1867 -
Frankfurt a.M.
: Jaeger
- Autor: Lüben, August, Cassian, Heinrich
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt, Gymnasium
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
203
i
3. Die geistige Bildung der asiatischen Bevölkerung steht hinter den
Leistungen der Europäer entschieden zurück, obschon Asien auch die geistige
Wiege Europas gewesen ist. Die großartigen Baudenkmäler Babyloniens,
Assyriens, Kleinasiens, welche wir heute in ihren Trümmern bewundern,
weisen jetzt noch aus die Bildungsstufe jener Länder in grauer Vorzeit zu-
rück. Die Sagen und Schriften der Inder legen Proben von der tiefen
Einsicht jenes Volkes ab; China und Japan sind noch bis zur Stunde die
einzigen eigentlichen asiatischen Kulturstaaten. Aber dadurch, daß sie dieselben
von jeher gegen Außen streng abgeschlossen haben, entbehrten sie auch der
äußern Anregung, blieben auf der erklommenen Entwicklungsstufe stehen und
gingen so rückwärts. Wie manche herrliche Erfindung kannten die Chinesen
vor den Europäern! Welche tiefe Weisheit enthalten die indischen, persischen'
und arabischen Dichtungen und Märchen! Erst seit die Europäer mehr Zu-
tritt in das früher abgeschlossene asiatische Leben erlangt haben, kann man
mit Bestimmtheit voraussagen, daß Asiens Bevölkerung einer neuen Aera
entgegengeht.
4. Ebenso hat Europa in Handel und Gewerben sein asiatisches Mut-
terland bedeutend überflügelt. China kannte bekanntlich die Bereitung der
Seide vor den Europäern, welche sie erst im Anfang des 6. Jahrhunderts
von dort erfuhren. Und doch wandern jetzt Seiden- und Banmwollenzeuge
von Europa nach Asien. Chinesisches Porzellan bedarf man seit mehr als
100 Jahren nicht mehr in Europa; das europäische steht bereits auf einer-
höheren Stufe der Vollkommenheit. Von asiatischen Produkten des Gewerbe-
fleißes werden noch jetzt hochgeschätzt die Shawls von Kaschmir, die persi-
schen Waffen, die chinesischen und indischen Zeuge, die lackirten Blechwaaren
aus China. Der Seehandcl ist jetzt ausschließlich iu den Händen der Eu-
ropäer ; nur die Chinesen wagen sich mit dem längst bekannten Compaß über
das Weltmeer, und werden iin afrikanischen Capland und in Arabien, wie
auf den ostindischen Inseln und in Calisornien angetroffen. Dagegen durch-
ziehen große Carawanen im Innern den ganzen Continent, z. B. von China
nach Sibirien und Turan; von Tübet nach Iran und Vorderasien; von
Vorderasien über Syrien nach Mecka und Medina oder durch die arabische
Wüste nach Aegypten. Der indische Handelsweg nahm vor der Entdeckung
des Seewegs nach Ostindien (1498) durch den Portugiesen Vasco di Gama
verschiedene Richtungen. Man führte die Waaren den Jndusstrom aufwärts,
so weit er schiffbar war, dann zu Lande in den Oxus (Amu oder Gihon),
über den Aral-See in das kaspische Meer, und die Wolga herauf, von da
zu Lande in den Tanais (Don) und ins schwarze Meer, wo sie die Genuesen
und Venetianer abholten. Oder man brachte sie zu Schiffe an die Mündung
des Euphrat und Tigris, führte sie stromaufwärts bis Bagdad, daun auf
Kameelen durch die Wüste von Palmyra nach Aleppo, Tripoli oder Beirut
am Mittelmeer, wo sie die Venetianer und Genuesen nach Europa brachten.
Ein dritter Weg führte von Indien ins rothe Meer und vom Nordende
desselben zu Lande nach Alexandria. Dies ist unstreitig der nächste Weg
von Europa nach Ostindien, und die sogenannte englische Ueberlandpost legt
denselben von Calicut bis London über Marseille oder Triest in 24 Tagen
zurück. Sie passirt Havre, Paris, Marseille, Alexandria und Suez.
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500,000 Soldaten. Kein Staat Europas hat aber auch ein so weitläufiges
Grenzgebiet im Nothfalle zu schützen, als England.
In keinem Lande hat die Landwirthschaft bisher so bedeutende Erfolge
erzielt, als in England. Der fruchtbare Boden, das günstige Klima und
die aufmerksame Wartung haben Wiesen, Felder und die Heerden auf den
höchsten Ertrag gebracht. Die Hauptprodukte des Ackerbaues sind in Eng-
land der Weizen und die Gerste, in Schottland Hafer, in Irland Kartoffeln.
Doch reichen begreiflicher Weise die eigenen Vorräthe nicht aus, um 29^
Mill. Menschen vollständig zu erhalten.
Die Viehzucht steht in England auf einer noch höheren Stufe, als der
Ackerbau; ihr Ertrag ist ebenso ergiebig bei dem üppigen Futter, daß manche
Gegenden nur Viehzucht treiben. Der Fischfang, namentlich der Wallfisch-,
Stockfisch- und Häringsfang, liefert nicht nur reichlichen Ertrag, sondern bildet
auch tüchtige Seeleute heran. Der Bergbau steht dem deutschen nach; edle
Metalle werden nicht gebaut. Aber Kupfer wird sowie Zinn in Cornwallis
und Devonshire, Blei in Wales und Schottland, Eisen in mehreren Orten
in ausreichender Menge gefunden. Das wichtigste Mineral für Englands
Fabriken und Dampfmaschinen, die Steinkohlen, ersetzen den Mangel an Holz,
und sind in so vorzüglicher Qualität und ausnehmend reicher Quantität aufge-
funden, daß die vorhandenen Lager noch für Tausende von Jahren ausreichen.
Salz ist bisher in großen Vorräthen gewonnen worden. Warme Quellen
hat Bath.
In Bezug auf Gewerblhätigkeit und Handel nimmt England abermals
die erste Stelle ein. Der wichtigste Zweig der englischen Industrie ist die
Baumwollenmanufaktur; diese soll in Manchester, Liverpool, Glasgow, Pais-
ley re., trotz der Maschinen, nahe an 2 Millionen Arbeiter beschäftigen. Ihr
folgt die Wollenmanufaktur in Leeds, Halifax, Norwich, Aberdeen, Dublin,
Kork re., die Linnenfabrikation in Irland und Schottland. Seidenfabrikation
findet sich in geringerer Ausdehnung; dagegen sind die Metall- und englischen
Stahlwaaren, Maschinen und Gewehre allgemein als die besten anerkannt.
Einen bedeutenden Zweig des Gewerbes und Handels bildet noch die Bier-
brauerei; Porter und Ale werden von den Engländern für unentbehrlich ge-
halten, und das Ausland verlangt der Nachahmung wegen auch von diesem
ungemein starken Bier.
Schon aus der oben angegebenen Stärke der Handelsflotte kann man
leicht auf die Ausdehnung des englischen Seehandels schließen. Die See-
schiffe schaffen nicht nur viele Rohstoffe für die Fabriken, Colonialwaaren,
Wein re. herbei, sondern führen auch die verschiedensten Gegenstände der eng-
lischen Industrie aus. Die wichtigsten Seehandelsplätze sind: London, Liver-
pool, Bristol, Hüll, Edinburg, Glasgow. Aberdeen und Dublin. Was aber
aus dem Auslande in diese Seehäfen eingeführt wird, das kann vermittelst
der äußerst zahlreichen Eisenbahnen, Canäle und Straßen rasch ins Innere
verschickt werden. Und da ist denn fast keine Stadt, welche sich nicht mehr
oder weniger mit Handel abgibt.
Der Werth der Ausfuhr Großbritaniens betrug 1865 die Summe
von 165,862,402 Pfd. Sterb, also weit über 1000 Millionen deutscher
Thaler; und davon erhielt Deutschland allein 17,878,213 Pfd. Sterb
Seit dem 27. Juli 1866 ist England mit Nordamerika durch einen
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schlagen, das Budget zu bewilligen, Steuern auszuschreiben und Vorschläge
zu machen. Soll eine Bill, d. i. ein Gesetzesvorschlag, Gültigkeit erlangen,
so muß dieselbe zu einer dreimaligen Lesung kommen; ist sie dann im Unter-
oder Oberhause angenommen, so wird dieselbe im andern Haus vorgebracht.
Haben beide Häuser eine Bill angenommen, so wird sie dem Könige zur
Annahme und Genehmigung vorgelegt. Dieser hat allerdings das Recht, sie
abzulehnen. Seit 1693 hat aber kein englischer König von diesem Veto
Gebrauch gemacht.
Die gesummten Staatseinnahmen beliefen sich 1865 auf 118,420,851
Pfund Sterling. Davon wird eine beträchtliche Summe zur Verzinsung der
großen Staatsschuld verwandt, welche 1865 808,289,398 Pf. St. betrug.
Ortsbeschreibung.
1. England
im engern Sinn des Wortes und Wales zerfallen in 52 Grafschaften; wir
wählen zur leichteren Uebersicht die geschichtliche Eintheilung in die 7 alten
Königreiche.
1) Königreich Essex mit der Hauptstadt London an der Themse, 3 Mill.
Einw. London ist die erste Handelsstadt der Welt und besitzt so viele
Sehenswürdigkeiten, daß es einer geraumen Zeit bedarf, alle in Augen-
schein zu nehmen. Wir führen von denselben an: die königlichen Schlösser,
den Tower, den Tunnel unter der Themse, die Docks, die St. Pauls-
kirche, die Westminsterabtei, das Parlamenthaus. Um den königlichen
Palast liegen der St. James-, Green- und Hyde-Park, große mit Bäu-
men besetzte und mit Alleen eingefaßte Wiesen. Die Stadt zerfällt in
3 Theile: City, Westminster und Southwark. Nach allen Richtungen
gehen Eisenbahnen; die Seeschiffe können bis zur Stadt gelangen.
2) Königreich Mangeln mit der Hauptstadt Norwich, 75,000 Einwohner.
Fabriken in Wollwaaren, Damast und Shawls. Die Universität Cam-
bridge, 26,500 Einw. Iarmoth, 35,000 Einw., ist eine starke Festung.
Daselbst steht Nelsons Monument, 109' hoch; nördlich von der Stadt
8 Leuchtthürme.
3) Königreich Mercia: Oxford an der Themse, 28,000 Einw., ist die
berühmteste Universität Englands; sie besteht aus 34 Gebäuden und hat
jährlich 1 '/2 Mill. Thlr. Einkünfte. Strattfort, Geburtsort und Grab
von William Shakespeare (1564 — 1616). Birmingham am Trent,
296,000 E., ist die bedeutendste Fabrikstadt. Es giebt dort über 200
verschiedene Geschäftsweige, und der Werth der jährlich fabricirten Waaren
übersteigt wohl 30 Mill. Thlr. In außerordentlicher Menge werden
Gewehre, Säbel, metallene Knöpfe und Schnallen, Messing- und Bronze-
waaren, Stecknadeln, Nägel, Stahlfedern, lackirte und Glaswaaren ver-
fertigt. Rings umher liegen Fabrikdörfer; die Eisenhämmer von Bilston
liefern so viel Eisen, als ganz Schweden. Nottingham am Trent. 75,000
Einw., hat berühmte Strumpfwirkereien, ebenso Leicester, 68,000 Einw.
Berühmt durch seinen Käse ist Chester. In der Stadt Gloncester am
Severn, welche bedeutende Nadelfabriken hat, liegt Wilhelm der Eroberer
begraben (ch 1087).
Cassian, Geographie. 4. Aufl.
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Die französische Industrie, welche an Großartigkeit der englischen nach-
steht, ist in Mode- und Luxusartikeln die Tonangeberin für den Continent
geworden. Die Seidenwaaren von Lyon, die Schmuck- und Bijouteriesachen
von Paris, ebenso seine Porzellan- und Bronzewaaren, seine Handschuhe und
Hüte, die Seidenbänder von St. Etienne werden allen ähnlichen Fabrikaten
als die nettesten und geschmackvollsten vorgezogen. Daneben leisten denn auch
die Baumwollen-, Wollen-, und Linnenfabriken in den verschiedenen Theilen
des Landes nicht Unbedeutendes. Außer Paris herrscht in den an Belgien
grenzenden Städten im Elsaß, in St. Etienne und Lyon die größte in-
dustrielle Thätigkeit, deren Erzeugnisse rasch in alle Theile des In- und
Auslandes entweder vermittelst der Eisenbahnen oder der Wasserwege ver-
sendet werden können. Die bedeutendsten Seehandelsplätze Frankreichs sind
Marseille, Bordeaux, Havre, Nantes und Brest; im Innern treiben Paris,
Lyon, Rouen, Straßburg, Nimes, Nantes u. a. den meisten Handel.
Das französische Volk wird von allen ziemlich gleich geschildert, und
in dem, was Julius Cäsar in seinem gallischen Kriege von dem Tempera-
mente der Gallier erzählt, treffen wir bereits die Anfänge des jetzt entwickel-
ten Volkscharakters. Die Franzosen sind im Allgemeinen gut gebaut, nicht
groß, leicht, behend und flink. Ihr Temperament neigt sich entschieden zur
Fröhlichkeit und Heiterkeit, aber auch zur Heftigkeit und Streitsucht. Wie
leicht braust eiu Franzose auf! Wie rasch ist er Feuer und Flamme! Wie
bald ist er für eine Sache begeistert, wie schnell verflackert aber auch seine
Hitze, sein Zorn, seine Begeisterung! Die Franzosen sind gesellig, sehr bös-
lich und gutmüthig. Die Sitten der Nation darf man nicht, wie häufig
geschieht, nach der Verdorbenheit der Hauptstadt beurtheilen. Besonders ist
den Franzosen eine große Eitelkeit, ein bedeutender Nationalstolz und eine
ins Kleinliche gehende Höflichkeit im geselligen Umgang eigen. Der Eng-
länder spricht nie mit einem Fremden und hält den letztem, wenn er eben-
falls schweigt, für einen gebildeten, anständigen Mann. Der Deutsche ent-
schließt sich schwer, der Franzose wird es nie unterlassen, mit Reisenden ein
Gespräch und eine Bekanntschaft anzuknüpfen, die aber bald wieder vergessen
wird. Im Genusse von Speise und Trank ist der Franzose entschieden
mäßiger, als der Engländer und Deutsche, bei welchen keine festliche Gelegen-
heit ohne einen großen Aufwand von Gerichten und Weinen begangen wer-
den kann. Besonderes Gewicht legt der Franzose im öffentlichen und Pri-
vatleben auf einen Witz (don-mot); dieser vermag eine ganze Geschichte zu
verderben und angesehene Personen für immer ihres Einflusses zu berauben.
Bei dieser Leichtigkeit des französischen Naturells ist es denn nicht zu ver-
wundern, daß die Bildung der Franzosen keine sehr gründliche ist. Viele
Tausende, denen es an äußerer Politur gar nicht fehlt, können weder lesen
noch schreiben. Noch jetzt wachsen viele Tausende ohne Unterricht auf, da
noch lange nicht jede Gemeinde eine Volksschule hat. Dagegen ist für die
höhere Bildung durch Privat- und Staatslehranstalten gut gesorgt. Beson-
ders viel haben die Franzosen in den Natur- und Militärwissenschaften und
in der Mathematik geleistet; in anderen Wissenschaften verschwinden dagegen
ihre Leistungen im Vergleiche mit den deutschen und englischen Studien.
Das französische Staatsschiff ist nach verschiedenen Stürmen wieder in
den Hafen der Ruhe eingelaufen. Kein Volk hat bisher so viele Revolu-
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dem 20 — 30 verschiedene Arten auf einmal vorkommen. So giebt es da-
selbst 20 — 30 Eichenarten, also 9mal so viel als in Deutschland. Auch
der Wein- und Obstbau hat in den meisten Staaten der Union bis 40°
R. B. einen günstigen Fortgang. Einen auffallenden Pflanzenreichthum und
eine seltene Fruchtbarkeit besitzt Californien, dessen Klima für die Vegetation
weit günstiger ist, als das anderer Staaten unter gleicher geographischer
Breite, z. B. Virginien, Karolina und Georgien. Seine Fruchtbarkeit und
Ergiebigkeit wird über die Aegyptens gestellt.
Die Viehzucht erstreckt sich auf alle europäischen Hausthiere; in den
nördlicheren Staaten ist die Rindvieh- und Pferde-, in den südlicheren die
Schweinezucht bedeutender; alle Staaten liefern ihren Beitrag zur Ausfuhr
von Fleisch, Speck, Fett, Fellen und Hörnern. Der Seidenraupenzucht, der
Jagd und dem Fischfang widmen die meisten Staaten besondere Aufmerk-
samkeit. Den Fischfang betreibt man aber nicht bloß in den fischreichen
Flüssen und Binnenseen, sondern namentlich auch an den Küsten und auf
der großen Bank von Neufundland, dem Hauptsammelplatz der Stockfisch-
fänger. Die Nordamerikaner sollen die eifrigsten, kühnsten und glücklichsten
Wallfisch- und Robbensänger sein, und müssen ihre Beute unter vielen Ge-
fahren in den Eismeeren erjagen.
An Mineralien aller Art, an Gold, Silber, Platin, Eisen, Blei,
Steinkohlen und Salz haben die vereinigten Staaten von jeher keinen Mangel
gehabt; besonderes Aufsehen macht seit 1848 der Goldreichthum Californiens,
welches theils in den Flüssen, theils in den Minen Gold in kleinen Körnern,
in größeren Stücken oder in sandiger Weise bietet (§ 111).
Die vereinigten Staaten stehen, was die Industrie anlangt, noch lange
nicht in erster Linie unter den Gewerbe treibenden Staaten; denn noch immer
bilden Ackerbau, Jagd und Fischfang die Hauptbeschäftigung der Bewohner.
Aber immerhin leisten die Nordamerikaner in der Industrie bereits Bedeu-
tendes. Kein Land ist so reich an Maschinen aller Art, als die Union,
kein Staat hat so sinnreiche Erfindungen aus diesem Gebiete gemacht und
macht sie noch fortwährend, als Nordamerika, d. i. die Union. Die Anwen-
dung der Dampfkraft, welche seit 1543 Viele in Europa versuchten, ist den
Nordamerikancrn zuerst vollständig gelungen; 1807 hat Fulton das erste
Dampfschiff gebaut. Die Erfindung des Blitzableiters gebührt dem hochge-
seierten Benjamin Franklin, die Nagelmaschinen, welche täglich 200,000
Nägel liefern, Säge-, Hanfspinn-, Dampfpapiermaschinen, die amerikanische
Mahlmühle, stammen alle von Amerika; unzählig sind die Verbesserungen,
welche man in Brauereien, Brennereien, Gerberein, Spinnereien rc. daselbst
gemacht hat. Allen Geräthschaften und Werkzeugen der Nordamerikaner
wird allgemein das Zeugniß beigelegt, daß sie besonders praktisch sind.
Hauptsitze der nordamerikanischen Industrie sind die nördlichen Staaten, be-
sonders Massachusets, Rhode-Island, Connektikut, Neu-Aork, Neu-Iersei,
Delaware, Pennsylvanien, Maryland und Ohio, und von den Städten vor-
züglich Neu-Aork, Boston, Philadelphia, Baltimore, Neu-Orleans, Lowell,
Pittsburg, Cincinnati, Rochester, Utica, Albany rc.
Die Nordamerikaner sind aber entschieden die thätigsten und unter-
nehmendsten Handelsleute der Welt. Je mehr Schwierigkeiten sich ihren
Unternehmungen darbieten, desto größer ist ihr Eifer, dieselben zu überwinden.
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bcn alljährlich für die französische Kavallerie und reilende Artillerie in Hol-
stein, Oldenburg, Hannover und Mecklenburg ausgekauft, während die deutsche
Reiterei sich durch Ankäufe aus Polen, Rußland uitd Ungarn mit Pferden
rekrutirt. Die Bienenzucht wird namentlich in der Lüneburger Haide stark
betrieben; die westfälischen Schinken und Hommerschen Gänse sind beliebte
und gesuchte Handelsartikel geworden. Sächsische und schlesische Wolle stellt
man jetzt über die spanische.
B. Die Deute.
Von den 46 Millionen Menschen, welche Deutschland bewohnen, ge-
hören fts dem germanischen Volksstamme an; diese reden im Norden
die nieder- oder plattdeutsche, im Süden die oberdeutsche Sprache. Die
letztere kommt dem Schrift- oder Hochdeutschen am Nächsten, welche gegen-
tvärtig fast allen Deutschredenden geläufig ist. '/5 der gesammten Bevölkerung
sind Slaven, welche in Pommern, Schlesien, Sachsen, Böhmen und Mäh-
ren wohnen, verschiedene Namen führen und verschiedene slavische Mund-
arten sprechen. Eine halbe Million Juden lebt in den einzelnen Bundesstaateit
zerstreut. 23 Mill. Deutsche bekennen sich zur römisch-katholischen Kirche,
diese bewohnen vorzugsweise den Süden, während die Protestanten mehr dem
Norden angehören und auf 20 Millionen Seelen sich belaufen.
Der deutsche Volkscharakter ist im Norden und Süden des Landes
nicht ganz gleich. Tie Bewohner des Nordens sind stärker, größer und
ruhiger; die des Südens feuriger, energischer und lebhafter. Im Allgemeinen
zeichnet sich der Deutsche durch Ernst, Gründlichkeit, Beharrlichkeit und Ge-
müthlichkeit vor andern Völkern aus. Deutscher Fleiß und deutsche Treue
werden überall anerkannt. Der Teutscken Gelehrftmkeit, Scharfsinn und
Ersindungsgeist haben die wichtigsten Entdeckungen herbeigeführt und dem
Deutschen in allen Landen die gebührende Anerkennung verschafft. Daß die
Deutschen in politischen und kirchlichen Dingen nie einig gewesen, ist eine
traurige Wahrheit. Zu den wichtigsten Erfindungen, welche in Deutschland
gemacht wurden, sind folgende zu zählen: das Lumpenpapier, das Schieß-
pulver, die Buchdruckerkunst, die Erdkugeln oder Globen, die Taschenuhren,
das Spinnrad, die Luftpumpe, die Lithographie re. Die größten Astronomen,
welche zuerst die Bewegung der Erde gelehrt und bewiesen haben, sind
Deutsche gewesen; die meisten Planeten sind von Deutschen entdeckt worden.
Die deutsche Industrie ist in allen Zweigen Vortheilhaft bekannt.
Schlesische, böhmische und westfälische Leinwand ist anerkannt die beste und
solideste; baumwollene und wollene Tücher, Seidenmanufakturen, Eisen- und
Stahlwaaren, Teppiche, Spiegel, chirurgische, mathematische und physikalische
Iitstrumente wandern oft nach Paris und London, um dann als echt fran-
zösische und englische Waaren zu einem recht hohen Preis verkauft und oft
in Deutschland wieder eingeführt zu werden. Tie Klaviere und Flügel von
Wien, Augsburg, Stuttgart, Prag rc., die Violinen und Blasinstrumente
aus Tyrol, Böhmen und Sachsen, die Schwarzwälder Uhren, die Augsbur-
ger, Hanauer und Pforzheimer Gold- und Silberarbeiten haben von je im
In- und Auslande den verdienten Ruf zu behaupten getvußt. Die Gläser
und Fernrohre, welcke gegenwärtig zu Berlin, München und Wien gefertigt
werden, können mit Recht über Alles, was bisher auf diesem Gebiete ge-
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gegenüber den englischen Maschinen-Waaren ein dauerhaftes Gespinnst liefern,
werden im In- und Auslande als vortrefflich betrachtet. Die Provinzen
Pommern, Posen, Ost- und Westpreußen beschäftigen sich neben dem Ge-
treidebau mit der sehr bedeutenden Production von Rohstoffen (Wolle, Thier-
häute, Flachs, Hans re.). In Schlesien ist neben der Weberei noch insbe-
sondere der Hüttenbau eine Hauptbeschäftigung der Bewohner. Die Maschi-
nen- und Porzellanfabriken in Berlin, die Tuch-, Seiden-, Glas-, Leder-
und Metallwaaren der Provinzen Brandenburg und Sachsen, die großen
Branntweinbrennereien in Nordhausen und die Zuckerfabriken in der Provinz
Sachsen haben überall hin reichlichen Absatz. Insbesondere müssen wir
aber noch die Gewerbthätigkeit der Rheinlande ins Auge fassen. Hier sind
drei Distrikte, deren Gewerbthätigkeit der englischen Industrie wenig nach-
stehen dürfte: 1) in der Umgebung von Elberfeld, Barmen und Solingen
sind neben den weltberühmten Fabriken von Metallwaaren ausgezeichnete
Webereien, Färbereien und Spinnereien; 2) in der Umgebung von Crefeld
finden sich bedeutende Seiden- und Baumwollefabriken; 3) in der Nähe von
Aachen (Eupen, Düren, Montjoie) bestehen vortreffliche Tuchfabriken. Auch
die dortigen Metall- und Lederwaaren werden gerühmt.
Seefahrzeuge, Eisenbahnen, Kunststraßen, schiffbare Flusse und Kanäle
begünstigen den Binnenhandel der preußischen Provinzen gar sehr. Die
wichtigsten Seehäfen sind Kiel, Stettin, Stralsund, Greifswald, Danzig,
Elbing, Königsberg, Memel. Bedeutende Handelsplätze im Innern sind:
Berlin, Frankfurt an der Oder, Breslau, Magdeburg, Köln, Elberfeld, Düssel-
dorf, Crefeld, Aachen rc.
Die preußische Bevölkerung ist vorzugsweise deutsch; Slaven gibt es
2 Millionen, und zwar Polen in Posen, Sorben oder Wenden in der Lausitz,
Kassuben in Hinterpommern. Weniger zahlreich sind außer den Wallonen
an der belgischen Grenze noch die Letten oder Litthauer in Ostpreußen.^ Wie
in Süddeutschland und Oesterreich der Katholicismus, so ist in dem nord-
deutschen Preußen der Protestantismus am stärksten ausgebildet. Von der
Gesammtzahl seiner Bewohner gehören 64,64 Proc. der evangelischen, 32,71
Proc. der katholischen und 2,65 Proc. anderen Confesionen an. Der Pro-
testantismus entspricht dem nach klarer Erkenntniß und Unabhängigkeit stre-
benden Wesen des Norddeutschen, also auch des Preußen.
In Bezug auf Intelligenz und Bildung nimmt Preußen die erste Stelle
in Deutschland, ja in Europa ein. Gute Volksschulen sind so ausreichend
vorhanden, daß kein Kind ohne Unterricht aufwächst. Zahlreiche und gut
eingerichtete Lehrerseminare haben einen sehr tüchtigen Lehrerstand dafür ge-
schaffen. Für den höheren industriellen Lebensberuf sorgen Real-, Gewerbe-,
Bau- und Forstschulen, für die Bildung der Gelehrten und höheren Beamten
treffliche Gymnasien und Universitäten. Die Zahl namhafter Gelehrten ist
sehr bedeutend, nicht minder die der Künstler auf allen Gebieten. Was
Fleiß und Ausdauer im Verein mit hervorragender Verstandesschärfe zu leisten
vermögen, das ist namentlich in den beiden letzten Jahrhunderten in Preußen
geleistet worden. In den unteren Volksschichten wird die Bildung auch durch
das Heerwesen bedeutend gefördert. Jeder gesunde junge Mann ist wehr-
pflichüg und dient, wenn er nur die Bildung der Volksschule erlangt hat,
drei Jahre, bei höherer Bildung nur ein Jahr. Erstere erhalten während
Cassian, Geographie. 4. Aufl.
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Innern, 3) die romanische in Graubündten, welche wiederum 4 Dialekte
hat, 4) die italienische in Tessin und den südlichen Thalschaften von Bündten.
Der Religion nach sind drei Fünftel der Bevölkerung Glieder der evange-
lischen, zwei Fünftel dagegen Anhänger der römisch-katholischen Kirche. Juden
leben 2000 in der Schweiz.
Die schweizerische Industrie ist sehr bedeutend und im Ausland wohl
angesehen. Die Baumwollenmanufakturen von Glarus, die Spitzen von
Neuenburg, die seidenen Waaren von Zürich, die Baumwollen- und Leinen-
webereien von Appenzell, die Papierfabrikation von Basel, die Gold- und
Silberwaaren von Gens, die Schweizer-Uhren von Genf und Neuenburg
gehen in alle 5 Welttheile und finden wegen ihrer Güte großen und raschen
Absatz. Ebenso sind die Holzschnitzereien des Berner Oberlandes gesuchte
Artikel. Besonders lebhaft ist der Transithandel aus Deutschland nach
Italien über den Splügen und Gt. Gotthardt; Basel, Zürich, St. Gallen, Lu-
zern, Neuenburg, Bern, Genf und Chur sind die Haupthandelsplätze der Schweiz.
Eine besondere Eigenthümlichkeit der Schweizer besteht darin, daß sie
des Verdienstes willen ihre Heimath auf längere oder kürzere Zeit verlassen
und später mit dem Erwerbe in die Heimath zurückkehren. So wandern
namentlich aus Tessin jedes Frühjahr Tausende von Männern und Jüng-
lingen nach Italien oder Tyrol, und erwerben sich daselbst als Glaser,
Maurer, Tagelöhner oder Handlanger so viel Geld, daß sie den Winter
von dem Ersparten sich und ihre Familie erhalten können. Besondere Be-
rühmtheit haben von diesen wandernden Schweizern die Graubündtner Zucker-
bäcker erhalten, deren „Schweizer-Conditoreien" in allen größeren Haupt-
städten Europas wohl besucht sind. Ebenso werden Erzieher und Erzieherin-
nen aus den Kantonen Genf, Waadt, Neuenburg und Freiburg aller Orten
geschätzt. Wiederum treten Andere in römische oder neapolitanische Kriegs-
dienste, in welche man die Schweizer wegen ihrer Treue und Tapferkeit
immer gern aufgenommen hat, und erwerben sich daselbst für die alten Tage
ausreichende Pensionen neben der Erfahrung im Kriegshandwerk. Aber Allen
bleibt in der Ferne eine Liebe und Anhänglichkeit zum Vaterland und zur
Heimath, welche sich bei allen Gelegenheiten durch Wort und That frisch
und kräftig erzeigt.
Die schweizerische Eidgenossenschaft besteht aus 22 Kantonen, von denen
jeder souverain ist, und von denen drei wieder in 2 selbständige Landestheile
zerfallen, Unterwalden (in Ob- und Nidwalden), Appenzell (Außer- und
Innerrhoden) und Basel (Basel-Stadt und Basel-Land). An der Spitze
der Gesammtheit steht der Bundesrath, welcher aus 7 Mitgliedern besteht,
und die Beschlüsse des Stände- und Nationalraths auszuführen hat. Seine
Amtsdauer erstreckt sich auf drei Jahre. Der Ständerath besteht aus 44
Abgeordneten der Kantone; jeder Kanton schickt 2 Ständeräthe nach Bern;
in den getrennten Kantonen sendet jeder Landestheil ein Mitglied ab. Der
Nationalrath besteht aus den Abgeordneten des Volkes. Je 20,000 Einwoh-
ner oder eine Bruchzahl über 10,000 wählen ein Mitglied. Soll ein Gesetz
oder Vorschlag zum Bundesgesetz erhoben werden, so müssen beide Räthe
ihre Zustimmung ertheilen. Bundessitz in der Schweiz ist Bern.
Jeder Kanton der Schweiz ist souverain, d. h. er ordnet seine inneren
Angelegenheiten selbständig. Die Spitze eines jeden Kantons bildet das
8*
1867 -
Frankfurt a.M.
: Jaeger
- Autor: Lüben, August, Cassian, Heinrich
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt, Gymnasium
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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hohen Veen durchzogen. Der Boden Belgiens ist sehr fruchtbar; es wird
mehr Getreide gebaut, als das sehr bevölkerte Land verbraucht. Daneben
wird auch Flachs, Hanf, Holz und Eisen ausgeführt. Die südlichen Pro-
vinzen haben ungeheure Waldungen, bedeutende Steinkohlen- und Eisengruben
(namentlich bei Mons und Lüttich) und einige Mineralquellen, von denen
die in Spaa auch vom Ausland her eines ebenso zahlreichen Besuchs sich
zu erfreuen haben, wie die Seebäder von Ostende.
Was die Gewerbthätigkeit in Belgien betrifft, so haben die Bewohner
schon seit Jahrhunderten darin mehr geleistet, als die andern Europäer des
Continents. Insbesondere gelten die Wollenmanufacturen aller Provinzen,
die Tücher von Lüttich und Verviers, die Leinwand von Flandern und Bra-
bant, die Brüsseler Spitzen, die Seidengewebe von Brabant, die Metall-
waaren und Feuergewehre von Lüttich und Namür, die Maschinen von
Seraing bei Lüttich für die besten Artikel, welche auf dem Continent in
diesen Zweigen der Industrie gefertigt werden. Der Handel wird durch
Chausseen, Canäle und ein verzweigtes Eisenbahnnetz, dessen Mittelpunkt
Mecheln (Malines) bildet, bedeutend gefördert. Die wichtigsten Handelsplätze
sind Antwerpen, Ostende, Gent, Brüssel, Namür und Lüttich.
Die Bevölkerung Belgiens, welche in Bezug auf Geistesbildung andern
Staaten Europas noch nachsteht, ist theils deutschen (Flammänder), theils
französischen Stammes (Wallonen). Obgleich die Flammänder 5/s der Ge-
sammtbevölkerung ausmachen, so ist doch die Umgangs- und Gerichtssprache
in der Regel die französische. Ueberhanpt ähneln die Belgier im Süden,
die Wallonen, in ihrem Charakter den raschen, muntern und leicht erreg-
baren Franzosen, während der Flammänder schweigsam, ernst, überlegend,
grob und tüchtig ist. Die Mehrzahl der Bevölkerung gehört der katholischen
Kirche an. Belgien zählt über 330 Klöster. Das Land zerfällt in 9
Provinzen.
Ortsbeschreibung.
Hauptstadt und Residenz ist Brüssel, ohne Vorstädte 186,000 Ein-
wohner, mit denselben aber 330,000 Einw. Schloß Lacken. Schlachtfeld
von Waterloo oder Belle Alliance (18. Juni 1815, Blücher und Welling-
ton). Löwen, 33,000 E. Universität. Die Seehandelsplätze Antwerpen
(121,000 E.) und Ostende (17,500 E.), zugleich Seebad. Mecheln oder
Malines, 35,000 E. Knotenpunkt der belgischen Eisenbahnen. Gent, 123,000
Einw. (Gand), Universität. Die Baumwollenmanusakturen von Gent be-
schäftigen 65,000 Arbeiter. Brügge (Bruges), durch Canäle und Eisenbahn
mit dem Meere verbunden, zählt 52,000 Einwohner. Lüttich, 103,000 E.
Namiir, 27,000 E. Verviers, 30,000 Einw. Bäder von Spaa. Bergen
(Mons), 27,300 E. Zu Belgien gehört noch ein Theil des ehemaligen
deutschen Großherzogthums Luxemburg (mit Arlon und Bouillon) und der
durch ihre Käsebereitung bekannten Grafschaft Limburg, worin die Festung
Hasselt liegt.
1867 -
Frankfurt a.M.
: Jaeger
- Autor: Lüben, August, Cassian, Heinrich
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt, Gymnasium
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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1) in Afrika: die vier Presidios (feste Plätze) an der Küste von Ma-
rocko (Ceuta, Pennon de Velez, Alhucemas und Melilla), die cana-
rischen Inseln und die Prinzeninseln.
2) In Asien: die Inselgruppe der Philippinen, Marianen (25,000
Q.-M., 31/2 Mill. E.) und Carolinen.
3) in Amerika: das General-Capitanat Havanna mit Cuba und Por-
torico und ein Theil der Iungfern-Jnseln.
Wenn man bedenkt, daß man unter Carl I. (als deutscher Kaiser
Carl V.) mit Recht sagte, es gehe im spanischen Reiche die Sonne nicht
unter, und die heutige Größe und das politische Ansehen der spanischen
Krone dagegen hält, so wird man ernstlich an die Vergänglichkeit irdischer
Größe erinnert. In den letzten vierzig Jahren hat Spanien seine sämmt-
lichen Besitzungen auf dem Festlande Amerikas (213,000 Q.-M. mit 17 1/2
Mill. E.) durch eigne Schuld eingebüßt, nämlich durch seine unersättliche
Habgier und die despotische Verwaltung seiner Colonien.
Betrachten wir die Thätigkeit der Spanier auf dem landwirthschaftlicheu
Gebiete, so ist bei der Dürre der beiden kastilischen Hochebenen und der
Tiefebene Arragoniens, welche zusammen den größeren Theil der Halbinsel
einnehmen, und bei dem Mangel an Fleiß der Bewohner ein hinreichender
Ertrag des Bodens nicht zu erwarten. Tie südlichen Landschaften, Valencia
und Murcia, haben Reis, Mais, Weizen in mehr als ausreichender Menge;
doch ist auch hier eine sehr große Sorgfalt der Bewohner auf die Bestel-
lung der Felder nicht ersichtlich. Der Weinbau ist am meisten verbreitet
und kultivirt; der Wein in der Umgebung von Malaga und Leres de la
Frontera, aus Andalusien, Murcia und Valencia wird auch im Auslande
hochgeschätzt. Die Viehzucht wird nicht minder wie der Ackerbau und die
Forstwirthschaft vernachlässigt. Während früher, und zwar noch vor 50
Jahren, alljährlich 8 Millionen Pfund Wolle ausgeführt wurden, welche als
die beste überall anerkannt war, wird jetzt keine Million mehr versendet, und
gegenwärtig steht die spanische Wolle noch obendrein an Feinheit und Güte
der sächsischen und schlesischen nach. Der Seidenbau, welcher ziemlich ver-
breitet ist, liefert auch kein sehr geschätztes Produkt. Und dieser ganze Jam-
mer rührt einzig von der Verwaltung des Reichs und von der Trägheit des
spanischen Volkes her. Unter Philipp Ii. und Iii., also um 1560, zählte
Sevilla in seinen Mauern 16,000 Webstühle für Seide und Wolle, wo-
durch 130,000 Menschen Beschäftigung erhielten. Sechszig Jahre später
gab es in der gleichen Stadt nur noch 4oo Webstühle. Der Despotismus
der Regierung und die grausame Justiz der Inquisition tödtete die fleißigsten
Arbeiter oder zwang sie zur Auswanderung. Rechnet man doch, daß über
30,000 Menschen durch die Inquisition in Spanien verbrannt und 300,000
streng bestraft worden sind.
Die spanische Industrie ist jetzt so unbedeutend geworden, daß man die
meisten Fabrikate aus dem Auslande bezieht. Rur in den größten Städten
finden sich Fabriken, namentlich in Seide und Leder, deren Waaren aber
hinter andern europäischen Manufakturen zurückstehen müssen*). Der Handel
*) Die Tabaksfabriken, namentlich die in Sevilla und Madrid, welche aus-
schließlich von der Krone betrieben werden, sind allein sehr beutend, weil der Spanier
ohne Cigarren, Chokolade und kühles Wasser nicht leben kann.