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1. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 54

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 54 — modern Schuppen und Schmieden. Das dichte Gestrüpp geht uns bis ans Knie; wir waten darin, indem wir die schmalen Pfade verlieren. Mir ahnt, daß es hier von Giftschlangen wimmele, und ich habe unvorsichtiger- weise meine niedrigen, weißen Schuhe anbehalten. Doch ich will nicht zurückbleiben, und so waten wir bei sengender Glut weiter, indem wir uns trotz der Kürze der Entfernung zeitweilig verirren und hin- und her sucheu müssen. (6. Der Nicaraguasee.) Der Nicaraguasee oder See von Granada, wie ihn die Einheimischen nennen, hat Süßwasser von einer graugrünlichen Färbung; dieser Ton beeinträchtigt die Schönheit des Wassers etwas, das sich mit dem unserer norddeutschen Seen, nicht mit dem blauen oder grünen Kristall unserer europäischen Gebirgsseen vergleichen läßt. Der See ist von nordamerikanischen Marineoffizieren ausgelotet und in seiner ganzen Be- fchaffenheit wohlbekannt. Eine außerordentliche Merkwürdigkeit sind seine zahlreichen und gewaltigen Haifische, die genau den Haien des salzigen Atlantic gleichen. Vielleicht sind deren Ureltern bei der Bodenhebung zurückgeblieben und haben sich dem brackig und dann süß werdenden Wasser angepaßt. — Ein Krokodil strich durch die Wellen, Fidelin! Der alte Alligator befand sich offenbar auf weiter Reise nach den Inseln hinüber; er schwamm, etwas über die Oberfläche ragend, prächtig. Auf einen Schuß hin erschrak er und verschwand. Man nimmt dann schmeichelhafterweise immer an, daß man ihn getroffen habe. Am interessantesten bleibt der Blick auf die im Ferndunst aufsteigenden Juselvulkaue Madera (1268 m) und Ometepe (1720 m). Nach nordöstlicher Richtung glitzert der uu- begrenzte Meereshorizont, uns zur Seite erstrecken sich mit Urwald bedeckte Bergzüge; Urwald auch rückwärts auf deu Llaüuras vou Costarica mit der darüberragenden und auf Nicaraguagebiet zum Pacific streichenden Vulkankette. Die Landschaft zur Rechten würde ohne die Palmen etwas Europäisches gehabt haben. Wir steuerten zwischen anmutigen Gruppen von Küsteuinseln durch, wobei wir viele weiße Reiher sahen. Dann tauchte das Dorf San Miguelito an sanft ansteigendem grünen Plan auf, in der Höhe von einer weißen Bretterkirche gekrönt. Als Anfangspunkt der gerade in Absteckung begriffenen Bahn, die vom See hinüber nach Monkey Point (Puerto Zalaya) am Karibenmeer führen soll, wird das Dörfchen vielleicht zu einem bekannten Ort. Auf den Ausbau des Hafens von Monkey Point scheint die Regierung große Hoffnungen zu setzen. Die Bucht besitzt Schutz gegen die gefürchteten Norder und gute Wassertiefe. Die Bahn ist als Glied der Nicaragua-Querbahn gedacht, die von Weltmeer zu Weltmeer führt. Die Weststrecke Granada—managua—corinto befindet sich bereits längere Zeit im Betrieb. Über die Seestrecke ist Trajektverbindung geplant, die aber später einer Gürtelbahn um das nördliche Ufer weichen soll. Wir erleben die Nicaraguasee-Umzirkelung durch ein Bahnnetz vielleicht nicht mehr; aber kommen wird sie! Die große zentralamerikanische Senkung wird auch ohue Kanalbau dereinst sich zu einem Durchgangsgebiet des Weltverkehrs gestalten. (7. Ein Stiergefecht in Guatemala-Stadt.) Zum ersten Male besuchte ich ein Stiergefecht, das in der sonntäglich gefüllten Arena als eine „Wohltätigkeits-Vorstelluug" stattfand. Die roten Stufen harmonierten gut zum grünen Grunde. Viele Frauen saßen auf den Bänken. Der

2. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 59

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 59 — Ausführung ebenso wie die Tatkraft, die erforderlich war, um in so öden, zur Zeit des Baues noch so dünn bevölkerten, wüsten und wilden Gebieten ein solches Werk in solcher Nollendung durchzuführen, neidlos anerkennen und bewundern. Schon eingangs dieses Kapitels haben wir den großartigen technischen Leistungen der Amerikaner gebührende Worte der Anerkennung gezollt, und wenn man die nach allen Richtungen sich kreuzenden, das ganze ungeheure Gebiet der Vereinigten Staaten netzartig umspannenden Schienenstränge betrachtet, muß man staunen, daß dies in so kurzer Zeit möglich wurde. Freilich dürfen wir aber auch nicht vergessen, daß in Amerika eine lange Periode im Verkehrswesen vollständig überschlagen, übergangen wurde, nämlich jene jahrhundertelange Zeitepoche, in der Europa mit einem Netz von vorzüg- liehen, in Steinschotter fundamentierten Straßen, den sogenannten Chausseen oder chanssierten Straßen überspannt wurde, Straßen und Wege, die un- gezählte Millionen verschlungen haben. Kaum war dieses Straßennetz zu hoher Vollendung erstanden, erschienen die eisernen, geschienten Wege, die die steinfundierten gebahnten Straßen als Verkehrsmittel weit übertrafen, in deu Schatten stellten und in zweite Linie drängten. Amerika trat als beginnendes Kulturland just zu Beginn der Eisenbahnära auf, verwendete selbstverständlich seine Millionen und Milliarden nun nicht für Straßen- bauten, sondern sprang sofort in die Eisenbahnverkehrsperiode ein und mußte, um zu großem Aufschwünge kommen zu können, natürlich auf diesem Ge- biete nun, koste es, was es wolle, große Verkehrsverbindungen mit geschienten Wegen schaffen, weil ihnen die chanssierte Straße gänzlich mangelte. Da- her man auch heute noch überall in Amerika, im Augenblicke, wo man den Schienenstrang verläßt, auf dürftigste, jämmerliche Wege (wie bei Mouida) stößt . . . New Jorks Verkehrseinrichtuugen zwingen uns zu bedingungsloser Anerkennung; der geschäftliche Betrieb ist einfach bewundernswert. Daß damit nicht auch Schönheit und Anmut Hand in Hand gehen, ist natürlich, und wer nach New Jork, ja wer überhaupt in eine der zahlreichen großen Städte Nordamerikas kommt, der darf dort nicht Dinge suchen und er- warten, für welche dort kein Platz und keine Zeit zum Schaffen vorhanden waren und noch sind. Denn schön oder anmutend sind die kilometerlangen, schnurgeradeu, sich im rechten Winkel schneidenden Straßen wahrlich ebenso- wenig wie die roten Backsteinhäuser. Ja selbst die Palais der Millionäre und Milliardäre sehen von außen, ohne Garten in der Häuserreihe mit aufmarschiert, nichts weniger als fürstlich oder besonders vornehm aus; deun von den Millionenwerten, die sich im Innern vorfinden, sieht man von außen nichts. Und wahrlich, es macht einen entsetzlich ernüchternden Ein- druck, wenn man so einen neuen, bis zu 25 Etagen aufweisenden, kahl- wandigen, mit Hunderten ganz gleichen Fenstern verunzierten „Sky Scraper" („Wolkenkratzer") neben einerseits einer Kirche, deren Kreuz auf dem Hoch- türm noch nicht bis zum letzten Stockwerk reicht und vom Dachsirft des Riesenhauses erheblich überragt wird, und andererseits einem älteren, vielleicht drei bis höchstens vier Stockwerke hohen Hause iu der Frout stehen sieht. Wenn man sich sohin auch nicht leicht zu dem Wunsche aufzuschwingen vermöchte, in New Jork sein Leben zu verbringen, so mnß man doch in Anbetracht des großartigen geschäftlichen und wirtschaftlichen Lebens zu-

3. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 147

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 147 — geradezu als zutage tretende uuterirdische Flüsse oder als unterirdische Ab- flüsse von Karstseen anzusehen sind. Solche Quellen sind meist von großer Bedeutung, an ihnen siedelt sich der Mensch an, sie ermöglichen ihm, durch Berieselung dem Boden höchste Erträge abzugewinnen. Daher hat man überall eigene, fast überall das gleiche bedeutende Namen für solche Quellen: Ras el Ain in Syrien, Kephalari in Griechenland, Capo d'aqna in Italien, Nacimiento in Spanien. Freilich tragen diese Kalkgebiete überall den Cha- rakter der Karstländer: Palästina, der Südrand Kleinasiens, der ganze West- rand der südosteuropäischen Halbinsel, Apulien usw. Das obere Tibergebiet gibt uns ein lehrreiches Beispiel für den Einfluß des Bodens auf die Wasserstände der Flüsse. Der obere Tiber entwässert ein fast durchweg aus undurchlässigen Felsarten ausgebautes Gebiet, und der Fluß schwillt daher nach heftigem Regen oder rascher Schneeschmelze im Apennin gewaltig an, während er in der Trockenzeit zu einem dünnen Wasserfaden herabsinkt, der bei tiesstem Stande nur 5 cbm Wasser führt. Dagegen sammelt der erste größere Nebenfluß des Tiber, die Nera, ihre Gewässer in einem an mächtigen Kalkstöcken reichen Gebiete der Apenninen und wird daher vor- zugsweise von starken Quellen genährt. Sie hat daher im Mittel eine Wasserführung von 100 cbm in der Sekunde und selbst bei niedrigstem Stande noch 68 cbm. Es leuchtet ein, daß der Kulturwert beider Flüsse völlig verschieden ist. Am Tiber würden gewerbliche und Bewässerungs- anlagen in der einen Zeit weggerissen, in der andern ohne Wasser sein, während an der Nera das ganze Jahr die gleichen Wassermengen als Trieb- kraft und zu Bewässerungen zur Verfügung stehen. So führen die meisten Flüsse des hybläischen Berglandes in Südost-Sizilien, obwohl dies der niederschlagsärmste Teil der Insel ist, danerd Wasser, weil sie in dem aus Kalkfels und vulkanischem Gestein aufgebauten Lande von Quellen genährt werden, während im niederschlagsreicheren peloritanischen Gebirge der Nord- ostecke der Insel den undurchlässigen Felsarten, besonders Gneisen, Fiumare entsprechen, die zu den wildesten gehören, die man kennt. Ähnlich ist es in den Atlasländern, wo man die wirklichen Flüsse leicht zählen kann — in Tunesien gibt es tatsächlich nur zwei — und der größte Fluß Algeriens, der Schelif, bei niedrigstem Stande nur 3—5 cbm, bei höchstem 1400 cbm in der Sekunde wälzt. Die Schiffbarkeit der Mittelmeerflüffe und überhaupt ihr Kulturwert, wo sie nicht zu künstlicher Berieselung verwendet werden können, ist daher sehr gering. Von Binnenschiffahrt, die doch im übrigen Europa eine so große Rolle spielt und beispielsweise die großgewerbliche Entwicklung des Deutschen Reiches in so hohem Grade gefördert hat, ist im mediterranen Europa kaum die Rede. Ja, die Mittelmeerflüffe sind vielfach schwere Verkehrshindernisse, die zu überwinden allen Scharfsinn der Wege- baumeister und große Kosten erfordert. Die beiden wichtigen Küstenbahnen Kalabriens haben eine große Zahl von fast immer trocken daliegenden Fiu- maren in mächtigen, langen Brücken überschreiten müssen, die doch noch häufig zerstört werden, wenn sich die Geröllmassen, die diese plötzlich daher- tobenden Ungeheuer mit sich schieben, vor den Brückenbögen stauen. In besonderen Fällen zieht man es vor, die Gießbäche in breiten Brücken über die Eisenbahnen hinwegschießen zu lassen. In Spanien ist man bei Straßen- bauten auf den billigeren Ausweg verfallen, daß man das Bett der Gieß- däche, dort wo die Straße sie zu überschreiten hat, in breitem, flachem, 10*

4. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 242

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 242 — lief). Die Summen steigerten sich von Jahr zu Jahr, und es war 1876 das höchste unter den genannten Jahren mit 1666 000 fl. . . . Gleich nach der Ausfahrt von Haarlem, wo Kanal, Landstraße und Bahn schnurgerade nebeneinander herlaufen, eröffnet sich uns rechts der Blick auf den Haarlemer Polder, eine weite, niedrige Ebene. An ihrer Stelle war vor dreißig Jahren noch das Haarlemer Meer, eine 4 m tiefe, 6 Stunden lange und 3 Stunden breite Wasserfläche, welche der holländische Jngenieurgeist indes trocken gelegt hat. Noch zu Anfang des 16. Jahr- Hunderts bestand das später so genannte Haarlemer Meer aus vier kleiuen, getrennten Seen; aber das Wasser sraß immer mehr um sich, vereinigte die Seen und wurde durch fortgesetztes Abnagen des Landes selbst für die Städte Amsterdam, Haarlem, Leiden und Utrecht bedenklich und unheimlich. Die Regulierung des Gewässers durch große Schleusen, d. i. sein Abslnß in das $)*), schien nicht mehr genügend, und so beschloß man 1840, was schon längst geplant war, auszuführen und begann die Auspolderung des Haarlemer Meeres. Erdwälle wurden errichtet; statt der früher zu solchen Zwecken gebräuchlichen Windmühlen trieben Dampfmaschinen die Wasserschöpfräder, und nach dreizehnjährigem, ununterbrochenem Schöpfen war das Meer aus- geschöpft und das Waffer in Kanälen der Zuidersee und dem Ozean zu- geführt. An 14 Millionen Gulden hatte die Trockenlegung gekostet, aber 19 000 Hektar fruchtbaren Landes waren gewonnen, von denen der Hektar mit 500 fl. bezahlt wurde**). Zehntausend Menschen wohnen jetzt aus dem von Kanülen umgebenen Meeresboden, und die alten Maschinen arbeiten weiter, um das Land immer trocken zu halten. (8. Amsterdam.) Ich ließ mich noch auf den Turm des Schlosses führen, um eine Übersicht von Amsterdam zu bekommen, und hatte es nicht zu bereuen. Der Blick auf Stadt, Land und Wasser ist überraschend schön und überzeugt uüs wiederholt, daß Hollaud landschaftliche Bilder hat, die in ihrer Art eben nur bei ihm zu sehen sind. Nor uns breitet sich im Osten und Süden die Amstelstadt aus mit fast ebenso vielen Kanälen als Straßen; ein mächtiges Häusermeer, von Wassern durchzogen. Westlich sehen wir bis Haarlem, südlich und östlich bis Utrecht und Amersfoort, im Norden die Docks und den Mastenwald des I mit der Zuidersee, Zaandam und das Waterland. Besondere Liebhaber scheinen die Amsterdamer zu seiu von eigenartigen Kaminen. Diese Rauchfänge schauen viele Fuß hoch über die Dächer heraus und machen ganz fratzenhafte Figuren. Daß die Häuser mit Wetterfahnen aller Gattung versehen sind, gefiel mir; denn das „Garren und Girren" dieser Windfahnen höre ich nicht ungern, besonders in stürmischen Nächten. Noch in den Tagen des Grasen-Königs Wilhelm war Amsterdam ein armseliges Fischerdorf unter dem Schutze des festen Schlosses der Herren von Amstel. Im 14. Jahrhundert ist es bereits eine Stadt, wohin sich infolge der vielen Bürgerkriege in ihrer Heimat Brabanter Kaufleute und Handwerker flüchten. Schiffahrt und Handel begannen sich zu entfalten, und zur Zeit Karls V. gehörte Amsterdam schon zu den bedeutenderen Städten *) Das A, sprich Ei, heißt bekanntlich der Busen der Zuidersee bei Amsterdam; er war nur durch eine schmale Landenge vom ehemaligen Haarlemer Meer getrennt. **) Heute soll er 2000 fl. gelten.

5. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 354

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 354 — guter gepflasterter Landstraßen zu erleichtern, und die Behörden, welche damit vorgehen wollten, pflegten in der Regel bei den Marschbewohnern den heftigsten und entschiedensten Widerstand zu finden. Wohl mochten die bedeutenden Kosten teilweise Grund sein dieses Widerstrebens; denn zu den Chansseen bedarf man Sand und Steiue, und die Marsch ist gänzlich sand- und steinlos, also muß das Material aus den Flüsseu und von der fernen Geest herbeigeschafft werden. Mehr aber noch war die Ursache der Opposition in der natürlichen Trägheit und der Liebe zum Alten zu suchen, da beides Hanptzüge im Charakter des Marschbauern sind, welcher sich, umgeben von° seinem tiefen Schlamm und durch ihu vom Verkehr abgeschnitten, fast behaglich und sicher zu fühlen scheint. (4. Fehnkultur im Moorgebiet.) Die Moore sind eine kaum zu erschöpfende Fundgrube; denn Taufende und Tausende von Fudern Torfes, welche erst eine allgemeine Abwässernng heben läßt, lagern noch nnerreich- bar in Snmps und Wasser. Die Kanäle sind die Lebensadern der Moor- gegenden; durch sie allein werden die früher grauenhaftesten Einöden zu blühenden Kolonien umgeschaffen. Vor allem ist hier der großartigen Kanalanlagen Ostfrieslands zu gedenken, die unter dem Namen Fehne bekannt sind. Das Wort stammt jedenfalls aus dem Altdeutschen, wo Feen oder Fenne so viel als Morast bedeutet, wie denn z. B. auch Finnland (Fennia) von den Deutschen danach benannt wurde. Fehne aber nennt man jene breiten schiffbaren Kanäle, die sich unmittelbar vom Meere oder von der Ems tief in die Moore hinein erstrecken und zu beiden Seiten mit Häusern, Gärten, Äckern und Stapelplätzen versehen sind. Die Kolonisten nämlich, nachdem sie einige Schichten Torf abgegraben, haben hier den untern Boden wieder zum fruchtbarsten Acker- und Wiesenlande geschaffen, indem sie mit ihren Schiffen, auf denen sie den Torf verfuhren, als Rück- fracht teils tierischen Dünger aus dem Überflusse der Marschen, namentlich aber den an organischen Stoffen so reichen Wattenschlick herbeibrachten, um damit den Boden wieder zu erhöhen und nutzbar zu machen. Kaum gibt es Überraschenderes als den Anblick eines solchen Fehns. Stundenlang wandert man in der einsamen schweigenden Wüste; nichts erblickt das Ange als Moor und Heide, kein menschlicher Laut dringt ans Ohr; da nahet man dem Fehn, und aus einmal ist die ganze Szene eine andere, und das regste Leben und Treiben tritt an die Stelle der Einöde. Der breite Kanal dehnt sich unabsehbar dahin, eine Unzahl von Booten, Kähnen, kleinen Seeschiffen, ein buntes Segel- und Flaggengeflatter belebt ihn; an seinen Ufern, kaum 20—30 Schritte voneinander, erheben sich Haus au Haus mit freundlichen roten Ziegeldächern vom reinlichsten Ansehen, dahinter Blumen- und Krautgärtchen, aus denen mancher Fruchtbaum emporsteigt; weiterhin wogen goldene Saaten, leuchtende Raps- und dnstende Buchweizen- selder, und dazwischen weidet schweres Marschvieh im üppigen Klee; dort wieder Stapelplätze mit ungeheuren Torsbergen; drüben vielleicht Schiffs- werfte mit lautem Hammergepoch; weiterhin lustig drehende Windmühlen, und wohin man blickt, Handel und Wandel, Arbeit, Wohlstand und Fröhlichkeit, so daß einem das Herz mit fröhlich wird; denn hier arbeiten nicht Hunderte von Knechten für einen einzigen, fondern jeder hat sein eigenes Haus, Ackerland und Torfgrund, wenn auch nicht in großer Aus-

6. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 301

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 301 — zu machen. Die Zahl der Sommergäste beträgt jetzt alljährlich, ungerechnet die Passanten, gegen 10000. (4. Wildbad.) Kommen wir vom obern Enztal herabgewandert, so gewährt uns am Fluß die neue, in der Höhe die alte Enztalstraße sofort beim Eintritt einen überaus lieblichen Blick über die Bäderstadt. Prächtige Villen grüßen aus dem schattigen Grün wohlgepslegter Parkanlagen her- nieder; die an den Berg gelehnte, in gotischem Stil erbaute katholische Kirche ist ein recht stattliches Gotteshaus; näher dem Fluß liegt die englische Kapelle im lauschigen Dunkel der Anlagen; dnrch diese gelangen wir zu den Kaufbuden und zur geräumigen, aber überaus zierlich in Eisenkonstruktion aufgeführten Trinkhalle, dann zu dem in hervorragendem Maße sehens- werten Prachtbau des „König-Karlsbades" mit Einrichtungen, die jenen des Friedrichsbades in Baden wohl kaum in etwas Wesentlichem nachstehen dürften. Von hier führt die König-Karlsstraße am linken Flußufer zum Bahn- Hof, während am rechten, das über mehrere Brücken erreicht wird, der größere, von der Hauptstraße durchzogene Teil der Stadt liegt, in dem wir zunächst zum Kurplatz mit seinen stattlichen Gebänlichkeiten gelangen. Hier stoßen wir auf das Katharinenstift, in welchem die Bäder für Minderbemittelte untergebracht sind, was man dem vornehmen Gebäude kaum ausehen würde; dann folgt das kleine und das große Badegebände, endlich das königliche Badhotel und Konverfationshans, daneben die protestantische Stadtkirche, von welcher sich dann die Hauptstraße zu dem am untern, nördlichen Ende der Stadt gelegenen Bahnhof zieht. Die waldreiche nähere und weitere Umgebung von Wildbad bietet eine fast überreiche Auswahl lohnender kleinerer und größerer Ausflüge im Tal und zu seinen beiden Seiten. Abgesehen von den Anlagen oberhalb des Kurplatzes und gegenüber desselben über dem König-Karlsbad empfehlen sich nach Westen die Wege im Sommerbergwald zum Löwenbrückle, zum großen und kleinen Wendenstein, dann vom Bahnhof anf den Wildbader Kopf und weiter über den Eselskopf hinab in das vom Hohloh herabkommende Eyach- tal, das bei der Eyachmühle erreicht wird. Von hier führt eine Straße talabwärts znr Bahnstation Rotenbach; auf andern Wegen, meist dnrch Herr- lichen .Wald, ist die Teufelsmühle oder Dobel und Herrenalb zu erreichen. Östlich von Wildbad erhebt sich etwa 300 Meter über der Enz, deren Tal von dem nahen Paralleltal der einsamen kleinen Enz trennend, der lange ungegliederte Rücken der Meisternebene, über welche, am Riesenstein vorbei, der Weg führt, welcher uns jeufeits der kleinen Enz über welt- abgeschiedene Höhen weiter nach Teinach und zur Nagold gelangen läßt. In dieser Richtung floh einst der alte Rauschebart, als er von den „Schleg- lern" während seiner Badekur überfallen wurde. Die meilenweit ausgedehnten Tannenforste auf den sanftgeformten Buntsandsteinhochflächen, welche nur von den freundlichen Wiesengründen der Flnßtäler unterbrochen werden, sind hier im östlichen Schwarzwald ganz typisch, und wer für die Poesie der Waldeinsamkeit Sinn hat, dem wird die Umgebung von Wildbad besonders sympathisch sein, da sie auch durch den Gegensatz erfrischend wirkt, welcher zwischen dem lebhaften, glänzenden Bade- ort und seiner großartig schweigenden Umgebung besteht. Die Eisenbahn führt uns von Wildbad im Enztal abwärts und zeugt durch die zahlreichen großen Sägewerke und die ausgedehnten Holzverlade-

7. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 134

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
Vi. Schantung und Kiautschou. („Schantung und seine Eingangspforte Kiautschou" von Ferdinand Frei- Herr von Richthofen.') Mit 3 großen Karten anßer Text ^1 topographische und 1 geo- logische Karte der Provinz Schantung — 1 Karte des nordöstlichen China], 3 kleinen Karten im Text und 9 Lichtdrucktafeln. Berlin 1 c98, Dietrich Reimer [Ernst Ssohsen]. 324 Seiten, 10 Mark. S. 26—28, 80-81, 265—268.) (1. Am Kaiserkanal 2).) Eine stete Erquickung bot der Blick auf die im schönsten Frühlingsgrün prangenden Felder der östlichen Ebene. Die kleine Parzellierung des Landes und die Verschiedenheit der ans jedem kleinen Feld befindlichen Saaten bedingen das Bild eines Gartens. Weithin über- schaut man die Ebene. Zahlreiche Dörfer sind darin zerstreut, und scharf zeichnen sich die sich rechtwinkelig kreuzenden geraden Linien des verzweigten Kanalsystems ab, auf welchem dort fast aller Verkehr stattfindet. Wenn ich aber den Landleuten meine Freude über das blühende Land aussprach, da sagten sie wehmütig, daß sie sich niemals dieses Anblickes wirklich erfreuen könnten, da ihre Hoffnungen nur zu häufig getäuscht würdeu. Denn wenn das Wasser des Kanyu-Sees steige, dann überfließe es häufig den östlichen Damm und setze die ganze Ebene unter Wasser; dann würden ihre Felder und Saaten zerstört, und viele Menschen kämen ums Leben. In der Tat habe ich nachher noch viel von den Leiden der Bewohner dieser anscheinend so gesegneten Gegend erfahren. Wenn man davon keine Kunde hat, ist man verwundert über das Elend des Volkes. Die zahllosen kleinen Dörfer und Weiler, die man überblickt, sind überaus ärmlich, die Häuser nur aus Lehm und Rohr gebaut. Die Bewohner sind harmlos, furchtsam, in Lumpen gekleidet. Und doch könnte ihnen der Boden leicht zwei gesicherte Ernten geben. Es gibt keine Großgrundbesitzer, welche in manchen anderen Ländern den größten und besten Teil des Bodens eignen würden; es gibt keine Festtage, welche die Arbeitszeit einschränken, nicht einmal Sonntage, sondern das ganze Jahr besteht aus Arbeitstagen; die Lente betrinken sich nicht; sie haben keine Zer- streuung durch Wirtshäuser und können ihre ganze Energie ans die Arbeit legen; sie haben auch nur mäßige Abgaben zu zahlen und besitzen in den Wasserwegen billige und große Verkehrsstraßen, mit denen ihre Dörfer durch die den Einzelverkehr vermittelnden kleinen Kanäle verbunden sind. Woher kommt also das Elend? Die Übervölkerung hat sicher viel damit zu tun; aber sie kann nicht der einzige Grund sein. Auch dem Opium darf ein so allgemeiner Einfluß nicht zugeschrieben werden, zumal hier die Landbevölkerung dem Genuß desselben noch wenig ergeben ist. In den Ebenen des Ganges und in ähnlichen Gebieten auf Java herrscht auch Armut. Dort aber ist das Klima entnervend, der Mensch ist eines geringeren Arbeitsbetrages fähig, und es gibt große Landeigentümer. Im chinesischen Flachland sind im Verhältnis zu dort die Leute günstig gestellt. Es scheint, daß die Haupt- gründe der Armut in der Übervölkerung und der Häufigkeit der Über- schwemmungen zufolge unzureichender Sicherung des Kanals, aber auch großenteils in der Indolenz der hiesigen Bewohner zu suchen sind. Ebenso gleichförmig wie das Leben dieser bedürfnislosen, in Arbeit auf- gehenden Menschen ist ihr Land. Man sieht keine Hügel, nicht die geringste x) Er bereiste China 1868—1872. 2) Strecke zwischen Tsching-Kiang und Hwai-ngan.

8. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 240

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 240 — wäre er seiner hohen Bedeutung für dieselbe sich wohl bewußt. Er durch- zieht eine riesige Ebene; an seinen Ufern weiden weithin sichtbar zahlreiche Herden; einige Forts beherrschen Stadt und Fluß, stören aber das friedliche Bild nicht im geringsten. Noch zwanzig Standen von ihrer Mündung in die Nordsee entfernt, bringt die Schelde doch die Wirkungen von Ebbe "und Flut bis in die Stadt hinein und hat bei 600 Nieter Breite zur Ebbezeit 10 Meter Flußtiefe. Kein Wunder deshalb, weun sie die gigantischen Ost- indienfahrer bis vor die Warendepots an den Kais trägt. . . Ich habe schon manchen Seehafen und manch großen Handelsplatz ge- sehen; aber in Antwerpen begegnete mir ein so erdrückendes Schiffs- und Verkehrsleben, daß ich da stuud, wie vom Himmel gefallen. Ein ganzer Urwald von Schiffsmasten starrte vor mir in die Lüfte. Unzählbare Mengen von Segel- und Dampfschiffen lagen in den Häfen, so gedrängt und dicht nebeneinander, daß man sich wundern mußte, wie dieser Knäuel vou Schissen sich wieder lösen könnte. Tauseude vou Menschen sind beschäftigt, die Schiffe zu belasten oder zu entleeren. Ganze Berge von Schiffsgütern aller Art und aller Länder harren der Ladung, die von einer verwirrenden Masse von Wagen besorgt wird. Eine Reihe von Riesengebäudeu an den Häfen hin dienen als Zoll- und Lagerhäuser. Großartige Schienen- und Bahnhofsanlagen kommen bis an die Bassins, um das, was diese Tausende von Schiffen übers Meer hergebracht haben, über die Erde hiu zu zer- streuen. Garküchen, Matrosenkneipen, Restaurants, Agenturen, Konsulate aller überseeischen Länder nehmen die Kais von der Stadtseite her ein. In der Mitte zwischen den zwei innersten und belebtesten Bassins erhebt sich, alt und ehrwürdig, das Hansahans, von den drei Hansestädten 1568 für ihren Konsul gebaut. Es kann aber, trotz seines Alters, nicht leicht einen größern Verkehr vor sich gesehen haben als hente. (5. Holländische Landschaft bei Seeland.) Das Land zwischen Antwerpen und der holländischen Grenze ist Heide. Kaum haben wir aber das Gebiet Hollands betreten, so zeigt sich uns zwischen Oudenbosch und Zevenbergen in kolossalen Ebenen das Weideland dieses Königreiches. Wer einmal eine holländische Landschaft gesehen, hat alle gesehen. Und wer nie eine erblickt, der denke sich nur Wiesengründe von zahllosen Kanälen durchschnitten oder von Fluß- und Meeresarmen bespült, von schwarzen Rindeiherden beweidet, bisweilen von Pappeln und Ulmen umsäumt und gar oft von Windmühlen belebt. Freundliche Dörfer mit niedrigen Häusern, alte Dome neben vielen kleinen Kirchtürmen heben sich weithin sichtbar aus diesen Ebenen ab. Das Land ist ähnlich wie in Flandern und Brabant, aber weit niedriger, flacher und wässeriger. Von der letzteren Eigenschaft konnte ich mich gleich überzeugen, als wir bei Moerdifk über das „Hollandsch Diep" fuhren. In der Nacht des 18. November 1421 brachen die Fluten der Maas und Waal so verheerend in das Land ein, daß oberhalb Dordrecht 22 Dörfer mit 100000 Menschen im Wasser ihr Grab fanden. Das überschwemmte Terrain ist bis heute ein „verdrouken land" geblieben, der Biesbosch (Binsen- dusch) genannt, mit einem Konglomerat sumpfiger Inseln. Eine breite Bucht, welche beim Biesbosch noch einen Teil der Maas aufnimmt, verbindet dieses Jnselland unmittelbar mit dem Meere und heißt das „Hollandsch Diep". Über dieses 2640 m breite „Diep" (Tiefe) hat nun der holländische Unter-

9. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 241

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 241 — nehmungsgeist eine Eisenbahnbrücke gebaut, ein wahres Wunderwerk des 19. Jahrhunderts. Vierzehn Bogen, auf Pfeilern ruhend, überspannen die Bucht; zwei Drehjoche dienen zum Durchlaß der Schiffe. Der ganze Ober- bau hat an Eisen und Stahl ein Gewicht von 235 800 Zentnern, und die Gesamtkosten betrugen nahezu 8 Millionen Gulden. (6. Rotterdam.) Wenn ich nicht von Antwerpen gekommen wäre, hätte Rotterdam, das wir in dreißig Minuten von Dordrecht weg erreichten, auf mich einen weit größeren Eindruck gemacht. Immerhin aber hatte ich allen Grund, staunend zu schauen, als wir ans der kolossalen Gitterbrücke über den herrlichen Maasstrom rollten, während unter uns Schiffe flußauf und flußab dahinglitten und in den Häfen und Bafsius ganze Flotten vor Anker lagen. Hoch oben an den Häusergiebeln hin, brachte uns das Dampf- roß mitten durch eine Straße ins Innere der Stadt . . . Ich war bis heute nie ein Freund von ebenem Land; zwischen hohen Bergen geboren, Hab' ich allezeit geglaubt, es sei nur schön, wo Berg und Tal, Felseu und Wälder, Bäche und Wasserfälle den Menschen umgeben. Auf dem Laurentiusturm zu Rotterdam ward ich eines andern belehrt. Ich hatte nie geahnt, daß Holland so große landschaftliche Reize besitze; aber von da oben herab gesehen, stimme ich vollauf in das Lob unseres Alban Stolz ein. In ihrer Art der Umgebung ist Rotterdam die lieblichste Stadt, die ich in ganz Belgien und Holland gesehen. Der majestätische Fluß, die zahllosen Grachten und Kanäle, die unermeßlichen grünen Gefilde, bis an die Stadt hin mit Herden bedeckt, die freundlichen Dörfer und Landhäuser nah und fern, die Windmühlen in ganzen Scharen über das Land hin zerstreut, die Türme von Delft, Briel, Schiedam, Vlaardingen, Haag, Leyden, Gonda, Dordrecht, teils in nächster Sicht, teils weit ab am äußersten Horizont, unter uns das gleichmäßig gebaute, nach allen Seiten abgerundete Rotterdam mit seinen spitzen Giebeldächern des 16. und 17. Jahrhunderts, über dem ganzen Bild Heller Sonnenschein — all das machte einen un- beschreiblich freudigen Eindruck auf meine Seele. Und wenn ich kein so poesieloser Mensch wäre, ich hätte dichten können auf dem Turm der „groote Kerk" zu Rotterdam. (7. Die Gegend von Haarlem.) Haarlem hat bekanntlich Weltruf mit seiner Blumenzucht. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, als die Holländer zu viel Geld hatten, herrschte eine wahre Tulpen- und Hyazinthen-Manie. Man spekulierte mit Zwiebeln wie jetzt mit Staats- papieren, und der Schwindel wurde hierin so arg getrieben wie bei uns in der Gründerzeit. Für einen einzigen „Semper Augustus" bezahlte man 13 000 fl.1), für „Admiral Enkhnizen" 4000 fl. Heute kauft man die schönste Zwiebel für 10 Gulden. Doch ist der betreffende Blumenhandel noch sehr bedeutend und einträglich. Die Blumenkulturen Hollands um- fassen nach den letzten Katastral-Ansnahmen 240 Hektar Landes, von denen 200 auf Haarlem und seine Umgebung fallen. Es sind dies jedoch nur die eigentlichen, größeren Komplexe, während noch in unzähligen kleinen Haus- gärten Tulpen und Hyazinthen zum Verkauf gezogen werden. Nach offiziellen Ausweisen betrug die Ausfuhr an Blumenzwiebeln von 1861 bis 1876 einen Gesamtwert von 19 640 000 fl., mithin mehr als eine Million jähr- l) 1 fl. — 1 niederländischer Gulden = 1,69 Mark. Marquardt, Quellenlesebuch. Iß

10. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 294

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 294 — Aufhebung der vielen reichsfreien Städte und besonders durch Eisenbahn und Dampfschiffahrt. Alle diese Bewegungen der alten und neueren Zeit haben gewissermaßen Spuren hinterlassen; denn jetzt umgrenzen,, wie zur Erinnerung der hundertfältigen Werbung, fünf Länder den See: Österreich und Bayern, Württemberg und Baden, und mit dem Löwenanteile die freie Schweiz; er schien gleichsam zu wertvoll, als daß ihn ein einziges Reich besitzen sollte. (3. Verkehr.) In der neuesten Zeit, in der die Alpenländer jeden Sommer von Vergnügungsreisenden geradezu überschwemmt werden, übt der Bodensee besondere Anziehungskraft aus; wenn er auch nicht gerade das Ziel aller Reiserouten ist, so suchen ihn doch Tansende ans, um von ihm aus ihre Touren in die Schweiz zu machen oder nach Beendigung derselben ihre Rückfahrt anzutreten. Acht Eisenbahnlinien führen die Fremden herzu, und prächtig eingerichtete Personendampfer unterhalten eine fortwährende Verbindung zwischen allen Orten von einiger Bedeutung (400 000 Passagiere). Aber auch schwerbeladene Segelboote durchkreuzen den See, und riesige, mit stockwerkhohen Verdecken versehene Trajekt- oder Überfuhrschiffe nehmen auf ihre doppelten Schienengeleise gleich ganze Reihen von Eisenbahnwagen (8) und schleppen sie von der bayerischen oder den württembergischen Linien unvermittelt hinüber nach Rorschach oder Romanshorn auf die Schweizer Eifeubahurouteu (etwa 800 Millionen kg Frachtgüter). Teils sind es Landeserzengnisse, die von einem Orte der Küste zum audern verfahren werden (Getreide, Wem, Obst, Gemüse, Holz, Vieh), teils Fabrikwaren und Handelsprodnkte, die von Süden nach Norden, von Osten nach Westen geschafft werden. Rorschach und Lindau sind für den Getreide- transport sehr bedeutende Haudelsorte; jenes empfängt das füdrnssische Getreide über Marseille, dieses den ungarischen Kornsegen über Wien und München. — (4. Der See, seine Zu- und Abflüsse.) Betrachten wir nun den Bodensee an sich. Der Bodensee, auch „Schwäbisches Meer" genannt, bildet einen großartigen, von Ostsüdost nach Westnordwest gestreckten Wasserspiegel von 538 qkm Oberfläche. Seine größte Länge (von Bregenz bis Ludwigs- Hasen) beträgt 64 km, seine größte Breite (zwischen Langenargen und Arbou) 14 km; der Umsang seiner Ufer mißt nahezu 260 km. Auf dem See könnte die Gesamtbevölkerung der Erde — jeder mit mehr als 30 qdcm! — Platz finden, und der Rhein, der unterhalb Rheineck in einer Breite von 65 m mündet, würde 2 Jahre 20 Tage brauchen, um das Becken zu füllen. Die Tiefe des Sees ist sehr verschieden. Das eigentliche Seebecken beginnt mit einer flachen, bis zu 10 m tiefen Uferzone von wechselnder Breite*), dem „Hange", und senkt sich dann erst allmählich, später steil in Böschungen von 15 bis 20" zur Sohle der „Seewanne" hinab, die eine Tiefe von 200 bis 252 m (zwischen Jmmenstadt und Uttwil) hat. Diese steileren Abfälle, *) Sie erstreckt sich von dem bei ruhigem See trocken liegenden Strande bis dahin, wo die letzten Wellenwirkungen aufhören, ist beispielsweise am Überlinger ^ee ans »venige Meter beschränkt, dehnt sich aber am Rohrspitz aus über 2 km aus. Der obere Teil dieser Tiefenzone wird besonders an steil abfallenden Wänden durch die Brandung zurückgedrängt, die dann im unteren Teile mit den mitgerissenen Schuttmassen wieder aufbaut. Diese Ab- lageruugen von nahezu wagerechter Oberfläche in geringer Tiefe nennt der Bodenseefischer „Wyße" oder Weißboden.
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