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Infolge einer neuen knstlich geleiteten Abstimmung des Volkes (Plebiszit) wurde der Prinz-Prsident am 2. Dezember 1852, dem Jahrestage der Krnung Napoleons I., als Napoleon Iii. zum erblichen Kaiser der Franzosen ausgerufen.
b) Seine Negierung. Gleich dem ersten Napoleon umgab sich .der neue Kaiser mit einem glnzenden Hofstaate, war aber auch eifrig daraus bedacht, die Wohlfahrt des Landes zu heben. Dnrch die Anlage von Land-nnd Wasserstraen, durch ein weit verzweigtes Eisenbahnnetz gab er der arbeitenden Bevlkerung eine reiche Beschftigung und erleichterte den Verkehr im ganzen Lande. Die Industrie blhte empor. Handel und Verkehr nahmen einen ungeahnten Aufschwung, und die reichen Natur- und Kunsterzeugnisse des Landes fanden neue Absatzgebiete in anderen Erdteilen.
Paris wurde zu einer Festung ersten Ranges gemacht, im Innern der Stadt traten an Stelle der alten engen und krummen Straen prchtige Stadtviertel, und um die Stadt legten sich die herrlichen Boulevards, die nicht wenig dazu beitrugen, Paris zur Kapitale der Welt" zu machen, wie seine Einwohner sie mit Vorliebe zu nennen pflegten. Die beiden Pariser Weltaus-Stellungen von 1855 und 1867 lenkten die Augen der ganzen Welt ans die stolze Seinestadt.
Ferner war Napoleon bestrebt, dem neuen Kaiserreiche eine fhrende und ausschlaggebende Stellung unter den europischen Staaten zu geben, um zugleich dem Nationalstolze der Franzosen zu schmeicheln. Paris wurde der Mittelpunkt der europischen Politik, und wie sein groer Oheim, so glaubte auch Napoleon Iii., die Geschicke der Völker und Staaten Europas leiten zu mssen. Seine bekannten Neujahrsreden an die sremden Gesandten bildeten jedesmal ein Ereignis fr die diplomatische Welt, und der Pariser Hos, wo die schne und stolze Kaiserin Eugeuie einen ungewhnlichen Glanz entfaltete, war wieder tonangebend fr die europische Mode.
c) Seine Kriege. Um bei dem Wankelmut des franzsischen Volkes seinen Thron zu befestigen und der Eitelkeit der groen Nation" durch neuen Kriegsruhm zu schmeicheln, begann Napoleon mehrere Kriege; der erste war der Krimkrieg (1853-1856).
Der russische Kaiser Nikolaus l. beanspruchte die Schutzherrschaft der smtliche Christen griechischen Bekenntnisses in der Trkei. Die Trken wiesen diese Forderung zurck und fanden bei Frankreich und England und spter auch bei Osterreich und Sardinien Hilfe, die smtlich an der Erhaltung der Trkei gegenber den russischen Eroberungsgelsten eine lebhaftes Interesse hatten.
Die Trkei, Frankreich und England schickten ein Heer nach der Krim, besiegten die Russen und eroberten die Festung Sebastopol, die von den Russen unter der geschickten Leitung des Generals'totleben ein ganzes Jahr heldenmtig verteidigt wurde.
Im Frieden zu Paris verlor Rußland die Vorherrschaft im Schwarzen Meere, das fr die Handelsflotten aller Nationen geffnet wurde, und ver-zichtete auf die Schutzherrschaft der Christen in der Trkei, doch wurden den Christen im osmanifchen Reiche gleiche Rechte mit den Muselmnnern gewhr-Brockmann. Lehrbuch der efchtchte. Iii. 15
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Extrahierte Personennamen: Napoleons_I. Napoleon Napoleon Napoleon Napoleon Eugeuie Napoleon Nikolaus Nikolaus
Extrahierte Ortsnamen: Napoleons Paris Europas Frankreich England Osterreich Sardinien Frankreich England Paris
staaten. Mit den europischen Staaten wurden mglichst lange Handels-Vertrge abgeschlossen, in Leipzig wurde ein Oberhandelsgericht errichtet und eilt Handelsgesetzbuch geschaffen. Zur Erleichterung des Verkehrs wurde ein allgemeines Mnzgesetz erlassen, dem alsbald eine gleichmige Regelung der Ma- und Gewichtsverhltuisse folgte. Die Regelung des Geldverkehrs bernahm die Reichsbank in Berlin mit ihren Zweigniederlassungen in allen greren Stdten des Reiches. Das Post- und T elegraphenwesen wurde vom Reiche') bernommen und von dem Staatssekretr des Reichspostamtes Heinrich von Stephan ein Weltpostverein gegrndet. Die Einfhrung der Postkarte, der Postauw eisung, sowie manche andere Neuein-richtungen, besonders ein einheitlicher, niedriger Portosatz erleichterten und hoben den Verkehr. Nach der Reichsverfassung sollten alle deutschen Eisenbahnen als ein einheitliches Netz verwaltet werden, was durch die Verstaatlichung der meisten Eisenbahnen in Preußen erleichtert wurde. Durch die Anlage von Nebenbahnen und den Bau von Gemeinde- (Kommunal-), Kreis- und Provinzial-straen wurden auch kleinere Ortschaften in den allgemeinen Verkehr hineingezogen. Zur Hebung des Handels, wie auch zur Verteidigung der Kste wurde der 1895 fertig gestellte Kaif er-Wilh elm- (Nord-Ostsee-) Kanal in Angriff genommen. Die Binnenschiffahrt erhielt eine erhebliche Frderung durch die Anlage von Kanlen (Elb- Trave-Kanal, Oder- Spree-Kanal) und durch die Regulierung von Flssen.
c) Rechtswegen. Zur ferneren Einigung des Reiches diente eine einheitliche deutsche Gerichtsverfassung, die am 1. Oktober 1879 in Kraft trat. In Zivilsachen entscheiden Amts-, Lands- und Oberlandsgerichte, fr Straffachen bestehen Schffengerichte, Strafkammern und Schwurgerichte. Der hchste Gerichtshof ist das Reichsgericht in Leipzig. Das Jahr 1872 brachte ein deutsches Strafgesetzbuch, das Jahr 1879 eine gemeinsame Zivil- und Strafprozeordnung. Die Bearbeitung des Brgerlichen Gesetz-buch es wurde 1896 fertiggestellt; es trat mit dem 1. Januar 1900 in Kraft. Durch Gefetz vom Jahre 1876 wurde die Ziviltrauung als obligatorisch eingefhrt; Geburten, Eheschlieungen und Sterbeflle mffen feit dieser.zeit auf dem Standesamte beurkundet werden.
3. Schule, Ku^st und Kirche. Der Unterricht in den Volks-schulen wurde in Preußen durch die Allgemeinen Bestimmungen" geordnet und gefrdert und der Lehrermangel durch Grndung neuer
J) Nur Bayern hat seine eigene Post- und Telegraphenverwaltung.
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_von_Stephan Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Leipzig Berlin Zivilsachen Leipzig
72
seines Pferdes in groe Lebensgefahr. Zwei Tage hierauf griff Napoleon die Englnder bei Waterloo (sdlich von Brssel) an. Mutig schlugen sie alle Angriffe zurck. Allmhlich wurde die Kraft erschpft, und ihr General Wellington rief: Ich wollte, es wre Nacht. oder die Preußen kmen!" Und Blcher kam und griff die Franzosen im Rcken an. Sie wurden geschlagen und strzten sich unter dem Rufe: Rette sich, wer kann!" in die Flucht.
Friede. Zum zweitenmal ging es nach Frankreich, zum zweiten-mal hielten die siegreichen Truppen ihren Einzug in Frankreichs Haupt-stadt; zum zweitenmale wurde Friede geschlossen. Frank-reich mute hohe Kriegskosten zahlen, drei Jahre ein frem-des Heer in feinen Festungen unterhalten, alle geraubten Schtze und die preuischen Fahnen wieder herausgeben und Gebiete am Rheine abtreten. - Napoleon wurde nach der Insel St. Helena (westlich vom sdlichen Afrika) verbannt, wo er 1821 starb.
Die Verhandlungen in Wien waren unterdessen zum Abschlu gebracht. Preußen blieb zwar kleiner, als vor dem unglcklichen Kriege; doch tauschte es fr polnische Landesteile deutsche Gebiete ein. Unter anderen erhielt es die Rheinprovinz, sowie die Pro-vinzen Westsalen und Sachsen in ihrem jetzigen Umfange.
V. Die Friedensjahre von 18151840.
Verwaltung des Staates. Nach den glorreichen Freiheitskriegen erfreute sich unser Vaterland eines vieljhrigen Friedens. Zur besseren Verwaltung teilte der König den preuischen Staat in Pro-vinzen. Regierungsbezirke und Kreise ein. An die Spitze einer Provinz stellte er einen Oberprsideuten; dem Regierungs-bezirke stand ein Regierungsprsident vor; jeder Kreis hatte einen Land rat.
fandet und Perkehr. Die sechs stlichen Provinzen des preuischen Staates lagen getrennt von den beiden westlichen, Rheinland un) West-seilen. Zwischen ihnen befanden sich andere deutsche Gebiete. Sollten Waren aus dein einen Teile znrn andern befrdert iverden, dann muten sie verzollt, d. h. es muszten beim Ueberschreiten der Laudesgrenze Ab-gaben entrichtet werden. Das erschwerte den Handel und verteuerte die Waren. Der König grndete den Zollverein. Die Staaten, welche diesem beitraten, lieen alle Gter zollfrei ein- und ausgehen. Hierdurch hob sich Handel und Verkehr, und die Waren wurden billiger. Der Zoll-verein legte bereits den Grnnd zur spteren Einigung Deutschlands unter Preuens Fhrung. Auch Straen wurden in dieser Zeit gebaut, und das Postwesen erhielt manch? Ver-Besserung. 1816 fuhr das erste Dampfschiff anf dem Rheine, und 1838 wurde Berlin mit Potsdam durch die erste Eisenbahn verbunden.
Sorge fr die Schulen. Des Knigs Wille war, da alle Kinder die ntigen Schulkenntnisse besitzen sollten; deshalb fhrte er
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Helena_(
Extrahierte Ortsnamen: Wellington Frankreich Frankreichs Rheine Afrika Wien Sachsen Rheinland Deutschlands Rheine Berlin Potsdam
101 -
wurde mit China ein Vertrag geschlossen, nach dem der Hafen Kiautschou und ein angrenzendes Gebiet den Dentschen berlassen wurde. Als im Jahre 1900 in China ein Aufstand ausbrach, wo-durch Leben und Besitztum zahlreicher Missionare, Beamte und Kaufleute vernichtet und der deutsche Gesandte Freiherr von Ketteler er-mordet wurde, schickte auch der Deutsche Kaiser seine Soldaten nach China und verlangte volle Shne. Bei der Zerstrung der Takusorts haben sich die Deutschen rhmlich ausgezeichnet. Auch einen Aufstand in Sdwestafrika haben die dentschen Soldaten im Jahre 1904 tapfer niedergeschlagen. Die Insel Helgoland ist wieder mit dem Mutter-
lande vereinigt. Zur Frderung des Handels wurden die Post-anstalten und Eisenbahnen vermehrt und Erleichterungen bei deren Benutzung einge-fhrt. Am 22. Juni 1895 wurde der Kaiser-Wil-helm-Kanal erffnet, der die Ostsee mit der Nordsee verbindet. Es war dies zu-gleich ein groes Friedensfest, bei dem fast alle bedeutenden Staaten vertreten waren. Den nordwestlichen Teil von West-falendurchschneidet der Kanal von Dortmund nach den Emshfen, der das groe Industrie- und Kohlenviertel von Westfalen mit der See verbindet. Um die groen Wasserstraen des nord-deutschen Tieflandes miteinander in Verbindung zu brin-gen und dieses Gebiet noch mehr fr den Handel zu er-schlieen, ist der Ausbau des Mittellandkanals ins Auge gefat.
Sorge fr die geistige Bildung. Die Schule soll die Gottes-furcht in den Herzen der Kinder pflegen, sie zur Liebe fr Kaiser und Reich erziehen, auf die Frsorge des Staates fr alle Volksklassen hinweisen und dadurch der Verbreitnng der verderblichen Anschauungen der Sozialdemokraten entgegen arbeiten. Die Bedrfnisse des tglichen Lebens sollen in der Schule bercksichtigt, aber neben der geistigen Ausbildung soll auch die krperliche nicht vernachlssigt werden. Fr
Albrecht der Br. Siegesallee, (auptftgur.)
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Extrahierte Personennamen: Ketteler Albrecht
Extrahierte Ortsnamen: China China China Sdwestafrika Helgoland Nordsee Dortmund Westfalen Siegesallee
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der Landwirtschaft immer mehr zur Anwendung, das gewaltige Aufblühen der Industrie und des Handels bot ein weites und leistungsfähiges Absatzgebiet, der Wert des Bodens hob sich um das Doppelte.
Zur Hebung des Handels wurden weite Strecken von Landstraßen und Eisenbahnen angelegt, so die Ostbahn, die bergisch-mär-krsche, he Köln-Mindener, die westfälische Eisenbahn. Die Fluß- und Seedampfschiffahrt hob sich bedeutend, und zur Förderung des Seehandels und zur Sicherung Preußens im Welthandel schns der König eine Kriegsflotte und erwarb (1853) den Jadebusen an der Nordsee. — An Stelle des optischen Telegraphen trat die elektromagnetische Fernschrift. Im Jahre 1849 wurde die erste telegraphische Depesche aufgegeben, und 1853 hatten die preußischen Telegraphenlinien bereits eine Länge von 107000 km.
Unter ausgiebiger Benutzung der Dampfkraft nahm das Fabrikwesen einen gewaltigen Aufschwung. Die Gußstahlfabrik von Krupp m Essen bekam als Geschützfabrik Weltruf; Borfigs Maschinen und Lokomotiven verdrängten bald die ausländischen aus ganz Deutschland und suchten sich in andern Ländern Eingang zu verschaffe«. Solingen erlangte eine große Bedeutung durch seine Stahlwaren, und die großen Spinnereien und Webereien, besonders die in Elberfeld und Barmen, deckten nicht nur den Bedarf im eigenen Lande, sondern gewannen ein ehrenvolles Ansehen auf dem Weltmärkte. — Der Bergbau, besonders die Förderung von Kohlen, gelangte zu hoher Blüte. — Die Einführung des Petroleums und die Erfindung des Leuchtgases gaben Straßen und Wohnungen ein besseres Licht. Handel und Gewerbe hatten einen solchen Aufschwung genommen, daß hierfür ein eigenes Ministerium geschaffen werden mußte. *)
Sorge für Wissenschaft und Kunst. Für Wiffenfchaft und Kunst sorgte der geistig so hoch begabte Fürst in wahrhaft königlicher Weise. Berühmte Gelehrte, Dichter, Maler und Bildhauer berief er nach Preußen, vor allem nach Berlin.
Von den Gelehrten feien nur genannt die Kenner der deutschen Vorzeit und die Begründer der vergleichenden Sprachforschung, die Gebrüder Jakob und Wilhelm Grimm, der Astronom Encke, der Geograph Karl Ritter, die Geschichtsschreiber Ranke, Raumer und Mommsen, ferner der große Naturforscher Alexander von Humboldt. — Der Sänger der Freiheit, Ernst Moritz Arndt, erhielt eine Professur an der Hochschule zu Bonn, die Dichter Ludwig Tieck, August Wilhelm von Schlegel und Friedrich Rückert erfreuten sich ganz besonders der königlichen Huld.
In Berlin und Düsseldorf entstanden bedeutende Mal er sch ulen. Peter von Cornelius, der Schöpfer des „jüngsten Gerichtes", und Wilhelm von Kanlbach, bekannt durch seiu Gemälde „die Zer-
a) Erg. Nr. 34.
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Extrahierte Personennamen: Krupp Jakob Wilhelm_Grimm Wilhelm Encke Karl_Ritter Karl Ranke Mommsen Alexander_von_Humboldt Alexander Ernst_Moritz_Arndt Ernst Ludwig_Tieck Ludwig August Wilhelm Schlegel Friedrich_Rückert Friedrich Peter_von_Cornelius Wilhelm_von_Kanlbach Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Nordsee Deutschland Solingen Elberfeld Barmen Berlin Bonn Berlin
143
herunter, und wenn es in eisernen Ketten am Himmel hinge!"
Der Schwedenkönig Gustav Adolf wußte durch freundliches
Benehmen gegen die Belagerten sich der Stadt zu versichern
und legte in sie eine schwedische Besatzung, zum größten Aerger
der Dänen, welchen die gehoffte Beute entgangen war.
Dem Könige von Dänemark wurde auf Wallenstein's
Rath, zu Lübeck im Mai 1629 ein sehr großmüthiger Friede
gewährt. Er erhielt, ohne Kriegskosten zu zahlen, alle seine
verlorenen Provinzen zurück und entsagte dafür aller Theil-
nahme an den protestantischen Angelegenheiten in Deutschland.
Wohl mochte der schlaue Friedländer hiebei in Anschlag brin-
gen, wie vorteilhaft es ihm für den sicheren Besitz seines neuen
Herzogthums sein könne, wenn er einen Fürsten in der Nähe
durch Großmuth sich verbinde.
Das Pestitutionscdict (1629). — So stand der Kaiser
abermals als Sieger da; kein Feind war mehr vorhanden.
Tilly's und Wallenstein's Heere blieben gerüstet, um jede auf-
rührerische Bewegung im Keime zu ersticken. Nun endlich schien
auch der günstige Zeitpunkt gekommen zu sein, die Pro-
testanten zur Wiedererstattung der seit dem Neligionsfrieden
eingezogenen geistlichen Güter anzuhalten. Während die Ka-
tholiken es nicht einmal wagten, die ihnen nach dem Neligions-
frieden zustehenden Rechte zu üben, hatten die Protestanten gegen
die ausdrückliche Bestimmung desselben eine Menge Bisthü-
mer und andere Stiftungen in Besitz genommen. Um das ver-
letzte Recht wieder zur Geltung zu bringen, erließ der Kaiser
am 6. März 1629 das Restitutionsedict (Wiedererstat-
tungsbefehl). Diesem gemäß sollten alle seit dem Passauer
Vertrage (1552) von den Protestanten eingezogenen geistlichen
Güter den früheren rechtmäßigen Besitzern oder der katholischen
Kirche zurückgegeben werden. Die Aufregung der Protestanten
war um so größer, je bedeutender die zu restituirenden Güter
waren. Es gehörten dazu zwei Erzbisthümer, zwölf Bisthü-
mer und viele Stifter und Klöster. Vergebens machten die
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Extrahierte Personennamen: Gustav_Adolf Gustav Adolf
- 121 -
Kunst und Natur hatten hier zusammengewirkt, diese nach allen
Seiten von schiffbaren Flüffen und Kanälen durchschnittenen
und zum Theil dem Meere erst abgewonnenen Länder, zwischen
der Maas, der Schelde und dem Rheine bis zur Ems, zum
Lieblingssitze des Handels und Gewerbes zu machen. Seit den
Kreuzzügen waren sie nach und nach die Pforte geworden,
durch welche die Frachtschiffe von Norden nach Süden und von
Süden nach Norden ein- und ausliefen. Unter der milden
väterlichen Negierung der Herzoge von Burgund hatten Wohl-
stand und Bevölkerung Jahrhunderte hindurch zugenommen.
Der außerordentliche Wohlstand aber hatte auch das Selbst-
gefühl der Bürger erhöht, und die niederländischen Stände,
Staaten genannt, erwarben sich bald mehrere besondere Pri-
vilegien oder Vorrechte, unter anderen die Bewilligung von
Steuern und Truppen. Diese Vorrechte überwachten sie auf
das eifersüchtigste und suchten sie stets zu erweitern. Auch
Karl V. hatte sie ihnen bestätigt. Er selbst war Niederländer
von Geburt und sah ihrem Nationalstolze vieles nach.
Der neue Herrscher, Philipp Ii., ernannte seine Halb-
schwester, die Herzogin Margaretha von Parma, zur
Oberstatthalterin. Sie war eine Frau von männlichem Geiste
und fast männlichen Sitten, welche Gerechtigkeit mit Milde
paarte. Auch deshalb war sie von den Niederländern geliebt
und geehrt, weil sie in ihrem Lande geboren und erzogen war.
Ihren Staatsrath bildeten die ersten Edelleute des Landes
und führten sogar die Statthalterschaft in einer oder mehreren
Provinzen, so Wilhelm von Nassau, Fürst von Oranien,
und Lamoral Graf van Egmond. Der Graf van Hoorn
wurde zum Admiral der niederländischen Seemacht ernannt.
und Frtesland. Durch die Vermählung seiner Tochter Maria mit Maxi,
milian I. kamen diese Provinzen an Oesterreich und wurden von Karl V.
noch um drei, um Utrecht, Ovcryssel und Gröningen, vermehrt. Das
Haus Oesterreich erlangte für alle Niederlande als burgundischcn Kreis
Sitz und Stimme auf dem Reichstage.
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Extrahierte Personennamen: Maas Karl_V. Karl_V. Philipp_Ii Philipp Margaretha_von_Parma Wilhelm_von_Nassau Wilhelm Lamoral_Graf Egmond Maria_mit_Maxi Maria Karl_V. Karl_V.
125
bedrängten Vaterlandes. Der Prinz Wilhelm von Oranien,
der durch die Flucht nach Deutschland der Hinrichtung glücklich
entronnen war, warb dort Truppen und fiel mit seinem Bru-
der, Ludwig von Nassau, in die Niederlande. Jedoch mehrere
Jahre hintereinander scheiterte der Brüder gemeinsames Unter-
nehmen an der Gewandtheit und Tapferkeit der spanischen
Soldaten und ihres Anführers. Glücklicher waren die soge-
nannten Wassergeusen, d. i. niederländischen Freibeuter,
welche auf dem Meere umherschwärmten und Schifffahrt und
Handel der Spanier durch Kapereien störten. Es gelang ihnen
sogar, sich des Hafens von Briel, an der Mündung der Maas,
zu bemächtigen. Dadurch wuchs diesen der Muth; sie erober-
ten eine Stadt nach der anderen und wählten den Prinzen
von Oranien zu ihrem Anführer. Dieser stellte überall, wohin
er kam, den resormirten Gottesdienst wieder her.
Als Philipp sah, daß Alba's Tyrannei und Erpressungen
nicht zu dem gewünschten Ziele führten, rief er ihn endlich,
nach sechsjähriger Statthalterschaft, zurück. Unter seinen Nach-
folgern in der Statthalterschaft wurde mit abwechselndem
Glücke fortgekämpft. Deutsche, französische und englische Krie-
gesvölker mischten sich in den Streit. Entschlossen, sich ganz
von der spanischen Herrschaft loszumachen, traten die Provinzen
Holland, Seeland, Utrecht, Geldern, Oberyssel, Gröningen
und Friesland im Jahre 1579 zu Utrecht in eine Verbindung,
die Utrechter Union genannt, aus welcher nachher die Re-
publik der vereinigten Niederlande entstanden ist. Aber erst im
Jahre 1581, als der König den Anführer dieser nördlichen
Provinzen, Wilhelm von Oranien, ächtete und einen hohen
Preis auf seinen Kopf setzte, kündeten sie der spanischen Ne-
gierung allen Gehorsam auf. Zwar fiel Wilhelm durch einen
Meuchelmörder, aber sein Sohn Moritz trat an seine Stelle.
Die spanische Armada. — Unterdessen war auch die vorher
erwähnte Königin von England, Elisabeth, jetzt offen auf
die Seite der Niederländer getreten. Nicht genug, daß sie
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm_von_Oranien Wilhelm Ludwig_von_Nassau Ludwig Maas Philipp Philipp Wilhelm_von_Oranien Wilhelm Wilhelm Moritz Elisabeth
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Niederlande Holland Seeland Utrecht Friesland England
342
oder Fernschreibmaschine, hat sich länger erhalten und wurde
auch in andere Staaten eingeführt. Dieser gibt durch die ver-
schiedene Stellung mehrerer an einer hohen Stange angebrachten
beweglichen Balken besondere Signale oder Zeichen, die eine
bestimmte Nachricht andeuten, wie jetzt, bei unseren Eisenbahnen,
die Signalstangen. Die folgenden immer in einer bestimmten
Entfernung stehenden Telegraphen wiederholen rasch nach ein-
ander dieselben Signale, und so gelangt die Nachricht wie im
Fluge an den Ort ihrer Bestimmung. So schnell ist dieser
künstliche Kurier, daß der Convent oft des Morgens durch
ihn einen Befehl an seine Armee am Rhein ergehen ließ und
noch an demselben Morgen im Sitzungssaale durch ihn die
Nachricht zurückerhielt, daß der Befehl bereits vollzogen sei,
obschon der Weg von Paris nach dem Rhein hin und zurück
über 200 Stunden beträgt. Diese neue Erfindung leistete den
Franzosen in ihren vielen Kriegen die trefflichsten Dienste.*)
Der General Pichegru drang siegreich durch die Niederlande
in Holland ein; der strenge Winter von 1794 auf 1795 baucte
ihm feste Brücken über Flüsse und Seen, und schon am 19.
Januar hielt er seinen Einzug in Amsterdam. Der Erbstatt-
halter floh nach England; darauf ward Holland in eine ba-
tavische Republik nach französischem Muster verwandelt
(26. Januar 1795). Sie mußte aber das Land längs der
Maas von Mastricht bis Venloo an Frankreich abtreten, und
mit demselben ein Bündniß abschließen; worauf England an
Batavien den Krieg erklärte. Preußen, mißvergnügt über den
Ausgang eines unter so großen Hoffnungen unternommenen
Krieges, trennte sich von seinen Verbündeten und schloß am
5. April 1795 mit Frankreich für sich einen besonderen Frie-
den zu Basel, in welchem es der stolzen Republik seine
*) Jetzt hat man elektro-magnetische Telegraphen, die gewöhnlich
längs der Eisenbahnen angelegt werden und größere Sicherheit und
Schnelligkeit gewähren. Vor den früheren optischen, d. i. für das Auge
berechneten Telegraphen haben sie auch den Vortheil, daß Nacht und Ne-
bel keinen Einfluß auf ihre Arbeiten haben.
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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Extrahierte Personennamen: Pichegru
Extrahierte Ortsnamen: Rhein Paris Rhein Niederlande Holland Amsterdam England Holland Frankreich England Frankreich Basel
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Fähigkeiten verband er eine rastlose Tätigkeit, aber auch einen
grenzenlosen Ehrgeiz und eine Harte, die beim Widerstande leicht
zur Grausamkeit wurde. Er forderte von seinen Unterthanen
blinden Gehorsam; sein bloßer Wille sollte Allen Gesetz sein:
darum fürchteten sie ihn nur, liebten ihn aber nicht. Schon sein
Äußeres war zurückschreckend; denn er war stets ernst und finster,
nie erheiterte ein sanftes Lächeln sein düsteres, melancholisches
Auge; Alles kündete den strengen Gebieter an. Er war mit gan-
zer Seele der katholischen Religion ergeben und wünschte nichts
mehr, als daß sie die einzige aller seiner Unterthanen wäre; denn
mit ängstlicher Besorgniß sah er die Religionsneuerungen und die
sie begleitenden Erauelauftritte in den übrigen Staaten. Allein
bei allen Mitteln, die dem mächtigen Herrscher zu Gebote stan-
den, vermogte ec nicht, die Resormation von allen seinen Staaten
abzuwehren; ja, er mußte es sogar erleben, daß seine ge-
waltsamen Maßregeln gegen dieselbe ihn um eine der schönsten
Perlen in seiner Krone, um die Niederlande, brachten.
Die Niederlande bestanden damals, als Philipp ihre Re-
, gierung übernahm, aus siebenzehn blühenden Provinzen. Kunst
und Natur hatten hier zusammengewirkt, diese nach allen Seiten
von schiffbaren Flüssen und Kanälen durchschnittenen und zum
Theil dem Meere erst abgekämpften Länder, zwischen der Maas,
der Schelde und dem Rheine bis zur Ems, zum Lieblingssitze
des Handels und Gewerbes zu machen. Seit den Kreuzzügen
waren sie nach und nach die Pforte geworden, durch welche die
Frachtschiffe von Norden nach Süden und von Süden nach
Norden aus- und einliefen. Unter der milden, väterlichen Re-
gierung der Herzoge von Burgund hatten Wohlstand und Be-
völkerung Jahrhunderte hindurch zugenommen. Der außerordent-
liche Wohlstand aber hatte auch das Selbstgefühl der Bürger
erhöht, die sich nach und nach mehre Gerechtsame und Freiheiten
erwarben, welche sie eifersüchtig bewachten und stets zu erweitern
strebten. Selbst Karl V. hatte sie ihnen bestätigen müssen.
Die Gerechtsame und Freiheiten vertrugen sich aber nicht
mit den Ansichten ihres gegenwärtigen Beherrschers, Philipp von
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Extrahierte Personennamen: Philipp Philipp Karl_V. Karl_V. Philipp