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Venedig, dem jede der Mächte Gebiete entreissen oder wieder
abnehmen wollte. Das Uebergewicht in diesem Bunde hatte
Frankreich, das rasch bedeutende Erfolge errang (Sieg
bei Agnadello 1509); Max war auch zu der Zeit, da er durch
die päpstliche Bannung Venedigs freie Hand erhielt, noch nicht
aktionsfähig und erhielt bis 1510 keine Hilfe vom Reich; einen
für ihn und das Reich sehr günstigen Frieden, den Venedig
anbot, lehnte er ab; seine Eroberungen gingen zumeist sehr
rasch verloren, und schliesslich musste er einen Teil dessen, was
ihm blieb, seinen Bundesgenossen verpfänden, um seine Truppen
unterhalten zu können. Julius Ii., ein genialer, aber bedenken-
freier Politiker und trotz seines Alters kampfesfroher Kriegs-
mann, sah sich, nachdem er Venedig das Gewünschte (Ravenna)
entrissen hatte, jetzt im wesentlichen am Ende des
einen seiner Ziele, der Abrundung und inneren Er-
starkung des Kirchenstaats. So fasste er den Plan, die
Franzosen aus Italien hinauszuwerfen, löste die Venetianer vom
Interdikt und arbeitete an einer Liga gegen Frank-
reich (1509). Während Spanien neutral wmrde, später aber
dem Papste beitrat, blieb Max auf Seiten Frankreichs,
er schloss mit Ludwig ein Bündnis auf Lebenszeit und führte
dem Papste gegenüber eine drohende, sehr reformfreundliche Sprache
(u. a. Abschaffung der Annaten, Einsetzung eines ständigen
Primas für Deutschland). Er erklärte sich rasch für die von
flüchtigen französischen Kardinälen ausgehende Berufung eines
Konzils nach Pisa (1511); aber als es zusammentrat, war sein
Eifer schon ganz erkaltet (ob Max aus Anlass einer schweren
Erkrankung des Papstes wirklich daran dachte, selbst Papst zu
werden, ist strittig). Der Oktober 1511 zwischen dem Papst,
Spanien und Venedig abgeschlossenen heiligen Liga
gegenüber erfochten die Franzosen zuerst April 1512 den glän-
zenden Sieg bei Ravenna, aber Max rief seine Truppen ab und
schloss Waffenstillstand mit Venedig, Genua erklärte sich für
unabhängig, und das schon 1510 zwischen Julius Ii. und den
Eidgenossen abgeschlossene Bündnis (Kardinal Schinner von
Sitten) wurde erneuert und jetzt für die Gegner Frankreichs
erspriesslich; die Franzosen räumten beinahe ganz
Oberitalien, und gegen Ende des Jahres 1512 setzten die
Eidgenossen Max Sforza, Sohn Lodovicos, feierlich in die Herr-
schaft des vor einem halben Jahr von ihnen besetzten Mailand
ein. Noch nach dem Tode Julius’ Ii. und dem Anschluss Venedigs
an Frankreich erlitten die Franzosen (Juni 1513) durch die
Eidgenossen der westlichen Orte die gewaltige Nieder-
lage von Novara.
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Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Ravenna Italien Frank- Spanien Frankreichs Deutschland Spanien Venedig Ravenna Genua Frankreichs Oberitalien Mailand Venedigs Frankreich
35
mühungen beider Mächte, den Papst und England
zu Bundesgenossen zu gewinnen. Leo X. machte beiden
Teilen Anerbietungen, war aber lange bestrebt, eine möglichst
grosse Koalition (auch Venedigs und der Eidgenossenschaft)
gegen Karl zu stände zu bringen und Franz zum offensiven
Vorstoss zu bestimmen. Wolsey hoffte durch Abmachungen
mit beiden Teilen England und seine Person, für die er sich
von denselben und vom Papst Belohnungen und Würden (u. a.
die des Legaten für England) verschaffte, die ausschlaggebende
Stellung zu erlangen (Besuch Karls in England auf der Rück-
reise von Spanien, dreiwöchentliche Zusammenkunft Heinrichs
und Franz’ auf dem Feld des „goldenen Tuches“, dann wieder
Zusammenkunft Heinrichs und Karls in Gravelingen).
Wormser Reichstag 1521. Seinen ersten Reichstag hielt
Karl, der erst etwa Pa Jahre nach seiner Wahl den deutschen
Boden betrat, in Worms (Ende Januar bis Mai 1521). Er mus ste
den Reichsständen, allerdings nur für die Zeit seiner Ab-
wesenheit, die Schaffung eines Reichsregiments zuge-
stehen, dessen Befugnisse sich auch über die habsburgischen Erb-
lande erstreckten und für das er nur den Statthalter und vier von
22 ständigen Mitgliedern ernennen durfte, sowie die Verlegung
des Reichskammergerichts an den Sitz des Reichsregiments (neben
dem Kammerrichter ernannte der Kaiser vier von 18 „Beisitzern“).
Dann wurden ihm, spätestens bis August 1522, 24000 Mann (in
Geld umgewandelt: „Wormser Anschlag oder Matrikel11) auf halb-
jährige Dauer zur Erlangung der Kaiserkrone und „Rekuperation“
der dem Reich entfremdeten italienischen Gebiete bewilligt.
Luther und seinen Anschauungen war Karl entschie-
den abgeneigt und zeigte in dieser Frage schon selbständigen
Willen, aber die Rücksicht auf die öffentliche Meinung und auf
Sickingens Macht, sowie die zweideutige und schwankende Politik
Leos und die spanischen Verhältnisse hatten eine wechselnde Hab
tung der kaiserlichen Regierung bewirkt. Dem Verlangen Aleanders,
desjenigen von zwei Legaten, der die Luthersche Sache zu be-
treiben hatte, die Entscheidung der Kurie ohne weiteres anzuer-
kennen, versagten sich die Fürsten, deren Mehrheit es wider-
strebte, die Reichsgewalt zum vollziehenden Werkzeug der Kurie
zu machen. Luther wurde 15. März in ehrender Form vor-
geladen, (zunächst) nicht zu einer Disputation, sondern < um
gefragt zu werden, ob er bei den wider den überlieferten und
bestehenden heiligen christlichen Glauben verstossenden Schriften
und Artikeln beharre. Bei seinem ersten Verhör vor Kaiser
und Reich 17. April erbat sich Luther, schüchtern und befangen,
Bedenkzeit, am 18. April verweigerte er entschieden den
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Extrahierte Personennamen: Leo_X Leo Karl Karl Franz Franz Wolsey Karls Heinrichs Heinrichs Heinrichs Heinrichs Karls Karl Karl August Karl_entschie- Karl Leos Luther
Extrahierte Ortsnamen: England Venedigs England England Karls England Spanien Karls Gravelingen Worms
67
Anspruch nahm, und schloss Mitte 1540 ein Schutz- und Trutz-
bündnis mit Frankreich.
§ 25. Karls V. Zug gegen Tunis, dritter Krieg mit Franz I.,
Türkenkrieg.
Karl gewann an Waffenruhm und persönlichem Ansehen durch
die von ihm selbst geleitete, von Portugal und vom Papst Paul Iii.
(Farnese: seit Oktober 1534) mit Schiffen unterstützte Expe-
dition gegen Tunis, das der griechische Renegat Klieir-ed-
Din Barbarossa, als Nachfolger seines Bruders Aroudj Herr
von Algier, seit 1518 Lehnsmann, seit 1532 Admiral des os-
manischen Sultans, 1533 erobert hatte. Karl nahm Goletta
und einen Monat später Tunis, wo er den früheren islamitischen
Herrscher wieder einsetzte (1535). Aber Barbarossa ent-
kam nach Algier, von wo er sehr bald seine Raubzüge nach
spanischem Gebiet wieder aufnahm.
Trotz seiner engen Beziehungen mit dem Sultan (1535
Handelsverträge, Kapitulationen) hatte Franz diese Expedition
zu einem Angriff auf Karl nicht benützt. Nach dem Tode Franz
Sforza’s (November 1535) weigerte sich Karl, Franz’ zweiten
Sohn mit Mailand zu belehnen. Franz begann den Krieg 1536
durch Besetzung Piemonts, auf das er ihm vererbte Ansprüche
seiner verstorbenen Mutter geltend machte. Er war jetzt offen
mit Soliman verbündet und es kam zu gemeinsamen Operationen.
Dies nötigte Paul Iii. (Farnese) trotz inneren Widerstrebens
immer mehr dazu, Karl zu begünstigen. Nach dem Scheitern
zweier Invasionen in Frankreich, einer im Norden, der andern
im Süden, und einem Einfall der Franzosen in Artois kam durch
persönliche Vermittelung Pauls Iii. Juni 1538 ein zehnjähriger
Waffenstillstand in Nizza auf Grundlage des status
quo zu stände; von Piemont blieben 2/3 in Händen Frankreichs,
Vs behielt Karl. Karl und Franz kamen Mitte Juli in Aigues-
Mortes zusammen, aber die Zusagen, die Franz hier dem Kaiser
in betreff gemeinsamen Vorgehens gegen die „Abgewichenen“
und die Türken machte, wurden von Karl nach Wert und Trag-
weite übertrieben dargestellt. Karl konnte 1540 durch Frank-
reich reisen, um das aufständische Gent zu züchtigen; aber er
belehnte Oktober 1540 seinen Sohn Philipp mit Mailand.
Spanien hatte sich seit 1505—10 verschiedener Küstenpunkte von Oran
bis Tripolis bemächtigt, aber seit 1516 folgten Verluste auf Verluste. Barba-
rossa suchte von 1580 an wiederholt spanisches Küstengebiet furchtbar heim.
Goletta blieb spanisch, Tunis von Spanien abhängig bis 1574. — Der Kaiser
und Venedig wurden seit 1537 zur See von Soliman und Barba-
rossa bekriegt, Apulien schwer verwüstet, ein Heer Ferdinands
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Extrahierte Personennamen: Karls_V. Franz_I. Franz_I. Karl Karl Barbarossa Barbarossa Karl Karl Goletta Barbarossa Barbarossa Franz Franz Karl Karl Franz
Sforza’s Franz Karl Karl Franz Franz Karl Karl Karl Franz Franz Franz Franz Karl Karl Karl Philipp Philipp Goletta Soliman
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Karls Tunis Portugal Tunis Algier Tunis Algier Mailand Frankreich Nizza Frankreichs Mailand Spanien Oran Tripolis Tunis Spanien Venedig Barba- Apulien
118
ehrung zollte, solange er den Spaniern zu Willen war, bei einem
Gegensatz der Interessen aber keine Rücksichten kannte. Philipp
wollte noch mehr als Karl der Schutzherr der Kirche
sein, mit b estimmendem Einf 1 uss auf deren Politik,
ja selbst auf ihre dogmatische Entwickelung. Die
Autorität der Kirche und die Bemühungen, diese wieder auf-
zurichten, sollten auch der spanischen Politik dienen, die Re-
stauration der Alleinherrschaft der Kirche sollte
mit der Aufrichtung einer spanischen Weltmonarchie
zusammenfallen. In Spanien übten Staat und Regierung
der Kirche und dem Klerus gegenüber sehr weitgehende Rechte
und Befugnisse aus, z. B. das Recht, vermittelst „Berufungen
wegen Missbrauches“ Urteilssprüche der geistlichen Gerichts-
höfe abzuändern, selbst Exkommunikation und Amtsentsetzung
von Geistlichen aufzuheben. Auch in Neapel und Sicilien besass
der Staat der Kirche gegenüber bedeutende Befugnisse. Bei
entstehenden Konflikten wahrte Philipp diese Rechte mit rück-
sichtsloser Entschiedenheit, und meistens sah der Papst sich ge-
zwungen, durchaus nachzugeben. Bei Papstwahlen bezeichnete
Philipp offen diejenigen der Kandidaten, die er sich als Papst
gefallen lassen werde, oder wenigstens die, die er nicht annehme
(„Exclusive“, später auch von Oesterreich und Frankreich geübt).
Die Vermehrung des gewaltigen Besitzes der Kirche in seinen
Gebieten Hess er zu, weil die ihm vom Papst meistens ohne An-
stand bewilligte Besteuerung des Kirchenguts und der kirchlichen
Einkünfte (Cruzada, Escusado, Subsidio1*) die ergiebigste und
sicherste Einnahme für seine Regierung bildete.
§ 40. Philipp und England. Hinrichtung Maria Stuarts. Armada.
Trotz der Seeräuberei der Engländer gegen die spanischen
Schiffe und Kolonien (zweiteerdumsegelungdurchfranz
Drake, 1577—80) hatte Philipp doch, der spanischen Tradition
folgend, mit England Frieden gehalten. Den Aufforderungen
zu einem „grossen“ oder „heiligen“ Unternehmen behufs Be-
seitigung Elisabeths und des Protestantismus hatte er nicht ent-
sprochen, weil er den massgebenden Einfluss in Schottland oder
England nicht mit den Guise oder Frankreich teilen, sondern
für sich allein haben wollte: Philipp hatte sich begnügt, die päpst-
lichen Unternehmungen nach Irland zu unterstützen (1579, 1580;
aber 1583 war Irland wieder England ganz unterworfen) und
Maria Stuart durch allgemeine Zusagen in ihrem Verhalten Elisabeth
9 Die cruzada waren die Erträgnisse des Ablasses, das escusado ein
Anteil am Kirchenzehnten, das subsidio eine jeweils fest bestimmte Summe.
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Extrahierte Ortsnamen: Spanien Neapel Sicilien Oesterreich Frankreich Cruzada Escusado England England Schottland England Frankreich Irland Irland England
120
Stuart erklärte sicli 1586 bereit, wenn ihr Sohn nicht wieder
zur katholischen Religion zurücktrete, ihre Rechte auf die eng-
lische Thronfolge an Philipp abzutreten, und arbeitete daran,
dass Jakob, der zu Elisabeth hielt, durch die katholischen
Lords mit spanischer Hilfe gefangen und Philipp oder
dem Papst ausgeliefert würde. Eine, vielleicht ganz
und gar von agents provocateurs ins Werk gesetzte, Ver-
schwürung („Babingtonverschwörung“), die mit Wissen
Philipps und Marias die Ermordung Elisabeths bezweckte, wurde
August 1586 entdeckt; Babington und 13 andere bald darauf
hingerichtet, Maria entsprechend dem Gesetz von 1585 vor
Gericht gestellt, das 25. Oktober gefällte Todesurteil
8. November vom Parlament bestätigt, 2. Februar 1587 von
Elisabeth unterzeichnet. Vollstreckt wurde es 8. Februar 1587
ohne ausdrücklichen Befehl Elisabeths. Den Beamten, der die
Vollstreckung angeordnet hatte, strafte sie mit längerer Haft.
Sixtus V. erneuerte den Bann gegen Elisabeth und
zeigte sich zu grosser Geldhilfe an Philipp bereit, dem Maria
testamentarisch ihr Anrecht auf England vermacht hatte.
In Spanien wurde, unter grosser Opferwilligkeit der Pro-
vinzen und Städte, die „unüberwindliche Armada“, die erste
grosse Segelkriegsflotte der Neuzeit, ausgerüstet, deren Befehl
Philipp in seiner blinden Vorliebe für die Kastilianer dem see-
unkundigen Herzog von Medina Sidonia übertrug; Parma sammelte
in den Niederlanden ein Landheer von 30000 Mann und eine
Transportflotte. Zum Glück für England, das erst Mai 1588
ernste und umfassende Rüstungen begann, wurde die Armada
durch schweres Unwetter genötigt, sechs Wochen lang
in den biskayischen Häfen sich zu bergen. In England
war mittlerweile der geringe Bestand der Kriegsflotte, dank
dem Patriotismus, auch der Katholiken, durch Kauffahrer und
Küstenschiffe ergänzt worden. Im Kanal brachten die Eng-
länder vermittelst der grösseren Beweglichkeit ihrer kleine-
ren Schiffe, ihrer dem Unterschied angepassten Kampfesweise
und durch Brander (Ende Juli) der Armada schwere Ver-
luste bei; Parma war das Auslaufen durch holländische Schiffe
unmöglich gemacht worden. Der spanische Admiral entschloss
sich zur Umkehr und zwar um Grossbritannien herum.
Die Armada wurde bis Edinburg von den Engländern verfolgt,
erlitt aber auf der weiteren Fahrt durch Stürme noch grössere
Verluste. 20000 Mann, 81 Schiffe und 20 Millionen Dukaten
waren umsonst geopfert; die Freiheit Englands und mittel-
bar der nördlichen Nieder lande und der Bestand des
j Protestantismus gesichert.
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Extrahierte Ortsnamen: Marias England Spanien Medina_Sidonia Niederlanden England England Grossbritannien Edinburg Englands
I Stillstandes, im Anschluss an Unterhandlungen von Bischöfen
beider Lager, innerlich wenig dogmatisch gerichtet und seiner
Gemütsart nach calvinistischem Wesen fremd, 25. Juli 1593
feierlich zur katholischen Kirche zurück. Er wies
aber das Verlangen der Ligue, anzuerkennen, dass sein Ueber-
tritt und seine Absolution durch den Papst Vorbedingung sei-
j nes königlichen Rechtes sei, zurück und setzte den Krieg,
im Einvernehmen mit schon 5/g der französischen
I Bischöfe, fort. Er zog, auf Grund einer Abmachung mit dem
[Gouverneur, 22. März 1594 in Paris ein; die spanische Be-
I Satzung erhielt freien Abzug. Die Städte der Ligue, wie auch
jj die Grossen erkannten ihn grösstenteils bald darauf an, viele
I (so Karl von Mayenne Anfang 1596) gewann Heinrich nach und
nach durch bedeutende Zugeständnisse von Geld, Einkünften
| und hohen Posten. Die Gefahr, dass die gallikanische Kirche
- durch Ernennung eines Patriarchen sich Rom gegenüber selb-
> ständig stelle, sowie das Bedürfnis eines Gegengewichts gegen
[Spanien überwanden die Bedenken Clemens’ Viii. Er er-
kannte September 1595 Heinrich an, der sich formell
einer päpstlichen Lossprechung vom Bann unterwarf. Für den
• Krieg, den Heinrich seit Anfang 1595 offen mit Spanien
führte, gewann er 1596 England und Holland, dann auch
Venedig und Toskana zu Bundesgenossen. Unter päpstlicher
Ivermittlung schloss Heinrich, ohne Rücksicht auf seine
: Verpflichtungen gegen England und die Niederländer, mit P h i-
[ lipp 2. Mai 1598 den Frieden von Vervins. Spanien
| gab alle Eroberungen zurück, so dass der territoriale
Stand des Friedens von Cateau-Cambresis erneuert
| wurde. Aber Heinrich unterstützte auch fernerhin die Nieder-
[ länder mit Geld und Truppen, Spanien seinerseits gegen Hein-
| rieh gerichtete Verschwörungen. Mit Savoyen schloss Heinrich
1601 Frieden; er trat Saluzzo ab gegen Gebiete zwischen Lyon
i und Genf.
Das ,.beständige und unwiderrufliche“ Edikt von Nantes
(15. April 1598) war bestimmt, die Hugenotten (nur noch 720 Ge-
[ meinden) zu beruhigen und zu befriedigen. Die katholische
Kirche wurde zur Landeskirche erklärt: sie wurde überall,
| auch in den bis jetzt ausschliesslich protestantischen Gebieten
zugelassen und erhielt ihre Güter zurück; die Protestanten
hatten die katholischen Feiertage und die kanonischen Ehegesetze
zu beobachten, der Kirche auch den Zehnten zu entrichten. Aber
es wurde ihnen Gewissensfreiheit gewährleistet, Kultus-
freiheit nur in den Orten, wo sie zur Zeit thatsächlich
bestand, und in den Schlössern des Adels, aber nicht in
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Extrahierte Personennamen: Karl_von_Mayenne Karl Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Saluzzo
Extrahierte Ortsnamen: Paris Rom Spanien England Holland England Spanien Spanien Lyon Genf Nantes
tober 1555 die Niederlande, 15. Januar 1556 die spanische
Krone; als er September 1556 nach Spanien sich einschiffte,
liess er durch eine Gesandtschaft den Kurfürsten seine Ab-
dankung mitteilen. Er hielt sich in S a n Y u s t e (in Estremadura)
in der Nähe eines Klosters auf, seinen Sohn in der Politik
fleissig beratend, und starb 21. September 1558. Die mittel-
alterliche Kaiseridee, die wieder zu verwirklichen er bestrebt
gewesen war, hatte mit seinem Rücktritt vollends ihre reale
Bedeutung verloren.
Den Krieg mit Frankreich, der im niederländisch-
französischen Grenzgebiete und in Italien (hier auch zur See
und auch gegen die türkische Flotte) geführt wurde, brach
Karl Februar 1556 durch den auf Grundlage des Status quo
geschlossenen Waffens tillstand von Vaucelles ab. Aber
Paul Iv. (1555—59 Caraffa), leidenschaftlich auch als Feind
der Spanier, brachte, hauptsächlich mit Hilfe der Guise,
Heinrichil dazu, den Waffenstillstand zu brechen.
Vom Papst seines Eides entbunden, nahm Heinrich die türkische
Bundesgenossenschaft wieder auf. Der spanische Vize-
könig Alba zog zweimal vor Rom (1556 und 57), Guise richtete
mit einem französischen Heere gegen das Königreich Neapel
wenig aus. Spanien und Paul Iv. schlossen noch 1557
Frieden. England beteiligte sich 1557 am Kriege
gegen Frankreich; 10. August 1557 wurde das französische
Heer bei St. Quentin geschlagen, dagegen entriss der nach
Frankreich zurückgekehrte Guise den Engländern Anfang 1558
Calais. Trotz des Sieges bei Gravelingen (Juli 1558) zeigte
sich auch Philipp wegen grosser Geldnot zum Frieden bereit,
der April 1559 in Cateau Cambrüsis, für Spanien sehr
günstig, abgeschlossen wurde. Spanien behielt, was es in
Händen hatte, Frankreich Calais, auf das die neue, ihres
Thrones noch nicht sichere, englische Königin Elisabeth gegen
eine Geldsumme verzichtete (und Metz, Toul und Verdun, für
deren Wiedergewinnung das Reich nichts that, wenn es auch
das Verlangen Heinrichs nach Sitz und Stimme im Reichstage
ablehnte). Der Herzog von Savoyen erhielt Piemont wieder;
in Italien blieben Frankreich nur vier Festungen und die Mark-
grafschaft Saluzzo.
§ 30. Verfassung des Reichs um 1560. Weiterentwickeliing
der Territorialstaaten.
Der Kaiser, seit Ferdinand I. durch die nun stets in
Frankfurt vollzogene Wahl „erwählter römischer Kaiser“, besass
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Extrahierte Ortsnamen: Niederlande Spanien Frankreich Italien Rom Neapel Spanien Frankreich Frankreich Cateau_Cambrüsis Spanien Spanien Frankreich_Calais Verdun Italien Frankreich Frankfurt
Kapitel Xiii.
Westeuropa in den ersten Jahrzehnden des
Xvii. Jahrhunderts.
§ 44. Ende des Freiheitskampfes der nördlichen Niederlande.
Moritz hatte bis 1597 die Gebiete der Utrechter Union von
spanischen Besatzungen gesäubert (Einnahme Groningens 1594).
Parmas (zweiter) Nachfolger war von 1596 an Erzherzog Albrecht,
Bruder Rudolfs Ii. Albrecht und seine Gemahlin Isabella, Phi-
lipps Ii. Tochter, erhielten 1599 die spanischen Niederlande als
scheinbar selbständiges Fürstentum, dem Spanien mit Geld und
Offizieren aushalf. Die gemeinsame Gegnerschaft bethätigten
Engländer und Holländer hauptsächlich in gemeinsamen Seezügen
an die spanische Küste (Cadix 1596 erstürmt und ausgeplündert,
aber nicht gehalten), gegen spanische Kolonien und Silberflotten;
aber auch zu Lande wurden die Holländer von England
unterstützt, so in den für sie siegreichen Schlachten bei
Turnhout (1597) und bei Nieuwpoort (1600). Wie Albrecht
an Wiedergewinnung der nördlichen Provinzen dachte, so die
nördlichen an die der südlichen. Spinöla, der seit 1603 den
Oberbefehl führte und für den Krieg selbst Millionen opferte,
nahm 1604 nach mehr als dreijähriger Belagerung Ostende. Aber
diese und andere spanische Erfolge zu Land wurden durch schwere
Verluste zur See mehr als ausgeglichen, die Albrecht unter-
stehenden Provinzen waren schwer verödet und hatten bei ge-
mindertem Erwerb eine grosse Steuerlast zu tragen. Die General-
staaten bezw. ihre Provinzen und Städte hatten ebenfalls eine
enorme Schuldenlast aufgehäuft, auch der Steuerdruck war schwer;
England hatte mit Spanien 1604 Frieden geschlossen, Frank-
reichs offene und volle Hilfe war nur gegen Verzicht auf volle
Unabhängigkeit zu erhalten. Ende 1606 begannen Unterhand-
lungen; das Ergebnis war ein April 1609 abgeschlossener
zwölfjähriger Waffenstillstand. Spanien erkannte
die Unabhängigkeit der (sieben) vereinigten Pro-
vinzen an, gestand ihnen das Recht zu, mit allen überseeischen
Ländern zu verkehren, die nicht unmittelbar unter spanischer
Herrschaft standen, und verzichtete darauf, dass Freiheit und
Oeffentlichkeit des katholischen Kultus für das Gebiet der freien
Niederlande zugesichert werde. Die freien Niederlande, deren
geistige Energie, wirtschaftliche Kraft und Erfahrung durch stete
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Extrahierte Personennamen: Moritz Albrecht Albrecht Rudolfs Albrecht Isabella Albrecht Spinöla Albrecht
Extrahierte Ortsnamen: Westeuropa Niederlande Rudolfs Spanien England Nieuwpoort England Spanien
140
Gegensatz zu den englischen Gewaltherrn zu treuen Söhnen
der römischen Kirche gemacht hatte, die englische Staatskirche
aufzunötigen, riefen 1594 eine gewaltige Erhebung hervor,
die Hugh O’Neil, Graf von Tyrone, führte, Spanien und die Kurie
unterstützte und schürte. Der letzte Günstling Elisabeths, Graf
Essex schloss 1599, mit dem Oberbefehl über eine grosse Streit-
macht beauftragt, einen unrühmlichen Ausgleich, wurde deshalb
entsetzt und nach einem unverständigen Erhebungsversuch ent-
hauptet (1601). Nachdem ein kleines spanisches Heer rasch zur
Räumung der Insel genötigt worden war, unterwarfen sich
die Irländer 1603. Die „Plantation“ von Ulster wurde unter
gänzlicher Entfernung der Iren seit 1610 durchgeführt.
Gegen das Ende ihres Lebens minderte sich die Popularität
und die Lebensfreude der Königin; das Parlament, das über-
haupt wieder selbständig auftrat, zwang sie zu der Zusage,
den Missbrauch der Monopole, durch deren Verkauf oder Zu-
teilung an Günstlinge sie den Aufschwung des englischen Handels
beeinträchtigte, zu unterlassen. Mit Elisabeth (1603) starben
die Tudor aus.
Der Stuart Jakob I. (1603—1625) bestieg ohne Schwierig-
keiten den Thron. Er war pedantisch, entbehrte persönlichen
Mutes und kriegerischer Eigenschaften und Neigungen. Seine
Neigung zur Zweideutigkeit war durch seine Stellung und seine
Schicksale in Schottland sehr entwickelt worden. Von der
monarchischen Stellung hatte er sehr hohe Anschauungen („semi-
deus“, „rex est lexu), die der damaligen Entwickelung des
politischen Geistes in England ganz entgegengesetzt waren. Er
verachtete die erwerbenden Stände und hasste das Puritanertum.
Mit Spanien schloss er August 1604 einen für dieses günstigen
Frieden. Aber die Hoffnungen, welche die Katholiken (in England
nur noch ein geringer Bruchteil der Bevölkerung) auf ihn setzten,
wurden nicht erfüllt. Er bewilligte anfangs. nur den Laien
Gewissensfreiheit, und bald liess er den (zahlreich von auswärts
gekommenen) Priestern wieder nachspüren. Die noch recht-
zeitig entdeckte „Pulververschwörung“, d. h. der Plan
einiger katholischer Laien, bei der Eröffnung des Parlaments
dieses samt dem König in die Luft zu sprengen (November 1605)
rief neue Ausnahmegesetze gegen die Katholiken
hervor, denen jetzt sogar die Ausübung mancher bürgerlicher
Berufe und mancher Privatrechte entzogen wurde. Von nun
an galten in England lange die Katholiken als ge-
schworene Feinde des Staats und des Volks. Aber
mit dem Puritanertum, das im englischen Protestantismus immer
mehr herrschend geworden war, wollte der König sich auch nicht
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Extrahierte Personennamen: Günstling_Elisabeths August
Extrahierte Ortsnamen: Spanien Graf
Essex Schottland England England England
144
Generalständen 1614 liervor und war unter Ancre Mitglied des Staatsrates.
Geschmeidig vertrat er bei seinem Vorwärtsstreben ganz andere Anschauungen
als später, z. B. einmal die vollständige Freiheit der Kirche, ein andersmal
die Selbständigkeit der Provinzen. Bei seiner Regierung war seine Haupt-
stütze der gewandte Diplomat (Kapuziner-) Pater Joseph (Franz Ledere du
Tremblay).
Riehelieus Regiment. Die äussere Politik Hein-
richs Iv. nahm Richelieu auf, indem er, mit Savoyen und
Venedig verbündet, die Spanier aus dem Veltlin und aus Grau-
blinden hinauswerfen liess, obwohl das auch dem Protestantismus
zu gute kam; freilich stimmte er, in seiner Stellung durch die
katholisch-spanische Partei sehr bedroht, 1626 einem Vertrag
zu, der diese Gebiete nach Schleifung der festen Plätze wieder
in die Hand Spaniens gab. Auch schloss er 1624 ein Schutz-
und Trutzbündnis mit den Generalstaaten. Der Zentralisierung
und nationalen Geschlossenheit des Staats, sowie der Alleingewalt
der Krone, die er für Frankreich erstrebte, stand die Sonder-
stellung der Hugenotten entgegen, die von einem Teil derselben
auch missbraucht wurde. Bei seinem ersten Hugenottenkriege
1625/26 wurde er von England (s. S. 141) und Holland mit
Schiffen unterstützt. Im zweiten Hugenottenkriege, in dem England
die Hugenotten unterstützte, nahm er nach mehr als einjähriger
Belagerung La Rochelle 1628 und warf 1629 die Hugenotten
des Südens und deren Führer Rohan nieder. Er verfuhr aber
meistens mit grosser Milde und erneuerte das Edikt von Nantes,
nur dass den Hugenotten die Sicherheitsplätze und das Recht
der Assemblées genommen waren. Später verbot ihnen Richelieu
die Anstellung nichtfranzösischer Geistlicher und die Abgabe
französischer ins Ausland. Den Uebertritt belohnte er, aber
sonst hielt er streng das Edikt und schützte die Hugenotten gegen
die Intoleranz der Katholiken.
Bei seinem Bestreben, die Macht der Krone zu erhöhen, wurde Richelieu
im ganzen durch die Stimmung der Bauernschaft und des städtischen Bürger-
tums unterstützt. Gegen den Hochadel, der immer wieder sein durchgreifendes
Regiment zu stürzen suchte, ging Richelieu mit äusserster Rücksichtslosigkeit
vor. Durch ausserordentliche Kommissionen liess er solche Rebellen, die sich
von Spanien oder vom Kaiser unterstützen Hessen, und hinter denen nicht
selten des Königs Bruder Gaston von Orléans stand, aburteilen. Einige so
vollzogene Hinrichtungen waren Justizmorde. Durch energisches Eingreifen
in den Mantuanischen Erbfolgekrieg erreichte er, in zwei Feldzügen über
Spanien und das mit ihm verbündete Savoyen-Piemont, sowie die Kaiserlichen
siegreich (1629 und 1630), im Frieden von Chierasco 1631 für den nächst-
berechtigten französischen Herzog von Nevers die kaiserliche Belehnung mit
Mantua, die Räumung Montferrats von spanischen, Graubündens von kaiser-
lichen Truppen und für Frankreich Pinerölo und die Bundesgenossenschaft
Savoyens. Sein unmittelbares Vorgehen gegen das Haus Oesterreich bestimmte
die Königinmutter und die Mehrzahl des Hofes zum Versuch, Richelieu zu
stürzen. Aber der König wandte rasch seine Gunst dem Kardinal wieder zu
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Extrahierte Personennamen: Joseph_(Franz_Ledere Franz Tremblay Riehelieus Richelieu Chierasco
Extrahierte Ortsnamen: Venedig Spaniens Frankreich England Holland England Nantes Spanien Hessen Spanien Mantua Savoyens Haus_Oesterreich