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1. Lehrbuch der Geographie - S. 80

1895 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
— 80 — 3. Amiens (Somme), Fabrikstadt mit großen Spinnereien und Fabriken für Seidenwaren, Samt, Teppiche. 4. Lille, starke Festung im Mittelpunkt des nördlichen Kohlen- und In- dnstriegebiets, hervorragend in Spinnerei und Weberei, Maschinenfabrikation, Brauerei und Zuckerfabrikation. In ihrer unmittelbaren Nachbarschaft noch mehrere Groß- und viele Kleinstädte mit Textilindustrie. Seineftädte: 5. Paris*), zu beiden Seiten der Seine und auf einer Flußinsel, mit ungefähr 21/2 Millionen Einwohnern, die zweitgrößte Stadt der Erde, durch 17 Forts befestigte Hauptstadt des Landes, ist durch seine Industrie (Be- kleiduug, Parfümerieu, Uhreu und Geschmeide, Maschinen und Instrumente), seinen Handel (besonders Kolonialwaren, Drognen und Getreide), durch Börsen- und Geldverkehr das Herz Frankreichs; 18 Bahnlinien verbinden Paris mit den entferntesten Winkeln des Landes und den Hauptstädten der Nachbarländer. Seine Sehenswürdigkeiten (Lonvre mit reichen Kunstschätzen), die sorgfältige Pflege der Litteratur und die Universität machen es auch zum geistigen Mittelpunkte Frankreichs. 6. Versailles**) (wärßaj), mit bedeutender Uhrenfabrikation, ehemalige Residenz Ludwigs Xiv. und seiner Nachfolger. 7. Ronen (rnang), Mittelpunkt der Baumwollmannsaktur, Ausfuhr- Hafen für landwirtschaftliche Erzeugnisse, Grenzort zwischen Fluß- und See- verkehr. Loireftädte: 8. Orleans***) (orlecmg), Eisenbahnknoten; Baumwollenfabrikation. 9. Tonrsf) (tnr), mit Seidenindustrie und Lederwaren. 10. Nantes (nangt), blühende Hafen- und Industriestadt, Handel be- sonders nach Spanien und Amerika; Ausfuhr von Wein, Getreide, Salz (von Orleans bis Nantes sind die Ufer der Loire rebenbedeckt). . Hafenstädte des Pariser Beckens: 11. Calais (kaläh), starke Festung, Überfahrt nach Dover. *) Erstürmung des Montmartre (30. 3. 1814) und Einzug in Paris (31. 3. 1814). Erster Pariser Friede (30. 5. 1814), zweiter Friede (20. 11. 1815). Belagerung von Paris (19. 9. 1870 bis 28. 1. 1871) und Einzug (1. 3. 1871). — Nördlich von Paris die Schlacht- orte Laon (9. 3. 1814), Amiens (27. 11. 1870) und St. Quentin (18. und 19. 1.1871), südöstlich Eh^lons (katalaunische Gefilde, 451) und südwestlich Le Maus (13.1.1871). — Gedicht: Die nächtliche Heerschau, von Freiherr von Zedlitz. **) Kaiserpr.oklamation Wilhelms I. (18. 1. 1871). ***) Befreiung der Stadt von den Engländern durch Johauua d'arc (Jungfrau von Orleans) 1429. — 1870/71 hier drei Schlachten und viele kleinere Gefechte- f) Zwischen Tours und Poitiers besiegte Chlodwig die Westgoten (507) und Karl Martell die Mauren (732).

2. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 85

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
44. Franken. 85 ringen, Schwaben, unsere Pfalz, unser Franken, welche — bis auf einige Kreise in Bayern, — nur noch historische Er- innerungen haben. Aber wer wollte sagen, daß sie, obgleich nach 1805 von den Karten verschwunden, deßhalb in unseren Gemüthern, in unseren Sitten und Gewohnheiten, in der Verschieden- heit unserer Dialekte, in unsern Liedern nicht mehr fortlebten? Noch schlägt das Herz des Nürnbergers, des Würzburgers, des Bambergers, der sich in der Ferne befindet, feuriger, wenn er die breite, tieftönende, kräftige Mundart vernimmt, die seine Landsleute und er selbst reden, wenn der Name „Franken" vor seinem Ohre genannt wird, ein Name, der ehe- dessen so hohen Klang besaß, zu Anfang unseres Jahrhunderts von den Landkarten verschwand und erst in neuester Zeit wie- der durch Benennung dreier bayerischen Kreise zu Ehren gebracht wurde. Franken — es ist der freundliche Name eines freundlichen Landes. Weit, fruchtbar und lieblich breitet es sich im Herzen von Deutschland aus, bedeckt mit den gesegnetsten Fluren, welche alles hervorbringen, was das Vaterland zu seinen edelsten, inbuftrielxen und natür- lichen Erzeugnissen zählt; geschmückt mit großen und berühmten Städten, durch- strömt von schiffetragenden Flüssen, deren Ufer mit dem weichen Laub der Wein- rebe geziert sind, durchzogen von Ge- birgen, in deren Thälern die Sage des Alterthums neben dem Gewerbfleiß wohnt, und überwölbt von einem Himmel, unter welchem der Leistenwein an seinem Fel- senabhange reift. Römische Schriftsteller bezeichneten mit dem Namen Franken jenen ger- manischen Stamm, welcker zwischen der Ostsee und dem Rhein seine wechselnden Sitze hatte und seine Freiheit am wirk- samsten gegen römische Unterdrückung vertheidigte. Wir erblicken fünf bis sechs Jahrhunderte hindurch die Völkerschaften der Franken im Kampf mit den Römern in Gallien, mit den Westgothen, Thürin- gern, Alemaniern, Sachsen, Schwaben; wir sehen sie unter Chlodowig das Christenthum annehmen und zu einer großen Monarchie sich vereinigen. Bis zu diesem Zeitpunkte mußten wir den Namen Franken in seiner Allgemeinheit gelten lassen, unbekümmert um die einzelnen Länderstriche, die er mit seinen Angehörigen bedeckte. Eine unter Geneb ald, dem Bruder Chlodowig's, über den Main- strom geführte Kolonie, welche sich an dessen Ufern niederließ und ausbreitete, gab Veranlassung zu einer Theilung des Begriffs: Franken, bei welchem man nunmehr das westliche von dem östlichen unterschied. Zu ersterem gehörte das ganze weite, jenseits des Rheines gelegene Gebiet, das heutige Frankreich; das andere bildete Frankenland, unser Fran- conia, und die Stelle, wo die Ueber- führung der Kolonie stattfand, ist der Ueberlieferung nach da, wo das heutige Frankfurt sich ausbreitet. Unter Pipin's Sohn, dem großen Karl, war unser Franken ein kleiner Theil des unermeßlichen Reiches, welches dieser Fürst nach und nach unter seinem Scepter vereinte. Und Karl liebte vor- zugsweise die User des Rheins, des Mains und der Saale und verweilte gern innerhalb ihrer heiteren Grenzen. Seine prächtige Pfalz an der Saale, (die Saalburg oder Salzburg bei Neu- stadt a. S.), deren weitläufige Trüm- mer wir noch heute mit Bewunderung erblicken, ist hievon der Beweis. Lieder- und Harfenspiel ertönte oft von dieser Burg über das Thal, wenn der Kaiser innerhalb ihrer Mauern verweilte. Er erfreute sich hier an dem Umgang den- kender und gelehrter Männer, die er aus den entferntesten Theilen seiner Reiche um sich versammelte und unter deren Beistand er Gesetzbücher und weise Einrichtungen für die Regierung seiner Völker entwarf. Ritter- und Mönchthum fanden in Franken den für ihre Entfaltung gün- stigsten Boden in Deutschland. Berühmte Geschlechter tauchten auf und verschwan- den wieder, wie z. B. die der Grafen von Babenberg (Bamberg), Coburg, Rothenburg und andere. Die bischöf- lichen Sitze von Würzburg, Bamberg, Eichstätt nahmen an Macht und Bedeu- tung zu, geschützt und gepflegt von Kaiser und Reich, und von Männern aus reichs- ritterschaftlichen Geschlechtern besetzt, die es größtenteils verstanden, den Glanz

3. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 211

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
97. Chlodwig, der Gründer des Frankenreiches. 211 von dieser reichen und großen Stadt blieb auf dem andern, und so völlig verschwand sie, daß man später kaum mehr die Spur von dem Orte auffinden konnte, wo sie gestanden. Ganz Italien zitterte; selbst der römische Kriegsheld Aötius wagte mit seinem schwachen Heere nicht, im Felde dem Feinde ge- genüber zu erscheinen. Schon rückte Attila's Heer gen Rom, und keine irdische Macht schien die Stadt retten zu können. Da zog der Pabst Leo dem Hunnen- könig entgegen, und der Heide ließ sich durch das Haupt der Christenheit zum Rückzüge bewegen. Krankheiten hatten das Heer Attila's geschwächt; dies und die Erinnerung an Alarich, der kurze Zeit nach der Plünderung Roms ge- storben, mochte den Vorstellungen Leo's um so leichter Eingang verschafft haben. Im darauffolgenden Jahre, da Attila zu seinen zahlreichen Weibern noch eine nahm, starb er in der Hochzeilsnacht an einem Blutsturze. Die Hunnen setzten ihres Helden Leichnam mitten in einer weiten Ebene unter ein seidenes Zelt, um welches, seine Thaten besingend, die Reiterei herum- zog. Das Volk beweinte seinen großen Führer nicht mit Thränen, sondern mit Blut. Alle Leidtragenden schoren ihr Haupthaar und zerfetzten ihr Angesicht mit schmerzlichen Wunden. In der Nacht wurde die Heldenleiche in einen goldenen Sarg, dieser in einen silbernen und letzterer wieder in einen eisernen gelegt und mit großen Schätzen aus der weilen Ebene an der Theiß begraben. Alle aber, welche beim Begräbniß thätig gewesen, wurden getödtet, auf daß Niemand je die Grabesstätte des Hunnenfürsten erfahre. 97. Chlodwig, der Gründer des Frankenreiches. Unter allen deutschen Staaten, welche auf den Trümmern des römischen Reiches gegründet wurden, schwang sich der fränkische in Gallien zu einer glänzen- den und dauerhaften Größe empor. Die Franken bestanden aus mehreren Völ- kern, die sich zur Aufrechthaltung ihrer Freiheit — denn frank heißt frei — zu einem großen Bunde gegen die Römer im dritten Jahrhundert vereinigt hatten. Aus ihren Wohnsitzen am Niederrhein dehnten sie sich erobernd immer westlicher, in das damalige Gallien, aus. Nach Sitte der germanischen Völker gehorchten sie anfangs mehren unter sich verbündeten Fürsten. Erst im Jahre 482 stand unter den Franken ein König auf, der sich nach und nach die Herrschaft über alle fränkischen Volkstämme erwarb und deshalb als Stifter des fränkischen Reiches zu betrachten ist. Der war Chlodwig, d. i. Ludwig, ein Zeitgenosse des Theo- dorich, aus der Königsfamilie der Mero- vinger. Er war ein äußerst kriegs- lustiger und herrschsüchtiger Mann; sein ganzer Sinn war einzig auf die Erwei- terung der engen Grenzen seiner Herr- schaft gerichtet. Hiezu waren ihm alle Mittel und Wege, selbst die schlechtesten, gleich willkommen. Zuerst schloß er mit den übrigen Fürsten der Franken, die größtentheils seine Verwandten waren, Bündnisse zum Kriege gegen andere Völker. Und hatte er diese mit ihrer Hülfe bezwungen und seine Macht ver- mehrt, so fiel er verräterisch über seine Freunde selbst her und räumte einen nach dem anderen durch Gift und Dolch aus dem Wege. Als er die Regierung antrat, bestand in Gallien noch ein Rest des Römer- reiches, von welchem Sp agrius Statt- halter war. Auf diesen ging er zuerst los und schlug ihn völlig bei Soissons, im Jahre 486. Der Geschlagene floh nach Toulouse, um am Hofe des west- gothischen Königs Schutz zu suchen; aber die feigherzigen Räthe desselben lieferten den unglücklichen Flüchtling an Chlodwig aus, der ihn ermorden ließ. Dieser Sieg brachte das. noch römische Gallien für immer an die Franken. Als Retter wurden diese erwartet und mit Jubel empfangen; so groß war hier wie überall der Abscheu vor den Römern. Um seine Macht zu verstärken, suchte Chlodwig diefreundschaftderbenachbarten Burgunder. Er vermählte sich deßhalb mit Clotilde, einer Nichte des bur- gundischen Königes. Diese Fürstin, welche 14 *

4. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 213

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
98. Bonifacius, der Apostel der Deutschen. 213 Monarchie legte. Das eroberte Gallien bekam nunmehr den neuen Namen Frankenreich oder Frankreich. Der Stifter dieses neuen Reiches, der auch wegeu seiner Kriegesthaten der Große genannt wird, starb 511 zu Paris, welches sich schon unter ihm zu einer bedeutenden Stadt erhoben hatte. 98. Bonifacius, der Wenn das Auftreten Muhameds und die gewaltsame Verbreitung seiner Lehre das Christenthum so sehr bedrohte und ernste Besorgnisse um dasselbe hervor rief, so ist es höchst wohlthuend zu hö- ren, wie ungefähr um dieselbe Zeit durch den Eifer christlicher Glaubensboten das „Wort vom Kreuze" anderen Völkern, die bisher noch im Heidenthume lebten, und zwar namentlich den germanischen Völkerschaften gebracht wurde. Während die Gothen, Burgunder und Vandalen schon zu der Zeit, als sie in die Provinzen des römischen Rei- ches einwanderten, zum Christenthum bekehrt waren, hingen die Bewohner des eigentlichen Deutschlands, auch als sie durch Chlodwig und seine Nachfolger mit dem Frankenreiche vereinigt worden wa- ren, inlmer noch dem alten Heidenthum an. Zwar waren im siebenten Jahr- hundert englische und fränkische Mönche, wie Columbanus, Gallus, Kilian, Em- meran und Rupertus, nach Deutschland gekommen und hatten in verschiedenen Gegenden das Evangelium gepredigt; aber die Zahl der Christen war nur gering und die Masse des Volks wider- stand hartnäckig allen Bemühungen die- ser frommen Männer Da gelang es der glühenden Begeisterung und der auf- opfernden Liebe eines angelsächsischen Mönches, die meisten deutschen Stämme für das Christenthum zu gewinnen und in dem größten Theil unseres Vater- landes das Heidenthum für immer aus- zurotten. Dieser Mann war Winfried, spä- ter Bonifacius genannt. Winfrieds Heimat war das britische Städtchen Kirton bei Plymouth, wo er un- gefähr im Jahre 680 geboren wurde. Er gehörte einem vornehmen Geschlecht an und empfing darum auch den ritterlichen Namen Winfried. Dieses Wort bezeich- net einen Helden, der durch siegreichen Apostel der Deutschen. Streit Frieden gewinnt oder schasst. An unserem Winfried erfüllte sich die schöne Bedeutung seines Namens im höheren Sinne, als es der Vater bei der Taufe gedacht. Er sollte ein Strei- ter Gottes und Vielen ein Führer zum Frieden werden. Schon auf der Schule, wo er sich durch vorzügliche Anlagen und seltene Lernbegierde vor allen Kna- den seines Alters auszeichnete, reifte in ihm der Entschluß, sein Leben der Aus- breitung des Christenthums zu widnnm. Aber erst nach langem Widerstreben gestattete ihm sein Vater, sich dem geist- lichen Stande zu widmen. Zu seiner weiteren Ausbildung verlebte er dann mehrere Jahre in einem durch die Fröm- migkeit und Gelehrsamkeit seiner Mönche berühmten Kloster und erhielt endlich in seinem dreißigsten Lebensjahre die Priesterweihe. Sogleich machte er sich, seinem ersten Entschlüsse treu, nach Deutschland auf den Weg, und landete an der Küste von Friesland. Hier hat- ten schon andere Bekehrer vor ihm nicht ohne Erfolg gewirkt, aber der Herzog Ratbod war den Christen feind. Er hatte die Kirchen, die in Friesland ge- gründet worden waren, zerstört, die christlichen Lehrer vertrieben und die Götzen und heidnischen Tempel wieder hergestellt. Unter solchen Umständen durfte Bonifacius nicht hoffen, Etwas auszurichten. Er kehrte also im fol- genden Jahre in seine Heimat Zurück, wo er von seinen Ordensbrüdern ein- stimmig zum Abt gewählt wurde. Er war jedoch entschlossen, das begonnene Werk nicht nach dem ersten mißlungenen Versuch aufzugeben, schlug die ihm an- getragene Würde aus, und begab sich nach Rom. Der Papst erkannte schnell die seltenen Eigenschaften des eifrigen, gottergebenen Mannes, ermunterte ihn zur Fortsetzung des Bekehrungswerkes und stattete ihn mit Empfehlungsbriefen aus.

5. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 214

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
214 Iii. Geschichtsbilder. Jetzt ging Winfried nach Thürin- gen, wo das Christenthum zwar schon seit zwei Jahrhunderten besannt, aber durch die Nachbarschaft der heidnischen Slaven und Sachsen so entstellt und mit heidnischen Gebräuchen gemischt war, daß von einem christlichen Leben kaum eine Spur zu finden war. Mit kräf- tigen Worten ermahnte er die Großen des Landes, vom Götzendienste zur wah- ren Gottesverehrung zurückzukehren. Aber er konnte hier nur kurze Zeit verwei- len, weil er die Nachricht von der Un- terwerfung der Friesen durch Karl Mar- tell erhielt. Sogleich eilte er nach Fries- land und wirkte hier drei Jahre lang mit solchem Erfolg, daß der greise Willi- brord ihn durch die Ertheilung der Bi- schofswürde belohnen wollte; er verbat es sich aber, da er noch nicht das fünf- zigste Jahr erreicht habe. Darauf pre- digte er den Hessen die Christuslehre, gründete in ihrem Lande das erste deutsche Kloster und reiste abermals nach Rom, wo ihm der Papst die Bischofs- würde und den Namen Bonifacius er- theilte und ihm Empfehlungsbriefe an viele Fürsten und Geistliche, namentlich auch an Karl Martell mitgab. Von diesem erhielt er einen Schutzbrief an alle Grafen des Frankenreichs und be- gab sich abermals nach Hessen, wo viele der früher durch ihn Bekehrten sich wie- der dem Götzendienste zugewandt hatten. Um durch eine kräftige That den Glau- den an die heidnischen Götter zu ver- nichten, legte er selbst die Hand an die uralte, dem Donnergott geheiligte Eiche, die in der Nähe des heutigen Fritzlar stand, und fällte den Baum mit kräf- tiger Hand, während das heidnische Volk mit seinen Priestern in stummem Ent- setzen den Blitzstrahl erwartete, durch den der beleidigte Gott den Frevler vernichten würde. Als diese Erwartung nicht erfüllt wurde, erkannten Viele die Machtlosigkeit ihrer Götzen und ließen sich taufen. An der Stelle, wo die Eiche gestanden hatte, errichtete Boni- facius ein Kreuz, und aus dem Holze derselben erbaute er eine dem heiligen Petrus gewidmete Kapelle. Noch größere Schwierigkeiten fand der unermüdliche Mann in Thüringen, denn hier widersetzte sich nicht allein das Volk der weiteren Ausbreitung des Christenthums, sondern es widerstrebten auch viele irrgläubige und sittenlose Priester seinen Anordnungen, so daß er viele derselben ihres Amtes entsetzen und neue an ihre Stelle berufen mußte. Unterstützt von treuen und fleißigen Ge- hilfen, gründete er in allen Theilen des Landes Kirchen und Klöster, suchte nicht nur den Götzendienst auszurotten, son- dern mit dem christlichen Glauben auch christliche Gesinnung und sittliches Leben zu verbreiten. So vermehrte sich mit jedem Jahre die Zahl der Bekehrten; immer größer wurde der Einfluß der neuen Lehre auf die Bildung und Gesittung des Volkes, selbst auf die Verbesserung des Feld- baues und der Viehzucht. Die neu ge- stifteten Klöster wurden Zufluchtsorte für die Bedrängten und Verfolgten, Herbergen für die Wanderer, Pflanz- stätten der Kunst und Wissenschaft und Spitäler für die Kranken. Als Bonifacius dem Papst von dem Erfolg seiner Bemühungen Bericht er- stattete, ertheilte ihm dieser die Würde eines Erzbischofs und veranlaßte ihn, noch einmal nach Rom zu kommen. Aus der Reise dorthin wurde der edle Mann überall, wo er erschien, auf's ehren- vollste empfangen, und selbst aus ent- fernteren Gegenden strömten die Men- schen herbei, um den muthvollen Glau- benshelden zu sehen. Nach einem län- geren Aufenthalt in Rom, während dessen ihn der Papst mit Ehrenbezeugungen überhäufte, kehrte er nach Deutschland zurück, entschlossen, die Kirchenverfassung des ganzen Landes gleichmäßig zu ordnen. Er theilte zu dem Ende Bayern in vier bischöfliche Sprengel, gründete in Franken und Thüringen drei neue Bis- thümer und die später durch ihre Kloster- schule so berühmte Abtei Fulda und berief im Jahre 742 die erste deutsche Kirchenversammlung, in der strenge Ge- setze gegen den anstößigen Lebenswandel der Geistlichen gegeben wurden und alle deutschen Bischöfe ihre Unterwerfung unter den Papst schriftlich erklärten. Durch Pipin unterstützt, stellte er dann auch im westlichen Theil des Franken-

6. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 219

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
102. Karl der Große. 219 Entscheidung des Kampfes zu stellen. Am Lech hatte er sich gelagert. Als aber drei Frankenheere sich nahten, eines von Italien her über die Alpen, ein zweites von Pförring gegen die Donau und ein drittes dem Lechfelde selbst, da suchte er sein Heil in abermaliger Unterwerfung. Zum dritten male leistete er den Lehenseid und stellte zum Unter- pfand 12 Geißeln, unter welchen sein eigener Sohn Theodo. Aber Thassilo's Unabhängigkeitssinn war immer noch nicht gebrochen. Verzweiflungsvoll raffte er sich zum dritten male auf, die ver- haßten Fesseln zu brechen; verzweif- lungsvoll erfaßte er das äußerste Mittel, welches ihn zum Ziele führen sollte, ein Bündniß mit den heidnischen Avaren, seinen östlichen Grenznachbarn. Allein gerade dieses Bündniß führte ihn in's unabwendbare Verderben. Es entfrem- dete ihm die Geistlichkeit und selbst einen großen Theil des Volkes, und aus der Mitte seiner, ihm seither so treu anhänglichen Landsleute standen Ankläger wider ihn auf. Der Vorla- dung Karls auf die Reichsversammlung zu Ingelheim 788 leistete Tassilo Folge, wohl nicht ahnend, welch hartes Loos ihm bevorstünde. Die Versammlung sprach ihn wegen Landesverraths des Todes schuldig. Karl milderte das Todesurtheil in lebenslängliche Kloster- haft. Auch Thassilo's ältesten Sohn Theodo und seine beiden Töchter traf gleiches Schicksal. Was aus seinem Weibe und aus seinen übrigen Söhnen geworden, — es werden deren fünf genannt, — berichtet uns die Geschichte nicht. Noch einmal, 794, erschien Thas- silo im Mönchsgewande vor der Kirchen- versammlung zu Frankfurt, um gebro- chenen Herzens auf all das öffentlich und feierlich zu verzichten, was ihm schon seit Jahren genommen war. Das Geschlecht der Agilolfinger aber, welches über Bayern 234 Jahre lang regiert hatte, ist von nun an verschollen. Bayern ward eine Provinz des großen Franken- reiches und theilt fortan dessen Geschicke. 102. Karl der Große. 1. Unter allen Herrschern des Mittel- I alters ragt Karl der Große hervor durch seine Wirksamkeit und seine Schöpfungen sowohl, wie durch den Ruhm, mit dem Geschichte und Sage ihn verherrlicht haben. Wenn auch Vieles von dem, was er geschaffen, wieder zusammen- brach, als sein Auge sich schloß, so hat er doch den Stempel seines Geistes allen folgenden Jahrhunderten ausge- drückt. Was uns Deutsche betrifft, so hat er das unsterbliche Verdienst, die verschiedenen Stämme unter einem Scep- ter vereinigt und so das Gefühl der Zusammengehörigkeit in ihnen erweckt zu haben. Er hat das vorhandene Gute nicht verkannt und scheinbar un- bedeutende Keime mit Ausdauer zur Blüthe gebracht. Aehnlich wie sein Vater unter Karl Martell hatte auch er Zeit, ein Vierteljahrhundert eine tüchtige kriegerische und politische Schule durchzumachen und zu lernen, was seiner Zeit und seinem Volke nöthig und nützlich war. Karl, der älteste unter den Söhnen Pipin des Kurzen, ward bald nach dem Regierungsantritte seines Vaters ge- boren. Ueber seine Jugendzeit weiß man wenig Genaues; ja es kann nicht einmal Zeit und Ort seiner Geburt mit Bestimmtheit angegeben werden. Doch wissen wir, daß er sich frühzeitig in ritterlichen Uebungen gefiel, wie solche damals allenthalben bei den Edel- geborenen gebräuchlich waren. Nachdem Pipin im Jahre 768 die Augen geschloffen hatte, wurde die Herr- schaft über das Frankenreich zwischen den beiden Söhnen des verstorbenen Königs, Karl und Karlmann, also ge- theilt, daß ersterer die Provinzen im Nordwesten, letzterer die Gebiete im Süd- osten des Reiches als Erbe eichielt. Nachdem aber Karlmann im Jahre 771 eines raschen Todes gestorben war, er- faßte er die so zum Wohle des Reiches dargebotene Hand des Glückes und ver- einigte die Länder Karlmanns mit den seinigen, zwang aber auch zugleich die

7. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 220

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
220 Iii. Geschichtsbilder. Wittwe seines Bruders und dessen junge Söhne zur Flucht aus dem Reiche. Hiedurch gerieth er in Streit mit den Langobarden, deren König De- siderius, der Schwiegervater Karlmanns, die Ansprüche seiner Enkel geltend machen wollte. Karl zog mit zwei mächtigen Heeren über die Alpen nach Italien, das eine unter seiner eigenen Leitung über den Mont Cenis, das andere unter seinem Oheim Bernhard über den St. Bernhard. Ohne Widerstand überließ ihm Desiderius die Pässe und schloß sich in seiner Hauptstadt Ticinus oder Pa- via ein, das Karl nach einer harten siebenmonatlichen Belagerung endlich er- oberte und so Desiderius besiegte. Karl herrschte nun selbst über das longobar- dische Reich. Aus allen Theilen des Landes kamen die Langobarden, um sich zu unterwerfen und Geschenke zum Be- weise ihrer Unterordnung darzubringen. Doch blieb das Königreich dem Namen nach selbstständig; es wurde nicht mit der fränkischen Monarchie verschmolzen und behielt sogar seine eigenen Gesetze und Einrichtungen. Karl führte den Titel „König der Longobarden", zählte die Regierungsjahre darnach und setzte im Jahre 780 seinen Sohn Pipin zum König dieses Landes ein. 2. Weit hartnäckiger und blutiger waren Karls Kriege gegen die im nörd- lichen Deutschland wohnenden Sachsen. Hier stand die zähe Ausdauer eines unentnervten, kriegerischen Volkes, das für seine Freiheit, seine Sitten und seinen Glauben kämpfte, eine Ausdauer, die überhaupt den freiheitsliebenden Volksstämmen und Volksfürsten jener Zeit eigen war, der eisernen Willens- kraft eines Helden gegenüber, der unter seinem Vater eine treffliche Kriegsschule durchgemacht und vor Allem in den Kriegen gelernt hatte, einen einmal ge- faßten Entschluß nicht wieder aufzu- geben, und der endlich selbst für seinen großen Gedanken begeistert war. Das war der Grund, warum der Kampf sich über 32 Jahre hinzog und auf der einen Seite die verzweifelte Empörung immer wieder wach rief, auf der andern stete Feldzüge herbeiführte. Die kriegerische Jugend dieses Volkes war dem benachbarten Frankenreiche schon lange durch ihre verheerenden Streifzüge lästig geworden, so daß schon Karl Martell und Pipin die Unter- werfung der wilden Nachbarn versucht hatten. Karl dem Großen war es vor- behalten, dies schwere Werk zu vollen- den. — Die Sachsen wohnten zu der Zeit, von der wir reden, vom Rhein bis zur Elbe, von der Eider bis zur Werra und Fulda. Sie zerfielen in drei Hauptstämme; aber roh in ihrem Glauben, wild in ihrer Vertheidigung, barbarisch in ihrem Recht, zäh in ihrer Freiheit, waren sie für eine gesunde Fortentwicklung ihres Staatslebens nicht recht geschaffen. Festes Zusammenhalten der Stämme war ihnen fremd; sie zer- fielen in freie Gemeinschaften, die nur stammweise im Kriege zusammentraten und sich einen Führer wählten; außerdem hatten sie einen gemeinsamen Führer nicht. Im Jahre 772 unternahm Karl den ersten Heereszug in das feindliche Sachsenland und errang einige Erfolge. Wo er hinkam, Zerstörte er die heidnischen Tempel und zwang die Sachsen zur Annahme des Christenthumes. Die Sachsen aber fielen nach Karls Abzug in's fränkische Reich mit Mord und Brand, ihrerseits durch Zerstörung der christlichen Kirche Rache nehmend. Dies war der wesentliche Charakter fast aller folgenden Feldzüge dieses Krieges. Wenn Karl persönlich gegen die Sachsen aus- zog, zwang er sie zum Rückzug, eroberte ihre Burgen und suchte die Unterwor- fenen zur Annahme seines Glaubens zu zwingen; war er dagegen aus fernen Kriegszügen abwesend, so fielen die Sachsen in sein Reich ein, und nahmen für die erlittene Schmach blutige Rache. Aber Karl brachte es endlich durch seine Kriegsgewandtheit dahin, daß er in den Jahren 775 und 776 die drei Stämme mit ihren Vornehmsten an der Spitze zum Eid der Treue bewog und zum ersten male im Feindeslande eine Reichs- versammlung in Paderborn abhalten konnte, wo sich die Sachsen demüthigten, Geißeln in größerer Zahl gaben und im Falle der Abtrünnigkeit Freiheit und Vaterland verlieren zu wollen erklärten. Nur einer ihrer Führer, Widukind,

8. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 221

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102. Karl der Große. 221 entzog sich durch die Flucht zum Dänen- könig der Unterwerfung Karls. Trotz dieser Unterwerfung nahm der Kampf von beiden Seiten einen immer grausameren Charakter an. Die Sachsen verheerten bei einem Angriff im Jahre 778 die Dörfer und Flecken am Rhein von Deutz bis Zur Mosel. Karl zeigte sich persönlich immer noch milde und versöhnlich; aber die Unversöhnlich- keit und unerschöpfliche Treulosigkeit der Sachsen führten auch ihn zu här- teren Maßregeln; so daß er einmal 4500 Manu im heutigen Hannover auf einmal hinrichten ließ (783). Nun wuchs die Erbitterung unter den Sachsen mächtig. Sie scheinen sich jetzt zu größeren Massen vereinigt zu haben; es kam zu blutigen Feldschlachten zu Detmold und an der Hase, in denen Karl sie aber entscheidend schlug und worauf er verwüstend ihre Fluren bis zur Elbe und Saale durchzog, von seinem Sohne Karl unterstützt. Zwei Jahre lang ließ er seine schwere Hand sie fühlen und die Gesetze, die er im Jahre 785 auf einer zweiten Reichsver- sammlung zu Paderborn gab, athmen Tod und Verderben. Karls Energie blieb nicht ohne Erfolg. In demselben Jahre schon hatten sich Widukind und Abbio, die Häupter der bisherigen Empörungen und die heldenmüthigsten Führer der Sachsen, unterworfen und das Christenthum an- genommen, nachdem sie sich Verzeihung und Straflosigkeit hatten angeloben lassen. Da erlahmte allmählich der kräf- tige Widerstand und die Sachsen waren einige Jahre hindurch, ihrer Stützen be- raubt, kampfunfähig und still. Nur die Friesen und die Sachsen der nörd- lichen Gaue empörten sich noch mehr- mals, vernichteten einzelne Heerschaaren der Franken, stellten deren Bundesge- nossen Hinterhalte und ermordeten die Abgesandten des Frankenkönigs. Endlich im Jahre 804 konnte das Sachsenland als völlig unterjocht betrach- tet werden. Karl hatte nach und nach das Christenthum dortselbst verbreitet und gründete nun die Bisthümer Bremen, Verden, Münster, Minden, Osnabrück und Paderborn zur Befestigung desselben. 3. Noch während des Sachsenkrieges war Karl im Frühjahre 778 gegen die Araber in Spanien zu Felde gezogen. Er konnte aber keinen folgen- reichen Sieg erringen und erlitt beim Rückzüge in den Thälern von Ronce- valles in den Pyrenäen eine empfind- liche Niederlage. Hier fiel auch der in den Sagen hochberühmte Held „Ro- land", der Befehlshaber der Seelüfte des Kanals, sowie Karls Truchseß Eck- hard und der Pfalzgraf Anselm. Zehn Jahre nach dem Beginn dieser Kriege (788) ward das fränkische Reich auch nach Osten hin ausgedehnt und durch Absetzung des bayerischen Herzogs Thassilo Ii., des letzten unter den Agilolfingern, wurde Bayern eine frän- kische Provinz*). Diese Angelegenheit verwickelte den fränkischen König in einen Krieg mit den Avaren, die Thassilo zu Hülfe gerufen hatte, in dessen Verlauf dies wilde Volk in sieben Feldzügen bis hinter die Theiß zurückgedrängt ward. Als nun auch Sachsen unterworfen war, da waren alle deutschen Stämme zum ersten mal unter einem Scepter vereint, das Gefühl der Zusammengehörigkeit war in ihnen erweckt, und wurde durch das Erbrecht der nachfolgenden Karolinger noch mehr befestigt und genährt. So hat Karl das weltgeschichtliche Verdienst, den Grundstein zum deutschen Reiche gelegt zu haben. Doch nicht bloß begründet hat er dieses, sondern ihm auch die Elemente der Bildung: Christenthum und Kultur, Königthum und andere ausgebildete Staats- und Rechtsinstitutionen einge- pflanzt, dieser Neuschöpfung vor der zerstörenden Wuth heidnischer Nachbarn durch Bollwerke dauernden Schutz ge- währt, und den Anfang gemacht, die bezeichneten Segnungen über sie hinaus nach Osten roheren Völkern zu bringen, und so zeichnete er dem eben geschaffenen Reiche eine unvergängliche Aufgabe vor, die ihm immer großen Ruhm ge- bracht, und an deren Lösung es heute noch arbeitet, den Osten zu germanisiren und damit zu bilden. Aber auch gegen die Raubzüge der dänischen Normanen, welche zur *) Bergt. Nr. 101.

9. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 222

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
222 Hi. Geschichtsbilder. See durch Ueberfälle die Küsten Galliens und Deutschlands verheerten, mußte sich Karl vertheidigen. Ihr König Godfried erschien (808) mit einer Heeres- macht sogar vor dem Königssitze Aachen. In Eile sammelte Karl ein Heer; aber ehe es noch zu der von Godfried ange- drohten Feldschlacht kam, wendete des letzteren Tod die Gefahr ab, und die unter den Söhnen ausbrechenden Thron- streitigkeiten verhinderten weitere Kriege. Das Land zwischen Schlei und Eider blieb den Franken und wurde später zur Nord mark. So hatte sich denn das Reich Karl des Großen ausgedehnt von der Elbe bis zu den Pyrenäen, von der Nord- und Ostsee bis zum adriatischen Meere, und Karls Scepter waltete über fast ganz Frankreich, Deutschland : und Italien. Deutsche, Slaven, Avaren, Spanier, Araber, Langobarden, Italiener waren ihm Unterthan, eine „Herrschaft, wie sie seit dem Unter- gänge des Römerreiches nicht war gesehen" worden. Sein Ruhm aber ging weit über die Grenzen seines Reiches hinaus. Gothische, schottische, irische Fürsten nannten sich seine Unter- thanen; britische Fürsten kamen an seinen Hof, der Patriarch von Jeru- salem sandte ihm die Schlüssel zum heiligen Grabe, zum Calvarienberge und Zur Stadt sammt einer Fahne; der mächtige Chalif Harun al Raschid be- wunderte Karl und suchte dessen Freund- schaft. Auch der Papst, dankbar für Karls einstimmige Hülfeleistung, setzte ihm die kaiserliche Krone auf und salbte ihn zum römischen Kaiser und ernannte dadurch ihn und seine Söhne zu Schutzherren Roms. Dies geschah bei der Scheide zweier Jahrhunderte, am 25. Dezember, am Weihnachtstage des Jahres 800. Von jetzt an arbeitete Karl haupt- sächlich an der inneren Entwickelung seines Reiches. So nahm er sich der Kirche und des Staates gleichmäßig und bis in's Einzelnste an. Aber ob- wohl in Alles eingreifend, ließ er doch Kirche und Völkern Freiheit und Selbst- ständigkeit der Entwickelung. Er hatte mit der Uebernahme der römischen ! Kaiserwürde nicht den germanischen Sinn für Freiheit verloren. Er gründete Kirchen und Klöster und beschenkte sie reichlich. Eben so sehr sorgte er aber auch für die Rechte seiner weltlichen Unterthanen durch weise Gesetze und Aufstellung tüchtiger Beamten. Die Bildung fand einen hervorra- genden Beschützer an ihm; denn er gründete Schulen, ließ eine deutsche Sprachlehre schreiben und die alten Heldenlieder sammeln, welche noch im Munde des Volkes lebten. Selbst in Bezug auf den Landbau ward er durch Anordnungen für die königlichen Güter das Vorbild eines sorgsamen, weisen und gerechten Guts- herrn. Er gab Verordnungen über Ackerbau, Garten-, Weinbau, Hausein- richtung, Jagd u. s. w. Seinem Reiche suchte er von jetzt an die Ruhe zu erhalten. Er ordnete den Heerbann, schützte durch Aufstellung von Markgrafen, denen er eine größere Gewalt in die Hand gab, die Grenzen seines Reiches und baute zur Wehr gegen die Ueberfälle der Normanen und Mauren Flotten und Festungen, besichtigte sie selbst, legte Häfen an und setzte Wachtposten hinein. So war er fortwährend für sein Reich besorgt, und es gibt kein Gebiet des Staats- lebens, wo Karl nicht, an frühere Einrich- tungen anknüpfend, rastlos die bessernde Hand angelegt hätte, bald ergänzend, bald ordnend, nie aufhebend oder zer- störend. Nach allen Seiten hin hat er so Samenkörner ausgestreut, von denen zwar einzelne im Drange der Ver- hältnisse erstickten, die Mehrzahl aber doch Früchte trug. Aus allen seinen Thaten, wie Gesetzen aber blickt stets der Geist der Frömmigkeit, der Weis- heit, des Rechtes und der Milde hin- durch. Und wenn dennoch scheinbare Härte aus diesem so harmonisch gestal- teten Wesen hervorbrechen, so ist nicht Willkür, sondern Ueberzeugung die Quelle davon. 4. Nicht uninteressant dürfte es sein, auch von der Person Karls des Großen zu reden. Er war eine gewaltige Erscheinung,

10. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 410

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
410 Ii. Epische Dichtungen. 52. Das Grab im Bnsento. Von Aug. v. Platen. 1. Nächtlich am Busento lispeln bei Cosenza dumpfe Lieder, Aus den Wassern schallt es Antwort, und in Wirbeln klingt es wieder! 2. Und den Fluß hinaus, hinunter zieh'n die Schatten tapf'rer Gothen, Die den Alarich beweinen, ihres Volkes besten Todten. 3. Allzufrüh und fern der Heimat mußten hier sie ihn begraben, Während noch die Jugendlocken seine Schultern blond umgaben. 4. Und am Ufer des Busento reihten sie sich um die Wette; Um die Strömung abzuleiten, gruben sie ein frisches Bette. 5. In der wogenleeren Höhlung wühlten sie empor die Erde, Senkten tief hinein den Leichnam, mit der Rüstung auf dem Pferde. 6. Deckten dann mit Erde wieder ihn und seine stolze Habe, Daß die hohen Stromgewächse wüchsen aus dem Heldeugrabe. 7. Abgelenkt zum zweiten male, ward der Fluß herbeigezogen: Mächtig in ihr altes Bette schäumten die Buscntowogen. 8. Und es sang ein Chor von Männern: Schlaf' in deinen Heldenehren! Keines Römers schnöde Habsucht soll dir je das Grab vermehren! 9. Sangen's, und die Lobgesänge tönten fort im Gothenheere; Wälze sie, Busentowelle, wälze sie von Meer zu Meere! 53. Wittekind. Von Aug. v. Platen. 1. Da kaum die Hügel matt erhellte Der morgenrothe, lichte Schein, Wer schleicht sich in die Zelte Des Frankenlagers ein? Mit Schritten, leise, leise. Wie Späherschritte sind, Verfolgt er die geheime Reise, Das ist der Sachse Wittekind. 2. Schon focht er wider muth'ge Franken Durch lauge Jahre blut'gen Streit; Und grollte sonder Wanken Dem Herrn der Christenheit: Nun schlich er kühn und schnelle Zum Feinde sich bei Nacht, Vertauschend seine Heldenselle Mit einer feigen Bettlertracht. 3. Da fühlt er plötzlich sich umrungen Von Melodieen sanft und weich, Gesungen wird, geklungen Wird um ihn her zugleich; Verwundert eilt er weiter, Durchzieht das rüst'ge Heer, Da sieht er Beter statt der Streiter, Das Kreuz als ihre ganze Wehr. 4. Weihnachten war herangekommen, Der heil'ge Morgen war entglüht, Und innig schwoll des frommen, Des großen Karls Gemüth; Zum hohen Tempelbaue Ließ wölben er sein Zelt, Daß er im Land der Heiden schaue Die Glorie der Christenwelt. - 5. Hoch über'm Altar prangt und raget Ein blauer, golddurchwirkter Thron, Drauf sitzt die reine Maget, Und ihr im Schooß der Sohn. Hell schimmert rings das schöne, Das heilige Geräth, Und alle Farben, alle Töne, Begrüßen sich mit Majestät. 6. Schon kniete brünstig, stillandächtig Der Kaiser vor dem Hochaltar, Mit Grafenkronen prächtig Um ihn die Heldenschaar; Schon fällt vom Spiel der Lichter Ein rofensarb'ner Schein Auf ihre klaren Angesichter p Da tritt der Heide keck hinein. 7. Er staunt, als er die stolzen Paire Mit Karl auf ihren Knien erkennt, Damit sie himmlisch nähre Das ew'ge Sakrament; Doch staunt er deß nicht minder, Da sich kein Priester fand, Und sieh! Es kamen Eügelkinder Im blütheuweißen Lichtgewand.
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