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88- Deutschland im fünfzehnten Jahrhundert-
mter der Regierung des Kaisers Friedrich Iii. ^reichte die deutsche Nation dem Kaiser eine Reihe von Beschwerden ein; sie beklagte sich, daß die deutsche Nation zurückgehe, an Macht und Ansehen verliere, daß zu viel Geld nach Rom gezogen würde.
Auf diese Beschwerdeschristen antwortete Aeneas Sylvius Piccolomini, Geheimschreiber des Kaisers, aus folgende Weise:
„Mit Unrecht sagt man, daß das deutsche Land verringert sei. Einst machten Rhein und Donau die Grenzen, jetzt strömen sie mitten durch deutsche Gefilde. Wir haben die Elbe, die Oder, die Weichsel überschritten und uns ausgedehnt im Norden wie im Süden. Die deutsche Nation ist umfassender, als sie je gewesen ist, Lein anderes Volk kann ihr sich an die Seite stellen, und Gott ist sicht* barlich mit ihr.
Und wer könnte leugnen, daß die Gesittung dieses Volkes weit fortgeschritten ist gegen ehedem? Wir erblicken überall wohl bestellte Felder, neu umgebrochenes ^and, Weinberge, Obst- und Blumengärten um die Städte und auf dem Lande, Wohnungen voll von Verfeinerungen des Lebensgenusses, stattliche Landhauses Bergspitzen gekrönt mit Burgen, Städte mit festen Mauern umgeben, reiche Handelsplätze, an denen oft ein großer Strom hergeleitet oder doch ein klarer Fluß seine Wellen kräuselt, überspannt von steinernen oder hölzernen Brücken. Es mag genügen, vor allen andern einige zu nennen. Wo finden wir eine Stadt, die sich messen könnte mit dem alten Köln, das seinen Namen trägt von einer Kaiserin und berühmt ist durch die Gebeine der heiligen drei Könige? In ganz Europa findest du nicht eine andere in gleicher Pracht und Herrlichkeit. Sie ist reich an Kirchen und öffentlichen
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Iii Friedrich Aeneas_Sylvius_Piccolomini
92
Vi. Die Perser.
Schiffe bildeten den Kern der persischen Flotte; die Ionier behielten ihre vaterländischen Gesetze und Einrichtungen und selbst die Fürsten in den einzelnen Städten waren hellenische Männer aus ihrer Mitte. Daß die Lydier ihre Verfassung einbüßten, geschah in Folge einer Empörung und auf den Rath des Crösus. Widerspenstige oder abgefallene Völkerschaften wurden bisweilen nach hergebrachter Sitte mit Versetzung in ein anderes Land bestraft.
Straßen und Verkehrsmittel. Waren die Lieferungen von Landes-producten, Geld und Abgaben aller Art für manche Länder schwer und druckend, so wurde dafür auch dem Verkehr und der Betriebsamkeit ein weites Feld geöffnet. Der Handel war durch das unermeßliche Reich frei von Zöllen und Belastungen; die Hauptstädte und Provinzen waren durch bequeme Kunststraßen mit Herbergen (Karavanserais) unv schattigen Ruheplätzen verbunden, die, wenn auch zunächst nur für den Dienst des Königs, für die Bewegung der Truppen, für die leichtere Überwachung der Provinzen bestimmt, doch dem Handel und der Industrie vorzugsweise zu Gute kamen und den Wohlstand hoben. Auf diesen Kunststraßen waren von drei zu drei Meilen Poststationen (Rasten) angebracht, wo allezeit fertige, wohlberittene Staatsboten aufgestellt waren, welche ohne Rücksicht auf Jahr- und Tageszeit, auf Hitze oder Regen die königlichen Briefe und Botschaften beförderten. Die große Heerstraße, die von Sardes 450 Parasangen (337 Meilen) weit nach Susa geführt war, zählte 111 solcher Poststationen. Daß aber Darms bei der Anlegung dieser Straßen neben den polizeilichen und militärischen Rücksichten auch die Hebung des Handels, die Erleichterung des Verkehrs im Auge hatte, ergibt sich aus der Sorgfalt, die er in gleicher Weise den Wasserstraßen widmete. Er ließ den von Ramses begonnenen, vonnecho weiter geführten aber unvollendet gelassenen Canal aus dem Nil nach dem Rothen Meere wirklich ausführen, ein großartiges Werk, dessen Andenken wohl würdig war, durch ein Denkmal in der Nähe der Bitterseen verewigt zu werden. ,y
Gebrechen der Verwaltung. Wenn wir nun dennoch trotz dieser Beförderung des Verkehrs- und Jndustrielebens die alten Culturstaaten unter der Herrschaft der Perser mehr und mehr von ihrer alten Größe herabsinken sehen, wenn das fruchtbare Gartenland Mesopotamiens der sorgfältigen Bebauung entbehrt; wenn die alten Handelsstädte Phöniciens neben der Seemacht der Griechen immer unbedeutender werden, wenn Aegyptens Reichthum und Bildung allmählich schwinden, ohne daß sich andere minder cultivirte Völker unter der persischen Herrschaft emporzuarbeiten vermögen, so muß das Verwaltungswesen und Satrapenregiment nothwendig an großen Gebrechen gelitten haben. Je mehr die folgenden Könige unter den entnervenden Einflüssen der Haremsherrschaft, der Wollust und Verweichlichung des Hofes die nothwendigen Regenten-Eigenschaften, die Umsicht und Fähigkeit zum Herrschen einbüßten, desto schutzloser waren die Provinzen, die durch keine
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13. Frankreich unter Ludwig Philipp.
145
Unter dem (ersten) Ministerium Soult
(11. October 1832 bis 22. Februar 1836).
Nach dem Tode Perier's war das bisherige Ministerium ohne
einen Premier beibehalten worden bis zur bevorstehenden Eröffnung
der Kammern. Am 11. October brachte der Moniteur die Anzeige
von der Bildung eines neuen Ministeriums: Marschall Soult behielt
das Kriegs-Ministerium und bekam den Titel des Minister-Präsiden-
ten, zwei Doctrinairs traten in das Cabinet: der Herzog von Broglie
für die auswärtigen Angelegenheiten und Guizot für den öffentlichen
Unterricht, Thiers übernahm die inneren Angelegenheiten. Dieses
Ministerium galt als eine Fortsetzung des vorigen und seine Politik
wurde mit einem vom Könige selbst zur Bezeichnung der einzuhal-
tenden Bahn gebrauchten Ausdrucke, als die der „richtigen Mitte"
(zuste milieu) bezeichnet, der im Munde der Opposition bald als
Schmähwort für politische Schwäche galt.
Die Vermählung des Königs der Belgier, Leopold's I., mit der
ältesten Tochter Ludwig Philipp's (9. August) gab der französischen
Regierung eine neue Veranlassung, die endliche Schlichtung des hol-
ländisch-belgischen Streites herbeizuführen. Da der König von Hol-
land sich der Entscheidung oer fünf Großmächte, die in den 24 Ar-
tikeln des Londoner Protokolls vom 15. November 1831 ausge-
sprochen war, nicht unterwerfen wollte, und zufolge eines neuen
Protokolls vom 1. October 1832 die Ostmächte sich weigerten, an
Zwangsmaßregeln gegen Holland sich zu betheiligen, so unternahm
Frankreich im Einverständnisse mit England einen Winter-Feldzug
nach Belgien, um vor Allem die vollständige Räumung des belgischen
Gebietes von holländischen Truppen zu erzwingen. Marschall Gö-
rard, in Begleitung der beiden ältesten Söhne des Königs, der Her-
zöge von Orleans und Nemours, belagerte die Citadelle von Ant-
werpen, welche General Chasse nach hartnäckiger Vertheidigung (4. bis
23. December) übergab, aber die Holländer blieben im Besitze von
zwei die Schelde beherrschenden Forts (Sillo und Liefkenshoek), Mar-
schall Gérard trat wegen der winterlichen Jahreszeit den Rückzug
an, und die holländische Frage war durch die Eroberung der Cita-
delle von Antwerpen keineswegs gelöst.
Die Sessionen der Kammer im Jahre 1833 und Anfangs 1834
waren ungewöhnlich arm an Ergebnissen. Von wichtigen Folgen
aber war ein im März 1834 angenommener Gesetzvorschlag der Re-
gierung, der den politischen Verbindungen ein Ende machen sollte
und insbesondere gegen die umfangreichste und einflußreichste derselben,
die sog. Gesellschaft der Menschenrechte gerichtet war, zu deren Häup-
tern General Cavaignac gehörte. Diese trat daher mit anderen Ge-
sellschaften in Verbindung, um dem neuen Gesetze, das ihre Auflö-
sung verhängte, nicht ohne Kampf zu weichen und einen letzten ent-
scheidenden Schlag der republikanischen Partei zu versuchen. In Lyon,
Pütz, Histor. Darstell, u. Charakteristiken. Iv. 10
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Philipp Ludwig Philipp Marschall_Soult Thiers Ludwig_Philipp's Ludwig August Chasse Cavaignac
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Holland Frankreich England Belgien Antwerpen Lyon
104 9. Rußland und die Türkei bis zum Frieden von Adrianopel.
Russischer Krieg gegen Persien 1826 — 1828.
Die ersten Verwicklungen mit dem Auslande sollten dem Kaiser
Nikolaus von Osten her erstehen. Seit dem letzten zwischen Rußland
und Persien in Tiflis abgeschlossenen Vertrage (15. Septbr. 1814)
bestanden zwischen beiden Reichen Grenzstreitigkeiten, zu deren Schlich-
tung in den letzten Zeiten des Kaisers Alexander Bevollmächtigte
zusammengetreten waren. Als jedoch die Nachrichten von dem Tode
dieses Monarchen und den Unruhen beim Regierungsantritt seines
Nachfolgers am Hofe in Teheran einliefen, wollte der Schah Feth
Ali, der Rußland von inneren Kämpfen zerrissen glaubte, die von
ihm abgetretenen Provinzen wiedererobern. Er ließ die Unterhand-
lungen abbrechen, und der Thronfolger Abbas Mirza, der kriegerisch
und einiger Maßen mit europäischer Taktik und Disciplin bekannt
war, erhielt Befehl, in das russische Gebiet einzufallen. Der in
den transkaukasischen Provinzen commandirende General Permoloff
hatte, auf keinen Krieg vorbereitet, dem ersten Andringen des Fein-
des nicht widerstehen können. Als er jedoch einige Streitkräfte zu-
sammengebracht hatte, schlug er die Perser aus Georgien heraus
und schickte sich zur Verfolgung der erlangten Vortheile an, als ihm
der Oberbefehl abgenommen wurde. Permoloff, der einer der talent-
vollsten russischen Generale war, besaß eben deßhalb viele Neider am
russischen Hofe, die ihn der Willkür in seinen Anordnungen, der
Überschreitung seiner Vollmachten, und sogar der Absicht beschuldig-
ten, sich in der ihm anvertrauten Provinz unabhängig machen zu
zu wollen. Zu Permoloff's Nachfolger wurde der General Paske-
witsch ernannt, der für einen ausgezeichneten Soldaten galt. Er be-
wies bei seiner Kriegsführung eben so große Berechnung als Kühn-
heit, und überwand alle Schwierigkeiten, welche ihm die wilde Be-
schaffenheit des Landes, der Mangel an Zufuhr und die feindliche
Gesinnung eines Theiles der einheimischen Bevölkerung entgegensetzten.
Zugleich verstand er die gegenseitige Eifersucht der tatarischen Häupt-
linge, ihre Abneigung gegen die persische Herrschaft, und die Hin-
neigung der armenischen Bevölkerung zu Rußland trefflich zu be-
nutzen. Die für uneinnehmbar gehaltene und von den Persern mit
äußerster Hartnäckigkeit vertheidigte Festung Sardar-Abad ward von
den Russen erstürmt und das alte berühmte Eriwan entging einem
gleichen Schicksale nur dadurch, daß es den Siegern die Thore öff-
nete. Abbas Mirza sah sich zur Eingehung eines Vertrages mit
dem russischen Feldherrn genöthigt, vermöge dessen das ganze Khanat
von Eriwan diesseit und jenseit des Araxes, desgleichen das Kha-
nat von Nachitschewan an Rußland abgetreten, eine Kriegs-Contri-
bution von 18 Millionen Silberrubeln erlegt, und außerdem alle in
den früheren Friedensschlüssen Rußland gemachten Zugeständniffe
(die ausschließende Befahrung des kaspischen Meeres durch russische
Kriegesschiffe, der freie Handel mit Persien u. s. w.) erneuert wur-
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Extrahierte Personennamen: Nikolaus Nikolaus Alexander_Bevollmächtigte Alexander Feth
Ali Abbas_Mirza Permoloff
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28. Der Abfall der Niederlande.
141
milian's Enkel und Nachfolger im Kaiserthum, Karl V., brachte (1528) vom Bischof (Heinrich) von Utrecht die Hoheit über Utrecht und Over-Assel, vom Herzoge Karl von Geldern (1536) das Herzogthum Geldern nebst der Grafschaft Zütphen an sich, worauf (in demselben Jahre) sich ihm auch die Herrschaft Groningen unterwarf. Diese 17 Provinzen übertrug Karl Y. (1556) seinem Sohne Philipp (Ii. von Spanien).
Das Land, welches das heutige Belgien (außer dem Hochstift Lüttich) und Holland (nebst Luxemburg) sowie einen nordwestlichen Theil von Frankreich umfaßte, enthielt die ergiebigsten Quellen vielseitigen Wohlstandes und Reichthums zugleich in sich, je verschiedener die Landestheile in Erzeugnissen und Lebensweise waren. Flandern, Hennegau, Artois und. Namur sind üppige Fruchtlande, deren Bodenertrag das ganze, große Reich versorgen konnte; in Gent, Brügge, Antwerpen, Brüffel und andern Städten blühte das Gewerbe wie nirgends in Europa; Antwerpen war eine Weltstadt, mit der keine der Erde an Blüte sich messen konnte. Zugleich war das ganze nördliche Gebiet Küstenland, zum Theil durch Kunst dem Meere abgerungen, der „natürliche Hafen und Stapelplatz für den Handel der europäischen Welt", mit seinen zahlreichen Häfen (von Rotterdam bis an die äußerste Spitze Frieslands), die aus kleinen Fischerdörfern große Handelsemporien geworden, bewohnt von einem zähen, tüchtigen friesischen Volksstamme, der mit bewunderungswürdiger Ausdauer, im steten Kampfe mit Sturm und Flut, mit Wind und Wellen, sich dort eine Heimat zu schaffen gewußt hatte. Dieser Zug germanischer Zähigkeit ist dem Volke bis auf den heutigen Tag eigen geblieben; noch in unfern Tagen haben die Holländer Binnenmeere ausgetrocknet und fruchtbare Gelände daraus gemacht.
Der geistige Zustand der Bevölkerung stand nicht zurück hinter ihrer äußern Blüte. In diesem, dem prosaischen Handels- und Gewerbebetriebe fast ausschließlich hingegebenen Lande fanden auch Kunst und Wissenschaft eine nicht unebenbürtige Pflege durch einflußreiche Malerschulen und namhafte Universitäten, welche der neue humanistische Geist rascher und tiefer ergriffen hatte, als die irgend eines andern Landes. Bei aller Hast materiellen Erwerbs war ein wirkliches Bedürfniß nach geistiger Bildung bis in die untersten Schichten des Volkes eingedrungen.
Jede der 17 Provinzen hatte ihre eigene Verfassung, deren Grundcharakter sich nach dem Ueberwiegen dieser oder jener Volksclasse bestimmte, mit den vielfältigsten Abstufungen vom Feudalismus bis zur Demokratie; in Flandern und Brabant (wo ein großer, grundbesitzender Adel seine Güter nach Quadratmeilen maß) mehr aristokratisch, im Norden (wo der wohlhabende Bürgerstand vorherrschte) und namentlich in Friesland (wo das mit Fischerei und Seefahrt beschäftigte Volk keinen Adel kannte) mehr demokratisch. Das Ganze ein vielfarbiges Conglomerat von kleinen Republiken, nicht unähnlich der alten Schweiz, jedoch mit loser monarchischer Verbindung. Diese vielge-
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Extrahierte Personennamen: Admiral_Eoligny
Extrahierte Ortsnamen: Niederlande Frankreich England Antwerpen Hamburg Holland Seeland
150
Erster Zeitraum: 1492—1648.
zeihlichen Fehler begangen, aus Verachtung dieses Feindes, der „Wassergeusen", die Seeküste unbesetzt zu lassen, welches die Eroberung dieses Ortes durch List (April 1572) sehr erleichterte. So war ein fester Punkt an der Küste gewonnen, von dem aus bald der ganze Norden den Spaniern entrissen werden konnte. Der erste Versuch glücklichen Widerstandes gegen die scheinbar unbezwingliche spanische Macht ermuthigte die Holländer so, daß binnen Kurzem alle wichtigeren Seestädte Hollands und Seelands: Vliessingen, Enkhuisen, Leyden, Dortrecht, Haarlem abfielen und sich der Aufstand bald über das ganze Land ausbreitete. Die Abgeordneten der abgefallenen Landschaften versammelten sich in Dortrecht und ernannten Wilhelm von Omnien Zu „des Königs rechtmäßigem Statthalter von Holland, Seeland, Utrecht und Friesland". Dieser kam mit einem in Deutschland neu geworbenen Heere nach den Niederlanden und zog nach der Einnahme von Roeremonde nach Brabant, während sein Bruder Ludwig sich der wichtigen Stadt Mons im Süden bemächtigt hatte. Da aber die aus Frankreich erwartete Unterstützung an Geld und Truppen ausblieb, weil dort mit der Pariser Bluthochzeit die Politik eine andere Wendung genommen hatte, so mußte er den Rückzug antreten und sein Heer abdanken: Geldern, Overyssel und Friesland unterwarfen sich den Spaniern und der ganze Krieg wälzte sich nach Holland. Hier erfuhr zuerst Naarden die Rache der Spanier. Die Stadt hatte sich dem Obristen Romero gegen Versicherung der Schonung freiwillig ergeben und feine Mannschaft freundlich aufgenommen. Die Bürgerschaft ward zu neuer Eidesleistung unbewaffnet in die Kirche befchieden. Kaum aber war diese angefüllt, so brachen die Soldaten unter die Wehrlosen ein, hieben sie nieder, steckten die Kirche in Brand, verbreiteten sich daraus in alle Theile der Stadt und verübten Greuel aller Art. Diese Treulosigkeit war für alle Einwohner Hollands die Losung zur verzweifeltsten Gegenwehr. Bei Haarlem wiederholte sich die Treulosigkeit. Der Sohn Alba's, Friedrich von Toledo, dem sich die Stadt nach siebenmonatlicher Belagerung ergeben hatte, ließ, trotz der versprochenen Schonung, 300 Menschen paarweise mit dem Rücken zusammenbinden und in den Haarlemer See werfen, ein Vorspiel zu Carrier's erfindungsreicher Grausamkeit. Dagegen widerstand die Stadt Alkmar, bis Friedrich von Toledo, gewarnt durch einen aufgefangenen Brief des Prinzen, daß man die Umgegend überschwemmen werde, die Belagerung aufhob. Zudem siegten die Geusen in der Zuyder-See über die königliche Flotte und nahmen nach 28stündigem Kampfe das Admiralsschiff, „die Inquisition" genannt. Endlich war Alba seiner fruchtlosen Henkersarbeit müde und bat, seine allerdings angegriffene Gesundheit vorschützend, um seine Entlassung. An seine Stelle trat der Groß-Comthur von Eastilien.
5. Don Louis de Zuniga y Requefens, 157-L—1676.
Er war an militärischer Tüchtigkeit Alba mindestens ebenbürtig, aber durch seine versöhnliche Milde befähigt, mehr Siege zu erfechten, als Alba
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Extrahierte Ortsnamen: Hollands Haarlem Holland Seeland Utrecht Deutschland Brabant Frankreich Overyssel Friesland Holland Haarlemer_See
172
Erster Zeitraum: 1492—1648.
zum Herzog von S u lth erhob, stellte die Finanzen her durch genaue und gewissenhafte Büchführung, durch Unzugänglichkeit für die Forderungen der Hof- und Edelleute, der Maitressen und Finanzbeamten, und, unterstützt von der Fruchtbarkeit des Landes und zwöls Friedensjahren, erzielte er zuletzt, statt des bisherigen Deficits, einen Ueberschuß von 18 Millionen Livres (nach heutigem Geldwerthe 39 Mill. Thaler), und zwar bei einer Verminderung der directen Steuern. Diesen ansehnlichen Ueberschuß verwandte er theils zur Verminderung der Schuldenlast (im Ganzen um 124 Mill. Livres oder etwa 270 Mill. Thaler), theils zur Gründung eines Staatsschatzes, der sich bei Heinrich's Tode auf 41 Mitt. Livres belief. Und daneben wurden aus den Staats-Einkünften die in den innern Kriegen zerstörten Brücken und Landstraßen, allerdings mit Heranziehung der Provinzen und Städte, hergestellt, das Bett der schiffbaren Flüsse gereinigt,, ein Canal zwischen Seine und Loire gezogen, Vorstudien betrieben zu einem ungeheuren Canalnetze, welches alle großen Ströme Frankreichs und dadurch die Nordsee, den Ocean und das Mittelmeer unter einander in Verbindung setzen sollte. Aber die großen Fortschritte für Verkehr und Gewerbethätigkeit geschahen ohne, ja zum großen Theile gegen Sully's Willen, der in dieser Beziehung alten, beschränkten Ansichten huldigte. Vielmehr war der König selbst
nach allen Seiten hin schöpferisch thätig: er begünstigte den Ackerbau, er belebte die Industrie, er eröffnete dem Handel im Innern des Staates Straßen zu Lande und zu Wasser, nach außen freie Märkte, er begründete eine Colonisation, die sich in den nächsten anderthalb Jahrhunderten über einen großen Theil des nordamerikanischen Continents auszudehnen bestimmt war. Ruhe, Ordnung und Sicherheit herrschten unter dem Schutze eines starken Königthums im ganzen Staate, dessen Bevölkerung während der Bürgerkriege von 12 auf 10 Mill. gesunken war, während der 12 Friedens-jahre unter Heinrich's Regierung aber sich wieder von 10 auf 13 Mill. hob.
Neben der materiellen Blüte seines Reiches suchte Heinrich Iv. auch Kunst und Wissenschaft nach Kräften zu fördern. Insbesondere widmete er eine vorzügliche Sorgfalt dem Unterrichte durch Reorganisirung der während der Ligue gänzlich verfallenen Pariser Universität, durch Herstellung des von Franz I. zur Förderung des Sprachstudiums gestifteten College royal (jetzt College de France) und Berufung der berühmtesten Gelehrten des Jn-und Auslandes an diese Anstalt. Ebenso verdankt ihm die Pariser Nationalbibliothek, jetzt die größte der Welt, ihr Dasein, da sie während der Bürgerkriege fast völlig zerstört worden war. Er beauftragte mit ihrer Neubildung den berühmten Geschichtschreiber Nie. de Thou und gab ihr später in dem ersten Philologen seiner Zeit, Casaubonus, den geeignetsten Leiter.
Die meiste Sorgfalt wandte Heinrich der äußern Politik zu, deren leitender Gedanke war, das Haus Habsburg zu schwächen und Frankreich an dessen Stelle zur leitenden Macht in Europa zu erheben. Doch wollte
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_Iv Heinrich Franz_I. Casaubonus Heinrich
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6. Die Feldzüge der Römer in Deutschland.
29
liche, welche bei Carnuntum die Donau überschritt und nach dem Adriatischen Meere und Italien führte, eine zweite quer durch Germanien und Gallien an die Mündungen der Rhone, nach Massilia, dem Heimatsorte des Pytheas, und eine dritte südöstlich, dem Borysthenes folgend, ans Schwarze Meer, dann weiter nach Griechenland und nach Asien, wo der nordische Bernstein mit dem aus Indien zusammentraf. Auch zur See ward der Bernstein ausgeführt nach der cimbrischen Halbinsel und Scandinavien.
Doch rief der Handel nicht erst die germanische Seefahrt in's Leben, welche auch keineswegs ihm allein diente; noch öfter und weiter hinausgreifend wurden zur See kriegerische Fahrten unternommen, als Vorschule dessen, was die Völker germanischen Stammes auch einst im Seehandel werden sollten. Diese Seeschifffahrt Europa's ist nicht ausgegangen von den Anwohnern des Oceans, den Celten, sondern aus dem Meerbusen und dem Binnenmeere des Nordostens, und der germanische Stamm mit seiner angeborenen Doppellebigieit ist hierdurch auch der herrschende eines neuen Weltalters geworden. Was die romanischen Völker des Mittelalters durch Entdeckungen, Eroberungen und Handel Großes zur See geleistet haben, das verdanken sie der germanischen Verwandtschaft, in welche sie mit eingetreten sind, und haben es nur als Zöglinge der Germanen geleistet. Das bekunden schon ihre Sprachen, die Alles, was zur Seeschifffahrt gehört, selbst die Himmelsgegenden, mit germanischen Worten benennen.
6. Die Mdziige der Hörnn* in Deutschland.
(Nach Gustav Hertzberg, Die Feldzüge der Römer in Deutschland unter den Kaisern Augustus und Tiberius, und General von Peucker, Wanderungen über die Schlachtfelder der deutschen Heere der Urzeiten,. bearbeitet vom Herausgeber.)
Bis auf den großen Eroberer Galliens, Julius Cäsar, waren die Verhältnisse Roms zu der sog. barbarischen Welt des Nordens, damit zugleich die Sorge für die Abrundung und Sicherung der Nordgrenzen des römischen Reiches in gefährlicher Weise vernachlässigt worden. Mit der Unterwerfung Galliens und des anschließenden celtischen Helvetiens (östlich bis zum Rheinsall und zum St. Gotthard) glaubten die Römer eine zugleich strategische und ethnographische Grenzlinie in dem mächtigen Rheinstrom gefunden zu haben, dessen ganzes linkes Ufer vom Rheindelta aufwärts bis nach Schaffhausen sie seit Cäsar's gallischen Feldzügen beherrschten. Dagegen begnügten sie sich für die lange Strecke von Schaffhausen bis zum Schwarzen Meere mit einer sehr schlecht geschützten Grenze, bis eine Reihe von Uebergriffen Seitens der nordischen Völker, insbesondere der beiden wesentlich celtischen Völker-
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Extrahierte Personennamen: Bernstein Gustav_Hertzberg Gustav Augustus Tiberius Julius_Cäsar Cäsar Gotthard)
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Carnuntum Donau Italien Germanien Gallien Massilia Griechenland Asien Indien Bernstein Deutschland Deutschland Galliens Galliens Rheinsall Rheinstrom Rheindelta Schaffhausen Schaffhausen