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1. Die Urzeit, Das Frankenreich unter den Merowingern und Karolingern - S. 54

1885 - Wiesbaden : Bergmann
5^ Geschichte der Gründung, Befestigung und Ausbreitung de? Frankenreichs. Folgen seines Schrittes inne werden. Ter höchste Geistliche in Burgund, der Metropolitan von Vienne, Avitus, beglückwünschte ihn wegeii seines Übertritts zum Christentum und stellte ihn als „Vertreter des wahren Glaubens im Abendlande" den oströmischen Kaisern an die Seite. Derselbe Avitus sagte seinem eigenen König ins Gesicht: „Gott sei mit Chlodowech, weil dieser den rechten Glauben habe, er dagegen, der Burgunderkönig, nicht". Eine Anzahl westgothischer Bischöfe erklärte sich offen für Chlodowech; sie wurden zwar deshalb von ihrem König enthauptet, aber das Volk (das heißt wohl: die eingeborenen Römer und Gallier) „verehrte sie als Märtyrer." So hatte Chlodowech in dieseu beiden Ländern bereits eine starke Partei ans seiner Seite, als er an deren Unterwerfung ging. Außerdem gelang es ihm, den Bruder des burguudischen Königs Gnndo-bald, Godegisel, zum Treubruch zu verleiten, so daß dieser während der Schlacht (bei Dijon, Öuu) zu ihm überging. Gnndobald ward besiegt; doch behauptete er sich in seinem Reiche ;, erst unter Chlodo-wechs Nachfolgern (534) ward Burgund dem Frankenreich einverleibt. Uber die Westgothen siegte Chlodowech bei Vonllon unweit Poitiers (507) und tötete mit eigener Hand ihren König Alarich Ii. Das ganze schöne Land bis zur Garonne fiel dadurch in seine Hand. Mit den Armorikern, einem keltischen Stamme, der schon länger unabhängig von der Römerherrschaft das Land unmittelbar am Kanal bewohnte, kam es zu einem friedlichen Vertrag, infolge dessen dieselben die Oberhoheit des Frankenkönigs anerkannten. Alle diese Siege hatte Chlodowech als König nur eines Teils der Franken (und nicht einmal des ganzen Stammes der Salier) erfochten; er hatte sich dabei bloß einmal der Hilfe feiner Nebenkönige zu erfreuen gehabt; ein anderesmal hatten sie ihn im Stiche gelassen. Nun ging er daran, mit diesen Nebenkönigen selbst auszuräumen, um sich der Herrschaft über den ganzen großen Frankenftamm zu bemächtigen. Bei den falischen Franken gab es außer ihm noch zwei solche Könige, Chararich undragnachar, bei den Uferfranken nur einen, Sigbert. Chlodowech wußte sich Chararichs und feines Sohnes mit List zu bemächtigen. Er ließ ihnen die langen Locken, den auszeichnenden Schmuck der fränkischen Könige, abschneiden, und, da sie trotzend sagten, „tue Locken würden ihnen schon wieder wachsen," ließ er sie töten. Ähnlich machte er es mit Ragnachar. „Selbst seine nächsten Verwandten verschonte er nicht", sagt der Geschichtsschreiber der Franken, Gregor von Tours, (lebte zwischen 529 und 594). Nun machte er sich an Sigbert. Er ließ zuerst dessen Sohn zum Morde des eigenen Vaters verführen und bestrafte danu den Mörder mit

2. Die Urzeit, Das Frankenreich unter den Merowingern und Karolingern - S. 56

1885 - Wiesbaden : Bergmann
Grenzen, Bevölkerung, Sprache des Frankenreichs. Viertes Kapitel. Vrenien, fituölhtrimg, Sprache bro Frankenreichs. 4§gic 6> i gii5 cn des Frantcnreichs, liuc sie durch bic von ßchfobo luccs) itnb feinen höhnen gemachten Eroberungen ficf) gestalteten, untren im Westen das Meer, im Norbcn das Land bcr Friesen und Sachsen, im Osten Elbe, Saale, Böhmcrwalb, im Süden bic Donan, bic Alpen, die ©luoitnc it nb bav ?.\ittefmcer. Die s üb lief) bcr ©aroititc nnb südlich bcr Donau wohnenden Reste, der Westgothen nnb bcr Alemannen, bic unter beut Schnee des mächtigen Theoborich noch eine Zeitlang eine gewisse Unabhängigkeit vom Frankenreich behaupteten, verfielen demselben gleichfalls nach des letzteren Tode, bei beut dann allmählich cmtretcttben Verfall des ostgothischen Reiches. In bezng auf bic Bevölkernng hat man brei Zonen zu unter-scheiben. Die im eilten Germanien gitrüclgeblicberten Stämme, also die Thüringer, die rechtsrheinischen Alemannen, bic Bojoaricr, cnblich bcr -icil bcr Franken, der seine Sitze drüben hatte (die sog. Cst-si anten), trugen im ganzen noch denselben Charakter, den Taeitus an den Germanen wahrgenommen; sie hatten ihre heidnische Religion, sie hatten ihre alte Tracht nnb Sitte zum allergrößten Teil wohl unueränbert beibehalten. Wo germanische Stämme (Frauken, Alemannen, Bitrguuber) in römisches ©einet crobcrnb vorgebrnngen waren, also auf einem breiten Streifen links bcs Rheins, ferner in dem heutigen Norbfrankrcich, Belgien, Südhollanb, ba war das germanische Element das überwiegenbe, baut bic früheren Bewohner (Römer, Kelten, Belgier) waren großenteils getötet, ober vertrieben, ober unterjocht, auch wohl zu Sklaven gemacht. Nur in den Städten (so weit sie nicht in der Völkerwanderung zerstört waren) mochte das romanische Element sich noch behaupten. Je weiter süd- itnb westwärts dagegen, desto mehr herrschte das romanische Element vor, erschien das germanische nur iu vereinzelten Spuren. Wie es inmitten dieses Völkergemisches sich mit der Sprach e verhalten habe, ist eine nicht leicht zu beantwortende Frage. Römische Schriftsteller deuten an, die Franken hätten auch nach ihrem Übertritt zum Christentum doch ihre alte Tracht und ihre Sprache beibehalten. Das gift inbes jedenfalls nur mit großen Einschränkungen. Schriftsprache war ausschließlich das Lateinische, freilich ein Latein, bessert

3. Die Urzeit, Das Frankenreich unter den Merowingern und Karolingern - S. 62

1885 - Wiesbaden : Bergmann
62 Standes- und Besitzesverhältnisse. Die ersten Ansänge des tehnswesens. gaben frei, die Römer von der Ehre des Waffendienstes ausgeschlossen, dagegen mit allerlei Steuern belastet; nun wurden die Römer auch zum Heeresdienst, dagegen die Franken auch zu der und jener Geld- und Naturalleistung herangezogen. Wohl mochten sie klagen, daß sie, „die zuvor freie Männer gewesen", Lasten übernehmen sollten, „die eines freien Mannes unwert",*) allein es half ihnen nichts. Das alles geschah weniger nach bestimmten allgemeinen Festsetzungen, als von Fall zu Fall, nach Willkür, eigenmächtig. Der ganze Umfang der Königsgewalt Chlodowechs und seiner Nachfolger beruhte weniger aus Recht, als aus Macht, und so geschah es freilich nicht selten, daß die, gegen welche biefe Gewalt sich richtete, sich derselben auch wieder in gewalttätiger Weise zu erwehren suchten. Die Geschichte keines andern Königshauses ist wohl so reich, wie die der Mero-vinger, ein Erzählungen von der Ermordung von Königen. Kapitel Standes- und Kesihesverhältnijfe. Die ersten Anfänge des Lehnswesens. der Verwandlung der republikanischen Verfassung der germanischen Urzeit in eine streng monarchische, wie sie im Frankenreich stattfand, ward auch die ganze Gesellschaftsordnung eine andere. Früher waren alle freie Volksgenossen einander gleich gewesen: auch soweit es einen Adel und Fürsten oder Häuptlinge gegeben, hatte deren höherer Rang doch nur aus der höheren Schätzung durch die Volksgenossen beruht; an die Stelle dieser letzteren trat jetzt der König. Wen dieser auszeichnete, der, und der allein, erhob sich über die andern. Der Dienst des Königs adelte, gleichviel ob es ein Dienst um die Person des Königs oder in dessen kriegerischem Gefolge war. Ja schon derjenige hatte einen höheren Rang, den nur der König seines näheren Umgangs würdigte. Aus die Verletzung oder gar Tötung eines „Getreuen" oder „Tischgenossen" des Königs, oder eines königlichen Beamten (Herzogs, Grasen, Vieegrasen), war eine höhere Buße („Wergelb") gesetzt, als aus die eines gewöhnlichen Freien. Das Wergelb eines solchen Königsmannes, wenn er zugleich *) Gregor a. a. O., 2. Bd. S. 119.

4. Die Urzeit, Das Frankenreich unter den Merowingern und Karolingern - S. 70

1885 - Wiesbaden : Bergmann
70 Recht und Gericht. Das älteste dieser Volksrechte ist das der Salsranken, die Lex Salica. Es scheint entstanden, bald nachdem die Salsranken sich auf römischem Boden festgesetzt, also im 5. Jahrhundert, noch vor der Begründung des fränkischen Reiches durch Chlodowech. Wie die Einleitung zur Lex Salica besagt, betrauten die Franken mit der Ab-sassnng dieses Rechtsbnches einige ihrer Vornehmen. Die eine Handschrift spricht von zwei, andere von sechs, eine dritte von vier solchen; nach letzterer hießen dieselben Wisogastis, Bodogastis, Saligastis und Widogastis. Diese berieten „an drei Malbergen" alles sorgfältig und brachten so das Gesetz zu stände. Später erhielt dasselbe (durch Chlodowech und andere Könige) mancherlei Zusätze, worin den neuer? dings wieder veränderten Verhältnissen Rechnung getragen, insbesondere auf Vergehen gegen die Diener oder Getreuen des Königs Strafen gesetzt wurden. Die erste Abfassung der Lex Salica enthält 65 §§, eine spätere 99. Im 6. Jahrhundert entstanden die Gesetzbücher der rechtsrheinischen Franken, der Alemannen, der Burgunder, im 8. das bojoarische, noch später die der Thüringer, der Sachsen und der Friesen. Da im fränkischen Reiche der Grundsatz galt, daß jeder Genosse eines Stammes nach seinen Stammesrechten gerichtet werden mußte, so haben die Volksrechte der im fränkischen Reiche vereinigten Stämme eine hervorragende Bedeutung. Sie find zugleich wichtige Quellen für die Kenntnis des wirtschaftlichen und sittlichen Lebens dieser Stämme. Auch Langobarden und Gothen hatten ihre Volks-rechte, die mit ihnen abstarben. Ju den Volksrechten ward vorwiegend wohl das schon in Kraft bestehende herkömmliche Recht ausgezeichnet, jedoch auch manche Bestimmung getroffen, welche sich auf die neuen Verhältnisse bezog. Die meisten und wichtigsten Bestimmungen der Volksrechte sind strafrechtlicher Natur: sie zählen die Vergehen und Verbrechen auf, welche mit Strafe bedroht sind, und bestimmen die betreffende Strafe. Andere als Geldstrafen kommen im falifchen Gesetzbuch nicht vor, aber es sind daselbst auch nur Vergehen und Verbrechen gegen Privatpersonen verzeichnet; von öffentlichen Verbrechen wie Landes- oder Hochverrat ist nicht die Rede. Die Verleitung eines Richters zu einer ungesetzlichen Handlung und die Weigerung des Richters, Recht zu sprechen, werden, wie es scheint, nicht als öffentliche Vergehen betrachtet, daher auch nur mit Geldstrafen belegt. Erst in späteren Volksrechten, z. B. dem alemannischen, ist auch der Fall vorgesehen,*) wo jemand „ein *) §. 25 des alemannischen Gesetzbuches. Ähnlich in dem bajoarischen.

5. Die Urzeit, Das Frankenreich unter den Merowingern und Karolingern - S. 74

1885 - Wiesbaden : Bergmann
74 Geistiges, sittliches, kirchliches Leben. und blieben noch lange großenteils mit Römern besetzt. Noch im 6. Jahrh. n. Chr. waren auf einer Synode zu Mncon unter 63 Bischöfen nur 7 geborene Franken; erst im 7. Jahrh, hatte sich dieses Verhältnis dahin geändert, daß auf einer Synode zu Rheims von 42 Bischöfen 24 dem fränkischen Stamme angehörten. Aus der Mitte der Franken ist damals kein Mann von hervorragender Bildung hervorgegangen, kein Ulsilas, Beda oder Paulus Diaconus: die Franken stehen darin hinter ihren Stammesverwandten, den Gothen, Longo-barden, Angelsachsen, zurück: ihr einziger namhafter Geschichtsschreiber, Gregor von Tours, war ein Römer. Während aber so nach der geistigen Seite hin die Franken sich wenig bildungsfähig erwiesen, waren sie für die nicht eben günstigen Einflüsse des Römertnms in sittlicher Beziehung leider um so empfänglicher. Gerade der Mangel höherer geistiger Bildung und veredelten Geschmacks trug dazu bei, daß sie von der sittlichen Fäulnis, welche das verfallende römische Reich um sich verbreitet hatte, nur zu sehr angesteckt wurden. Auf der andern Seite konnte es kaum ausbleiben, daß die vielen Kriege, insbesondere die vielen Bürgerkriege, eine bedenkliche Verwilderung zur Folge hatten. Die Könige selbst gaben das verderbliche Beispiel einer vor keinem Verbrechen zurückschreckenden Gewaltthätigkeit. Die Großen, durch einen ihnen mühelos zugefallenen reichen Gutsbesitz mit den Mitteln üppigen Lebensgenusses ausgestattet, durch das lockende Vorbild der vornehmen Römer verführt, durch die ihnen gewährten Vorrechte übermütig gemacht, überließen sich rücksichtslos ihren Gelüsten. Die Masse des Volkes aber, von oben bedrückt, durch die häufigen inneren Kriege in ihrem friedlichen Erwerbe fchwer geschädigt, suchte sich zu helfen, wie sie konnte, und büßte großenteils den Sinn für Recht und Gesetzlichkeit ein. Die Bekehrung Chlodowechs und seiner Franken zum Christentum hals wenig gegen diese sittliche Verderbnis. Allerdings predigten die christlichen Geistlichen Buße, versagten wohl auch bei groben Sünden die Absolution oder belegten die Schuldigen mit allerhand Kirchenstrafen. Allerdings mahnten sie die Herren zu größerer Milde gegen ihre Sklaven, die Reichen zum Wohlthun gegen die Armen. Allerdings eiferten sie gegen die Blutrache als eine frevelhafte Störung des Gottesfriedens. Durch alles dieses mochten einzelne Verbrechen verhindert, einzelne Schuldige gebessert werden. Allein ebenso oft wurde von diesem geistlichen Sittenrichteramte kein Gebrauch gemacht, besonders gegen vornehme Sünder. Die Geistlichen durften es mit Chlodowech und feinen Franken nicht verderben, denn sie verehrten in

6. Die Urzeit, Das Frankenreich unter den Merowingern und Karolingern - S. 75

1885 - Wiesbaden : Bergmann
Geistiges, sittliches, kirchliches Leben. 75 diesen die Beschützer ihres Glaubens und ihrer Kirche gegen die ketzerischen Arianer; sie mußten sich der Gunst des Königs und der Großen versichern, da sie sonst leicht mit ihrem reichen Kirchengut, bei der herrschenden Rechtsunsicherheit, Gefahr liefen, eine Beute der Stärkeren zu werden. So erklärt es sich, daß ein so frommer Mann wie Bischof Gregor die Siege Chlodowechs über seine Nebenkönige, Siege, die durch Verrat, Heimtücke, Gewaltthat, kurz, durch jede Art von Verbrechen erreicht waren, als „Wirkungen einer besonderen Gnade Gottes" preisen und dessen Handlungen als „Gott wohlgefällig“ rühmen konnte. Auch hielten viele Geistliche sich selbst von allerhand Ans-schweisnngen nicht frei. Gregor ist unbefangen genug, uns mehr als ein dergleichen Beispiel zu berichten. Da trieb ein Bischof öffentlich Wuchergeschäfte; ein anderer beging Raub an dem Gut feiner Pflegebefohlenen; ein dritter griff zum Schwert, um Rache an denen zu nehmen, die er haßte. Besonders berüchtigt waren zwei Bischöse, Polo-mus und Sagittarius. Sie hatten sogar Mordtaten begangen. Eine Synode entsetzte sie ihrer Pfründen, allein durch ihren Einfluß bei Hose gelangten sie wieder in den Besitz derselben. Das Asylrecht der Kirchen ward mißbraucht, um offenkundige Verbrecher der Strafe zu entziehen, und ein ander Mal wieder hinderte es nicht, daß im Gotteshause selbst ein Mord begangen wurde. So griff unter den Franken im römischen Gallien eine immer wachsende Sittenlosigkeit um sich, die sich dann auch zum Teil ihren Stammesverwandten im alten Germanien mitteilte. Noch im fünften Jahrhundert hatten römische Schriftsteller an den Germanen jene selbe Reinheit des häuslichen und ehelichen Lebens gerühmt, die 4u0 Jahre früher die Bewunderung und den Neid eines Tacitns erregt hatte. Schon bald darauf aber „sinken die in die verpestete Atmosphäre des römischen Weltreichs eingedrungenen germanischen Stämme auf das sittliche Niveau des byzantinischen Lebens herab."*) „Zu der alten Roheit war die römische Liederlichkeit hinzugekommen, und die Geschichte der Merovinger ist voll von den widerlichsten Szenen jeder Art: ein merovingischer König ließ das kleine Kind seines Bruders am Bein ergreifen und ihm das Köpfchen an einem Stein zerschlagen; ein Bischof ließ einen Priester, der ihm lästig war, lebendig in einen Steinsarg schließen, in welchem schon eine Leiche verweste; ein vornehmer Mann sengte seinem Sklaven aus bloßer Laune mit einer Fackel das Fleisch von den Beuten."**) „Die Verwilderung, die *) Nitzsch a. a. £)., 1. 23b, S. 153. **) Kaufmann a. a. D., 2. Bd. S. 185. (®ie angeführten Beispiele sind aus Gregor entnommen).

7. Die Urzeit, Das Frankenreich unter den Merowingern und Karolingern - S. 81

1885 - Wiesbaden : Bergmann
Ii. Unter den Karolingern. Erstes Kapitel. Übergang aus her Werovingil'chen in die Karolingische Zeit. jjl|ie Familie der Merovinger regierte bis 752, also über 260 Jahre; dann trat an ihre Stelle ein neues Herschergeschlecht, das der Karolinger, so benannt nicht, wie das Merovingische, von seinem Stifter, sondern von seinem berühmtesten Vertreter, Karl dem Großen. Tie Aufrichtung einer fast unumschränkten Königsgewalt im Frankenreiche war eine Notwendigkeit gewesen, wenn der Frankenstamm seine Herrschaft über Römer, Gallier und über die ihm unterworfenen germanischen Stämme behaupten wollte. Allein eben diese Unumschränktheit verführte die Könige zum Mißbrauche der ihnen eingeräumten Macht. Chlodowech Hatte vor Gewaltthätigkeiten aller Art nicht zurückgescheut; seine Nachfolger, welche die gleiche Gewalt als eine schon feststehende, ererbte, überkamen, dachten noch weniger daran, sich in deren Handhabung zu mäßigen, und so kam es, daß die Geschichte des Merovingischen Hauses gar bald eine Reihe von Greuelthaten der ärgsten Art aufzuweisen Hatte. Die Verlegung der Residenz nach Paris, in den Mittelpunkt des ehemaligen römischen Gebietes, die dadurch nahegelegte Nachahmung der despotischen Sitten der römischen Kaiser und die Unterwürfigkeit der, an solche Behandlung gewöhnten, dortigen Bevölkerung vermehrten noch das Übel. Einen besondern Anlaß zur Entartung der Königsgewalt gaben die wiederholten Teilungen des Reichs und die dadurch herbeigeführten Bruderkriege. Es war ein verhängnisvoller Fehler Chlodowechs und seiner Nach- Biedermann, Deutsche Volks- und Kulturgeschicht». I. 6

8. Die Urzeit, Das Frankenreich unter den Merowingern und Karolingern - S. 82

1885 - Wiesbaden : Bergmann
82 Übergang aus der Merovingifchen in die Karolingische Zeit. folger, daß sie, statt durch die Aufstellung einer festen Erbfolgeordnung die Einheit des Reiches und der Reichsgewalt zu sichern, durch den Grundsatz Der Teilung die Kraft des Reiches schwächten und vielfache Kämpfe unter den Teilkönigen und ihren Anhängern herbeiführten. Chlodowech hatte vier Söhne; es fand daher eine Vierteilung des Reiches statt. Ein günstiges Geschick vereinigte noch einmal das ganze Frankenreich in Einer Hand. Drei der Linien starben ans, und nur Clotar I. blieb übrig (558). Von dessen Söhnen hatte der eilte, Ehilperich, den richtigen Gedanken, nach des Vaters Tode (561) sich der Herrschaft über das Ganze bemächtigen" zu wollen. Allein der Widerspruch seiner Brüder Sigbert, Eharibert und Guntram zwang ihn, davon abzustehen. Weder Eharibert noch Gnntram hatten männliche Erben; so zerfiel nach ihrem Tode das Ganze in nur zwei Teile, einen westlichen (Neustrien) und einen östlichen (Austrasten). Jener war überwiegend romanisiert, dieser überwiegend germanisch. Zwischen dem Australier Sigbert und dem Neustrier Ehilperich entbrannte ein heftiger Kampf. Beide hatten Töchter des westgothischen Königs Athenagild zu Frauen, Sigbert die jüngere, Brunhilde, Ehilperich die ältere, Gailaswind oder Gaiswintha. Ehilperich hatte neben seiner Gattin noch eine Geliebte, Fredegunde. Auf deren Anstiften ward Gaiswintha ermordet. Ilm sie zu rächen, überzog Sigbert seinen Bruder mit Krieg, eroberte Paris und ward von den Nenstriern als König anerkannt. Aber auch er siet durch Meuchelmörder, welche Fredegunde gedungen hatte (576). Das gleiche Schicksal traf Ehil-p er ich (584), man weiß nicht, ob durch Brunhildens Rache, oder ob als Opfer einer Treulosigkeit Fredegundeus. So blieben nur die beiden Frauen Brunhilde und Fredegunde zurück, Brunhilde als Vormünderin erst für ihren, damals noch unmündigen Sohn Childeber t Ii., dann, nach dessen frühzeitigem Tode, für dessen nachgelassenen beiden kleinen Söhne, Theodebert und Theoberich, Fredegunde für den unmündigen Sohn Ehilperichs, Chlotar Ii. Bevor noch der glühende Haß der beiden Frauen gegeneinander in offenen Krieg ausbrach, starb Fredegunde. Ihr Sohn Chlotar Ii. behielt Neustrien. Von den beiden Enkeln Brunhildens erhielt Theodebert Austrasten, Theoberich das, durch Guntrams Tod (593) inzwischen freigeworbene Burgund. Auch zwischen diesen Brüdern entbrannte ein blutiger Krieg: Theode-rich besiegte seinen Bruder und ließ ihn umbringen (611), starb aber selbst schon im -folgenden Jahre, man glaubte, von seiner Großmutter Brun Hilde vergiftet. Diese wollte nun als Vormünderin ihrer Ur-

9. Die Urzeit, Das Frankenreich unter den Merowingern und Karolingern - S. 86

1885 - Wiesbaden : Bergmann
86 Karl der Große: seine kriegerische Tbätigkeit. zu dem sogenannten „Kirchenstaat", welcher den Päpsten neben ihrer geistlichen auch eine weltliche Macht, als Landesherren, verlieh Seiner neuen Königswürde zeigte sich Pipin würdig: die Sachsen besiegte er zweimal und zwang sie zur Zahlung eines Tributs; die abermals in Südfrankreich eingefallenen Manren warf er nach Spanien zurück; gegen .den unbotmäßigen Herzog von Aquitanien, Waifar, führte er solange Krieg (teils persönlich, teils durch seinen Sohn Karl), bis derselbe von seinen eigenen Leuten ermordet und damit die Unterwerfung Aquitaniens von neuem besiegelt ward. Auch die Bayern zwang er, wenn schon nur vorübergehend, zum Gehorsam. Diese vielen Anforderungen an seine kriegerische Thätigkeit ließen ihn zu einer eingreifenden gesetzgeberischen Wirksamkeit im Innern nicht kommen. Nur einige Verordnungen, zumeist sittenpolizeilichen Inhalts (z. B. über das Leben der Geistlichen), haben wir von ihm. Man hat Pipin für den Wiederhersteller des sog. „Mürzfeldes", d- l)- der regelmäßigen Versammlungen der Großen, ausgegeben; allein solche Versammlungen kommen, wenn nicht früher, doch sicherlich unter Karl Martell schon wieder vor. Nur soviel scheint richtig, daß Pipin sie vom März auf den Mai verlegte. >zu seinen Kapitularien bezieht er sich stets aus Oie Zustimmung der Großen. Er mußte diese schonen, weil sein junger Thron wesentlich auf ihnen beruhte. Daher mag es auch kommen, daß Pipin nicht, wie vor ihm fein Vater und nach ihm fein großer Sohn Karl, beit Machtgelitften derselben zum schütz der Geringeren entgegentrat, eher sie auf deren Kosten bevorzugte.*) Drittes Kapitel Karl der Große: seine kriegerische Thätigkeit. ^ipin der Kurze starb 768. Von seinen zwei Söhnen, Karl (geb. 742) und Karlmann, folgte ihm der letztere im Tode 771. Er Hinterließ zwei Knaben. Mit Übergehung dieser machte sich Karl unter Zustimmung der Großen zum Alleinherrscher. Die *) So in dem merkwürdigen Kapitulare von 754, nach welchem eine Berufung vom Grafengericht an den König, außer bei Rechtsverweigerung, mit Prügelstrafe bedroht, betreffs der Vornehmeren aber eine Ausnahme gemacht wird.

10. Die Urzeit, Das Frankenreich unter den Merowingern und Karolingern - S. 87

1885 - Wiesbaden : Bergmann
Karl der Große: seine kriegerische Thätigkeit. 87 Witwe Karlmanns floh mit ihren Söhnen zu ihrem Vater, dem Longobardenherzog Desiderins. Auch Karls Regierung, wie die seines Vaters, war zum größten Teile mit kriegerischen Thaten ausgefüllt. Weit über ein Menschenalter lang hat er fast immer in Waffen gestanden. Er hat nacheinander die Sachsen, die Friesen, die Langobarden, die Mauren, die Bayern, die Avaren, die Slawen und die Dänen bekämpft und ist aus allen diesen Kämpfen als Sieger hervorgegangen, Der Kamps mit den Sachsen allein hat über 30 Jahre gewährt, allerdings öfters unterbrochen durch andere kriegerische Unternehmungen. Die Unterwerfung der Sachsen erachtete Karl für notwendig, weil er glaubte, daß nur so das Frankenreich vor deren immer wiederholten Angriffen zu sichern sei, und weil er ev alv seine Xusgabe ansah, alle germanische Stämme seinem Reich einzuverleiben und damit dem Christentum zu gewinnen. Schon 772 unternahm er einen Feld-zug gegen einen Zweig derselben, die sog. Engern. Er zerstörte deren Hauptseste, die Er es bürg (das heutige Stadtbergen an der Diemel) sowie ein Wahrzeichen ihres Heidentums, die Jrminsul bei Altenbeken in der Nähe der Eggeberge, und zwang die Engern zur Unterwerfung. Von da wandte er sich nach Italien. Desiderins, ohnehin ihm feindlich gesinnt, weil Karl, welcher ebenfalls eine Lochter desselben zur Gemahlin gehabt, sich von dieser getrennt und sie ihrem Vater zurückgesandt hatte, wollte das Erbrecht der Söhne Karlmanns gegen Karl geltend machen und verlangte von dem Papste Hadrian, er solle diese als Könige der Franken salben. Da der Papst sich dessen weigerte, so bedrohte Desiderins Rom. Hadrian ries Karl zu seiner Hilse herbei; Karl erschien (774) als Befreier des Papstes in Rom, eroberte Pavia, wohin Desiderius sich geflüchtet hatte, schickte diesen samt den Söhnen Karlmanns ins Kloster, und erklärte dessen Land sür einen Teil des Frankenreichs. Die von seinem Vater dem päpstlichen Stuhle gemachte Schenkung bestätigte er. Wiederholte Aufstände der Longobarden riefen ihn 776 und 787 nochmals nach Italien, endeten aber mit deren vollständigen Unterwerfung. Inzwischen hatten sich die andern beiden Zweige der Sachsen, die Westsalen und die Ostfalen, erhoben. An der Spitze der Bewegung stand Widn-kind, ein ebenso tapferer als kluger, durch ausgedehnten Besitz und hohes Ansehen unter seinen Volksgenossen mächtiger Mann. Als in-solge neuer Siege Karls (777) ein großer Teil der sächsischen Edlen dem König Treue und Annahme des christlichen Glaubens gelobte, sloh Widnkind, statt sich gleichfalls zu unterwerfen, zu den Dänen.
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