1842 -
Oldenburg/Holstein
: Fränckel
- Autor: Detlefs, Heinrich
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
— „Du Ungenügsamer," antwortete der Vater, „du urtheilest thöricht. Wenn
der Thautropfen größer, oder ihrer mehrere wären, so würde das zarte Hälm-
chen dadurch zu Boden gedrückt werden, und wir dcö schönen Anblicks ent-
behren. So aber genießet unser Auge die Freude, und jegliches Hälmchcn
Erquickung, die ihm Wachsthum und Kraft verleiht." — Die guten himmli-
schen Gaben, die von oben kommen, vereinen Schönheit und Kraft mit Weisheit.
9. Der Maulwurf und daö Eichhörnchen
Du armer Schelm, da unten in deiner finstern Kluft! raunte ein Eich-
hörnchen einem Maulwurfe in sein Loch hinein; du dauerst mich. Denk nur,
wie gut ich es habe! Ich habe ein hübsches Häuschen, hoch auf einem Baume,
beschattet von seinen grünen Zweigen, und köstliche Früchte die Fülle. Kurz,
ich habe dir's so gut gegen dich; du solltest es nur einmal sehen! —
„Kann wohl sein," versetzte der Maulwurf, „aber eben weil ich's nicht sehe,
kümmert mich das nicht, und ich befinde mich, Gott Lob! ganz wohl in mei-
ner finstern Kluft bei meinen Erdenwürmer»." — Spare die Klagen, glänzen-
der Mann, über den armseligen Zustand dcö dürftigen Mitbruder-! Er ist nicht
so übel daran, als du denkst, wenn er nur deinen Glanz nicht kennt. —
Aber komm doch nur einmal heraus aus deinem schmutzigen Loche, finsterer
Murrkopf, und nimm wenigstens meinen Wohlstand in Augenschein! fuhr das
Eichhörnchen fort. Der Maulwurf ließ sich bereden, und ging mit. Jetzt
stand er unten am Baume, fpähete mit seinen blöden Augen hinauf, bewun-
derte die hohe Burg, sing an zu vergleichen, und allmählig lüstete ihn nach
dem Zustand des Eichhörnchens. „Nun," hub er an, „Freund, dein Glück
reizt mich. Sag' an, wie kann ich meine Lage verbessern?" Ja, das weist
ich nicht, war die Antwort. „Du weißt nicht? Kannst du denn nichts für
mich thun?" — Nichts, guter Maulwurf, gar nichts! gab das Eichhörnchen
zum Bescheide. Deine ganze Natur ist ja nicht für meine Lebensart; du
kannst ja nicht einmal einen Baum erklimmen. Kurz, ich kann dir nicht hel-
fe», armer Erdbewohner! — Traurig schlich sich der Maulwurf fort, und aus
war's nun mit seinem Wohlbefinden in seiner finstern Kluft, bei seinen Erd-
würmern. — Willst du dich nicht an der Ruhe dcs dürftigen Mitbruderö ver-
sündigen, glänzender Mann, so verbirg ihm deinen Glanz, wofern du nicht
auch im Stande bist, ihm seinen Zustand zu verbessern.
1«. Der Nangftreit der Thiere.
Es entstand ein hitziger Rangstreit unter den Thieren. Ihn zu schlichten,
sprach das Pferd, lasset uns den Mensche» zu Rathe ziehen; er ist keiner von
den streitenden Theilen, und kann desto unparthriischer sein. „Aber hat er auch
den Verstand dazu?" liest sich ein Maulwurf hören. „Er braucht wirklich den
allerfeinstcn, unsere oft tief versteckten Vollkommenheiten zu entdecken." — „Da-
war sehr weislich erinnert!" sprach der Hamster. — „Ja wohl!" rief auch der
Igel. „Ich glaube es nimmermehr, daß der Mensch Scharfsichtigkeit genug
besitzet." — Schweiget ihr, befahl das Pferd. Wir wissen es schon: Wer
sich auf die Güte seiner Sache am wenigsten zu verlassen hat, ist immer am
fertigsten, die Einsicht sein.- Richter- in Zweifel zu ziehen. — Der Mensch«
ward Richter. —„Noch ein Wort," rief ihm der majestätische Löwe zu, „be-
vor du den Ausspruch thust! 'Nach welcher Regel, Mensch, willst du un-
sern Werth bestimmen? — „Nach welcher Regel? Nach dem Grade, ohne
Zweifel," antwortete der Mensch, „in welchem ihr mir mehr oder minder nütz-
lich seid." — „Vortrefflich!" versetzte der beleidigte Löwe. „Wie weit würde
ich alsdann unter den Esel zu stehen kommen! Du kannst unser Richter nicht
sein, Mensch! Verlaß die Versammlung!" — Der Mensch entfernte sich,
und der Löwe fuhr fort; „Der Rangstreit, wen» ich es recht überlege, ist ein
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- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
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- Schultypen (WdK): Volksschule
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- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
ss
ctrr statimi. Im > Winter erstarren sic, itufc sind alsdann in großer Menge
in hohlen Baumen oder alten Mauern zu finden; sobald es aber im Frühling
wieder warm wird, erwachen sie wieder und flattern an stillen Abenden lustig
umher. — Zu den erdewühlenden Thieren gehören der Igel, der Maulwurf und
die Spitzmaus. Sic nähren sich von Würmern und Insekten, einige fressen
auch Pflanzen. Jur Ganzen sind sie nützliche Thiere, doch hat man den Maul-
wurf im Garten und in Kornfeldern nicht gern. — Die eigentlichen Naubthicre
sind größtentheils groß und stark und nähren sich meistens von Fleischspeisen.
Sie haben alle 6 Borderzähnc und 2 große und scharfe Eckzähnc. Die Füße
sind mit starken Klauen znin Zerreißen und Festhalten versehen. Ihre Sinne
sind scharf, insbesondere Gesicht, Gehör und Geruch. Es gehören dazu^der
Hund, der Fuchs, der Wolf, die Hyäne, der Seehund, der Seebär, der ^>ee-
löwc, der Dachs, der Bär, die Katze, der Löwe, der Tiger, der Luchs, der
Iltis. der Marder u. a. in.
Die 3te Ordnung enthält die N a gethicre. Ihnen fehlen die Eckzähne,
dagegen haben sie starke Backenzähne. Sie nähren sich hauptsächlich von Pflan-
zen, einige genießen aber auch Fleisch, Speck und anderes Fett. Ihre Nah-
rungsmittel, welche oft aus harten Gegenständen bestehen, zerbeißen sie mit den
Schneidezähncii, von welchen sich in jedem Kiefer 2 befinden, die sehr scharf
sind. Diese Ordnung umfaßt meistens nur kleine Thiere. Es gehören hierzu:
der Biber, die Maus, das Eichhörnchen, der Hase und andere. Die meisten
sind mehr schädlich, als nützlich.
Die zahnlosen Thiere machen die 4te Ordnung aus. Sic sind daran
zu erkennen, daß ihnen die Borderzähne fehlen. Zu dieser Abtheilung gehöre»
der Ameisenbär und die durch ihre Trägheit und Langsamkeit berüchtigten
F a u l t h i e r e.
lite Ordnung. Beutelthicre. Alle haben unter dem Bauche eineil
häutigen Beutel, in welchem sich die Jungen verbergen können. Sonst sind
sie in ihrer Lebensart sehr von cinander abweichend. In unserer Gegend sind
keine Thiere dieser Ordnung, wohl aber in Amerika lind Neriholland.
Zur 6tcn Ordnung gehören die hu si gen Thiere. Sic unterscheiden sich
dadurch, daß sie keine deutliche Zehen von außen zeigen, da diese in hornar-
tigen Schalen eingehüllt sind. Es gehören dazu meist sehr große und nützliche
Thiere, die aber unter einander sehr verschieden sind. Die hauptsächlichsten sind:
der Elephant, das Nashorn, das Flußpferd, daö Schwein, daö Pferd, der
Esel und daö Zebra. Der Elephant ist unter ihnen, wie übcrhaupt unter den
Landthicren das größte. Er wird 12 —15 Fuß hoch. Seine Nase ist in
einen biegsamen Rüssel verlängert, den er 3 Ellen lang ausstrecken und wieder
verkürzen kann. Er ist erstaunlich gelehrig und gewandt. Seine Füße lausen
in 5 unförmliche Zehen aus, die mit einer hornigen Haut überzogen sind.
Auö der oberen Kinnlade wachsen zwei lange Zähne hervor, die 7— 8 Fuß
lang und nicht selten 200 Pfund schwer werden; sic liefern uns daö Elfenbein.
7te Ordnung. Die wiederkäuenden Thiere unterscheiden sich dadurch
von andern, daß ihnen in der obern Kinnlade die Borderzähnc fehlen, und
daß sie die verschluckten Speisen noch einmal kauen. Der Magen besteht
auö 4 Abtheilungen. Zuerst gelangen die grob gekauten Speisen in die erste
derselben, hier werben sie erweicht, und kommen alödann in die zweite Magen-
abtheilung, wo sic in Kugeln geballt und wieder in den Mund geworfen wer-
den, von da kommen sie nach nochmaligem Zerkancn in die dritte Abtheilung,
und von dieser endlich in die vierte. Die meisten wiederkäuende» Thiere ge-
währen dem Menschen großen Nutzen. Es gehören dazu das Kamcel, da»
Rind, das Schaf, die Ziege, das Nennthier, der Hirsch und das Bisamthier.
— Alle ernähren sich größtentheilö von Pflanzen.
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— ?u —
Wolle, Federn, Moos, Grasstengel und Holzsplitter. Diese Materialien wer-
den auf die geschickteste Art durcheinander geflochten. Die größeren Vögel
bauen geinciniglich aus gröber» Materialien und nicht so kunstvoll. Die Hüh-
ner und die meisten Sumpf- und Wasservögel verstehen sich gar nicht aus den
Nesterbau, sondern tragen nur ein wenig Stroh oder Reisig zusammen und
legen ihre Eier darauf; außerdem besitzen sic auch sehr wenig Schlauheit, so daß
man den Ort, wohin sic die Eier tragen, leicht entdecken kann; dagegen thun
viele andere sehr heimlich, bauen in hohlen Bäumen, dicken Dornbüschen, unter
Moos u. s. w. Die meisten Vögel brüten abgesondert, einige brüten aber
auch in ganzen Schaaren beisammen, z. B. Möven, Schwalben u. a.
Die Vögel sind nach ihrem Bau und ihrer Gestalt unter einander sehr
verschieden, namentlich in Rücksicht auf den Schnabel und die Füße. Bei
einigen ist der Schnabel sehr gekrümmt und scharf, bei andern dick, stumpf
und gerade, bei noch andern dünn und lang; bei einigen sind die Füße lang,
bei andern kurz, bei andern sehr stark u. s. w. Zehen haben die Vögel mci-
stcns 4; 3 stehen nach vorne, 1 nach hinten (Gangfüße), oder 2 nach vorn
und 2 nach hinten (Kletterfüße). Bei einigen ist die mittlere Zehe an eine
von den Seitcnzehen angewachsen (Schrcitsüße); andern fehlt die Hintere Zehe
ganz (Lauffüße); bei noch andern sind die Zehen durch eine Haut mit einander
verbunden (Schwimmsüße). — Wegen dieser Verschiedenheiten theilt man die
Klasse der Vögel in folgende 6 Ordnungen: Raubvögel, Klcttcrvögel,
Sperlittgsartcn, Hühiierartcii, Sumpfvögel, Wasservögel.
1. Ordnung. Die Raubvögel zeichnen sich durch einen starken Körper-
bau, krummen, scharfen Schnabel und starke, scharfe Krallen auö. Sie sind
einsam und menschenscheu, wohnen auf Bcrgspitzen, in düstern Wäldern und
hohen Thürmen. Ihr Auge ist sehr scharf, ihr Flug ist leicht und schnell.
Sie legen nur wenig Eier und vermehren sich also nicht sehr. Einige sind
lichtscheu und gehen deshalb während der Nacht auf Raub aus. Ihr Nutzen
ist nicht sehr groß, obgleich die Eulen Mäuse und andere schädliche Thiere aus
den Gebäuden wegsangen. Es gehören zü den Raubvögeln: der Geier, der
Fischadler, der Habicht, der Sperber, die Eule u. a.
Die 2. Ordnung machen die Klcttcrvögel aus. Ihre Füße sind so
gebaut, daß zwei Zehen nach vorn und zwei »ach hinten stehe». Einige kön-
nen auch eine derselben sowohl vor- alö rückwärts schlagen. Sie sind vorzüg-
lich geschickt im Klettern. Hierher gehören die Spechte, der Kukuk und der
Papagei.
3. Ordnung. Die sperlingsartigen Vögel haben schwache Füße und
einen geraden Schnabel. Einige unter diesen Vogeln zeichnen sich durch Raub-
und Mordgier aus, z. B. die Würger. — Einige »ähren sich von Insekten
und Würmern, andere fressen Körner und junge Pflanzen. Es gehören dazu:
die Drossel, die Amsel, die Bachstelze, Nachtigall, Grasmücke, Schwalbe, Lerche,
die Meise, die Finken, die Ammern, die Sperlinge, die Naben, die Dohle,
die Elster, der Paradiesvogel, der Kolibri u. a. Der Kolibri ist der kleinste
unter den Vögeln; er legt Eier von der Größe einer Erbse, und ist von wun-
derschöner Farbe.
4. Ordnung. Die Hühner haben einen schweren Körper, kurze Flügel,
dicken Schnabel und ziemlich starke Füße. Sic nähren sich von Pflanzen.
Wegen ihres großen Nutzens hat der Mensch mehre Arten derselben gezähmt.
Es werden die Hühner, die Wachteln und Tauben dazu gerechnet.
5. Ordnung. Sumpfvögel. Sie zeichnen sich durch besonders lange
und dünne Beine aus, welche dazu eingerichtet sind, das Wasser zu durchwa-
ten. Der Hals ist meistens sehr lang, um tief in das Wasser, aus welchem
sie ihre Nahrung holen, hineinlangen zu können. Sie leben von Fischen,
Amphibien, Insekten und Würmern. Einige können gar nicht fliegen, andere
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3. Ordnung. Die Schlangen sind langgestreckte Amphibien, ohne äu-
ßere Bewegungswerkzeuge. Unter diesen sind die giftigsten von allen Thieren.
Der Biß der Brillenschlange tödtet säst augenblicklich. — Nicht weniger
giftig ist die Klapperschlange. Sic hat ihren Namen von mehreren horn-
artigen Ringen am hintern Ende ihres Körpers, mit welchen sic bei jeder Be-
wegung ein klapperndes Geräusch verursacht. — Einige Schlangen erreichen
eine bedeutende Große; die Ni esem sch lau g c wird 30 Fuß lang und so
dick, wie ein ausgewachsener Mensch. Sic ist nicht giftig, sondern todtet ihre
Beute (Lämmer, Hasen, junge Rehe, zuweilen auch Menschen) durch Umschlin-
gungen und verzehrt sic ganz. Alle sehr giftigen'und gefährlichen Schlangen
halten sich in heißen Ländern, namentlich in Südamerika ans; bei uns trifft
man nur einige minder giftige Arten, wozu die Blindschleichen und Ot-
tern gehören. Die Schlangen häuten sich oft, sie bringen den Winter in Er-
starrung zu, und erwachen im Frühling. Ihre Zunge ist gespalten. Die
giftigen Schlangen besitzen Giftzähne, welche beim Bisse Gift in die Wunde
spritze». Meistens liegen die Schlangen in einem Knäuel zusammengewickelt,
und erhaschen im Sprunge ihre Beute. Die Fortbewegung geschieht > durch
Zusammenkrümmen und Fortschnellen dcs Körpers. Diese Art der Bewegung
nennt man schleichend. — Die Schlangen legen Eier, welche von der Wärme
ausgebrütet werden; bei einigen, z. B. bei der Otter, entwickeln sich indeß die
Jungen bereits vor dem Legen der Eier, und kommen, etwa 5 Zoll lang, schon
mit Giftzähiicn versehen zur Welt,
4. Ordnung. Die Frösche sind vicrsüßigc Amphibien, welche mit ei-
ner bloßen Haut bedeckt sind. Sie entstehen aus Eiern (Froschlaich), welche
man im Mai und Juni in großer Menge, in einer schlcimigtcn Materie ein-
gehüllt, in stehenden Gewässern findet. Das Ausbrüte» geschieht durch die
Sonne in 0 bis 8 Tagen. Sie kommen nicht in ihrer eigentlichen Gestalt
aus dem Ei, sonder» als dickköpfige, fußlose und geschwänzte Thicrchen, die
man Kaulquappen nennt. Diese wachse» anfangs schnell, dann langsam.
Nach 8 bis 10 Wochen kommen die Hinterfüße, und bald darauf auch die
Borderftißc. Einige Zeit darnach fällt das Schwänzchen ab, und der Frosch
ist vollendet. Meistens halte» sich die Frösche im Wasser auf. Den Winter
bringen sie in Erstarrung zu. —Der Laubfrosch ist ein guter Witterungö-
anzeigcr. — Die Kröten gehören auch zu dieser Ordnung. Es sind un-
schädliche, und durch die Vertilgung schädlicher Insekten und Würmer sogar
nützliche Thiere; sie leben einsam, verkriechen sich am Tage meistens in einen
dunkeln Winkel oder in ein Loch, und kommen in der Dämmerung zum
Vorschein.
4. ftifcfic haben rothes kaltes Blut, und athmen durch Kiemen. Sic leben
alle im Wasser und ernähren sich theils von den im Wasser verbreiteten Pflan-
zentheilcn, theils von kleinen Fischen, Insekten und Würmern. Ihre Bewe-
gung geschieht durch Flossen; das Auf- und Niedersteige» im Wasser wird
durch eine Luftblase bewirkt, welche die Fische mit Luft anfüllen, und wieder
leeren können. Der Schwanz dient ihnen zuin Steuerruder. Bei einigen sind
die Floßfedern so lang, daß sie sich mittelst derselbe» über das Wasser erheben
und eine Strecke fortfliegen können. Solche finden sich im mittelländischen
Meere und heißen fliegende Fische. Die meisten Fische sind mit Schuppen
bedeckt, welche von verschiedener, mitunter sehr glänzender und prachtvoller Farbe
sind. Von ihren 5 Sinnen sind Gesicht, Gehör und Geruch sehr scharf. Die
Fortpflanzung geschieht durch Eier; einige, z. B. der Aal, sollen zwar nach
einigen Naturforschern auch lebendige Junge zur Welt bringen ; doch ist dies nicht
hinreichend erwiesen. Manche kommen zum Laichen oder Eierlegen an die Meeres-
küsten und in die Flüsse, und werden dann in großer Menge gefangen, z. B. der
Hering. — Manche Fische, z. B. die Karpfen, können sehr alt werden.-
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Der Nutzen, welchen die Fische gewähren, ist sehr groß. Für manche Inscl-
und Küstcnbcwohner sind sic das Hauptnahrungsmittcl, und viele Menschen
ernähren sich durch den Fischfang oder die Fischerei. Einige werden sowohl
frisch als anch cingcsalzcn und geräuchert gegessen; die Haut mancher Fische
kann zu Leder benutzt werden; die Hausenblase giebt einen guten Leim.
Nach ihrem verschiedenen Bau werden sic in 4 Ordnungen getheilt, nämlich
in Bauchflosscr, Brustflosscr, Kahlbänche und Knorpelfische.
1. Ordnung. Bauchflosscr. Hiezu gehören: Der Hering, der Karpfen,
der Lachs, der Hecht u. a.
2. Ordnung. Brustflosscr. Dazu gehören: Der Kabeljau, der
Schwertfisch u. a, Der Schwertfisch hat einen sonderbaren Kopfbau, die obere
Kinnlade ist ungemein verlängert und bildet die Gestalt eines Schwertes. Er
wird 1() Fnsi lang und 200 bis 300 Pfund schwer.
3. Ordnung. Die Kahlbäuchc sind entweder ganz nackt, oder haben
nur kleine Schuppen. Der Aal und der Zitteraal gehören dazu. Der
Aal kann 30 Pfund schwer werden. Er ernährt sich von kleinen Fischen und
Würmern, von Insekten und Fischlaich. Da er lange Zeit ausicr dem Wasser
leben kann, so geht er des Nachts mitunter aufs Land, und, frißt Erbsen oder
Waizcn. Wenn man dann geschwind mit dem Pfluge eine Furche macht, so
kann man leicht mehre sangen. Am Tage liegt er im Schlamm. — Die
Zitteraale, welche sich in Südamerika in stehenden Gewässern und kleinen Flüssen
finden, sind ungemein elektrisch, und vermögen durch ihre Berührung oder anch
nur Annäherung Thiere und Menschen z» betäuben. . >
4. Ordnung. Die Knorpelfische unterscheiden sich durch ihr knorpe-
liges Geripp von den übrigen. Es gehören dazu der Stör, der Sägefisch und
der Haifisch. Der Sägefisch wird 5 bis tt Ellen lang, und hat am Kopfe
eine Säge, einen halben Fuß breit, mit 24 starke» Zähnen. Der Haifisch
hat einen entsetzlichen Schlund; wird 20 Fnsi lang und kan» einen Menschen,
auch wohl ein ganzes Pferd verschlingen. Nach unsern Gegenden verirrt er
sich selten.
L. Wirbellose Thiere.
ü. Die nun folgende Thicrklasse bilden die Insekten. Sie haben wei-
ßes, kaltes Blut, eine geringelte Haut, und gegliederte Füsie. Sie zerfallen
in 2 große Ordnungen, nämlich in geflügelte und u»geflügelte In-
selten. Doch rechnet man auch zu den geflügelten einige, die keine Flügel ha-
den; aber in ihrem ganzen übrigen Bau üiit ihnen übereinstimmen.
1. Ordnung. Geflügelte Insekten. Diese Thiere leben ausschließ-
lich in der Lust, und ziehen dieselbe durch Oeffnnngcn an den Seiten dcö Lei-
des ein. Der Leib ist deutlich in 3 Theile abgesondert, nämlich in Kopf, Hals
und Hinterleib. Das vollkommene Insekt hat 0 Füsie. — Aus den Seiten
des Kopfs stehen 2 Auge», welche aus vielen einfachen zusammengesetzt sind,
bei einigen, z. B. der Stubenfliege, sogar ans mehreren tausend. Bor den
Augen stehen 2 gegliederte Fühlhörner. Von einem eigentlichen Ohr und ei-
ner Zunge ist keine Spur vorhanden, eben so wenig von einer Nase, obgleich
sie gut riechen können.
Ihre Gestalt und Bildung ist sehr verschieden, bei allen aber ungemein
künstlich. Knochen und Gräten haben sic nicht, dagegen sind sie gleichsam m't
einem Harnisch umgeben, der ihren Körper beschützt. Alle entstehen aus Eiern,
welche immer an den Ort gelegt werden, wo die Jungen ihre Nahrung finden;
z. B. in die Haut der Thiere, in Fleisch, in Baumblätter u. s. w. Die Jun-
gen sind anfangs gewöhnlich von den Alten sehr verschieden, und nehmen erst
nach und nach die Gestalt derselben an. Bis dahin werden sie Larven ge-
nannt. Sind diese susilos und wurmartig, wie bei den Bienen, so heißen sie
!)
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Made r<; sind sie nicht allein mit 3 Paar Halsfüßen, sondern auch mit Fü-
sien am Bauche versehen, wie die Larven der Schmetterlinge, so nennt man
sie Raupen; sind nur 3 Paar Halösüße da, wie bei denen der Käfer, so
werden sie Engerlinge genannt. — In diesem Zustande pflanzen sich die
Insekten nicht fort, obgleich sie in demselben die meiste Zeit ihres Lebens zu-
bringen, viele mehre Monate, einige auch ein ganzes Jahr, manche wohl gar
zwei oder mehre Jahre. Als Larven sind die meisten Insekten sehr gefräßig,
sie wachsen bedeutend und häuten sich mehre mal. Bei der letzten Häutung
werden sie von einer hornartigen Haut bedeckt, welche keine Füße und keine
Fresiwerkzcuge mehr hat. Einige machen alsdann Gespinnste, von sehr ver-
schiedenem Gewebe und verschiedener Gestalt und Feinheit. — In diesem Zu-
stande heißen die Insekten Puppen. So liegen sie mehre Wochen lang,
oft den ganzen Winter hiiidurch, ohne zu fressen; ja, ohne sich zu bewegen.
Allmählig bildet sich das vollkommene Insekt aus, die Haut platzt, das Thier
kriecht heraus, wartet einige Minuten, bis es trocken ist, und läuft oder fliegt
sodann hinweg, um sich fortzupflanzen oder Nahrung zu suchen.
Die meisten Insekten leben einzeln und bekümmern sich nicht um einander,
wenn sie auch in großer Menge beisammen sind; einige aber bilden mit ein-
ander gleichsam einen Staat, z. B. die Bienen. — Die Ernährungsart ist
sehr verschieden; einige saugen Säfte, fressen Blätter, Saamen und selbst Holz;
andere Fleisch von todten und lebendigen Thieren; noch andere fressen beides.
Viele leben im Wasser, und kommen an die Oberfläche um Luft zu schöpfen;
andere an feuchten dunkeln Orten; piele in der Erde, in Holz, aus anderen
Thieren, Blättern und Blumen.
Viele Thiere dieser Ordnung haben wunderbare Kunsttricbe.— Manche
vertheidigen sich muthig gegen ihre Feinde, andere suchen zu entfliehen, andere
stellen sich todt, andere wählen Stoffe, die mit ihnen gleiche Farbe haben, um
sich zu verkriechen u. s. w. Einige haben sogar Gedächtniß, und lernen die
Menschen kennen, welche sic pflegen, z. B. die Bienen. — Der Nutzen und
Schaden, den sie für den Menschen habe», ist sehr groß. Sie zerstören ihm
seine Erndtcn, Früchte und Wiesen und fressen ihm das Getraide auf dem Spei-
cher aus; sic plagen und todten wohl gar das Vieh; ja, sie peinigen ihn selbst
durch Stiche. Dagegen verzehren sic viele Unreinigkeiten, vertilgen manche an-
dere schädliche Thiere, liefern ihm Honig n»d Wachs, Farben und Seide. —
Ihre Vermehrung wurde ungeheuer fein, wenn nicht die Fledermäuse, Vögel,
Amphibien und Fische so viele vertilgten.
Unter dieser Ordnung giebt es viele sehr merkwürdige Thiere. Damit man
diese besser übersehen könne, hat man dieselbe in 7 Unterordnungen getheilt:
Mucken; Immen; Falter; Wasserjungfern; Heuschrecken;
Wanzen und Käfer.
Die Mucken haben 2 Flügel, welche tut Sitzen den Hintcrtheil des Kör-
pers bedecken; ihre Larven sind fußlos. — Die gewöhnliche Mücke gehört
dazu. Sie wird uns durch ihr Gcsumse und ihren Stich sehr lästig. Der
eigentliche Stachel, welcher gewöhnlich in einem Gehäuse eingeschlossen liegt,
ist so sein, daß eine Nadel wie ein mäßiger Stab sich dagegen verhält. Des
Abends finden sie sich in großen Schwärmen, hauptsächlich in der Nähe des
Wassers. — Der Floh hat keine Flügel, zeichnet sich aber durch lange und
starke Hinterfüße aus, die er geschickt zum Springen zu gebrauchen weiß. Seine
eigentliche Hcimath ist aus dem Hunde, er findet sich aber auch an den Katzen,
Mäusen, Fledermäusen und Tauben, aber kleiner. Das beste Mittel ihn zu
vertreiben, ist Reinlichkeit und Trockenheit der Zimmer. — Die Schmeiß-
fliege ist blau und behaart. Sic hat einen äußerst seinen Geruch; kaum
legt man im Sommer ein Stück Fleisch hin, so ist sie da, und läßt ihre Eier
daraus fallen, aus welchen innerhalb 24 Stunden Maden schlüpfen. An-
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sangs sind diese klein, sic fressen aber so gierig, daß sic in 2 Tagen 2 bis 300
mal größer werden. — Die graue Fliege ist größer als die vorige, aber
schlanker. Sic kommt oft in die Stuben, und schleicht sich gerne an das
Fleisch, weil ihre Larven ebenfalls sich davon ernähren. Es ist sehr sonderbar,
daß sic nicht eigentlich Eier legt, sondern Larven zur Welt bringt, die schon
in der Fliege ausgeschlüpft sind. — Die Stubenfliegen werden uns im
Sommer und Herbste oft lästig. Sie erregen uns nicht allein im Gesichte
und auf den Händen einen unangenehmen Kitzel, sondern beschmutzen auch
alles, was sic vorfinden. Jedes Auge derselben besteht aus mehr als 4000
sechseckigen Flächen. — Eine kleine braune Fliege, mit ziemlich großen Flügeln
legt ihre Eier gern in Käse, daraus entstehen die Maden, die man oft in
demselben antrifft. Viele Menschen essen solchen Käse gerne, weil sie meinen,
diese Maden entständen aus den besten Theilen desselben. Dem ist aber nicht
so ; vielmehr verderben und verunreinigen sie den Käse, und bringen dadurch
Fäulniß in demselben hervor. — Blindstiege. Essigfliegc.
Die Immen haben 4 durchsichtige Flügel und einen Stachel. — Die
Gallwespen verursachen durch ihren Stich in die Rinde oder Blätter Aus-
wüchse an Kräutern und Bäumen, die man Gallen nennt. In diesen hält
sich die Larve der Gallwespe auf. Die bekanntesten und nützlichsten Gallen
sind die Galläpfel der Eichen, die so hart werden wie Nüsse. — Die Amei-
sen sind außerordentlich thätige Thierchen. Es giebt unter ihnen männliche,
weibliche und geschlechtslose. Die männlichen haben Flügel, aber keinen Sta-
chel, die übrigen haben einen Stachel, aber cs fehlen ihnen die Flügel. Die
Ameisen sind von verschiedener Größe und Farbe. Sie bauen sich regelmä-
ßige Wohnungen von Erde und Holzsplittern. Zuweilen führen die Männ-
chen blutige Kriege, in welchen viele um- Leben kommen, andere Flügel oder
Beine verlieren. Die Visitenameisen in Südamerika sind sehr mcrktvürdigc Ge-
schöpfe. Sie kommen in ganzen Schaaren, und die Menschen verlassen ihre
Wohnungen, sobald sic herannahen; doch zerstören sic nichts, sondern vertilgen
bloß alles Ungeziefer. — Die Hornissen sind eine Art von Wespen, und
zwar die größten in Europa. Sie thun dem Menschen nichts, wenn er sie
nicht reitzt, alsdann aber ist ihr Stich sehr gefährlich. Mehre davon kön-
nen einen Menschen, viele auch wohl ein Pferd tödten. Bei heißem Wetter
sind sie am meisten zu fürchten. — Bor allen Insekten merkwürdig, und durch
die Bereitung von Honig und Wachs nützlich, sind die Bienen. Die eigent-
lichen Bienen (Zcllcnbicnen) leben'in großen Gesellschaften. Sie bestehen
aus eine,» einzigen Weibchen, der Königin, einigen hundert Männ-
chen oder Drohnen und viele» Arbeitsbienen. Die Zellen sind über-
aus kunstvoll. Die Königin ist die Mutter des ganzen Stocks, und ihr gan-
zes Geschäft ist, Eier zu legen. — Die Hummeln sind dicke, stark behaarte
Bienen, welche in der Erde in ausgehöhlter« Löchern gesellschaftlich, aber nicht
in großer Anzahl, leben.
Die Falter oder Schmetterlinge haben 4 bestäubte Flügel, und ent-
stehen aus Larven niit mehr als drei Fußpaarc». Einige sind wunderschön.
Der Staub der Flügel besteht aus kleinen, farbigen Schuppen, die solche
Schönheit bewirken. Statt aller Mundtheile hat der vollkommene Schmetter-
ling eine Sauaröhre, womit er den Blumensast, seine einzige Nahrung, ein-
saugt. Die Eier werden von den Weibchen gelegt, und von der Sonne aus-
gebrütet. Die Schmetterlinge zerfallen nach der Tageszeit, in welcher sie um-
herfliegen, in Dämmerung-, Tag- und Nachtschmetterlinge. Zn
den letztem gehöre» die Motten, von denen einige Arten großen Schaden
anrichten. Insbesondere thut dieö die Raupe der Kleiderschabe, welche
Kleider und vorzüglich Pelzwaren zernagt. Der Seidenspinner ist durch
seine Puppe eines der nützlichsten Thiere auf Erden. Die Raupe heißt die
1842 -
Oldenburg/Holstein
: Fränckel
- Autor: Detlefs, Heinrich
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Seidenraupe, weil sie sich bei ihrer Verpuppung mit einem Gespinnst umlvcbt,
welches aus Seide besteht. Die Blätter des Maulbeerbaumes dienen ihr zur
Nahrung. — Zu den Däin inerungsschn» etterlingen gehört der Tod-
tenkops, welcher der größte unserer Schmetterlinge ist, und »mehre Döpfeln
aus dem Nucken hat, die eine Figur bilden, welche mit einem Todtenköpfe Ähn-
lichkeit hat. — Die Tagfalter haben vor allen einen schönen Farbcnschmnck
auf ihren Flügeln.
Die Wasserjungfern habe»» häutige, netzrciche und steife Flügel, die
gewöhnlich vom Körper abstehen; einen schlanken Leib, eine hornige Unterlippe
und große Augen. Einige, wie z. B. die Eintagsfliegen, und die Bü-
cherläusc siird kleine und schwache Thierchcn, andere wie die eigentlichen
Jungfern (in einigen Gegenden Spcckbcificr genannt) und die Teuselsnadeln
(Nähjungscrn) sind größer und stärker. Termiten.
Die Heuschrecken haben 4 Flügel. Diese liegen in der Ruhe der
Länge nach an einander, so daß die untern von den oberen bedeckt werden.
Die Kiefern sind hart, und bcl einigen so stark, daß Blut unterläuft, wenn sie
damit kneipen. Die meisten sind sehr gefräßig. — Es gehören dazu: der Ohr-
wurm, die Strichheuschrcckc, die Grasheuschrccke, das Heimchen u. a. Die
Dtrichheuschrecken ziehen zuweilen in großen Heerden von einein Orte zum an-
dern, uird verwüsten alles, was sie antreffen. Die Heiinchen oder Grillen hal-
ten sich nicht im Freien, sondern in den Häusern auf, vorzüglich in Bäckereien
und Bierbrauereien. Es ist Aberglaube, daß ihr Gesang einen Todten be-
deute.
Die Wanzen haben eine verlängerte steife Unterlippe, welche gleichsam ei-
nen Schnabel bildet. Es gehören zu ihnen die Schild- oder Blattläuse, un-
ter denen die amerikanische C o ch en i lle - Sch ildlaus eine schöne und theure
Scharlachfarbe giebt. Die Bcttlvanzen sind »»»geflügelt, und werden in
manchen, vorzüglich alten Häusern den» Menschen ungemein zur Last.
Die Käfer sind die zahlreichste Art der Insekten. Sie haben hornartige
Oberflügel, welche zur Bedeckung der häutigen Unterflügel dienen. Die wich-
tigsten sind: der Goldkäfer, der Maikäfer, der Boinbardierkäser und das Zo-
haunistvürmchcn. Letzteres ist die Larve eines Käfers, und durch sein Licht
allgemein bekannt. Der Maikäfer kann den Fruchtbätimen vielen Schaden
thun, und die Engerlinge desselben vertvüsten mitunter Getraidefelder und Wie-
sen. Die spanische Fliege, aus »vclchcr daö bekannte spanische Fliegen-
pflaster ge,nacht »vird, gehört auch zu den Käfern; eben so der Erdfloh,
welcher dem jungen Lein schädlich ist, und der Noßkäser.
2. Ordnung. Un ge fl »igelte Znsekte». Diese haben einen geringel-
ten, hornigen, ein- oder zwritheiligen Leib, und gegliederte Füße. Die Zahl
dieser Glieder ist zum wenigsten 6. — Hierher gehören die Läuse, die Krebse,
die Spinnen u. a. — Die L ä >» se haben einen Rüssel zum Saugen, die Füße
sind kurz und endigen in einer Klaue, womit sie sich an die Haare der Säu-
gethicre und die Federn der Vögel hängen. Sie nähren sich vom Blute und
pflanzen sich schnell fort. Ihre Verinchrung ist daher sehr stark. Auf dem
Menschen finden sich hauptsächlich 2 Arten: die Kopf- und die Kleiderlaus. —
Die Krebse athrncn durch Kieinen, ttttb pflanzen sich durch Eier fort, die der
weibliche Krebs eine Zeitlang unter den» Schwänze herumträgt. Die Krebse
haben ein nahrhaftes, aber schwer verdauliches Fleisch. Jährlich werfen sie
ihre Bedeckung ab und bekommen eine neue. — Die.spin neu zeichnen sich
größtentheils durch die Kunst aus, Gewebe zuzurichten, in welchen sie ihre
Beute fangen. Sic können viel auf einmal fressen, aber auch lange hungern.
Ihre Lebensweise ist einsam. Sie sind sehr mordgierig; insbesondere zeichnen
sich die Weibchen durch Grausanikeit aus; bisweilen fallen dieselben sogar die
Männchen an, tödten sie, und fressen sic auf. Ihre gewöhnliche Nahrung
1842 -
Oldenburg/Holstein
: Fränckel
- Autor: Detlefs, Heinrich
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
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- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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sammengesetzter sind, je mehr sich an ihnen wahrnehmen läßt, und umge-
kehrt, je weniger man an einem Gegenstände wahrnehmen kann, desto ein-
facher ist er. Nun ist von unserer Seele gar nichts sinnlich wahrzuneh-
men, gleichwohl können wir von ihrem Dasein fest überzeugt sein. Was
folgt also hieraus? Nicht wahr, daß unsere Seele ein ganz einfache-,
das heißt, aus keinen Theilen bestehendes Wesen ist.
Weil unsere Seele ein einfaches Wesen ist, geliebte Kinder, so macht
es uns unsere Vernunft einigermaßen wahrscheinlich, daß sie auch nach ih-
rer Trennung vom Körper fortdauern werde. Sie schließet nämlich so:
Wenn der Mensch gestorben ist, so geht sein irdischer Theil, der Körper,
in Verwesung über, und löset sich dadurch wieder in diejenigen Theile auf,
aus welchen er zusammengesetzt war. Die Seele aber, als ein einfaches
Wesen, kann keiner Auflösung unterworfen sein. So gehet also dieselbe
durch diejenige Einrichtung der Natur, welche alle Körper, die zu ihr ge-
hören, ihrer endlichen Zerstörung entgegen führt, nicht zu Grunde; —also
kann sie vielleicht unzerstörbar, unsterblich sein. Die Ver-
nunft bringet auch noch andere Gründe hervor, aber weiter als zu einiger
Wahrscheinlichkeit, weiter als zu schwacher Hoffnung kann sie in dieser
Hinsicht nicht gelangen. — Aber wir, die wir uns Christen nennen, ha-
den durch einen, der höher ist, als alle Vernunft, durch Jesum Christum,
den eingebornen Sohn Gottes, die Gewißheit, nicht Wahrscheinlichkeit
oder schwache Hoffnung, von der ewigen Fortdauer unserer Seele.
C. Vom menschlichen Körper.
Unserer Seele hat der gütige Gott in dem Körper oder Leibe des Men-
schen einen beständigen Begleiter, ei» zu allen ihren Geschäften unentbehr-
liches Werkzeug beigesellt. Er ist von der Hand der Vorsehung überaus
kunstvoll und zweckmäßig zusammengesetzt, und verdient daher auch unsere
Betrachtung und Bewunderung in hohem Grade.
I. Knochen.
Die Knochen bilden das Gerüste zu dem Gebäude des menschlichen
Körpers, und geben demselben Haltung und Festigkeit. Vermittelst der
Gelenke sind sie alle mit einander verbunden. Damit sic sich nicht abnutzen,
oder durch ihre Reibung Schmerz hervorbringen, sind alle Gelenke mit
Knorpeln versehen; damit die Knochen in den Gelenken nicht leicht aus-
weichen können, sind sie an diesen Stellen mit starken Bändern an einan-
der befestigt. — Alle Knochen des menschlichen Körper« machen zusammen
da- Skelett oder Gerippe des Menschen aus. Dieses zerfällt in 3 Abthei-
lungen, in die Knochen des Kopfs, des Rumpfs und der Glieder.
Die Knochen des Kopf« nennt man den Schädel des Menschen.
Der hintere und obere Theil desselben besteht aus der Hirnschale und der
Nasenhöhle, der vordere besteht aus den Kiefern oder Kinnladen, welche
die Mundhöhlen bilden. Die Kiefern bestehen eigentlich jeder aus zwei
Theilen, welche aber durch eine Naht fest mit einander verbunden sind.
In den Kinnladen sitzen die Zähne, deren vollständige Zahl 32 beträgt.
In jedem Kiefer sind 10, nämlich 4 Schncidezähne, 2 Eckzähne, 4 Lücken-
zähne und 0 Backenzähne, welche zum Zermalmen der Speisen dienen. Der
obere Theil der Zähne heißt die Krone, und ist mit einer feinen Glasur,
welche man Schmelz nennt, überzogen. Wenn dieselbe Riffe bekommt,
oder abspringt, so können daraus heftige Zahnschmerzen entstehen.
Die Knochen des Rumpfs bestehen aus der Wirbelsäule und den
Rippen. Die Wirbelsäule ist aus 33 kleinen walzenförmigen Knochen
zusammengesetzt, welche Wirbel heißen und das Rückenmark umschließen.
An diese Wirbel legen sich längere gewölbte Knochen an, welche Rippen
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- Doch, wieder auf den Hund zu kommen,
Wie groß sagt' ich, daß er gewesen wär'?
Wie euer größtes Pferd? Dazu will viel gehören.
Der Hund, jetzt fällt mir's ein, war erst ein halbes Jahr;
Allein, das wollt ich wohl beschworen,
Daß er so groß, wie mancher Ochse war." —
Sic gingen noch ein gutes Stücke.
Doch Frischen schlug das Herz. Wie konnt' es anders sein?
Denn niemand bricht doch gern ein Bein.
Er sah nunmehr die richterliche Brücke,
Und fühlte schon den Beinbruch halb.
„Hört, Vater!" fing er an, „der Hund, von dem ich red'tc,
War groß, und wenn ich ihn auch waö vergrößert hätte,
So war er doch viel größer, als ein Kalb." ,
Die Brücke kömmt: „Fritz, Fritz, wie wird dir's gehen?"
Der Vater geht voran. Doch Fritz hält ihn geschwind;
„Ach Vater," spricht er, „seid kein Kind,
Und glaubt, daß ich dergleichen Hund gesehen.
Denn kurz und gut, eh' wir darüber gehen,
Der Hund war nur so groß, wie alle Hunde sind."
Stt. Die Fliege.
In einem Tempel voller Pracht,
Aus dem die Kunst mit ew'gcm Stolze blichtc,
Dich schnell zum Beifall zwang, und gleich dafür entzückte,
Und, wenn sie dich durch Schmuck bestürzt gemacht
Mit edler Einfalt schon dich wieder zu dir brachte; —
In diesem Bau voll Ordnung und voll Pracht
Saß eine sinst'rc Flieg' aus einem Stein, und dachte. -
Denn daß die Fliegen stets aus finstern Augen sehn,
Und oft den Kopf mit einem Beine halten,
Und oft die flache Stirne falten,
Kömmt bloß daher, daß sie so viel versteh»,
Und auf den Grund der Sachen gehn. —
So saß auch hier die weise Fliege.
Ein halbes Dutzend ernste Züge
Verfinsterten ihr Angesicht.
Sie denkt tiefsinnig nach, und spricht:
„Woher ist dies Gebäu entstanden?
Ist außer ihm wohl jemand noch vorhanden,
Der es gemacht? Ich sch's nicht ein.
Wer sollte dieser Jemand sein?" —
„Die Kunst," sprach die bejahrte Spinne,
„Hat diesen Tempel aufgebaut.
Wohin auch nur dein Auge schaut,
Wird es Gesetz und Ordnung inne,
Und dies bcweis't, daß ihn die Kunst gebaut."
„Die Kunst?" sprach sie ganz höhnisch zu der Spinne,
„Was ist die Kunst? Ich sinn' und sinne,
Und sehe nichts als ein Gedicht. —
Waö ist die Kunst? Durch wen ist sic entstanden? —
Nein, diesem Mährchcn glaub' ich nicht.
Lern' cö von mir, wie dieser Ban entstanden:
Es kamen eirist von ungefähr