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1. Thüringisches Lesebuch für die oberen Klassen der Volksschulen - S. 7

1873 - Hildburghausen : Gadow
o von sich, und gewaltsame Zuckungen verriethen, daß sie der Tod ebenfalls schüttelte. So ein Unglücksfall war der guten Frau noch nicht begegnet, seitdem sie wirthschaftete; ganz betäubt von Schrecken, sank sie auf ein Bündlein Stroh hin, hielt die Schürze vor die Augen, denn sie konnte den Jammer der Sterblinge nicht ansehen, und erseufzete tief: Ich unglückliches Weib, was fang ich an! und was wird mein harter Mann beginnen, wenn er nach Hause kommt? Ach, hin ist mein ganzer Gottes- segen auf dieser Welt. — Augenblicklich strafte sie das Herz dieses Gedankens wegen: Wenn das liebe Vieh dein ganzer Gottessegen ist auf dieser Welt, was ist denn Steffen und was sind deine Kinder? Sie schämte sich ihrer Uebereilung. Laß fahren dahin aller We!t Reich- thum, dachte sie, hast du doch noch deinen Mann und deine vier Kinder. Ist doch die Milchquelle für den lieben Säugling noch nicht versiegt, und für die übrigen Kinder ist Wasser im Brunnen. Wenn's auch einen Strauß mit Steffen absetzt und er mich übel schlägt, was ist's mehr, als ein böses Ehestündlein? hab ich doch nichts verwahrlost. Die Ernte stehet bevor, da kann ich schneiden gehn, und auf den Winter will ich spinnen bis in die tiefe Mitternacht; eine Ziege wird ja wohl wieder zu erwerben sein, und hab' ich die, so wirds auch nicht an Hipplein fehlen. Indem sie das bei sich gedachte, ward sie wieder frohen Muthes, trocknete ab ihre Thränen, und wie sie die Augen aufhob, lag da vor ihren Füßen ein Blättlein, das fütterte und blinkte so hell und hochgelb, wie gedie- gen Gold; sie hob es auf, besah's, und es war schwer wie Gold. Rasch sprang sie auf, lief damit zu ihrer Nachbarin, der Judenfrau, zeigt ihr den Fund mit großer Freude und die Jüdin erkannt's für reines Gold, schachert's ihr ab, und zählt' ihr dafür zwei Dickthaler baar auf den Tisch. Vergessen war nun all' ihr Herzeleid. Solchen Schatz an Baarschaft hatte das arme Weib noch nicht im Besitz gehabt. Sie lief zum Bäcker, kaufte Strözel und Bntterkringel und eine Hammelkeule für Steffen, die sie zurichten wollte, wenn er müde und hung- rig auf den Abend von der Reise käm. Wie zappelten die Kleinen der fröhlichen Mutter entgegen, da sie hereintrat und ihnen ein so ungewohntes Frühstück austheilte. Sie überließ sich ganz der mütterlichen Freude, die hungrige Kinderjchaar abzufüttern; und nun war ihre erste Sorge,

2. Thüringisches Lesebuch für die oberen Klassen der Volksschulen - S. 10

1873 - Hildburghausen : Gadow
8 viel reinen Gewinn ihm seine Waare diesmal einbringen würde und fand nach genauem Ueberschlag, daß, wenn er keinen Groschen ins Haus verwendete und die fleißige Hand seines Weibes für Nahrung und Kleidung sorgen ließe, er gerade so viel lösen würde, um auf dem Markte zu Schmiedeberg sich einen Esel kaufen und befrachten zu können. Der Gedanke, wie er in Zukunft dem Grau- schimmel die Last aufbürden und gemächlich nebenher gehen würde, war ihm zu der Zeit, wo seine Schultern eben wund gedrückt waren, so herzerquickend, daß er ihm, wie natürlich, weiter nachhing. Ist einmal der Esel da, dachte er, so soll mir bald ein Pferd daraus werden, und hab ich nun den Rappen im Stalle, so wird sich auch ein Acker dazu finden, darauf sein Hafer wächst. Aus einem Acker werden dann leicht zwei, aus zweien vier, mit der Zeit eine Hufe, und endlich ein Bauerngut, und dann soll Ilse auch einen neuen Rock haben. Er war mit seinen Entwürfen beinahe so weit, wie jenes Milchmädchen, da tummelte Rübezahl seinen Wirbel- wind um den Holzstock herum und stürzte mit einemmal den Glaskorb herunter, daß der zerbrechliche Kram in tausend Stücken zerfiel. Das war ein Donnerschlag in Steffens Herz; zugleich vernahm er in der Ferne ein lautes Gelächter, wenns anders nicht Täuschung war und das Echo den Laut der zerschollenen Gläser nur wieder zurückgab. Er nahm's für Schadenfreude, und weil ihm der unmäßige Windstoß unnatürlich schien, auch, da er recht zusah, Klotz und Baum verschwunden war, so rieth er leicht auf den Unglücksstister. O! wehklagt er, Rübe- zahl, du Schadenfroh, was hab' ich dir gethan, daß du mein Stückchen Brod mir nimmst, meinen sauern Schweiß und Blut! Ach, ich geschlagener Mann auf Lebenszeit! Hierauf gerieth er in eine Art von Wuth und stieß alle erdenklichen Schmähreden gegen den Berggeist aus, um ihn zum Zorn zu reizen. Hallunke, rief er, komm' und erwürge mich, nachdem du mir mein Alles auf der Welt genommen hast! In der That war ihm auch das Leben in dem Augenblick nicht mehr werth, als ein zerbrochenes Glas; Rübezahl ließ indessen weiter nichts von sich sehen noch hören. — Der verarmte Steffen mußte sich ent- schließen, wenn er nicht den ledigen Korb nach Hause tragen wollte, die Bruchstücke zusammen zu lesen, um auf der Glashütte wenigstens ein Paar Spitzgläser zum

3. Thüringisches Lesebuch für die oberen Klassen der Volksschulen - S. 14

1873 - Hildburghausen : Gadow
12 2. Ein Brief Doctor Martin Luthers an seinen Sohn Hans. Gnade und Friede in Christo, mein herzliches Söhn- chen! Ich sehe gerne, dass Du wohl lernest, und fleissig betest. Thue also, mein Söhnchen, und fahre fort: wenn ich heim komme, so will ich Dir einen schönen Jahrmarkt mitbringen. Ich weiss einen hüb- schen, lustigen Garten; da gehen viele Kinder innen, haben güldene Köcklein an und lesen schöne Aepfel unter den Bäumen, und Birnen, Kirschen, Spilling und Pflaumen, singen, springen und sind fröhlich; haben auch schöne kleine Jterdlein mit güldenen Zäumen und silbernen Sätteln. Da fragte ich den Mann, dessen der Garten ist, wess die Kinder waren. Da sprach er: »Es sind die Kinder, die gerne beten, lernen und fromm sind.« Da sprach ich: »Lieber Mann, ich habe auch einen Sphn, heisst Hänschen Luther, möchte er nicht auch in den Garten kommen, dass er auch solche schöne Aepfel und Birnen essen möchte und solche feine Pferdlein reiten und mit diesen Kindern spielen?« Da sprach der Mann: »Wenn er gerne betet, lernet und fromm ist,so soll er auch in den Garten kommen, Lippus und Jost auch und wenn sie alle zusammen kommen, so werden sie auch Pfeifen, Pauken, Lauten und allerlei Saitenspiel haben, auch tanzen und mit kleinen Armbrüsten schiessen.« Und er zeigte mir dort eine feine Wiese im Garten, zum Tanzen zugerichtet, da hingen eitel güldene Pfeifen, Pauken und feine silberne Armbrüste. Aber es war noch frühe,dass die Kinder noch nicht gegessen hatten; darum konnte ich des Tanzens nicht erharren, und sprach zu dem Manne: »Ach, lieber Herr, ich will flugs hingehen, und das Alles meinem lieben Söhnleinhänschen schreiben, dass er ja fleissig bete und wohl lerne und fromm sei, auf dass er auch in diesen Garten komme, aber er hat eine Muhme Lene, die muss er mitbringen.« Da sprach der Mann: »Es soll ja sein, gehe hin und schreibeihm also.« Darum liebes Söhnlein Hänschen, lerne und bete ja getrost, und sage es Lippus und Justen auch, dass sie auch lernen und beten, so werdet Ihr mit einander in den Garten kommen. Hiermit sei dem allmächtigen Gott befohlen, und grüsse Muhme Lenen, und gib ihr einen Kuss von meinetwegen. Coburg, Dein lieber Vater Anno 1530. ' Martinas Luther.

4. Thüringisches Lesebuch für die oberen Klassen der Volksschulen - S. 24

1873 - Hildburghausen : Gadow
22 wurden die Hellen Töne dumpf und immer dumpfer, wie bei einer zersprungenen Glocke, und zuletzt sprang die Tafel gerade in der Richtung des Kohlenstrichs mitten entzwei. Ist es da so gegangen, dachte nun Benedikt, so kann es bei den übrigen drei Seiten ebenso gehen. Und hämmerte auch auf den zweiten Kohlenstrich eine Weile vorwärts und rückwärts. Sein Schluß war richtig. Nachdem er noch einige Minuten so fortgemacht hatte, lag eine vollkommene viereckige Platte ans seinen Knieen. Eine zweite gelang nicht minder und so fort. Früher schon hatte er manchmal zwei Schiefertrümmer an einander ge- rieben, um sie zu poliren, und gefunden, daß er damit am schnellsten zu Stande kam, wenn er vonchem Sande, womit seine Mutter handelte, dazwischen that und Wasser dazu nahm. Diese frühere Erfindung wandte er nun auf seine Pflastersteine an und gewann so einige sehr schöne Platten. Indeß trieb er dieß Alles als eine bloße Spielerei und sagte davon Niemand etwas, selbst seiner Mutter nicht. Seine schönsten Tafeln verbarg er da und dort unter einem Busch, wie etwa ein Hirtenknabe an der Donau schöne Kiesel, die er in ihrem Bette findet, in einem hohlen Weiden- ftamme aufhebt. Eines Abends aber, als er eingetrieben hatte und seiner Mutter gegenüber an der Suppenschüssel saß, erzählte sie ihm, daß sie mit Sand in Eichstädt ge- wesen und dort dem Bischof so nahe gekommen sei, daß sie jedes seiner Worte verstanden habe. „Was sagte er denn?" fragte Benedikt. „Er stand," antwortete die Wittwe, „mitten unter den Domherren in der neuen Kirche, die er hat bauen lassen und berathschlagte mit ihnen, mit was für Stei- nen der Fußboden belegt werden dürfte. Der Eine rieth dieß und der andere das, bis der hochwürdige Herr der Unterredung damit ein Ende machte, daß er sagte: „Nun, morgen um die elfte Stunde haben wir die fremden Stein- metzen hierher bestellt und wollen die Proben beschauen, die sie von allerlei Sand- und Marmelsteinen bei sich haben. Aber wir fürchten, ein solches Pflaster möchte für unsern bischöflichen Beutel zu theuer kommen. Wir werden uns wohl die Backsteine gefallen lassen müssen, die am wohl- feilsten sind." „So, so!" versetzte Benedikt, warf seinen Löffel von Horn in die Tischlade, wünschte seiner Mutter eine gute Nacht und ging unter das Dach hinauf in seine Schlafstätte.

5. Thüringisches Lesebuch für die oberen Klassen der Volksschulen - S. 71

1873 - Hildburghausen : Gadow
69 Eigenthümer des Gartens, der zufällig auch zugegen war, „kommt und bedankt Euch bei dem wackern Fremdlinge. Er hat im Vorbeigehen Eure zerbrochene Gartenthür wieder zurecht gemacht." Nachbar Hans schmunzelte, sagte seinen Dank, setzte sich neben dem Schulzen traulich zu dem Fremd- ling, und alle Gäste lauschten auf ihr Gespräch. Es betraf das Handwerk, die Wanderungen und Kundschaften desselben, und in Allen erwachte der einmüthige Wunsch, ihn zum Gemeindeschmied zu bekommen, weil Allen der Zug von gemeinnütziger Denkart gefallen hatte. Hämmerlein mußte bleiben; und da er schon am fol- genden Morgen einen Beweis von seiner Geschicklichkeit in der Vieharzneikunst und im Beschläge gab, so war nur Eine Stimme für ihn: „Dieser und kein Anderer soll Gemeinde- schmied werden." Dian schloß den Vertrag mit ihm ab, und Meister Hämmerlein war unvermuthet Schmiedemeister eines großen Dorfes, das er wenige Stunden zuvor auch nicht einmal dem Namen nach gekannt hatte. Sage mir nur noch Einer: „Wer ungebeten zur Arbeit geht, geht unge- dankt davon." Zu seiner Besoldung gehörte unter andern ein Grund- stück, das er alljährlich mit Kartoffeln oder andern Gemüs- pflanzen bestellte. Da er den Acker zum ersten Male in Augenschein nahm, bemerkte er auf dem Fahrwege verschie- dene Löcher, in welche die Wagen bald rechts bald links schlugen. „Warum füllt Ihr doch die Löcher nicht mit Steinen aus?" fragte Meister Hämmerlein die Nachbarn, welche den Acker ihm zeigten. „Je," sagten diese, „man kann immer vor andern Arbeiten nicht dazu kommen." Was that aber Meister Hämmerlein? So oft er auf seinen Acker ging, las er von ferne schon Steine zusammen und schleppte deren oft beide Arme voll bis zu den Löchern. Die Bauern lachten, daß er, der selbst kein Gespann hielt, für Andere den Weg besserte; aber ohne sich stören zu lassen, fuhr Meister Hämmerlein fort, jedes Mal wenigstens ein paar Steine auf dem Hin- und Herweg in die Löcher zu werfen, und in etlichen Jahren waren sie ausgefüllt. — „Seht Jhrs?" sagte er nun. „Hätte Jeder von Euch, der leer die Straße fuhr, auf dem Wege die Steine zusammengelesen, auf den Wagen ge- laden und in die Löcher geworfen,, so wäre der Weg mit leichterer Mühe in einem Vierteljährchen eben ge- worden."

6. Thüringisches Lesebuch für die oberen Klassen der Volksschulen - S. 73

1873 - Hildburghausen : Gadow
71 in der Hand, und sechs Gesellen mit eingefädelten Nadeln. Das Maaß war schon genommen, das Futter schon zuge- schnitten. Um sechs Uhr war der Rock gemacht und auf dem Leib. Merke: Durch Fleiß und Geschicklichkeit läßt sich oft auch, was unmöglich scheint, möglich machen. 33. Der Wegweiser. Weißt, wo der Weg zum Mehlfaß geht, Zum vollen Faß? Im Morgenroth Mit Pflug und Karst durch's Waizenfeld, Bis Stern an Stern am Himmel steht. Man schafft, weil's Tag ist, ohne Ruh, Schaut sich nicht um, bleibt immer stehn; Drauf geht's durch Scheun' und Tenne fort Dem Brodschrank in der Küche zu. Weißt du den Weg zum Gulden? Sieh', Er geht dem rothen Kreuzer nach, Und wer nicht um den Kreuzer sorgt, Der bringt es auch zum Gulden nie. Wo geht's zur frohen Sonntagszeit? Folg' immerdar dem Werkellag Hier durch die Werkstatt, dort durch's Feld, Dann ist der Sonntag auch nicht weit. Am Samstag ist er vollends nah. Was deckt er wohl im Körbchen zu? Ich denk', ein Pfündchen Fleisch ins Mus, Wohl auch ein Schöppchen Wein ist da. Wo geht der Weg zur Armuth hin? Schau' nach den Wirthshausschildern nur, Geh' nicht vorbei, der Wein ist gut Und nagelneue Karten drin. Im letzten Wirthshaus hängt ein Sack, Und gehst du fort, häng' dir ihn um! „Du alter Lump, wie steht so gut, So zierlich dir der Bettelsack!* Und drin von Holz das Becherlein — Nimm's wohl in Acht, verlier' es nicht, Und wenn du zu dem Bache kommst Und trinken magst, so schöpfe drein.

7. Thüringisches Lesebuch für die oberen Klassen der Volksschulen - S. 84

1873 - Hildburghausen : Gadow
82 wort sagt: Ein Baum, der oft umgesetzt wird, und eine Familie, die oft auszieht, gedeihen weniger als die, welche auf ihrem Platze bleiben. Dreimal ausziehen ist so schlimm, als einmal abbrennen. Verlass deine Werkstatt nicht, so wird deine Werkstatt dich auch nicht verlassen. Willst du deine Sache gut ausgerichtet haben, so gehe selbst, wo nicht, so schicke nur darnach. Wer durch den Pflug reich werden will, muss ihn selbst anfassen. Das Auge des Herrn fördert mehr, als seine beiden Hände. Mangel an Sorgfalt schadet mehr, als Mangel an Einsicht. Wer nicht über seine Taglöhner wacht, der lässt ihnen den Beutel offen. Zu viel Vertrauen auf An- dere hat Manchen unglücklich gemacht: in dieser bösen Welt täuscht Misstrauen weniger als Zutrauen. Für sich selbst sorgen hat Keinen gereut, denn willst du einen treuen und angenehmendiener haben, so diene dir selbst. Eine kleine Verwahrlosung kann grosses Unheil anrich- ten. Weil ein Nagel fehlte, ging der Huf verloren, aus Mangel des Hufs das Pferd und aus Mangel des Pferds der Reiter; der Feind holte ihn ein und brachte ihn um, was nicht geschehen wäre, wenn er nach den Nägeln am Hufe gesehen hätte. So viel genug, lieben Freunde, von Fleiss und der Acht auf unsere Geschäfte. Zu diesen beiden Dingen muss noch Etwas, Mässigkeit, hinzukommen. Wer nicht eben so gut zu sparen als zu verdienen weiss, der kann sich zu Tode arbeiten, ohne einen Pfennig zu hinterlassen. Eine fette Küche macht ein mageres Testament, sagt mau. Wie gewonnen, so zerronnen, heisst es von manchem schönen Thaler, seitdem unsre Weiber über den Thee das Nähen und Stricken, und wir Männer über den Punsch den Spaten und Hammer vergessen haben. Willst du reich werden, so lerne nicht allein er- werben, sondern auch sparen. Schränkt euren thörichten Luxus ein, so dürft ihr nicht über schwere Zeiten,drückendeabgaben und grossen Aufwand im Hause klagen; denn Wein und Weiber, Spiel und Betrug schmelzen das Vermögen und ver- mehren die Bedürfnisse. Ein einziges Laster kostet so viel zu unterhalten, dass man zwei Kinder davon ernähren - könnte. Ihr glaubt vielleicht, eine Tasse Thee,ein Gläschen Punsch, ein Leckerbisschen, etwas feinere Kleider, dann und wann eine Lustpartie, haben so viel nicht auf sich; aber erinnert euch, was das Sprichwort sagt: Viele Wenig

8. Thüringisches Lesebuch für die oberen Klassen der Volksschulen - S. 64

1873 - Hildburghausen : Gadow
63 seines Vorgängers, voll Misstrauen, Grausamkeit und Geiz; Blutvergiessen schien ihn zu erquicken, wie den Durstigen ein Trunk Wasser. So einen Oberherrn hatten Ali’sfeinde erwartet, und ihr verborgener Neid wurde sogleich wie- der sichtbar. Sie brachten täglich Verläumdungen gegen den Schatzmeister an, auf die der König anfangs nicht achtete, bis eine unerwartete Begebenheit diese An- klagen wahr zu machen schien. Der König nämlich verlangte einen kostbaren Säbel zu sehen, den Schach Abbas vom türkischen Kaiser zum Geschenk bekommen hatte, und dessen einige Hofleute erwähnten. Der Säbel war nicht zu finden, ob er gleich in dem nachgelassenen Verzeichnisse des grossen Abbas eingetragen war, und so fiel Schach Sefi’s Verdacht auf den Schatzmeister, dass er ihn veruntreut habe. Diess war, was seine Feinde wünschten; sie verdoppelten ihre Beschuldigungen und maltenihn als den ärgstenbetrüger. „Er hat viele Häuser zur Bewirthung der Fremden ge- baut,“ sagten sie, „und andere öffentliche Gebäude mit grossen Kosten aufführen lassen. Er kam als ein nackter Knabe an den Hof, und doch besitzt er jetzt unermessliche Reichthümer. Wo könnte er alle die Kostbarkeiten, wo- mit sein Haus angefüllt ist, her haben, wenn er den kö- niglichen Schatz nicht bestöhle ?“ Ali Beg trat eben zum König hinein, als ihn seine Feinde so verklagten, und mit zornigen Blicken sprach der König: „Ali Beg, Deine Un- treue ist kund worden; Du hast Dein Amt verloren, und ich befehle Dir, in vierzehntagenrechnung abzulegen.“ Ali Beg erschrak nicht, denn sein Gewissen war rein; aber er bedachte, wie gefährlich es sein würde, seinen Feinden vierzehn Tage Zeit zu lassen, ehe er seine Un- schuld bewiese. „Herr,“ sprach er, „mein Leben ist in Deiner Hand. Ich bin bereit, die Schlüssel des könig- lichen Schatzes und den Schmuck der Ehre, den Du mir gegeben hast, heute oder morgen vor Deinem Throne niederzulegen, wenn Du Deinen Sclaven mit Deiner Gegenwart begnadigen willst.“ Diese Bitte war dem König um so willkommener: er sagte sie ihm zu und besichtigte gleich des andern Tages die Schatzkammer., Alles war in der vollkommensten Richtigkeit, und Ali Beg überführte ihn, tlassschach Abbas den vermissten Säbel selbst herausgenommen und mit den Diamanten ein anderes Kleinod habe schmücken lassen, ohne dass er es in seinem Verzeichnisse bemerket. Der

9. Thüringisches Lesebuch für die oberen Klassen der Volksschulen - S. 134

1873 - Hildburghausen : Gadow
132 Nase platt, Gesichtsfarbe häßlich. Uebrigens lebte er sehr nüchtern und mäßig. Seine Kleidung war einfach; denn er liebte weder Pracht noch Ueppigkeit. An seinem Schwerte und Pferdegeschirr war nicht das geringste Silber und an- deres Putzwerk. In seinem Zelte saß er auf einem hölzer- nen Stuhle. Nur für Andere war er prächtig. Seine Hun- nen hatten kostbares Reitzeug. Bei seinen Gastmahlen wurden allen Gästen goldene und silberne Gefäße vorgesetzt; er selbst aß auf Holz. Auf seine Tafel kamen verschiedene leckerhafte Gerichte; er selbst aß nur wenig und rauhe Spei- sen. Seinen Gästen erlaubte er, lustig zu sein und zu la- chen; er selbst lachte nie, war stets ernsthaft, und nicht ein- mal sein Sohn getraute sich in seiner Gegenwart die Augen zu erheben. An der Spitze von 500,000 Mann drang Attila in Ungarn ein und verstärkte seine Armee durch eine Menge anderer Völker auf 6—700,000 Mann. Mit dieser unge- heuren Macht brach er mitten im Winter auf, durchzog Deutschland, ließ am Rhein ganze Wälder niederhauen und baute Schiffe und Flöße, um seine Armee überzusetzen. Alles wurde, wohin er kam, mit Feuer und Schwert ver- wüstet, die Städte Straßburg, Speier, Worms, Mainz, Trier und eine Menge anderer geplündert und dem Erd- boden gleichgemacht. So zog er, Alles verheerend und sich Alles unterwerfend, fort, bis er in dem heutigen Frankreich an der Marne ein großes Heer zum Widerstande bereit fand. Unter demselben waren auch Sachsen, die überhaupt an den wichtigsten Begebenheiten immer Antheil genommen haben und jetzt den berühmten Sieg über den Attila erfechten hal- fen. Hier in den katalaunischen Feldern wurde eine gräß- liche, ungeheuer hartnäckige Schlacht geliefert. Die Geschichte erzählt nirgends eine ähnliche. Vor der Schlacht sprach At- tila zu seinen Anführern: „Seid Männer, greift an, brechet ein, werft Alles nieder! Wer angreift, ist immer der Kühnste. Müßt ihr sterben, so werdet ihr sterben, auch wenn ihr fliehet. Richtet eure Augen auf mich, ich schreite voran. Wer mir nicht folgt, ist des Todes." So begann eine wahre Völkerschlacht. Wenn man den Augenzeugen Glauben beimessen_ darf, so war der Bach in jenen Gefilden, in denen die Schlacht geliefert wurde, und der in niederen Ufern hinfließt, durch das Blut aus den Wunden der Erschlagenen, wie sonst durch Platzregen, zu einem Strome angeschwollen. Diejenigen,

10. Thüringisches Lesebuch für die oberen Klassen der Volksschulen - S. 117

1873 - Hildburghausen : Gadow
115 laubte, klirr! klirr! die Chortreppe hinauf. Hier setzte er sich, Athem schöpfend, auf eine Bank und rief mir gebieterisch zu: Schulmeister, mach' Er die Orgel auf und geb'er mir ein Gesangbuch! Ich that augenblicklich, was er verlangte; meine Frau mußte die Bälge ziehen, der Husar hatte ein Lied aufgeschlagen und sagte nun in einem weit mildern Tone: Wie schön leuchtet der Morgenstern! Spiel' Er das, lieber Schulmeister; aber so recht fein und ordentlich, Er versteht mich wohl! — Ich spielte mit Herzenslust, und nach geendeten: Vor- spiel fiel der Husar mit seiner tiefen Baßstimme ein; meine Frau hinter der Orgel und ich thaten ein Gleiches. Mein Herz wurde so muthig, daß ich mich oft nach meinem Zu- hörer umschaute und ihm ganz dreist in das Gesicht sah. Er sang mit großer Andacht, hatte die Hände gefaltet, und die hellen Thränen fielen über den eisgrauen Knebelbart auf das Buch hinab. Jetzt war das Lied beendet; ich ging auf ihn zu; er schüttelte mir recht treuherzig die Hand und sprach: Großen Dank, Herr Kantor! Wo ist der Gottes- kasten ? Mein früherer Argwohn, daß es auf Plünderung ab- gesehen sei, war nun gänzlich verschwunden. Ich holte unsere Armenbüchse, und der Husar warf ein Achtgroschen- stück hinein. „Wir beide aber, wir theilen den Rest, Herr Schulmeister," sagte er dann, indem er noch zwei Acht- groschenstücke aus der Tasche zog, „da nehm' Er das eine für Seine Mühe!" Ich schlug es aus; aber er war so ungestüm, daß ich es schlechterdings nehmen mußte. „Nehm' Er, nehm' Er," sprach er, „es klebt kein Blut daran!" — Jetzt verließ er das Gotteshaus, und wir begleiteten ihn. Sowohl meine Frau, als ich, waren unglaublich bewegt; ich konnte mich aber nicht enthalten, unsern wunderbaren Gast auf dem Kirchhofe zu fragen, wie ihm denn der Gedanke gekommen sei, hier seine Morgenandacht zu halten. Das will ich Euch wohl sagen, Ihr lieben Leute, antwortete er, indem er uns beide bei der Hand nahm. Gestern Abend sollte ein verlorner Posten ausgestellt wer- den, um mitten unter den Herumschweisenden Patrouillen den Feind auf einem gewissen Punkte zu beobachten. Je- der von uns wußte, was die Sache auf sich hatte; — wir sind seid einigen Wochen brav daran gewesen. Un- ser Rittmeister fragte nach Freiwilligen; Niemand be- zeigte Lust. Endlich ritt ich fort, und meine drei Jun- 8*
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