58
A. Europa.
Don den neuern wären nur noch Friedrich Ludw. Zacharias
Werner, 17681-1823, und Adolph Müllner, 17741-1829,
zu erwähnen. Unter den Dichtern, welche der letzte Freiheitskampf
mit Frankreich begeisterte, verdienen Maximilian v. Schen-
kendorf 1- 1817, und Theodor Körner, 1791 ch 1813,
rühmliche Auszeichnung. — Die Geschichte der letzten Jahre, seit
dem Ausbruche der französischen Revolution, haben wir unter
Frankreich (I. Th. S. 231 u. f.) bereits kennen gelernt, und holen
daher hier nur dasjenige nach, was mehr zur deutschen Geschichte
gehörend, dort nicht angeführt werden konnte.
Die in den Gemüthern aller Fürsten durch die in Frankreich
ausgebrochcnen Unruhen veranlaßten Besorgnisse; der Wunsch, die
alte Ordnung und das Ansehen des Königs dort wieder herzustellen,
veranlaßten Oestreich und Preußen, sich durch den Vertrag von
Pilnitz 1791 enger zu verbinden. Leopold erlebte den Ausbruch des
Krieges nicht, und sein Sohn Franz Ii. ward sein Nachfolger.
Die Franzosen, weit entfernt die verbündeten Monarchen zu fürch-
ten, erklärten ihnen selbst 1792 den Krieg. An der Spitze eines
zu schwachen Heeres von Oestreichern und Preußen drang der Her-
zog von Vraunschweig in die Champagne ein, fand aber bald, wie
sehr die hochgespannten Erwartungen der Emigranten ihn getäuscht,
und mußte, nach einigen unbedeutenden Vortheilen, einen durch
Mangel, ungünstige Witterung und dadurch erzeugte Krankheiten
höchst verderblichen Rückzug antreten. In den Niederlanden wie
am Rhein ward nun mit Erbitterung gefochten, allein trotz einiger
Siege der Oeftreicher und Preußen blieb doch im Ganzen genom-
men das Uebergewicht auf Seiten der Franzosen. Dies und der
in Polen ausgebrochene allgeineine Aufstand, welcher Preußen auch
dort einen gefährlichen Krieg! zu führen nöthigte, bewog diese
Macht zu dem Baseler Frieden 1795 mit Frankreich, wodurch das
linke Rheinufer preisgegeben, das nördliche Deutschland aber we-
nigstens durch eine von Preußen besetzte Dcmarcationslinie gedeckt
wurde. Oestreich beharrte noch 2 Jahre auf dem Kriegsschau-
plätze; als aber Bonaparte 1796 in einem glänzenden Feldzuge
ganz Oberitalien erobert und im folgenden Jahre selbst in die öst-
reichischen Erbstaaten vorgedrungen war, während Moreau in
Deutschland die vom Erzherzoge Carl geschlagene Armee Jourdans
auf einem meisterhaften Rückzüge aus Baiern bis an den Rhein
zurückführte, kam der erste Friede mit Frankreich zu Campo For-
mte» 1797 zu Stande, und in dem darauf folgenden Congreß zu
Raftadt ward die Abtretung des linken Rheinufers bestätigt und
die Aufhebung der geistlichen Fürstenthümer zur Entschädigung der
übrigen Fürsten beschlossen. Dieser sowohl als die folgenden Frie-
densschlüsse mit Frankreich waren, bei dem immer weiter um sich
greifenden Ehrgeiz der Republik und mehr noch ihres neuen Ober-
hauptes Bonaparte, in der That nur als Waffenstillstände zu be-
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Zacharias
Werner Adolph_Müllner Maximilian_v Maximilian Theodor_Körner Leopold Leopold Franz_Ii Franz Oestreich Carl
Extrahierte Ortsnamen: Europa Frankreich Frankreich Frankreich Rhein Polen Frankreich Deutschland Oberitalien Deutschland Jourdans Baiern Rhein Frankreich Rheinufers Frankreich
264
A. Eurvp a.
diese Macht verschwand beinahe gänzlich, als von 1398 an eine
ganze Reihe Papste bis 1377 zu Avignon residirten. Noch schlim-
mer wurde dieser Zustand, als von 1378—1411, während des
großen Schisma (Spaltung), 3 Papste zugleich auftraten und ein-
ander gegenseitig in den Bann thaten. Erft die Kirchenversamm-
lung zu Kostnitz, welche diesem Aergerniß ein Ende machte und die
Päpste wieder zu Nom zu wohnen veranlaßte, befestigte damit
auch ihre Macht über diese Stadt. Die letzten Länder - Erwerbun-
gen theils durch Kauf und Erbschaft, theils durch Gewalt, fanden
erst im 16ten und 17ten Jahrhundert Statt und gaben dem Kir-
chenstaat seine jetzige Ausdehnung. — In Neapel starb der nor-
männische Regentenstamm mit Wilhelm 11. 1189 aus; seine Toch-
ter Constantia heirathete Heinrich Vi., Sohn Friedrichs I., und
so kamen diese schönen Länder an das Haus Hohenstaufen, unter
welchem, und namentlich unter Friedrich 11., der Italien beinahe
garnicht verließ, sie glückliche Zeiten verlebten. Aber nach dem
Tode Conrads, Sohn Friedrichs Is., riefen die Päpste, ewige
Feinde der Hohenssaufen, Carl von Anjou, einen Bruder Ludwigs
des Heiligen, welcher auch den Vormund des jungen Conradin,
Manfred, der sich selbst zum Könige aufgeworfen, besiegte und
das Reich in Besitz nahm. Conradin, der letzte Sprößling jenes
edlen Hauses, als Kind in Deutschland erzogen, kam mit einem
Heere nach Italien, um sein unbestreitbares Recht zu behaupten,
aber in der Schlacht bei Aguila oder Tagliacozzo 1268 gefangen,
ließ der unedle Sieger ihn 1269 zu Neapel enthaupten. Vor sei-
nem Tode hatte er seinen Verwandten Peter, König von Aragon,
zum Erben ernannt, und dieser entriß auch Carln glücklich Sizi-
lien, nachdem alle Franzosen auf dieser Insel am 30. März 1282
(die sizilianische Vesper) waren ermordet worden. Bis 1442 blie-
den beide Lander getrennt, wo Alphons V. von Aragon nun auch
Neapel erwarb. Nach seinem Tode wurden sie wieder getrennt;
sein Bruder Johann Ii. erbte Sizilien, und von diesem erbte es
Ferdinand der Katholische von Spanien. Neapel aber fiel Ferdi-
nand, einem natürlichen Sohne Alphons V. zu, doch wurden seine
Nachfolger von Ferdinand dem Katholischen vertrieben, und so blieb
das Reich beider Sizilien von 1504 an zwei Jahrhunderte bei Spa-
nien und wurde von Vizekönigen regiert.
Wichtiger, als diese zum Theil unbedeutenden politischen An-
gelegenheiten, ist die Betrachtung des Wiederauflebens der Künste
und Wissenschaften in Italien, wo sie nach langen Jahrhunderten
der Barbarei zuerst wieder eine günstige Aufnahme fanden, und
besonders im 15ten und 16ten Jahrhundert im herlichsten Verein,
wie in keinem andern Lande Europa's, blühten. Wir geben also
hier eine kurze Uebersicht der italiänischen Kunst und
Litterlatur, welche wir, um Unterbrechungen zu vermeiden,
gleich bis auf die neueste Zeit hinabführen.
TM Hauptwörter (50): [T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: A._Eurvp Wilhelm Constantia Heinrich_Vi Heinrich Friedrichs_I. Friedrichs_I. Friedrich_11. Friedrich Conrads Friedrichs Carl_von_Anjou Ludwigs Manfred Aguila Peter Alphons_V._von_Aragon Johann_Ii Johann Ferdinand Alphons_V. Ferdinand_dem_Katholischen Ferdinand
296
A. Europa.
der reizenden überaus fruchtbaren Thal-Ebene des Po, und der An-
bau entspricht auch hier ganz der Trefflichkeit des Bodens. Alle
Producte des nördlichen Italiens, Getreide, Reiß, viele Gemüse,
Obstarten und Wein werden in Ueberfluß erzeugt, doch der Wein
nirgend von besondrer Güte, woran die nachlässige Behandlung
wohl mehr als das Klima schuld ist. Wälder finden sich nur in den
Alpen, aber die Menge Pappeln, Ulmenbäume, an welchen der
Wein rankt, Maulbeer- und Obstbäume, unterbrechen einiger-
maßen die allzugroße Einförmigkeit der trefflich angebauten Ebe-
nen. Die Schaafzucht ist hier bedeutender als in irgend einem
andern Theile Italiens, und der Seidenbau steht nur dem piemon-
tesischen nach. — Das lombardisch-venezianische Königreich hat
einen eignen Orden, den von Napoleon 1805 gestifteten und vom
Kaiser Franz 1816 abgeänderten Orden der eisernen Krone, der
aus 3 Klassen besteht. — Man rechnet auch hier gewöhnlich nach
Lire, nur daß die ältere Lira etwa 4 9 ¿ werth ist, die neuere
aber den französischen Franken gleich. Seit 1823 wird im ganzen
Königreich nach östreichischen Lire — 20 Kreutzer oder 5 4 $
gerechnet. In Venedig sind die Zecchiui, eine Goldmünze etwa
3^ an Werth, gewöhnliche
Das Königreich wird in 2 Gouvernements, das von Mailand
pnd das von Venedig getheilt.
a) Das Gouvernement Mailand, der westliche Theil,
zwischen dem Ticino und dem Mincio. Hier sind zu bemerken:
Milano, Mailand (Mediolanum), unter 450 28' N. B.
an der unbedeutenden Olona, aber durch schiffbare Kanäle mit dem
Ticino und der Adda verbunden, die Hauptstadt des Königreichs.
In den letzten Zeiten des römischen Reichs war Mailand oft die
Residenz der Kaiser. Im Mittelalter gehörte sie zu den mächtig-
sten Städten der Lombardei, ward zwar 1162 von Friedrich 1. bis
auf den Grund zerstört, erhob sich aber schnell wieder aus der
Asche. Seit dem 14ten Jahrh. 1313 erhob sich hier die mächtige
Familie der Visconti, welcher später die Sforza in der Herrschaft
folgten, bis das Herzegthum Mailand nach manchen in der Ge-
schichte erwähnten Kriegen an das Haus Oestreich oder vielmehr
Spanien kam. Sie gehört zu den größten und prächtigsten Städ-
ten Italiens und mag gegenwärtig an 150,000 Einw. zählen. Die
meisten Straßen sind indeß weder breit noch gerade, nur der Cor-
so macht eine Ausnahme: dies ist eine breite schöne Straße, an
welche ein schöner öffentlicher Spatziergang stößt, und in welcher,
wie dies in ganz Italien Sitte ist, die vornehme Welt sich gegen
Abend versammlet und spatzieren fährt, reitet oder geht. Unter
den kirchlichen Gebäuden nimmt der berühmte, ganz von weißem
Marmor erbaute und mit mehr als 4000 Statuen in und auswen-
dig verzierte Dom, der an Größe nur der Peterskirche in Rom
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Franz Franz Friedrich Friedrich Sforza
* 51
Vii. Deutschland.
kaiserliche Macht war gebrochen; Eifersucht und persönliche Rück-
sichren beherrschten die Fürsten, und eine Unendlichkeit ven be-
schwerlichen Fermen verzögerte jeden Reichsbeschluß und lahmte
die Ausführung. Daher als Ferdinand Iii. 1657 gestorben und
sein Sehn Leopold 1., ein gutmüthiger aber kraftloser Fürst, ihm
gefolat war, durfte Ludwig Xiv. es wagen, 1680, sogenannte
Reunims-(Vereinigungs-) Kammern niederzusetzen, welche un-
ter den nichtigsten Vorwänden ganze Districte am Rhein und in
Lothringen, mitten im Frieden, als ihm zukommende, zu andern
an Frankreich abgetretenen Provinzen gehörende Länder in Beschlag
nahmen; ja 1681 sogar ohne irgend einen Schein des Rechts sich
der freien Reichsstadt Straßburg zu bemeistern. Der Kaiser, in
seinen eigenen Staaten von den Türken bedrängt, welche 1683
selbst Wien belagerten, konnte cs nicht hindern, und ward selbst
nur durch die Hülfe des tapfern Johann Scbiesky, Königs von
Polen, gerettet. Nicht zufrieden mit diesen unerhörten Amnaßun-
gen, verlangte Ludwig 1685 im Namen der Herzogin von Orleans,
Schwester des letzten Kurfürsten von der Pfalz, dessen Länder als
eine jener Prinzeß gebührende Erbschaft, und auf die Weigerung
des Reichs ließ er die unglückliche Pfalz diesseits und jenseits des
Rheins durch Turenne 1688 auf Mordbrenner Art verwüsten. Der
durch den Frieden zu Ryswyk 1667 beendigte, aber schwach ge-
führte Reichskrieg brachte keine Veränderung in diesen Zustand der
Dinge. Ein größerer Krieg, den alle Mächte voraussahen, zog
damals die ganze Aufmerksamkeit der Fürsten auf sich. Car! 11.,
der letzte König von Spanien aus dem östreichischen Hause, hatte,
dem Tode nahe, fein Reich dem zweiten Sohne Leopolds, dem Erz-
herzog Carl, zugedacht; Frankreichs Künste aber brachten cs dahin,
daß er zuletzt noch durch sein Testament einen französischen Prinzen
Philipp zu seinem Erben ernannte. Hierüber entstand der in ganz
Europa, vorzüglich aber in Spanien, Italien, den Niederlanden
und Deutschland mit Erbitterung geführte spanische Erbfolgekrieg,
Dom Jahre 1762 bis 1714. Die anfänglich glücklichen Franzosen
wurden 1704 von dem Prinzen Eugen, dem kaiserlichen Feldherrn,
und dem englischen Herzog v. Marlborough bei Hochstädr oder
Blennheim an der Donau gänzlich geschlagen und erlitten auch in
den Niederlanden mehr als einen bedeutenden Verlust. Dem deut-
schen Reiche kam aber davon nichts zu gut; Leopold starb 1705,
sein Sohn und Nachfolger Joseph 1. schon 1711, und so wurde
dessen jüngerer Bruder Carl, eben der, welcher um die Krone Spa-
niens focht, zum Kaiser erwählt. Dieser Umstand kühlte den Eifer
der Engländer und Holländer mächtig ab, welche selbst nicht gern
die alte Monarchie Carls V. wieder herstellen mochten, und so kam
es nach vielen Siegen über diefranzoscn zu dem nachtheiligen Frie-
den von Raftadt und Baden 1714, durch welchen Frankreich im
Besitz aller seiner Deutschland entrissenen Länder blieb. Carl V!.
TM Hauptwörter (50): [T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand Leopold_1. Leopold Ludwig_Xiv Ludwig Johann_Scbiesky Johann Ludwig Ludwig Leopolds Carl Philipp Philipp Eugen Eugen Marlborough Leopold Leopold Joseph Carl Carls_V.
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Rhein Lothringen Frankreich Wien Polen Rheins Spanien Leopolds Frankreichs Europa Spanien Italien Deutschland Blennheim Donau Baden Frankreich Deutschland
Viii. Italien. Lombardisch-venez. Königreich. 297
weicht, unstreitig den ersten Rang ein. Er liegt im Mittelpunkte
der Stadt auf einem Hügel, an einem schönem Platze, auf wel-
chem auch der erzbischöfliche Pallaft steht; seine Lange betragt
454 F., seine Breite im Schiff 180, am Kreuze 270; die Höhe
der Kuppel 232 F. und die des höchsten Thurmes 335 F. Er
ward unter Ioh. Galeazzo Viscontt 1386 angefangen, blieb lange
unvollendet und ist erst durch Napoleon beinahe ganz fertig gewor-
den. Viele Baumeister haben daran gearbeitet, wodurch eine
unangenehme Verschiedenheit des Styls an diesem herrlichen Ge-
bäude entstanden ist. Unter den übrigen Kirchen verdienen noch
Erwähnung die von 8. Lorenzo, ein ehemaliger Herkules-Tem-
pel, an dessen Eingang noch 6 antike Säulen, die einzigen Ueber-
reste der Art in Mailand, stehen; die sehr alte Kirche des h. Am-
brosius, in welcher ehemals die deutschen Kaiser die eiserne Krone
des lombardischen Königreichs empfingen *); das ehemalige Jesui-
ter-Collegium, jetzt Pallast Jbrera, ist der Sitz des kaiserlich-kö-
niglichen Instituts der Wissenschaften und Künste. Es enthält
eine große Bibliothek, eine herrliche Gemäldegalerie, Gypsab-
aüsse von antiken Kunstwerken, ein Observatorium und auch ein
botanischer Garten gehört dazu. In dem ehemaligen Cisterzienser-
Klofter des h. Ambrosius befindet sich die durch ihre herrlichen Ma-
nuscripte ausgezeichnete Bibliothek, aus welcher noch in der neue-
sten Zeit mehrere schätzbare Üeberrefte alter Schriftsteller hervorge-
gangen sind. Das aufgehobene Dominikaner--Kloster neben der
Kirche Madonna dclle grazie, ist wegen des herrlichen Wandge-
mäldes von Leonardo da Vinci, die Einsetzung des heil. Abend-
mahls, berühmt. Es befindet sich in dem ehemaligen Refectorium,
Speisesaal, hat aber durch muthwillige Beschädigungen und noch
mehr durch große Feuchtigkeit des Lokals außerordentlich gelitten.
Durch die Sorgfalt des ehemaligen Vicekönigs ist das Lokal indeß
verbessert und das Gemälde durch den unübertrefflichen Kupferstich
von Raphael Morghen verewigt worden. Das neueste Prachtge-
bäude ist der von Napoleon der ehemaligen Citadelle gegenüber er-
baute Triumphbogen, welchen er zum Andenken seiner italiänischen
Siege bestimmt hatte. Der Bau war 1813 nur noch wenig fort-
gerückt und ist seitdem unter dem Namen des Friedens-Bogens,
Arco della pacc, vollendet worden, und zeichnet sich durch das
herrliche Material wie durch treffliche Basreliefs aus. Eine Victo-
ria, in einem von 6 Rossen gezogenen Wagen, aus Erz, soll das
Ganze krönen. Dies Denkmahl dient zugleich als Stadtthor; ihm
*) Diese Krone wurde ehemals zu Monza, einer kleinen Stadt einige
Stunden nördlich von Mailand, aufbewahrt, wo sich ein schöner kaiser-
licher Pattast und eine sehr alte Donikirche befinden; sie hieß die eiserne,
weil sic innerhalb einen eisernen Reisen enthielt, welcher angeblich auö
einem Nagel vom Kreuze Christi gemacht war.
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Extrahierte Personennamen: Galeazzo Napoleon Lorenzo Pallast_Jbrera Leonardo_da_Vinci Raphael_Morghen Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Italien Mailand Cisterzienser- Monza Mailand Christi
276
A. Europa.
Physik, Spallanzani in der Physiologie, und Piazzi in der Astro-
nomie rühmlichst bekannt gemacht.
Beinahe das ganze 16te Jahrhundert hindurch ward Ita-
lien durch Kriege beunruhigt, welche die Eroberungssucht der
Franzosen und die Eifersucht der spanischen und östreichischen Mo-
narchie gegen dieses Volk veranlaßten. Neapel war Ende des
15ten im Besitz Alphons des Ii. vom aragonischen Stamme; Si-
zilien gehörte Ferdinand dem Katholischen; die Rechte aber des
früher (1414) ausgeftorbenen Hauses Anjou waren auf die Gra-
fen der Provence und nach deren Absterben auf Ludwig Xi. Kö-
nig von Frankreich übergegangen. Der Sohn dieses letzter»,
Carl Viii., aufgemuntert von Ludovico Moro, der sich durch
Ermordung seines Neffen zum Herzog von Mailand gemacht, be-
schloß jene alten Rechte geltend zu machen. Er zog ohne Wider-
stand mit einem Heere durch Italien, und Neapel öffnete seine
Thore 1495. Allein schon 8 Tage nachher mußte er den Rückzug
antreten. Diese kühne Unternehmung hatte alle Feinde Frank-
reichs geweckt, Kaiser Maximilian und die Venezianer sammelten
ein Heer in Ober-Italien, Ferdinand von Spanien bedrohetedie
Gränzen Frankreichs, und Carl Viii. mußte sich glücklich schätzen
sich nach Frankreich durchzuschlagen; die zurückgelassenen Garni-
sonen gingen in kurzer Zeit verloren. Sein Nachfolger Lud-
wig Xii., welcher langst verjährte Rechte auf Mailand hatte,
eroberte 1499 dies Herzogthum, und der Usurpator Ludovico
Moro wurde von den Schweizern ausgeliefert und starb 1510 ,'m
Gefängniß. Nun hoffte Ludwig Xii. auch Neapel zu erobern.
Er verband sich deshalb mit Ferdinand dem Katholischen und ver-
abredete eine Theilung der zu machenden Eroberungen. Kaum
aber hatte Ludwig dies Unternehmen ausgeführt und Friedrich 111.
von Neapel abgedankt, als die Spanier über die Theilung Streit
erheben und unter ihrem großen Feldherrn Gonsalvo von Cordova,
von 1501 — 1503, den Franzosen ganz Neapel wieder entreißen.
Bald darauf 1508 vereinigten sich der Papst Julius Ii., der Kai-
ser Maximilian, Ferdinand von Spanien und Ludwig Xii. gegen
die wegen ihres Stolzes allgemein verhaßten Venezianer: dies war
die sogenannte Ligue von Cambray, die erste politische Verbin-
dung dieser Art im neuern Europa. Auch diesmal griff Ludwig zu-
erst an, allein kaum hatte er einige Vortheile errungen, als seine
sämmtlichen Verbündeten sich mit den Venezianern vertrugen und
in der von Julius Ii. gestifteten liga santa sich gegen Ludwig
vereinigten; auch Heinrich Viii. von England, die Venezianer
und die Schweizer traten diesem neuen Bunde bei, welcher zur
Absicht hatte, die Franzosen aus Italien zu vertreiben. Und die-
TM Hauptwörter (50): [T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Alphons Ferdinand Ludwig_Xi Ludwig Carl_Viii Ludovico_Moro Maximilian Maximilian Ferdinand_von_Spanien Ferdinand Carl_Viii Ludovico
Moro Ludwig_Xii Ludwig Ferdinand Ludwig Ludwig Friedrich Friedrich Gonsalvo_von_Cordova Julius_Ii Maximilian Maximilian Ferdinand_von_Spanien Ferdinand Ludwig_Xii Ludwig Cambray Ludwig Ludwig Julius_Ii Ludwig Ludwig Heinrich_Viii Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Europa Neapel Frankreich Mailand Italien Neapel Ober-Italien Frankreichs Frankreich Mailand Neapel Neapel Neapel Europa England Italien
Viii. Italien.
277
sen Zweck erreichte sie auch vollkommen: die Schweizer setzten den
Maximilian Sforza, von dem alten Fürstengeschlechte, 1511 auf
den Thron von Mailand, und auch Genua warf das französische
Joch ab. Ganz Italien war für Ludwig verloren. Der Kampf
erneuerte sich und ward anhaltender und hartnäckiger unter
Franz 1., welcher die ganze Zeit seiner Regierung hindurch nach
dem Besitz von Mailand trachtete. Er siegte 1515 bei Marignano
über die bis dahin unüberwindlich geachteten Schweizer, und
Maximilian Sforza kehrte in den Privatftand zurück. Als aber
Carl V. deutscher Kaiser geworden und die Eifersucht zwischen ihm
und Franz 1. den Krieg entzündet, ward Mailand den Franzosen
wieder entrissen und Maximilians Bruder, dem Franz Sforza,
zurückgegeben. Vergebens suchte Franz 1. in eigner Person Mai-
land wieder zu erobern, er ward 1525 bei Pavía geschlagen und
gefangen genommen und mußte als Gefangener nach Spanien
wandern. Die Siege Carls und die Gewaltthätigkeiten seines
Feldherrn, des aus französischen Diensten zu ihm übergegangenen
Connetable von Bourbon, welcher um seine Truppen zu bezahlen
1527 Rom stürmen und plündern ließ, wobei er selbst aber den
Tod fand, hatten die Gemüther aller Jtaliäner ihm abwendig
gemacht, und Franz hoffte in einem neuen Versuche auf Mailand
glücklicher zu seyn, war es aber so wenig, daß vielmehr noch Ge-
nua, welches seit 1527 wieder französisch geworden, durch den
Seehelden Doria 1528 befreit wurde und seine Unabhängigkeit
bis 1797 behauptete. Mailand behielt beim Frieden 1529 seinen
Herzog Franz Sforza. Als dieser aber 1536 gestorben, erneuerte
Franz 1. seine Ansprüche und verband sich, um seinem großen
Gegner gewachsen zu seyn, mit dem türkischen Sultan Soli-
mán Ii.; das erste Beispiel dieser Art, wenn man nicht dahin
rechnen will, daß schon der Papst Alexander Vi. mit Sultan
Bajessid 11. gegen Carl Viii. in Unterhandlungen getreten war.
Aber auch dieser anfänglich glückliche Feldzug ward vereitelt, die
Franzosen wurden wieder vertrieben, und Carl gab 1540 Mailand
seinem Sohne Philipp, dem nachmaligen König von Spanien.
Noch einmal, aber eben so vergeblich, suchtefranz von 1541—44
den Besitz von Mailand zu erringen; es blieb so wie Neapel und
Sizilien unter spanischer Herrschaft bis zu Ende des spanischen
Erbfolgekrieges. Die übrigen wichtigsten politischen Veränderun-
gen Italiens im 16ten Jahrhundert waren, daß die Familie Me-
dici zu Florenz unter dem Schutze Carls V. die Fürstenwürde er-
hielt, und Ferrara, nachdem das Haus Este 1597 ausgestorben,
als ein eröffnetes Lehn vom Papste eingezogen ward. Bis zum
Jahre 1700 genoß Italien einer im Ganzen wenig gestörten Ruhe;
als aber in diesem Jahre Carl 11. von Spanien gestorben und
Frankreich mit Oestreich über seine Erbschaft in jenen langen Erb-
folgekrieg gerieth, ward auch das nördliche Italien dadurch beun-
TM Hauptwörter (50): [T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T96: [Ludwig Karl König Frankreich Kaiser Xiv Napoleon Krieg Franz Italien]]
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Extrahierte Personennamen: Maximilian_Sforza Maximilian Ludwig Ludwig Franz_1. Franz Maximilian_Sforza Maximilian Carl_V. Franz Franz Maximilians Franz_Sforza Franz Franz_1. Franz Franz Franz Doria Franz_Sforza Franz Franz_1. Franz Alexander_Vi Alexander Bajessid Carl_Viii Carl Philipp Philipp Carls_V. Carl Oestreich
278
A. Europa.
ruhigt, uitt) der östreichische Feldherr, Prinz Eugen ven Savoyen,
schlug die Franzosen mehrere Male und vertrieb sie 1797 gänzlich
ans Italien. Beim Frieden zu Raftadt, 1714, erhielt Oestreich,
als seinen Antheil von der spanischen Monarchie, Mailand, Man-
tua, Neapel und Sardinien; Sizilien dagegen warb dem Herzoge
von Savoyen, dessen Haus schon seit 1559 Piemont besaß, mit
dem Königstitel gegeben, doch mußte der neue König es bald dar-
auf, 1720, gegen Sardinien vertauschen, wovon er nun den Titel
führte. Auch Oestreich behielt Neapel nur bis 1768, wo es wie-
derum an Spanien gegen Parma und Piacenza abgetreten ward.
An die Stelle der 1767 ausgestorbenen Medici trat der Herzog
Franz Stephan von Lothringen, und seitdem dieser durch seine
Ehe mir Maria Theresia Kaiser geworden, hat Toscana bis auf
die neuere Zeit östreichische Prinzen zu Beherrschern gehabt.
Die Ruhe Italiens im 18ren Jahrhundert ward erst durch
die französische Revolution unterbrochen. Die Kriege, welche sie
veranlaßte und wovon das unglückliche Italien ven einem Ende
bis zum andern, bei weitem am meisten aber das nördliche, der
Schauplatz gewesen, haben wir bei Frankreich und Deutschland
schon ausführlicher kennen gelernt. Es genüge daher hier nur
eine kurze Aufzählung der wichtigsten Begebenheiten, welche in
Italien vorgefallen, und der Veränderungen, welche darin rasch
auf einander folgten.. Im Jahre 1792 drangen die Franzosen in
Savoyen ein und verbreiteten sich von da aus in Piemont. Der
Krieg mit Oestreich zog sich mit abwechselndem Erfolge bis 1796,
wo Buonaparte den Oberbefehl erhielt und nach den siegreichen
Schlachten bei Lodi am 19. Mai und bei Arcóle vom 15. bis 17.
Nov. 1796 dem nördlichen Italien eine andre Gestalt gab. Durch
den Frieden von Campo Formio 1797 erhielt Oestreich die Besitzun-
gen der von Buonaparte vernichteten Republik Venedig; aus Mai-
land, Mantua, Parma und Modena ward eine cisalpinische Re-
publik gebildet; aus dem Kirchenstaate eine römische; das Genue-
sische hieß nun die ligurische Republik; der König von Sardinien
mußte Savoyen und die Grafschaft Nizza an Frankreich abtreten.
Im folgenden Jahre aber ward er gänzlich vertrieben. Im Jahre
1/99 ward Neapel, wegen seiner Verbindungen mit England,
besetzt und in eine parthenopeische Republik verwandelt; nur Eng-
lands Uebermacht zur See schützte Sizilien; Toscana ward einst-
weilen besetzt. Aber noch im nemlichen Jahre drangen die Oeft-
reichcr und die Russen unter Suwarow überall siegreich vor; Nea-
pel, Rom, ganz Italien bis auf Genua, welches von Massena
. aufs äußerste vertheidigt wurde; ward befreit. Das folgende Jahr
1899 führte eben so schnelle und eben so gewaltige Veränderun-
gen herbei. Napoleon war aus Aegypten zurückgekehrt, ging über
die Alpen, und die Schlacht von Marengo, am 14. Juni, entriß
den Oestreichern Italien wieder. So wie die Zuversicht und die
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Extrahierte Ortsnamen: Europa Italien Mailand Neapel Sardinien Sizilien Savoyen Sardinien Neapel Spanien Piacenza Toscana Italiens Italien Frankreich Deutschland Italien Italien Venedig Mantua Parma Modena Sardinien Frankreich Neapel England Sizilien Rom Italien Genua Italien
Viii. Italien.
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Macht Napoleons in Frankreich stieg, so veränderten sich nach sei-
ner Willkühr die italiänischen Verhältnisse. Die cisalpinische Re-
publik verwandele sich 1802 in eine italiänische, deren Präsident
Napoleon war; Piemont ward mit Frankreich vereinigt. Als er
aber 1895 den Kaisertitel angenommen, ward die italiänische Re-
publik abermals in ein Königreich Italien umgeschmolzen und auch
Genua Frankreich einverleibt. Nach dem Siege bei Austerlitz und
dem Presburger Frieden mußteoestreich das Venezianische, Istrien
und Dalmatien abtreten, welche mit dem italiänischen König-
reiche vereinigt wurdey. Im Jahre 1896 ward das Königreich
Neapel besetzt und dem Bruder Napoleons, Joseph Buonaparte,
verliehen, welcher es jedoch schon 1808 seinem Schwager Mürat
abtreten und dagegen nach Spanien wandern mußte. Auch Etru-
rien, welches eine Zeitlang ein spanischer Jnfant mit dem Königs-
titel verwaltet, ward nun dem französischen Reiche einverleibt.
Der Kirchenstaat hatte 1869 das nemliche Schicksal, so wie auch
die durch den Wiener Frieden abgetretenen illyrischen Provinzen.
Nach dem Unglück, welches die ^ranzssen in Rußland getroffen,
und die Niederlagen, die sie 1818 in Deutschland erlitten, schloß
sich Mürat an die Verbündeten an und rettete für diesmal seine
Krone. Das übrige Italien kehrte größtentheils zu seinen alten
Herren zurück, nur daß die Insel Elba mit völliger Souverainitat
dem abgesetzten Kaiser, und die Herzogthümer Parma, Piaccnza
und Guaftalla seiner Gemahlin Marie Louise von Oestreich über-
taffen wurden. Als im Jahre 1815 Napoleon sich wieder auf den
Thron von Frankreich geschwungen, ergriff auch Mürat für ihn
die Waffen, ward aber von den Oeftreichern am 2. und 3. Mai
bei Tolcntino so gänzlich geschlagen, daß er nach Frankreich fliehen
mußte, und als er, nachdem Napoleon abermals besiegt, mit we-
nigen Begleitern es wagte, von Corsika aus bei Pizzo in Calabrien
zu landen, ward er ergriffen, vor ein Kriegsgericht gestellt, und
am 13. October 1815 erschossen. So waren denn Neapel und der
Kirchenstaat ihren alten Herren wiedergegeben, Sardinien ward
noch durch das Gebiet von Genua vergrößert; der größte Theil
vom obern Italien, ncmlich das ehemalige Venezianische, Man-
tua und Mailand, bildeten für Oestreich das venezianisch-lombar-
dische Königreich; das Haus Oestreich-Este erhielt Modena; die
Erzherzogin Marie Louise Parma und Piacenza; die ehemalige
Königin von Etrurien Lucca; der Erzherzog Ferdinand von Oest-
reich Toscana, und die Engländer behielten Malta und die Schutz-
herrschaft über die Republik der ionischen Inseln. — Die Jta-
tiäner hatten zwar seit 23 Jahren beinahe ununterbrochen die Lei-
den des Krieges erfahren, zugleich war aber doch der kriegerische
Sinn der Nation dadurch geweckt und sie mit manchen bessern po-
litischen Ideen und Einrichtungen bekannt geworden, deren Ge-
nuß ihnen durch einige der zurückgekehrten alten Regierungen wie-
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