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Statt Frieden bring' ich dir Botschaft von naher Kriegesgefahr;
So stell' ich denn 'hier auf's Neue mich willig den Banden dar."
Erstaunt betrachtet ihn Ludwig, das Aug von Rührung genäßt;
Dann stürzt er ihm an den Busen und liebend umschlingt er ihn fest:
„O Friedrich, fort mit dem Haffe! Sei fürder mein Bruder und Freund,
„Und sei'n wir auf Einem Throne, zwei Herrscher in Liebe vereint."
Von dieser Zeit an lebten die beiden Regenten wie Brüder mit
einander; sie aßen an Einem Tische, schliefen in Einem Bette,
hielten miteinander gemeinschaftlich Gericht, und wenn der Eine ab-
wesend war, so beschützte und behütete der Andere mit Sorgfalt und
Treue sein Land.
— Und bald durcheilte die Kunde das staunende Vaterland:
„Die beiden Kaiser umschlinge der traulichsten Freundschaft Band;
„Sie schlummern auf Einem Lager, sie wechseln die Becher beim
Mahl;"
Drum tönte vom Lobe der Treue die Hütt' und der Fürstensaal.
49. Kaiser Maximilian I.
1493-1519.
Nach einer 53jährigen Regierung hinterließ Ferdinand Iii. den
Thron seinem ritterlichen Sohne Maximilian I. Dieser war
ein ungemein thatkräftiger Mann. Ausgezeichnet durch ungewöhn-
liche Gaben des Körpers und Geistes, vereinigte er mit gewaltiger
Stärke und Gewandtheit die liebenswürdigsten Eigenschaften: Gnt-
müthigkeit, Freundlichkeit, Offenheit, Redlichkeit und heitern Sinn.
Ueberaus lebhaft, thätig, ruhmbegierig und bis zur Verwegenheit
kühn, fühlte er sich zu dem Manigfaltigsten hingezogen, am meisten
zu dem Außerordentlichen, Abenteuerlichen und Gefahrvollen. Er
hatte Vergnügen daran, mit der Gefahr zu scherzen und, gleich den
Helden des Alterthums, mit Ebern, Bären und andern wilden Thie-
ren zu kämpfen. Er war der kühnste Jäger und verfolgte die Gem-
sen und Steinböcke bis auf die höchsten Gipfel der Berge und
Felsen, wobei er einst auf der Martinswand oder dem Zierlberg an
der Straße nach Insbruck so sehr in Gefahr gerieth, daß Jeder-
mann seine Rettung für unmöglich hielt. Er hatte sich nämlich in
ungeheurer Höhe, bei der Verfolgung einer Gemse, so verstiegen,
daß er nicht weiter vorwärts noch rückwärts konnte. Man sah den
Kaiser, aber Niemand wußte ihm zu Hilfe zu kommen, auf die er
zwei Tage lang vergebens hoffte. Er bereitete sich zum Tode und
rief herab, daß man ihm das hochwürdigste Gut wenigstens von
ferne zeigen möchte, und er es geistigerweise als letzte Wegzehrung
empfangen könne. Das heilige Sakrament wurde in Prozession
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T195: [Pferd Tier Hund Schaf Löwe Wolf Rind Mensch Schwein Thiere], T64: [Vater Sohn Jahr Tod Mutter Regierung König Kind Heinrich Bruder]]
Extrahierte Personennamen: Ludwig Ludwig Friedrich Friedrich Maximilian_I. Ferdinand_Iii Ferdinand Maximilian_I.
164
2. Merkwürdige Beispiele von der ^Heilbarkeit der Körper.
Die meisten Naturkörper lassen sich in unglaublich feine Theile
zerlegen, wie dieses nachfolgende Beispiele beweisen:
In England hat man aus einem Pfund Wolle einen Faden
gesponnen, welcher 14 deutsche Meilen lang war. Rechnen wir nun
die deutsche Meile zu 24,000 Fuß, den Fuß zu 10 Zoll und einen
Zoll zu 10 Linien, und nehmen wir an, daß jede Linie dieses Fa-
dens nur in 10 Theilchen zerschnitten würde, so wäre derselbe in
336,000,000 sichtbare Theile getheilt worden. Ein Pfund Baum-
wolle lieferte einen Faden von 134,000 Ellen, welche eine Strecke
Weges von 11 ‘« Meilen betragen.
Ein einfacher Seidensadeu, wie er von der Seidenraupe kommt,
wiegt bei einer Länge von 360 Fuß nicht mehr als ein Gran (den
24osten Theil eines Lothes, ungefähr so viel als ein Gerstenkorn);
wie unendlich viele sichtbare Theile müßte man demnach aus einem
einzigen Loth Seide machen können!
Noch größer ist die Theilbarkeit der Färbestofse. L>o färbt man
z. B. mit einer Unze oder 2 Loth Cochenille*) 10 Unzen Seide
hinreichend roth. Eine Unze Seide giebt einen Faden von 130,000
Fuß Länge; jeder Seidenfaden ist mindestens aus 40 einfachen Fä-
den zusammengesetzt, und aus jedem fußlangen, einfachen oder Kokon-
faden kann man wenigstens 1000 Theile machen, die unter dem Ver-
größerungsglasc noch alle roth erscheinen; in wie viele sichtbare
Theile ist demnach eine einzige Unze dieser rothen Farbe zertheilt
worden!!
Durch ein gutes Vergrößerungsglas oder Mikroskop kann man
sich überzeugen, daß der Faden einer Spinne aus 6000 andern
Fäden bestehe, daß der Schimmel am Brode ein Wald von
lauter Gewächsen und mit Thieren bevölkert sei, und daß ein Tropfen
Wasser oder Essig eine merkwürdige Anzahl von Thierchen enthalte,
die alle mit Schnelligkeit sich in ihrem Elemente bewegen. Jedes
dieser Thierchen nimmt Nahrung zu sich, und es muß gewiß unsere
Bewunderung erregen, wenn wir bedenken, wie sein die Nahrungs-
theile seyn müssen, die geeignet sind in die zarten Gefässe dieser Thier-
chen aufgenommen zu werden!
Der Moschus, ein bekanntes sehr kostbares Arzneimittel, das
wir von einem niedlichen Thiere aus dem südöstlichen Asien erhalten,
erfüllt, ohne etwas Merkliches von seinem Gewichte zu verlieren, ein
Zimmer Jahre lang mit seinem Dufte. Wir wissen nun, daß die
*) Die Cochenille (sprich Koschenill) $ ein kleines Insekt, das besonders
in Mexiko auf mehreren Cactus-Arten lebt, eine feine, rothe Farbe giebt und
daher ein wichtiger Handelsartikel ist.
TM Hauptwörter (200): [T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T46: [Körper Blut Wasser Luft Haut Magen Herz Speise Muskel Mund], T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe], T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee], T113: [Wein Seide Baumwolle Handel Zucker Kaffee Wolle Tabak Reis Getreide]]
191
beißen sollten. Nach vorhergegangener guter Bewirthung wurden
die Gäste zur Falle geführt, in welcher das Thier noch steckte, und
woraus es erst sehr vorsichtig herausgeholt werden mußte, um auf
den Kampfplatz gebracht zu werden. Diese Falle lag in der Tiefe
einer Bergschlucht und war von rohen Felsstücken ausgemauert, doch
so, daß zwei große, dem übrigen Gerölle ähnliche Felsen den Ein-
gang bildeten; sie war übrigens ganz wie eine gewöhnliche Mäuse-
falle beschaffen. Oben war dieselbe mit rohem Gebälk bedeckt, durch
dessen Zwischenräume man das schöne aber wüthende Thier be-
obachten konnte, und auf welches die Leute, die es jetzt fesseln soll-
ten, sich stellten.
Man suchte erst eine Pfote nach der andern in Schlingen zu
fangen, dann zog man es herauf und band ihm, unter entsetzlichem
Brüllen und vergeblichen Wüthen, die vier Beine aneinander. Hier-
auf begab sich Jemand hinein, der auch eine Schlinge über den Kops
des Thieres warf, mit deren Hilfe man es bald hervorzog und ihm
einen festen Maulkorb anlegte. Nun erst war man im Stande, es
nach dem Werft, so heißt bei allen Colonisten ein großer, freier
Platz zwischen dem Wohnhaus und den Wirthschastsgebänden, zu
schaffen, wo erst der eine Hinterlauf, den man zwischen der Hacken-
sehne und dem Unterschenkelbein durchstach, vermittelst eines Ringes
an einer Kette befestigt wurde, die in einen freistehenden Pfahl ein-
geklammert war. Nach und nach lösete man einen Riemen nach
dem andern und ließ das Thier endlich ganz frei an der Kette sich
bewegen. Es erlangte bald seine ganze Kraft und Geschmeidigkeit
wieder und gewährte in dem Wechsel seiner wilden Sprünge und
seiner behenden Seitenbewegungen in der That ein sehr schönes
Schauspiel.
Mehr kriechend als schleichend pflegt der Parder seiner Bente
nachzustellen, drückt den Bauch dabei fast auf die Erde, den Kopf
mit aufwärts gerichteten Augen zwischen die Vordertatzen ausgestreckt.
In dieser Lage bewegte er sich auch jetzt, und festgehalten von der
Kette, streckte er sich dabei so lang aus, daß man ein ganz anderes
Thier vor sich zu sehen glaubte. Dabei wand sich der Leib unauf-
hörlich seit- und auswärts, so daß man seine Bewegungen denen
einer kriechenden Schlange zu vergleichen geneigt war. Fest über-
zeugt, daß die vorher wohl untersuchte Kette nicht brechen könne,
wagten sich die Zuschauer ganz nahe hinzu und reizten ihn durch
Würfe mit kleinen Kieseln und andere Neckereien zum Aufspringen
und Brüllen. Darüber ward es Abend. Man berathschlagte, ob
man ihn jetzt den Hunden Preis geben sollte, die inzwischen sämmt-
lich in einem Stalle eingesperrt waren, und eben giengen die Meisten
hinweg, um den Kampf vorzubereiten, als plötzlich bei einem neuen
starken Ruck der Ring sich öffnete und der nunmehr freie Tiger
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
198
Zeichen der Wasserscheu. Eine schwarze, zähe Feuchtigkeit geht durch
Erbrechen von ihm. Das Fieber, die Hitze, das Irrereden ver-
mehren sich. Jetzt streckt der Unglückliche die rauhe Zunge heraus,
seine Stimme wird heiser, er gähnt häufiger, er lechzt vor Durst,
doch so wie man ihm Getränke reichen will, macht ihn meist die
Wasserscheu wüthend. In seinem Munde häuft sich der Speichel
und er fühlt einen unwiderstehlichen Reiz, ihn gegen die Umstehen-
den auszuwerfen. Fürchterlich knirscht er mit den Zähnen, eiskalter
Schweiß steht auf seinem Gesichte, er ist wüthend, und doch zeigt
sein Streben, Andern nicht zu schaden, sein Flehen, ihn nicht zu ver-
lassen, daß er seiner Vernunft noch mächtig ist. Endlich naht sich
unter Krämpfen und Engbrüstigkeit der unter diesen Umständen wün-
schenswerthe Retter — der Tod^ Bei der Zergliederung des Todten
findet man die Werkzeuge zum schlucken entzündet, den Magen voll
von einer zähen, galligen Feuchtigkeit, die Galle schwarz, die Schlag-
ader voll, die Blutader leer, den Herzbeutel, die Eingeweide, das
Gehirn, das Rückenmark trocken und das Blut so flüssig, daß es
kaum zum Gerinnen zu bringen ist. (21. B. Reichenbach.)
7. Der Maulwurf.
Unter allen Thieren, die ihre Jungen säugen, ist der Maul-
wurf das einzige, das seiner Nahrung allein in dunkeln Gängen
unter der Erde nachgeht. Und an dem Einen ist's zu viel, wird
Mancher sagen, der an seine Felder und Wiesen denkt, wie sie mit
Maulwurfshügeln bedeckt sind, wie der Boden zerwühlt und durch-
löchert ist, wie die Gewächse oben absterben, wenn das heimtückische
Thier unten an den Wurzeln weidet. Nun, so wollen wir denn
Gericht halten über den Missethäter.
Wahr ist es und nicht zu läugnen, daß er durch seine unter-
irdischen Gänge hin und wieder den Boden durchwühlt und ihm
Etwas von seiner Festigkeit raubt. Wahr ist es ferner, daß durch
die herausgestoßenen Grundhaufen viel fruchtbares Land bedeckt und
die darunter liegenden Keime im Wachsthum gehindert, ja erstickt
werden können. Dafür ist jedoch in einer fleißigen Hand der Spaten
gut. Aber wer hat's gesehen, daß der Maulwurf die Wurzeln ab-
frißt? Wer kann's behaupten? Nun man sagt so: „Wo die Wur-
zeln der Pflanzen absterben, wird man auch Maulwürfe finden;
und wo keine Maulwürfe sind, geschieht das auch nicht; folglich
thut's der Maulwurf." Der das sagt, ist vermuthlich derselbe, der
einmal so behauptet hat: „Wenn im Frühlinge die Frösche zeitig
quaken, so schlägt auch das Laub bei Zeiten aus; wenn aber die
Frösche lange nicht quaken wollen, so will auch das Laub nicht
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel]]
200
8. Kleine und große Geschöpfe.
Die kleinsten Vögel heißen Kolibri. Sie sind in Südamerika
daheim, haben wunderschöne Federn mit Gold- und Silberglanz,
legen Eierlein, die nicht größer sind als eine Erbse, und werden
nicht mit Schrot geschossen, sondern mit kleinen Sandkörnern, weil
sonst nichts Ganzes an ihnen bliebe. Neben ihnen wohnt eine Spinne,
die so groß ist, daß sie diese armen Thierlein wie Mücken fängt und
aussaugt.
Andern Respekt stößt der Lämmergeier seiner Nachbarschaft ein,
der in den Tyroler- und Schweizergebirgen daheim ist. Denn mit
seinen ausgespannten Flügeln bedeckt er eine Länge von 8—10 Fuß
und ist stark genug, Gemsen, Ziegen und Kinder anzupacken, zu
überwältigen und davon zu tragen.
Der größte unter allen Vögeln, die fliegen können, ist der
Kondor, ein Landsmann des Kolibri. Dieser mißt mit ausgespann-
ten Flügeln 16 Fuß; seine Flügelfedern sind einen Finger dick, also
daß man schön Fraktur damit schreiben könnte; und das Rauschen
seiner Flügel gleicht einem fernen Donner.
Aber der allergrößte Vogel ist der Strauß in den Wüsteneien
von Asien und Afrika, der aber wegen seiner Schwere und wegen
der Kürze seiner Fittige (Flügel) gar nicht fliegen kann, sondern
immer auf der Erde bleiben muß. Doch trägt er seinen Kopf 9—10
Fuß hoch in der Luft, kann weit llmherschauen und könnte, wie ein
guter Freund, neben einem Reiter auf seinem Roß, herlaufen und
mit ihm reden, wenn ihm nicht Vernunft und Sprache versagt
wären. — -
Das Spitzmäuslein, ebenfalls in Asien, wiegt ein halbes
Quentlein, und ist das kleinste unter allen bekannten Thieren, die
auf 4 Beinen gehen und ihre Jungen säugen. — Der Elephant
aber ist 12 —14 Fuß hoch, 15 —17 Fuß lang, wiegt seine 7000
Pfund, und ein fleißiger Schüler soll mir ansrechnen: Wie viel
Spitzmäuslein müßte man haben, die so schwer sind, als ein einzi-
ger Elephant? — Das kleinste Thierlein auf der Erde hat auch mit
dem stärksten Vergrößerungsglas^ wohl noch kein Mensch gesehen.
Aber das größte Thier ist der Walisisch, der bis zu einer Länge
von 120 Fuß wachsen kann und seine 1000 Centner und darüber
wiegt. (I. P. Hebel.);
9. Die Schwalben.
Die Schwalben sind ein wildes Volk, ein Räubervolk, schnelle
Flieger, fangen ihre Insekten nur in der Luft und fliegen hoch oben.
Schaarenweise tummeln sie sich lustig in großen Kreisen herum,
204
*
schon genug, denn außer diesen und der gemeinen Otter oder Natter
würdest du schwerlich eine andere in Deutschland finden können.
„Gottlob!" wirst du vielleicht sagen. Nun gut, ich gebe dir Recht;
aber dann kennst du auch die Schlangen so wenig, als wenn der
versichern wollte, er kenne die Vögel, welcher doch keinen, als das
Huhn, die Gans, Ente, den Kanarienvogel und allenfalls den Spatz
gesehen hat. Was sagst du dazu, daß man schon über 220 ver-
schiedene Schlangenarten kennt, und daß man noch alle Jahre in
fremden Ländern neue dazu entdeckt? Einige Arten davon sind so
klein, daß du sie vielleicht für Negenwürmer halten würdest; auf der
Insel Cypern findet man eine Art davon, die wirklich auch so heißt,
in großer Menge. Man sieht ihren schnellen Bewegungen und ihren
muntern Sprüngen gern zu; denn sie ist ganz unschädlich, kaum
4 bis 6 Zoll lang und so dick, wie ein starker Bindfaden. Die
kleinen Augen, so groß, wie feine Pünktchen, würdest du kaum be-
merken, wenn sie dir nicht ein guter Freund zeigte.
Aber nun begleite mich einmal schnell in eine heißere Gegend
der Erde, nach dem mittleren Amerika, und laß dir erzählen, was
dort einmal geschehen ist. Achtzehn Spanier, die den ganzen Tag
über in der kühlen und feuchten Jahreszeit einen starken Marsch ge-
macht hatten, kamen einst am Abend in einen dichten Wald; ermüdet
von den Strapazen des Tages beschließen sie, daselbst zu übernachten.
Das dürre Laub, das den Boden Fuß hoch bedeckt, soll ihnen zum
Nachtlager dienen. Sie machen ein Feuer an, um die reißenden
Thiere zu verscheuchen und ruhig schlafen zu können; ermüdet setzen
sic sich auf einen umgeworfenen Baumstamm, der unter dem abge-
fallenen Laub hervorragte und dicht am Feuer liegt. Kaum haben
sie sich niedergesetzt und das Feuer geschürt, da wankt es unter ihnen;
siehe! der vermeinte Baumstamm ist eine Riesenschlange, die sich
fortbewegt. Der fürchterlichste Schrecken ergreift die Gesellschaft,
und Alles flieht vor dem Unthier mit wüstem Geschrei. So groß
ist die größte unter den Schlangen, daß man sie für einen Stamm
halten kann, der wenigstens 30 bis 40 Fuß laug und 1‘ 2 Fuß dick
ist. Zwischen diesem Riesen und jenem Zwerge unter den Schlangen
liegen nun alle anderen Arten in der Mitte, doch so, daß nur we-
nige die Länge von 10 bis 12 Fuß erreichen, und die einzige Rie-
senschlange, wie etwa der Elephant unter den Land- und der Wall-
fisch unter den Seethieren, die übermäßige Größe von 20 bis 30 Fuß
zuweilen, obgleich selten, noch übertrifft.
Aber du wirst dich, lieber Freund, wundern, daß die Schlange
anfangs so geduldig sich zum Sessel brauchen ließ? Hast du dir
vielleicht schon einmal den Magen überfüllt? Dann hast du sicher
gleich nach dem 'Essen eine Unbehaglichkeit bei dir verspürt, die dich
unfähig machte, sogleich etwas Vernünftiges mit deinem Verstand
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
208
sehr große Augen, dir beinahe den ganzen Kopf einnehmen, kurze
Flügel, einen kürzeren und feineren Rüssel und gar keinen Stachel.
Von Ansehen sind sie viel rauher, als die andern, auch dicker, dabei
auch sehr träge. Sie fliegen selten aus; nur bei heißem Wetter
zur Mittagsstunde entfernen sie sich zuweilen eine kurze Zeit. Ihre
vornehmste Bestimmung ist, für die Forterhaltung des Schwarmes
zu sorgen. Endlich sieht man auch noch in einem Stocke eine Menge
kleinerer Bienen, wovon eine halb so schwer ist, als eine Drohne,
aber verhältnißmäßig längere Flügel und einen Stachel hat. Man
nennt sie Werk- oder Arbeitsbienen, weil sie allein alle Arbeit ver-
richten. Sie bauen die Zellen, machen Honig und Wachs, reinigen
die Wohnung und schaffen allen Unrath, todte Bienen, Würmer und
andere faulende Sachen hinaus. Ist ihnen ein Körper zu schwer,
so überziehen sie ihn mit Wachs, damit er durch seine Verwesung
die Luft nicht verunreinige. Ihres eigenen Kothes entledigen sie sich
außerhalb des Stockes. Andere halten an dem Flugloche Wache,
um gemeinschaftliche Feinde abzuhalten; wieder andere füttern die
Jungen u. s. w. Zu einem vollkommenen Schwarme gehören nun
ungefähr zwanzigtansend Arbeitsbienen, anderthalbtausend Drohnen
und eine Königin^ Wenn diese beisammen sind, so fangen sie an,
sich in irgend einer bequemen Höhle — die zahmen in den für sie
bestimmten Stöcken oder Körben '—• eine zweckmäßige Wohnung an-
zulegen, und zwar übernehmen, wie schon gesagt, blos die Arbeits-
bienen dies Geschäft. Die aus Wachs gefertigten Zellen bewohnen
nicht die Bienen, sondern sie ksaben eine doppelte Bestimmung; einige
dienen zur Aufbewahrung des Honigs, "andere zu Nestern für die
junge Brut. Auf einen Stock, welcher 50,000 Zellen enthält, rechnet
man 30,000 für den Honig, die übrigen sind für die Brut bestimmt.
14. Der Seidenspinner.
Ihr habt doch gewiß schon von dem Seidenwurme gehört, von
dem unsre Seide kommt? Nun, das ist eben die Raupe, aus wel-
cher der Seidenspinner, eines der nützlichsten Infekten, entsteht.
Glaubt ja nicht, daß der Seidenspinner schön aussieht. Er ist
ein Nachtvogel, ungefähr einen Zoll lang und mit ausgespannten
Flügeln 2 Zoll breit. Er hat gelblichweiße Flügel mit 3 blaß-
braunen Streifen und kammartige Fühlhörner. Das Weibchen legt
in einigen Tagen 300—500 Eier, die so groß sind wie Hirsekörner.
Durch eine Wärme von 18—20 Graden werden diese Eier in
6—8 Tagen ausgebrütet. Die kleinen Räupchen, die erst weiß sind,
dann braun werden und zuletzt einen schwarzen Kopf bekommen,
wachsen schnell. Sie sind sehr gefräßig, wie alle andere Raupen,
rühren aber Nichts an, als die Blätter des weißen Maulbeerbaums,
199
kommen; folglich quaken die Frösche das Laub heraus." — Seht
doch, wie mau sich irren kann!
Aber da kommt ein Advokat des Maulwurfs, ein erfahrener
Landwirth und Naturbeobachter, der sagt so: „Nicht der Maulwurf
frißt die Wurzeln ab, sondern die Quadten und Engerlinge, die
unter der Erde sind, aus welchen hernach die Maikäfer und anderes
Ungeziefer kommen. Der Maulwurf aber frißt die Quadten und
reinigt den Boden von diesen Feinden." Jetzt wird es also begreif-
lich, daß der Maulwurf immer da ist, wo das Gras oder die
Pflanzen krank find und absterben, weil die Quadten da sind, denen
er nachgeht und die er verfolgt. Und dann muß er's gethan haben,
was diese anstellen, und bekommt für eine Wohlthat, die er euch
erweisen will, des Henkers Dank. — „Das hat wieder Einer in
der Stube erfunden, oder aus Büchern gelernt der noch keinen
Maulwurf gesehen hat," werdet ihr sagen. Halt, guter Freund!
der das sagt, kennt den Maulwurf besser, als ihr Alle, H>ie ihr
sogleich sehen werdet! Denn ihr könnt zweierlei Proben anstellen,
ob er die Wahrheit sagt. Erstlich, wenn ihr dem Maulwurfe in
den Mund schauet; denn alle vierfüßigen oder Säugethiere, welche
die Natur zum Nagen an Pflanzenwerk bestellt hat, haben oben
und unten nur zwei einzige und zwar scharfe Vorderzähne und gar
keine Eckzähne, sondern eine Lücke bis zu den Backenzähnen. Alle
Raubthiere aber, ibelche andere Thiere fangen und fressen, haben
sechs und mehr spitzige Vorderzähne, dann Eckzähne auf beiden
Seiten und hinter diesen zahlreiche Stockzähne. Wenn ihr nun das
Gebiß eines Maulwurfs betrachtet, so werdet ihr finden, daß er
in der obern Kinnlade sechs und in der untern acht spitzige Vorder-
zähne und hinter denselben Eckzähne auf allen vier Seiten hat; und
daraus folgt: Er ist kein Thier, das an Pflanzen nagt, sondern
ein kleines Raubthier, das andere Thiere frißt. Zweitens: Wenn
ihr einem getödteten Maulwurfe den Bauch aufschneidet und in den
Magen schaut; denn was er frißt, muß er im Magen haben, so
werdet ihr, wenn ihr die Probe machen wollt, nie Wurzelfasern
oder so Etwas in demselben finden; aber immer die Häute von
Engerlingen, Regenwürmern und anderm Ungeziefer, das unter der
Erde lebt. Wie sieht's fetzt aus?
Wenn ihr also den Maulwurf recht fleißig verfolgt, so thut
ihr euch selbst den größten Schaden und den Engerlingen den größten
Gefallen. Da können sie alsdann ohne Gefahr eure Wiesen und
Felder verwüsten, wachsen und gedeihen, und im Frühfahr kommt
alsdann der Maikäfer, frißt euch die Bäume kahl, wie Beseureis,
und bringt euch zur Vergeltung auch des Kukuks Dank und Lohn.
So sieht's aus!
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
203
»
die jungen schweigen. Der Krieg wird beschlossen. Die Vorarl-
berger in größerer Zahl erheben sich, fahren über den Rhein durch
die Luft einher und wollen die diesseitigen angreifen. Diese haben
den Angriff erwartet, erheben sich nun auch und fliegen ihnen ent-
gegen. Der Kampf wird in hoher Luft geführt. Die Waffe ist
der Schnabel. Sie stechen fürchterlich auf einander los. Blutig
und zerstochen ergreifen die Schweizer die Flucht. Die Vorarlberger
sind vollkommen Sieger und zerstören die Nester der geflohenen.
Allmählich jedoch kehren sie wieder zurück. Später entsteht wieder
Krieg, worin die Schweizer siegen.
Es ist auch wahrgenommen worden, daß die Störche bisweilen
vor ihrer Abreise gen Süden eine große Versammlung halten, einen
Kreis bilden, einer in der Mitte steht, viel geklappert und räson-
nirt wird, und endlich alle auf den in der Mitte losstürzen und ihn
durchbohren. Die Sache ist noch nicht aufgeklärt. Daß sie aber
etwas Außerordentliches thun, ist außer Zweifel.
Das dritte Auffallende ist ihre anständige Weise. In Seestädten
ziehen sie zwischen den Leuten auf den Straßen herum, stolziren
hin und her, und fordern von Jedem, der ihnen in den Weg tritt,
das Ausweichen. Sie ziehen von Markt zu Markt, von Brunnen
zu Brunnen, von Miststätten zu Miststätten, und suchen Fische,
Austern u. f. w. Noch mehr: bricht in einem Haus, auf dem sie
ihr Nest haben, eine Feuersbrunst aus, so tragen sie die Jungen,
wenn sie noch nicht fliegen können, auf dem Rücken fort, oder be-
netzen sich in einem Wasser, fliegen wieder in ihr Nest und schüt-
teln das Wasser von sich, und gelingt es ihnen nicht, die Jungen
zu retten, so breitet die Störchin ihre Flügel über ihre Jungen, um
sie zu schützen, und erleidet lieber mit ihnen den Feuertod, als daß
sie allein davon flöge, wie man dieß noch beim großen Brand in
Hamburg sah.
11. Die Schlangen.
Kein Theil der Naturgeschichte sollte dem Menschen unbekannt
bleiben; am allerwenigsten aber sollte man sich durch die Häßlichkeit
oder-Schädlichkeit eines Thieres abhalten lassen, es näher kennen zu
lernen; denn immer wird man, was für ein Theil es auch seyn
mag, Neues und Merkwürdiges erfahren. Auch von den Schlangen,
diesen verschrieenen Thieren, will ich doch zeigen, daß es möglich ist,
Etwas von ihnen zu erzählen, was merkwürdig und lehrreich ist
und gewiß Jeden begierig machen wird, noch mehr davon zu hören.
Du wirst wohl, mein lieber Leser, erst sehr wenige Schlangen
gesehen haben? Vielleicht eine Ringelnatter, die bei uns am gemein-
sten ist; oder die hübsche, braun glänzende Blindschleiche; oder viel-
leicht gar schon einmal eine giftige Kreuzotter? Nun, das wäre
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T42: [Vogel Nest Junge Eier Schnabel Storch Taube Flügel Fuchs Frosch], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T156: [Schlacht Sieg Feind Heer König Mann Kampf Tag Tapferkeit Franzose], T84: [Körper Kopf Tier Fuß Bein Insekt Eier Zahn Nahrung Haut], T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat]]
207
des Reizes, den er verursacht, selbst als eine Art Heilmittel benützt,
und namentlich die Häringsmilch gegen die Luftrohrenschwindsucht
empfohlen. Wo er häufig gefangen wird und nicht eingesalzen wer-
den kann, benützt man seinen Thran und verwendet ihn auch oft als
Düngnngsmittel. (Nach F. S. Voigt.)
13. Die Bienen.
Sowohl die wilden, als auch die zahmen Bienen halten sich
in großen Gesellschaften zusammen, die aus etlichen tausend Mit-
gliedern bestehen; man nennt eine solche Gesellschaft einen Schwarm.
In jeder Gesellschaft befinden sich dreierlei Bienen, die nicht nur in
ihrer äußern Gestalt, sondern auch in ihrem innern Baue von ein-
ander verschieden sind. Die erste und vornehmste ist die Königin
lmutterbiene oder der Weisel), welche die ganze Gesellschaft zu-
sammenhält, und nach deren Tod oder Entfernung dieselbe in eine
gänzliche Unthätigkeit geräth und sich allmählig zerstreut, wofern
nicht ihre Stelle bald durch eine neue Königin ersetzt wird. Sie
ist zwar nicht die größte Biene, hat aber einen gestrecktern Leib, als
die übrigen, eine lebhaftere, etwas röthliche Farbe, kürzere Flügel,
die kaum den halben Hinterleib bedecken, hohe, braune Füße und einen
langen Stachel. Dieses Stachels bedient sie sich nur im äußersten
Nothfalle, wenn sie gedrückt oder sehr geneckt wird. Sonst kann
man sie ohne Gefahr auf der Hand herumkriechen lassen; denn da
von ihrem Leben das Wohl der ganzen Gesellschaft abhängt und
mit einem Stiche gewöhnlich auch d'er Verlust des Stachels und
der Tod verbunden ist: so hält ein geheimer Naturtrieb sie von
einem leichtsinnigen, für sie und ihr Reich gefahrvollen Gebrauche
ihrer Waffe zurück. So wenig aber ein Schwarm ohne eine Kö-
nigin bestehen kann, eben so wenig wird mehr als eine geduldet.
Sobald durch einen Zufall sich zwei oder mehrere in einem Stocke
einfinden, so entsteht gleich ein allgemeiner Aufruhr. Man nimmt
eine in Schutz und bringt die andern um, oder der Haufe theilt
sich und es bildet sich unter Anführung jeder einzelnen Königin ein
neues Reich. _ Die Ehrfurcht, welche die gemeinen Bienen gegen ihre
Kömgin bezeigen, ist außerordentlich. Ein ansehnliches Gefolg be-
gleitet sie überall, wo sie hingeht, und dieses scheint kein anderes
'Geschäft zu haben, als der Königin aufzuwarten. Die Begleiter
reichen ihr von Zeit zu Zeit Honig dar und putzen und streicheln
sie mit ihren Rüsseln. Und in welche Gegend des Stockes sie hin-
kommt, da verbreitet sie neues Leben und neue Thätigkeit; man ar-
beitet dann, beseelt durch die Königin, noch einmal so rasch.
Nächst der Königin sind die Drohnen oder die männlichen
Bienen zu bemerken, welche sich durch ihre Größe, woran sie alle
übrigen im Stocke übertreffen, leicht unterscheiden lassen. Sie haben
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