68 c^r? v^a z^a v^a
sein." Da hat aber das goldene Vögelein gar arg mit den Äuglein
geblinzelt uitb hat gesagt: „Ihr unzufriedenen Leute! Werdet ihr
denn nicht einmal genug haben? Ich will euch zu Edelleuten machen,
es ist euch aber nichts nutz!" und hat ihnen gleich ein schönes Schloß
geschenkt, Kutschen und Pferde und eine reiche Bedienung. — Jetzt
sind sie nun Edelleute gewesen, sind alle Tage spazieren gefahren und
haben an nichts mehr gedacht, als wie sie die Tage herumbringen
wollten in Freuden und mit Nichtstun.
Einmal sind sie in die Hauptstadt gefahren, ein großes Fest zu
sehen. Da sind der König und die Königin in ihrer ganz vergoldeten
Kutsche gesessen, in goldgestickten Kleidern, und vorn und hinten und
aus beiden Seiten sind Marschälle, Hosleute, Edelknaben und Soldaten
geritten, und alle Leute haben die Hüte und Taschentücher geschwenkt,
wo der König und die Königin vorbeigefahren sind. Ach, wie hat
da dem Manne und der Frau vor Ungeduld das Herz geklopft! Kaum
waren sie wieder nach Hause, so sprachen sie: „Jetzt wollen wir noch
König und Königin werden; hernach wollen wir aber einhalten."
Und da haben sie wieder alle zwei miteinander in die Hände geklatscht
und haben gerufen, was sie nur rufen konnten:
„Goldvögelein im Sonnenstrahl!
Goldvögelein im Demantsaal!
Goldvögelein überall!"
Da ist das goldene Vögelein wieder zum Fenster hereingeflogen
und hat gefragt: „Was wollt ihr nur von mir?" Da haben sie beide
geantwortet: „Wir möchten gern König und Königin sein." Da hat
aber das Vögelein ganz schrecklich arg mit den Augen geblinzelt, hat
alle Federchen gesträubt, hat mit den Flügelchen geschlagen und ge-
sagt: „Ihr wüsten Leute, wann werdet ihr denn einmal genug haben?
Ich will euch noch zum König und zur Königin machen; aber dabei
wird's doch nicht bleiben sollen; denn ihr habt nimmermehr genug."
Jetzt sind sie nun König und Königin gewesen und haben übers
ganze Land zu gebieten gehabt, haben sich einen großen Hofstaat ge-
halten, und ihre Minister und Hofleute haben müssen auf die Kuie
niederfallen, wenn sie eines von ihnen ansichtig wurden. Auch haben
sie nach und nach alle Beamten im ganzen Lande vor sich kommen
lassen und ihnen vom Throne herab ihre strengen Befehle erteilt.
Und was es nur Teures und Prächtiges in aller Herren Länder gab,
das mußte herbeigeschafft werden, so daß ein Glanz und Reichtum
sie umgab, der unbeschreiblich ist. Und doch sind sie jetzt noch nicht
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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TM Hauptwörter (200): [T49: [König Königin Herzog Peter Hof Elisabeth Minister Tod Graf Regierung], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld]]
U^xi V^xi 39 Vi-xi V£ü V^ü V^ii U^xi Vi^i< C^ii
Blumen Korbblütler. Ihr kennt schon manche davon, wie das hübsche
kleine Gänseblümchen, den goldgelben Löwenzahn und die große
Sonnenblume. Und von der schönen blauen Kornblume habt ihr
auch schon oft Kränze gemacht, nicht wahr?
20. Die sieben Stäbe.
von Christoph v. Schinid.
Sin Vater hatte sieben Söhne, die öfters miteinander uneins wuc-
den. Über dem Zanken und Streiten versäumten sie die Arbeit. Za,
einige böse Menschen hatten im Sinne, diese Uneinigkeit zu benutzen,
um die Söhne nach dem Tode ihres Vaters um ihr Erbteil zu bringen.
Da ließ der ehrwürdige Greis eines Tages alle sieben Söhne zu-
sammenkommen, legte ihnen sieben Stäbe vor, die fest zusammengebunden
waren, und sagte: „Demjenigen von euch, der dieses Bündel Stäbe
zerbricht, zahle ich hundert große Taler bar."
Einer nach dem andern strengte alle seine Aräste an, und jeder
sagte nach langem, vergeblichem Bemühen: „Es ist gar nicht möglich!"
„Und doch," sagte der Vater, „ist nichts leichter!" Er löste das
Bündel auf und zerbrach einen Sab nach dem andern mit geringer
Ukühe. „Ei," riefen die Söhne, „so ist es freilich leicht, so könnte es
ein kleiner Anabe!"
Der Vater aber sprach: „ll)ie es mit diesen Stäben ist, so ist es
mit euch, meine Söhne. Solange ihr fest zusammenhaltet, werdet ihr
bestehen, und niemand wird euch überwältigen können. U)ird aber das
Band der Eintracht, das euch verbinden soll, ausgelöst, so geht es euch
wie den Stäben, die hier zerbrochen auf dem Boden umherliegen."
Das bsaus, wo Zwietracht herrscht, zerfällt,
nur Einigkeit erhält die U)elt.
TM Hauptwörter (50): [T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Ii. Hus der Geschichte des Vaterlandes.
K5g. Der Grosze Aurfürst von Brandenburg.
Nach Deinhardt u. a.
Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst von Brandenburg,
wurde im Jahre 1620 geboren; seine Jugend füllt also in die Zeit
des Dreißigjährigen Krieges. Als der Knabe sieben Jahre alt ge-
worden war, ließ ihn sein Vater, der Kurfürst Georg Wilhelm, der
Kriegsunruhen wegen in die schützende Festung Küstrin bringen.
Allein fünf Jahre später hatten die Kriegsverhältnisse einen so be-
drohlichen Charakter angenommen, daß selbst Küstrin nicht mehr sicher
schien; man flüchtete mit dem Prinzen daher nach Pommern. Hier
sah er die Leiche seines Onkels, des Schwedenkönigs Gustav Adolf,
als sie gerade eingeschifft wurde, um nach Schweden übergeführt zu
werden. Der traurige Anblick machte auf das Gemüt des Knabeu
eineu unauslöschlichen Eindruck. Einige Jahre später bezog er zu
seiner weiteren Ausbildung die berühmte niederländische Universität
Leyden. Von hier ging er nach dem Haag, der niederländischen
Residenz, und ließ sich von den dort weilenden Gesandten der fremden
Mächte in die Staatskunst einweihen. Dort versuchte man, ihn zu
einem üppigen, ausschweifenden Leben zu verleiten, aber vergeblich;
er verließ den Haag und eilte zu seinem Vetter, dem Prinzen Hein-
rich von Oranien, welcher gerade die von den Spaniern besetzte
Festung Breda belagerte. Oranien erkannte sofort mit klarem Blick,
daß diese Tat des Jünglings ein Vorzeichen künftiger Größe sei,
und sprach die prophetischen, bedeutungsvollen Worte:
„Vetter, Ihr habt einen schöneren Sieg erfochten,
als wenn ich Breda eroberte! Ihr habt das getan, Ihr
w erd et mehr tun!"
Im Jahre 1640 starb der Kurfürst Georg Wilhelm, und nun
bestieg der Prinz den Thron. Das Land, welches er regieren sollte,
war durch den blutigen Krieg entvölkert, verwüstet und gänzlich ver-
armt. Allein der junge Fürst verzagte nicht. Zunächst suchte er seinem
Lande den Frieden wiederzugeben; er schloß daher mit den Schweden
einen vorläufigen Vertrag, nach welchem sie nur noch in einigen
festen Plätzen seines Landes Besatzungen halten durften. Dann wirkte
er für die Herbeiführung eines endgültigen Friedens, der auch
endlich im Jahre 1648 zu Münster und Osnabrück zustande kam
Ernst, Deutsches Lesebuch für Mädchenschulen. 0. Iii. 14
TM Hauptwörter (50): [T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien]]
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Extrahierte Personennamen: Deinhardt Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Georg_Wilhelm Wilhelm Gustav_Adolf Gustav Adolf Georg_Wilhelm Wilhelm Ernst
Qq O.v.q<D.qqv.qq<D.v.v.®V 152 Qqvoqqnonnoqonnv
Da niemand einen besseren Vorschlag hatte, stimmte das Krähen-
volk schweigend zu.
Am andern Morgen hockten sich Tausende von Krähen in den
frischgefallenen Schnee. Unter den warmen Vogelleibern zeigten sich
kleine Wasserlachen. Viele erstarrten bei dieser furchtbaren Arbeit,
aber neue Ankömmlinge nahmen ihre Plätze ein. So hofften und
harrten sie auf Erfüllung und duldeten Mühsal.
Da kam nach ein paar Tagen die Sonne; und was die vielen
tausend Seelchen in hundert Jahren nicht fertig gebracht hätten, ver-
mochte die Tochter des Himmels in ein paar Stunden. Der schlimme
Schnee zerschmolz zusehends, das Land wurde frei und fruchtbar, und
die Vögel hatten vollauf zu essen.
Aber fragt einmal die Krähen: die glauben fest, daß ohne sie die
Sonne nichts hätte ausrichten können, ja, daß ihnen der größte Teil
der Arbeit zugefallen sei!
Belauscht sie uur einmal auf den Feldern; da könnt ihr hören,
wie sie sich ihrer Kraft und Weisheit rühmen!
Die Sonne aber leuchtet und schweigt und läßt dem Krähenvolk
feinen Spaß.
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132
So schlummre fort, bis deines Volkes Brüder,
wenn Flammenzeichen von den Bergen rauchen,
mit Gott versöhnt die rost'gen Schwerter brauchen,
das Leben opfernd für die höchsten Güter.
Tief führt der Herr durch Nacht und durch verderben'
so wollen wir im Kampf das heil erwerben,
daß unsre Enkel freie Männer sterben.
Kommt dann der Tag der Freiheit und der Bache:
Dann ruft dein Volk,' dann, Deutsche Frau! erwache,
ein guter Engel für die gute Sache!
Theodor Körner.
64. Friedrich Wilhelms Hl. Aufruf „5tn Mein Volk".
So wenig für Mein treues Volk als für Deutsche bedarf es einer
Bechenschast über die Ursachen des Krieges, welcher jetzt beginnt. Klar
liegen sie dem unverblendeten Europa vor Bugen.
Mir erlagen unter der Übermacht Frankreichs. Der Frieden, der
die hälfte Meiner Untertanen Mir entriß, gab uns seine Segnungen
nicht, denn er schlug uns tiefere Munden als selbst der Krieg. Das
Mark des Landes ward ausgesogen, die Hauptfestungen blieben vom
Feinde besetzt, der Bckerbau ward gelähmt, so wie der sonst so hoch
gebrachte Kunstfleiß unserer Städte. Die Freiheit des Handels ward
gehemmt und dadurch die Quelle des Erwerbs und des Wohlstands
verstopft. Das Land ward ein Baub der Verarmung.
Durch die strengste Erfüllung eingegangener Verbindlichkeit hoffte Ich
Meinem Volke Erleichterung zu bereiten und den französischen Kaiser
endlich zu überzeugen, daß es sein eigener Vorteil sei, Preußen seine Un-
abhängigkeit zu lassen. Bber Meine reinsten Besichten wurden durch
Übermut und Treulosigkeit vereitelt, und nur zu deutlich sahen wir, daß
des Kaisers Verträge mehr noch wie seine Kriege uns langsam verderben
mußten. Jetzt ist der Bugenblick gekommen, wo alle Täuschung über
unsern Zustand aufhört.
Brandenburger, Preußen, Schlesier, Pommern, Litauer! Ihr wißt,
was Ihr seit fast sieben Jahren erduldet habt' Ihr wißt, was Euer
trauriges Los ist, wenn wir den beginnenden Kampf nicht ehrenvoll
enden. Erinnert Euch an die Vorzeit, an den Großen Kurfürsten, den
großen Friedrich. Bleibt eingedenk der Güter, die unter ihnen unsere
vorfahren blutig erkämpften: Gewissensfreiheit, Ehre, Unabhängigkeit,
Handel, Kunstfteiß und Wissenschaft. Gedenkt des großen Beispiels unserer
mächtigen Verbündeten, der Bussen, gedenkt der Spanier, der Portugiesen!
Selbst kleinere Völker sind für gleiche Güter gegen mächtigere Feinde
in den Kampf gezogen und haben den Sieg errungen. Erinnert Euch
an die heldenmütigen Schweizer und Niederländer.
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Extrahierte Personennamen: Theodor_Körner Friedrich_Wilhelms Friedrich Wilhelms Friedrich Friedrich
134
Krieges ist so, daß im Verlaufe dieses Feldzugs uns sowohl die
Überlegenheit als der Sieg nicht entgehen kann." Schon der Aufruf
vom 3. Februar hatte Erfolge, die niemand außer Scharnhorst für
möglich gehalten. Es war der stolzeste Augenblick in Scharnhorsts'
Leben, als er den König einst in Breslau ans Fenster führte und
ihm die jubelnden Scharen der Freiwilligen zeigte, wie sie in
malerischem Gewimmel, zu Fuß, zu Roß, zu Wagen, ein endloser
Zug, sich an den alten Giebelhäusern des Ringes vorüberdrängten.
Dem Könige stürzten die Tränen aus den Augen. Treu und gewissen-
haft hatte er seines schweren Amtes gewaltet in dieser langen
Zeit der Leiden und oftmals richtiger gerechnet als die Kriegspartei;
was ihm fehlte, war der frohe Glaube an die Hingebung seiner
Preußen, jetzt fand er ihn wieder.
Seit dem 17. März traten auch die breiten Massen des Volkes
in das Heer ein. Durch den Wetteifer aller Stände wurde die
größte kriegerische Leistung möglich, welche die Geschichte von
gesitteten Nationen kennt. Dies verarmte kleine Volk verstärkte
die 46 000 Mann der alten Linienarmee durch 95 000 Rekruten und
stellte außerdem über 10 000 freiwillige Jäger sowie 120 000 Mann
Landwehr, zusammen 271000 Mann, einen Soldaten auf siebzehn
Einwohner, unvergleichlich mehr, als Frankreich einst unter dem
Drucke der Schreckensherrschaft aufgeboten hatte — das alles noch
im Verlaufe des Sommers, ungerechnet die starken Nachschübe,
die späterhin zum Heere abgingen. Natürlich, daß die ent-
lassenen Offiziere sich sofort herbeidrängten, um die Ehre ihrer
alten Fahnen wiederherzustellen. Sobald General Oppen auf seinem
märkischen Landgute von dem Anrücken des vaterländischen Heeres
hörte, nahm er seinen alten Säbel von der Wand und ritt, wie
ein Rittersmann in den Tagen der Wendenkriege, mit einem Knechte
spornstreichs hinüber zu seinem alten Waffengefährten Bülow. Der
stellt den herkulischen Mann mit den blitzenden Augen lachend
seinen Offizieren vor: „Das ist einer, der das Einhauen versteht"
— überträgt ihm den Befehl über die Reiterei, und einmal bei der
Arbeit bleibt der Wildfang fröhlich dabei, ein unersättlicher Streiter,
bis zum Einzuge in Paris.
Neben den alten Soldaten empfand die gebildete Jugend den
Ernst der Zeiten am lebhaftesten; in ihr glühte die schwärmerische
Sehnsucht nach dem freien und einigen deutschen Vaterlande. Kein
Student, der irgend die Waffen schwingen konnte, blieb daheim;
vom Katheder hinweg führte Professor Steffens nach herzlicher
Ansprache seine gesamte Hörerschaft zum Werbeplatze der frei-
willigen Jäger. Der König rief auch seine verlorenen alten Provinzen
zu den Fahnen: „Auch ihr seid von dem Augenblicke, wo mein
treues Volk die Waffen ergriff, nicht mehr an den erzwungenen
Eid gebunden." Da aber eine Massenerhebung in den unglücklichen
Landen vorerst noch ganz unmöglich war, so eilten mindestens
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139
Und führt uns, wär's auch durch den Tod,
zu seiner Freiheit Morgenrot.
Dem Herrn allein die Ehre!
Th. Körner.
67. Weiherede des Predigers Peters bei der Einsegnung
des Lützowfchen Freicorpz.
Rogau, den 27. März 1813.
(Gekürzt.)
Ts ist ein ehrenvoller Auftrag, der mir geworden ist, Sie vorzu-
bereiten auf den feierlichen Rkt, welcher Ihnen bevorsteht, und die
Wichtigkeit und würde desselben zu erhöhen durch diese kirchliche Weihung.
Ich kann nur dann ihn würdigen, wenn ich, ein deutscher Mann, zu
deutschen Männern und Jünglingen rede, ein warmer Freund meines
Vaterlandes zu seinen künftigen Verteidigern, ein treuer Untertan meines
Königs zu seinen freiwilligen Kriegern. Denn auch mich erfüllt und
begeistert die große Jache, welche zu führen Zie entschlossen sind. Es
ist Preußens, es ist Deutschlands, es ist der Menschheit Zache. Und Zie
sind gekommen, sich öffentlich und feierlich dieser Zache zu weihen.
Es erschüttert mich Ihr Unblick. Es ist eine schöne, heilige Emp-
findung, womit ich jetzt in Ihrer Mitte stehe. Zie sind mir und ich bin
Ihnen fremd. Uber dieser Uugenblick befreundet uns. Ich nenne mich
verwandt, verbrüdert mit Ihnen allen. Und so reiche ich Ihnen ernst
und freundlich die Hand am Ultare des Vaterlandes,' denn Zie wollen
an diesem Ultare schwören, zu streiten für Preußens Ehre und für
Deutschlands Selbständigkeit.
von allen Zeiten her, aus nahen und fernen Provinzen sind Zie
in einen Bund getreten. Ohne Unterschied des Ztandes, des Ranges und
der Beschäftigungen vereinigt Zie alle dieselbe Ubsicht. viele von Ihnen
verließen ihre Heimat, ihre Eltern, ihre Freunde, ihre Bräute, um sich
zu stürzen in den Kampf aufgeregter Kräfte, viele von Ihnen vertauschen
eine bequeme Ruhe mit tausend Entbehrungen, die Wissenschaften mit
dem Geräusche des Krieges, die Werkzeuge der Kunst mit dem Zchwerte.
Und wenn ich nun frage: wer hat diese Blüte des Volkes in diesen herr-
lichen Kranz versammelt? und mir antworten muß: Der Zeitgeist war es!
Die heiße Siebe zum Vaterlande war es! — dann möcht ich mich wild
ln Ihre Reihen stürzen, dann möcht ich mit an Ihrer Zeite kämpfen und
siegen oder sterben. Denn auch ich habe zu rächen, was je kein deutscher
Mann verschmerzen soll: Unterjochung und Schmach und Zpott und
hohn der Rusländer, und ein Vaterland, das ich über der Elbe in
fremden, unheiligen Händen weiß. — Rber ich darf den Rltar des
Friedens nicht verlassen, dem ich diene. Ich kann Zie nur beneiden und
— ich tue es. Ich kann nur für Zie beten, und — ich will es. Ich
kann Zie nur segnen — und ich werde es. Denn bei dem Rllmächtigen!
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162
6. Nur ein klanglos Wimmern, ein Schrei voll Schmerz
entquoll dem metallenen Munde,
eine Kugel hatte durchlöchert ihr Lrz —
um die Toten klagte die wunde.
7. Um die Tapfern, die Treuen, die Wacht am Nhein,
um die Brüder, die heut gefallen —
um sie alle, es ging uns durch Mark und Bein,
erhob sie gebrochenes Lallen.
8. Und nun kam die Nacht, und wir ritten hindann,
rundum die Wachtfeuer lohten,
die Nosse schnoben, der Uegen rann —
und wir dachten der Toten, der Toten!
Ferdinand Freiligrattz.
85. Tod in Ähren.
1. 3m Weizenfeld, in Korn und Mohn,
liegt ein Soldat, unaufgefunden,
zwei Tage schon, zwei Nächte schon,
mit schweren Wunden, unverbunden.
2. Durstüberquält und fieberwild,
im Todeskampf den Kopf erhoben.
Lin letzter Traum, ein letztes Bild,
sein brechend Buge schlägt nach oben.
3. Die Sense rauscht im Ahrenfeld,
er sieht sein Dorf im Urbeitsfrieden,
ade, ade du Heimatwelt —
und beugt das Haupt und ist verschieden.
Detlev von Liliencron.
86. Brief König Wilhelms an die Königin.
vendrefse, südlich Sedan, 3. September 1870.
Du kennst nun durch meine drei Telegramme den ganzen Umfang
des großen geschichtlichen Ereignisses, das sich zugetragen hat! Ls ist
wie ein Traum, selbst wenn man es Stunde für Stunde hat abrollen
sehen!
Wenn ich mir denke, daß nach einem großen, glücklichen Kriege
ich während meiner Negierung nichts Ruhmreicheres mehr erwarten konnte
und ich nun diesen weltgeschichtlichen Nkt erfolgt sehe, so beuge ich mich
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand_Freiligrattz Ferdinand Mohn Detlev_von_Liliencron Wilhelms
255
gesezt seyn, meine Studien planmäßig fortzusezen und mich zu Dem
zu bilden, was ich hoffen kann zu werden.
Der allgemeine Beifall, womit einige meiner versuche vom ganzen
Deutschland aufgenommen wurden, welches ich höchstdenenselben unter-
thänig zu beweisen bereit bin, hat mich einigermaßen veranlaßt, stolz
seyn zu können, daß ich von allen bisherigen Zöglingen der grasen
Uarlsacademie der erste und einzige gewesen, der die Aufmerksamkeit
der grosen Welt angezogen, und ihr wenigstens einige Achtung ab-
gedrungen hat — eine Ehre, welche ganz auf den Urheber meiner
Bildung zurükfällt! hätte ich die litterarische Freiheit zu weit getrieben,
so bitte ich Lw. herzogt. Durchlaucht allerunterthänigst, mich öffentliche
Rechenschaft davon geben zu lassen, und gelobe hier feierlich alle künftige
Produkte einer scharfen Zensur zu unterwerfen.
Noch einmal wage ich es, höchstdieselbe auf das submisseste anzuflehen,
einen gnädigen Blik auf meine unterthänigsten Vorstellungen zu werfen,
und mich des einzigen Weges nicht zu berauben, auf welchem ich mir
einen Namen machen kann.
Der ich in aller Devotester Submission ersterbe
Lwr. herzogl. Durchlaucht
unterthänigst treugehorsamster
Frid. Schiller,
Negimentsmedicus.
Un w. h. v. Dalberg.
(Sachsenhausen, den 1. oder 2. Oktober 1782.)
Euer Excellenz werden von meinen Freunden zu Mannheim meine
Lage bis zu Ihrer Nnkunft, die ich leider nicht mehr abwarten konnte,
erfahren haben. Sobald ich Ihnen sage, ich bin auf der Flucht, so-
bald habe ich mein ganzes Schicksal geschildert. Uber noch kommt das
schlimste hinzu. Ich habe die nöthigen Hilfsmittel nicht, die mich
in den Stand sezten, meinem Mißgeschik Troz zu bieten. Ich habe
mich von Stuttgardt, meiner Sicherheit wegen, schnell, und zur Zeit
des Grosfürsten losreißen müssen. Dadurch habe ich meine bisherigen
ökonomischen Verhältnisse plötzlich durchrissen, und nicht alle Schulden
berichtigen können. Meine Hoffnung war auf meinen Aufenthalt zu
Mannheim gesezt,' Dort hoffte ich von Ew. Excellenz unterstüzt, durch
mein Schauspiel, mich nicht nur schuldenfrei als auch überhaupt in bessere
Umstände zu sezen. Diß ward durch meinen nothwendigen plözlichen
Uufbruch hintertrieben. Ich ging leer hinweg, leer in Börse und hofnung.
Es könnte mich schaamroth machen, daß ich Ihnen solche Geständnisse
thun muss, aber, ich weiss, es erniedrigt mich nicht. Traurig genug,
daß ich auch an mir die gehässige Wahrheit bestätigt sehen muss, die
jedem freien Schwaben Wachstum und Vollendung abspricht.
wenn meine bisherige Handlungsart, wenn alles das woraus Ewr.
Excellenz meinen Uarakter erkennen, Ihnen ein Zutrauen gegen meine
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier]]
TM Hauptwörter (200): [T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
Extrahierte Personennamen: Schiller Dalberg
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Negimentsmedicus Sachsenhausen Mannheim Mannheim
103
Freiheit und Gleichheit! hört man schallen;
der ruh'ge Bürger greift zur wehr,
die Straßen füllen sich, die Hallen,
365 und Würgerbanden ziehn umher.
Da werden Weiber zu Hyänen
und treiben mit Entsetzen Scherz,-
noch zuckend, mit des Panthers Zähnen
zerreißen sie des Feindes herz.
370 Nichts heiliges ist mehr, es lösen
sich alle Bande ftommer Scheu,-
der Gute räumt den Platz dem Bösen,
und alle Laster walten frei.
Gefährlich ist's, den Leu zu wecken,
375 verderblich ist des Tigers Zahn,-
jedoch der schrecklichste der Schrecken,
das ist der Mensch in seinem Wahn,
weh denen, die dem Lwigblinden
des Lichtes Himmelsfackel leihn!
380 Sie strahlt ihm nicht, sie kann nur zünden
und äschert Städt' und Länder ein.
Freude hat mir Gott gegeben!
Sehet! wie ein goldner Stern
aus der hülse, blank und eben,
385 schält sich der metallne Kern,
von dem Helm zum Kranz
spielt's wie Sonnenglanz,-
auch des Wappens nette Schilder
loben den erfahrnen Bilder.
390 herein! herein!
Gesellen alle, schließt den Reihen,
daß wir die Glocke taufend weihen!
Konkordia soll ihr Name sein.
Zur Eintracht, zu herzinnigem Vereine
395 versammle sie die liebende Gemeine.
Und dies sei fortan ihr Beruf,
wozu der Meister sie erschuf:
hoch überm niedern Erdenleben
soll sie im blauen Himmelszelt,
400 die Nachbarin des Donners, schweben
und grenzen an die Sternenwelt,
soll eine Stimme sein von oben
wie der Gestirne helle Schar,
die ihren Schöpfer wandelnd loben
405 und führen das bekränzte Jahr.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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