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Spitznamen „perigo allemäo" beilegten und sein Kommen mit den Worten
begrüßten: „da kommt die deutsche Gefahr". — Auf der Reise nach Porto
Alegre traf ich mit lieben Landsleuten zusammen, deren Großeltern bereits
nach S. Maria ausgewandert waren und dort eine ansehnliche Wohlhaben-
heit erlangt hatten. Sie kamen eben freudig bewegt von einer Reise aus
der alten Heimat ihrer Großeltern zurück, wo sie Verwandte besucht hatten,
und sprachen ein so echtes Pfälzisch, daß man ihr Ursprungsland noch in
der Mundart der dritten Generation erkannte. Ihre erwachsene Tochter
aber tat so affig, nicht ein einziges deutsches Wort von sich zu geben, ob-
wohl wir zwei Tage zusammen an Bord waren und ihre Eltern immer
wieder betonten, daß sie gut Deutsch verstehe. Dafür stocherte sie — wie
jeder „fashionable" Brasilianer — bereits bei der Suppe mit dem Zahn-
stocher im Munde herum. — Auch in Sta. Catharina, in Jtajahy, sah ich
einen Teuto-Vrasilianer, dessen eingewanderter Vater sich schweres Geld in
den deutschen Kolonien erworben hat, und der so sehr auch äußerlich seine
deutsche Abstammung zu verbergen suchte, daß er wie eine französische
Cocotte nach Parfüm roch und aussah, wie ein seingepntzter Macao. Er
meinte offenbar in seinem Größenwahn, der Geburtsort Jtajahy genüge, um
Minister zu werden, weil der verehrte Deutsch-Brasilianer Minister Dr. L.
Müller in Jtajahy von deutschen Eltern geboren wurde.
(4. Laufpikaden im Urwald.) Das ganze brasilianische Berg- und
Tafelland ist arm an Verkehrswegen. Abgesehen von den Küstenstrichen
und Uferländereien fahrbarer Flüsse finden wir fast durchweg uur Pfade,
keine Wege, keine dauerhaften Brücken, kein einheitliches, zweckmäßig an-
gelegtes Wegnetz, wenig geregelte Wegunterhaltung und wenig organisierten
Betrieb. Aber auch die Pfade finden am Urwaldrand der Randgebirge
Südbrasiliens ihr Ende, und nur au markanten Pässen sah ich im Urwald
die Spuren der Buger (Indianer) sich zu einem Pfad verdichten.
Die üppige Vegetation gestattet wohl hier und dort für den einzelnen
Mann ein Durchschlüpfen unter Zweigen oder an Stellen hohen dichten
Waldes einige 100 m ein Vorwärtskommen ohne Waldmesser und Axt,
im übrigen aber muß der Eindringling und erst recht, wenn ihm Träger
folgen, sich eine Gasse, eine Pikade, in das Gehölz hauen. Namentlich der
Außenrand des Waldes an Flußläufen und Weganlagen und oben am
Gebirgsrand, d. h. wo Luft und Licht zutritt, ist mit Taquarrohr, Lianen
und ähnlichen Schlingpflanzen heckenartig verwachsen.
Das Eindringen in dieses turmhohe Dickicht geschieht deshalb nur aus dem
Trieb der Selbsterhaltung, zur Verfolgung der Buger und zu Jagdzwecken oder
im Forschungstrieb, besonders zur Erkundung der für Kolonisationszwecke
wichtigen Ländereien und zum Aufsuchen der von der Natur angedeuteten Wege.
Auf einer zweiwöchigen Wegeerkundung von Säo Bento nach der
Platemündung fand ich so schwierigen Wald und so tiefe Schluchten, daß wir
trotz anstrengendster zehnstündiger Arbeit nur 3 km täglich zurücklegten").
*) Beim Wettgehen legten trainierte Menschen oft neun und mehr Kilometer in der
Stunde zurück, und bei einein der größten Kämpfe im Wettgehen in England behauptete
ein Sportsman 13 km Stundenrekord während 3 Stunden. — In Deutsch-Südwestafrika
habe ich wiederholt auf der offenen Steppe und ihrer „Päd" im Tag 120 km trotz der
minderwertigen, afrikanischen Pferde geritten, ein scharfer Gegensatz zu der obengenannten
Tagesleistung im Urwald.
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
TM Hauptwörter (100): [T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T64: [Insel Amerika Land Spanier Australien Kolonie Hauptstadt Küste Entdeckung San]]
TM Hauptwörter (200): [T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann], T178: [Rio Peru Hauptstadt Republik Stadt Brasilien San Südamerika Land Chile], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]
Extrahierte Personennamen: Maria Catharina L.
Müller
Extrahierte Ortsnamen: Jtajahy Macao Jtajahy Randgebirge
Südbrasiliens England Deutsch-Südwestafrika
— 369 —
den deutschen Bauernfrauen überhaupt, viel mehr von den modisch ge-
kleideten feinen Stadtdamen.
Auch Schweine und Hühner, Torf und Holz, Heu und Kartoffeln,
Fleisch und Obst wird feilgeboten. Haben die Bäuerinnen ihren Vorrat
verkauft, so gehen auch sie in die Basare und Berkaufsläden Gegenstünde
einhandeln. Da gibt es gleich auf dem Markte: Muschelkörbe und Besen,
Kleider und Hüte, Küchengeschirr und Möbel, Zierat und Schmuck. Und
an den Handwerkerhäusern bekundet ein Schild mit Brezeln den Bäcker,
mit Fleischstücken den Fleischer, mit Sarg den Tischler, mit Schuhen den
Schuhmacher, mit Mütze den Mützenhändler. Ein Rad auf einer Stange,
mit Gläsern behangen, kündet den fleißig besuchten Reihausschank, ein paar
hebräische Zeichen geben den Treffpunkt der Juden an. Neben dem zuweilen
angebrachten „Schrittfahren" steht po woli, wie auf manchen Grabplatten
die Bezeichnungen für geboren und gestorben in polnischer Sprache zu lesen
sind; sonst sieht man deutsche Straßenschilder, deutsche Anschläge. Die
masurische Sprache selbst ist mehr Familiensprache. Sie tritt aus dem
Markte zurück und macht dem neugelernten Hochdeutsch Platz. Dies klingt
mild und einschmeichelnd, fast unterwürfig und ganz anders wie die rauhe
unmetallische südwestlichere Mundart. Sie tönt singend, der letzte und vor-
letzte Ton sind eine Sexte voneinander entfernt. Die dumpfe ostpreußische
Aussprache (a für e): Barg, meine Harren, hat etwas Patriarchalisches an-
genommen. — Durch die Stadt ziehen die Ulanen mit Gesang zum Feld-
marsch; hier sehen wir Kinder in die Beeren gehen; dort fahren Bauern-
wagen aufs Dorf zurück; an die Pumpbrunnen klebt man Ankündigungen.
— In den Buchläden sieht es wie in allen mittleren Städten aus. Ein
paar Gymnasiastenschulbücher, einige Probenummern, Geschäfts- und Gesang-
bücher, Patenbriefe und Ansichtspostkarten decken das Bedürfnis der Leute,
selbst provinzielle Literatur fehlt fast ganz.
(b. Volkstum.) In der Umgegend von Weißuhnen und von Lyck
spielen auch die Novellen Skowronneks. Wie Wichert die Litauer, so hat
Skowronnek die Masuren mit Meisterschaft gezeichnet. Sie haben beide
mehr die Schattenseiten ihrer Völker gesehen; aber sie sind doch Künstler
genug, den Hintergrund getreulich abzumalen. Und Skowronnek hat ja
seine Jugeud im Masurenlande zugebracht (Fritz Skowronnek, Masurenblut,
1899. — Polska Maria, 1888 etc.). Da sehen wir, wenn wir seine
Novellen lesen, den alten wackeligen Wegweiser an der Straßengabelung.
Die Kinder machen daselbst Kreise oder Kaulchen und spielen Klippe oder
schlagen an, — um Knöpfe. Wer kleine Hände und kleine Spannen hat,
verliert natürlich leichter, und alle feinen vergoldeten Glücksknöpfe, die das
30fache der gewöhnlichen gelten, gehen flöten. Der Knabe bekommt, da er
die Knöpfe von den Kleidern abgeschnitten hat, zu Hause noch den Strick
zu kosten. Dann macht man Räuber und Soldaten oder Jndianerkamps
in den benachbarten Wäldern, fischt auch und legt Reusen. Mit zärtlicher
Liebe hängen die erwachsenen Kinder an den Eltern, selbst wenn sie Geld
zu Schnaps von den Kindern beanspruchen und von ihnen ernährt sein
wollen. Die Alten suchen die Arbeit gern zu meiden, gehen lieber als
Schäfer mit Schalmei und Klingerstock oder sitzen am Rande und singen
geistliche Vettellieder um Geld, Speck, Schnaps, Brot. Der Schnaps ist
natürlich eine Hauptlabe; jung und alt, Manu und Weib trinken ihn in
Marquardt, Quellenlesebuch, « 04
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau]]
TM Hauptwörter (200): [T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T114: [Fleisch Milch Brot Pferd Butter Käse Stück Wein Schwein Getreide], T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann], T168: [Holz Tisch Messer Stück Honig Stuhl Griffel Hand Narbe Papier]]
Extrahierte Personennamen: Wichert Fritz_Skowronnek Polska_Maria Maria
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 51 —
Wir sehen den schönen Hafen mit seiner Menge von Schiffen, die gegen-
über aus Felsen erbaute Stadt Levis mit ihren drei Forts, die Unter-
stadt, das Leben auf dem stolzen Gewässer und an seinen Ufern.
Im schönen Quebec haben wir auch Gelegenheit, das gesell-
schaftliche Leben und die Beziehungen der verschiedenen Völker-
schasten zueinander kennen zu lernen. Die Häuser der vornehmen
Leute zeigen hier nicht die verschwenderische Pracht, die selbstgefällige,
großthnerifche Prunksucht, die wir in den großen Städten der Union,
namentlich in New-Aork, so aufdringlich und nicht selten protzenhaft ent-
faltet finden. Um so wohlthnender aber berührt uns die Behaglichkeit,
der feine Umgangston, die echte, wirkliche Vornehmheit, der ungezwungene
liebenswürdige Verkehr in den Häusern der Gebildeten. Wie lebhaft und
geistreich unterhält man sich bei Besuchen und geselligen Zusammenkünften!
Wie kommen gerade dabei die wirtlichen und geselligen Tugenden der
Frauen zur Geltung! Wie gesund und anregend sind die Vergnügungen,
denen sich alt und jung, Mann wie Frau mit ganzer Seele hingiebt!
Im Sommer sind die Reit-, Jagd-, Fischfang-, Ruder-, Cricket- und
ähnliche Clubs bemüht, ihre Mitglieder zu anregenden und zuträglichen
Vergnügungen zu verewigen. Im Winter verwandelt sich das Bild, wie
wir später sehen werden. Und bei all' den mannhaften, man möchte
sagen ritterlichen Übungen der Männer bleiben die Frauen keine müßigen
Zuschauerinnen, im Gegenteil, sie tummeln sich ebenso rüstig wie die jungen
und alteu Herren. Dieselbe Dame, die uns im Gesellschaftssaal durch
ihre herzgewinnende Freundlichkeit, ihr geistreiches Geplauder einnahm, ist
eine frohe Jägerin, eine fattelfeste Reiterin; sie rudert das Boot mit
Geschick und Ausdauer, sie schwimmt vortrefflich und lacht aller Unbilden
der Witterung, wovor sich die Frauen anderwärts so sehr scheuen. Wer
diese Frauen in ihrer Frische und Rüstigkeit sieht, wer ihre Geschicklichkeit
in allerlei Künsten der Männer bewundert, den erinnert ihre Erscheinung
an die Märchen von den Amazonen, jenen kriegsfrohen Frauen, von denen
einst so viel gesäbelt ward. Und doch ist nichts Unweibliches im Wesen
der Canadierin; wenn wir sie im Hause unter den Ihren, im geselligen
Kreise treffen, ist sie ganz Hausfrau, Mutter, Dame von Takt und Anmut;
wie die Frau des schlichten Landmannes, so sucht auch sie ihr Glück vor-
wiegeud im tränten Heim, ist aber trotzdem den Freuden des geselligen
Verkehrs durchaus nicht abhold. Anmutig und graziös ist ihre ganze
Erscheinung, ihr ganzes Wesen; die stattlichere Erscheinung, der kühnere
Wuchs, die blühende Krast und Frische, wodurch sie sich vor deu Gesell-
schastsdameu unserer Großstädte auszeichnet, sind mir geeignet, jene Vor-
züge noch mehr hervorzuheben. Den Amerikanerinnen in der Union
gegenüber besitzt sie noch eine weitere rühmenswerte Eigentümlichkeit: sie
verkehrt, wie fchon erwähnt, gern in geselligen Kreisen, aber von den
Ausschreitungen der New-Iorkerinnen hält sie sich mit richtigem Gefühle
für frauenhafte Würde fern.
Auffallend wird uns bei längerem Aufenthalt im Lande das eigen-
Qk
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend]]
TM Hauptwörter (200): [T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 123 —
reichen, wohlhabenden Familien angehörten. Auch das Verhältnis zwischen
älteren Söhnen und Töchtern und ihren Vätern und Müttern ist höchst eigen-
tümlich. Die Art des Betragens gegen diese ersten Wohlthäter ihres Lebens
hat für unser Gesühl sehr häufig etwas ungemein Rohes und Abstoßendes,
und gerade dieser Mangel an Pietät ist selbst von solchen amerika-
nischen Schriftstellern, die sonst für ihr Laud schwärmen, entschieden
gegeißelt worden. Ein von starken Söhnen umringter Farmer oder
Viehzüchter verlangt z. B. eine kleine Dienstleistung vou einem der
Burschen; sie sollen einem Feldmesser die Grenze des väterlichen Besitztums
zeigen. Keiner der sechs Gliedergewaltigen regt sich, oder giebt irgendwie
seine Bereitwilligkeit zu erkennen; in den harten, kalten Gesichtern, die
auffallend an dasjenige des alten Mannes erinnern, läßt sich nicht die
leiseste Veränderung erkennen. Der erste Sohn, der gefragt wird,
thut durch seine kurze, trockne Antwort kund, daß er notwendigere Dinge
zu verrichten habe. Der Vater wendet sich zu einem anderen, dem man es
schon, an seinem Gesichtsausdrucke ansehen kann, daß er nicht die mindeste
Lust fühlt, sich dem gewünschten Geschäfte zu unterziehen. Der Bursche
erklärt mit einem Ausdruck unsagbaren Hohns, er müsse „Mamachen"
mit ihrem „Säugling" nach dem Laden des Krämers fahren; mit dem
Ausdruck „Mamachen," der nichts weniger als zärtlich gemeint ist, bezeichnet
er seine frühgealterte Mutter, mit dem „Säugling" sein kleines Schwesterchen.
Der dritte der hoffnungsvollen Jünglinge drückt sich noch deutlicher aus;
er wirft dem fragenden Vater statt aller Antwort einen alten, geflickten
Stiefel hin zum Zeichen, daß er ans Mangel an genügender Beschuhung
nicht gehen könne. Die andern Bengel grinsen vor Vergnügen über den
rohen Witz; der Alte wird rot vor Zorn, hält aber an sich und fragt
den wortkargen Bill, ob er sich der Aufgabe nicht unterziehen wolle.
Aber der junge Mann erklärt, er habe keinen Sattel und könne deswegen
nicht reiten. Jetzt wird der verhöhnte Vater grimmig; er schwingt einen
Stuhl um den Kops, wie wenn er damit auf die frechen Lümmel ein-
hauen wollte. Doch furchtlos starren sie dem Erregten ins harte Antlitz,
in die stieren Augen; sie wissen, daß er sie ganz genau kennt und daß
er deswegen nicht wagen wird, sie, die vor dem Ärgsten nicht zurück-
schrecken, zu schlagen. Und wirklich läßt der Vater, seine völlige Ohnmacht
diesen fühllosen Rangen gegenüber erkennend, die Arme müde sinken und
— erklärt sich selber bereit, die Führung zu überuehmeu. Solche und
ähnliche, ja, uoch schlimmere Auftritte sind namentlich in den unteren
Schichten der Aankees, wenn zum Glück auch nicht allgemein, so doch
nicht selten. Schon die Art und Weise, mit der die juugeu Leute von
Eltern und Erwachsenen überhaupt sprechen, ist äußerst verächtlich und
respektlos. „Der Alte, die Alte, der alte Mann, die alte Fran, der alte
Bursche," — das sind Ausdrücke, die dem jungen Volke wie Wasser vom
Munde fließen, wenn sie von Vater und Mutter oder anderen älteren
Leuten reden.
Diese Eigentümlichkeit, der Jugend in allein den Willen zu lassen.
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz]]
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 419 -
länge entsprechen auch die sonstigen körperlichen Maße; er ist breitschulterig,
hat kräftige Glieder und dars sich des größten Brustumfanges unter allen
Männern der Welt rühmen. Die Neger von Fernando Po, deren Brust-
kasteu lange Zeit als der größte galt, stehen noch um 5—12 cm hinter
den Patagonen zurück. Hingegen ist diesen Indianern der Name „Pata-
gones", d. h. Großfüße, mit Unrecht beigelegt worden; ihre Füße sind
wohl groß, stehen aber vollkommen im Verhältnisse zu der Körpergröße.
Doch eins ist sicher: sie sind die größten uuter allen Menschen. Auch
die Frauen zeichnen sich, obwohl sie durchschnittlich etwas kleiner sind als
die Männer, doch noch dnrch stattliche Größe und kräftigen Körperbau aus.
Unser Wirt trägt, wie die anderen Krieger, ein Lendentuch, Chiripe
genannt, darüber einen langen Mantel aus Guanaco- und Siraußenfellen,
der seiner hohen Gestalt etwas Königliches verleiht. Höchst eigentümlich
ist seine Fußbekleidung; sie besteht aus Pferdehaut, hat keine Naht und
wird aus sehr einfache Weise hergestellt, indem man einem toten Rosse das
Fell vom Fersenteil der Hinterfüße abstreift und selber anzieht. Lang
wallt das schwarze Haar auf die breiten Schultern nieder, zusammenge-
halten von einem langen Stirnbande (teuque); selten tragen die Krieger
von den Frauen geflochtene breitrandige Hüte. Die Gewandung der Weiber
besteht aus langen Pelzröcken; sie gehen ohne Ausnahme barfuß. Die
wohlhabenden unter ihnen verbrämen ihre Mäntel gern mit den hübschen
Fellen des Stinktieres, das in Patagonien nicht selten ist. Ernsthaft hocken
die vier Franen des Kaziken um das Feuer und schüren die Flammen,
rüsten das Mahl. Er selber beobachtet mit lebhaftem Vergnügen in dem
sonst so ernsten dunkelbraunen Gesichte das Treiben seiner Kinder. Ein
stämmiger Knabe, sein ältester, hat ein kräftiges Roß herzugeführt, damit
zwei jüngere Geschwister sich frühzeitig in der so wichtigen Reitkunst üben.
Das Gebiß kennt der Patagone bei Ausrüstung seines Tieres nicht; er
schlingt ihm einfach den Lederzügel um die untere Kinnlade, befestigt ihn
mittelst eiues sogenannten Feuerwerkerknotens und hat nun, als vollendeter
Reiter, das Pserd vollständig in seiner Gewalt. Dem Rosse, das zu den
Übungen der Häuptlingskinder dienen soll, fehlt der Sattel, nur eiu
Guanacofell ist aufgelegt. Mühselig klettern die Kleinen auf das Reittier,
dessen Schweif aufgebunden ist, und der Vater giebt ihnen mancherlei gnten
Rat, die Künste der Kinder vom Toldo aus sorglich überwachend. Zwei
andere Knaben, wovon der eine vollkommen nackt ist, liegen an der Erde
und beschästigen sich mit einem niedlichen Füllen, das vor ihnen steht.
Zwei Hunde lauern weiter zurück mit größter Spannung auf den Erfolg,
den zwei andere Knaben mit ihrer Jägerkunst haben werden. Nach Art
der Kinder ihres Volkes üben sie sich nämlich im Gebrauche des Lasso,
um dereinst als Männer schon recht sicher darin zu sein. Der Wurf des
einen foll dem hübschen Füllen, der des anderen einem jungen Strauße
gelten, der bereits mißtrauisch uach dem jugendlichen Werfer hinüberäugt.
Da Kuaben dieses Alters meist schon erstaunliche Geschicklichkeit in An-
wendung der gefährlichen Wurfschlinge besitzen, werden die beiden bedrohten
27
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T195: [Pferd Tier Hund Schaf Löwe Wolf Rind Mensch Schwein Thiere], T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 122 —
die Kinder schon ein Unabhängigkeitsgefühl entwickeln, für dcis wir nicht
das geringste Verständnis haben, weil wir durch Liebe und Zucht von
den ersten Tagen unseres Daseins an ganz anders gewöhnt wurdeu.
Umgekehrt suhlen sich die Amerikaner bei uns durch das herrische Auf-
treten der Eltern gegen die Kinder, der Lehrherrn gegen die Lehrlinge,
der Herrschaften gegen die Dienstboten, der Behörden gegen die Bürger
angeekelt; sie meinen, solches Verfahren sei verdammeuswerte Mißachtung
der Menschenwürde. Wohl erzieht man die Kinder, soweit Ernährung
und Pflege in Betracht kommt, in der Union gut; aber jedermann huldigt
dem Grundsatze, seinen Sprößlingen unbedingt freien Willen zu lassen,
einerlei, was bei solchem Verfahren herauskommt. So darf es uns nicht
Wunder nehmen, daß die lieben Kleinen, sobald sie das leiseste Bewußt-
fein von dem Bestehen ihres werten Ich haben, sehr selbständig und eigen-
willig austreten. Das führt denn oft zu, wenigstens nach unseren An-
schauungen, äußerst drolligen Auftritten. Der Vater eines Knaben will
z. B., dieser soll Deutsch lernen, weil in der Gegend zahlreiche Deutsche
wohnen, mit denen man im geschäftlichen Leben viel zu thun bekommt.
Bei uns wird iu solchem Falle einfach gesagt:,, Du brauchst das Deutsche
künftighin, also lernst Du es! Der schwache amerikanische Papa da-
gegen setzt seinem hoffnungsvollen Früchtchen sehr weitläufig und halb
bittend auseinander, weshalb die Erlernung der fremden Sprache unbedingt
notwendig sei. Darauf entgegnet das selbstbewußte Bürschchen nicht selten,
es sei ganz entgegengesetzter Meinung und werde dieser, als der nach
seiner Ansicht besseren, folgen. Mit sauersüßer Miene ergeben sich die
Eltern dann ohne viel Widerstreben in den Willen des Söhnchens. Ganz
genau so macht es das Töchterlein, wenn es sich z. B. um die Wahl einer
Schule, um den Abbruch einer wenig empfehlenswerten Bekanntschaft handelt.
Aus großen Dampfern, iu Hotels betragen sich die Rangen mitreisender
oder in letzteren wohnender Familien in Gegenwart zahlreicher Lente bei
Tafel nicht selten in der flegelhaftesten Weise; meist wagen die schwachen
Eltern dann nicht einmal ein Wort der Mahnuug auszusprechen, geschweige
denn die nichtsnutzige junge Gesellschaft vom Tische wegzuschicken, oder
sonstwie zu strafen. Machen sie aber wirklich den Versuch dazu, so dürfen
sie sicher sein, der entschiedensten Nichtachtung zu begegnen. Wenn ein
juuger Mensch sich vorgenommen hat, dieses oder jenes zu erlernen, thut
er dies selbst gegen den ganz entschieden ausgesprochenen Willen der
Eltern. Am schlimmsten sind aber die Lehrer daran, namentlich die aus
Europa kommenden. Letztere sind von daheim gewöhnt, Zucht und Ordnung
in der Schule walten zu sehen; hier aber müssen sie sich in ganz kurzer
Zeit dazu bequemen, die größten Roheiten stumm und geduldig zu er-
trageu. Wollten sie den ungehorsamen Burscheu eine wohlverdiente Tracht
Prügel verabreichen, so würde eine förmliche Revolution der Schüler die
Folge sein. Es ist schon vorgekommen, daß Lehrer von einem Schüler
wegen einer verabreichten Ohrfeige durch Revolverschüsse getötet worden
sind, ja, daß solche Mordbuben sogar straflos ausgingen, weil sie einflnß-
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
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TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 124 —
mag auch wesentlich Ursache sein, daß die amerikanischen Kinder sehr früh-
zeitig etwas eigentümlich Blasiertes, Altkluges bekommen. Nicht das Klima
allein ist schuld daran, daß diese Menschlein nur kurze Zeit so frisch,
natürlich, harmlos-unschnldig bleiben, wie wir es in Deutschland gewohnt
find. Die armen Kleinen haben tatsächlich eigentlich gar keine Jngend;
der wunderbare Zauber, der bei uns die Kinderzeit umschwebt, fehlt im
nüchternen Amerika; damit aber geht unendlich viel Lebensglück verloren,
denn auch die köstliche Erinnerung an jene goldenen Tage, die den Menschen
im späteren Alter noch so manchmal tröstet und aufrichtet, erheitert und
spornt, ist „drüben" unbekannt. Die kleinen Mädchen benehmen sich wie
junge Ladies, sie drehen und wenden sich wie Balldämchen und lassen
sich von den unreifen kleinen Jungen die großartigsten Höflichkeiten und
Schmeicheleien sagen, wie wenn sich Herren und Damen im Festsaal gegen-
überständen. Harmlose Kinderfreuden, luie wir sie selber durchlebten und
die deutschen Kinder täglich wieder durchleben sehen, sind in dem selt-
famen Lande ebenso unbekannt, wie innige Anhänglichkeit, und zärt-
liches Sichanschmiegen an die Eltern, oder an die Freunde der Familie.
Wenn die Mädchen die Kinderschuhe eben ausgetreten haben, spielen sie
sich bereits wie Frauen auf; sie macheu Austaudsbesuche und empfangen
solche, sie halten förmliche Gesellschaften, sie gehen, reiten und fahren aus,
wie und mit wem es ihnen beliebt. Es ist ja nicht zu leugnen, daß
durch solche Art der Lebensführung das schon mehrfach erwähnte, von den
Amerikanern so gerühmte und hochgehaltene Unabhängigkeitsgefühl eut-
wickelt wird; aber steht dieser Erfolg im Verhältnis zu dem, was ver-
loren geht? Solche Jungfrauen entbehren aller Wärme des Gefühls; alle
Poesie, die gerade ihr Lebensalter verklärt und anziehend macht, wird in
dem hohlen Treiben erstickt. Das altkluge, weltkundige Wesen der jungen
Damen bringt einen nichts weniger als gewinnenden Eindruck hervor.
Es ist ferner gar nicht selten, daß Mädchen mit ihren Geliebten entfliehen
und sich in der Fremde mit ihnen tränen lassen, wenn die Eltern der
ehelichen Verbindung Hindernisse entgegenstellten; auch geheime Trauungen
kommen häufig vor. Es ist daher nichts Ungewöhnliches, daß eine
junge Dame einer Gesellschaft ganz unvermutet ihreu Mann vorstellt,
mit dem sie vielleicht bereits seit Jahr und Tag verheiratet ist. Ganz
ähnlich wie die Mädchen, ja in mancher Beziehung noch schlimmer, treiben
es die Knaben; sie setzen den Eltern gegenüber erst recht ihren Kopf
auf, und der thörichte Vater, die schwache Mutter hält das wohl für
ein Zeichen edlen Stolzes, löblichen Freiheitsgefühls. Wenn es solchem
Bürschchen in den Sinn kommt, macht es ohne Erlaubnis der Eltern,
vielleicht mit ihnen gestohlenem Gelde, eine Vergnügungsreise auf dem
Mississippi oder mit der großen Pacisicbahn. Ganz ebenso wählen sich
die unabhängigen Schlingel ihren Beruf, speisen sie, statt bei den Eltern,
in einem Kosthause. Öfter ereignet es sich auch, daß Jungen von 8 bis
10 Jahren die in ihren Sparbüchsen gesammelten Mittel dazu verwenden,
einen kleinen Handel, z. B. mit Eigarren, anzufangen. Die hellsehende
TM Hauptwörter (50): [T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
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nicht anmaßen. Die Frauen und Mädchen verstehen es oft meisterhaft,
sich zierlich zu kleiden und herauszuputzen; je vornehmer sie sind,
desto reicher und schöner ist auch ihre Gewandnng. Bemalung des Körpers
gehört bei jedem Alter und Geschlecht zum Schmuck und wird in ans-
giebigster Art angewendet.
Oft heiratet der junge Krieger aus Neigung, aber immer muß er
einen Kaufpreis für die Erwählte zahlen, etwa Pferde oder Decken geben.
Je unterwürfiger die Squaw (Frau) ihrem Herrn und Gebieter gegenüber
ist, desto mehr wird sie als Muster eines guten Weibes gepriesen. Ihr
größter Stolz und Ruhm besteht dariu, deu Mann gar nichts für sich
selber thun zu lassen, jeden seiner Wünsche im voraus zu errateu und zu
erfüllen, bevor er ausgesprochen ward. Sie bereitet ihm die Speisen, sie
näht Kleider für ihn oder bessert sie aus, sie gerbt die Häute der erlegten
Tiere, sie trocknet das Fleisch und bewahrt es für den Winter auf, sie
sorgt für das Pferd und ist überhaupt unermüdlich in der Sorge für den
Herrn Gemahl. So gedrückt die Lage der Frauen uns aber erscheinen
mag, so streng es ihnen verboten ist, die Beratnngshütte nur zu betreten,
üben sie im stillen doch einen Einfluß aus die Stammesangelegenheiten
aus. Und unglücklich fühlen sich die vielgeplagten Weiber durchaus nicht,
im Gegenteil, wenn der Stamm nicht Not und Bedrängnis zu erdulden
hat, sind sie so zufrieden und glücklich, wie es eine Frau überhaupt sein
kann. Es gilt für unpassend, daß der Krieger seiner Gattin irgendwelche
Zärtlichkeit zeigt; aber es kommt doch vor, daß sich tapfere Männer sehr
liebevoll gegen ihre Frauen benehmen, selbst in Gegenwart anderer.
Die Kinder werden von ihren Eltern sehr geliebt und infolge davon
nicht selten arg verhätschelt und verwöhnt. Im Zelt tummeln sie sich
kletternd an dem ernsten Vater, ja sogar an seinen Gästen umher, und
niemand wehrt ihnen. Die Knaben wachsen in völliger Ungebundenheit
auf und haben sich, wenn sie unter die Zahl der Krieger aufgenommen
werden wollen, überaus schmerzhaften Proben zu unterwerfen, bei deren
Schilderung es dem Weißen schon seltsam zu Mute wird. Die Mädchen
müssen von früh ans lernen, stumm zu gehorchen; schon die ganz zarten
Dingelchen, die kaum gehen können, helfen der Mntter bei ihren häuslichen
Verrichtungen.
Der Indianer ist ein scharfsinniger, gewandter Jäger, ein gefährlicher
Krieger. Im Herbste sucht man besonders viel Wild zu erlegen, um
Vorrat für den Winter zu haben. Die freie Zeit verwenden die Männer
zu kriegerischen Übungen, in denen sie erstaunliche Gewandtheit erlangen.
„Ihre Angriffe sind furchtbar, verwegen über die Maßen," erzählt uns
der Agent. „Sie erwarten keine Gnade vom Feinde, aber sie gewähren
selber auch keiue. Eine stürmende Reiterkolonne der Rothäute gewährt
einen prächtigen Anblick; wie mit den Pferden zusammengewachsen, brausen
die Scharen daher, jeden der durch Zeichen gegebenen Befehle sicher und
erstaunlich rasch ausführend. Reiten, Schießen, Wettrennen, Wettlaufen,
Ringen und Schwimmen stählen ihre Leiber und machen sie fähig, allen
TM Hauptwörter (50): [T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
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TM Hauptwörter (200): [T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
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Die Neger sind in Peru als Sklaven immer sehr mild behandelt
worden. Auch ihnen hat sich die plötzliche Befreiung wie anderwärts un-
heilvoll erwiesen; als liederliche Faulenzer und Trunkenbolde leben sie in
Armut, und ihre Zahl ist durch ansteckende Krankheiten und dnrch ihren
lasterhaften Lebenswandel bereits auf die Hälfte vermindert.
Unter den Mischlingen sind die Mestizen am achtungswertesten,
sanfte, mitfühlende, treue Menschen, die hauptsächlich in Handwerk und
Handel thätig sind und besonders gern mit Weißen verkehren. Die Mulatten
dagegen sind lächerlich eitle, sinnliche, faule Tröpfe, die sich aber vor den
andern Farbigen durch gute Begabung auszeichueu. Scheußliche Gesellen sind
die Zambos, die Abkömmlinge von Negern und Indianern; ihnen gehören
vier Fünftel aller Verbrecher in den Gefängnissen an, und die meisten und
schrecklichsten Räuber sind ebenfalls zu ihnen zu zählen.
An den Indianern Perus ist entsetzlich gesündigt worden. Einst
waren die Hochflächen des Landes wohl von vielen Millionen Eingeborener
bewohnt; durch unerhörte Mißhandlungen seitens der Spanier ist die Zahl
der christlichen Indianer jetzt auf 1 x/2 Millionen gesunken. Sie mußten
srüher in Bergwerken, aus Pflanzungen und in Fabriken gegen lächerlich
geringen Lohn Zwangsarbeit verrichten, gerieten in ihrer Notlage in Schulden
bei den weißen Tyrannen und sanken, da die Kinder für die Schulden
der Eltern aufzukommen hatten, in förmliche Sklaverei. Alles, was sie
als Lebensbedarf nötig hatten, mußten sie ihren Herren abkaufen; wie sie
dabei übervorteilt und betrogen wurden, kann man sich denken. Noch heute
besteht diese schändliche Einrichtung in manchen Teilen Perus und Bolivias
gegenüber den Eingeborenen, die dnrch die jahrhundertelange Unterdrückung ent-
schieden schlechter geworden sind; namentlich sind Unredlichkeit und Trunksucht
unter ihnen eingerissen. Heute noch sind die mittelgroßen, aber stämmigen Leute
trotzdem ausgezeichnete Krieger, die im Kampfe ausdaueru und sich bei guter
Führung durch todesmutige Tapferkeit auszeichnen. Am glücklichsten fühlen
sie sich als Hirten im Gebirge und auf den Gütern in den Thälern als
Ackerbauer. Hier wohnen sie in kleinen, von Schlinggewächsen umrankten
Lehmhäuschen, und hier singen Frauen und Mädchen heute uoch bei den
Erntearbeiten die lieblichen Lieder aus der großen Jncazeit. Wunderbare
Wirkung übt auf sie die Taiua, eine Klarinette aus Schilsrohr mit eigen-
tümlich düsterem Tone, aus; der wüsteste Lärm und Streit verstummt bei
den ergreifenden Klängen fofort. , Die Familien führen ein unerfreuliches,
düsteres Dasein; die Gatten reden wenig mit einander, die Kinder ein-
psinden Scheu vor den Eltern. Dennoch werden die Frauen nicht, wie
bei anderen unkultivierten Völkern, in roher Art als eine Art Sklavinnen
behandelt. In mancherlei feineren Hantierungen zeigt der Indianer Ge-
schick; die Mädchen spinnen und fertigen hübsche Gewebe, die Männer
stellen irdene Gefäße, Holzbecher und Kürbisflaschen mit zierlichen Schnitze-
reien her. Lieblingsgetränk ist das in ganz Peru verbreitete Muisbier.
Leidenschaftlich gern kaut der Eingeborene die Blätter der Coeapflanze;
dieselben schmecken ähnlich wie grüner Thee, wirken narkotisch und befähigen
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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Was den Ursprung des Namens Madrid betrifft, so er-
zählt A. von Rochau darüber folgende hübsche Sage:
Vor Zeiten, als nur ein paar einzelne Häuser mitten im
Walde standen, wo jetzt Madrid liegt, flüchtete sich hier ein
Knabe, von einem Bären verfolgt, auf einen wilden Kirschbaum.
Der Bär schickte sich an ihm zu folgen, als die Mutter mit
verzweiflungsvollem Geschrei herbei eilte; aber der Bube, ohne
an seine eigene Gefahr zu denken, rief ihr zu: Naäre là, Mlaàrs
ià (Mutter, macht, daß ihr fortkommt!) Daher Madrid. —
Ueber die Umgegend von Madrid im weitern Sinne d. h.
über die Hochebene von Castilien, welche die Physiognomie der
iberischen Halbinsel bedingt und entscheidend war für die Ge-
schichte und Cultur des Landes, sagt Alfred von Wolzogen in
seiner Reise nach Spanien: „Von der Einförmigkeit und Steri-
lität der Gegend vermag man sich schwer einen Begriff zu ma-
chen : fast nirgends ein Baum, und was noch schlimmer ist —
nirgends ein Fluß, der diesem dürren, leblosen, sonnenverkochten
Boden hinreichenden Befruchtungsstoff, labende Tränkung zuführte!
Selbst die Mark Brandenburg mit ihren eintönigen Fichtenwäl-
dern und ihren Flugsandhügeln erscheint dieser Wüstenei gegen-
über wie eine Art von Garten. Auch Berge finden sich nur
wenige, außer den dicht vor Burgos sich hinziehenden kahlen
Kalkhügeln der Brujula. Kein einziger ist bewaldet; was den
Gebirgen des Baskenlandes so hohen Reiz verleiht, der dichte
Laubwald, hört auf, sobald man den Felsboden Urspaniens (d. h.
der Hochebene von Alt- und Neu - Castilien) betritt. Die Nester,
die wir durchflogen, sind gräßlich: Armut und Schmutz schauen
zu allen Seiten aus den meist glasloscn Fensterhöhlen und Thü-
ren heraus. Als ich diese traurige Einöde passierte, ward ich
lebhaft an die Worte Washington Irvings erinnert, der in seiner
Einleitung zur „Alhambra" (dem bekannten maurischen Palast
in Granada) treffend bemerkt: „Viele pflegen Spanien sich in
ihrer Phantasie als eine milde südliche Gegend mit allen blü-
henden Reizen des üppigen Italiens auszumalen, während es
doch im Gegentheil, mit wenigen Ausnahmen in den an der
See gelegenen Provinzen, größtentheils ein trauriges, düsteres
Land ist mit steilen Bergen und langen kahlen Ebenen ohne
Bäume, unbeschreiblich still und einsam, an den wilden und un-
freundlichen Charakter Afrikas erinnernd." Die Ursache, weshalb
dem so ist, weshalb Spanien kein Italien, sondern im ganzen
vielmehr eine Einöde ist, liegt großentheils in seinen geologischen
Verhältnissen, in seiner Bodenbeschaffenheit. Wenn man bedenkt,
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
TM Hauptwörter (100): [T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T33: [Stadt Meer Italien Neapel Hauptstadt Rom Insel Genua Spanien Land], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
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