1865 -
Weimar
: Voigt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich, Oertel, Friedrich Maximilian
- Auflagennummer (WdK): 19
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
110
Europa.
auch das Rathhaus mil dem alten Hansa-Saale. Die Stadt besitzt ein Gebiet
von 6 Q. Di. mit 50,600 E., worin Travemünde, an der M. der Trave in
die Ostsee, ihre Hafenstadt ist mil einem Seebadc. In einiger Entfernung steht
ein Leuchtthurm im Meere; auch hat Lübeck die Halste vom Amte Bergedorf und
den Vierlanden bei Hamburg.
Xix. . Die freie Stadt Hamburg.
Hamburg, die reichste und wichtigste Handelsst. in Deutschland und eine
der bedeutendsten in Europa, liegt in einer ebenen Gegend an der Elbe, die sich
bier in mehrere Arme, namentlich in die Sü der- und Norderelbe theilt und
die Alster und außerhalb der Stadt die Bille aufnimmt, ist von schönen Spa-
ziergängen, in welche man die alten Festungswerke verwandelte, umgeben, von meh-
reren Kanälen durchschnitten und hat 2 Hasen, einen für die See- und einen für
die Flußschiffe, vielerlei Fabriken, worunter besondcis die Zuckersiedereien und Ta-
baköfabnken wichtig sind, treffliche Armen- und Wohlthäligkcitsanstatten, 12,300
Häuser (der Brand 1842 zerstörte davon 2000) und 178,841 größtentbeils luthe-
rische Einw. Der Handel und die Schifffahrt der St. sind wegen der Verbindung
mit dem Meere äußerst wichtig. Unter den öffentlichen Gebäuden zeichnen sich be-
sonders aus die schöne Michacliskirche mit dem höchsten Thurme der St, die neue
Börse und das neue allgemeine Krankenhaus mit 200 Sälen und Zimmern. Eine
eigentbümliche Schönheit Hambrirgs bildet das reizende Alsterbassin mit den schö-
nen Umgebungen, dem alten und neuen Jungfernstiege und dem Alsterdamme,
welche Straßen seit dem Brande mit den schönsten Häusern prangen. Hamburg
besitzt ein Gebiet von Q. M. und 230,000 E., worin an der M. der Elbe der
Flecken Cnxhafen liegt, mit einem Hafen und einem Seebade, und wozu auch
die Viertande mit Bergedorf zur Hälfte gehören, ein ungemein fruchtbarer, vor-
trefflich angebauter Landstrich, den Hamburg mit Lübeck gemeinschaftlich besitzt.
Xx. Die freie Stadt Bremen.
Sic liegt in einer ebenen, sandigen Gegend a» der Weser, auf dem rechten
Ufer die größere Altstadt mit engen und krummen Straßen, aber hohen Häusern,
auf dem linken die kleinere, durch Brücken mit jener verbundene Neustadt, wird
von einem jetzt geebneten und in angenehme Partien verwandelten Walle umgeben
und hat viele Fabriken, besonders Tabaks- und Cigarrenfabriken, 9522 Häuser und
67,200 E.. welche theils lutherisch, thcils reformirt sind und einen sehr bedcuten-
den Handel und wichtige Segel- und Dampfschifffahrt treiben und jährlich viele
Tausende von Auswanderern nach Amerika transporlircn. Merkwürdig sind die
Domkirche mit dem Bleikeller, worin sich die Leichen rinverwest erhalten, die St.
Ansgarius-Kirche mir dem höchsten Thurme der Stadt, die neue Börse und das
altgothische Rathharis mit dem vielgerühmten Weiukeller und den 12 Aposteln in
ihm. Die Stadt besitzt ein Gebiet von 4* Q. M. mil 98,500 E. Darin liegen
Vegesack, der alte Hafenflecken an der M. der Lesum mit 3940 E. und weiter
stromab der seit 1830 neu angelegte Bremechafen an der M. der Geeste in
die Weser, wo eine Stadt entstanden ist, deren Größe und Bevölkerung 6493 E.
mit jedem Jahre wächst. Merkwürdig sind daselbst daö neue, großeanswanderer-
Hospiz und der neue, für Dampfschiffe angelegte Hafen.
Xxi. Das Fürstenthum Schaumburg-Lippe.
Es wird von Hannover, Preußen und Kurhcssen begrenzt und
enthält 8 Q. M. und 30,700 E., welche größtentheits Lutheraner sind.
Die Bäche, welche dieses Land bewässern, nehmen meistens ihren Lauf
in die nahe. Weser. Vom Steinhuder Meere gehört ein Theil hier-
her. Der Boden ist zwar bergig, aber im ganzen fruchtbar. Lan-
desherr ist seit 1860 der Fürst Adolf.
1865 -
Weimar
: Voigt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich, Oertel, Friedrich Maximilian
- Auflagennummer (WdK): 19
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
120
Europa.
Ueberflusse geliefert, daß davon ins Ausland verführt wird. Besonders
zeichnen sich die Bewohner der deutschen Provinzen aus. Die Haupt-
fabriken sind in Leinwand, Wolle, Baumwolle, Metallen, besonders
Eisen, und Leder. Auch die Seiden-, Tabaks-, Holzwaaren-, Glas-
und Thonwaarenfabriken, die Branntweinbrennereien, die Runkelrüben-
zucker-, Oel- und Papierfabrikation und verschiedene andere Industrie-
zweige sind von Wichtigkeit. Den bedeutenden Handel zur See, als
auch zu Lande begünstigen die Lage an der Ostsee, die vielen schiff-
baren Flüsse und Kanäle, die Dampfschifffahrt, die guten Kunststraßen,
die Eisenbahnen (808 Meilen im Jahre 1863) und Telegraphenlinien
1309 M., wie auch der jetzt 34^ Mill. Consumenten umfassende deutsche
Zollverein. Für den Seehandel gelten als Hauptplätze Danzig, Stet-
tin, Königsberg, Memel, Elbing und Stralsund; für den Landhandel
Berlin, Breslau, Magdeburg, Cöln, Elberfeld, Barmen, Düsseldorf
und Frankfurt an der Oder.
Regent ist ein König, seit 1861 Wilhelm 1. Die Thron-
folge ist erblich in männlicher Linie. Der Staat wird in 8 Provinzen
getheilt: Preußen, Posen, Pommern, Schlesien, Brandenburg, Sachsen,
Westphalen und Rheinprovinz. Davon sind 2 (Preußen und Pommern)
Küstenländer und die 6 übrigen Binnenländer; 2 (Westphalen und Rbein-
provinz) bilden die kleinere Westhälfte und die übrigen 6 die größere
Osthälste; zwei (Preußen und Posen) bilden das außerdeutsche Preußen
(1,710 Q. M. mit 4,352,400 E.) und die sechs übrigen nebst Hohen-
zollern (3,390 Q. M. mit 1.4,138,800 E.) gehören zum deutschen
Bunde. Jede Provinz ist in mehrere Regierungsbezirke getheilt und
jeder Regierungsbezirk in Kreise. Bon den 1000 Städten der Monarchie
zählen 87 über 10,000 E. und zwar eine über eine halbe Million Ber-
lin, zwei über 155,000 Breslau und Cöln, sieben zwischen 50 und
100,000 Königsberg, Magdeburg, Danzig, Aachen, Stettin, Elberfeld
und Crefeld, siebenzehn von 20 — 50,000 Barmen, Posen, Hall,
Düsseldorf, Potsdam, Frankfurt, Erfurt, Görlitz, Elbing-, Dortmund,
Münster, Coblenz, Stralsund, Halberstadt, Brandenburg, Essen und
Bromberg und 60 von 10 — 20,000.
I. Deutsche Provinzen.
A. Provinz Brandenburg.
1. Regierungsbezirk Potsdam. Berlin. Hauptst. des ganzen Staa-
tes. erste Residenz des Königs und eine der schönsten Städte in Europa, liegt an
beiden Seiten der Spree in einer ebenen, sandigen Gegend, besteht aus 10 von
einer Ringmauer umschlossenen Stadltbeilen und aus mehreren sich mehr und
mehr vergrößernden Vorstädten, ist der Hauptsitz der Fabriken des ganzen preußi-
schen Staates, worunter die königl. Porzcllanfabrik und die königl. Eisengießerei
sich auszeichnen, und hat 2\ M. im Umfange und 524,000 E. *), welche einen
*) Die Angaben der städtischen Bevölkerung in Preußen gründen sich auf die
letzte Zählung am Schlüsse des Jahres 1861, wobei das Militär nicht gerech-
net ist.
1865 -
Weimar
: Voigt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich, Oertel, Friedrich Maximilian
- Auflagennummer (WdK): 19
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Niederlande.
69
Eisenhütte Belgiens, die in ihren Hütten- und Bergwerken 16— 1?,000 Menschen
beschäftigt. Doornik oder Tournay, an der Schelde, befestigt und eine der
gewerbsamsten Städte Belgiens, besonders in Teppichfabriken, hat 31,000 E.
7. Namur.
Namur, sehr feste Hauptst. in einem Thale an der Maas, die^hier die
Sambre aufnimmt, verfertigt viele Metallwaaren und hat 26,000 E.
8. Lüttich.
Lüttich oder Liege, Hauptst. in einem Thale an der Maas, welche hier
die Ourthe ausnimmt, zwischen zwei Bergen, finster und unregelmäßig gebaut, hat
eine Universität, einen Dom, eine Kanonengießerei, vielerlei Fabriken, vorzüglich
Metall- und Gewehrfabriken, in der Nabe 3 große Zinkhütten, starken Handel,
besonders mit Steinkohlen und 100.000 E. Seraing, großes Dorf in der Nähe
von Lüttich, merkwürdig wegen seiner großen Kohlenwerke und Fabrikanlagen in
Eisen und Maschinen, die 4200 Personen beschäftigen. Dieses Fabrik-Etablisse-
ment, dem auf dem Fesilande kein zweites gleichkommt, giebt einen jährlichen Brutto-
Ertrag von 17 Mill. Frcs und bildet einen von mehr als 10,000 Menschen be-
wohnten Fabrikort. In der Nähe liegt das Dorf, vormals Abtei, Val Saint Lam-
bert mit einer der berühmtesten und großartigsten Krystall- und Glasfabriken
Belgiens. Spaa, St. in einer wilden, rauhen Gegend, hat berühmte, stark be-
suchte Mineralquellen. Verviers, St. an der Weze im hohen Dcen^nit den
wichtigsten Tuchfabriken des ganzen Staates und 29.300 E. Herve, L>t., wo
besonders gute Käse bereitet werden, die unter dem Namen Limburger bekannt sind.
9. Luxemburg oder Belgisch-Luxembu rg.
Arlon, Hauptst. dieser Provinz.
Das Königreich der Niederlande*).
Dieses Königreich, durch den Verlust seiner südlichen Provinzen
1830 über die Hälfte des früheren Umfangs vermindert, grenzt an
Deutschland, Belgien und die Nordsee; das davon getrennte Luxemburg
wird von Preußen, Belgien und Frankreich eingeschlossen. Die Größe
beträgt mit Luxemburg 641 Q. M.
Die 3 vornehmsten Flüsse sind: 1) der Rhein, der aus Deutsch-
land kommt, hier in viele Arme sich theilt, die 4 wichtigsten davon sind
Waal, Pssel, Leck und Vecht, und zuletzt als ein kleines Gewässer
sonst im Sande sich verlor, jetzt aber durch einen Kanal bei Katwyk
*) Anmerkung. Die angeführten holländischen Eigennamen haben den
Ton auf der ersten Silbe, die Ausnahme bezeichnet der Accent; die Buchstaben
werden wie im Deutschen ausgesprochen, nur weicht ab und ist zu sprechen: aa
— a, een — eüh, ie — i, ieu — iüh, oo — o, oe — u, u. als Silbe oder
am Ende einer Silbe — üh. ui und uy — eu, v — ei, sch — s-ch (nicht sch),
k - ff, t = f.
1865 -
Weimar
: Voigt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich, Oertel, Friedrich Maximilian
- Auflagennummer (WdK): 19
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
72
Europa.
von welcher \ Stunde entfernt der neue, große Hafen Het Nieuwe Diep oder
Wiuemsoord angelegt ist und der große nordholländische Kanal anfängt.
Texel, die größte Insel der nördlichsten Spitze Nordhollands gegenüber, wovon
sie durch die Meerenge Marsdiep getrennt ist, hat eine große Rhede.
2. Süd Holland.
Haag oder S'grafenhaag, offene St. und Residenz des Königs in einer
angenehmen Gegend, ist gut gebaut und hat mit dem schönen, dicht am Meere
gelegenen und wegen seiner berühmten Seebäder sehr besuchten Dorfe Scheve»
ningen 84,600 E. In der Nähe von Haag liegen auch das Haus im Busch,
ein königl. Lustschloß, und Sorg Dliet, eine reizende englische Anlage, die jetzt
dem Könige gehört. Leyden, wohlgebaute St von 37,500 E., in einer ange-
nehmen Gegend am Rhein, hat eine berühmte Universität und wichtige Natur-
rind Kunstsammlungen, worunter das naturhistorische Museum eins der reichsten
in Europa und das Siebold'scke Museum eine der^reichsten Sammlungen von
Gegenständen aus Japan ist. Delft, gut gebaute St. an der Schie, von vielen
Kanälen durchschnitten, hat Fayencefabriken und 21,000 E. Ihr Hafen ist in
dem großen, schönen Flecken Delftshafen an der Maas. Rotterdam» die
wichtigste Handelsst. nach Amsterdam an der Einmündung der Rotte in die Maas,
hat viele Fabriken und 112,700 E. und wird von vielen Kanälen durchschnitten,
auf welchen die größten Schiffe mitten in die Siadt kommen können. Rotterdam
gegenüber liegt Feyenoordt, eine ausgezeichnete Maschinenfabrik und eine der
großartigsten Dampfschiffs-Werkstätten auf dem Festlande. Dortrecht, St. ans
einer von der alten Maas, der Merwe und dem Biesbosch gebildeten Insel, bat
eine reizende Lage, einen Hafen und 23,000 E., welche einen bedeutenden Handel
treiben, besonders mit Holz, das in Flößen auf dem Rheine ankommt. Hclle-
voetsluis, feste St. aus der Insel Doorne an der M. der Maas, mit einem
vortrefflichen Hafen, von wo die gewöhnliche Uebersabrt nach England statlfindet.
3. Utrecht.
Utrecht, alterthümlich gebaute Hauptst. in einer angenehmen Gegend am
alten Rhein und an der sich davon absondernden Recht, hat eine Universität und
57,000 E. hier wurde 1579 die Union der vereinigten 7 Provinzen geschlossen.
4. Geldern.
Arnheim, wohl gebaute und stark befestigte Hauptst. am Rhein, von wel-
chem sich die Issel trennt, und am Fuße der veluwischen Berge, hat 27,800 E.
Nymwegen, stark befestigte St. auf mehreren Hügeln an der Waal in^ einer
reizenden Gegend, treibt ansehnlichen Handel. Zütphen, gut gebaute tot. an
dem Einflüsse der Berkel in die Issel.
5. Overyssel.
Zwoll, gut gebaute und feste Hauptst. an der Aa. welche hier das schwarze
Wasser heißt, treibt ansehnlichen Handel und hat fast 20,000 E. Vor der Stadt
liegt der St. Agnetenberg mit schönen Anlagen. Devvnter, feste St. an
der Issel, in welche sich hier die Schiepbeek ergießt.
6. Friesland.
Leeuwarden, Hauptst. an der Ee, von vielen Kanälen durchschnitten, hat
ein prächtiges Rathhaus, lebhaften Handel und 24,600 E. Haarlingen, Han-
1865 -
Weimar
: Voigt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich, Oertel, Friedrich Maximilian
- Auflagennummer (WdK): 19
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
74
Europa.
D i e Schweiz*).
Sie grenzt an Deutschland, Italien und Frankreich. Die Größe
beträgt 740 O. M. mit 2^ Mill. E., welche in 4 Nationalitäten zer-
fallen: 1,681,000 Deutsche, 540,000 Franzosen, 129,300 Italiener
und 42,400 Rumänen.
Der Norden enthält ein großes Flußgebiet, das des Rheins, und
der Süden 3 isolirte Flüsse: Rhone, Tessin und Inn. Der Rhein,
welcher in Graubündten aus 3 Quellen, davon am St. Gotthard zwei
und am Adula (Rheinwaldgletscher) eine, als Vorder-, Mittel- und Hin-
terrhein, entsteht, durch den Bodensee fließt und bei Basel die Schweiz
verläßt, bildet 2 berühmte Wasserfälle bei Laufen und Laufsenburg. Sein
vorzüglichster Nebenfluß ist die Aar nach Ausnahme der Reuß und
Limmat, minder bedeutende Thur und Birs im herrlichen Münster-
thale. — Die Rhone entspringt im Kanton Wallis aus dem Rhone-
gletscher der Furka am St. Gotthard, geht durch ein weites Thal und
den Gensersee und fließt nach Ausnahme der Arve vom Montblanc nach
Frankreich. Der Tessin oder Ticino und der Inn entspringen gleich-
falls in der Schweiz, jener am St. Gotthard, dieser am Monte dell'oro,
jener nimmt seinen Laus durch das Thal Levantina nach der Lombar-
dei, dieser durch des Thal Engadin nach Tyrol. Es giebt eine Menge
Seen, wovon mehrere einen ziemlichen Umfang haben. Sie sind theils
Grenzseen, wie der Bodensee, der 10 Meilen lange und 2 Mei-
len breite Genfer See, der Lago maggiore und der Luganer
See, theils Binnenseen im Umfange der Schweiz selbst, dabei aber
durch Wasserstraßen unter sich und mit dem Rheine verbunden. Unter
diesen Binnenseen treten durch ihre Größe besonders hervor: der
Neuenburger oder Neufch ateller, der Züricher, der Muriner,
der Vieler und der Vierwaldstätter See. Aus den genannten
Seen unterhalten zahlreiche Dampfschiffe einen lebhaften Verkehr. Außer
diesen Wasserstraßen fördern Handel und Verkehr die guten Chausseen
und die 3 großen Eisenbahnen: die Ost- oder Rheinbahn von Rheineck
nach Lugano, die Nordbahn vom Bodensee über Zürich nach Basel
und die West bahn von Basel nach Genf, alle mit verschiedenen Sei-
tenbahnen.
Die Schweiz ist das höchste Land in Europa und nn ganzen ein
ziemlich rauhes Gebirgsland, besonders im südlichen Theile, wo die
Alpen, das Hauptgebirge von Europa, am höchsten sich erheben und
in mehreren Abtheilungen als penninis che, lep ontische, Berner und
rätische Alpen von Sw. nach No. ziehen. Die höchsten Spitzen dieser
Alpen sind der Mont-Rosa 14,200 F., der große St. Bernhard,
Anmerkung. Da die aufgefübrten Eigennamen theils deutsche, theils
französische, theils italienische sind, so sind sie auch deutsch, französisch oder italie-
nisch auszusprechen.
1865 -
Weimar
: Voigt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich, Oertel, Friedrich Maximilian
- Auflagennummer (WdK): 19
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Deutschland.
85
durchziehen das Land in vielen Aesten und bilden eine Menge von Thä-
lern, worunter das Neckarthal eins der schönsten ist. Der Schwarz-
wald erstreckt sich im westlichen Theile des Landes von S. gegen
und reicht ostwärts bis fast an die rauhe Alp, welche sich in der
Mitte des Landes in einer Länge von 12 M. und einer Breite von
2 bis 4 M. von Sw. nach No. zieht, mit dem höchsten Theil, dem
Heuberg, über 3000 F. hoch, und in S. streicht in gleicher Rich-
tung der schwäbische Jura näher der Donau nach Bayern hin.
Das Klima ist im ganzen sehr mild und gesund; nur die Wald-
und Berggegenden der rauhen Alp und des Schwarzwaldes haben eine
weit rauhere Lust. Darum gehört Württemberg zu den fruchtbarsten
Ländern Deutschlands. Die Produkte sind außer den gewöhnlichen:
schönes Vieh, eßbare Schnecken; viel Mais, Spelz und Buchweizen,
Mohn, Flachs, Hanf, Wein, Obst in großer Menge, beträchtliche Wal-
dungen; viel Mineralien, doch ohne Gold, eine große Menge von Ver-
steinerungen, Porzellanerde, Steinkohlen, Torf, Salz zur Ausfuhr und
Mineralwasser.
Die Zahl der Einwohner beträgt über 1,700,000 größtentheils
(|) Lutheraner, die Katholiken, Reformirten und Juden machen das
übrige Dritttheil aus. Es werden fast alle Arten von Fabriken be-
trieben, besonders in Leinwand, Wolle, Baumwolle und Metallen. Auch
giebt es viele Tabaksfabriken und Gerbereien, in mehreren Waldgegen-
den fertigt man eine Menge von Holzwaaren; doch am meisten verbrei-
tet ist die Leinweberei und Spinnerei, vorzüglich an und auf der rau-
hen Alp.
Der Handel ist ziemlich bedeutend und wird durch die guten
Straßen und den schiffbaren Neckar, auf dem Dampfschiffe gehen, sowie
durch den gleichfalls von Dampfschiffen befahrenen Bodensee befördert.
Die Donau wird erst schiffbar, kurz ehe sie das Land verläßt. Ulm
ist der Hauptschifffahrtsort für die Donau, Heilbronn für den Neckar
und Friedrichshafen für den Bodensee. Eine das Königreich durch-
laufende und die rauhe Alp übersteigende Eisenbahn verbindet Heilbronn
und Ulm mit Friedrichshafen und dem Bodensee, wie auch durch Sei-
tenbahnen mit Baden und Bayern. Die wichtigsten Exporten sind Salz,
Getreide, Wein, Obst, Vieh, Woll- und linnene Fabrikate und Bi-
jouterien.
Der Regent ist ein König, seit 1864 Karl I., die Thronfolge
ist erblich in männlicher Linie, und das Königreich wird in 4 Kreise
getheilt. Von den 136 Stödten zählen eine 56,000 E. Stuttgart,
eine 22,700 Ulm und vier von 10 — 15,000 Eßlingen, Heilbronn,
Reutlingen und Ludwigsburg.
1. Der Neckarkreis.
Stuttgarts Hauptst. des Königreichs und erste Residenz in einem Thate.
we ches aus drei Seiten mit Wein bepflanzte Berge umgeben, liegt am Nesenbache
eine Stunde vom Neckar und hat 2 Schlösser, eins der größten Opernhäuser
Deutschlands, eine große königl. Bibliothek, eine Tuchmesse und 56,000 E., die
1865 -
Weimar
: Voigt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich, Oertel, Friedrich Maximilian
- Auflagennummer (WdK): 19
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
109
D eutschland.
Die Zahl der Einwohner beträgt 651,000, welche sich größten-
theils zur lutherischen Kirche bekennen, und 3100 Juden. Die Indu-
strie ist nicht bedeutend; beträchtlicher aber der Handel.
Diese Länder sind jetzt in zwei Großherzogthümer Mecklenburg-
Schwerin und Mecklenburg-Strelitz getheilt, wovon das erste
das Küstenland ist, den bei weitem größern Theil einnimmt und zusam-
menhängt; das zweite aber klein und Binnenland, in zwei Hälften zerfällt,
eine größere im O. und eine kleinere im W. Landesherren sind zwei
Großherzöge Friedrich Franz Ii. seit 1842 in Schwerin und
Friedrich Wilhelm seit 1860 in Strelitz.
1) Großherzogthum Mecklenburg-Schwerin enthält 244
Q. M. mit 552,000 E. Von den 40 Städten zählen nur vier über
10,000 Einw. und zwar eine über 26,000 Rostock, eine über 23,000
Schwerin und zwei von 10—14,000 Wismar und Güstrow.
Schwerin, Hptst. and Residenz, in einer angenehmen Lage an dem Schwe-
riner Sec, hat sich in neueren Zeiten sehr verschönert und vergrößert, enthalt ein
im großartigsten Stile erbautes großherzogl. Schloß an der Stelle des vorma-
ligen auf einer Insel des Sees gelegenen, einen schönen Dom, mehrere ansehnliche
öffentliche Gebäude, worunter das Ar'enal eine Zierde des neuen ^Ltadtttieiles
Paulsstadt bildet, und 23,100 6. Ludwigslust, Mfl. in einer durch Kanäle,
Wasserwerke, Alleen und mannigfaltige Anlagen äußerst reizenden Gegend, bat ein
schönes Schloß als Sommenesidenz. Parchim an der Eide mit einem Gesund-
brunnen und Güstrow an der Nebel mit 10,500 E., si:rd gewerbsame Städte
des Landes. Sternberg und Malchin, St., wo abwechselnd die Landtage
gehalten werden. Mismar, St. an einem Meerbusen der Ostsee, die zweite
Handelsstadt des Staates, hat einen Hafen und 13,200 E. Rostock, die größte
St. des Landes und erste Handclsst. an der Warnow und Geburtsort Blüchers,
hat eine Universität, viele Fabriken, ansehnlichen Handel. 26,100 E. Der Hafen
der Stadt ist an der M. der Warnow in die Ostsee bei dem Flecken Warne-
münde, mit einem Seebad. Doberan, Fl. in einem von niedrigen Hügeln
umgebenen Tbale mit bedeutenden Mineralquellen, hat in der 'Nähe an der Küste
der Ostsee ein berühmtes Seebad und den merkwürdigen heiligen Damm.
Vor dein Meerbusen von Wismar liegen die Inseln Poel und Walisisch.
2) Großherzogthum Mecklenburg-Strelitz enthält fast 50
Q. M. mit 99,000 E. Von den 9 Städten steigt bei keiner die Ein-
wohnerzahl über 8000.
Neustrelitz, Rcsidenzst. am Zirker See, in Form eines Sternes gebaut, hat
ein Schloß und 7700 E. Neubrandenburg, zirkelsörmig geballte St. am
Tollense-See alte Hptst. dieses Theiles mit dem Lustschlosse Hohenzieritz. Im
westlichen Dheile liegt Ratzedurg, auf einer Insel des Raneburger Sees, doch
gehört nur der Dom mit den nächsten Häusern zu Mecklenburg, das Uebrige zu
Lauenburg.
Xviii. Die sreie Stadt Lübeck.
Sie liegt ans einem mäßig langen Hügel an der Trave, welche innerhalb
der Stadt die Wackenitz und oberhalb derselben die Steckenitz aufnimmt, die
-durch die Deloenau mit der Elbe m schiffbarer Verbindung steht, und hat Fabri-
ken, 3800 Häuser und 31,900 E, die sich zur lutberischen Kirche bekennen und
einen wichtigen Handel und großartige Dampfschifffahrt auf der Ostsee treiben.
Unter den Kirchen sind die Domkirche und die Marienkirche bemcrkenswerth, sowie
1865 -
Weimar
: Voigt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich, Oertel, Friedrich Maximilian
- Auflagennummer (WdK): 19
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
68
Europa.
Antwerpen und Lüttich, vier zwischen 30 und 50,000 Brügge, Me-
cheln, Löwen und Tournay, fünf zwischen 20 und 30,000 Verviers,
Mons, Namur, St. Jücolas und Courtray, vierzehn.zwischen 10
und 20,000.
t. Brabant (sonst Südbrabant).
Brüssel, Hauptst. und Residenz des Königs an der Senne, theils auf einer
Anhöbe, theils in einer fruchtbaren und schönen Ebene, eine der schönsten Städte
von Eurova, hat wichtige Fabriken, welche die vorzüglichsten Spitzen liefern, eine
Universität, ein Nationalmuseum. eins der schönsten Rathhäuser und 182,000 G.
Den beträchtlichen Handel befördern ein in die Lchelde führender Kanal und die
zahlreichen Eisenbahnen. In der Rabe ist nordwärts das Lustschloß Laeken,
(Lahken). Lecks Stunden südwärts liegen neben einander die Dörfer Waterloo
und Mont St. Jean und das Vorwerk Belle Autance berühmt durch die
wichtige Schlacht 1815 den 18. Juni. Auf dem Schlachtfelde sind mehrere Mo-
numente errichtet. Löwen, St. an der Dyle und an einem Kanäle, hat gegen
32.300 E. und eine alte Universität.
2. Limburg oder Belgisch-Limburg.
Hasselt, Hauptst. der Provinz an der Dcmer.
3. Antwerpen.
Antwerpen, an der Schelde, im 16. Jahrhunderte die größte und blü-
hendste St. der ganzen Niederlande, ist stark befestigt, gut gebaut und von Kanä-
len durchschnitten und hat einen Hafen, bedeutende Fabriken, eine prächtige Domkirche,
eine sehr schöne Börse, eine starke Ciladelle, wichtigen Land- und Sechandel und
117.300 E. Mecheln, wohl gebaute St. an der Dyle. berühmt durch ihre
Spitzenfabriken, hat 34,400 E. und eine schenswerthe Domkirche, die Kathedrale
des Erzbischofs und Primas von Belgien.
4. Ostflandern.
Gent, Hauptst. an der Schelde, die mit einigen andern Flüßchen und Ka-
nälen 26 kleine Inseln bildet, woraus die St. liegt, hat 300 Brücken zur Verbin-
dung der einzelnen Tbeile und 4 stunden im Umfang, doch nehmen Gärten, Felder
und Bleichen die Hälfte davon ein, und 121,000 E. Wichtig sind die Universität,
bedeutende Fabriken, besonders in Baumwolle, ansehnlicher Handel und starke
Blumisterei.
5. Westflandern.
Brügge, Hauptst., durch Kanäle mit mehreren andern Städten verbunden,
hat bedeutenden Handel, wichtige Fabriken und 50,600 E. Auf dem dasigen 350
F. hohen Glockcnthurme ist das schönste Glockenspiel Europa's. Ostende, feste
Seest. an der Nordsee und Ueberfabrtsort nach England, ist durch Kanäle _mit
andern Städten verbunden und hat 17,000 E., einen Hafen, stark besuchte See-
bäder und ansehnlichen Handel. Kortryk oder Kourtray, St, an der Lys,
mit 23,300 E. und vortrefflichen Leinwandbleichen, überhaupt Sitz der feinsten
Leinwandweberei.
6. Hennegau.
Bergen oder Mons, feste Hauptst. auf einer Anhöhe am Flusfe Trouille
mit 26,900 E., hat in ihrer Umgegend den stärksten Steinkohlenbergbau Belgiens.
Charterst, seste Sr. an der Sambre. Couillet, unweit Charleroi, die größte
1865 -
Weimar
: Voigt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich, Oertel, Friedrich Maximilian
- Auflagennummer (WdK): 19
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
70
Europa.
in die Nordsee fällt; 2) die Maas, welche aus Belgien kommt, nach
der Vereinigung mit der Waal den Namen Merwe erhält und, nach-
dem sie sich mehrmals getheilt und wieder vereinigt hat, unter dem
ersten Namen in die Nordsee und als Merwe in den Biesbosch fließt;
und 3) die Schelde, welche ebenfalls aus Belgien kommt, unterhalb
Antwerpen Seeschiffe trägt, sich dann in die Oster- und Westerschelde
theilt und in die Nordsee geht. Die Ems und Mosel berühren nur,
jene den nordöstlichsten Theil des Landes, diese die Südostgrenze von
Luxemburg. Der Zuydersee tft ein Meerbusen der Nordsee und
nimmt die Assel, Vecht und Amstel auf; das Haarlemer Meer
aber war der größte Landsee, ist jetzt trocken gelegt. In den Meerbu-
sen oder See Biesbosch fließt die Merwe, und an der deutschen
Grenze, wo die Ems in die Nordsee mündet, ist der Meerbusen Dol-
lart. Der größte Theil der Niederlande ist von vielen Kanälen durch-
schnitten, worunter besonders der neue große nordholländische
Kanal merkwürdig ist, der vom Vorhafen Amsterdams durch ganz
Nvrdholland bis zum Helder führt.
Der Boden ist durchgehends eben und niedrig, besonders in dem
nördlichen und westlichen Theile, wo das Land größtentheils tiefer liegt
als das Meer zur Flnthzeit und durch Dünen und Deiche gegen seine
Einbrüche geschützt wird. Ein großer Theil des Landes ist sehr fruchtbar
und von außerordentlicher Güte, wohin vorzüglich die sogenannten Pol-
der gehören; ein Theil ist sehr sumpfig und voller Torfmoore; ein klei-
ner Theil enthält auch Heide - und Sandland. In den östlichen, an
Deutschland grenzenden Gegenden, welche am höchsten liegen, finden sich
Hügel und im Großherzogthume Luxemburg sogar Berge, die zu den
hierher sich erstreckenden Ardennen gehören. Das Klima ist gemäßigt,
in den niedrigen Gegenden feucht und schwer; gesünder in den höher
liegenden Provinzen.
Die Produkte dieses Landes, das zu den wohlangebautesten ge-
hört, sind: vortreffliches und sehr zahlreiches Rindvieh, Schafe, zum
Theil mit sehr feiner Wolle, viel Geflügel, Bienen, eine Menge Fische,
Austern und Muscheln; Tabak, Flachs und Futterkränter in Menge,
vorzügliches Obst, Gemüse und Sämereien (der Gartenbau wird stark
betrieben, und in keinem Lande ist Blumenkultur und Blumenhandel
stärker als in der Provinz Holland), Wein blos an der Mosel, Wal-
dungen nur in Luxemburg und Getreide nicht hinreichend, an edleren
Mineralien ist das Land arm, reich aber an Torf, Thon, Pfeisenerde
und Seesalz.
Die Zahl der Einwohner beträgt mit Luxemburg über 3,667,000,
theils Holländer (die Mehrzahl), theils Friesen; jene reden die hollän-
dische Sprache, einen Dialekt des Niederdeutschen, diese die friesische,
die nur in einem Theile von Friesland gesprochen wird und immer
mehr abnimmt. In Nordbrabant wird vlämisch gesprochen und deutsch
in Luxemburg und in einigen Gegenden von Geldern. Von den Ein-
wohner bekennen sich 2 Mill. zur reformirten Kirche, über \\ Mill.
namentlich in Luxemburg zur katholischen. Außerdem genießen alle
1865 -
Weimar
: Voigt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich, Oertel, Friedrich Maximilian
- Auflagennummer (WdK): 19
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Niederlande.
71
christlichen Religionsgesellschaften und die Juden 640,000 freie Reli-
gionsübung.
Die Industrie ist in einigen Gegenden bedeutend. Hervorzu-
heben sind Leinwandfabriken, Leinwandbleichen, Leinenband- und Zwirn-
fabriken, Tuch-, Wollenzeug-, Baumwollen-, Tabaks-, Leder-, Papier-
und Metallfabriken, Zuckersiedereien, Seesalzraffinerien, Branntwein-
brennereien (Genövre), wichtige Oelsabrikation, Wachsbleichen, chemische
Fabriken, große Ziegeleien und Schiffsbauereien.
Der Handel ist ansehnlich und erstreckt sich über alle Meere, war
aber sonst weit wichtiger und nach dem englischen der blühendste. Auch
sind die Fischereien, welche die Niederländer in entfernten Meeren trei-
den, von großer Wichtigkeit, namentlich der Härings-, Stockfisch- und
Walfischfang.
Regent dieses Staates ist ein König, jetzt seit 1849 Wilhelm
Ui., der zugleich als Großherzog von Luxemburg und Herzog von Lim-
burg Mitglied des deutschen Bundes ist und in demselben eine Stimme
hat. Die Thronfolge ist in männlicher und weiblicher Linie erblich.
Der Kronprinz führt den Namen: Prinz von Oranien.
Das Königreich mit dem zum deutschen Bunde gehörigen Groß-
herzogthume Luxemburg und Herzogthume Limburg zerfällt in 12 Pro
vinzen. Bon den Städten zählt eine über 266,000 E. Amsterdam,
eine über 100,000 Rotterdam) vier zwischen 30 und 80,000 Haag,
Utrecht, Gröningen und Leyden und acht zwischen 20 und 30,000 Haar-
lem, Mastricht, Arnheim, Leeuwarden, Herzogenbusch, Dortrecht, Nim-
wegen und Delft und zweiundzwanzig zwischen 10 und 20,000.
1. Nord holl and.
Amsterdam, Hauptst. und wichtigste Handelsst. des ganzen Staates, an
3 Seiten von Wiesen und Landsitzen und nördlich vom Busen des Zuydersees U
(het Eij umgeben, in welchen sich die durch die Stadt fließende Amstel ergießt,
wird von vielen Kanälen durchschnitten und bat 266,600 E., einen von vielen
Schiffen besuchten Hafen, viele Fabriken und Unterrichtsanstalten. worunter sich
die große Akademie kelix meritis auszeichnet, und ein schönes Rathhans, das
schönste Gebäude im Lande, welches jetzt königlicher Palast ist und aus 13,659
eingerammten Pfählen steht, sowie überhaupt alle Häuser wegen des morastigen
Bodens auf umgekehrten Mastbäumcn ruhen, die 40 bis 50 F. tief durch den Erd-
boden getrieben sind und zum Fundamente dienen. Haarlem, größtentheils
schön gebaute St. unweit jdcs Haarlemer Meeres am hindurchfließenden Sparen,
hat starken Blumenhandel, viele Fabriken, große Leinwandbleichen und 29,000 E.
Die Hauptkirche, die größte in Holland, enthält eine berühmte Orgel mit 8000
Pfeifen und der Marktplatz die Statue des Lorenz Koster, den die Holländer
für den Erfinder der Buchdrnckerkunst halten. In der Nähe ist der sogenannte
Haarlemer Busch mit Anlagen. Zaardam, sonst das größte Dorf in Holland,
jetzt zur >L>tadt erhoben, wo viele angesehene Kaufleute wohnen, liegt am Flusse
Zaar. Merkwürdig ist die große Zahl und Mannigfaltigkeit der Windmühlen
(gegen 1000). Hier die Wohnung Peters des Großen von Rußland als Schiffs-
zimmermanns. Broek im Wcrterlande, Dorf, wegen seiner äußersten Rein-
lichkeit bekannt und meistens von reichen Kapitalisten bewohnt. Edam, St. am
Zuydersee und Atkmaar, feste <Lt. mit breiten Kanälen am nordholländischen
Kanäle, sind die grüßten Käseniederlagcn von ganz Holland. Helder, sonst
bloßes Dorf, jetzt eine mit wichtigen Festungswerken versehene St. von 10,000 E.,