Kulturstellung. 189
schweig), 14 Kunstschulen. 20 Musiklehranstalten und zahlreiche Fach-
schulen. Auch öffentliche Bibliotheken, wissenschaftliche und Kunstsamm-
lungen, Hosbühnen u. dgl. dienen der Förderung und Verallgemeinerung
allgemeiner Bildung.
5. Erzeugnisse.
Die Bodenkultur ist noch immer der wichtigste Nahrungszweig der
Bevölkerung. Etwa die Halste der Bodeuflache des deutschen Reichs ent-
.fällt aus Acker-, Garten- und Weinland.*) Der Ackerbau blüht be-
sonders in den weiten Ebenen des deutschen Tieflandes, am Fuße der
Gebirgsränder und in größern Gebirgstälern. Vortreffliche Kultur-
ebenen finden sich in allen Teilen des Reichs. Zähle besonders frucht-
bare Gegenden aus! Im deutschen Osten herrscht der Großgrundbesitz
vor, im Westen und Süden der Bauernbesitz und die Gartenkultur. Als
Hauptgetreide wird Roggen gebaut; dann folgen Hafer, Weizen und
Gerste. — Bei der starken Zunahme der Bevölkerung muß das Deutsche
Reich noch viel Getreide (namentlich aus Österreich und Rußland) ein-
führen. Dagegen gelangen Kartoffeln trotz des starken einheimischen Ver-
brauchs jährlich in einer Menge von rund 15 Mill. Zentner zur Aus-
fuhr, und bei dem starken Zuckerrübenbau ist Teutschland das erste Zucker-
land der Erde geworden, so daß es an Produktion alle Länder Europas
und auch die tropischen Zuckerrohrländer weit übertrifft. Im Anbau von
H n l s e n s r ü ch t e n ist Deutschland das erste Land Europas; im Flachs-
bau wird es nur von Rußland übertroffen, bedars aber trotzdem einer
Einfuhr. Wo baut mau im Deutschen Reiche Wein, Hopsen und
Tabak au?
Die Viehzucht bildet einen sehr wichtigen Zweig der deutschen Land-
Wirtschaft. Sie wird gefördert durch Wiesen- und Weidereichtum und
durch Anbau mannigfaltiger Futtergewächse. Besonders hochentwickelt und
im Steigen begriffen ist die Pferde-, Rinder- und Schweine-
z n ch t, während die S ch a f z u ch t bei der Waffeneinfuhr von Wolle
ans Australien, Argentinien und Südafrika immer mehr zurückgeht.**)
Auch Pferde muß das Reich trotz trefflicher Pferdezucht noch vom Aus-
lande einführen. Welche Länder Deutschlands zeichnen sich durch Pferde-
zucht, welche durch Rinderzucht und welche durch Schafzucht aus?
, Fischzucht und F i s ch e r e i b e t r i e b wurdeu bis in die neueste
Zeit sehr, vernachlässigt. Erst seitdem das Reich der Hebuug des Fischerei-
Betriebs seine Fürsorge gewidmet und für den Schutz der deutscheu Fischer
durch ein Kriegsschiff gesorgt hat, beginnt die Küsten- und Hochseefischerei
emporznblühen. Doch steht der deutsche Gewinn gegenüber den gewaltigen
Ernten der.norweger, Schotten und Holländer, ja selbst der Engländer
und Franzosen, weit zurück, so daß die Einsuhr bedeutend die Aussuhr über-
steigt. Nennenswert ist der Heringssang in Nord- und Ostsee, der
'^..Die Verteilung der Bodenbenutzuug im Deutschen Reich zeigt fol-
gende Übersicht:
Acker - und Garteuland 48,4°/0 Waldflächen 25,7%
Weinberge 0,3°/0 Haus- und Hofraum,Wege-
Wiesenflächen„ 10,9 o/0 land und Gewässer 5,30,/0
Werde- und Ödland 9 40/0 Summa: 100 o;0
Viehstand betrug nach der letzten Viehzählung 1333: Schase
ßegeu 20mlll. Stuck, Rinder 16, Schweme 10, Pferde 3'/2, Ziegen 2»/2, Geflügel
Mill. Stuck und Bienenstöcke 2 Mill. Gesamtwert: 5577 Mill. Mk.
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Extrahierte Ortsnamen: Europas Deutschland Europas Weidereichtum Australien Argentinien Deutschlands Ostsee Deutschen_Reich Schweme Bienenstöcke
82 Iii. Die materiellen Grundlagen der deutschen Kultur.
Die Ziegenhaltung (3^ Millionen Ziegen) ist von
keiner ausschlaggebenden Bedeutung für die deutsche Viehzucht.
Bezeichnungen, rvie „Kuh des kleinen Mannes", „Bergmannskuh",
kennzeichnen bereits die wirtschaftliche Bedeutung der Ziegen.
In der Ziegenzucht stehen die Gebiete der deutschen Klein-
staaten obenan.
Bedauerlich ist der starke Rückgang, jährlich um rund
500000 Stück, der Schafhaltung (gegenwärtig nicht ganz
8 Millionen Schafe). Veranlassung zu diesem Rückgange ist neben
preiswerter Wolleinfuhr aus den Kolonialländern Australien,
Neuseeland, Argentinien und Südafrika die vorwärts schreitende
Technik der Landwirtschaft und der damit intensiver betriebene
Ackerbau. Zur Schafhaltung sind aber mehr extensive Betriebe
mit großen Weideflächen geeignet, so wie sie die ebengenannten
Kolonialländer aufweisen. Ganz ist die Schafzucht von unsrer
Landwirtschaft nicht zu trennen, da infolge der großen Anspruchs-
losigkeit des Schafes größere, wenig bringende Weideflächen aus-
genutzt werden können und die neuern hohen Fleischpreise die
Züchtung von Fleischrassen lohnend erscheinen lassen. Die stärkste
Schafzucht wird in Mecklenburg und dem Nachbarlande Pommern,
sodann in Schwarzburg-Sondershausen, Anhalt, Braunschweig
und Waldeck getrieben. Mit Ausnahme der Provinzen Rheinland
und Schlesien findet in allen preußischen Gebieten noch eine
verhältnismäßig bemerkenswerte Schafhaltung statt; Bayerns
Mittel- und Unterfranken reihen sich würdig an. Sonst ist in
ganz Süddeutschland die Schafzucht gering, desgleichen auch in
Sachsen, dem einst berühmten Lande der Merinoschafzucht. Auf-
fällig gering ist in Deutschland die Zucht von Maultier..
Maulesel und Esel, zusammen reichlich 11000 Stück.
Die Geflügelzucht ist wohl jetzt auch bedeutend in.
Deutschland, indessen werden wir darin von den großen Nachbar-
ländern übertroffen. Die letzte Zählung und Schätzung (1907)
ergab 69 Mill. Gänse, 2,8 Mill. Enten, 67 Mill. Hühner und
1i2 Mill. Truthühner. Für 40 bis 50 Mill. M. führen wir
jährlich lebendes Federvieh ein, und dazu für etwa 160 Mill. M.
Eier, in der Hauptsache aus Rußland und Österreich-Ungarn^
18. Der deutsche Wald.
Wenn wir jemand nach der Eigenart der deutschen Landschaft
fragen, so wird er den deutschen Wald als eine besondere
Eigenschaft mit nennen. Das mit Recht. Denn herrliche
Waldungen, von denen Lied und Sage künden, überziehen die
Kuppen und Rücken der Mittelgebirge, bekleiden verschwiegene
Talgelände und folgen als Auenwald den Flüssen entlang zur
Niederung. Jahrhundertelang war die deutsche Wirtschafts-
geschichte vom Waldreichtum bedingt. Bodenkultur und Bewohn-
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Extrahierte Personennamen: Südafrika
Extrahierte Ortsnamen: Australien Neuseeland Argentinien Mecklenburg Pommern Schwarzburg-Sondershausen Rheinland Schlesien Sachsen Deutschland Deutschland Rußland
17. Der deutsche Landbau und die deutsche Viehwirtschaft. 81
Gestüte sind die zu Trakehnen in Ostpreußen, Graditz in der
Provinz Sachsen und Celle in Hannover. Außer dem Edelpferd
züchtet man auch Arbeitspferde, hauptsächlich in Gebieten, wo
die Industrie oder die intensiv betriebene Ackerkultur _ schwere,
kräftige Pferde gebraucht. So wird im Westen des Reichs das
rheimsch-belgische, im Norden das Schleswiger Pferd gezüchtet.
In Süddeutschland sind Oberbayern und Elsaß-Lothringen die
Pferdezuchtgebiete. Die Vermehrung der Anzahl der Pferde
hat wohl mit der Bevölkerungszunahme nicht gleichen Schritt
gehalten, immerhin ist sie beträchtlich, wenn man bedenkt, daß
Kraftfahrzeuge, Eisenbahn, elektrische Bahn das Pferd aus alten
Betätigungsgebieten verdrängt haben, und daß jetzt auch höhere
Einforderungen als früher an die Leistungsfähigkeit eines Pferdes
gestellt werden. Bedeutend ist die Einfuhr von Pferden, jährlich
gegen 120000 Stück zum Werte von nahezu 100 Mill. M.,
hauptsächlich aus Belgien, Dänemark, Rußland, Österreich-Ungarn
und Frankreich. Nur der zehnte Teil davon wird ausgeführt, vor
allem nach der Schweiz.
Die Rindviehhaltung (21 Millionen Rinder, darunter
11 Millionen Kühe) hat in den letzten Jahrzehnten eine bedeutende
Steigerung erfahren, nicht zum wenigsten mit gefördert durch
landwirtschaftliche Ausstellungen und Zuchtgenossenschaften. Die
feinsten und teuersten Lebensmittel, wie Fleisch, Butter und
Milch, liefert uns das Rind; kein Wunder, daß man seiner Zucht
in den weitesten Kreisen große Aufmerksamkeit entgegenbringt.
In Norddeutschland ist, abgesehen von den fetten Marschboden-
gebenden, die Zucht geringer als in Mittel- und Süddeutschland;
in Bayern und Württemberg ist sie geradezu die Grundlage der
Landwirtschaft. Eine ansehnliche Rinderzucht haben von nörd-
lichem Gebieten Schleswig-Holstein, Oldenburg, Friesland,
Rheinland, Hessen-Nassau, Sachsen (Vogtland), Sachsen-Altenburg
und die beiden Reuß. Gegen 200000 Rinder für rund 80 Mill. M.
werden jährlich eingeführt, hauptsächlich aus Osterreich-Ungarn und
Dänemark. Die Ausfuhr, besonders nach der Schweiz, ist unbedeutend.
Den bedeutendsten Aufschwung hat in Deutschland die
Schweinehaltung (reichlich 22 Millionen Schweine) ge-
nommen; sie ist den andern Züchtereien, desgleichen dem
Bevölkerungszuwachs vorausgeeilt. Von großem Einfluß auf
unsere Züchtung ist das englische Yorkshireschwein geworden, das
zur Veredelung unsers Landschweins wesentlich beigetragen hat.
Am ^ stärksten ist die Schweinezucht in den sächsischen und
thüringischen Ländern und den nördlich davon gelegenen Klein-
staaten, ferner in Baden und Hessen. Von den preußischen Provinzen
sind Sachsen, Westfalen, Hannover, Hessen-Nassau, Rheinland,
Schleswig-Holstein und Pommern zu nennen. Trotz der großen
Zucht werden jährlich 90000 bis 130000 Stück im Werte von
16 bis 22 Mill. M. eingeführt, fast ausschließlich aus Rußland.
Die Ausfuhr ist nicht nennenswert.
Eckerr, Deutsche Kulturgeographie, 6
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Extrahierte Personennamen: M.
Extrahierte Ortsnamen: Ostpreußen Provinz_Sachsen Celle Hannover Süddeutschland Oberbayern Elsaß-Lothringen Belgien Dänemark Frankreich Norddeutschland Oldenburg Friesland Rheinland Hessen-Nassau Sachsen Sachsen-Altenburg Osterreich-Ungarn Deutschland Baden Hessen Sachsen Westfalen Hannover Hessen-Nassau Rheinland Schleswig-Holstein Pommern
76 Iii. Die materiellen Grundlagen der deutschen Kultur.
Im allgemeinen wird heute mehr von einem Hektar geerntet
als vor zwanzig und mehr Jahren; ein schöner Beweis dafür,
wie der wissenschaftlich betriebene Ackerbau fortgeschritten ist.
Die Gesamtmenge im Jahresdurchschnitt des letzten Jahr-
zehnts betrug abgerundet in 1000 Tonnen (1 t = 10 dz) beim
Weizen 3600, Rogen 9500, Gerste 3000 und Hafer 7500. Der
Wert der Ernten ist nach der Güte der Frucht auch schwankend,
immerhin kann man einen Einheitspreis für die Tonne von
175 M. für den Weizen, 150 M. für Roggen, 160 M. für Gerste
und 160 M. für Hafer annehmen. Alsdann erhält man als
Wert der deutschen Getreideernte bei Weizen 640 Mill., Roggen
1430 Mill., Gerste 500 Mill. und Hafer 1200 Mill. M, insgesamt
3770 Millionen M.
Indessen langt das in Deutschland erbaute Getreide nicht
für den eigenen Gebrauch. Die Zeit wird nicht mehr fern sein,
wo wir dem Auslande eine ganze Milliarde M. für Getreide
zahlen, während wir kaum für ein Fünftel dieses Wertes dem
Auslande wieder zuführen. Während unsere Ausfuhr an Gerste
kaum nennenswert ist, senden wir für rund hundert Millionen M.
R o g g e n in der Hauptsache unsern Nachbarn Dänemark, Norwegen
und Holland. Weizen- und Haferausfuhr erreichen zusammen
fast die Höhe der Roggenausfuhr. Ganz beträchtlich ist die Ein-
fuhr von Weizen und Gerste nach unserm Vaterlande. Weizen
holen wir vor allem aus dem europäischen Rußland, Argentinien,
den Vereinigten Staaten von Amerika, Australien und Rumänien
und Gerste fast ausschließlich aus Rußland und nur in geringem
Mengen aus Österreich-Ungarn und andern Ständern*).
Der Mais ist keine einheimische Getreideart**). Unser Klima
sagt ihm wenig zu. Nur im Südwesten des Reichs kommt er
zur Reife. In der Hauptsache wird er als Futterpflanze angebaut.
Unsern Maisbedarf decken fast ganz und gar Argentinien, Rußland,
die Vereinigten Staaten von Amerika und Rumänien. Unsere
kleinste Kolonie, Togo, ist das einzige Schutzgebiet, das auch
Mais nach dem Mutterland sendet.
Von geringer Bedeutung ist in der deutschen Landwirtschaft
der Anbau von Hülsenfrüchten. Die Erbsen, Linsen und
Bohnen lieben einen mit Humus durchsetzten Kalk- oder Sand-
boden, lockern Lehmboden und nicht allzugroße < Feuchtigkeit.
Erbsenländer sind Ost- und Westpreußen. Die Linse zieht südlichere
Gebiete, wie Thüringen und Bayern, vor. Im Westen und Süd-
westen des Reichs wird die Bohnenkultur betrieben. Sie ist
gering,' außer den Früchten wird das Kraut benutzt^ das zu
Futterzwecken dient. Als Futtermittel werden lediglich Wicke
und Lupine angepflanzt. Die Lupine ist der „Segen des Sand-
*) Vgl. Kleiner Atlas der Wirtschafts- und Verkehrsgeographie Nr. 7
Weizen, Roggen, Gerste und Hafer.
**) Vgl. Kleiner Atlas der Wirtschafts- und Verkehrsgeographie Nr. 8.
Mais, Reis, Wein und Tabak.
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Extrahierte Personennamen: Wicke
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Norwegen Holland Argentinien Amerika Australien Argentinien Amerika Togo Bayern
39. Die deutschen Kolonien als Rohstofflieferer. 235
Letztere Fragen sind allerdings bis jetzt nicht so brennend geworden,
weil die einheimische Viehzucht der Ernährung unsers Volkes im
großen und ganzen noch genügen kann. Für die koloniale Tier-
zucht ist es notwendig, solche Stoffe zu erzeugen, für die in der
Heimat ein Bedarf vorliegt. Die Gesamtausfuhr an tierischen
Erzeugnissen der Kolonien beträgt erst wenige Millionen, und
die Einfuhr nach Deutschland an tierischen Erzeugnissen beläuft
sich abzüglich der Wiederausfuhr im rohen Zustand auf weit
über 1 Milliarde M. Bei der kolonialen Tierzucht kann es sich
vorderhand nur um Rohstoffe handeln, namentlich Wolle, _ Felle,
Häute, Leder, Knochen, Haare, Därme, Federn, wofür wir des
Jahres allein über 1/2 Milliarde M. dem Auslande zahlen.
Die Wolle ist neben der Baumwolle der weitaus wichtigste
Rohstoff für unsere Textilindustrie. Von den rund 400 Mill. M.,
die wir an außerdeutsche Länder für rohe Schafwolle zu entrichten
haben, wird hoffentlich bald ein gut Teil nach Deutsch-Südwest-
afrika, was unser Schafzuchtgebiet der Zukunft ist, abfließen. Im
Jahre 1910 sandte Südwest dem Mutterlande für 30000 M.
Wolle. Bedeutender ist hier die Ausfuhr von Hörnern, nach
Deutschland etwa für 100000 M. Die ähnlich hohe Ausfuhr
an Hörnern von Deutschostafrika kommt dem einheimischen Markt
nur zu einem Viertel zugute. Die deutschen Kolonien liefern ferner
in kleinen Mengen Häute von Ochsen, Ziegen und Schafen, auch
Wildhäute und Südwestafrika besonders noch Robbenfelle. Die
Straußenzucht steht erst in den Anfängen. Kostbare Federn
liefert Neuguinea: von hier werden jährlich gegen 6000 Stück
Paradiesvögel, davon 5000 für Deutschland ausgeführt, im
Werte von nicht ganz 200000 M. Gesetzliche Maßnahmen
müssen der Ausfuhr dieses prächtigen Vogels, wenn er nicht in
einigen Jahren als ausgestorben, zum mindesten als ganz selten
gelten soll, Einhalt tun.
Von tierischen Erzeugnissen seien noch genannt der
Guano aus Südwestafrika, das Jnsektenwachs und die
Kauri aus Ostafrika, Schildpatt und Perlmutterschalen,
Trepang und Haifischflossen von der Südsee. Fernerhin
werden lebende Tiere (Haustiere und Wildtiere) exportiert,
am meisten aus Ostafrika, sodann aus Südwest, Togo und
Kamerun. Von den tierischen Erzeugnissen steht dem Wert nach
das Elfenbein immer noch obenan. Unsere vier afrikanischen
Schutzgebiete liefern Elfenbein, zusammen für etwa Iv2 Mill. M.
Kamerun und Ostafrika bringen jährlich je für V2 bis 3/4 Mill.
und mehr Mark Elfenbein auf den Markt, von dem der ansehn-
lichste Teil für unsere heimische Industrie bestimmt ist.
Während es in unserm Willen und in unserer Kraft liegt,
die pflanzlichen und tierischen Erzeugnisse von Jahr zu Jahr zu
steigern, ist dies für mineralische Erzeugnisse nur bis zu
einem gewissen Grade der Fall. Sobald ein Minerallager aus-
gebeutet ist, ist sein Produktionswert dahin. Diese Befürchtung
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Deutschostafrika Neuguinea Deutschland Südwestafrika Ostafrika Ostafrika Togo Kamerun Kamerun Ostafrika
— 44 —
an immer mehr einzubürgern. Das Hauptnahrungsmittel ist Reis,
daneben See- und Süßwasserfische und verschiedene aus Hülsenfrüchten
bereitete Speisen. Schlachtvieh wird in geringer Menge verbraucht.
Japan ist eigentlich ein Land ohne Haustiere. Der National-Japaner,
der weder Milch trinkt, noch auch Fleisch ißt, hat für die Kuh
keine Verwendung. Das Pferd ist in Japan auch nicht 'heimisch und
wird nur zum Gebrauch für Fremde eingeführt. Die Lastkarren werden
von Kulis gezogen, oder geschoben und die „Equipagen" oder Sänften
werden von Lakaien oder gemieteten Männern befördert. Hunde
finden sich in großen Rudeln verwildert; doch giebt es keine zahmen
Haushunde, da der Japaner sie weder zur Wacht noch auch zur Jagd
verwendet. In dieser Eigenschaft finden sie in Japan auch nur wieder
bei den Ausländern Verwendung. Schafe und Ziegen sind ebenfalls
unbekannt, ebenso wenig werden Schweine gehalten. Wolle wird nicht
verwendet, da Japan bekanntlich große Baumwollbaumpflanzereien hat
und durch seinen Reichtum an Maulbeerbäumen neuerlich auch vorzügliche
Seideuzüchtereieu besitzt, so daß wolleues Zeug in Japan beinahe gar-
nicht getragen wird. Schweinefett ist in der Küche des Japaners ein
unbekanntes Ding. Maultiere und Esel siud auf der Insel ebenfalls
fremd. Hühner werden wenig, Enten und Tauben höchst selteu und
auch nur von Ausländern gehalten. Doch räumt das rastlos vordringende
europäische Kulturleben auch immer mehr mit der althergebrachten Er-
nährungsweise des Volkes auf. Die Hauptnahrungsquellen sind
Ackerbau, Kunstgewerbe und neuerdings Großindustrie und Haudel.
Jnbezug auf Gewerbe und Wissenschaft waren die Japaner bis in die
neueste Zeit noch Schüler der Chinesen und lebten in ähnlicher Abgeschlossenheit
wie diese. Seitdem es aber den Nordamerikanern gelungen ist, (1854) Japan
dem Verkehr mit Europa und Nordamerika zu öffnen, hat das geweckte japanische
Volk überraschend schnell viele Fortschritte unserer Kultur inbezug auf Gewerbe,
Eisenbahn-, Telegraphen-, Heer- und Unterrichtswesen angenommen, so daß
die Japaner unstreitig das gebildetste mongolische Volk sind.
Zahlreiche junge Japaner studieren auf westeuropäischen Universitäten und
werden dann in ihrer Heimat Förderer abendländischer Kultur. Sogar die
Despotenherrschaft ist abgeschafft und eine Staatsverfassung mit Volksvertretung
eingeführt. Der Mikado ist das weltliche und geistliche Oberhaupt. — Die
Japaner sind außerordentlich fleißig im Anbau des Bodens. Selbst steile Berg-
abhänge zeigen bei sorgfältiger künstlicher Bewässerung noch ergiebige Terrassen-
kultur. Das japanische Kunstgewerbe ist uralt, und die japanische Industrie
ist derjenigen aller andern asiatischen Kulturländer weit voraus. Die Japaner
liefern ausgezeichnete Seidenstoffe, Glas-, Marmor-, Porzellan- und Lackarbeiten,
sowie eigenartige Kunstschnitzereien. Hauptausfuhrstoffe sind indes Thee und
Rohseide.
3. Orts künde, a) Auf der Hauptinsel Hondo oder Nippon: Tokio
(=» Osthauptstadt) Hst. mit 1,3 Mill. E., in einer fruchtbaren Ebene, in der
Mitte der Ostküste, an einer breiten, inselgeschmückten Hafenbucht gelegen, ist
bei seiner vortrefflichen Lage zu einer Riesenstadt von dem Umfange Londons
angewachsen. Das kaiserliche Residenzschloß, umwallt und durch Äaumgehege
dem Blick Uneingeweihter entzogen, bildet mit seinen Gärten, Teichen, Villen,
Flüssen, Brücken einen Stadtteil für sich. Prachtvolle Tempel, stillgelegene
Paläste der Großen, niedrige Bürgerhäuser, heilige Haine, Gärten, Warenhäuser
und das bunte Volksgemisch in den schmalen Straßen der belebten Stadtviertel
machen in ihrer Gesamtheit auf den Europäer einen großartigen, wenn auch
eigenartigen Eindruck. Eine Bahnlinie, die älteste in Japan, verbindet Tokio
mit der europäisch angelegten, aufblühenden Hafenstadt Jokohäma (160 Tsd. E.)
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel], T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel]]
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Extrahierte Ortsnamen: Japan Japan Japan Japan Japan Japan Europa Nordamerika Heer- Tokio Londons Japan Tokio
— 97 —
einen Fürsten der Herero giebt es kein größeres Vergnügen, als znzn-
sehen, wie seine Rinder getränkt werden. Die einzelnen Stücke der
Herden kennt er in der Regel nach Wesen und Aussehen. Schon die
Kinder erhalten einzelne Stücke der Herde als Eigentnm ^ zugewiesen,
so daß sie sich, wenn sie erwachsen sind, meist im Besitz eines schönen
Viehstandes sehen. Den weißen Händlern sucht man alles anzuhängen,
was irgend einen Makel hat, wobei indes auch der Aberglaube mitspielt,
indem manch schönes Stück von den Herero nur deswegen losgeschlagen
wird, weil es eine ungewöhnliche Zeichnung hat, oder weil es in einer
Unglückssinnde brüllte, heilige Zweige benagte oder in einen Aschen-
hausen des heiligen Feuers trat. Eiu Stück von der Herde schlachtet
sowohl der Herero als auch der Nama uur ungern, und zwar nur bei
Festlichkeiten. Milch, Pflanzenkost und Wild bilden die gewöhnlichen
Nahrungsmittel. Die Nama bauen ihre leichten Hütten nach Hottentotten-
art, die Herero bienenkorbartig.
So ähnlich die Lebensweise beider Volksrassen ist, so wenig friedlich
find ihre nachbarlichen Beziehnngen. Zwischen beiden Stämmen herrscht
grimme Erbfeindschaft. Die Nama sehen in den Herero Eindring-
linge (in der That sind diese anch erst vor 100 Jahren in ihre jetzigen
Weidegründe eingedrungen) und führen gegen dieselben fast ununter-
krochen einen blutigen Vernichtungskrieg. Feuerwaffen alter und neuester
Konstruktion sind bei ihnen wohlbekannt: geübte Schützen und kühne
Reiter giebt es auf beiden Seiten. Zwar haben die an Zahl weit
überlegenen Herero die Nama fast in allen Gefechten geschlagen, aber
ihren Sieg nie auszunutzen verstanden. So haben denn die Nama
immer wieder ränberische Einfälle in das Gebiet der Herero unternommen.
— Für die Kultnr zeigen beide Völker unverkennbare Anlagen und
sind namentlich auch den Lehren des Christentums zugänglich. Sie
sprechen neben ihrer Muttersprache einen in Südafrika sehr verbreiteten
holländischen Dialekt, ahmen mit Geschick europäische Kleidung nach,
und manche lernen sogar lesen, schreiben und rechnen.
3. Kolonialthätigkeit. Die kriegerischen Unruhen brachten auch für
die Kolonialthätigkeit allerlei Wirren mit sich und führten zur Bildung einer
kleinen Schutztruppe, die in Windhoek, einer Grenzstation zwischen Nama-
und Hereroland, ihren Aufenthalt hat, aber bei weitem nicht stark genug ist,
um den Wirren mit Nachdruck ein Ende zu machen.
Bezuglich der Kolonialthätigkeit befürworten hervorragende Forscher in
erster Linie Anlage von Biehzuchtkolonieen. „Alles kommt hier diesem
Zweck entgegen: die unermeßlichen Ebenen, welche eine freie Bewegung der
Tiere ermöglichen, der nicht so leicht zu erschöpfende Reichtum an nahrhaftem
Gras, dazu ein Klima, das dem Vieh gestattet, das ganze Jahr hindurch im
freien zu sein. Kostspielige Stallbauten, mühsames Futtereinsammeln, ebenso
ein zahlreiches menschliches Bedienungsmaterial sind in diesem Schäfereldorado
unnötig . ^ . Schon eine rationell und in großem Maßstabe betriebene Pferde-
zucht müßte treffliche Resultate ergeben, . . . und schon an der Garnison
des Kaplandes würde man eine gute Abnehmerin finden." (Dr. Bernhard
Schwarz). „Wenn erst in Groß-Namaland ein paar Tausend Schafe weiden,
so wird sich bald der eine und andere Kolonist einfinden, der seinen Lebens-
unterhalt und den andern der Ackerkrume abgewinnt, und wenn erst dieser
Unfang gemacht, so wird die Weiterentwickelung so gut ihren Gang finden, wie dies
rn der Karroo heute der Fall ist." (Dr. Hans Schinz). Auch die im Kaplande
m,t bestem Erfolge eingebürgerte Straußenzucht könnte in das deutsche
Tromnau, Lehrbuch der Schulgeographie Ii. 7
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land], T114: [Fleisch Milch Brot Pferd Butter Käse Stück Wein Schwein Getreide], T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution]]
Extrahierte Personennamen: Bernhard
Schwarz Hans_Schinz
— 170 —
Ruf. Neben ausgedehnten Nadelwäldern, Sumpf- und Heidestrecken
trifft man auch ertragsreiche Ackerfelder, die infolge von Entwäsferungs-
und Überrieseluugsarbeiteu immer mehr an Ausdehnung gewinnen.
Auch entschädigt den Wanderer in diesem dünnbevölkerten Landstrich
(20—30 Leute auf 1 qkm) der Anblick laudschaftlicher Schönheiten,
der ihn vergeffen läßt, daß er sich im tiefsten Heidegebiet befindet. —
Die Bevölkerung ist in diesem westpreußischen und dem angrenzenden
posenschen Teil des Seenrückens zu 2/3 polnischer Abstammung und
katholischer Konfession,
Tie Nordwestabdachung des Landrückens erfüllt das Gebiet
von Hinterpommern. Hier eilen die Küstenflüsse Rega, Persante,
Wipp er, Stolpe, Lnpow und Leba (letztere bereits im Gebiete
der Kassubei), der Ostsee zu. Die Täler der Flüsse werden von
einzelnen Höhenzügen begleitet, die vom Rücken des Höhenzuges gegen
das Meer hin streichen und hie und da bedeutende Erhebungen auf-
weisen. Zu ihnen gehört der Steinberg (240 in), die höchste Er-
hebuug Pommerns. Die bedeutendsten Seen sind der Plönesee und
der durch kaualisierteu Abfluß mit demselben verbundene Madüsee,
der größte pommersche Laudsee, in dem die geschätzte Maräne lebt,*)
die sonst in Deutschland nur noch in einigen ostprenßischen Gewässern
vorkommt.
Die Bewohner von Hinterpommern sind — abgesehen von den
Kafsuben — Deutsche und durchweg evangelisch, ein kräftiger
Menschenschlag von mannhaftem Sinn, voller Liebe zum Althergebrachten,
-bedächtig und laugsam, ja schwerfällig, gutmütig und treuherzig, oft
vou derben Formen im Umgange. Ihrem Könige sind die Pommern
uuwaudelbar treu, im Kriege ausdauerud und heldenmütig, wie sich
dies im siebenjährigen Kriege, den Freiheitskriegen und 1870/71 Herr-
lich bewährt hat**). Die Haupt uahruugsquelle der Bevölkerung
ist Ackerbau und Viehzucht; besonders sind die pommerschen Schafe,
Schweine und Gänse berühmt. Neben dem Großgrundbesitz (darunter
die Güter des Fürsten Bismarck bei Varzin) ist in Hinter-
Pommern der Bauernstand sehr reichlich vertreten. Die Fruchtbarkeit
des Bodeus ist ungleich; doch finden sich auch äußerst fruchtbare
Strecken, so der Wei zack er bei Pyritz und die Gegend um
Polzin. Erwähnenswert ist auch die Bienenzucht mit ihren reichlichen
Ergebnissen an Honig und Wachs.
*) Mönche des ehemaligen Cisterzienserklosters .^lolpatz sollen einst diesen
Fisch aus Italien nach diesem See gebracht haben.
**) Friedrich der Große bezeichnete die Pommern als die erste Stütze des
preußischen Staates und urteilt über sie in seinem politischen Testament 1765
also: „Die Pommern haben etwas Ungekünsteltes; sie würden nicht ohne Geist
sein, wenn sie besser gebildet wären; niemals aber werden sie schlau und ver-
schlagen sein. Der gemeine Mann ist argwöhnisch und hartnäckig; sie sind
eigennützig, aber weder grausam noch blutdürstig, und^ihre Sitten zumeist sanft.
Man bedarf also keiner Strenge, sie zu regieren. ^>ie geben gute Offiziere,
vortreffliche Soldaten ab; manche leisten im Finanzfache gute Dienste; ver-
gebens aber würde man aus ihnen politische Unterhändler machen wollen."
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Extrahierte Personennamen: Stolpe Friedrich_der_Große Friedrich
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Industriestadt Anhalts (Zucker, Salz, Maschinen). — Z erb st, Industriestadt
im n. Teil des Herzogtums.
c) Die tüneburger Heide mit ihrem südlichen Vorland.
Die Lüneburger Heide, 100—130 111 hoch, bildet mit den Wilseder
Bergen zwischen Lüneburg und Verden (170 m) den letzten Ausläufer
des f. Landrückens. Die Grenze im Sw. bildet die Weser mit der
Aller, im No. die breite Elbniederung. Das s. Vorland der Lüne-
burger Heide, das von den Nebenflüssen der Aller durchflössen wird
(Dcfer vom Harz und Leine vom Eichsfeld), besteht cins fruchtbarem
Boden, den N. und No. umsäumen fruchtbare Fluß und Seemarschen.
Die Lüneburger Heide ist eine stark gewellte, sandige Hochfläche. Der
Abfall der Heide ist zu beiden Seiten sanft, doch nordwestwärts merklich
steiler, so daß der Wanderer, der von N. her kommt, einen Niedern Gebirgszug
am Horizont wahrzunehmen vermeint, aus dem die Flüsse mit beträchtlichem
Fall und in tiefeingeschnittenen Tälern hervortreten. Kommt man dagegen von
S. her, so sieht man eine endlose Ebene vor sich, deren Flüsse langsam dnrch
Sümpfe und Torfmoore zur Aller abfließen. Unter dem höheren Nordrande
läuft ein Zug von Muschelkalk und Gips, während im übrigen der Untergrund
der Heide vielfach Sand, Tonlager und Mergel tertiären Alters, im Aller-
gebiet zudem vorwiegend Alluvialbodeu zeigt.'
Der Übergang aus der fruchtbaren Ebene in die Heide ist im S. in der
Regel ein allmählicher. Die Wiesen und Äcker werden magerer; die Dörfer
liegen weit zerstreut; Kiefern und Birken treten auf und bereiten die Heide-
region vor. Endlich nach stundenlanger Wanderung über kahle, von Riedgras,
Heidekraut und Immortellen bewachsene Höhenzüge sieht man sich mitten in der
Heide. Auf weiten Strecken herrscht eine traurige Öde, „in der sich Wacholder
Heide und Besenpfriem Gesellschaft leisten." Ab und zu unterbrechen große
Wanderblöcke, Hünengräber und große Hochmoorflächen die
Einförmigkeit der endlos scheinenden Heidelandschast. — Soweit die Heide ein
Stück reiner, ursprünglicher Natur ist, hat sie auch ihre Poesie. Summende
Insekten schwirren von Blume zu Blume, zu den sattgelben Blüten des Ginster,
zu den gelbblühenden Kleearten, dem Heideröschen, dem granen Mauseklee
und zu den Fruchtknöpfchen der Rosenflechte. In flachen Sandgrübchen lauert
der Ameisenlöwe auf Beute; große Libellen gaukeln im Sonnenschein, Lauf-
käser eilen über den Heideboden, und die flinke Eidechse huscht raschelnd durch
das trockene Laub der Erlenbüfche. Die Heidelerche schwingt sich trillernd tu'
die blaue Lust, und der Heideschäfer weidet auf dem dürftigen Heideboden seine
Heidschnuckeu und strickt dabei Strümpfe aus Hetdschnuckenwolle. An plätschern-
den Heidebächen im Schatten von Laubbäumen liegen die Heidedörser.
Die Bewohner der Heide ernähren sich von der Schafzucht (Heid-
schuucken), dem Anbau des Buchweizens und der Bienenzucht. „Was
dem Marschbewohner das Rind, dem Lappländer das Renntier, dem Grönländer
der Seehund ist, daß sind für den Laudmann der Lüneburger Heide die
Schnucken, deren es an 60 009 geben soll." Die Wolle liefert den Stoff zu
Kleidern und das wohlschmeckende Fleisch gesunde Nahrung. Manch saftiger
Braten (Rücken) wird bis nach dem deutschen Osten verkauft. Der Buch-
weizen wird zu Mehl oder zu Grütze verarbeitet und bildet unter mancherlei
Arten der Zubereitung das Hauptnahrungsmittel derheidebewohner. Bienen-
stöcke soll es über -40000 (Winterbestand) im Heidegebiete geben, und gegen
den Herbst werden ganze Fuder Honig nach Hamburg zum Verkauf gebracht.
Mit deu wachsenden Aufforstungen hat auch die Ausfuhr von Heidelbeeren
zugeuommen. — Durch Rieselwiesenbau und großartige Aufforstungen sind
bereits weite Heidegebiete für die Kultur gewonneu. Wo einst Schafe sich
dürftig nährten, da sieht man jetzt Waldarbeiter, Fuhrleute und Holzhändler
verkehren. Besonders hoch anzuschlagen ist der wohltätige Einfluß des Waldes
auf die Verteilung der Niederschläge, auf Klima und Luftverbesserung, auf das-
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seines Hauses und die Wächterin in guter Sitte und Ordnung: sondern.sie gilt als
ein niederes Wesen, als ein Spielball der Willkür und Laune des Mannes.
Der reiche Türke darf vier gesetzmäßige Frauen und soviel Nebenfrauen und
Sklavinnen in seinen Harem aufnehmen, als ihm beliebt. „Wer seine Frauen
nicht mit gleicher Liebe umfassen kann", sagt der Koran, „verdient keine zu be-
sitzen". Der arme Türke hat in der Regel aber nur eine Frau, da er mehr
nicht ernähren kann. Nur der Hausherr, kein anderer Mann, hat Zutritt zum
Harem, der von Eunuchen streng bewacht wird. Öffentlich darf die Frau sich
nur verschleiert zeigen.
Mit dieser Stellung der Frau ist natürlich ein Familienverkehr und ein
gesellschaftlicher Umgang unserer Art unvereinbar. Die Vielweiberei ist das Grab
alles häuslichen Lebens, der Harem die Stätte der Faulheit, der Putzsucht und der
Jntriguen. Der Mangel an höherer Bildung und idealerer Lebensauffassung
läßt im Harem kein Interesse für Litteratur, Kunst und Wissenschaft aufkommen.
Von einer planmäßigen Kindererziehung ist keine Rede. Selbst die
Mädchen der Vornehmeren lernen in der Regel weder lesen noch schreiben,
höchstens gewisse feine Handarbeiten. Der Knabe lernt notdürftig lesen und
schreiben und wird in den Religionsbräuchen, im Reiten und in der Führung
der Waffen geübt. Öffentliche Schulen, die mit den Moscheen in Verbindung
stehen, werden meistens von Kindern des Mittelstandes besucht.
Das Lieblingsgetränk des Türken ist der Kaffee, neben dem die Pfeife,
der „Tschibuk", nicht fehleii^darf. Zahlreich sind daher die öffentlichen Kaffee-
Häuser, und in großen Städten gibt es auch in den Straßen umherziehende
Kaffeewagen. Sehr zerrüttend auf die Gesundheit wirkt das Opiumessen und
Opiumrauchen, sowie der Genuß des indischen Hanfes. Obwohl der Wein ver-
boten ist, sind geistige Getränke wie Branntwein, Cyder, weit verbreitet. Ein
kühlendes Getränk ist der Scherbet. Große Sorge wird für frisches Wasser-
getragen. Reine Quellen werden mit Steinen eingefaßt und Trinkbecher dazu-
gesetzt: solch ein Brunnen ist dem Muselmann heilig, und keiner wagt es,
freventlich die .Hand daran zu legen. — Als Speise dient Fleisch aller Art,
nur kein Schweine- und Kalbfleisch. Vorzugsweise aber wird schaffleifch unter
mannigfacher Bereitung und Zusatz von Gewürzen genossen. Reis ist Haupt-
Nahrungsmittel, als Suppe und als „Pillav", mit heißem Fett gedämpft und
mit Safran, Pfeffer, Paradiesäpfelsauce oder Honig und Fruchtsaft versetzt.
Kompots allerlei Art spielen eine große Rolle bei der Tafel.
Die Zahl der Türken in Europa wie ihr Privatbesitz nehmen immer mehr
ab. größtenteils eine Folge der künstlichen Beschränkung ihrer Kinderzahl und
ihrer Lässigkeit und Trägheit. Der Türke ist im allgemeinen einem reichen
Kindersegen ebenso abhold, wie eine mit vielen Kindern (besonders Knaben)
gesegnete Familie der Stolz des christlichen Bewohners der Türkei ist. Das
stetige Zurückweichen des mohammedanischen Elements vor dem gebildeteren,
handelstätigeren Griechen- und Bulgarentume ist eine unbestreitbare Tatsache.
Eine Zusammenfassung der geschilderten wirtschaftlichen Verhältnisse
unter den Bewohnern der n. Balkanhalbinsel ergibt, daß unter den
Nahrungs quellen in erster Linie die Landwirtsch aft zu nennen
ist. Freilich ist dieselbe trotz des meistenteils fruchtbaren Bodens und
günstigen Klimas arg vernachlässigt. Von Bedeutung für die Ausfuhr
ist der Getreidebau in Bulgarien, der Anbau von vorzüglichem „türkischen"
^abak. die Rosenkultur im Maritzatal und die Olivenkultur in Make-
donien. Sehr ausgedehnt ist die Schafzucht. Das Fleisch der Schafe
ist ein Hauptnahrungsmittel; die Wolle wird zu allerlei Webereien
verbraucht uttb auch roh ausgeführt. In Bosnien und Serbien steht
die Schweinezucht, begünstigt durch die großen Eichenwaldungen, auf
hoher Stufe. — Die Erzeugnisse des Gewerbefleißes sind unbedeutend,
abgesehen von der Teppichweberei. Auch Webereien aus Seide
werden in den s. Provinzen gefertigt, wo die Seiden zu cht eine
TM Hauptwörter (50): [T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
TM Hauptwörter (100): [T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau]]
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Extrahierte Ortsnamen: Europa Türkei Bulgarien Maritzatal Make- Bosnien Serbien