8 Mittlere Geschichte. 1. Periode. Deutschland.
sie aus Ungarn über die Alpen, eroberten Oberitalien und mach-
ten Pavia zur Hauptstadt. Von ihnen wird noch Oberitalien die
Lombardei genannt. Alboin war ein roher Mensch. Er hatte,
ehe er nach Italien gekommen war, einen König der Gepiden in
Ungarn, Kunimund, erschlagen und aus dessen Schädel sich
ein Trinkgefäß gemacht, dessen er sich bei der Tafel bediente.
Auch zwang er die Tochter des erschlagenen Feindes, die schöne
Rosamunda, seine Frau zu werden. Wie konnte sie aber den
Mörder ihres Vaters lieben? Als er nun Italien eingenommen
hatte und einst in Verona ein festliches Gastmahl hielt, befahl er
im Rausche seiner Frau, sie solle aus dem Schädel ihres Vaters
trinken. Rosamunda bebte zurück, aber sie mußte gehorchen, ge-
lobte jedoch im Stillen, sich dafür an Alboin blutig zu rächen.
Und das that sie auch. Sie beredete seinen Schildträger, ihn zu
ermorden. Als Alboin eines Tages Mittagsruhe hielt, ließ sie
jenen in das Schlafgemach, und so wurde der mächtige König im
Schlafe durchbohrt. Aber die Strafe ereilte die Mörder. Rosa-
munda und Helmichis mußten vor der Rache der Langobarden
fliehen. Sie wandten sich nach Ravenna, wo der griechische Statt-
halter (Longinus) sie in Schutz nahm. Rosamunda hatte zwar
dem Helmichis die Ehe versprochen, da aber der Statthalter um
ihre Hand warb, wollte sie sich von Helmichis losmachen und
reichte ihm einen Giftbecher. Er trank; als er aber den Becher
erst halb geleert, merkte er die Natur des Trankes. „Wenigstens
sollst du mit mir sterben!" rief er zornglühend, zog das Schwert
und zwang Rosamunden, den Rest zu leeren. So starben beide
Uebelthäter.
53. Sitten, Sprache, Gesetze und Religion der deutschen Völker.
Ein großer Theil der deutschen Stämme war zur Zeit der
Völkerwanderung nach freniden Ländern gewandert und hatte hier
zum Theil fremde Sitten angenommen. Nur die in Deutschland
zurückgebliebenen bewahrten treu die von den Vorfahren ererbten
Gesetze, Gewohnheiten und Sprache. Die bedeutendsten derselben
waren unstreitig die Franken, die am Niederrheine wohnten und
Weiberstuben an den Spinnrocken zurückkehren — eine Anspielung auf ferne
kleine, unmännliche Gestatt. Da habe der gereizte Plann ausgerufen: „Nun
wohl! so will ich ihr denn einen Faden spinnen, an dem sie genug zu wickeln
haben soll!" Und nun seien die Langobarden durch ihn zu einem Einfall in
Iralien berufen worden.
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Heinrich V. Heinrichs Iv. letzte Tage.
93
hindern. Schnell sammelte er die setzten Freunde, die er noch
hatte, und wollte damit nach Mainz gehen. Der Sohn fürchtete,
der Anblick des rechtmäßigen Kaisers möchte die Fürsten auf an-
dere Gedanken bringen, und entwarf daher einen schändlichen
Plan, den Vater zu berücken. Er reiste ihm nach Coblenz ent-
gegen, warf sich ihm da zu Füßen, weinte viele heuchlerische Thrä-
nen, bat ihn tausend Mal um Verzeihung und versicherte, böse
Rathgeber hätten ihn verleitet. Wie freute sich der Alte, daß
sein Sohn sein Unrecht eillsühe! Er drückte ihn recht innig an
sein Herz,-weinte laut vor Rührung und vergab ihm mit Freu-
den. Aber Alles, was der Sohn sagte, war die schändlichste Heu-
chelei. Er redete dem Vater zu, doch lieber sein Heer zu entlas-
sen; er brauche es ja nun nicht mehr, da sie versöhnt wären,
und es sähe so mißtrauisch gegen die Fürsten aus, wenn er mit
Soldaten nach Mainz käme. Der Vater ließ sich bereden und
entließ seine Leute. Einige warllten ihn; aber gleich schwur der
Sohn ihm zu, er denke nur Liebes und Gutes und sei bereit,
sein Leben für ihn aufzuopfern. Wie konnte da wohl der Vater
Verrätherei ahnen! Als sie näher in die Gegend voil Mainz
kamen, stellte ihm der Sohn vor, es sei besser, daß er nicht mit
nach Mainz ginge; er möchte lieber so lange sich in einem benach-
barten Schlosse aufhalten, bis er in Mainz die Fürsten zu sei-
nen Gunsten würde gestimmt haben. „O Sohn, Sohn!" rief der
alte Kaiser, „meinst du es auch nicht böse mit mir?" — Da
that der Sohn wieder einen feierlichen Schwur, daß er sein Le-
den für ihn zu lassen bereit sei. Sobald aber der Kaiser auf
dem Schlosse Beckelheim ankam, nahm man ihn da fest, warf ihn
ins Gefängniß und gab ihm hier recht boshafte, harte Wärter.
Die versammelten Fürsten aber frohlockten und bedrohten ihn
mit dem Tode, wenn er nicht gleich die Reichsinsignien ausliefere.
Der arme abgeängstigte Kaiser that Alles, was man von ihm
verlangte. Darauf führte man ihn nach dem Schlosse Ingel-
heim, wohin sich auch sein Sohn und die Fürsten begaben.
Hier fuhr man den armen zerknirschten Mann heftig au, warf
ihm alles Unglück seiner Regierung vor und gebot ihm, wenn er
sich rechtfertigen wollte, Stillschweigen. Zuletzt verlangte man
Verzichtleistung auf die Herrschaft. „Ich will ja Alles thun, was
ihr wollt," flehte er, „nur verschafft mir Lösung voin Banne!"
Aber höhnisch lachte man ihm ins Gesicht und sagte, da müsse
er nach Rom reisen, wenn er losgesprochen sein wolle. Nachdem
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr]]
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172 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Deutschland.
ruhte der Papst nicht eher, .bis er einen Gegenkaiser in Deutsch-
land aufgestellt hatte. Heinrich Raspe (1246—47) hieß er
und war Landgraf von Thüringen, ein ehrlicher Mann, aber
nicht dazu gemacht, sich gegen einen so thätigen Mann, wie Frie-
drich war, zu behaupten. Die meisten deutschen Städte blieben
dem rechtmäßigen Kaiser getreu; nur die Bischöfe schlugen sich
auf Heinrichs Seite — darum wurde er Pfaffenkönig genannt —
und schon nach neun Monaten starb er aus seinem Schlosse Wart-
burg bei Eisenach. Das war freilich für Friedrich einiger Trost;
aber es häuften sich jetzt Schlag auf Schlag so viele Unglücks-
fälle, daß sein königlicher Sinn zuletzt ganz niedergebeugt wurde.
Seine Feinde wählten an Naspe's Stelle einen neuen Gegen-
kaiser, Wilhelm von Holland, einen unbedeutenden Mann,
der sich aber doch von 1247—56 behauptet hat. Aber am mei-
sten schmerzte den Kaiser die entdeckte Untreue seines treuesten
Freundes und Rathgebers, Peter de Vineis, auf dessen Treue
er Schlösser gebaut hätte. - Dieser Mann war von ganz armen
Aeltern geboren, so arm, daß er sich auf der hohen Schule durch
Almosen das Leben erhalten mußte. Durch Zufall lernte ihn
der Kaiser kennen, entdeckte seine außerordentlichen Talente und
behielt ihn bei sich. Von nun an war Peter in allen Dingen
des Kaisers wichtigster Rathgeber; zu den bedeutendsten Gesandt-
schaften wurde er gebraucht, und in dieses Freundes Schooß
schüttete Friedrich alle Kümmernisse aus, die sein Herz so oft
beunruhigten. Dennoch war es der Verführung des Papstes ge-
lungen, dieses Mannes Herz dem Kaiser zu entfremden und so
zu umstricken, daß er versprach, seinen Herrn zu vergiften. Schon
aus der Versammlung in Lyon, wohin ihn Friedrich mit Taddeo
von Suessa geschickt, hatte er. zu Aller Erstaunen geschwiegen und
sich seines Herrn nicht angenommen. Jetzt lag Friedrich, von
Kumnler beladen, auf dem Krankenlager. Da traten Peter de
Vineis und der gleichfalls bestochene Arzt herein, und dieser
reichte dem Kaiser einen Gifttrank. Friedrich war entweder
schon gewarnt, oder die verlegene Miene des Arztes machte ihn
aufmerksam. „Ich will nicht glauben," sagte er, als er die
Schale an die Lippe setzte, „daß ihr mir Gift geben wollt!" Pe-
ter stellte sich, um seine Verwirrung zu verbergen, aufgebracht
über den Verdacht; der Kaiser aber wurde nur um so aufmerk-
samer und befahl mit drohendem Blicke dem Arzte, augenblicklich
die Hälfte der Schale zu leeren. Dieser wurde bleich, nahm die
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_Raspe Heinrich Heinrichs Heinrichs Friedrich Friedrich Wilhelm_von_Holland Wilhelm Peter_de_Vineis Peter Friedrich Friedrich Friedrich_mit_Taddeo
von_Suessa Friedrich Friedrich Friedrich Peter_de
Vineis Friedrich Friedrich
360
Mittlere Geschichte. 3. Periode. Entdeckungen.
Panama und von hier aus geradezu nach Spanien, wo er sich
dem Kaiser Karl V. selbst vorstellen ließ. Diesem machte er eine
so lebhafte Beschreibung von den ungeheuern Schätzen des Landes
und von den auf der Reise ausgestandenen Abenteuern, daß Karl
ihn im Voraus zum Statthalter des zu erobernden Landes er-
nannte. Dagegen versprach Pizarro, die Kosten selbst zu über-
nehmen. Was konnte der Kaiser mehr wünschen?
Schon vor vielen Jahren hatte eine Gesellschaft überaus
weiser Rechtsgelehrten und Theologen in Spanien festgesetzt, auf
welche Weise die ersten Eroberer eines Landes in Amerika dieses
im Namen des Königs von Spanien in Besitz nehmen sollten.
Das Erste, nachdem der spanische Befehlshaber gelandet, war,
daß ein mitgebrachter Geistlicher den Eingeborenen die Hauptar-
tikel des christlichen Glaubens und die Lehre von der Oberherr-
schaft des Papstes über alle Reiche der Welt durch einen Dol-
metscher auseinandersetzen niußte. Wie war es möglich, den
Leuten nur einen Begriff von dem Allen beizubringen, da ihre
Gemüther gar nicht darauf vorbereitet waren und ihre Sprache
nicht einmal solche Wörter hatte, durch welche man diese Begriffe
hätte ausdrücken können! Aber danach fragten die Spanier nicht.
Der Vortrag endigte damit: daß der Papst nach jenem Rechte
auch ihr Land dem Könige von Spanien geschenkt habe; wenn
sie sich nun gutwillig unterwerfen wollten, so wäre es gut, sonst
würde man sie als Rebellen gegen Gottes Befehle zu Sklaven
machen und mit Feuer und Schwert vertilgen.
Mit Peru würde es übrigens dem Pizarro schwerlich auf
diese Art gelungen sein, hätte ihm nicht ein Bürgerkrieg die
Sache sehr erleichtert. Vor kurzem war der Inka (König) von
Peru, Huana Kapak, gestorben und hatte zwei Söhne hinter-
lassen, Huaskar und Atahualpa. Beide sollten sich in das
Reich theilen, aber der ältere wollte das nicht und so war ein
Krieg unter ihnen entstanden. Atahualpa war stärker als sein
Bruder und nahm ihn gefangen. Jetzt (1530) landete Pizarro
mit 180 Mann und 36 Pferden. Kaum hatte sich das Gerücht
davon verbreitet, so ließ ihn Huaskar bitten, er möchte ihm doch
beistehen. Pizarro gab ihm keine bestimmte Antwort, sondern
schickte dagegen seinen Bruder Hernández in das Lager des Ata-
hualpa ab, um ihm die Absicht seiner Ankunft auseinander zu
setzen. Wie staunte Hernández über den königlichen Anstand des
Inka, über die Pracht seines Hauswesens und über die Ehrfurcht
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Extrahierte Personennamen: Karl_V. Karl_V. Karl Karl Pizarro Inka_( Huana_Kapak Atahualpa Atahualpa Pizarro Hernández Inka
Extrahierte Ortsnamen: Panama Spanien Spanien Amerika Spanien Spanien Peru
362
Mittlere Geschichte. 3. Periode. Entdeckungen.
alle auseinanderstoben. Aber das war den Spaniern nicht genug.
Die Reiter setzten sich zu Pferde, jagten ihnen nach und hieben
alle nieder, die sie nur erreichen konnten. Eine schöne Art, Hei-
den zu bekehren! Viertausend dieser Unglücklichen wurden an
diesen! Tage von den Spaniern zusammengehauen und eine un-
ermeßliche Beute ins spanische Lager geschleppt.
Als Atahualpa sich von den Schrecken etwas erholt hatte,
sah er um sich und erblickte sich in der hülslosesten Lage von der
Welt. Feste Riegel und starke Mauern schlossen ihn ein; ver-
lassen war er von allen seinen Freunden und Landsleuten, und
nur die wilden Gesichter der Spanier zeigten sich ihm dann und
wann. Als er sah, wie gierig diese nach dem Golde waren, er-
bot er sich, dem Pizarro das ganze Zimmer, in welchem er ge-
fangen saß und welches nicht klein war, so hoch, wie er reichen
konnte, mit Gold anzufüllen, wenn er ihm die Freiheit geben
wollte. Pizarro sah ihn mit starren Augen an. „Wie!" rief er
endlich mit freudigem Erstaunen aus, „das wolltest du?" —
Und gleich nahm er ein Stück Kohle und zog in der angegebenen
Höhe ringsum einen schwarzen Strich. Kaum hörten die guten
Peruaner, daß ihr Inka für Gold befreit werden könnte, als sie
von allen Seiten mit goldenen Gefäßen herbeiströmten, um das
Zimmer bald voll zu haben. Indessen hatte der ältere Bruder,
der gefangene Huaskar, davon gehört und bot dem Pizarro noch
ein größeres Zimmer von Gold an, wenn er ihn befreien wollte.
Den Vorschlag ergriff der habsüchtige Spanier mit beiden Hän-
den; aber es kam nicht dazu; denn Atahualpa hörte, was Pi-
zarro Willens war, und erschrak vor dem Gedanken, daß der
rachsüchtige Huaskar frei werdep sollte. In dieser Angst schickte
er treue Leute zu seinem Bruder und ließ ihn ermorden. Nun
war endlich das Zimmer bis zum schwarzen Strich ganz voll
Gold, und Atahualpa hoffte jeden Augenblick, die Thüre seines
Gefängnisses sich öffnen zu sehen. Aber wie wurde ihm, als
Pizarro ihm erklärte, daß daraus nichts werden könne, weil er
seinen Bruder habe ermorden lassen! Der Inka stand wie vom
Donner getroffen da; aber dabei sollte es nicht bleiben. Pizarro
hatte ja nun sein Gold und dachte nur daran, wie er den Ata-
hualpa loswerden wollte. Er setzte dazu einen förmlichen Ge-
richtshof nieder und ließ ihm hier als Götzendiener, Thronräuber,
Aufwiegler und Brudermörder den Proceß machen. Er wurde
verdammt, lebendig verbrannt zu werden, und dies ihm noch als
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4
Mittlere Geschickte. 1. Periode. Griechen.
auf ihren Mann ausübt. Seine Frau hieß Antonina.
Sie war in niederm Stande geboren und nur durch ihre große
Schönheit und Klugheit immer höher gestiegen, bis sie endlich die
Frau des Belisar wurde. Ueber diesen Kriegsmann, vor dessen
Befehlen ganze Heere zitterten, übte sie nun eine schimpfliche Herr-
schaft aus. Denn sie liebte ihn nicht einmal, sondern hinterging
ihn, wo sie nur konnte, und wenn er manchmal hinter ihre Ränke
kam und sie bestrafen wollte, so wußte sie ihn nicht nur gleich
wieder zu besänftigen, sondern sich auch so unschuldig zu stellen,
daß er sie noch dazu um Verzeihung bat urtb froh war, wenn
sie nur wieder freundlich aussah. Mit der Kaiserin Theodora,
die um nichts besser war, war sie innig befreundet. Einmal fiel
Belisar wegen freier Aeußerungen über den Kaiser bei diesem und
der Theodora in Ungnade, und wurde, als er eben siegreich ans
einem Kriege zurückkehrte, mit größter Kälte empfangen, worauf
sich Alles von ihm zurückzog und bei Hofe ihm Jeder verächtlich
auswich. Außer sich vor Schmerz kehrte er Abends in seinen
Palast zurück und hoffte au der Brust seiner lieben Antonina
seine Betrübniß ausweinen zu können. Aber diese ließ sich krank
melden, während sie vor seinen Augen in einem Säulengange
trillernd auf und ab ging! Mit Kummer und Angst ringend,
warf sich Belisar ans sein Bett und wünschte den Tod herbei.
Da wurde ihm ein Bote von der Kaiserin gemeldet, der ihm einen
Brief überbrachte. Er öffnete diesen mit banger Neugier und
las: „Du weißt, wie sehr du meine Unzufriedenheit verdient hast.
Aber die Antonina hat Verdienste um mich. Ihren Fürbitten
habe ich dein Leben zugestanden, und ich erlaube selbst, daß du
einen Theil deines Vermögens behältst." Da sprang der sonst so
große Kriegsheld mit ausgelassener Freude auf. Er warf sich vor
seiner Frau nieder, küßte ihre Füße, nannte sie ein Mal über das
andere seine Retterin und versprach, zeitlebens ihr dankbarer und
gehorsamer Sklave zu sein! — Späterhin fiel er noch einmal
in Ungnade, und da erzählt man gar, er habe, mit dem Undanke
und der Ungnade des Kaisers belastet, als blinder Bettler von
Thüre zu Thüre schleichend, sein Brod erbetteln müssen. Gewiß
ist, daß er mit vor Kummer über die vielen Kränkungen starb.
Von Justinian ist noch zu bemerken, daß er die schöne So-
phienkirche in Constantinopel aufbaute, die noch steht und setzt
die Hauptmoschee der Türken ist. Schon Constantin hatte eine
Sophienkirche erbaut; aber sie brannte ab. Da machte sich In-
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Justinian. Theodora. Langobarden. Alboin.
7
gung Justinians zu gewinnen, der damals noch nicht Kaiser war.
Sie erreichte auch ihren Zweck vollkommen, und kaum war Ju-
stinian Kaiser, so heirathete er — alle Leute verdachten es ihm
— die verworfene Theodora und machte sie zur Kaiserin. Aber
so groß ihre Macht nun auch war und so eifrig nun auch die
Schmeichler um ihren Thron krochen, so hatte sie doch keine rechte
Freude am Hofe. Ein nicht ganz zu unterdrückendes Gefühl von
Scham machte, daß sie sich gern den Blicken der Höflinge entzog
und lieber aus ihren Lustschlössern an den reizenden Ufern des
Meeres von Marmora zubrachte. Wehe dem, der sich, wie
Theodora, selbst verachten muß! Jedem sah sie argwöhnisch
ins Gesicht, ob er auch durch eine Miene etwa seine Verachtung
gegen sie verrathe, und immer unterhielt sie eine Menge von
Kundschaftern, die Alles, was über sie Nachtheiliges gesprochen
wurde, sogleich ihr wieder hinterbrachten. Und dann wehe dem
Unbesonnenen! Ihre Rachsucht kannte keine Grenzen. Viele ver-
schmachteten in tiefen, dunkeln Kerkern; Andere wurden um-
gebracht, und Theodora weidete sich oft am Anblick ihrer Qualen.
Justinian erfuhr von allen diesen Greueln nicht viel. Er hatte
sie sehr lieb; und wirklich ist sie auch eine treue Gehülfin seiner
Regierung gewesen und hat an Allem, was er Gutes und Gro-
ßes gethan hat, vielen Antheil. Wie Schade, daß diese kluge
Frau kein gutes Herz hatte! In ihrem Hause ist sie auch nie
glücklich gewesen. Sie wünschte sich so gern einen Sohn und
schickte oft zum Himmel deswegen die heißesten Gebete; aber ver-
gebens. Es war als wenn ein Fluch auf ihr ruhte. Endlich
bekam sie eine Tochter und freute sich darüber sehr; aber das
Kind starb, ehe es heranwuchs. Sie selbst war auch immer kränk-
lich und starb vor dem Kaiser, der sie noch lange beweinte.
Narses hatte endlich (553) nach einem 20jährigen Kriege,
in welchem vor ihm Belisar ausgezeichnet gestritten hatte, das
Reich der Ostgothen in Italien zerstört, und dies Land wurde
nun eine griechische Provinz. Aber die griechischen Kaiser hatten
davon nicht viel Gewinn. Der Krieg hatte das Land verwüstet
und 568 brach ein neues, auch deutsches Volk in Italien ein, die
Langobarden.*) Unter ihrem tapfern Könige Alboin kamen
*) Man erzählt, die damalige Kaiserin Sophie, die den Narses nicht leiden
tonnte, und ihren Gemahl (Justin Ii.) bewog, ihn aus Italien, wo er Statt-
halter war, zurückzurufen, habe dabei geäußert: er könne nun wieder in die
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal]]
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Extrahierte Personennamen: Theodora Theodora Theodora Theodora Sophie Justin_Ii
Chlodwig.
19
Mit Chlodwig ließen sich zugleich 3000 Franken taufen, und auch
das übrige Volk folgte bald seinem Beispiele. Damals fvar die
Christenheit in zwei Parteien, die katholische und arianische, zer-
fallen.*) Die meisten germanischen Völker bekannten sich zur
arianischen; Chlodwig aber nahm aus Bitten seiner Frau den
katholischen Glauben an, worüber sich der Papst so freute, daß
er ihm den Beinamen des allerchristlichsten Königs gab, der den
französischen Königen eigen geblieben ist. — Man findet leider
nicht, daß Clodwig nach seiner Taufe weniger ländersüchtig oder
in der Wahl seiner Mittel gewissenhafter geworden wäre. Um
sich des westgothischen Reichs, so weit es in Frankreich lag, zu
bemächtigen, stellte er sich, als wenn es ihn verdrieße, daß die
ketzerischen Arianer — denn zu diesem Glauben bekannten sich
die Westgothen — einen Theil von Frankreich besäßen. In der
Nähe von Poitiers schlug er sie, tödtete ihren König (Alarich Ii.)
mit eigener Hand und nahm alles Land zwischen der Loire und
den Pyrenäen in Besitz; nur Languedoc verblieb den Westgothen
noch. Als er nach Paris zurückkam, erbaute er zürn Danke gegen
Gott in Folge eines Gelübdes die Notredamekirche. Nachdem
sich ihm auch die Briten in der Bretagne unterworfen hatten,
gehorchte ihm fast ganz Frankreich; nur am Rheine, an der Maas
und Schelde regierten noch vier Vettern. Gegen diese wandte er
sich nun, und brachte sie alle, theils durch Hinterlist, theils durch
Gewalt ums Leben. Wie er mit ihnen verfuhr, davon nur ein
Beispiel. Sein Vetter Siegbert in Cöln hatte ihm gegen die Ale-
mannen beigestanden und war nun alt geworden. Jetzt lockte
Chlodwig den ehrsüchtigen Sohn desselben, Chloderich, an seinen
Hof nach Paris und sprach: „Siehe! dein Vater ist alt und ge-
brechlich; wenn er stürbe, solltest du König werden und mein
Freund sein." Chloderich verstand den Wink, kehrte zu seinem
Vater zurück und ermordete ihn, während er auf der Jagd in
einem Zelte schlief. Darauf schickte er einen Gesandten mit der
*) Zur Zeit Constantins des Großen nämlich war in Alexandrien ein hef-
tiger Streit zwischen dem Bischof Alexander und dem Presbyter Ar ins ent-
standen, weil dieser behauptete, Jesus wäre zwar Gott ähnlich, aber doch nicht
mit ihm von ganz gleichem Wesen, wogegen jener lehrte, daß beide von gleichem
Wesen wären. Der Zank wurde endlich so arg, daß sich der Kaiser einmischte,
und 325 eine Kirchenversammlung nach Nicäa in Kleinasien berief.
Diese entschied, indem sie dem Alexander ganz Recht gab, und den Artus ver-
dammte.
2*
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T88: [Sohn Vater König Tod Kaiser Tochter Bruder Jahr Mutter Gemahlin], T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil], T99: [Frankreich Loire Stadt Rhone Gebirge Pyrenäen Paris Meer Garonne Lyon]]
TM Hauptwörter (200): [T10: [Sachsen Karl Franken König Land Jahr Chlodwig Reich Krieg Volk], T58: [Kirche Lehre Luther Schrift Bibel Gott Christus Bischof Papst Wort], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T85: [König Alexander Reich Sohn Perser Tod Syrien Darius Cyrus Provinz]]
Extrahierte Personennamen: Chlodwig Chlodwig Chlodwig Siegbert Chlodwig Chloderich Constantins Alexander Alexander Alexander Alexander
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreich Poitiers Paris Bretagne Frankreich Rheine Maas Paris Nicäa Kleinasien
20
Mittlere Geschichte. 1. Periode. Franken.
Todesbotschaft nach Paris und ließ den König auffordern, sich
von den ererbten Schätzen das Liebste auszuwählen. „Ich ver-
latige nichts," ließ ihm Chlodwig sagen; „aber zeige deine Schätze
meinen Gesandten." Diese aber hatten den Befehl erhalten, bei
der Gelegenheit den Chloderich zu ermorden. Als ihnen nun
Chloderich einen tiefen Kasten öffnete und ihnen die darin befind-
lichen Goldstücke zeigte, sprachen sie: „Greife doch hinunter bis
aus den Boden; wer weiß, was da noch liegen mag." Und als
er sich hinabbückte, spaltete ihm einer mit einem Beile den Kopf.
Chlodwig ließ dann das Volk zusammenrufen und sprach: „Ich
bin zwar an der Ermordung eures Königs unschuldig, aber er
hat als Vatermörder nichts Besseres verdient. Mein Rath ist
jetzt, daß ihr mich als euern König erkennet." Das geschah auch;
nian setzte ihn aus einen Schild und trug ihn in der Versamm-
' lung umher. Endlich starb dieser König (511). Aber auf seiner
Erbschaft ruhte kein Segen. Das fränkische Reich zerfiel unter
seine vier Söhne, deren keiner den Geist des Vaters hatte. So
auch die folgenden Merowinger.*) Dazu waren die meisten so
unthätig, daß sie lieber nur für ihr Vergnügen sorgten und die
Regierung Andern überließen. (Darum nennt man sie auch:
Des rois fameans, is. i. königliche Schlafmützen.) Diese Andern
waren die Majores domus oder Hausmeyer. So nannten sich
*) Die Rohheit jener Zeit beweisen die scheußlichen Handlungen der Rache
die uns die Geschichte der Franken aufbehalten hat. Einer der Söhne Chlod-
wigs zum Beispiel stürzte einen König der Thüringer (Hermanfried), den er
nach dem Städtchen Zülpich (unweit Bonn, auf dem linken Rheinnfer) hatte
laden lassen, während des scheinbar freundlichen Gesprächs von der Mauer herab,
und ein anderer ließ einen König der Burgunder (Sigismund), den er gefangen
genommen, in Orleans mit Frau und Kindern in einem Brunnen ertränken.
Aber die größte Höhe der Schändlichkeit erreichten zwei königliche Weiber, Fre-
degunde und Brunehild. Beide waren die Frauen zweier Brüder, Enkel
Chlodwigs. Der Manu Fredegundens (Chilperich in Soisfons) hatte seine erste
Frau ertränken, die zweite, eine Schwester der Brunehild, erwürgen lassen, und
nun Fredeguuden geheirathet. Da erhob sich Brunehild als Rächerin, und nun
erfolgte eine lange Reihe von Greuelthaten, welche die beiden Weiber, um ein-
ander wehe zu thun, verübten, und welche beweisen, was aus einem von der Na-
tur zur Sanftmuch und zum Frieden bestimmtem Weibe werden kann, wenn es
seinen Leidenschaften den Zügel schießen läßt. Fredegunde, die als die schänd-
lichste erscheint, starb (597) eines natürlichen Todes; Brunehild dagegen wurde
aus Befehl eines Sohnes der Fredegunde im 80. Jahre ihres Lebens, nach mehr-
tägigem Foltern, mit einem Arme, einem Beine und den Haaren au den Schweif
eines wilden Pferdes gebunden und so zu Tode geschleift.
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Enzio. Innocenz.
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Schale, ließ sie aber, als wenn er stolperte, hinfallen. Sogleich
mußte der Rest des vergossenen Trankes gesammelt und einem
Missethäter zuñí Trinken gegeben werden, und siehe da! dieser
starb davon auf der Stelle. Friedrich verurtheilte den Arzt zum
Blutgerüste, den schändlichen Peter aber, beide Augen zu verlie-
ren; eine gräßliche, aber damals nicht ungewöhnliche Strafe.
Doch kam es nicht dazu; denn Peter, von seinem bösen Gewisten
geängstigt, rannte im Gefängnisse mit dem Kopse gegen die
Wand, zerschlug sich den Schädel und starb auf der Stelle. Wie
schwer dem Kaiser es wurde, seinen Freund untreu zu finden,
erkennt man aus den Worten, die man mehrmals, ehe er das
Urtheil über ihn aussprach, von ihm ausrufen hörte: „Wehe!
wehe mir! welch einen Mann muß ich bestrafen!" — So nieder-
gebeugt, sehnte er sich herzlich nach Ruhe und Frieden, den er
zu schmecken noch nie das Glück gehabt hatte. Er bat den hei-
ligen Ludwig, ihn doch mit dem Papste auszusöhnen, und Lud-
wig unterließ auch nicht, das Seinige zu thun. Er erinnerte
den Papst, nian müsse ja seinem Feinde siebenzig Mal sieben
verzeihen, wenn es nöthig sei; aber Alles war bei Innocenz ver-
gebens, der sich freute, zu sehen, wie sein Feind bald zu Boden
liegen würde.
Wirklich vereinigte sich Alles, ihm das Leben recht zu ver-
bittern. Sein treuer Taddeo starb ihm. Unter mehreren Söhnen
war ihm einer vor allen lieb, wegen seiner zärtlichen Anhänglich-
keit an den Vater. Enzio hieß er und war König von Sar-
dinien. Mehrere Jahre schon hatte der treffliche Jüngling für
seinen Vater sich mit den italienischen Städten, die es mit dem
Papste hielten, herumgeschlagen. Da fiel er in einen Hinterhalt,
den ihm die Eiwohner von Bologna gelegt hatten, und wurde
gefaugen fortgeführt. Es war ein recht herzbrechender Anblick,
wie der schöne Jüngling, dessen blonde Locken bis auf den
Gürtel herabwallten, in der Mitte seiner Feinde nach Bologna
gebracht wurde. Hoch ragte er über alle seine Mitgefangenen
empor und aus seinen edeln Zügen sprach zugleich Muth und
sanfte Trauer über sein Mißgeschick. Wohl war es hart dieses
Mißgeschick; denn er wurde zu ewiger Gefangenschaft verur-
theilt. Wie jammerte der Kaiser, als er davon hörte! Er bot
Lösegeld über Lösegeld; Alles umsonst. Es ging zwar deni Enzio
in seiner Gefangenschaft nichts ab, aber er mußte das köstliche
Gut der Freiheit entbehren, und war und blieb gefangen. Die
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Enzio Innocenz Innocenz Friedrich Friedrich Peter Peter Ludwig Ludwig Innocenz Innocenz Enzio Enzio