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1. Deutsche Urgeschichte, Das Frankenreich, Deutschland unter eigenen Herrschern - S. 57

1894 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
57 lande rückten Franken ein. sie machten den von Karl gelernten Betrieb der Landwirtschaft in ihren neuen Wohnsitzen bekannt. Hierher gehören ferner die Bestrebungen des großen Herrschers für die Erleichterung des Verkehrs. Er sorgte dafür, daß überall gangbare Wege. Dämme und Brücken gebaut wurden, deren Instandhaltung den betr. Besitzern zur Last fiel. An bestimmten Stellen konnten zur Erleichterung dieser Last Zölle erhoben werden, nur durften dieser Brücken-, Wege- u. a. Zölle nicht allzuviele werden, damit die Wohlthat sich nicht in Plage verkehre. Sehr gern benutzte man die Wasserwege. Karl versuchte es, das schwarze Meer durch einen Kanal vom Main zur Donau mit der Nordsee zu verbinden; seine Baumeister wußten indes noch nicht, wie man die Schwierigkeiten des Bodens, namentlich Sümpfe, überwindet, und so blieb es bei dem Versuche. In unfern Tagen hat König Ludwig I. von Bayern den Plan Karls wieder aufgenommen und durch den Ludwigskanal eine Verbindung beider Flüsse geschaffen. Auf diesen durch Natur oder Kunst geschaffenen Wegen fand der Handel. Handel feine Verbreitung. Fränkische Kaufleute zogen quer durch Deutschland nach den Märkten der Slaven und Avaren. Stapelplätze des Handels waren Bardewik, Celle, Magdeburg. Erfurt, Hall stadt bei Bamberg, Forchheim, Regensburg, Lorch. Von der Nordsee über die Alpenpässe führten die Wege nach Italien; über das Meer ging der Kaufmann nach England, Norwegen, Schweden und Rußland. Auch mit dem Morgenlande suchte Karl Handelsbeziehungen anzuknüpfen, wobei er sich eines landkundigen Juden bediente. der die Gesandtschaft zu dem sagenberühmten Harun al Raschid führte. Die Haupthandelsleute neben den Juden waren Friesen, Engländer und Araber von der Nordküste Afrikas; sie besuchten die fränkischen Märkte, die sich besonders bei den kaiserlichen Pfalzen entwickelt hatten. Friesland hatte bedeutende Tuchwebereien, deren Erzeugnisse im Morgenlande sehr begehrt waren; Metallguß und Glasbereitung ging meist von den Klöstern aus; die Töpferei blühte in Mainz. Von der größten Bedeutung für den Handel war es, daß diemünz-, kaiserliche Regierung strenge Redlichkeit im Handel und Wandel sor-^^Ge-derte: die Kaufleute durften nur solches Maß und Gewicht führen, das dem in der Pfalz aufbewahrten Muster genau glich. Auch die Münzverhältnisse wurden neu geordnet. Statt der in der merovingi-fchen Zeit bestehenden Goldwährung begann Karl die Silberwährung

2. Das Zeitalter Friedrichs des Großen, Deutschland in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, Das Zeitalter Kaiser Wilhelms I. - S. 319

1902 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
319 Am 7. April 1839 wurde die ganze Bahn eröffnet, und noch lange erzählte sich das Volk von den Abenteuern dieser ersten Fahrten. Auf einer Station war ein Leipziger Student mitsamt einem unbezahlten Glase Bier dem Kellner hohnlachend davongefahren; in dem gefürchteten Tunnel pflegten die Damen reiferen Alters eine Stecknadel zwischen die Lippen zu nehmen, um sich gegen die Liebkosungen ausschweifender Jünglinge zu sichern. Vorsichtige Ärzte wollten von der Tunnelfahrt, die fast eine Minute währte, überhaupt nichts hören; sie befürchteten, bei dem plötzlichen Luftwechsel müsse ältliche Leute der Schlag rühren, und allerdings waren die Wagen der dritten Klasse noch unbedeckt, die der zweiten ohne Fenster. Daß die Schienen und die Räder durch die ungeheure Reibung notwendig in Brand geraten müßten, war die allgemeine Ansicht; erst die vollendete Thatsache schlug alle Befürchtungen zu Boden. Der Erfolg übertraf die kühnsten Erwartungen. Erstaunlich wie diese erste große Eisenbahn auf den benachbarten Laudstraßeu Mitteldeutschlands sofort die Reiselust belebte; im Jahre 1828 beherbergten die Dresdener Gasthöfe 7000 Fremde, in den ersten drei Vierteljahren 1839 bereits 36 000. Schon in ihrem ersten Jahre beförderte die Bahn 412 000 Personen und 3,85 Mill. Meilen-Eentner. Im zweiten Jahre sank der Personenverkehr um ein geringes, weil sich die erste Neugierde etwas gelegt hatte; der Güterverkehr aber stieg mit einer ganz ungeahnten Schnelligkeit. Anfangs waren viele Frachtfuhrleute noch gemächlich auf der Landstraße neben dem Dampfwageu hingefahren, weil die Spediteure die Kosten des Umladens scheuten. Erst seit die Bahn Anschlüsse erhielt und die Anfuhr zu den Bahnhöfen erleichterte, riß sie auch den Güterverkehr an sich, und nach einer Reihe von Jahren ergab sich, daß sie von den Gütern mehr einnahm als von den Personen. Dies widersprach allen Vorhersaguugen; hatte doch selbst der berühmte Arago versichert, eine Eisenbahn könne viel» leicht Personen, doch unmöglich große Gütermassen befördern. Leider erlebte List au diesem Triumphe seiner Jdeeen wenig Freude. Es giebt einsame Genies, die wohl durch schöpferische Gedanken ihre Nation erwecken und erheben können, aber nicht fähig sind, mit ihrer vollsastigen ursprünglichen Kraft in dem alltäglichen kleinen Getriebe des öffentlichen Lebens mitteninne zu wirken. Ihnen fällt meist ein tragisches Los. Wie einst seinen Genossen in der württembergischen Kammer, so wurde List

3. Das Zeitalter Friedrichs des Großen, Deutschland in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, Das Zeitalter Kaiser Wilhelms I. - S. 324

1902 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
324 ; Rappen mit der Lokomotive nicht Schritt halten konnten, und eines Tages erfuhren die Berliner zu ihrer freudigen Überraschung, Seine Majestät sei heute früh mit dem Bahnzuge nach Potsdam gereist. Tie Magdeburger Kaufmannschaft rührte sich kräftig. Derweil die Leipziger Bahn in Angriff genommen wurde, begannen schon erfolgreiche Vorarbeiten für eine zweite Linie über Köthen nach Berlin und zugleich Verhandlungen wegen einer dritten Bahn nach Hamburg. Dort freilich zeigte sich der Senat sehr ängstlich, er fürchtete die Abnahme der Elb-fchiffahrt und die Verarmung der Schiffer. Sehr lauge währten die Vorbereitungen für die wichtige Bahn von Köln zur belgischen Grenze. Da mußten sich erst zwei streitende Gesellschaften verschmelzen. Dazwischen hinein spielten widerwärtige Verhandlungen mit dem Brüsseler Hofe, der damals, aufgestachelt durch die Westmächte, dem preußischen Nachbarn eine wenig freundliche Gesinnung zeigte und, dem Geiste der Neutralität zuwider, schon an eine umfassende Befestigung seiner Ostgrenze dachte. Der König schrieb deshalb selbst an König Leopold und drohte mit dem Abbruch der diplomatischen Verbindungen (1837). Trotzdem ließ er, auf Werthers verständigen Rat und die dringenden Bitten König Ludwigs von Bayern, den Plan der Köln-Antwerpener Eisenbahn nicht fallen. Die Bahn war zu wertvoll, nicht bloß für den Handel der Rheinlande, sondern auch für die deutsche Politik: sie sollte Hollands allezeit unberechenbare Zöllen umgehen und das belgische Land fester an Deutschland anschließen, da die Brüssel-Pariser Eisenbahn immer noch nicht fertig wurde. Endlich lenkte Belgien ein, und man ward handelseinig. Im August 1839, am Vorabend des königlichen Geburtstages, eröffnete Ammon, der Vorsitzende der neuen Gesellschaft, die erste Bahnstrecke. Er wußte, wie lebhaft Rother und mehrere der anderen Minister die Abhängigkeit vom Auslande fürchteten, und sagte darum in seiner Festrede stolz: „die deutsche Treue beruht auf festem Grunde, auf der angestammten Liebe für König und Vaterland, auf der klaren Erkenntnis unserer nationalen Vorzüge, unserer sittlichen Volkswürde." Unterdessen berieten die Kölner schon über die unentbehrliche große Eisenbahn nach dem Osten, nach Minden und Magdeburg. Ungeheuer war der Umschwung. Die Eisenverzehrung des Zollvereins stieg in den Jahren 1834—41 von 10,6 auf 18,1

4. Das Zeitalter Friedrichs des Großen, Deutschland in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, Das Zeitalter Kaiser Wilhelms I. - S. 15

1902 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
15 bindnngsweges zwischen dieser und der Elbe, der Finowkanal zwischen Havel und Oder, 1744—1746 gebaut, der Bromberger Kanal, der mittelst der Brahe und Netze die Oder und Weichsel verbindet, 1772—1773 ausgeführt. Der Verkehr auf der Oder hob sich sehr, und die Anlage des Hafens von Swinemünde (1746) wirkte auf den Seehandel Stettins äußerst günstig. Aber der mit den vereinigten Staaten von Nordamerika 1785 geschlossene Handelsvertrag brachte Preußen keinen Nutzen. Trotz aller fördernden Einrichtungen konnte bei dem Fortbestehen der vorhandenen Hemmnisse der Handel sich nicht frei entwickeln. Zwischen den einzelnen Landesteilen im Osten und Westen, zwischen alten und neuen Provinzen standen trennend die Schlagbäume; die gewerblichen Erzeugnisse der einen Provinz kouuten in der anderen oft nicht vertrieben werden; dies Verbot mußte mit dem Handel zugleich wieder die Industrie lähmen. Am schlimmsten aber wirkte die zur Hebung der Gewerbe und zur Heranziehung und zum Festhalten des Geldes im Lande durchgeführte Grundsatz des Merkantilsystems, die Ausfuhr der einheimischen Rohstoffe und die Einfuhr fremder Jndnftrieerzeuguisse zu verbieten oder mindestens durch hohe Zölle zu beschränken. Der Durchgangshandel war damit von selbst ausgeschlossen. Da Sachsen auf das Leipziger Stapelrecht ängstlich wachte, führte Friedrich wieder das Stapelrecht in Magdeburg ein (1745) und erhob für den Durchgang fremder Waren durch das Magdeburgische hohe Zölle (1755). Sachsen rächte sich durch das Verbot der Einfuhr preußischer Waren. Ein Vertrag gab wenigstens den Meßverkehr ziemlich frei (1766). Schmuggel und Ausfall der Zolleinnahmen waren die natürlichen Folgen der lästigen und hohen Zölle. Erhebliche Besserung schaffte erst die neue Zollordnung von 1768. Landwirtschaft, Handel und Gewerbe standen eben alle unter dem Banne, zur Steigerung der Staatseinkünfte zu dienen. Zahlte der Bauer seine Kontribution, so entrichtete der Bürger die Aecise. Zur Erhöhung der letzteren führte Friedrich am 1. Juni 1766 die selbständige »Administration generale des accises et peages" ein, die als „Regie" das mißliebigste Institut des Staates ward. Für die Aufhebung der Steuern auf Getreide und Mehl belegte er Fleisch, Bier und Wein mit um so höheren Abgaben und dehnte die Accije bald (1769) auf weitere Verbrauchsgegenstände aus. Das alte Salzmonopol wurde jetzt auch für

5. Das Zeitalter Friedrichs des Großen, Deutschland in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, Das Zeitalter Kaiser Wilhelms I. - S. 310

1902 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
310 zu erlangen waren. Die Berliner Börse war für das Ausland noch kaum vorhanden; sie handelte fast ausschließlich mit inländischen Pfandbriefen, nur mit den spanischen Papieren wurde zur Zeit des Karlistenkrieges eine schwindelhafte Spekulation getrieben. Der gesamte Verkehr mit dem Auslande, zumal der überseeische, hing noch, völlig ungeordnet, von tausend Zufällen ab. Wenn der alte Goethe seinem getreuen Carlyle ein Kästchen mit Geschenken senden wollte, so mußte er oft monatelang warten, bis ein befreundeter Hamburger Reeder ein Schiff ucrch Edinburgh abgehen ließ; im Winter hörte dieser Verkehr gänzlich aus. Und dazu die schlechthin unberechenbaren Kosten. Wer sich nicht vorsah, konnte Wunder erleben. Im Jahre 1834 kaufte der sächsische Konsul zu New-Bork im Aufträge seiner Regierung die neuesten Schriften über das amerikanische Eisenbahnwesen; die Bücher kosteten siebzehn und einen halben Thaler, als aber die Kiste endlich über Havre in Sachsen anlangte, war sie mit einer Frachtrechnung von 265 Thlr. 18 Gr. 3 Pf. belastet. Der Schiffsverkehr des Zollvereins unterlag jenen plötzlichen, rätselhaften Schwankungen, welche immer das Kennzeichen unfertiger Zustände sind. Im Pillaner Hasen waren im Jahre 1830 mehr als tausend Schisse ein-, und ebenso viele ausgegangen; daun sank der Verkehr beständig, im Jahre 1834 liefert nur 354 Schiffe ein, erst gegen Ende des Jahrzehnts wurde der frühere Stand wieder erreicht. Art den Odermündungen erstarkte die Schiffern nach langem Siechtum wieder, da die Getreideausfuhr nach England und Amerika zunahm und die Raubzüge der Barbaresken seit der Eroberung Algiers aufhörten. Bisher hatte der Stettiner Reeder seine Schisse nie über Bordeaux hinausgehen, und sie regelmäßig daheim überwintern lassen; fortan segelten sie zur Winterszeit, dank den Franzosen, im sicheren Mittelmeere. Auf der Elbe fuhren feit 1837 Dampfschiffe zwischen Magdeburg und Hamburg; sie beförderten aber bloß Personen, Güter nur nebenbei, auch die kräftig anwachsende rheinische Dampfschisfahrt diente noch fast ausschließlich dem Personenverkehre. Jetzt, da das Verkehrsbedürfnis überall erwachte, empfanden die Deutschen sehr schmerzlich, daß ihr Land in dem klassischen Zeitalter der Kanalbauten, int siebzehnten Jahrhundert, so ganz verarmt und hilflos dagestanden hatte. Deutschland besaß keine Kanäle — mit einziger Ausnahme der Marken und ihrer äst-

6. Das Zeitalter Friedrichs des Großen, Deutschland in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, Das Zeitalter Kaiser Wilhelms I. - S. 313

1902 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
313 Wer hätte es nicht für tollkühn halten sollen, in einer solchen Zeit der wirtschaftlichen Umwälzung auch noch eine Erfindung einzuführen, welche den Poftbetrieb völlig umzugestalten, die Chausseen zum alten Eisen zu werfen drohte? Nach der Eröffnung der Bahn von Liverpool nach Manchester (1826) begannen in England wie in Nordamerika große Eifenbahnbauteu. Das britische Parlament hielt sich aber noch lange mißtrauisch zurück: fein Komitee erklärte es für „unzulässig, der Eisenbahnen wegen Opfer zu bringen oder das Notio-nalvermögen zu verschleudern". Aus dem Kontinente ging Belgien voran. Hier lagen die Verhältnisse sehr einfach. Der junge Staat bedurfte durchaus einer Bahn von Antwerpen nach dem Rhein, um feinen Scheldehafen gegen den Wettbewerb der feindseligen Holländer zu decken; da die reiche Bourgeoisie die Kammern vollständig beherrschte, die großen Städte allesamt nahe bei einander lagen, auch der Bau in der Ebene geringe Schwierigkeiten bot, so wnrde schon 1834 ein Staatsbahnfystem für das ganze Land, nach Stephenfons Plänen, beschlossen. Die Franzosen zauderten lauge; selbst der sanguinische Thiers meinte noch im Jahre 1830, eine Eisenbahn könne höchstens zum Spielzeug für Großstädter dienen. Nachher übernahmen sie sich in kühnen Entwürfen, jedoch die Korruption ihres Parlamentarismus verhinderte rasches Gelingen. Die großen Gesellschaften, die allesamt von Paris aus nach den Grenzen zu ihre Bahnen bauen wollten, durften während langer Jahre keine Teilstrecken eröffnen, weil die Regierung aus Furcht vor deu Wählern keinen Landesteil bevorzugen wollte. So geschah es, daß Frankreich noch in den vierziger Jahren nur eine Eisenbahn befaß, die kleine Lustbahn, welche die Pariser in die Versailler Gärten führte, und erst unter der Herrschaft des dritten Napoleon feine großen Bahnlinien eröffnen konnte, zu einer Zeit, da die deutschen Hauptbahnen schon feit einem Jahrzehnt im Betriebe waren. Deutschland schritt in diesem friedlichen Wettkampfe allen Völkern des Festlandes, mit der einzigen Ausnahme Belgiens, weit voran, dem centralifierten Frankreich so gut wie dem reichen Holland. Schon im Jahre 1828 hatte der preußische Finanzminister Motz an eine Eisenbahn zwischen den Stromgebieten des Rheins und der Weser gedacht, um also die holländischen Rheinzölle zu umgehen; der noch gänzlich unreife Plan ward aber auf-

7. Das Zeitalter Friedrichs des Großen, Deutschland in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, Das Zeitalter Kaiser Wilhelms I. - S. 316

1902 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
316 konnte. Sie war das Werk des wackeren Nürnberger Bürgertums. Joh. Scharrer brachte das Unternehmen in Gang, Platt-ner verschaffte das Aktienkapital von 175 000 Gulden, der Ingenieur Paul Denis leitete den Ban. Die Behörden zeigten sich wenig günstig, weil sie für den Ludwigs-Kanal fürchteten; die Ausbacher Regierung kaufte nur zwei Aktien zu 100 Gulden. Erst als die Unternehmer auf den schlauen Gedanken kamen, ihren Schienenweg Ludwigsbahn zu nennen, wurde die amtliche Welt etwas freundlicher. Groß war der Jubel, als am 7. Dezember 1835 der erste Bahnzug unter Kanonendonner abfuhr; ein Denkstein und ein Geschichtsthaler verherrlichten „Deutschlands erste Eisenbahn mit Dampfwagen". Aber mit dieser kleinen, nur für Personen bestimmten Stadtbahn, die sich bald mit 6 o/o verzinste, war die Frage nach der Möglichkeit großer Eisenbahnen noch nicht beantwortet. Alle diese wohlgemeinten Entwürfe waren doch nur auf das Wohl einzelner Städte oder Landschaften berechnet, und fast schien es, als sollten die Deutschen durch den Fluch ihres Partikularismus verhindert werden, die große Erfindung mit großem Sinne zu benutzen. Da trat Friedrich List hervor mit dem Plane eines zusammenhängenden, ganz Deutschland umfassenden Eisenbahnnetzes und zeigte durch die That, durch die glückliche Vollendung einer großen Bahnlinie, daß sein dem Durchschnittsmenschen fast unfaßbares Ideal sich verwirklichen ließ. Als der Bahnbrecher des deutschen Eisenbahnwesens erwarb er sich sein größtes Verdienst um die Nation, seine Stellung in der vaterländischen Geschichte. Als er vor Jahren für die deutsche Zolleinheit gearbeitet, hatte er doch nur mutig ausgesprochen, was die Mehrzahl der Zeitgenossen schon ersehnte, und in der Wahl der Mittel vielfach fehlgegriffen; jetzt aber, mit seinen Eifenbahnplänen, eilte er allen Landsleuten weit voraus und bewährte überall die geniale Sicherheit feines Seherblicks. Ein gütiges Geschick führte ihn endlich nach Leipzig, eben in dem Augenblicke, da die Bürgerschaft dem Anschluß an den Zollverein entgegensah und, ohne Wasserstraßen wie sie war, ängstlich nach neuen Verkehrswegen suchte. Hier oder nirgends, das sah er auf den ersten Blick, mußte der Grundstein des deutschen Eisenbahnsystems gelegt werden: wertn hier mit den Kapitalien der bedrängten reichen Handelsstadt eine große Verkehrsbahn entstand, so konnte ihr in dem gewerbreichen Lande

8. Das Zeitalter Friedrichs des Großen, Deutschland in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, Das Zeitalter Kaiser Wilhelms I. - S. 250

1902 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
250 galt, den für jeden Staat so äußerst wichtigen Stand des Landmannes zu erhalten. Den Bauern zwischen Rhein und Elbe wurden die Wohlthaten der ©teutschen Reformen durch ein Edikt vom 25. September 1820, betreffend die Ablösung d er bäuerlichen Lasten, zu teil. Ferner wurde für den gesamten Staat durch ein Gesetz vom Jahre 1821 die Möglichkeit für die Aufteilung der Gemeindeländereien und G e-meinnutzungen gegeben. Dadurch wurden bald viele Millionen Morgen Landes den Baueru als Grundbesitz überwiesen. Der Wohlstand hob sich wieder auf dem Lande, zumal auch die Art der Ackerwirtfchast durch die Lehren des Begründers einer besseren Nutzung des Ackers, Thaer, bedeutend verändert und verbessert wurde. Neubauten von C h a u s s e e e rt und Schiffbarmachung von Flüssen kamen der Landwirtschaft, wie der Industrie zu gute, es rourde dadurch der Verkehr mit ihren Erzeugnissen erleichtert. Im Jahre 1817 hatte Preußen erst 522 Meilen Chausseeen, im Jahre 1828 bereits 1065 Meilen. In gleicher Weise erhielten Landwirtschaft wie Industrie Förderung durch Gründung von Handels-, Gewerbe- und Ackerbau schulen. Handel und Industrie litten indessen am meisten durch b i n-nenläudische Zölle und durch die A c c i s e an den Thoren der mit Mauern umgebenen Städte. Etwa 67 Zölle und Tarife galten im Innern Preußens; fast alles, was der Städter brauchte, war accisepslichtig. Zwar wurde dem Handel durch Neubelebung der preußischen Seehandlung und der preußischen Bank, welche dem Handel Geldvorschüsse leisteten, geholfen, doch war eine Beseitigung der Schranken im Innern notwendig, wenn namentlich die durch die Konkurrenz Englands arg geschädigte Industrie sich heben sollte. Männer, wie der Generalsteuerdirektor Maaßen, die Finanzminister K l e w i z und von Motz, die Geheimräte E. A. F. Eichhorn und Kühne haben sich um die notwendigen Zollreformen große Verdienste erworben. Alle Wasser-, Binnen- und P r o-vinzialzölle wurden 1818 aufgehoben und die T h o r-accise beseitigt. Der gesamte preußische Staat ward zu einer Zolleinheit verbunden; die Zollschlagbäume im Innern des Landes sielen, und damit schwand auch manches Hindernis für die Verschmelzung der Teile zu einem Staatsganzen. Fortan um-

9. Das Zeitalter Friedrichs des Großen, Deutschland in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, Das Zeitalter Kaiser Wilhelms I. - S. 436

1902 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
Heu ieines Vaterlandes sein Schwert zu ziehen. Um die noch Tins erste nicht abzulegende Rüstung tragen zu können, bedarf es der iteten Hebung aller wirtschaftlichen Kräfte. Landwirt-rchstft, Industrie, Handel und Gewerbe bilden die Quellen des deutschen Nationalwohlstandes; sie sind es, die durch ihr Gedeihen die Erfüllung der steigenden Knltnranfgaben ermöglichen vier gilt es durch die Gesetzgebung den Gegensatz ihrer Jnter-tsüit in schonender und gerechter Weise auszugleichen, denn noch i)t Deutschland nicht allein auf die eine oder die andere oeite des Erwerbslebens angewiesen. Im engsten Zusammenhange Iteht damit die Förderung des Verkehrs im Innern und nach außen hin; seine Entwickelung stellt auch an das Reich neue und ungeahnte Aufgaben. Namentlich auf dem Gebiete des Eisenbahnwesens wird die Zukunft im Interesse der Gesamtheit eine noch einheitlichere Ordnung zu schaffen haben, ebenso wie eine größere Ausbildung des Kanalnetzes und die Besserung der Wasserstraßen in die .Hand genommen werden muß. Auch fernerhin wird das Reich dem auf dem Weltmärkte so erfolgreich aufgetretenen deutschen Handel die Wege ebenen lind bahnen hellen; dazu wird es der erhöhten Förderung der deutschen Seeschiffahrt und der deutschen Marine bedürfen. Nicht minder ist der thatkräftige Schutz und die Hebung der Kolonieen von größter Bedeutung. Die wichtigste Frage unserer Zeit und der nächsten Zukunft ist aber die foeiale. So gerechtfertigt es ist, denjenigen Bestrebungen mit der ganzen Macht der Staatsgewalt entgegenzutreten, welche auf den Umsturz der bestehenden Gesellschaftsordnung hinzielen, so nötig es ist, daß alle staatserhaltenden Parteien den inneren Gegnern unseres Staatswesens gegenüber gemeinsam Front machen, ebenso notwendig ist es andererseits, den berechtigten Klagen der Arbeiterwelt, soweit es in menschlicher Kraft steht, ein Ende zu machen. Freilich wird die Zukunft zu einer glücklichen Versöhnung der gegenwärtigen socialen Gegensätze nur gelangen, wenn auf allen Seiten nicht nur guter Wille vorhanden ist, sondern zu ihr auch die That und die nötige Mäßigung hinzutritt. Darum soll niemand wähnen, daß ihm „ein Himmel auf Erden" geschossen werden könne, anders als» durch die Befriedigung, die er dann in sich trägt, wenn er der Stimme des Gewissens folgend, in Gottes Geboten wandelt.

10. Das Zeitalter Friedrichs des Großen, Deutschland in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, Das Zeitalter Kaiser Wilhelms I. - S. 322

1902 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
322 Mittel kommen, um die zerstörten Eisenbahnen nach dem Kriege wieder herzustellen? Saviguy erwiderte dem General — wohl nicht ohne Zuthun des Kronprinzen: man beabsichtige lange, ununterbrochene Eisenbahnlinien, etwa von Berlin zum Rheine, und diese würden einem im Westen kämpfenden Heere sicherlich Vorteil bringen. Mit der ganzen Feierlichkeit seiner Amtsmiene trat der Generalpostmeister Nagler für sein bedrohtes Postwesen ein und versicherte: „das gänzliche Lostrennen und Emancipieren eines höchst beschränkten und untergeordneten Kommunikationsmittels — der Eisenbahnen — von einer Staats-Institution wie die Post, welche die wichtigsten Zweige der Kommunikation für das Ganze leitet und fördert, kann nur höchst nachteilig sein und muß den richtigen Standpunkt ganz verrücken." Noch einmal, in einer großen Denkschrift legte er dem Könige ans Herz, „daß das Postinteresse den Eisenbahnunternehmungen nicht aufgeopfert werden dürfe." Nach langen Kämpfen begannen sich die Meinungen doch zu klären. Den Staatsbau empfahl unter den hohen Beamten niemand, obgleich David Hansemann noch während der Beratungen in einer beredten Flugschrift dringend vor den Gefahren der Privateisenbahnen warnte. Ein solches Wagnis erschien zu groß für die beschränkten Finanzen. Darum ward auch die schwere Frage, ob die Krone ohne Reichsstände große Anleihen aufnehmen könne, für jetzt noch gar nicht erwogen. Andererseits wollte der König auch nicht den Privatgesellschaften ein gemeinschädliches Monopol gewähren; er erklärte ausdrücklich: „daß sie zu ewigen Zeiten im Genuß der ihnen eingeräumten Vorrechte verbleiben, ist weder beabsichtigt noch zulässig." Aus solchen Erwägungen entstand, noch bevor die erste große deutsche Eisenbahn vollendet war, das preußische Eisenbahngesetz vom 3. November 1838, eines der letzten denkwürdigen Werke des alten Beamtenstaates, ein Gesetz, das zur Regelung ganz unbekannter Verhältnisse bestimmt war und doch ein halbes Jahrhundert voll ungeahnter Wandlungen lebenskräftig überdauert hat. Seine Stärke lag darin, daß die Staatsgewalt sich ein sehr weit ausgedehntes Aufsichtsrecht über die Privatbahnen, auch die Möglichkeit eines künftigen Staatseisenbahnsystems vorbehielt und doch sich weislich, hütete, durch gehäufte Eiuzel-vorfchriften einer noch nicht übersehbaren Entwicklung vorzu-
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