1
A. Das Gebiet der Südeuropäischen Faltengebirge. — 3. Österreich-Ungarn. 175
wird die Wirkung der an sich günstigen Lage Österreich-Ungarns zwischen West-
europa und dem Orient, die ihm die Bedeutung eines Durchgangslandes zwischen
den genannten Erdräumen verleiht, stark beeinträchtigt.
Von allen Nachbarstaaten ist die Österreichisch-Ungarische Monarchie am engsten
mit dem Deutschen Reiche verknüpft. Die Donau, die Elbe und das Odertal
öffnen bequeme Wege uach dem nordwestlichen Nachbarlande, und auch die begren-
zenden Gebirge bieten wegen ihrer Wegsamkeit oder geringen Höhe dem Verkehr
geringe Schwierigkeiten. Nicht weniger als 43 Bahnen führen ins Deutsche Reich
hinüber. Wie der Weg Österreich-Ungarns zum Atlantischen Ozean das Deutsche
Reich quert, so führt anderseits die kürzeste und schnellste Verbindung Deutschlands
nach Südeuropa und Vorderasien durch den Donaustaat. — Galizien und die
Bukowina folgen wegen ihrer Lage außerhalb des wenig erschlossenen Karpaten-
walles der von der Natur vorgeschriebenen Verkehrsrichtung nach Rußland und
Rumänien. — Nach Italien führen zwei stark benutzte Bahnen, die Semmering-
bahn und die Brennerbahn, nach der Schweiz nur eine, die Arlbergbahn, die
Zürich und dem Bodensee zustrebt.
Ii. Staatliche Gliederung und Bevölkerung. Der Gesamtstaat setzt sich
aus dem Kaiserreich Österreich oder der Österreichischen Reichshälfte
(Zisleithanien) (300000 qkm, fast 29 Mill. E., 95 E. auf 1 qkm), dem
Königreich Ungarn oder der Ungarischen Reichshälfte (Transleitha-
men) (325000 qkm, 21 Mill. E., 64 E. auf 1 qkm) und dem gemeinsam
verwalteten Reichslande Bosnien-Herzegowina (über 50000 qkm, sast
2 Mill. E., 37 E. auf 1 qkm) zusammen. Nach dem Ausscheiden Österreichs
aus dem Deutschen Bunde wurde 1867 Ungarn selbständiges Königreich, dem
jedoch mit Österreich die Person des Herrschers, das Kriegs-, Zoll-, Münz-
wesen und die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten noch gemeinsam sind.
Den vielgestaltigen und verschiedenartig ausgestatteten Boden Österreich-
Ungarns bewohnt ein wahres Völkergemisch. Leider erschöpft sich ein großer
Teil der politischen und wirtschaftlichen Kraft des Staates in den andauern-
den Nationalitätskämpfen. Etwa 12,5 Mill. sind der Sprache nach Deutsche
(24°/o), 24 Mill. Slawen verschiedensten Stammes, 11 Mill. Magyaren. Dazu
kommen Rumänen, Italiener, Rätoromanen, Juden, Zigeuner. Keine der vielen
Nationalitäten übertrifft alle übrigen zusammen an Kopfzahl. Die Deutschen,
die den Grund der gesamten Kultur gelegt haben und früher das herrschende
Volk waren, sind auch heute noch die wichtigsten Vertreter des geistigen
und wirtschaftlichen Strebens, obwohl sie im politischen Leben stark
zurückgedrängt werden. Daraus erklärt es sich, daß alle nichtdentschen Stämme
des Doppelstaates, wenn sie sich untereinander verständigen wollen, die deutsche
Sprache gebrauchen müssen; sie ist daher auch die herrschende Handelssprache.
Das stärkste einigende Band zwischen den verschiedenen Volksstämmen bildet
die verhältnismäßig große Gleichartigkeit hinsichtlich des religiösen Bekennt-
nisfes: reichlich 9o°/0 der Bevölkerung gehören der katholischen Kirche an.
Der Rest bekennt sich zum evangelischen und zum griechisch-katholischen Glauben.
Daneben gibt es über 2 Mill. Juden und in Bosnien und der Herzegowina
% Mill. Mohammedaner.
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich]]
TM Hauptwörter (100): [T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T18: [Donau Stadt Ungarn Böhmen Wien Hauptstadt Land Einw. Königreich Mulde]]
TM Hauptwörter (200): [T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T153: [Donau Ungarn Land Hauptstadt Böhmen Königreich Wien Stadt Galizien Siebenbürgen], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet]]
Extrahierte Ortsnamen: West-
europa Odertal Atlantischen_Ozean Deutsche
Reich Deutschlands Südeuropa Donaustaat Galizien Karpaten- Italien Ungarn Bosnien-Herzegowina Ungarns Bosnien
B. Das Nordwesteuropäische Schollenland. — 1. Frankreich.
227
zeit; damals erhielten infolge von Brüchen die Gebirgsschollen verschiedene
Höhenlage und sank auch der Graben des Rhöne-Saöne-Tales ein.
Die Verteilung der Höhen entspricht dem geologischen Bau des Bodeus
nur teilweise. Die Rumpfgebirge haben auf weite Strecken den Charakter
von Hügellandschaften, während anderseits die Beckenränder an manchen
Stellen verhältnismäßig hoch emporragen. Das heutige Oberflächenbild läßt,
ähnlich wie bei Deutschland, drei große Bodenstufen erkennen, die von drei
Meeresseiten emporsteigen: Tiefland, Mittelgebirge und Hochgebirge.
Das Tiefland und damit der für Kultur geeignete Boden überwiegt.
Dieser Bodenaufbau öffnet Frankreich zum Meere hin; er bestimmt aber auch
das Klima, insbesoudere die Befeuchtung des Bodens durch Niederschläge.
Iii. Bewässerung und Klima. Abgesehen von Rußland hat kein Land
Europas ein so gut angeordnetes Fluß- und Kanalsystem wie Frankreich. Die
Richtung der Flüsse, die Lücken und Senken der Wasserscheiden begünstigten
die Anlage künstlicher Schiffahrtswege in hohem Grade; jedoch entspricht
das Ausmaß der Kanüle nicht mehr den neuzeitlichen Anforderungen. Der
Verkehr auf den Flüssen und Kanälen wird auch durch deren Versandung
und ungleichmäßigen Wasserstand stark beeinträchtigt. Die Mündungstrichter
der nördlichen und westlichen Flüsse haben dagegen eine bedeutende Flut-
höhe und sind für Seeschiffe befahrbar. (Vgl. Z 144.)
Auch klimatisch ist Frankreich vor allen europäischen Ländern begünstigt.
Seine Lage zwischen den Parallelkreisen von Cöln und Florenz, die lange
Meeresküste und endlich der Bodenanfban des Landes bedingen ein gleich-
mäßiges und mildes Klimas Die Niederschläge erfolgen nicht nur
in hinreichenden Mengen, sie sind auch, was für den Pflanzenwuchs wichtig
ist, günstig über das Jahr verteilt, indem die Hauptregen meist im Frühling
und Herbst fallen. — Ausgesprochenes Seeklima haben die Landschaften am
Kanal und die Bretagne; der 30 bildet eine mittelmeerische Klima-
Provinz. Günstiges Klima und Fruchtbarkeit des sorgfältig bewirtschafteten
Landes haben die Bodenkultur Frankreichs auf eine hohe Stnfe gehoben.
Iv. Die Einzellandschaften.
a) Naturbeschaffenheit. Frankreich hat einen be- § 142.
trächtlichen Auteil au den Westalpen. Von dem
Gneiszuge liegt auf französischem Gebiete n. a. die Montblane-Grnppe
(4800 m). Ihr Reichtum an malerischen und schroffen Bergformen wie an
gewaltigen Eisfeldern macht sie zu dem einzigen internationalen Reisegebiet
der Französischen Alpen. Im allgemeinen aber stehen an landschaftlicher Schön-
heit die Französischen Alpen hinter den Alpen der Schweiz zurück. Die Berge
sind, besonders nach 3 hin, vielfach kahl, der Schmuck der Seen fehlt, und
an den Ufern entlang ziehen stellenweise große, einförmige Geröllfelder. Die
spärliche Bevölkerung des Gebirges lebt kümmerlich von Ackerbau und
1 Abgesehen von den Gebirgslagen durchweg über + 10°, an der Riviera über + 15°
Wärme im Jahresmittel.
15*
A. Die Hochgebirge.
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Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Rhöne-Saöne-Tales Deutschland Frankreich Europas Frankreich Frankreich Florenz Bretagne Frankreichs Frankreich
to
Oo
o
129. Blick auf die User der Seine bei Rouen.
Vom westlichen Ufer überschaut der Wanderer das dichtbevölkerte Usergelände der inselreichen untern Seine. Infolge der vielen Windungen entsteht für die Fernschiffahrt ein
zu groher Zeitverlust, und so kann die Seine für Paris keine Bahn des Erohverkehrs werden. Das tiefe Bett des zwischen hohen Ufern strömenden Flusses bietet im
übrigen eine gute Fahrrinne.
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TM Hauptwörter (100): [T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T62: [Insel Stadt Hafen England Hauptstadt Einw. See London Handel Schottland], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
B. Das Nordwesteuropäische Schollenland. — 1. Frankreich.
233
2. Das Becken der Loire.
a) Natnrbcschaffenheit. Geologisch bildet es den südlichsten Teil des
Pariser Beckens. Das Land an der mittlem Loire stellt eine einförmige,
teils flache, teils hügelige Acker- und Weinbaulandschaft von sehr verschieden-
wertigem Boden dar. Das Gebiet an der untern Loire ist von nur mäßiger
Fruchtbarkeit. Die Bretagne zeigt auf den Hochflächen dürftigen Heide-
boden, in den Tälern Wiesen und Wälder; an den buchtenreichen Küsten
werden lohnender Fischfang und Schiffahrt betrieben. Die Loire hat fchwan-
kenden Wasserstand; sie führt bei Hochwasser über 300 mal so viel Wasser
als bei niedrigem Stande, richtet daher trotz der Deichbauten verheerende Über-
schwemmungen an. Ihr Mittellauf ist infolge der Entwaldung der Berge
stark versandet, so daß der Fluß erst durch Kauäle auf acht Neunteln seines
Laufes wieder schiffbar gemacht werden mußte. Auch die größeren Neben-
flüsse der Loire dienen dem Verkehr.
b) Siedlungen. Der größte Teil des Loiregebietes gehört Westfrankreich, dem
Hinterlande des Ozeans, an. Orleans (70) leidet trotz der Gunst seiner Lage an
der wichtigen Straße von Paris nach Südwestfrankreich (Schlachten 1871) und trotz
fruchtbarer Umgebung unter der Nähe von Paris, während Tours (75), der Obst-
markt im „Garten Frankreichs", und das in einem Flachsbaugebiet liegende Le M ans
(70) durch Webindustrie Aufschwung nehmen. Nantes (175) ist die drittgrößte
Handelsstadt Frankreichs und der Ausgangspunkt des westindischen Verkehrs, der
große Zuckerraffinerien hervorrief. Die Versandung des Flusses machte die Anlage
des Vorhafens St. Nazaire (35) notwendig. In der von britischen Kelten be-
siedelten Bretagne, die Frankreich die besten Seeleute stellt, ist Brest [braßt] (90)
ein Kriegshafen mit großen Marinewerkstätten und ein bedeutender Handels- und
Fischereihafen. Am Eintritt der Pariser Straße in die Aquitanische Pforte ent-
wickelte sich Poitiers (40), der Schauplatz mancher Schlachten, zur Industriestadt.
Der Hafen La Rochelle (35) entstand Inseln gegenüber südlich der Vendee. Der
östliche, hügelige Teil der Vendee mit seinen von Hecken und Laubbäumen um-
säumten Feldern, Wegen und Wasserläufen ähnelt manchen Gegenden Schleswig-
Holsteins, Belgiens und der Lombardei.
3. Das Becken der Garonne.
a) Naturbeschaffenheit. Die natürliche nordsüdliche Heerstraße der Senke
von Poitiers stellt die Verbindung mit dem Loirebecken, die Senke des Canal
du Midi, dessen Ausbau zu einem Großschiffahrtswege zwar längst geplant, aber
noch immer nicht in Angriff genommen ist, die Verbindung mit dem Mittelmeer
her. Der fruchtbare Boden längs der Garonne, eines tiefen und weithin schiff-
baren Pyrenäenflusses, die jedoch — wenn auch weniger als die Loire — unter
Wasserstandsfchwanknngen leidet, dient vorwiegend dem Weinbau. Die besten
Weinsorten gedeihen auf der Halbinsel Medoc im W der Gironde. Die von
zahlreichen Strandseen unterbrochenen Landes — Ablagerungen von Meeres-
sand — hinter den aufgeforsteten Dünenrücken der Flachküste zwischen dem
Westrande der Pyrenäen und der Mündung der Gironde gleichen der mär-
tischen Kiefernwaldlandschaft, haben aber ausgedehntere und geschlossenere
Wälder. Sie liefern jetzt Holz und Harz in Menge, während sie vor ihrer
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T32: [Vgl Stadt Aufl Frankreich fig Maas Sch. Einw. Vergl Festung], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
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Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Bretagne Paris Paris Nantes Frankreichs Frankreich Brest La_Rochelle_( Schleswig-
Holsteins Belgiens Poitiers
236
Länderkunde. — Europa.
vermitteln Le Havre, Nantes, Bordeaux und Cherbonrg, mit Asien,
Afrika und Südamerika vor allem Marseille. Der Verkehr mit den Staaten,
die in Landzusammenhang mit Frankreich stehen, benutzt zum großen Teile die
Landwege. Im Binnenverkehr, dessen Entwicklung durch die Natur des Laudes,
die weiten Tiefländer, die wegsamen Gebirge, die günstige Anordnung der
Flußstraßen gefördert wurde, ist Paris durch die Seine und durch die An-
Näherung der Loire (bei Orleans) an die Seine der natürliche Mittelpunkt
für die atlantischen Gebiete Frankreichs. Durch Kanalbauten, Flnßstraßen
und Bahnlinien steht es auch mit dem östlichen und mittelmeerischen Frank-
reich in guter Verbindung. Uber die Stellung von Paris im internationalen
Eisenbahnverkehr s. Verkehrsgeographie § 408, a.
Tl Bevölkerung. Die Hauptmasse der Bevölkerung, gegen 35 Mill., ent-
stammt der Mischung von Kelten, Römern und Franken. Die Franzosen
haben heute noch die Porzüge und die Fehler der alten Gallier. Sie sind^wohl-
- begabt, im allgemeinen'choch gebildet, tapfer, ritterlich und liebenswürdig, äußerst
beweglich und redegewandt. Im politischen Leben leidenschaftlich, zeigen sie sich
in allen Schichten der Gesellschaft von lebhaftestem Nationalgefühl erfüllt und
immer berat, für die Größe und den Ruhm des Vaterlandes Opfer zu bringen.
^fdäj Sie entbehren aber häufig der Zähigkeit und besonnenen Ruhe. Im Handel sind
sie zuverlässig und geschickt, in allen Gewerben erfinderisch und geschmackvoll. —
Fast überall ist das Französische die Volkssprache. Die nicht Französisch
sprechenden Volksteile bestehen aus Flämen, Italienern und Basken. In religiöser
Beziehung ist die katholische Kirche die herrschende. Nichtkatholikeu gibt es
kaum eine Million.
Die Volks dichte Frankreichs ist erheblich geringer als die des Deutschen
Reiches; denn die Volkszahl wächst trotz der Wohlhabenheit des Landes in sehr
geringem Maße. Der vorherrschenden Stellung der Landwirtschaft entspricht das
llberwiegen der Weiler, Dörfer und kleinen Landstädte, dereu Häuser infolge der
Steuer auf Glasfenster arm an Fenstern, dazu ohne Vor- und Hintergarten sind.
Mit seinen 15 Großstädten steht Frankreich in der Entwicklung des Städtewesens
gegen Deutschland und England zurück.
Vii. Kolonialbesitz. Die auswärtigen Besitzungen und Schutzstaaten
Frankreichs sind nach denen Englands und Hollands die wertvollsten Kolonien
(etwa 50 Mill. E.). Sie liegen in Afrika und Asien, weniger wichtige auch in
Amerika und in der Südsee. Die Kolonien bilden die Grundlage des französischen
Welthandels. Sie stehen in regelmäßiger Dampferverbindung mit dem Mutterlande.
§ 146. Rückblick auf Frankreich.
! Vis - Y ,\>Tr
Frankreich ist ein reiches Land. Ein Vergleich mit unserm Vaterlande zeigt,
daß Frankreich von der Natur vielfach bevorzugt ist. Seine natürlichen Grenzen gewähren
größeren Schutz, und sein Verkehr wird gefördert durch die überaus günstige Lage an
zwei 9jkemtlrnd durch seine fächerartig sich ausbreitenden Flußsysteme, die gute
Schiffahrtsverbindung mit einem weiten Hinterlande ermöglichen. Das Klima ist zum
größten Teil weit milder als in Deutschland. Dadurch wird die Ertragfähigkeit des ohne-
hin fruchtbaren Bodens noch erhöht. Die Ernten sind reichlicher und mannigfaltiger
(Weizen, Wein, Obst, Olivenöl). Vorzüge bilden auch die nationale, politische und kirchliche
Einheit seiner Bewohner, ihr vor allem im Kunstgewerbe und in Lurus- und Mode-
TM Hauptwörter (50): [T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
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Extrahierte Personennamen: Le_Havre
Extrahierte Ortsnamen: Europa Nantes Afrika Marseille Frankreich Paris Frankreichs Frank- Paris Frankreichs Frankreich Deutschland England Frankreichs Englands Hollands Afrika Asien Amerika Frankreich Frankreich Frankreich Deutschland Lurus-
238
Länderkunde. — Europa.
3. Königreich Belgien.
29500 qkm, 7,5 Mm. E., 255 E. auf 1 qkm.
Wenig größer, etwas volkreicher als die Rheinprovinz, doppelte Volksdichte des D R.
§ 149. I. Lage. Die Küste Belgiens, nur 70 km lang [= ^ der Landes-
-S.,'grenze), liegt dem Britischen Jnselreiche gegenüber. Die Landgrenze berührt
^Frankreich, Luxemburg, das Deutsche Reich und die Niederlande. Infolge
seiner Lage vermittelt Belgien den Landverkehr zwischen Deutschland und
den Niederlanden einerseits und Frankreich anderseits; es ist ferner ein wich-
tiges Durchgangsland für die Verbindung Englands mit den Ländern am
Rhein und an der Donau und mit Italien.
Ii. Bodengcstaltnng und Bewässerung. Der Bodengestalt nach lassen
sich in Belgien drei Landschaftsgebiete unterscheiden: Hoch-, Mittel- und
Niederbelgien. Hochlielgien umfaßt den westlichen Teil des Rheinischen
Schiefergebirges (das Bergland der Ardennen und einen Teil des Hohen Venn),
das Gebiet bis zu deu Tälern der Sambre und Maas. Zwischen Maas
und Schelde liegt Mittelbelgien, ein sanftwelliges, tertiäres Hügelland,
das von 8 nach N von 200 m auf 50 m Höhe absinkt. Das übrige Gebiet,
Niederbelgien, ist ein durchschnittlich 20 bis 10 m hoch gelegenes diluviales
Flachland, das im W von einem Marschlandstreifen begleitet wird. Im O
der Scheldemünduug bildet die Ebene eiue einförmige, vielfach mit Heide
bestandene Sandfläche, die Campine; im W, in der Landschaft Flandern, be-
steht sie aus fruchtbarem Lehmboden. Die belgische Küste ist eine glatte,
einförmige Dünenküste, an der nur der künstlich gegen die Versandung ge-
schützte Hafen von Ostende (f. u.) einige Bedeutung besitzt.
Den Hauptfluß Hochbelgiens bildet die Maas, die in nördlichem Laufe
in einem engen, malerischen Felstale die Ardennen durchbricht (Bild 131). Bei
,Namur erhält sie ihren größten Nebenfluß, die Sambre. Der Richtung der
; Sambre folgend, fließt sie dem Nordfuße der Ardennen entlang bis Lüttich.
Hier wendet sich der Fluß nach X und gewinnt die Ebene. Der wichtigste
Strom des Landes, die Schelde, gehört dem Hügel- und Flachlande an.
Bei Doornick (Tonrnay) wird sie schiffbar, und von Antwerpen ab trägt sie
die größten Seeschiffe. Die Mündung der Schelde erweitert sich zu zwei
großen, trichterförmigen Armen: der Wester- und der Osterschelde, die
mit den Rhein- und Maasmündungen ein einziges, großes Deltaland in eine
Reihe schmaler Landstreifen gliedern. Oster- und Westerschelde gehören schon
niederländischem Boden an.
Iii. Klima. Das Klima hat einen ausgesprochen ozeanischen Charakter
mit milden Wintern, verhältnismäßig kühlen Sommern und reichlichen Nieder-
schlügen. Landeinwärts, mit der Erhebung des Landes nach 30 sinkt die
mittlere Jahrestemperatur (ganz Belgien -I- 10°), während die Niederschlags-
mengen zunehmen. >i 7j-!'
§ 150. Iv. Wirtschaftsleben. Mit Ausnahme des Berglandes, in dem die Hoch-
flächen meist von Mooren und Heiden, die niedrigen Striche von großen,
stellenweise urwaldartigen Wäldern eingenommen werden, und der geest-
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T32: [Vgl Stadt Aufl Frankreich fig Maas Sch. Einw. Vergl Festung]]
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TM Hauptwörter (200): [T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser], T53: [Frankreich Stadt Loire Paris Rhone Garonne Maas Lyon Orlean Hauptstadt], T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch]]
Extrahierte Ortsnamen: Europa Belgien Belgiens Luxemburg Niederlande Deutschland Niederlanden Frankreich Englands Rhein Donau Italien Belgien Niederbelgien Maas Niederbelgien Flandern Hochbelgiens Hügel- Antwerpen Wester- Rhein- Belgien Niederschlags-
240
Länderkunde. — Europa.
Eisenwaren, Steinkohlen und Koks, im ganzen für annähernd 400 Mill. Mark
liefern. Zu dem Handel mit eigenen Waren tritt ein bedeutender D-urch-
gangshandel; er beruht auf der überaus günstigen Lage des Landes
zwischen großen, hochentwickelten Knltnrstaaten. Den Uberseeverkehr vermittelt
fast ausschließlich der Flußhafen Antwerpen; jedoch ist die Handelsflotte
Belgiens gering, so daß der Seehandel meist von fremden Flaggen, besonders
von englischen, aber auch vou deutschen Fahrzeugen besorgt wird. Sehr große
Sorgfalt hat Belgien dem Ausbau seines Eisenbahnnetzes zugewandt: es hat
das dichteste Eisenbahnnetz aller Staaten der Erde (§ 414) und in seiner Haupt-
stadt Brüssel einen Knotenpunkt von Welteisenbahnen. Das Wasserstraßennetz
umfaßt zwei Flußstraßen und mehrere Kanäle von im ganzen 1600 km Länge.
Y. Bevölkerung und Siedlungen. In dem Vermittlungslande zwischen Deutsch-
laud und Frankreich ist die Bevölkerung national gemischt, aber geeint durch
das sast ausschließlich herrschende katholische Bekenntnis. Die germanischen
(niederdeutschen) Flamen oder Flamländer, die Bewohner des nördlichen Teiles,
machen etwas mehr als die Hülste der Bevölkerung aus. Die Sprache der Gebil-
deten, der Literatur, des öffentlichen Lebens ist vorwiegend das Französische,
die Muttersprache der W a ll o n e n, der Bewohner des Maas-Sambre-Beckens und des
Ardennenlandes. Die Grenze zwischen den beiden Nationalitäten verläuft etwas
südlich von Brüssel geradlinig von W nach 0.— Gunst der Lage, reiche Naturaus-
stattung des Landes und menschliche Betriebsamkeit haben Belgien zu dem am dich-
testen bevölkerten Staate Europas gemacht (255 E. auf 1 qkm1). Seit
1830 bildet Belgien ein selbständiges Königreich und seit 1833 einen neu-
traten Staat.
1. Hochbelgien. Die Ardennen sind dünn bevölkert; um so volkreicher ist das
industriereiche Becken der Maas und Sambre. Im fruchtbaren Hennegau liegt die
Fabrikstadt Mous (deutsch Bergen, 30), an der Einmündung des Scheldekanals in
die Sambre der Kohlenmarkt Charleroi (30), am Zusammenflüsse von Sambre
und Maas Namur (35), bekannt durch seine Stahlindustrie. In schöner Tallage
an der Maas bildet die Festung Lüttich (175) den Mittelpunkt des ostbelgischen
Kohlen-, Eisen- und Glasindustriebezirks, einen Hauptplatz der Waffenfabrikation
und des Maschinenbaus. Am Fuße des Hohen Venn liegt Verviers (50) mit
zahlreichen Tuchfabriken.
2. Mittelbelgien. Die Hauptstadt Belgiens, Brüssel (mit Vororten 720), auf
der Grenze des Hügel- und Flachlandes und ziemlich genau in der Mitte des König-
reiches gelegen, erinnert durch ihre Stadtanlage, ihre schönen Bauwerke und ihren
lebhaften Gewerbebetrieb, der namentlich wertvolle Spitzen und Teppiche liefert,
an Paris („Klein-Paris"). In der modern gebauten, prächtigen Oberstadt
herrschen französische Sprache und Sitte, in der engen Unterstadt, dem Sitz des
Handels und der Gewerbe, überwiegt das flämische Volkstum. Die Stadt bildet
mit ihren wertvollen Kunstsammlungen, ihren zahlreichen Museen und ihrer Uni-
versität den Mittelpunkt des belgischen Geisteslebens. Universitätsstadt wie Brüssel
ist das östlich gelegene Löwen (45). Der wenig fruchtbaren, sandigen und morastigen,
aber mit Fleiß und Geschick angebauten Provinz Limburg, in der Rinder- und
Schafzucht sowie Molkerei blühen, fehlen größere Siedlungen.
1 Von deutschen Staaten — abgesehen von den Stadtstaaten — wird es hinsichtlich
der Volksdichte nur von dem Königreich Sachsen (320 E. auf 1 qkm) übertroffen.
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T32: [Vgl Stadt Aufl Frankreich fig Maas Sch. Einw. Vergl Festung]]
TM Hauptwörter (100): [T80: [Rhein Stadt Festung Mainz Maas Straßburg Frankreich Metz Elsaß Deutschland], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner]]
TM Hauptwörter (200): [T53: [Frankreich Stadt Loire Paris Rhone Garonne Maas Lyon Orlean Hauptstadt], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus]]
Extrahierte Ortsnamen: Europa Antwerpen Belgiens Belgien Deutsch- Frankreich Maas-Sambre-Beckens Europas Belgien Hennegau Charleroi Maas_Namur Maas Belgiens Hügel- Paris Limburg Sachsen
B. Das Nordwesteuropäische Schollenland. — 3. Belgien. 241
3. Niedcrbclgien. Im flämischen Nordlande, mit Ausnahme der Campine
längs der holländischen Grenze ein Fruchtgarten, blüht in Westflandern der zur
Hansezeit berühmte Handelsplatz Brügge (55) nach Anlage eines 8 m tiefen See-
kanals (Hafen Zeebrügge) von neuem auf und tritt in Wettbewerb mit der Erbin
seines alten Handels, dem einzigen belgischen Seehafen an der Küste, der Stadt
Ostende (45). Diese ist ein stark besuchtes, vornehmes Seebad, Sitz der Hochsee-
fischerei und Vermittlerin des lebhaften Personenverkehrs nach und von London
132. Rathaus und Markt von Antwerpen und die untere Scheide.
Die Stadt, im 16. Jahrhundert erster Welthandelsplatz, wurde, weil sie unter spanischer Herrschaft stand,
durch die Niederländer von der See abgesperrt. Der Handel verfiel, erwachte jedoch unter Napoleon I.
zu neuer Blüte. Unter belgischer Herrschaft ist die Bedeutung Antwerpens stetig gewachsen. — Das Rat-
haus, im 16. Jahrhundert erbaut, zählt zu den herrlichsten Bauwerken des klassischen Renaissancestils.
und Dover. In Ostflandern liegt an der nördlichen Schlinge der Schelde Gent
(170), seit alters der Hauptsitz der flandrischen Wollindustrie, heute wichtig durch
Baumwoll- und Leinenweberei. An der weit aufwärts schiffbaren Westerschelde ist
das stark befestigte Antwerpen (325, Bild 132), obgleich es 75km vom Meere ent-
fernt liegt, durch Abdämmen der Osterschelde zur Flutzeit für die größten Schiffe er-
reichbar und durch gute Land- und Wasserstraßen mit dem Binnenlande verbunden.
Es wurde der erste Einfuhrplatz des Landes, der Hauptmarkt für den Handel mit
dem Kongo, der wichtigste Ausfuhrhafen des rheinisch-westfälischen Jndustriebezirks,
der Auswandererhafen für West- und Süddeutschland. Antwerpen entwickelt sich zu
einem großen deutschen Geschäftsplatz im Auslande. Mit Hamburg streitet
ev um den Vorrang, der verkehrreichste Hafen des europäischen Festlandes zu sein.
Seit 1908 ist Belgien im Besitze eines Koloniallandes, des Kongostaates.
Übersicht über die größeren Städte in Tausenden (1910). § 151.
Hochbelgien: Lüttich . 175 Verviers 50 Namur 35 Charleroi 30 Möns 30
Mittelbelgien: Brüssel mit Vororten. 720 Löwen 45
Niederbelgien: Antwerpen325 Gent . 170 Brügge55 Ostende 45
Erdkunde für Oberlyzeen. -<ß
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T32: [Vgl Stadt Aufl Frankreich fig Maas Sch. Einw. Vergl Festung], T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel]]
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Länderkunde. — Europa.
4. Königreich der Niederlande (Holland).
33000 qkm, fast 6 Mill. E-. 180 E, auf 1 qkm. Zweimal fo groß wie das König-
reich Sachsen, -f seiner Volkszahl, l^mal so dicht bevölkert wie das D. R.
§ 152. I. Lage. Die Niederlande bilden mit Niederbelgien den südwestlichen
Teil des Norddeutschen Tieflandes. Sie erstrecken sich zwischen dem Parallel
von Hamburg und dem von Göttingen; die östliche Landgrenze verläuft
parallel der Küste, im Durchschnitt von ihr nur so weit entfernt wie Berlin
von Dresden. Die Küste (750 km) ist ebenso lang wie die Landgrenze;
kein Ort liegt weiter als 180 km vom Meere entfernt. So tragen die Nieder-
lande ganz das Gepräge eines Küstenstaates.
Ii. Bodcngcstalt. Wie schon der Name andeutet (Holland = Hohllandl),
ist das Land Tiefebene. Ein Viertel des Bodens, nämlich der ganze von der
Südersee südwestlich gelegene Teil, liegt unter der Höhe des Meeresspiegels. Ohne
den Schutz künstlich hergestellter Deichwälle wäre er längst eine Beute des Meeres
geworden. In der Richtung von Nw nach So steigt die Ebene ganz all-
mählich, aber nur an einigen Stellen zu Höhen über 50 m an. Nach Boden-
gestaltung und Bodenzusammensetzung lassen sich in den Niederlanden drei
Landschaftsgebiete unterscheiden: die Dünen und das Wattenmeer, die
Marschlandschaften und das Geestgebiet.
1. Der Dünenwall, der die ganze Küste begleitet, ist im Mündungsgebiete
der Schelde, der Maas und des Rheins vielfach durchbrochen; dann bildet
er bis Helder einen geschlossenen Zug. Seine Fortsetzung findet er in
den Westfriesischen Inseln, den zerstückelten Resten des früheren Küsten-
sanmes. Zwischen ihnen und dem Festlande breitet sich ähnlich wie an der
deutschen Nordseeküste ein seichtes Wattenmeer (§ 234) aus. Das Meer vor
den Dünen ist überall flach und erreicht erst in 15 bis 20 km Entfernung von
der Küste 20 m Tiefe. Die Versandung wird nicht nur durch eine nördlich
ziehende Küstenströmuug, sondern auch durch die längere Daner der Ebbe
begünstigt. Im nördlichen Teile der Küste greift die Südersee tief in das
Land hinein. Früher ein Binnensee, erhielt sie durch die landzerstörende
Wirkung der Sturmfluten in der Zeit vom 12. bis zum 15. Jahrhundert
im wesentlichen ihre heutige Gestalt. Den großen Verlusten, die das Land
in geschichtlicher Zeit durch die Einbrüche des Meeres erlitten hat, steht aber
ein nicht unbedeutender Landgewinn infolge Eindeichens und infolge Entwäfse-
rnng von Binnenseen gegenüber; die planmäßige Znrückerobernng des Landes
beginnt mit dem 16. Jahrhundert. So wurden durch Trockenlegung des
Haarlemer Meeres fast 200 qkm fruchtbares Ackerland gewonnen, während
die in Angriff genommene Eindeichung und Entwässerung großer Teile der
Südersee einen noch bedeutend größeren Landzuwachs und eine sehr beträcht-
liche Verkürzung der gefährlichen Küste (um 280 km) in Ausficht stellt. Der
Flächenraum des in den letzten drei Jahrhunderten dem Meere abgerungenen
Bodens wird auf 3000 qkm (= 11% der Gesamtfläche) angegeben.
i Der Name Holland wird auch als Holtland = Holzland gedeutet.
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Extrahierte Ortsnamen: Europa Holland Sachsen Hamburg Berlin Dresden Holland Rheins Westfriesischen Haarlemer_Meeres Holland
B. Das Nordwesteuropäische Schollenland. — 4. Niederlande. 243
2. Die Marschen, im Hintergrunde der Dünenküste gelegen, bestehen aus
einem ungemein ertragreichen, fetten Lehmboden. Er ist teils vom Meere,
teils von den Flüssen abgelagert worden; danach unterscheidet man See-
marschen und Flußmarschen. Zusammen bedecken sie eine Fläche von
der Hälfte des ganzen Landes. In den Marschgebieten breiten sich nament-
lich in Nordholland große Nieder- oder Grünlandsmoore aus, die durch Eut-
Wässerung teilweise in Wiesen- und Weideland und in Gebiete blühender Vieh-
zucht verwandelt wurden. Da die Marschen reichlich zur Hälfte unter Meeres-
spiegelhöhe liegen, so müssen sie nicht allein durch kostspielige Deichbanten
gegen das Eindringen des Meeres geschützt werden, es sind auch aus-
gedehnte Entwässerungsanlagen notwendig. Daher wird das ganze Land
von einem Netzwerk schnurgerade verlaufender Gräben und Kanäle durch-
zogen. Zahlreiche von Windmühlen und Dampfmaschinen in Bewegung ge-
setzte Pumpwerke führen das Wasser höher gelegenen Kanälen und den Flüssen
zu. An der Mündung der Binnengewässer dienen großartige Schleusen-
anlagen dazu, einerseits dem Wasser einen Abfluß zum Meere zu verschaffen,
anderseits das Land vor der Flut zu schützen. Ein holländisches Marsch-
gebiet mit seinen rechteckigen, von Kanälen geschnittenen und von Dämmen
eingefaßten Landflächen (Polder), feinen Äckern, Gärten und üppigen,
von Rinderherden belebten Grasfluren, mit seinen zahlreichen Windmühlen
und auf den Wasserstraßen dahingleitenden Segeln, seinen freundlichen Dör-
fern und sauberen Einzelhöfen bietet ein ganz eigenartiges Bild.
3. Die Geestlandschaft schließt sich landeinwärts an die Marschen an. Sie
verteilt sich auf drei Gebiete: auf die von Belgien hineinragende Campine
(das Kempenland), die Veluwe^ zwischen Rhein und Issel und das Binnen-
land östlich der Südersee. Die Sand- und Kiesablageruugen der ersten
Eiszeit, deren Gletscher jedenfalls bis zur Rheinmündung heranreichten, ent-
behren hier der fruchtbaren Schwemmlanddecke und bilden einen magern
Boden, der in den höheren Lagen Heideflächen trägt, in den Bodensenkungen
von Hochmooren eingenommen wird. Durch Aufforstung der sandigen Strecken
und durch Urbarmachung des Moorbodens sucht man die dürftigen Flächen
für die Kultur zu gewinnen.
Iii. Gewässer. Der größte Teil Hollands gehört dem Mündungsgebiete
des Rheins, der Maas und der Schelde an. In vier, zu je zwei zusammen-
gehörenden stromartigen Meeresbuchten dringt das Meer tief ins Land ein.
Kurz nach seinem Übertritt auf holländischen Boden spaltet sich der Rhein
in zwei Arme, von denen der südliche, die Waal, zwei Drittel des Rhein-
Wassers erhält. Der nördliche, später Lek genannte Arm entsendet die Issel
zur Südersee; oberhalb Rotterdam empfängt der Lek einen Zufluß aus der
Waal und nimmt nun den Namen Neue Maas an. Die Waal, der bei
Gorinchen die Maas zufließt, gabelt sich in verschiedene Arme, von denen
der südlichste in die Vereinigung der beiden großen nördlichen Trichter-
buchten mündet.
1 Betuwe — fruchtbar; Veluwe — unfruchtbar.
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TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T32: [Vgl Stadt Aufl Frankreich fig Maas Sch. Einw. Vergl Festung]]
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