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Etwa acht Tage nach dem Einweichen der Därme werden soviel Teile,
als zur Herstellung einer Saite von bestimmter Stärke nötig sind, an Schlingen
befestigt, auf Rahmen gezogen und gedreht. Nun ist die Saite fertig;
sie wird zu ihrer Vollendung nur noch getrocknet, womöglich im Sonnen-
schein, dann geschliffen oder mit Bimsstein abgerieben, mit Glanz versehen,
geringelt und zu je 30 Stück oder in „Stock" gebunden, die in den Handel
kommen.
Die Vogtländischen Darmsaiten gehen nach allen Ländern, viele auch
als „echt römische"; denn die meisten der letzteren, die in den Handel kommen,
werden in Marknenkirchen fabriziert. Die französischen Saiten übertreffen
die vogtländischen zwar an Billigkeit, weil den dortigen Fabrikanten ein
billigeres Rohmaterial zu Gebote steht, kommen ihnen aber an Güte und
Schönheit uicht gleich. In jedem Jahre werden durchschnittlich 6 bis 700000
Stock oder 18 bis 20 Millionen Saiten hergestellt. In einem Jahre kamen
(1873—74) über 4 Millionen Stück getrocknete Schafdärme an, wozu eben-
soviel Schafe hatten geschlachtet werden müssen.
20. Unsere Hisenöahnen.
1. Es gab eine Zeit, in welcher Deutschland nur wenige Kunststraßen
oder Chausseen besaß. Das waren die Zeiten, von denen uns erzählt wird,
daß die Kaufleute aus Hamburg, Wien, Nürnberg, Augsburg u. s. w., wenn
sie zur Leipziger Meffe reisen wollten, zuvor ihr Testament machten, da
eine so weite, lange Reise lebensgefährlich erschien. Bei Regenwetter wnrde
die Straße oft bodenlos, und die Reise ging noch langsamer. Im Winter
hielt starker Schneefall den Wagen manchmal tagelang an einem Orte fcft.
Wie hat sich das im Laufe der Jahre geändert! Durch das ganze
Land zieheu sich treffliche Landstraßen; selbst die Verbindungswege zwischen
den Dörfern sind jetzt in viel besserem Zustande als in früheren Zeiten
die Hauptstraßen.
Doch auch die besten Landstraßen genügen in der gegenwärtigen Zeit
nicht mehr für ein so gewerbereiches Land wie Sachsen. Mit Hilfe der Dampf-
Maschinen werden hier jährlich viele, viele Millionen Zentner Waren herge-
stellt, und man mußte darauf bedacht sein, diese Waren schnell, leicht, billig
und sicher in die Ferne zu briugen; es mußte — wie die Gewerbetreibenden
sagen — für gute „Absatzwege" gesorgt werden. So gut nun unsere Laud-
straßeu sind, so Hütte man doch für die Lasten, die jetzt täglich versendet
werden, nicht genug Zugtiere gehabt. Da mnßte der Dampf helfen! Durch
die Eisenbahnen sind nun auch die besten Straßen überflügelt worden, sodaß
man gegenwärtig vor diesen neuen Wnnderbanten jene fast gänzlich über-
sieht. — Unserem sächsischen Vaterlande gebührt der Ruhm, unermüdlich für
die besten Handels- und Verkehrswege gesorgt zu haben. Sachsen war einst
der erste deutsche Staat, in welchem eine größere mit Dampfwagen befahrene
Eisenbahn in der Richtung von Leipzig nach Dresden hergestellt wurde,
und jetzt besitzt es int Verhältnisse zu seiner Größe die meisten Eisenbahnen.
Die Länge aller sächsischen Eisenbahnen beträgt zusammen über 3 000
Kilonieter.
2. Durch unser Vogtland führten schon vor Jahrhunderten zwei be-
lebte Straßeu aus Bayern herein nach Sachsen; die eine nahm ihre Richtung
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Extrahierte Ortsnamen: Marknenkirchen Deutschland Hamburg Wien Nürnberg Augsburg Sachsen Sachsen Leipzig Dresden Sachsen
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ländischen Gardinen aus. — Die Umgebung Falkensteins ist von der Natur
wohl bedacht. Da erheben sich der wunderbar geformte Loch stein und
der aussichtsreiche Wendelstein, die von naturliebenden Bewohnern der
Stadt mit schönen und wohlgepflegten Wegen und Anlagen versehen
worden sind.
Auf meiner Wanderung begrüßt mich sodann das freundliche Auer-
bach, die Hauptstadt der dritten vogtländischen Amtshauptmannschaft. Es
entstand wahrscheinlich zu gleicher Zeit wie Falkenstein. Ein festes Schloß
wurde hier erbaut, das im vorigen Jahrhunderte mit dem größten Teile der
Stadt durch eiuen großen Brand zerstört wurde. Nur ein hoher dicker
Tnrm, der noch heute mit Wällen und Schutzwehren umgeben ist, blieb er-
halten und schaut vou der Höhe in die Stadt herab. — Zwei Eisenbahnen
fördern den Verkehr der industriereichen Stadt. Auch zwei besonders wich-
tige Schuleu befinden sich in der Stadt: Eine Lehrerbildungsanstalt be-
fähigt junge Männer, die Jugend in Stadt und Land zu guten Staats-
bürgern und rechtschaffenen Christen zu erzieheu, und eine landwirtschast-
liche Schule bietet dem jungen Landwirte Gelegenheit, sich die für seinen
Beruf nötigen und nützlichen Kenntnisse zu erwerbeu.
Wohlgemut ziehe ich von Auerbach weiter nach dem größten vogtlün-
dischen Dorfe Rode wisch. Hier werden in einem Messingwerke, lange Zeit
dem einzigen in Sachsen, das rote Kupfer und das grauweiße Ziuk iu schönes
goldgelbes Messing umgewandelt. Bei Rodewisch befindet sich auch die neu-
erbaute, große und vorzüglich eingerichtete Irrenanstalt Untergöltzsch.
Von Rodewisch an begleitet mich bis nach der dritten meiner Uferstädte,
Lengenfeld, die Eisenbahnlinie Zwickawölsnitz. Vor 500 Jahren war
Lengenfeld noch ein unscheinbares Dörfchen, das nicht einmal eine Kirche
hatte, und jetzt ist eine Stadt mit mehr denn 5000 Einwohnern. Inmitten
des Ortes erhebt sich eine schöne Kirche, und Hunderte von Einwohnern
finden Verdienst in verschiedenen großen Fabriken, in denen Tuch, Flanell,
Gardinen und Stickereien hergestellt werden.
Von Lengenfeld aus fließe ich iu einem freundlichen Thale westwärts
nach Mylau. Hier führt mich mein Weg am Fuße des Schloßberges vor
über. Den Scheitel des Berges krönt das altersgraue Gemäuer des Schlosses;
unten aber schmiegen sich die Häuser der Stadt au deu Berg an, als wollten
sie sich ducken und verstecken wie die Küchlein unter den schützenden Flügeln
der Gluckheuue. Auch die neue herrliche Kirche schaut grüßend zu mir ins
Thal herab. Gern möchte ich berichten, wie es vor langen Zeiten da oben
int alten Kaiserschlosse zuging, möchte dir erzählen von eisengepanzerten
Rittern und Knappen, die einst hier hausten, auch von deni deutschen Kaiser
Karl Iv., der sich hier oft und gern zur Jagd aufhielt. Doch ich habe
wenig Zeit zum Erzähleu; denn Fabriken, Mühlen und Färbereien erwarten
noch meine Hilfe. Indem ich ihnen zueile, begrüßt mich von der Höhe
Netzschkau; ein wenig weiter aber — und über mir rollen die Räder
des rastloseu Dampfrosses auf der größten steinernen Brücke in Sachsen, ja
in ganz Deutschland, der Göltzschthalbrücke dahin.
Dieses mächtige Bauwerk leitet in einer Höhe von 74 und einer Länge
von 512 Metern die stählernen Schienen über mein Thal. Es trägt wie ein
gewaltiger Riese ans steinernen Pfeilern und Bogen die ungeheuren Lasten,
die täglich in mehr als 100 Eisenbahnzügen darüber befördert werden.
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über Hof, Plauen, Reichenbach und Werdan nach der alten Meßstadt Leipzig,
die andere über Ölsnitz, Falkenstein, Auerbach nach Zwickau, Chemnitz,
Dresden. Das brachte unserem Heimatlande großen Nutzen; denn wenn
Handel und Gewerbe blühten, wurden seine Straßen nie leer. Da kamen
die Fuhrleute mit deu hochbepackten, knarrenden „Planwagen" die Heer-
straße dccher. Große Hunde liefen neben dem Wagen her und trieben
kläffend die Pferde an. Besonders waren es Kaufleute ans dem reichen
Nürnberg und Augsburg, die die Straßen Belebten. Nürnberger Kaufleute
haben sogar die große Elsterbrücke und ein Hospital für Kranke in Plauen
erbaut. Zur Zeit der Raubritter wnrde es auch auf den vogtländischen
Straßen unsicher. Denn auch da gab es Ritter, die ans die Kanf..mnns°
wagen lauerten. Sahen sie von ihren Burgen in der Ferne einen Fuhrmanns-
wagen kommen, so saßen sie mit ihren Knechten zu Pferde. Aus einem
Hinterhalte brachen sie ans die sorglos einherziehenden Kaufleute los und
nahmen ihnen alle Habe ab. Die Überfallenen mußteu froh sein, wenn sie
nach Herbeischasfnng eines hohen Lösegeldes mit dem Leben und mit gesunden
Gliedern davon kamen. Endlich traten die deutschen Kaiser dem schänd-
lichen Treiben der Raubritter entgegen. Ihre Ranbnester wurden belagert
und zerstört, die Herren Ritter gefangen und wohl gar am ersten besten
Baume aufgehängt.
Die Straßen brachten leider anch manches Unglück ins Land. Zu
alleu Zeiten haben verheerende Kriegszüge ihren Weg durch das Vogtland
genommen. Die Geschichte des Vogtlaudes weiß davon gar viel zu erzählen,
namentlich von den Schrecken des Hnssiten- und des dreißigjährigen Krieges.
3. Heutzutage hat man nun das bequeme Durchgangsland benutzt, um
die Werke des Friedens, Industrie und Handel, zu fördern, und deu Über-
flnß des Südens gegen die Erzeugnisse des Nordens auszutauscheu. Zwei
der wichtigsten Eisenbahnlinien Sachsens, ja ganz Deutschlands, nehmen die
Richtung durchs Vogtland: die Sächsisch-Bayrische Bahn und die Linie
Reichenbach-Plauen-Eger. Daneben durchziehen noch viele andere kleinere
Bahnlinien das Land, die das Vogtland seiner regen Industrie verdankt;
keine der 15 Städte des Vogtlands ist ohne Eisenbahnverbindung. Alle
diese Linien würden aneinander gereiht eine Länge von 300 Kilometern
ergeben.
Die älteste, längste und zugleich wichtigste der vogtläudischeu Bahnen
ist die Sächsisch-Bayrische. Sie ist eine der bedeutendsten Bahnen Deutsch-
lands; denn sie verbindet den Norden mit dem Süden. Ihre Verlängerungen
aber übersteigen und durchbrechen die Alpen und finden ihr letztes Ziel erst
in Italien. Wohl alle gekrönten Häupter Deutschlands und viele Fürsten
des Auslandes sind schon auf dieser Bahn durchs Vogtland gereist.
Diese Bahn ist die erste, die der sächsische Staat auf seine Rechnung
baute und zwar in deu Jahren 1846 bis 1851. Ziemlich die Hälfte der
ganzen Bahnlänge — 80 Kilometer — gehört dem Vogtlande an.
Als die Bahn gebaut werden sollte, da schüttelten manche bedenklich
ihren Kopf. Die Leute, die den Gedanken „herausgesteckt" hatten, nannte
man „Wagehälse"; die aber, die auf den Bärenstein in Plauen einen Bahn-
Hof bauen wollten, hielt man reif für das Tollhaus; glaubte man doch nicht
anders, als daß der Zug rückwärts rutschen würde, wenn man aus der
Ebene in das Gebirge hinauffahren wollte. Als man nun gar von der
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Göltzschthalbrücke reden hörte, da schlug man die Hände über dem Kopfe
zusammen. — Doch solche Leute hat es zu allen Zeiten gegeben. Einst
war man außer sich über die Einführung der sogenannten Eilposten, welche
in Zeit vou 1 Stunde 2 Stunden Weges zurücklegen sollten. Man be-
dauerte die armen Reisenden und glaubte, das schnelle Fahren werde den
Leuten den Atem benehmen und ihnen die Auszehrung an den Hals
bringen. Was würden solche Leute heute sagen, da man 2 Stunden Weges
in 1v Minuten durcheilt! — Doch dürfen wir's jenen Leuten auch nicht
so gar übelnehmen. Eine Bahn zu bauen ist auch heute noch nichts leichtes,
gerade in einem bergigen Lande wie dem unseren. Da müssen Felsen ge-
sprengt," Hügel abgetragen, Berge durchbohrt, tiefe Stellen erhöht, Flüsse
und Thaler überbrückt werden. Die vogtländischen Bahnen können von dem
allen beredtes Zeugnis ablegen. Gerade die tief eingesenkten Thäler unserer
Bäche und Flüsse habeu dem Bahnbau manche Schwierigkeiten bereitet, da
sie viele Brücken nötig machten; die zwei größten, die Göltzschthal- und die
Elsterthalbrücke sind weit und breit bekannt und bewundert.
Und nun bedenke man auch die Baukosten! Eine Eisenbahnstrecke von
1 Kilometer zu bauen, — das ist eine Strecke Weges, die man in 12 Minuten
geht, — kostet etwa 200 000 M. Hiernach könnte man sich nun wohl ein
Exempel machen, welchen Geldwert unsere vogtländischen Bahnen haben;
aber treffen würden wir's doch nicht; denn die Elsterthalbrücke kostete allein
über 3 Millionen M., und die Göltzschthalbrücke verschlang gar die riesige
Summe von 61/2 Millionen M.
4. Die Sächsisch-Bayrische Bahn wurde im Jahre 1851 in ihrer ganzen
Länge dem Verkehr übergeben. Sie ist zweigleisig, beginnt in Leipzig und
tritt bei Neumark — nachdem sie die Städte Altenburg, Gößnitz, Crimmit-
schau und Werdau berührt hat — ius Vogtland ein. Die erste Vogtländische
Stadt an ihr ist Reichenbach mit dem größten, schönsten und am meisten
besuchten Bahnhofe des Vogtlandes. Von Reichenbach führt die Bahn über
die großartige Göltzschthalbrücke nach Netzschkau. Höchst lohnend ist ein
Blick hinab ins Thal: Tief unten sieht man die freundliche Göltzsch und
an ihren Ufern bedeutende Fabriken; weiter auswärts erblickt man Mylau
mit seiner schönen neuen Kirche und seinem alten Kaiserschlosse. Bei der
Station Jocketa fährt man über die majestätische Elsterthalbrücke. Auch
hier ist der Blick ius Thal herrlich; niemand, der ihn kennt, versäumt es,
sich an dem lieblichen Bilde zu ergötzeu. Nach kurzer Fahrt, die durch einen
Teil des schönen Planenschen Stadtwaldes geht, gelangen wir nach Plauen
und von hier aus in weitem Bogen durch das westliche Vogtland nach Hof.
Nicht weniger als fechs Seitenlinien strahlen von dieser Hauptlinie
aus. Von Neumark führt eine Zweigbahn nach Greiz, eine andere von
Reichenbach nach Mylau, und Herlasgrün ist der Ausgangspunkt
für die Bahn nach Treuen, Auerbach, Falken st ein und Mulden-
berg. Drei andere Zweigbahnen verbinden das westliche Vogtland mit
Thüringen und dem renßischen Oberlande. So gelangt man von Mehl-
theuer über Pausa uach Weida, von Schönberg über Mühltroff
nach Schleiz und über Tanna nach Hirsch berg an der Saale.
5. Eine andere wichtige Bahnlinie des Vogtlandes ist Reichenbach-
Plauen-Eger. Sie hat die Aufgabe, das Sachsenland mit dem reichen
Böhmerlande zu verbinden. Sie ist zweigleisig gebaut. Auf stattlichen
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