Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
Der Dodensee bei Kindau.
Unter den zahlreichen Wasserbecken, die einen so herrlichen Schmuck
unserer deutschen Alpen bilden, bietet keines eine so überreiche Fülle herrlicher
Landschaftsbilder und weist keines eine solche Lebhaftigkeit des Verkehrs und
so reiche Besiedelung auf, wie der Bodeusee. Nicht ohne Grund freuen sich
die fünf Bodeuseestaaten ihrer Uferlinien als eines wertvollen Gutes. Was
den Bodeusee vor den übrigen Seen am Nordfuße der Alpen auszeichnet, ist,
„daß er weniger ein Berg- und Alpensee ist, daß er etwas entschieden Meer-
artiges hat und daß er die freie, offene Aussicht des Landsees vereinigt mit
einer prachtvollen Bergscenerie, die am obersten Teile des Sees in großartiger
Nähe herankommt, aber doch noch fern genug bleibt, um den Blick aus die
mannigfaltigsten, in Terrassen sich abstufenden Berggruppen nicht zu beschränken."
Dazu kommt, daß kein zweiter See des deutschen Alpenvorlandes eine ähnliche
reiche Umgebung zeigt; der Einfluß der anderen großen Wasserflächen, die
zwar die Winterkälte und Sommerhitze lindern, kann doch nicht die Nachteile
der großen Höhenlage völlig ausgleichen. Die Gestade des Bodensees haben
mittlere Jahrestemperaturen von nahezu 9°, sind also im Mittel um 1° wärmer
als die entsprechend hock (400 m) gelegenen Teile der Donanhochebene, und
in fühlbarer Weise macht sich diese höhere Temperatur in der Pflanzenwelt
der Seeumgebnng geltend. Der Weinstock wird hier erfolgreich noch in größerer
Meereshöhe als irgendwo sonst im Deutschen Reiche, nämlich bis zur Höhen-
stufe von 450 m gebaut; in größerer Erhebung folgen Obstgärten und reiche
Fluren. Die deutschen Ufer sind besonders reich an Kirsch- und Pflanmen-
bäumen, die schweizerischen an Äpfel- und Birnbäumen, und im Frühjahre
bieten namentlich die thnrgauischen Landschaften einen reizenden Anblick dar.
Der Wald von Obstbänmen, in den das Land wie eingehüllt ist, glänzt in
einem weißrötlichen Schmucke von Birn- und Apfelblüten, den kein Maler
durch seine Kunst wiederzugeben vermag, und den man unmittelbar im warmen
Frühlingssonnenschein genießen muß.
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boote durchkreuzen den See, und riesige, mit stockwerkhohen Verdecken ver-
sehene Trajekt- oder Überfuhrschiffe nehmen auf ihre doppelten Schienenge-
leise gleich ganze Reihen von Eisenbahnwagen (8) und schleppen sie von der
bayerischen oder den Württembergischen Linien unvermittelt hinüber nach Ror-
schach oder Romanshorn auf die Schweizer Eisenbahnronten (etwa 800 Millionen
kg Frachtgüter). Teils sind es Landeserzengnisse, die von einem Orte der
Küste zum andern verfahren werden (Getreide, Wein, Obst, Gemüse, Holz,
Vieh), teils Fabrikwaren und Handelsprodukte, die von Süden nach Norden,
von Osten nach Westen geschafft werden. Rorschach und Lindau find für den
Getreidetransport sehr bedeutende Handelsorte; jenes empfängt das südrnssische
Getreide über Marseille, dieses den ungarischen Kornsegen über Wien und
München. —
Betrachten wir nun den Bodensee an sich. Der Bodensee bildet einen
großartigen, von Ostsüdost nach Westnordwest gestreckten Wasserspiegel von
539 qkm Oberfläche. Seine größte Länge (von Bregenz bis Ludwigshafen)
beträgt 64 km, seine größte Breite (zwischen Langenargen und Arbon) 14 km;
der Umfang seiner Ufer mißt nahezu 260 km. Auf dem See könnte die
Gssamtbevölkerung der Erde — jeder mit mehr als 30 qäern! — Platz
finden, und der Rhein, der unterhalb Rheineck in einer Breite von 65 m
mündet, würde 2 Jahre 20 Tage brauchen, um das Becken zu füllen. Die
Tiefe des Sees ist sehr verschieden. Das eigentliche Seebecken beginnt mit
einer flachen, bis zu 10 m tiefen Uferzone von wechselnder Breite Ü, dem
„Strande", und senkt sich dann in kräftigeren oder sanfteren Böschungen zur
Sohle des „Seekessels" hinab, der bei Lindau bis 78 m, zwischen Immen-
staad und Uttwil 252 m Tiefe hat.
Der Bodensee besteht aus einem Hauptbecken, dem Obersee, an das sich
im Nordwesten zwei Ausläufer, der Überlinger See und der Untersee mit
dem Zeller See angliedern. Diese drei Wasserflächen treffen ungefähr in dem
Punkte zusammen, wo Konstanz liegt, dessen Bedeutung nicht zum wenigsten
eine Folge eben dieser Lage ist. Jeder der Teile ist anders geartet. Den
Überlinger See charakterisieren die steilen Ufer, die wegen dieser Eigen-
schaft nur wenige Ansiedelungen gestatten und außerdem großenteils heute
noch bewaldet sind. Für den Untersee ist bezeichnend die geringere Tiefe
des Beckens und die Flachheit der Ufer, die darum häufig versumpft sind,
so daß man auch hier die Siedelungen nicht überall gleich dicht findet. Sogar
die Dampfschiffahrt wird durch die eigenartige Beschaffenheit des Untersees
Sie ist beispielsweise am Überlinger See aus wenige Meter beschränkt, dehnt sich
aber am Rohrspitz auf über 2 km aus.
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beeinflußt, indem einerseits nur Schiffe mit sehr geringem Tiefgänge ver-
wendet werden können, anderseits im Winter zuweilen eine Unterbrechung der
Fahrten nötig wird. Der Obersee endlich, der als der eigentliche Boden-
see zu betrachten ist, ragt vor allem durch seine bedeutende Größe über die
anderen Teile hervor. Ganz steiles, wie flaches Ufer flndet sich seltener; auch
tritt der Wald fast nirgends bis an das User heran, dasselbe ist fast über-
all reich bebaut.. Jeder dieser drei Teile hat seine Insel, die ganz und gar
seinem Charakter entspricht. Der Obersee, in dessen Fluten sich die meisten
Ansiedelungen spiegeln, hat eine Jnselstadt: Lindau; der Untersee besitzt
die ziemlich flache, stellenweise versumpfte Reichenau, und im Überlinger
See liegt das reizende Jnselchen Mainau, dessen Steilheit jedem mit dem
Dampfschiffe heranfahrenden Besucher sofort ins Auge fällt.
Gespeist wird der Bodensee von etwa 100 größeren und kleineren
Flüssen und Bächen. Den bedeutendsten Zufluß bildet der Rhein, der sich,
die Grenze zwischen Österreich und der Schweiz bildend, als ansehnlicher
Strom unterhalb Rheineck in den See ergießt. 65 in breit tritt er mit trüber
Flut ein, und eine kleine Strecke vermag man seine Wasser von den grünen
Wellen des Sees zu unterscheiden. Wie den bedeutendsten Zufluß, so bildet
der Rhein auch den einzigen Abfluß des Bodensees: schön geklärt verläßt er
ihn bei Stein in einer Breite von 80 in. So ist der Bodensee das
Läuterungsbecken des jungen Rheines; naturgemäß verliert er durch die
steinigen und erdigen Zuführungen immer mehr an Tiefe?)
Der Spiegel des Bodensees ist einer scharf ausgesprochenen jährlichem
Höhenschwankung unterworfen. Seinen niedersten Stand hat er im Februar.
Wenn dann im Hochgebirge der Schnee schmilzt, steigt das Wasser bis Anfang
Juli meist um 2 in. Zu dielen jährlichen Schwankungen gesellen sich noch
besondere Gleichgewichtsschwankungen, Ruhß genannt, die gleichsam in einem
Schaukeln des Spiegels bestehen: derselbe hebt sich am einen Seeende und
senkt sich gleichzeitig am andern. Gewöhnlich ist die Größe des Ruhß sehr
gering, sie beträgt meist nur wenige Centimeter, kann aber bis zum Betrage
von 2 ni anwachsen. Hervorgerufen wird diese Erscheinung jedenfalls durch
regelmäßige Windstöße. Ist der See stürmisch, dann kann man auch meer-
artige Wogen, schaumgekrönt übereinander stürzend, heranrollen und mit
mächtigem Rauschen an den Ufern emporlaufen sehen. Ein besonders hitziger
0 Wenn man für den Bodensee einen Rauminhalt von rund 50 Millionen cbm
und für die Menge der ihn durch seine Zuflüsse u. s. w. alljährlich zugeführten festen
Bestandteile und der aus dem See selbst herstammenden Sinkstoffe (Schalen von Krusten-
tieren u. dergl.) 4 Millionen cbm annimmt, so würde es immerhin noch eines Zeitraums
von 12500 Jahren bedürfen, bis er vollständig zugefüllt wäre.
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Extrahierte Ortsnamen: Reichenau Überlinger
See Mainau Rhein Rheineck Rhein
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Gast ist der Föhn, jener (in den Nordalpen) berüchtigte Südwind, der nicht
selten ohne merkbare Abzeichen aus den Bergen hervorbricht und mit ver-
heerender Gewalt über den See dahinbraust. Lehe dem Nachen, der von einem
solchen Sturme überrascht wird! Die wild aufgeregte Flut wirft ihn hin
und her und fordert seine Insassen als „Opfer des Sees". Selbst die großen
Dampfer sind dann schweren Kämpfen mit den Elementen ausgesetzt, ja sie
müssen zuweilen ihren Lauf einstellen.
Die gewaltige Ausdehnung, die große Tiefe und die stärkere Wellen-
bewegung des Obersees sind auch die Ursache, daß der See nur in den
härtesten Wintern ganz zufriert. Der Untersee und die Strecke zwischen den
beiden Brücken Lindaus gefrieren fast alljährlich; die ganze Fläche schloß sich
in den letzten vier Jahrhunderten nur sechsmal, iu unserem Jahrhundert
1830 und 1880. Der Merkwürdigkeit zuliebe wurden beide Male großar-
tige Feste auf der festen Seefläche gefeiert; die Festzeitnng ward auf dem
Eise gesetzt und gedruckt. Die schaurige Seite bat uns Gustav Schwab in
seiner bekannten Ballade gezeichnet.—
Betrachten wir nun das Bild, das uns den Bodensee bei Lindau
darstellt.
Wir stehen nördlich von Lindau, nicht allzuweit vom User des Boden-
sees und blicken nach Süden (Süden zu Ost!) hin, Vor uns breitet sich ein
hügeliges Gelände aus, das mit Obstbäumen bestanden ist, die eben ihrer
Früchte beraubt werden. Ostwärts (am linken Rande des Bildes!), wo die
Hänge etwas steiler abfallen, die Bestrahluugsverhültnisse also günstigere sind,
befindet sich ein wohlummauerter Weinberg. Nach Süden hin gehen die den
See begleitenden Höhen in eine schwach gewellte Uferebene über, deren
teppichartig ausgebreitete Felder auch noch hier und da dem Obstbaue Raum
gewähren müssen. Am Ufer des Sees stehen die Obstbäume so dicht beiein-
ander, daß man die dazwischen versteckten Dörfer kaum sieht; weiße Giebel-
wände und rote Ziegeldächer, auch wohl ein Turm ragt hier und da heraus,
aber größere Ansiedelungen, die durch ihre Häusermasse die Bäume auf eine
größere Strecke verdrängten, sind nicht sichtbar.
Im See selbst liegt Lindau, das schwäbische Venedig?) Mit dem Fest-
lande durch den 550 m langen Eisenbahndamm und eine 220 m lange hölzerne
Brücke verbunden, präsentiert sich die hübsche Jnselstadt höchst malerisch. Seinen
Hauptvorzug besitzt Lindau in seiner wundervollen Umgebung, in seinen herr-
lichen Ausblicken auf den See, der groß und majestätisch, wie eine Bucht des
1) Der Flächenraum, den Lindau bedeckt, umfaßt 0,41 qkm, ist also 8?2 so groß
roie der Augustusplatz in Leipzig.
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Meeres, die Stadt und ihre Staden mit seinen Wellen bespült. Aber auch
die innere Stadt enttäuscht den nicht, der, entzückt durch die Schönheit ihrer
• Ansicht, insbesondere vom See her, durch die Straßen wandert. Neben den
prächtigen Hotels und anderen großartigen Bauten der neuen Zeit blieb genug
aus verflossenen Jahrhunderten übrig, um der Stadt jenen tieferen Reiz zu
verleihen, den die Erinnerungen an eine reiche Vergangenheit gewähren. Die
sogenannte Heidenmauer am Ostende des Jnselstädtchens gilt als Bruchstück
des riesigen Wartturmes, den angeblich Kaiser Tiberius hier einst errichtet hat;
die Peterskirche, jetzt zu Schrannenzwecken benutzt, ist ein Denkmal der Karolinger-
zeit, und das alte Rathaus zeigt uns den schönen Stil der alten Reichsstadt.
An der Südseite schützt ein sicherer Hafen die dort ankernden Schiffe vor der
Gefahr der Brandung bei stärkerem Süd- oder Westwind. Von großartiger
Wirkung ist die Einfahrt dieses Hafens. An der nördlichen Molenspitze steigt
ein stattlicher Leuchtturms zu 33 m Höhe empor, an der südlichen sitzt ans
10 in hohem granitenem Sockel ein 6,5 ni hoher marmorner Löwe, der als
stolzes Wahrzeichen der Stadt und des Bayerlandes nicht nur den Hafen,
sondern ans weithin die Umgebung desselben beherrscht.
Lindau war von jeher eine Hanptstation des Fremdenverkehrs, der sich
in neuerer und neuester Zeit durch Eisenbahn und Dampfschiffahrt bedeutend
entwickelt hat- Wir sehen denn auch auf unserem Bilde eine ziemliche Anzahl
von Fahrzeugen, da und dort treten Maste hervor, schweben Rauchsäulen,
schimmern weiße Segel. Eine Dampfschiffahrt auf dem Bodensee ist, besonders
bei schönem, klarem Wetter, außerordentlich genußreich. In herrlichem Blau-
grün schimmert unter uns das Wasser; perlender Silberschaum spritzt am Bug
des Schiffes über die leicht gekräuselte dunkelblau-grüne Fläche, und hinter
uns brodelt die breite, weiße Wellenstraße des eilenden Dampfers und zieht
eine blickende Furche über den dunkel gefärbten Spiegel, auf dem sich die
Wolken des Himmels und die Uferberge klar und ruhig abzeichnen. Wohl
die schönste Fahrt, die auf dem Bodensee gemacht werden kann, ist die Fahrt
von Lindau nach Bregenz. Der herrliche blaugrüne See mit feinen lachenden
Ufern, die im Süden aufsteigenden Vorarlberger und Schweizer Berge mit
dem schönen Pfänder und der prächtigen Säntisgruppe und das malerisch sich
ausbreitende Bregenz gewähren ein einzigartiges Bild. Diesen Eindruck steigert
eine Fahrt an einem Sonntage, an dem alle Fahrzeuge ihre Flaggen gehißt
haben, und nun die bunten Farben der Schweiz, von Österreich, Bayern,
Württemberg und Baden lustig von den Masten der zahlreichen Schiffe flattern.
Wie Lindau selbst, so wird auch der gegenüberliegende Ufersaum gern
) Wir sehen ihn auf unserm Bilde links von dein Kirchlnrine über der Eisenbahnbrücke.
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uns herübergrüßen. Wir erblicken ganz nahe zu linker Hand das Pfänder-
gebirge, das im Pfänder, dem Rigi des Bodensees, nahe bei Bregenz sich
bis zu 1064 in erhebt und nach Süden hin in den malerisch schönen Bor-
sprung ausläuft, auf dem die St. Gebhardskapelle^) thront. Hart am Steil-
abfalle des Gebhardsberges strömt die Bregenzer Ache vorüber und hinter ihm
(südwärts!) ist ein Bergrücken sichtbar, der mit 1462 in im Hochälpele
gipfelt. Weiter südwestwärts öffnet sich die Schlucht der Dornbirner Ache;
dann zeigen sich die Pyramiden und massiven Felsen der Dornbirner und
Hohenemser Alpen, die in der Hohen Kugel (1643 in) gipfeln, und hinter
denen die höheren Spitzen des Bregenzer Waldes hervorschauen, unter ihnen
der Hohe Fr eschen (2001 in), der Knotenpunkt der Vorarlberger Alpen.
Jenseit des Thaleinschnittes, den wir nun bemerken, es ist der der Jll, er-
hebt sich weiter im Süden die Kalkkette des Rhätikon, deren nach Norden
vorgeschobene Äste scheinbar eine Wand von imponierender Höhe darstellen.
Aus weiter Ferne leuchtet uns die schneegläuzende Höhe der Scesaplana
(2962 in) entgegen, und am weitesten nach Südwesten hin ragt nahe dem
Rheinthale der schön geformte Bergstock der Drei Schwestern (2124 ui)
empor. Geschlossen wird das Rheinthal von der breitkuppigen, schneeumsäumten
Calanda und den vielzackigen Granen Hörnern, über die noch der 3250
m hohe Ringelkopf hervorschaut. Vor ihnen steigen weiter westwärts die
lieblichen Höhen Appenzells sanft an. So haben wir hier eine Abstufung
von den sanftesten zu den kühnsten, schroffsten Formen, einen Wechsel des Er-
habenen und Lieblichen, wie er kaum auf einem andern Punkte im deutschen
Vaterlande in solcher Fülle zu finden sein dürfte.
Wie erklärt sich nun die beständige Veränderung der Uferlinie des Boden-
sees, wie das Wachstum des Festlandes in seiner Nähe?
Jeder Fluß führt Sedimente mit sich fort, teils in gelöstem Zustande
— freilich nur etwa Veooo seiner Wassermenge —, teils mechanisch. Das
mechanisch mitgeführte Material wird entweder am Grunde des Stromes fort-
0 Vom Altan des Wirtshauses aus, das neben der Kirche steht, schaut man bei
klarem Wetter über die ganze Fläche des Sees mit seinen österreichischen, bayrischen,
Württembergischen, badischen und schweizerischen Grenzgebieten bis nach Konstanz (nahezu
50 km!) hinab. Wie eine Landkarte liegt der See ausgebreitet. Zu den Füßen hat man
das steinige, breite Bett der Bregenzer Ache, und nach Süden hin dehnt sich die breite,
fruchtbare Aue des Rheinthales mit den zahlreichen Dörfern. Die Vorarlberger, St. Galler
und Appenzeller Alpen türmen sich in den schärfsten Umrissen, daß man sie zeichnen
möchte. Was die Natur Erhabenes und Schönes hervorgebracht hat, reiht sich in erha-
benem Wechsel aneinander. (Nach Grube).
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Der Rheinsall bei Schaffhausen.
Der Maler hat seinen Standpunkt am rechten Stromnfer etwas unter-
halb des Falles genommen; wir betrachten also den Rheinsall bei Schafshausen
von Nordwesten her. Im Hintergründe erheben sich (nach Suden hin) be-
waldete Berge, die Ausläufer des Aarganer Jura, unter ihnen (nahe dem
linken Rande des Bildes) die ihrer herrlichen Aussicht wegen besnchenswerte
Höhe der Bnchhalde. Vor ihr strömt von Osten her der in ein enges Felsen-
bett eingezwängte Rhein. Durch ein Kalkriff, ans dessen Höhe das mit Türmen
und hohen Giebeln verzierte Schloß Laufen steht, wird er (rechts von der
Mitte des Bildes) nach Norden abgedrängt. Über diesem Teile seines Laufes
gewahren wir die im Winter 1856/57 erbaute Eisenbahnbrncke, die auf zehn
steinernen Bogen von verschiedener Spannweite ruht. Ein Eisenbahnzug, der
von der etwa drei Viertelstunden vom Falle entfernten Stadt Schaffhansen
her nach einem unter dem Schlosse Lausen durchführenden Tunnel und weiter
nach der nahegelegenen thurganischen Station Dachsen fährt, „erweckt uns
das wohlthuende Gefühl, daß auch hier, wo die Natur ihre wildesten Kräfte
entfesselt zu haben scheint, der Menschengeist nicht vergebens mit ihren Ge-
walten gerungen hat. Die Brücke ist 192 in lang und trägt neben dem
Eisenbahngeleise einen Pfad für Fußgänger. Wer hier oben steht, dem bietet
der Rhein ganz eigenartige Reize dar. Er sieht flußaufwärts die schweren
Wassermassen hier in schlangenglatter,' spiegelnder Fläche, dort an verdeckten
Rissen und kleinen Abstürzen des Felsbettes wild aufschäumend und zu weißem
Gischt sich aufkrümmend, wie dunkles Schicksal heranschießen. Unterhalb der
Brücke wird das weiße Schaumgebranse allgemeiner, die glatten Flächen ver-
schwinden fast ganz, und die ganze Breite des Stromes erscheint zornig
wallend, in wildester Erregung." Und doch beginnt der eigentliche Absturz
erst einige zwanzig Meter unterhalb der Brücke. Da auf einmal gerät die
ganze gewaltige Wassermasse bis auf den Grund rn ungeheure Bewegung.
Der Boden, auf dem sie sich bisher hingewälzt hatte, ist ihr plötzlich ent-
zogen; jäh senkt sich der felsige Grund znr Tiefe, und über ihn stürzen in
2
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zornigem Gebrauses die Wasser. Dem wuchtigen Anprall der Wogen leisten
einige im Bette des Falles hoch antragende Felsen trotzigen Widerstand. Um
so zorniger über dieses Hindernis schäumen die Wasser an ihnen auf, und
„bis zum Himmel spritzet der dampfende Gischt." Von den vier lanbgeschmückten
Felsen, die als Zeugen des uralten Kampfes in dem Strome stehen geblieben
sind, befindet sich das eine (hintereinander stehende) Paar in der Nähe des rechten
Ufers, das andere in der Mitte des Falles. So sind es zwei Hauptströme, die die
Masse des Falles ausmachen; ein etwas breiterer nördlicher und ein schmalerer süd-
licher. Die Breite des Falles beträgt, die Felsen nicht abgerechnet, 160 m, seine
Höhe von der Eisenbahnbrücke bis zum untern Becken 24 m; der eigentliche
Absturz aber beträgt auf dem linken Ufer (Bild: rechts!) 19, ans dem rechten
dagegen bloß 15 in.* 2) Die durchschnittliche Wassermenge wird bei gewöhn-
lichem Hochwasserstaude ans ungefähr 700 cbm pro Sekunde angegeben. Unten
empfängt den Fall ein mächtiges Becken von gefälliger Rundung, in dem mit
dem rhythmischen Schlage der Wellen ans Ufer die gewaltige Bewegung leise
ausklingt. Dann fließt der Rhein zwischen hohen Ufern mit einer scharfen
Wendung wieder nach Südwesten, ruhig, als wäre nichts geschehen. Die Ge-
bäude, die wir links vom Rheinfalle erblicken (also am rechten Ufer!), gehören
zu dem Dorfe Neuhausen, in dem eine Gewehr- und eine Waggonfabrik, groß-
artige Eisenwerke und eine erst neuerdings errichtete Aluminiumfabrik dem
benachbarten Strome Hunderte von Pferdekräften entnehmen3).
„Was den Rheinfall bei Schaffhansen vor vielen andern ähnlichen Er-
scheinungen auszeichnet, ist weniger die Höhe des Sturzes, als die Gewalt der
Wassermassen. Und diese erscheinen nicht als ein einziger, glatter, kompakter
Körper, wie bei mehreren berühmten schweizerischen Fällen, sondern in reichster
Gliederung und vielgestaltiger Verteilung. Wäre das Gerüste des Falles eine
einzige senkrechte oder überhängende, relativ glatte Felswand, so würde das
Phänomen nicht wesentlich verschieden sein von den Erscheinungen, die wir
bei Schleusenwerken selbst an kleinen Gewässern wahrnehmen, nur ins Große
übersetzt; es wäre, millionenfach vergrößert, fast der nämliche Anblick, den
9 „Wahrlich, den eigenen Wutschrei hörte nicht der Gigant hier,
Lag er, vom Himmel gestürzt, unten am Felsen gekrümmt."
Eduard Möricke.
2) Die Differenz rührt von dem Umstande her, daß sich auf dem rechten Ufer das
Strombett schon oberhalb des Sturzes wiederholt und ruckweye in höherem Maße gesenkt
hat, daß also hier die Stromschnellen von der Brücke bis zum Falle beträchtlicher sind
als an dem linken Ufer.
3) Der Krafteffekt des Sturzes ist gleich 133000 Pferdekräften. — Eine geplante
Verstümmelung des Falles für industrielle Zwecke wurde im Jahre 1887 infolge Protestes
des Schweizer Alpenklubs und anderer Gesellschaften glücklicherweise vereitelt.
2*
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
Das Elbsandsteingebirge.
(Die Wasteiörücke.)
Das Elbsandsteingebirge, gewöhnlich Sächsische (besser: Sächsisch-böhmische)
Schweiz genannt, gehört zu den reizendsten Gebirgen von ganz Deutschland
und zwar namentlich wegen seiner ungemein wechselnden Thalszenerieu. Dem
tiefen Thale der Elbe, das das ganze Gebirge durchquert, nahen sich von rechts
und links zahlreiche kleine, fast ausnahmslos enge Schluchten, die so vielfach
gewunden sind, daß sich ans kurze Entfernungen überraschend viele neue
landschaftliche Gruppierungen entwickeln. Die meisten dieser „Gründe" sind
von steilen, oft beinahe senkrechten Felswänden umrahmt, die freilich nur selten
zusammenhängende Wände bilden, sondern reich zerklüftet sind und oft wie
ein dichtgedrängter Säulenwald erscheinen. An diese Felsbildungen von oft
sonderbarster Gestalt, vergleichbar mit Nadeln, Säulen, Türmen und Ruinen,
au die großartigen Felsthore (Kuhstall und Prebischthor) und Höhlen (Diebs-
keller, Hieckelshöhle u. a.) denkt man immer zuerst bei einer Erwähnung der
Sächsischen Schweiz; sie erregen das größte Interesse der meisten Besucher,
die sich mit Vergnügen von ihrem Führer das Gesicht Napoleons, das Kamel,
die Lokomotive zeigen lassen. Eingegraben sind die Thäler in eine mäßig
nach Nordosteu geneigte Sandsteiuplatte, die sich allmählich gegen Nordosteu
verflacht und steil nach Südosten abbricht. Den einzelnen Teilen dieser
schrägen Platte, für die im Volksmunde von jeher der Name „Ebenheit" ge-
bräuchlich ist, sind nun einzelne Tafelberge („Steine") von 100 bis 150 in
relativer Erhebung aufgesetzt, deren steile Gehänge alle Eigentümlichkeiten der
Thalwandungen wiederholen und deren mehr oder weniger horizontale Gipfel-
flächen von merkwürdigen wannenartigen Vertiefungen und grotesken Fels-
gestalten ausgezeichnet sind, in denen die erregte Phantasie gern Menschen-
werke, die Altäre und Opferstätten verschwundener Völker erkennen möchte.
Soweit ebener Boden reicht, sowohl in den Sohlen der kleinen Thäler,
wie auch auf dem überwiegenden Teile der schrägen Platte und den Gipfel-
flächen der Berge, erstreckt sich dichter Wald. Aus ihm heben sich die meist
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Extrahierte Personennamen: Napoleons
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Napoleons Nordosteu
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Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
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Bon besonderem Werte ist auch, daß der Bodensee, der schon durch
seine Benutzung als Wasserweg dem Verkehre eine nicht zu unterschätzende
Erleichterung gewährt, als ein Teil des großen Rheinthales zu der natürlichen
Heerstraße gehört, die, ans der Nordseite der Alpen das Thal des Rheines,
auf der Südseite das des Liro, der Maira und des Comersees benutzend,
Deutschland mit Italien verbindet.
Schon frühe hat darum diese große Binnenwasserfläche die Menscben
angelockt. In vorgeschichtlichen Zeiten waren es die Bewohner der Pfahlbauten,
die die Seegestade besiedelten, und namentlich in der Gegend von Konstanz
haben sich außerordentlich zahlreiche Reste von deren Kultur gefunden. Später
hatten die Römer feste Stützpunkte am See, im Osten bei Bregenz, im Welten
bei Konstanz, und als ihre Macht sank, eroberten die Alemannen die Boden-
seegegend. Im Mittelalter wurden die Vorzüge des Sees und seiner Um-
gebung immer mehr erkannt, und er ward von neuem der Ausgang der ci-
vilisatorischen Bestrebungen. Uralt ist die christliche Niederlassung auf der
Insel Reichenau im Untersee, und wenn auch das Kloster schon längst einge-
gangen ist, so mahnt noch die ganze Erscheinung der Insel mit ihren alten
Kircken, mit mancherlei Eigentümlichkeiten der Verfassung seiner Gemeinden
nn die Zeiten des alten Glanzes. Später im Mittelalter entstanden am Boden-
seeufer zahlreiche Städte, die eine lebhafte Schiffahrt ans dem See trieben,
und die fast samt und sonders Reichsfreiheit genossen. Um diese Zeit er-
reichte Konstanz seine höchste Blüte und war damals unbestritten der Hanpt-
ort der Bodenseelande. Am meisten Verschiebungen in Größe und Bedeutung
der Uferorte des Bodensees brachte die neuere und neueste Zeit durch andere
Verteilung des Gebiets, durch Aufhebung der vielen reichsfreien Städte und
besonders durch Eisenbahn und Dampfschiffahrt. Alle diese Bewegungen der
alten und neueren Zeit haben gewissermaßen Spuren hinterlassen; denn jetzt
umgrenzen, wie zur Erinnerung der hundertfältigen Werbung, fünf Länder
den See: Österreich und Bayern, Württemberg und Baden, und mit dem
Löwenanteile die freie Schweiz; er schien gleichsam zu wertvoll, als daß ihn
ein einziges Reich besitzen sollte.
In der neuesten Zeit, in der die Alpenlünder jeden Sommer von Ver-
gnüguugsreisenden geradezu überschwemmt werden, übt der Bodensee besondere
Anziehungskraft aus; wenn er auch nicht gerade das Ziel aller Reiserouten
ist, so suchen ihn doch Tausende auf, um von ihm aus ihre Touren in die
Schweiz zu machen oder nach Beendigung derselben ihre Rückfahrt anzutreten.
Acht Eisenbahnlinien führen die Fremden herzn, und prächtig eingerichtete Per-
soneudampfer unterhalten eine fortwährende Verbindung zwischen allen Orten
von einiger Bedeutung (400000 Passagiere.) Aber auch schwerbeladene Segel-
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TM Hauptwörter (200): [T90: [Alpen See Schweiz Inn Rhein Bodensee Gotthard Paß Rhone Italien], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T91: [Geschichte Krieg Zeit Zeitalter Mittelalter Revolution Reformation deutsch Jahrhundert Ende], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet]]