. Erster Zeitraum.
Rom unter Königen. (754—510 v. Chr.)
§. 11. Vomulus. 754—716.
Die Bevölkerung Roms war anfangs nur klein, erhielt
aber bald einen bedeutenden Zuwachs durch neue Ankömmlinge
aus der Umgegend. Romulus, der erste König, inachte nämlich
den capitolstischen Hügel zu einer Freistatt (Asyl) von Landes-
flüchtigen aus andern Städten Italiens. Hier fand Jeder, wel-
cher Lust hatte, Aufnahme und genoß des Schutzes der römischen
Anbauer: Freie und Sklaven, Schuldlose und Verbrecher ohne
Unterschied. Nur eines noch fehlte der jungen Bürgerschaft —
Weiber. Nomulus schickte deshalb Gesandte nach den benach-
barten Städten und ließ um Heirathsverträge anhalten; aber
überall wurden sie abgewiesen. Ja, man fragte sogar höhnisch:
warum zu Rom nicht auch für schlechte Weiber ein Asyl eröff-
net wäre; das erst würde Gleichheit in der Ehe bringen!
Hierüber entrüstete sich Romulus und nahm seine Zuflucht zu
einem Gewaltstreiche. Er veranstaltete zu Ehren des Gottes
Neptun ein glänzendes mit Aufzügen und Wettkämpfen verbun-
denes Fest, die Consualia, und ließ die Bewohner sämmtlicher
Nachbarstädte dazu einladen. Sie folgten dieser Einladung,
und vor Allen fanden sich die Sabiner mit ihren Weibern und
Töchtern zahlreich ein.' Und während sie nun alle in harmloser
Fröhlichkeit den Festlichkeiten zuschauten; da plötzlich stürzten auf
ein gegebenes Zeichen die rüstigsten Römer in den Haufen der
Zuschauer und raubten die Töchter der herübergekommenen Gäste.
Die bestürzten Eltern flohen jammernd und weheklagend nack-
allen Seiten auseinander.
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59
Wasserleitungen an, vermittelst welcher das nöthige Wasser aus
der Tiber auf die Hügel geleitet wurde. Die Kosten zu diese» und
andern Kunstbauten bestritt er aus der reichen Beute, welche er
den Latinern und Etruskern in glücklich geführten Kriegen ab-
genommen hatte. Es heißt sogar, er habe die zwölf Städte der
Etrusker erobert und von diesen als Zeichen der Huldigung die
goldene Krone, das Scepter, den elfenbeinern Stuhl und die
purpurne Toga (Obcrkleid) erhalten. — Nach einer langen segens-
reichen Negierung ward Tarquinius auf Anstiften der Söhne des
Ancus ermordet. Bisher hatten diese ruhig unter der Regierung
des Tarquinius gelebt, weil sie sich Hoffnung machten, nach ihm auf
den Thron zu gelangen. Als sie aber sahen, daß er Alles dar-
auf anlegte, seiner Familie den Thron zu erhalten, gebrauchten
sie gewaltsame Mittel. Auf ihr Anstiften mußten zwei Hirten
mit ihren Arten zankend und streitend in die Wohnung des Kö-
nigs dringen und diesen zur Schlichtung ihres Streites auffor-
dern. Der alte Tarquinius. ließ sie vor sich kommen; und
während er der erdichteten Erzählung des einen aufmerksam zu-
hörte, schlug ihn der andere mit seiner Art zu Boden, und Beide
nahmen die Flucht^). Jedoch erreichten die Söhne des Ancus ihre
Hauptabsicht nicht. Gleich nach jener Unthat ließ Tanaquil die
königliche Burg schließen und feuerte ihren Schwiegersohn, Servius
Tullius, an, sich des erledigten Thrones zu bemächtigen. Und
alsbald öffnete sie das Fenster und verkündete dem Volke, das
auf das Gerücht der Ermordung seines Königs hier zusammen-
gelaufen war: Tarquinius lebe noch und habe bis zu seiner
Genesung den Servius zu seinem Stellvertreter ernannt. Da
nahmen die Söhne des Ancus, die auch noch erfuhren, daß sie
von den ergriffenen Hirten verrathen worden waren, die Flucht.
Servius aber erschien nunmehr öffentlich mit dem ganzen Ge-
pränge der Herrscherwürde und fand als königlicher Stellver-
treter willigen Gehorsam. Endlich, nachdem er sich der Zuneigung
des Volkes hinlänglich versichert hatte, machte er den Tod des
Königs bekannt und setzte nun mit Einwilligung der Väter die
bereits angetretene Regierung fort. Er war demnach der erste
3) Darin, daß der König selbst Händel schlichtete, spricht sich zugleich
die große Einfachheit aus, die damals noch herrschte.
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Extrahierte Personennamen: Servius
Tullius Servius Servius
247
einander die Sklaven auf Sicilien. Die letzten Kriege hatten ihre
Zahl bis in's Unendliche vermehrt. Diese Unglücklichen, die
einst in ihrer Heimath selbst frei und unabhängig, zum Theil
im Wohlstände, gelebt hatten, waren jetzt argen Mißhandlungen
von Seiten ihrer habgierigen und gewinnsüchtigen Herrn ausge-
setzt. Bei schmaler Kost mußten sie unter harten Zuchtmeistern
die mühevollsten Arbeiten verrichten, und nach den Mühen des
Tages fanden sie in engen, verschlossenen Behältern eine klägliche
Lagerstätte. Ein Theil der Sklaven wurde in besonder« Caser-
nen unter einem Fechtmeister zu Gladiatoren oder Fechtern ab-
gerichtet, dann .bei großen Volksfesten und andern Festlichkeiten
vermiethet. Dann mußten sie auf öffentlichen Schauplätzen zur
Ergötzung der gaffenden Menge nach allen Regeln der Kunst
auf Leben und Tod gegen einander kämpfen.
Aus einer Gladiatorcncaserne zu Capua entliefen einst vier-
undsiebenzig Sklaven, meist Gallier und Thracier, und riefen
unter ihrem Führer Spartacus, einem kühnen, talentvollen
Thracier, alle Sklaven und Gladiatoren zum Freiheitskampfe
aus. Überall wurden die Sklavenkerker erbrochen, die Fesseln
gelöset, und in kurzer Zeit stand Spartacus an der Spitze eines
Heeres von 70,000 bewaffneten Sklaven. Raubend, mordend
und brennemd durchstreiften die wilden Rotten zunächst Campa-
nien und Lucanien und eröffneten hier einen Krieg auf Leben
und Tod. Über zwei Jahre dauerte derselbe. Drei Prätoren
und zwei consularische Heere wurden gänzlich geschlagen, eine
große Menge Städte erstürmt und fuxchtbar verheert. Schon
hatte sich Spartacus den Weg bis an die Alpen gebahnt, um
Italien zu verlassen und sich jenseits des Gebirges anzusiedeln;
als seine raubsüchtigen Horden ihn zur Rückkehr zwangen. Rom
selbst, die Hauptstadt der übermüthigen Welteroberer, sollte er-
stürmt und rein ausgeplündert werden; und gegen 120,000
Sklaven setzten sich in getrennten Haufen dahin in Bewegung.
Groß war die Gefahr der Römer. Aber Mangel an Krieges-
zucht und Eintracht führte eine Trennung der Sklaven und plan-
lose Streifzüge herbei; und es gelang dem Prätor M. Licinius
Crassus, dem die Römer den Oberbefehl übertragen hatten, die
Horden bis nach Bruttium zurückzudrängen, wo Spartacus auf
dem Gebirge Sila eine feste Stellung nahm. Crassus vermied
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384
großer Heftigkeit gegen Thore und Mauern geworfen wurde.
Ost auch suchte man durch unterirdische Gänge (eunieuli) in
die Stadt zu kommen.
Regelmäßigen Sold erhielten die römischen Legionssoldaten
erst kurz vor dem letzten Kriege gegen Veji, im Jahre 405 (s.
S. 105). Andere Belohnungen waren: Antheil an der Beute,
Kronen verschiedener Art, Ehrenwaffen und seit den Bürgerkrie-
gen auch Anweisungen von Ländereien. Der siegende Feldherr
wurde mit dem Titel „Imperator", mit einem von dem eroberten
Lande entlehnten Ehrennamen, mit Dankfesten (supplieationes),
vor allen aber mit dem Triumphe belohnt, bei welchem der sieg-
reiche Imperator als Repräsentant des capitolinischen Donner-
gottes selbst erschien.
„Ein Triumph war nämlich ein feierlicher Einzug des
siegreich heimkehrenden Feldherrn in die Stadt Rom: eine Fest-
lichkeit, an welcher die ganze römische Bevölkerung Antheil nahm,
und eine Belohnung, über welche hinaus es keine größere für
einen römischen Feldherrn gab. Nach der Ehre eines Trium-
phes ging das Sehnen eines Befehlshabers, wenn er den Feld-
zug antrat; nach dieser stand sein Trachten und Streben im
Kriege, und Jedem blieb jener Tag der schönste seines Lebens,
an welchem er Triumphator gewesen war. Wenn nun ein sieg-
reich aus dem Kriege heimkehrender Feldherr an der Spitze
seines Heeres bis an die Stadt Nom gekommen war, so suchte
er beim Senate an, daß er einen feierlichen Triumphzug halten
dürfe; und erst dann, wenn Senat und Volk die Bewilligung
dazu ertheilt hatten, ging derselbe vor sich. Solch ein Sieges-
einzug war in Rom's ältester Zeit noch höchst einfach; später
aber, als die Römer mit großen, reichen Völkern Krieg führten,
und kostbare Schätze eroberten, wurden auch die Triumphe pracht-
voller und glänzender. Zunächst war das Stadtthor, durch
welches der Einzug geschah, entweder mit Zeichen, die auf den
Sieg anspielten, ausgeschmückt, oder es war vor dem Eingänge
in die Stadt ein Triumphbogen als Ehrenpforte errichtet, durch
welche der Zug ging. Straßen und Plätze waren festlich ge-
schmückt und überall Gerüste für die Zuschauer errichtet. Voran
im Zuge gingen Sänger und Musiker; nach ihnen folgten die
auserlesenen, mit Bändern und Kränzen geschmückten Opferthiere.
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385
Dann kam auf Tragbahren oder auf Wagen die gemachte
Kriegesbeute, nämlich die dem Feinde abgenommenen Waffen
und Rüstungen, alle aufs Glänzendste zugerichtet, Gold und
Silber als Münze oder als Gerätst in Gefäßen, Gemälde, Sta-
tuen und andere prachtvolle und reiche Kunstschätze, die dem be-
siegten Feinde waren genommen worden. Auch wurden gemalte
Tafeln vorgetragen, auf denen die Länder, Städte und Burgen,
welche der Triumphator erobert hatte, im Bilde oder im Namen
zu schauen, die gemachten Gefangenen und auch die etwa weg-
genommenen Kriegsschiffe nach ihrer Anzahl verzeichnet waren.
Jetzt erschienen im Zuge die etwa gefangenen Könige, Fürsten
oder Feldherren nebst ihren Kindern, Freunden und Verwandten,
zu Fuß, in Ketten und Trauerkleidern Nach diesen Un-
glücklichen folgte sitzend auf einem reich verzierten Siegeswagen,
der von vier Pferden gezogen wurde, der Triumpha tor selbst,
im Prachtkleide, mit einem Lorbeerzweige in der Hand, unter
dem lauten Jubel der wogenden Volksmenge durch die festlich
geschmückten Straßen. Das Ende des oft unermeßlichen Prunk-
zuges bildete das siegreiche Heer, mit Lorbeerreisern geschmückt
und Jubellieder singend. Am Capitol war das Ziel dieses Zu-
ges. Hier wurden im Tempel des Jupiter die mitgebrachten
Opferthiere geschlachtet und dem Gotte gedankt für den verlie-
henen Sieg. Hier legte auch der Triumphator seinen Lorbeer als
Weihgeschenk zu den Füßen Jupiters nieder H. Am Abende
des festlichen Tages wurde der Triumphator unter Musik und
Fackelschein von der jubelnden Volksmenge nach Hause geleitet.
Damit war die eigentliche Triumphfeier beendet. Allein seitdem
die sieggekrönten Feldherren meist selbst sehr bereichert aus den
Kriegen heimkehrten, und die niedere Volksmenge in Rom außer
dem Schaugepränge des Triumphes auch nach einem guten
Schmause und nach Belustigungen verlangte; gaben die Tri-
umphatoren zuletzt Gastmäler für das Volk in allen Straßen
Rom's und öffentliche Schauspiele, die oft mehre Tage hindurch
dauerten". Wurde der Triumph nicht gestattet, so bewilligte man
doch sehr oft die s. g. Ovation, einen Aufzug von niederem
Gepränge, bei welchem der Feldherr zu Fuß oder reitend,
3) Daher auch der Ausdruck: deportare triumphum.
Weiter, Geschichte der Römer.
25
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137
Mal in einer Sänfte sich batte hereintragen lassen, um zu ver-
hüten, daß nicht der Grieche seine Mitbürger verführe. Cineas
wurde mit der Weisung entlassen: man werde nicht eher mit
Pyrrhus unterhandeln, als bis dieser Italien verlassen habe.
Er meldete dieses seinem Könige und setzte verwundernd hinzu:
Rom sei ihm vorgekommen wie ein Tempel, der Senat wie
eine Versammlung von Königen, und das Volk wie eine Hyder,
deren Köpfe immer doppelt wiederwüchsen. Pyrrhus zog sich
nun nach Tarent in die Winterquartiere zurück. Bald darauf
schickten die Römer wegen Auslösung der Gefangenen eine Ge-
sandschaft an ihn. An der Spitze derselben stand der ehrwür-
dige Senator Fabricius, ein Muster altrömischer Genügsamkeit
und unbestechlicher Treue. Sein ganzes Silbergeschirr bestand
aus einem einzigen kleinen Becher, dessen Boden noch dazu von
Horn war. Der Senat selbst übernahm die Ausstattung seiner
Töchter aus dem öffentlichen Schatze. Pyrrhus empfing den edlen
Gesandten mit aller Achtung und bot ihm zum Zeichen der
Freundschaft und des Wohlwollens reiche Geschenke an. Verge-
bens! er nahm sie nicht. Des Tages darauf soll der König
auch die Unerschrockenheit dieses Römers auf eine besondere
Probe gestellt haben. In dem Zimmer, in welchem er sich mit
ihm unterredete, ward auf einen gegebenen Wink ein Vorhang
weggezogen, und plötzlich streckte ein dort aufgestellter Elephant
mit fürchterlichem Gebrülle seinen Rüssel über Fabricius hin.
Dieser aber blieb unbewegt und sagte lächelnd zum Könige:
„So wenig mich gestern deine Schätze gereizt haben, so wenig
schreckt mich heute dein Elephant." Pyrrhus gerieth in Erstau-
nen über solchen Gleichmuth und wünschte nichts sehnlicher, als
die Wiederherstellung des Friedens mit einem Volke, an dessen
Spitze solche Männer ständen. Darum schlug er auch die Aus-
lösung der Gefangenen ab; dagegen bot er nochmals den Frie-
den und gab zugleich allen Gefangenen die Erlaubniß, mit den
Gesandten nach Rom zu gehen und dort mit ihren Mitbürgern das
eintreffende Fest der Saturnalien zu feiern. Nähme der Senat
seine Bedingungen an, so wären sie frei; im Nichtfall verspra-
chen sie, zurückzukehren. Und Alle kehrten zurück, als der Se-
nat die Annahme verwarf.
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282
Nach Beendigung dieses Krieges kehrte Cäsar nach Rom
zurück und ward mit neuen und unerhörten Ehrenbezeugungen
überhaust. Man ordnete ein vierzigtägiges Dankfest an, über-
trug ihm die Dictatur auf zehn Jahre und die Censur unter dem
Titel eines Sittenrichters (pruekeetns moribus) auf drei Jahre.
Er hielt an vier verschiedenen Tagen eben so viele Triumphe,
über Gallien, Ägypten, Pontus und Afrika; und indem er in
denselben durch die Größe seiner Thaten, die Neuheit der be-
zwungenen Völker und die außerordentliche reiche Beute die Au-
gen Aller blendete; gewann er sich die Gemüther durch eine
grenzenlose Milde und Freigebigkeit. Lange Zeit hindurch wur-
den Festlichkeiten und Spiele aller Art veranstaltet, insbesondere
Thierhetzen, Wettrennen, Gladiatorenkämpfe und Seegefechte
(Naumachien). Zum Erstaunen der schaulustigen Menge er-
schienen eines Tages in der Rennbahn vierhundert Löwen und
zum ersten Mal ein Giraffe. Außerdem wurde das Volk mit
Geld, Getreide und E>l beschenkt und an 22,000 Tischen be-
wirthet. Insbesondere wurden seine Krieger bedacht, die ihm zu
dieser Höhe verholfen hatten; sie erhielten eine reiche Belohnung
an Geld und Ländereien. Die Vornehmen in Volke wußte
er durch Verleihung von Würden und Ämtern an sich zu fesseln
und vermehrte deshalb auch die Zahl der Mitglieder des Senats
auf neunhundert. Selbst seine Gegner suchte er durch Milde
und Schonung zu gewinnen und so Alle mit seiner Alleinherr-
schaft zu versöhnen. Dann ging er an das ernste Geschäft der
Gesetzgebung, ordnete das Gerichtswesen, beschränkte den Auf-
wand sowie die Dauer der Amtsführung und suchte durch diese
und andere zweckmäßige Anordnungen eine dauernde Ruhe und
Ordnung im Staate zu begründen >J.
Auch beförderte er Künste und Wissenschaften, deren geist-
reicher Freund und Kenner er selbst war und entwarf zur Ver-
besserung der Zeit- und Jahresrechnung, mit Hülfe des aleran-
0 In Bezug auf die Verordnungen, die er gegen den Luzms und
Aufwand erließ, mußten jedoch die glänzenden Hoffeste auffallen, die er
selbst zur Ehre seiner ägyptischen Freundin, der Königin Cleopatra, gab, *
welche Monate lang in Rom verweilte und durch ihr üppiges und stolzes
Benehmen großen Anstoß gab.
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194 Bayern-Landshut unter Heinrich Xvi, d. Neichen.
große Freiheiten und Rechte erlangt hatte, brachte diese Errungen-
schaft dem jungen Herzog Heinrich Xvi nach mehrmals erlit-
tenen Gelderpreßuugen in Erinnerung und gab, als Heinrich
durch seine Räthe Kaspar Frauenhoser, Erasmus Prey-
sing, Johann Closen, Sigmund Afsenthaler und Georg
Aham zwanzig Beschwerdepunkte entgegenstellen ließ, die Er-
klärung ab, daß vom Rathe der Stadt die Hilfe des Königs
Ruprecht von der Pfalz (1400 — 1410) werde angerufen wer-
den. Um dieß zu verhüten, ward ein Gewaltstreich beschlossen
und ausgeführt: der Herzog rief unter dem Vorwände, den Her-
zogen von Oesterreich eine Schaar Reisiger und Söldner zur
Unterstützung zuführen und während seiner Abwesenheit die Regie-
rung des Landes an einen Ausschuß der Laudshuter Bürger
übergeben zu wollen, vier der einflußreichsten Rathsherren,
Friedrich Pelchinger, Martin von Asch, Leonhard
Kettner und Joseph Moosburger, zu sich aus das Schloß
Trausnitz zur Tafel, ließ sie nach eingenommenem Mahle ge-
fangen nehmen und gab sie nicht eher los, bis sie die Namen
Aller genannt hatten, die zur Anrufung der Hilfe des Königs
Ruprecht von der Pfalz gerathen halten. Diese, etwa vier-
zig an der Zahl, mußten große Geldsummen bezahlen, die vier Raths-
Herren aber wurden aus der Stadt und dem Lande verwiesen,
ihres Eigenthums beraubt und ihre Angehörigen ohne Erbarmen
verjagt (1408).
Ueber diese Gewaltthat entsetzte sich die ganze Stadt, und
mehrere Bürger Landshuts bildeten eine förmliche Verschwörung
wider des Herzogs Bedrückung. Die Verschworenen fanden sich
gewöhnlich in einem dem Ditrich Röckl gehörigen Thurme (an
der westlichen Seite der Stadtmauer unterhalb des Leudthores)
ein, um sich zu berathen. Hier kamen in der Eh a r fr eilag s-
nacht (21. März) des Jahres 1410 mehr denn fünfzig der
Verschworenen zusammen: die vier verbannten Rathsherren waren
über die Mauer in die Stadt eingestiegen. Ohne das Mindeste
von dieser Zusammenkunft zu ahnen, kam in derselben Nacht in
das nämliche Haus der Höfling Ebran von Wildenberg, der
mit Röckls leichtfertigem Weibe ein strafbares Verhältniß unter-
hielt. Dieses plauderhafte Weib, mehr beschränkt als böswillig,
erzählte dem Höfling, was im Hause vorgehe, und führte ihn
schließlich in ein Gemach, wo er durch eine Spalte in das Zimmer
sehen und die Versammelten erkennen konnte. Ebran machte
noch in der Nacht die Anzeige bei dem Herzoge, der sogleich
Röckls Haus durch seine Bewaffneten umringen ließ. Ein Theil
der Verschworenen sprang über die Stadtmauer hinab, mehrere
versteckten sich, einige wurden erschlagen, die meisten gefangen.
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_Xvi Heinrich Heinrich_Xvi Heinrich Heinrich Heinrich Kaspar_Frauenhoser Johann_Closen Johann Sigmund_Afsenthaler Georg
Aham Friedrich_Pelchinger Friedrich Martin_von_Asch Leonhard
Kettner Joseph_Moosburger Ebran
Bayern unter Alb recht V, b. Großmuthigen. 225
kam in er. In der letzten befanden sich 30 Bände mit 9000
meisterhaften Zeichnungen seltener Münzen von Jakob Strada's
Hand, um 1550 auf Hans Jakob Fuggers Kosten gemalt, der
für jede Zeichnung einen Goldgulden bezahlt haben soll.
Zur Pflege kranker Hofbedienten gründete Albrecht V in
der Röhrlsbecker- (jetzt Herzogspital-) Gasse zu München das
Hofspital zur hl. Elisabeth, später das Herzogspital
genannt, dessen Bau Herzog Wilhelm V fortsetzte und der
Kurfürst Maximilian I vollendete.
Unter Albrechtö Negierung vergrößerte sich Bayern durch
die in Oberbaycrn gelegene Neichsgrafschaft Haag und durch
die Neichsherrschaft Hohenschwangau. Erstere hatte Albrecht
1566 käuflich von dem kinderlosen Grafen Ladislaus von
Haag*) erstanden; letztere (mit einem Bergschloß), die in alter
Zeit den Welfen, dann den Hohenstaufen gehört hatte und
nach dem Tode Konradins (f 1268) an den bayerischen Herzog
Ludwig den Strengen gefallen, aber bald darauf wieder ver-
äußert worden war, hatte Albrecht 1567 einem Herrn von
Freundsberg abgckanft. Dazu ließ sich Albrecht vom Kaiser
itoci) die Anwartschaft auf die Wolf st ei ni scheu Neichslehen
Sulz bürg und Pyrbanm in der Oberpfalz und auf die
Degenb ergi scheu Güter in Niederbayern ertheilen.
Diese Ankäufe und Erwerbungen, noch mehr aber die
Prachtentfaltung und Freigebigkeit, welche Albrecht
bei jeder Gelegenheit übte, riefen eine solche Schuldenlast hervor,
daß der Herzog in den Jahren 1568, 1572 und 1577 die Hilfe
der Landstände neuerdings anrnfen mußte. Nach längerem
Sträuben übernahmen die im Jahre 1577 versammelten Land-
stände sämmtliche Schulden, bewilligten dem Herzog ansreichende
Mittel und führten zur Deckung der übernommenen Lasten eine
Erhöhung der Steuer ein, welche auf Wein, Bier, Meth und
Branntwein lag. Dagegen mußte der Herzog versprechen, künftig
nicht so viele Ausländer mit hohem Solde anznstellen, sondern
den Landeskindern die erledigten Stellen zukommen zu lassen.
*) Dieser stammte von dem alten frei Herr lichen Geschlechte der
Fraunberg, die im Jahre 1224 von den Herren von Gurren die
Ortschaft Haag am Inn mit allen zugehörigen Gütern erbten und den
Titel „Grafen von Haag" erhielten.
S a t t t e r, daher. Geschichte.
15
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T7: [König Kaiser Rudolf Friedrich Sohn Böhmen Haus Karl Ludwig Albrecht], T73: [Stadt Schloß Augsburg Grafe Nürnberg Reichsstadt Bischof Sitz Regensburg Fürst], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend]]
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Extrahierte Personennamen: Jakob_Strada's Hans_Jakob_Fuggers Albrecht_V Albrecht Elisabeth Wilhelm Maximilian_I Maximilian Albrecht Albrecht Ladislaus_von
Haag* Ladislaus Konradins Ludwig Ludwig Albrecht Albrecht Albrecht Albrecht Albrecht
375
Bayern unter König Max I Joseph.
besonders feierlich. Alle Armen empfingen reichliche Geschenke
und der Magistrat legte an diesem Tage den Grundstein zu
einem Denkmale, das dem edlen Fürsten nach seinem Tode auf
dem Max Josephplatze errichtet werden sollte*). König
Mar I selbst stiftete an diesem Tage zwanzig Stipendien, jedes
zu 300 Gulden, aus dem Vermögen des Civilverdienst-Ordens
der bayerischen Krone für Söhne und Töchter der Ordensmit-
glieder. Die Freude des Tages trübte nur Eines — Herzog
Eugen von Leuchtenberg, dem König Maxi und sein Volk
mit großer Liebe zugethan waren, lag hoffnungslos darnieder.
Sein am 21. Februar 1824 erfolgter Tod versetzte ganz Bayern
in tiefe Betrübniß.
König Maximilian I lebte nach der Feier seines Jubi-
läums noch neunzehn Monate. Am Morgen des 12. Oktober
1825 nahm er die Wünsche seiner hohen Familie und der
Bediensteten zu seinem Namensfeste entgegen und wohnte Abends
dem Balle bei, den ihm zu Ehren der russische Gesandte Gras
Woronzow gab, zog sich aber, um die Anwesenden aller Rück-
sicht aus seine Person zu entheben, bald nach Nymphenburg
zurück, wo er sich in: besten Wohlbefinden zu Bette legte. Als
man am Morgen des 13. Oktober sein Schlafgemach betrat, lag
König Max I todt im Bette. Die sanften Züge seines Antlitzes
vcrriethen, daß ein schmerzloser Schlagstuß seinem Leben ein Ziel
gesetzt hatte. Die Trauer, welche diesem höchst unerwarteten
Todesfälle in Bayern folgte, glich der, welche einst das Ableben
des Kurfürsten Max Iii, des Guten, hervorgerufen hatte.
Des Hingeschiedenen Königs ältester Sohn und Nachfolger Lud-
wig ließ das Herz des theuern Vaters in einer silbernen Kapsel
mit der Inschrift: „das beste Herz" verwahren und überreichte
es dem Priester, der das Kleinod in die hl. Kapelle nach Alt-
ötting zu bringen hatte, mit den Worten: „Ein besseres Herz
hat noch auf keinem Throne geschlagen!"
*) Dieses Denkmal, nach dem Entwürfe von Klenze's von Rauch in
Berlin geformt und von Stieglmaier in Erz gegossen, wurde am 13. Ok-
tober 1835, dem Sterbetage des Königs Max I, feierlich enthüllt. Im Bade
Kreuth, in der Nähe seines Lieblingsaufenthaltes Tegernsee, wurde ihm
schon 1828 ein Denkmal errichtet.
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