeschoß wurden Steine erhitzt; an ihnen strich frische Luft hin, erwärmte sich und ward durch den Fußboden in den Saal geleitet. Dieselbe Feuerungsanlage sog durch einen Kamin im Saale tue verbrauchte Luft ab: also eine Luftheizung mit Ventilation, an der kein heutiger Hygieniker etwas aussetzen würde. Bewunderung hat unsere Zeit stets den großzügigen Wasserversorgungen und Entwässerungsanlagen aus der Ordenszeit gezollt. Die Burgen lagen stets an einem natürlichen Wasser, doch so hoch darüber, daß es zur Spülung nicht benutzt werden konnte. Es galt also ein fließendes Gewässer oft viele Meilen weit aus höheren Quellen künstlich herbeizuziehen. Der Radaune- Kaual in Danztg, der Mühlengraben in Marienburg, die Bache in Thorn, die Hommel in Elbing, der Landgraben in Königsberg: das sind zum Bei- spiel solche neugeschaffenen bis heut nutzbaren Wasserläufe. Sie wurden in ihrem Lauf für Fischteiche, Mühlgetriebe, auch zu Trinkwasserleitungen für Städte ausgenutzt, spülten in den Gräben der Burg die fabelhaften „Dansker" (von denen noch Beispiele in Marienburg, Marienwerder und Thorn stehen) und konnten in Belagerungsfällen zur Füllung der Gräben aufgestaut

7. Heimatkundliches Lesebuch - S. 391

1912 - Danzig : Kasemann
391 Die Plastik in Preußen zur Zeit des Deutschen Ritterordens '). Die Anteilnahme an den Werken der bildenden Kunst hat sich in Ost- und Westpreußen bisher vornehmlich auf die Schöpfungen der Baukunst beschränkt. Man kennt und bewundert die stolzen Burgen des Ordens und der Bischöfe, und man beachtet die gotischen Pfarrkirchen, Stadttore und Rathäuser; zahlreiche und gute Veröffentlichungen haben uns auch bereits das Verständnis dieser Werke erschlossen. Viel ungünstiger stehen die Er- zeugnisse der Malerei und Bildnerei da. Nur wenige Stücke sind so volks- tümlich wie das Marienbild am Marienburger Schloßkirchen-Chor oder Memlings jüngstes Gericht in Danzig. Freilich haben rauhe Kriege und Zeiten eines schweren wirtschaftlichen Niederganges den alten Denkmäler- bestand sehr stark gelichtet, aber noch ist immer genug vorhanden, um uns ein ungefähres Bild von der Kunst der Ordenszeit zu verschaffen. Auf ein Zweiggebiet müssen wir dabei allerdings verzichten: ans die Grabmalplastik, die bei dem Fehlen eines bildsamen Werksteins sich nicht recht entwickeln konnte. Die Kalksteinplatten, die zahlreich eingeführt wurden, gestatten keinen reichen bildnerischen Schmuck und von den früher wohl in größerer Zahl vorhanden gewesenen Messing- und Bronze-Grabmälern sind nur drei in Thorn (1361), in Nenmark (1393) und in Braunsberg (1494) erhalten, zwar sehr schöne Stücke, aber doch isolierte Reste einer einst umfangreicheren Entwickelungsreihe. Sv müssen wir uns auf die Architektur- und Altar- plastik beschränken. Ein paar frühe Stücke finden wir in einigen der ältesten Kulturstätten Pommerellens. In Danzig, in der Olafskapelle der Marien- kirche, und in Zuckau in der ehemaligen Klosterkirche sind es zwei Steinreliefs, die Anbetung der heiligen drei Könige darstellend, vielleicht Überreste alter Altarretabeln: es sind unbeholfene Arbeiten von altertümlichem Gepräge, die nur in eine Zeit geringerer Kunsttätigkeit hineinpassen, etwa in die letzten Jahre der pommerellischen Herzöge. Vorgeschrittener sind schon die Figürchen am Pelpliner Nordportal, die wohl gleichzeitig mit dem Kirchenbau entstanden sind und in das zweite Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts gehören. Reicher und vielfältiger ist die Kunstübung in dem rechts der Weichsel liegenden Preußen, wo der deutsche Ritterorden eine so lebhafte Bautätigkeit entfaltete. Die Reiterfigur vom Birglauer Schloßportal (ca. 1260) und die Figuren von der goldenen Pforte in Marienburg (ca. 1270) sind wohl die ältesten figürlichen Bildwerke; ihnen schließen sich die Figuren der Pfarr- kirche zu Griffen an: alle drei Denkmälergruppen, aus Ton gemeißelt, zeigen trotz ihrer engen Abhängigkeit von der Architektur, daß bereits damals ein Stamm gut geschulter Bildhauer ins Land gerufen war. Auch im 14. Jahrhundert ist der Zusammenhang von Bildnerei und Baukunst zunächst noch vorherrschend. Die in der Gotik beliebten Apostel- 0 Die Druckstöcke zu deu Abbildungen dieses Aufsatzes sind Eigentum des Denkmal- archives der Provinz Westpreußen.

8. Heimatkundliches Lesebuch - S. 395

1912 - Danzig : Kasemann
395 Apostel Bartholomäus aus der fati). Pfarr- kirche zu Kulm. Christusfigur aus der Marienkirche zu Thoru. Marienfiguren aus der a) von der Korken- machertür. Marienkirche zu Danzig. b) aus der Marienkapelle der Priesterbrüderschaft. Maria und Johannes von der Kreuztragungsgruppe in der kath. Pfarrkirche zu Neuruark.

9. Heimatkundliches Lesebuch - S. 398

1912 - Danzig : Kasemann
398 schätzendem Maße haben sie geistige Bildung gepflegt und unterstützt, weit mehr als die übrigen Ritterorden. Die Orde ns geistlichen nahmen in den andern Ritterorden eine auf- fallend untergeordnete Stellung ein, im Deutschen Orden dagegen eine günstigere, weil aus ihnen in der Regel die Domherren und Bischöfe des Ordenslandes ernannt wurden. Sie besaßen eine gute Vorbildung und konnten ihrerseits an der Verwaltung des Staatswesens teilnehmen. Jedes Konventshaus, in dem 12 Ritterbrüder und 6 Priesterbrüder waren, sollte — so bestimmte Winrich von Kniprode — „zwei besonders gelehrte Ordens- mitglieder beherbergen, von denen der eine ein gelehrter Theologe sein, der andere eine gründliche juristische Bildung haben sollte." So hat der Orden frühzeitig auf das Schulwesen in seinem Staate große Sorgfalt verwendet; er wurde darin von den Bischöfen und Städten reich unterstützt. Schon um das Jahr 1300 lassen sich Schulen in den Städten nachweisen, die älteste in Elbing, nach deren Muster viele andere eingerichtet zu sein scheinen. Im 14. Jahrhundert kennen wir Schulen in Danzig, Königsberg, Thoru, Marienburg, Graudenz, Braunsberg und vielen anderen Städten. Auch auf dem Lande gab es zahlreiche Schulen. Neben ihnen waren die Kloster- und Domschulen Bildungsstätten höheren Ranges. Die Domschulen, deren es in den vier Bistümern des Ordenlandes je eine gab, dienten besonders zur Heranbildung der künftigen Geistlichen. Die Lehrer waren im wesentlichen Geistliche, auf dem Lande auch vielfach ältere Studenten der Theologie, die die niederen Weihen bereits bekommen hatten und nun eine praktische Vorbildung für einen Zweig ihres künftigen Be- rufes erhielten. In Heilsberg und Frauenburg wurden Knaben preußischer Herkunft in sogenannten „Preußenschulen" besonders für das geistliche Amt vor- bereitet, damit sie ihre Landsleute desto besser unterrichten könnten. Um die Erlernung der preußischen Sprache zu erleichtern, hatte schon im Jahre 1228 der päpstliche Legat Wilhelm von Modena die damals übliche lateinische Grammatik des Donat mit vieler Mühe ins preußische übersetzt. Um dieses ganze System wohldurchdachter Fürsorge für die Volksbildung abzuschließen, hat man aber außerdem noch an die Gründung einer Universität gedacht. Der Nachfolger Winrich von Kniprodes, der Hochmeister Conrad Zöllner von Rotenstein, hatte den Plan gefaßt, in der damals blühenden Stadt Cnlm eine Universität zu errichten, und in der Bestätignngsurkunde des Papstes Urban Vi. vom 9. Februar 1387 heißt es, man habe die Stadt Cnlm gewählt, weil „sie die vorzüglichste und vor anderen Städten zu einer Universität bequem sei, eine gesunde Luft, wie einen Überfluß an Lebens- mitteln wie andern nötigen Dingen habe. Diese Universität soll in allen Dingen der Universität zu Bologna gleich sein, und es sollen zu allen Zeiten die Theologie, das kanonische und bürgerliche Recht und alle andern erlaubten Wissenschaften gelehrt werden. Die neue Universität soll das Recht und die Vollmacht haben, alle akademischen Würden zu verleihen; die an ihr Pro- movierten sollen das Recht haben, auf allen andern Universitäten Vorlesungen zu halten." Dieser umfassende Plan scheint nicht zur Ausführung gekommen zu sein; jedenfalls fehlt es gänzlich an Nachrichten über das Zustandekommen der Universität.

10. Heimatkundliches Lesebuch - S. 399

1912 - Danzig : Kasemann
399 Daher mußten die jungen Gelehrten des Ordenslandes ausländische Universitäten besuchen, um ihre Bildung zu vervollständigen. Schon im Jahre 1313 wird ein aus Preußen stammender Student in Paris genannt. In den zweihundert Jahren von ca. 1325—1525 kennen wir (durch Perlbachs ^?i-u88ia. 86bo1n8tion") etwa 4000 Studenten aus dem Ordensgebiet. Von ihnen bezogen die meisten (über 1200) die Leipziger Universität, an deren Gründung fünf akademische Lehrer und 35 Studenten aus dem Preußen- lande Anteil nahmen; und in den späteren Jahren haben Preußen dreizehnmal die Rektoratswürde bekleidet. Sehr besucht waren auch Krakau, Prag, Wien, Köln und später Wittenberg und Frankfurt. In Bologna studierten meist Juristen in vorgerücktem Alter, die sich dort sehr ausgezeichnet haben. Naturgemäß lieferten in der Heimat die Städte die weitaus größte Zahl der Studenten, aber viele stammten auch vom Lande. Aus dem Bistum Ermland können wir in dem Zeitraum der vorgenannten 200 Jahre allein über 1000 Studenten nachweisen. Aus Marienburg stammten 160 Studenten, Elbing 250, Königsberg 410 und aus der blühenden Handelsstadt Danzig die meisten, 750. Sie haben sich in die Wissenschaften aller Fakultäten vertieft und sind nach beendigtem Studium als Theologen, Juristen und Ärzte in die Heimat zurückgekehrt; manche freilich zogen es vor, dem akademischen Beruf auf den Universitäten treu zu bleiben. Im „Marienburger Treßlerbnch" begegnen wir zahlreichen Posten von Geldausgaben, die an Ärzte, Wundärzte, Augenärzte, Äpotheker, ebenso für Medikamente und Salben gezahlt wurden. Die Ärzte des Hochmeisters müssen sich eines guten Rufes erfreut haben, denn wir hören, daß der Großfürst Witold von Littauen den Augenarzt ans Marienburg zu sich bitten läßt. In der Vorburg des Marienburger Schlosses stand eine Apo- theke, und wir wissen aus dem Treßlerbnch, wie teuer die Pulver oder purgaciones waren, die der Apotheker dem Hochmeister oder den Ordens- brüdern bereitete. Die Bezahlung der Ärzte war verhältnismäßig vorzüglich; der Wundarzt Wachsmuth z. B. hatte im Jahre 1403 dem Ritter Nikolaus von Schillingsdorf den Finger geheilt, der ihm auf dem Winterfeldzug zweimal durchschossen war, und bekam dafür 3 Mark, eine für die damalige Zeit erhebliche Summe. Der Wert der „Mark" betrug nach heutigem Gelde etwa 13 Mark. Wachsmuth hat jahrelang den Hochmeister auf allen Reisen und Feldzügen begleitet. Neben ihm war Meister Bartholomeus angesehen, der oft nach weit entfernten Burgen geschickt wurde, um besonders schwere Fälle zu behandeln; er stand auch am Krankenlager und Sterbebett des Hochmeisters Konrad von Jungingen 1407, wofür er einen besonderen Lohn von 8 Mark (= 104 Reichsmark) erhielt. Noch in einer anderen Beziehung konnte sich im Orden und unter seinem Einfluß im ganzen Ordenslande ein Zweig geistigen Lebens ausbilden. Der Orden war Landesherr, und sein wichtigster Besitz, das in sich abgeschlossene Ordensland Preußen, hatte seine Landesgeschichte — anders als bei den übrigen Ritterorden. Da nun die Geistlichen eine angesehene Stellung im Orden einnahmen und im allgemeinen wohl eine vorzügliche Bildung besaßen, so fehlte es nicht an Männern, die befähigt waren, eine Geschichte des Ordens zu schreiben. Der Ordenspriester Peter von Dusburg schrieb am hochmeisterlichen Hof seine „Chronik des Preußenlandes" und widmete sie Heimatkunde. Ii. Teil.
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