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1. Theil 2 - S. 24

1867 - Breslau : Max
22' Mittlere Geschichte. 1. Periode. Bonifacius. Anderes zu lehren, als was mit der Meinung der katholischen Kirche übereinstimmte, und weihte ihn zum Bischof ein. So ging er nach dem damals noch sehr rauhen, mit vielen Wäldern be- deckten Deutschland, und zog, das Evangelium predigend, unter vielen Mühen, Entbehrungen und Gefahren bei den Thüringern, Hessen, Sachsen und Friesen umher. Einst kam er ins Land der Hessen. Hier traf er (in der Gegend des nachherigen Hofgeis- mar) eine Eiche von ausnehmender Dicke, die von den einfälti- gen Leuten als ein Hauptsitz des Donnergottes verehrt wurde. Bonifacius belehrte sie über den einigen Gott, den unsichtbaren und doch allgegenwärtigen, über Jesus, den Sohn Gottes, und über das Heil der Welt, das durch ihn den Menschen dargebo- ten sei. Aufmerksam hörten sie zu, aber die Meisten schüttelten noch zweifelnd den Kopf. Da ließ sich der kühne Mann eine Axt bringen und machte Anstalt, die Eiche zu spalten. Wie ent- setzten sich nicht die Hessen über den vermeintlichen Frevel, und wirklich umringte ihn schon ein Haufen und drohte, ihn umzu- bringen. Aber Andere hielten sie zurück und meinten, der Gott im Baume würde sich schon selbst helfen und den Frevler nieder- schmettern. Da trat Bonifacius mit festem Schritte heran und vollführte einen starken Schlag auf den Baum, und voll Ver- wunderung sahen sie den Mann noch immer unversehrt da- stehen. Nun fiel Schlag auf Schlag, und mit jedem Schlage sank der Aberglaube der Leute immer mehr. Endlich stürzte die Eiche krachend zu Boden und zugleich schwand auch der Aberglaube der Hessen. Gläubig wandten sie sich nun zu den Lehren des Christenthums und nahmen willig die heilige Taufe an. — Der Papst, dessen geistlicher Obergewalt Bonifacius das bekehrte Deutsch- land unterworfen hatte, belohnte den treuen Glaubensboten mit der Würde eines Erzbischofs von Mainz. Recht passend heißt er der Apostel der Deutschen. Noch in seinem hohen Alter (er war schon 70 Jahre alt) gönnte er sich keine Ruhe, sondern un- ternahm noch eine Bekehrungsreise zu den Friesen. Diese aber schlugen den wackern Mann todt, der schon auf Erden sich den Himmel durch seinen edlen Eifer verdient hatte. Er lebte zu der Zeit Karl Martells und starb 755. In Fulda liegt er begraben. Es ist eben bei Bonifacius des Papstes erwähnt worden. Man merke sich über denselben Folgendes. In den ältesten Zei- ten des Christenthums standen jeder christlichen Gemeinde Auf-

2. Theil 2 - S. 31

1867 - Breslau : Max
Karl der Große. 29 verbergen vor dem wüthenden Antlitze eines so grimmigen Fein- des." Daraus sprach Otker: „Wenn du eine Saat auf dem Felde wirst starren und einen eisernen Po und Tessino (zwei Flüsse, die sich nicht weit von Pavia vereinigen) die Mauern der Stadt mit schwarzen Fluthen wirst überschwemmen, sehen, dann fürchte, daß Karl komme!" — Und kaum hatte er ausgesprochen, als sich von Abend her wie eine düstere Wolke zeigte, die den Hellen Tag verdunkelte. Wie sie näher heranzog, erblickte man den eisernen Karl im eisernen bebuschten Helme, in eisernen Schienen an den Armen, im eisernen Panzer um die eherne Brust und die gewal- tigen Schultern, mit einem eisernen hoch aufgehobenen Spieß in der Linken, den unbezwungenen Stahl in seiner Rechten schwin- gend. So sah man auch am Schilde nichts als Eisen, und selbst sein Roß war wie von Eisen an Muth und Farbe. Fast sein ganzes Heer war gleichmäßig gerüstet, so daß das Feld und die Straße mit Eisen wie bedeckt war und die Schwerter in der Sonne blitzten. „Da ist er," rief Otker aus, „den du zu sehen begehrt hast!" und stürzte fast sinnlos zu Boden; denn er fürch- tete Karls Rache. Karl ließ Desiders Hauptstadt Pavia einschließen und reiste selbst nach Rom, um hier das Osterfest zu feiern. Vor den Thoren der alten Kaiserstadt empfingen ihn jauchzend und lob- singend alle Schulen mit ihren Lehrern und Knaben, mit Palm- und Oelzweigen in den Händen. Als Karl das vortragene Kreuz erblickte, sprang er mit seinem ganzen Gefolge vom Pferde und ging zu Fuß nach der Peterskirche, an deren Thüre ihn der Papst und das römische Volk erwartete. Der fromme König küßte jede Stufe, die hinaufführte, umarmte den heiligen Vater, der ihn unter der Kirchenhalle, umgeben von seiner ganzen Geistlichkeit, würdevoll empfing, und als beide in das Kirchen- gewölbe traten, rief das Chor und alles Volk stimmte ein: „Ge- benedeiet ist, der da kommt im Namen des Herrn!" — Indessen ergab sich Pavia nach 10 Monaten. Dem gefangenen Desiderius wurden die Haare abgeschoren und er ins Kloster geschickt. Das Langobardenreich aber vereinigte Karl mit seinem Reiche, so daß ihm nun Deutschland, Frankreich und Ober-Italien gehorchten. Als Karl sich wegen des Sachsenkrieges in Paderborn auf- hielt (777), kam eine sonderbare Gesandtschaft dahin, die großes Aufsehen erregte. Es waren Mauren aus Spanien, in langen Kaftans und mit Turbanen auf den Köpfen. Solche Leute hatte

3. Theil 2 - S. 32

1867 - Breslau : Max
30 Mittlere Geschichte. 1. Periode. Franken. man in Deutschland noch nie gesehen, und Jung und Alt stürzte herbei, die Fremden zu betrachten. Es war ein arabischer Fürst aus Saragossa, Jbn el Arabi, der bei einem Bürgerkriege aus Spanien vertrieben war, und Karl, den mächtigen Karl, dessen Name also schon bis jenseit der Pyrenäen gedrungen war, um Hülfe bat. Karl sagte zu und zog wirklich im folgenden Jahre schon über die steilen und beschneiten Gipfel der Pyrenäen, er- oberte Pampelona und Saragossa, setzte hier seinen maurischen Freund ein und zog wohlgemuth wieder zurück. Er war schon über das Gebirge wieder hinüber, nur sein Gepäck zog noch auf den geschlängelten Bergpfaden, da stürzten die feindlichen Berg- bewohner im Thale Ronceval plötzlich aus den Schluchten hervor, überfielen den Troß und erschlugen alle Begleiter, so daß auch nicht Einer entkam. Unter den hier Erschlagenen wa- ren auch der Pfalzgraf Anselm, der Seneschall Eckart und Rußland oder Roland, Karls Liebling und Sohn.*) Bald nach Bezwingung der Sachsen ward auch Baiern dem Reiche einverleibt. Im Sommer 787 forderte Karl den *) Die Heiden, besonders der große Roland, sind nachher in den Gedich- ten des Mittelalters in deutscher, französischer, italienischer und spanischer Sprache einfach besungen worden. Besonders von Rolands Thaten sind diese voll, und haben dieselben ins Romanhafte ausgeschmückt. Da wird erzählt von dem Kam- pfe, den er gegen den Riesen Ferrant bestanden; wie er durch Verrath mit seinem Streitroß gefallen; wie sein Helm Venerant sein Haupt nicht mehr ge- schützt; wie er in grausamer Noth in sein elfenbeinernes Wunderhorn Olifante gestoßen, dessen Schall über eine Tagesweite gehört wurde; wie von dem hef- tigen Blasen ihm die Adern am Halse gesprungen, und Karl in Frankreich bei dem gehörten Tone die Noth seines Lieblings geahnet; wie jener unter vielen Klagen sein köstliches Schwert Durindana oder Durendarte, weil er es Keinem gönnte, an einer Marmorsäule zerschlagen wollen, wie aber diese zersprungen, die Klinge dagegen unversehrt geblieben, und er endlich aus dieser Welt gewichen sei. Das schönste Gedicht, welches von Roland handelt, ist das Heldengedicht Orlando furioso (der wüthende Roland) von Ariost, einem herrlichen Dichter- aus Ferrara in Italien, wo er 1533 starb. Zwanzig Jahre hatte er daran ge- arbeitet. Es ist auch ins Deutsche übersetzt, aber für Mädchen noch zu schwer zum Verstehen. Zum Andenken des großen Roland errichtete man in den mei- sten Städten des nördlichen Deutschlands Bildsäulen von Stein, Erz oder Holz und stellte sie auf den Marktplätzen aus. Unter ihnen pflegte man sonst die Blutgerichte zu halten, weil er mit einem Schwerte in der Hand immer vor- gestellt wird. Noch flndet man viele dieser Bildsäulen in unsern deutschen Städ- ten. Sein Grab wird noch in Ronceval in Spanien in einer Kapelle gezeigt, in welcher er in der Mitte von dreißig seiner Gefährten ruht; aber die von den Mönchen gerühmte riesenmäßige Größe der Knochen hat Niemand finden können.

4. Theil 2 - S. 55

1867 - Breslau : Max
Otto der Große- 53 der Erde herumzog. Zuletzt wurde die Arme in das Schloß Gar da am Gardasee als Gefangene gebracht. Hier saß sie in einem dunkeln Kerker einsam und verlassen, von aller mensch- lichen Hülfe weit entfernt. Aber Gott war ihr mit seiner Hülfe nahe und sandte ihr in dem braven Kaplan Martin einen Ret- ter. Dieser Mann, ein treuer Diener ihres verstorbenen Gatten, gerührt von dem Unglücke der Gefangenen, verschaffte ihr Manns- kleider, grub einen Gang unter der Mauer ihres Gefängnisses aus und führte sie in einer dunkeln Nacht in einem Nachen über den See. Hier am andern Ufer verbarg er sie bald im Korne, bald im Gebüsch, bis er einen guten Fischer bewog, sie in einer einsamen Hütte aufzunehmen. Dann ging er zu einem alten Freunde des verstorbenen Lothar, einem Bischöfe (von Reggio, Adelhard), und bat ihn um eine sichere Freistätte für Adelheid. Der Bischof ließ sie sogleich nach dem Schlosse Canossa im Mo- denesischen, welches ein ihm befreundeter Markgraf (Azzo) inne hatte, bringen, und nun eilte der treue Martin nach Deutschland zu Kaiser Otto, den Adelheid recht dringend um kräftigen Bei- stand gegen Berengars Verfolgungen bitten ließ. Otto ließ sich nicht zwei Mal bitten, um so mehr, da er schon vorher die Ab- sicht hatte, nach Italien zu gehen. Er rief schnell seinen Heer- dann aus und zog über die Alpen (951). Es war auch die dringendste Noth; denn Berengar belagerte schon Canossa, wo der Hunger bereits zu wüthen anfing. Da flog eines Tages ein Pfeil in die Festung, an welchem sich ein Brief und ein Ring befand. Beides war voni Kaiser Otto; sein Bote hatte nicht durch die Wachen Berengars dringen können und daher Brief und Ring an jenen Pfeil gebunden und so über die Mauer ge- schossen. Im Briefe stand, daß Otto schon in der Nähe sei, und der Ring sollte die Echtheit der Handschrift beweisen. Berengar hob nun die Belagerung auf. Von Otto erschien in Canossa ein Bote: der Kaiser werbe um Adelheids Hand; denn er war seit mehreren Jahren Wittwer. Adelheid reichte ihrem Retter mit Freuden ihre Hand, und in Pavia wurde eine fröhliche Hochzeit gefeiert. Sie brachte ihm das Königreich Italien (die Lombardei) als Brautschatz mit, eine Erwerbung, die damals dem Otto und den Deutschen ein Glück schien, aber in der Folge eine Reihe bluti- ger Kriege verursacht hat, wie wir uns denn oft über Das freuen, was sich nachher als ein Unglück zeigt. Berengar knirschte zwar vor Wuth, mußte stch aber dem Kaiser unterwerfen und erhielt

5. Theil 2 - S. 106

1867 - Breslau : Max
104 Mittlere Geschichte. 3: Periode. Kreuzzüge. funkelnden Augen und einem hinreißenden Feuer der Beredtsam- keit von dem unglücklichen Zustande der Christen im heiligen Lande: wie er früherhin ein Einsiedler gewesen; wie es ihm in seiner Zelle zu enge geworden; wie ihn der Drang, das heilige Grab zu sehen, nach Jerusalem getrieben; wie er dort mit In- brunst am Grabe des Erlösers gebetet, aber mit herzzerreißendem Jammer den Uebermuth der Ungläubigen und die Mißhandlun- gen der armen Christen gesehen habe; und wie endlich der feste Wille in ihm entstanden sei, zurückzugehen nach Europa und alle Völker und ihre Fürsten aufzufordern, daß sie das Grab des Heilan- des von der Schmach befreiten, von den Ungläubigen entehrt zu werden. Urban hörte mit Erstaunen den flammenden Worten des Feuerkopfes zu und erkannte bald, daß das der rechte Mann sei, um die Völker zu einem solchen Zuge nach Jerusalem auf- zuregen. Er sah ihn freundlich an, befahl ihm, Italien und Frankreich zu durchziehen und die Gemüther auf einen solchen Zug vorzubereiteil; er selbst würde dann schon das Uebrige thun. Kukupeter bestieg seinen bescheidenen Esel und reiste damit durch Italien und Frankreich. Von allen Seiten strömten die Leute herbei, wenn sie seinen sonderbaren Aufzug sahen. Wirk- lich hatte inan einen so seltsamen Mann noch nicht gesehen. Auf einem kleinen Esel saß ein kleines, halbvertrocknetes Männchen, welches fast nur aus Haut und Knochen bestand, obgleich erst 41 Jahre alt. Ein graues Pilgerkleid, mit einem Stricke zuge- bunden, hing ihm bis auf die nackten Füße herab, dasselbe, in dem er nach Jerusalem gepilgert war. Hinten am 'Nacken hing daran eine elende Kapuze, die er, wenn es regnete, über den Kopf zog, um welchen herum seine schwarzen ungekämmten Haare flatterten. So sah das Männchen aus, das den Leuten wie ein Gespenst vorkam. Aber ans seinem hagern Gesichte leuchteten ein Paar Augen hervbr, die wie Sterne blitzten, wenn er seine Rede begann. Sah er einen Haufen Menschen um sich, dann hielt er seinen Esel an, hob das Crucifix, das er immer in der Hand trug, hoch in die Höhe und schilderte ihnen nun mit hin- reißendem Flusse der Rede die Noth der Christen im Gelobten Lande. Er erzählte ihnen, wie er in der Stille der Nacht vor seiner Abreise nach dem heiligen Grabe gewandert sei; dort habe er, umweht von den Schauern der geweihten Stätte, mit heißer Inbrunst stundenlang knieend gebetet und sei endlich vom Schlum- mer überfallen worden. Da sei ihm im Traume der Erlöser er-

6. Theil 2 - S. 93

1867 - Breslau : Max
Heinrichs Iv. letzte Tage. Konrad, dessen isohn. 91 wer den Sieg habe. „Ihr, Herr!" sagten die Umstehenden. Darauf sank er zurück und sprach: „Nun leide ich freudig lebend und sterbelid, was der Herr will; nun -kümmert mich der Tod nicht, wenn ich ihn mit der Ehre des Triumphs empfange!" — So starb er. Sein Grabmal sieht man noch in der Domkirche von Merseburg, wo auch seine freilich nun sehr verdorrte Hand noch gezeigt wird. Rudolphs Tod war für Heinrich ein großes Glück. Viele seiner Feinde verlöret! nun den Muth; andere hielten den Tod des Gegenkaisers für ein Strafgericht Gottes und schlossen sich wieder all den rechtmäßigen Kaiser an. So nahm Heinrichs Par- tei mit jedem Tage zu, und endlich war er so mächtig, daß er nach Italien gehen und dort seinen Todfeind, den Papst, angrei- fen kotinte. Er erklärte diesen für abgesetzt und ließ einen Erz- bischof zum Gegenpapste wählen. Dennoch blieb der eiserne Gre- gor unerschüttert, und je weiter Heinrich gegen Rom vordrang, desto wüthender schleuderte er den Bannstrahl auf ihn. Dies Mal half es aber nichts. Heinrich belagerte wirklich Rom; aber bis ins dritte Jahr lag er davor, ehe er es einnehmen konnte, und nun ließ er geschwind seinen Papist einweihen. Gregor da- gegen zog sich itl die Engelsburg (das Grab Hadriansj zurück, und schon glaubte Heinrich ganz sicher, daß er ihm nicht entrin- nen könnte — als er ihm plötzlich entführt wurde. Die Nor- männer nämlich, d. i. die Dänen und Norweger (rauhe, kühne und in der Seefahrt gewandte Männer) hatten tiach der Zeit Karls des Großen verwüstende Einfälle in niehrere Länder ge- macht und sich in einzelnen Schwärmen da und dort, z. B. in England und Nord-Frankreich, angesiedelt. Ein solcher Schwarm war gar bis Neapel geschifft und hatte sich zum Herrn von ganz Unter-Italien geniacht. Diese Normannen waren es, die jetzt plötzlich unter ihrem ritterlichen Herzoge Robert Guiscard in Rom erschienen, den Papst in ihre Mitte nahlnen und ihn nach dem Neapolitanischen in Sicherheit brachten, nachdem er noch einmal den Bannstrahl auf deu Kaiser, den Gegenpapst und dessen Anhänger geschleudert hatte. Bald darauf (1085) starb Gregor Vii. in Salerno; die heftigen Bewegungen seines Gemüths mochten den Lebensfaden schneller zernagt haben. Als er seinen Tod sich nahen fühlte, rief er die ihm getreuen Bi- schöfe herbei und sprach: „Geliebteste Brüder, ich will keine mei- ner Thaten sehr rühmen; aber darauf vertraue ich, daß ich stets

7. Theil 2 - S. 122

1867 - Breslau : Max
120 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Kreuzzüge. verhungerten Kreuzfahrer horchten hoch auf; denn nur vom Him- mei konnte ihnen Errettung aus der großen Noth kommen. Alle brannten vor Ungeduld, zu wissen, ob der Traum Barthelemy's sich bestätigen würde. Zwölf Männer wurden dazu erwählt. Sie traten in die Kirche, verschlossen sie hinter sich, während draußen ungeduldig das Volk harrte, und ließen an der von dem Mönche bezeichneten Stelle eingraben. Man grub vom Morgen bis in die Nacht; zwölf Fuß tief war man schon gekommen und Allen sank nun der Muth. Da stieg Barthelemy barfuß und im Bußhemde selbst hinunter und bat alle Umstehenden, in heißem Gebete zu Gott zu flehen. Plötzlich stieg er wieder hinauf und — hatte die heilige Lanze, die so heiß ersehnte, in seiner Hand. Ein lautes Frohlocken durchhallte das Gewölbe des hohen Doms; die Thüren flogen ans; die ganze Menschenfluth stürzte herein und labte den trunkenen Blick an der theuern Reliquie. Dieser Fund war es, der den abgezehrten Menschengestalten eine neue Kraft einflößte. Alle lechzten nach Sarazenenblnt und konnten den Augenblick kaum erwarten, wo sie hinausgeführt würden. Ein Tag wurde ihnen zur Erholung bestimmt; sie möch- ten, hieß es, nur alle ihre übrigen Vorräthe aufzehren und ihren Pferden das letzte Futter geben; denn morgen würden sie siegen und Alles im Ueberfluß haben; vor dem heiligen Eisen könnte kein Feind bestehen; die Feinde müßten schon bei seinem Anblicke in den Staub zusammensinken. Das ließen sich die hungrigen Kreuzfahrer nicht zwei Mal gesagt sein; Alle stärken sich durch Speise und Trank, so gut es möglich war, und während die Einen ihre Waffen rüsten, ziehen die Andern in Processionen um- her, beichten und versöhnen sich mit ihren Widersachern. So brach der von Allen ersehnte Tag an. Langsam, wie ein Leichenzug, zogen mit dem Aufgange der Sonne die Kreuzfahrer mit abgezehrten Gliedern und wankenden Schritten hinaus, dem Feinde entgegen. Der Sultan lachte, als er sie so Heranwanken sah, und wirklich hatte er auch noch ein- mal so viele Menschen. Aber hier sah man recht, welche Stärke ein Gedanke giebt,, der das ganze Gemüth innigst ergriffen hat. Die Kreuzfahrer warfen den ersten Angriff mit Alles zermalmen- der Kraft zurück. Doch setzt stürzten die Sarazenen mit solcher Uebermacht ans sie los, daß schon ihre Reihen zu weichen anfin- gen. „Sehtff' rief in dem entscheidenden Augenblicke einer der vornehmsten Bischöfe (Ademar, Bischof von Puy) mit lauter

8. Theil 2 - S. 134

1867 - Breslau : Max
132 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Kreuzzüge. nua und Pisa, Schiffe zum Ueberfahren, und schifften sich in Marseille und Genua ein. Aber — Engländer und Franzosen haben sich ttie vertragen können, und das zeigte sich auch hier bald. Wo sie schon unterwegs zusammenkamen, entstanden Streitigkeiten, und als sie endlich an der Küste von Palästina ans Land stiegen und die Seestadt Acre (jetzt St. Jean d'acre) dort belagerten, fing der Unfriede erst recht an. Denn Richard ver- richtete so tapfere Thaten, daß er den Namen Löwenherz erhielt. Darüber aber ärgerten sich Philipp August und seine Franzosen so, daß sie ihm alle nur mögliche Schwierigkeiten in den Weg legten. Endlich wurde zwar Acre erobert, aber Philipp August, der Mühseligkeiten müde, schiffte nach Frankreich zurück, und während der edle Richard für die Eroberung des heiligen Grabes sich abmühte, verband sich jener mit dem schlechtdenkenden Bru- der Richards, Johann ohne Land, der seinen Bruder vom Throne stoßen wollte. Das zwang den Richard auch wieder nach Eu- ropa zurückzugehen, nachdem er noch unglaubliche Thaten ver- richtet hatte*); aber es war ihm hier eine harte Prüfung auf- bewahrt. Bei der Eroberung jener Seestadt nämlich hatte er sich mit dem Herzoge Leopold von Oestreich sehr erzürnt. Dieser hatte seine Fahne aus einem Thurme, den er erobert, auf- gepflanzt; Richard aber wollte es nicht dulden, weil Leopold ihm nicht ebenbürtig war, und ließ, unbesonnen genug, die Fahne herunterreißen und in den Graben werfen. Da schwur Leopold Rache und verließ augenblicklich das Heer. Richard mußte für seinen Stolz schwer büßen. Als er auf dem mittelläudlischen Meere fuhr, erhob sich ein Sturm und trieb ihn ins adriatische Meer hinein, wo sein Schiff scheiterte, und er sich genöthigt sah, *) In einer Reiterschlacht hieb er einem Emir, der ihn zum Kampfe for- derte, auf einen Hieb den Kopf, die rechte Schulter und den rechten Arm ab, und erregte solchen Schrecken unter den Feinden, daß sich ihre Haare auf der Stirne sträubten. Mehrere seiner Gefährten waren in das dicke Gedränge der Feinde gerathen; er aber arbeitete sich bis zu ihnen hindurch, warf die Feinde auseinander und befreite sie. Endlich stürzte er sich ganz allein in das feind- liche Gewühl, und die Seinigen gaben ihn schon verloren, da sie nichts mehr von ihm sahen, und schon glaubten sie ihn todt; da kehrte er plötzlich mit blu- tigem Schwerte zurück, und sein Roß war mit Staub und Blut bedeckt, sein Panzer aber starrte von Pfeilen, wie ein mit Nadeln bestecktes Kissen. Einer der Emire selbst sagte von ihm zu Saladin: „Niemand kann die Streiche ab- halten, die er führt; sein Ungestüm ist schrecklich, das Zusammentreffen mit. ihm tödtlich und seine Thaten übersteigen die menschliche Natur." t

9. Theil 2 - S. 180

1867 - Breslau : Max
178 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Italien. bitter zu machen. Das Urtheil wurde ihnen hier nochmals vor- gelesen, und — so war es sonst bei Verbrechern iiblich — der Stab über ihnen gebrochen. Eine ungeheuere Menge von Men- schen war versammelt, Kops an Kops, alle Fenster dicht besetzt, die Dächer selbst mit Zuschauern bedeckt. Unter Allen war eine feierliche Stille, Alle starrten mit beklommenen Herzen nach den unglücklichen Jünglingen; mir König Karl von Anjou freute sich; er sah selbst von einem Balcon dem Morden zu. Zuerst trat Konradino vor. Er legte sein Oberkleid ab und streckte seine weißen Arme gen Himmel. „Ach! meine Mutter! meine Mutter!" rief er, „welch eine schreckliche Nachricht wirst du von mir hören!" Dann zog er seinen Handschuh ab und warf ihn mitten unter das umstehende Volk. Ein Ritter nahm ihn auf und brachte ihn nachmals dem Könige von Aragonien, einem weitläufigen Verwandten Konradino's. Nun hielt Konradin feinen Nacken dem Schwerte hin. Friedrich von Baden schrie laut auf, als er den Kopf seines Freundes fallen sah und rief Gott zum Zeugen seiner Unschuld aus. Danll kam die Reihe an ihn. Eben so starben mehrere andere Häupter der Hohenstausen- schen Partei. Konradino war der Letzte seines Hauses; denn mit ihm starb das erlauchte Hans der Hohenstaufen aus (1268). Karl von Anjou wüthete nun gegen Alle, die diesem unglück- lichen Hause angehangen hatten. Vielen ließ er die Füße ab- hauen, und da Alle über diese Grausamkeit murrten, ließ er die Verstümmelten in ein hölzernes Hans sperren und verbrannte sie. Auch in Sicilien verübten seine Söldlinge die unerhörtesten Grausamkeiten, und alle Gemüther brannten vor Unmuth über die abscheulichen Franzosen. ,Lange unterdrückte Karl durch Härte jede Aeußerung der Unzufriedenheit; da brach plötzlich, 14 Jahre nach Konradino's Hinrichtung, im Jahre 1282, der lang verhaltene Groll in Sicilien los. Man nennt diese Em- pörung die sicilianische Vesper. Es war am zweiten Osterfeiertage, als sich die Einwohner von Palermo, der Hauptstadt von Sicilien, aufmachten, um nach einer eine Stunde weit gelegenen Kirche, dem Gebrauche gemäß, zu wallfahrten und dort die Vesper (Abendgottesdienst) zu feiern. Die ganze dorthin führende Wiese war mit fröhlichen Menschen bedeckt, die hier Blumen pflückten, dort spazieren gingen, oder mit frohem Gesänge den Frühling begrüßten. Unter ihnen ging eine junge Dame, durch Geburt und Schönheit ausgezeichnet, von

10. Theil 2 - S. 228

1867 - Breslau : Max
226 Mittlere Geschichte. 3. Pcrirde. Italien. Volksfahne und trat so auf den obern Balcon. Er winkte Stille-, aber ein wüthendes Geschrei übertäubte seine Rede: das Volk wollte ihn nicht hören, und da er fortfuhr, Versuche zum Reden zu machen, warf man mit Steinen nach ihm; am Arme ver- wundet, floh er zurück in den Palast. Noch einen Versuch wollte er machen, das Volk durch feine Worte zu besänftigen. Er ließ sich, weil die Treppe schon brannte, an Tüchern aus einen tiefer gelegenen Balcon hinunter, wo er vor Steinwürfen durch ein höheres Geländer gesichert war. Aber auch hier ließ man ihn nicht zu Worte kommen. Er zog sich zurück, legte die Rüstung ab, warf alle Zeichen seiner Würde von sich, hüllte sich in den Mantel seines Pförtners und nahm Betten aus den Kopf. So drängte er sich unter den Haufen der Plünderer und eilte, indem er sie ermunterte, auch dorthin zu gehen, woher er komme, nach dem Ausgangsthore zu. Er durchschritt, ohne erkannt zu werden, die zwei ersten Thore und eilte die Treppe hinunter; schon glaubte er sich gerettet; da trat ihm am letzten Thore ein Römer in den Weg und packte ihn beim Arme mit dem Ruse: „Wohin eilst du?" Cola leugnete nicht, daß er es sei. Er warf die Betten vom Kopfe und Alles stürzte herbei, ihn zu greißen. Man riß ihn die Treppe des Capitols herab, bis auf die Stelle, wo er so oft zum Volke gesprochen, aber auch die Strasurtheile hatte vor- lesen lassen. So stand er da, die Arme über die Brust gekreuzt, umdrängt vom Volke, Alle in tiefem Schweigen. Jetzt wollte er, die Unschlüssigkeit der Menge benutzend, seine Stimme erheben, da drängte sich ein Mensch heran und stieß ihm den Dolch in den Leib. Das Volk stürzte nun auf ihn; man hieb ihm, dem einst so hoch Verehrten, den Kops vom Rumpfe, durchbohrte die- sen mit unzähligen Stichen und schleifte ihn durch die Stadt. So endete Cola di Rienzi, der Großes wollte, aber durch seine Eitelkeit sein eigenes Werk zerstörte (1354), und Rom kehrte fürs erste wieder zur bisherigen Gesetzlosigkeit zurück. Karl ließ sich durch das Beispiel seiner Vorfahren warnen, nach Italien zu ziehen, ob ihm gleich bald zu Anfange seiner Regierung der berühmte Dichter Italiens, Petrarca, einen Brief schrieb, in dem er ihn dringend zu einem solchen Zuge aufforderte. „Nie hat Italien sehnsuchtsvoller nach der Ankunft eines auswärtigen Fürsten geseufzt. Eile also, seine Wünsche zu erfüllen, ehe es durch langes Warten erkaltet. Die Rechtschaffenen sind begierig, sich in großen Schaaren unter deinen Fahnen zu
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