1900 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Richter, Julius Wilhelm Otto
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
398 Erstes Kapitel.
Die Bevölkerung der Provinz gehört vorherrschend dem fränkischen
Stamme, und zwar dem Zweige der Hessen (Chatten) an. Die Mundart der-
selben ist weit überwiegend die oberdeutsche. Der größere Teil der Einwohner
ist evangelisch.
Abgesehen von dem fränkischen Stamme, finden sich im Kreise Schmalkalden
und im Werrathale Thüringer, in den Kreisen Wolshagen, Hofgeismar und Rinteln
Niedersachsen, zerstreut kommen eingewanderte Franzosen und Niederländer vor. —
Die oberdeutsche Sprache tritt in verschiedenen Schattierungen auf- sie ist in den
nördlichen Teilen im ganzen weicher und anmutiger, in den südlichen lebhafter-
hier zeigen sich auch Anklänge an die rheinische Mundart. Während in den östlichen
Kreisen bereits die etwas breite aber gemütvolle Sprache das Gepräge des frän-
tischen Dialektes bekundet, zeigt sich in den an Westfalen angrenzenden Distrikten
verschiedentlich der Übergang zur westfälisch-niederrheinischcn Mundart. — Im Bezirke
Kassel herrscht nur in den Kreisen Fulda, Gersfeld und Hünfeld, im Bezirke Wies-
baden nur in den nördlichen Distrikten und im Rheingau der Katholizismus vor;
die sonst allenthalben verbreitete evangelische Bevölkerung gehört in den Kreisen
Hanau, Gelnhausen und Schlüchtern des Bezirks Kassel, sowie im Bezirke Wiesbaden
vorzugsweise der Union an; im Bezirke Kassel überwiegt (abgesehen von den er-
wähnten Kreisen) das reformierte über das lutherische Bekenntnis. Im ganzen hat
die Provinz 70,g Proz. evangelische (davon 80,g in Kassel, 58,0 in Wiesbadens
26,? Proz. katholische (davon 16,6 in Kassel, 38,6 in Wiesbaden) und 2,a Proz.
jüdische Bewohner (davon die meisten in Wiesbaden, besonders in Frankfurt a./M).
Die Beschäftigung der Bewohner ist überwiegend der Landwirtschaft
zugewendet (Acker-, Obst- und Weinbau), doch haben auch einzelne Industrie-
zweige (Leinwandweberei, Tuchmachern, Thonwaren- und Bijouteriefabri-
kation, Bergbau und Hüttenbetrieb) in einzelnen Gegenden eine erhebliche Ent-
Wickelung' gewonnen, auch findet der Handel in Städten wie Frankfurt a./M.,
Kassel und Hanau bedeutende Stützpunkte. — Die Landwirtschaft bewegt
sich bei kleineren Betrieben zwar noch immer vorherrschend in den Normen
der etwas verbesserten Dreiselderwirtschaft (mit befömmerter Brache), doch hat
bei größeren Gütern die freiere Fruchtfolge im Sinne der neuereu Boden-
kultur bereits allgemeinere Verbreitung gefunden. Die Viehzucht ist uicht
unbedeutend. Der Obstbau uimmt im unteren Main-, im Kinzig-, Nidda-
und unteren Werrathal (Witzenhausen), sowie im Rheingau, der Weinbau im
unteren Mainthal und im Rheingau eine kaum erreichbare Stellung ein.
Nach der Aufnahme vom 5. Juni 1882 gab es in der Land- und Forstwirt-
schast, einschließlich Tierzucht und Fischerei, 626003 Zugehörige, darunter 244970
Erwerbsthätige, und in der Industrie, einschließlich Bergbau und Bauwesen, 546 923
Zugehörige, darunter 204441 Erwerbsthätige, im Handel, einschließlich Verkehr, Gast-
und Schankwirtschaft, 178469 Zugehörige, darunter 60225 Erwerbsthätige. — Zur
selben Zeit gab es 199369 landwirtschaftliche Betriebe überhaupt auf einer Gesamt-
anbausläche von 727130 ha; davon erstreckten sich nur auf eignes Land 109249,
auf eignes und gepachtetes Land 72940, nur auf gepachtetes Land 17180 Betriebe.
Die Zersplitterung des Grundbesitzes ist sehr groß (48,g Proz. der Betriebe erstrecken
sich auf 1—10 ha, 40,3 Proz. auf 10 — 100 ha); der Großgrundbesitz (über 100 ha)
ist sehr schwach vertreten. — Im Jahre 1888 waren verwendet auf den Anbau von
Roggen 137 396 ha (Ernteertrag: 124361 Tonnen), von Weizen 67441 ha (Ertrag:
77180 Tonnen), von Spelz 10 ha (Ertrag: 7 Tonnen), von Gerste 39083 ha
(Ertrag: 35821 Tonnen), von Kartoffeln 79940 ha (Ertrag: 486602 Tonnen), von
Hafer 129333 ha (Ertrag: 145492 Tonnen), von Wiesenheu 181190 ha (Ertrag:
402105 Tonnen). Zu der landwirtschaftlichen Produktion ist noch zu bemerken, daß
Roggen, Gerste und Weizen besonders in den Niederungen, Hafer und Buchweizen
in den Gebirgsgegenden, Kartoffeln und Hülsenfrüchte allgemein gebaut werden.
Von weniger häufigen Produkten werden Flachs aus dem Westerwalde und bei
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Das Herzogtum Sachsen-Altenburg. 495
als der Reichsdurchschnitt. Außer Braunkohlen und Gesteinen kommen keine wich-
tigeren Mineralien vor.
Das Klima ist mild und gemäßigt zu nennen, besonders im Ostkreise.
Im Westkreise herrscht frischere Gebirgs- und Waldluft, die freilich in der
kälteren Jahreszeit oft recht scharf weht und daher epidemische Halsleiden erzeugt.
Für Altenburg beträgt das Jahresmittel gegen 9° C. Das Trinkwasser ist im West-
kreise reiner und weniger kalkhaltig als im Ostkreise.
Die Bevölkerung ist thüringischen Stammes, doch finden sich in dem
Ostkreise germanisierte Slawen (Sorben), die dnrch Sitten, Gebräuche, Tracht
und Mundart noch erkennbar sind. Die Bevölkerung ist bis auf einen Bruch-
teil evangelisch; dieselbe beschäftigt sich vorzugsweise mit Land- und Forstwirt-
schaft sowie mit Industrie.
Die Mehrzahl der Bevölkerung spricht hochdeutsch mit einem fächsisch-meißni-
schem Anklänge; bei den Bauern der altenburgischeu Gegend aber, die bis zur Mitte
des 14. Jahrhunderts das Wendische als Gerichtssprache hatten, findet sich noch jetzt
eine eigentümliche, schwerverständliche Mundart, die an das Plattdeutsche erinnert.
Diese altenburgischeu Bauern sind religiös, geraden und ehrlichen Charakters, ruhigen
und vorsichtigen Wesens und infolge ihres Wohlstandes nicht ohne Stolz. Noch
findet sich bei ihnen vielfach das sogenannte Erbkürrecht, nach welchem der jüngste
Sohn das väterliche Gut ungeteilt erhält. — Auf den 1323,8 qkm des Herzogtums
wohnen (nach der Zählung von 1885) 161460 Einwohner, von denen 1113 katho-
lisch, 147 jüdisch und die übrigen sämtlich evangelisch sind. — Am 5. Juni 1882
fanden sich für Land- und Forstwirtschaft, Tierzucht und Fischerei 56037 Ange-
börige, darunter 25953 Erwerbstätige, für Industrie (einschließlich Bergbau und
Bauwesen 71730 Angehörige, darunter 28227 Erwerbstätige, für Handel und
Verkehr :e. 14237 Angehörige, darunter 5027 Erwerbsthätige. — Die Landwirt-
schaft gilt als eine musterhafte; dieselbe erzeugt im Ostkreise erhebliche Überschüsse,
die dem Westkreise zu gute kommen und auch eine Ausfuhr gestatten (an Getreide,
Ölfrüchten, Butter, Käse, Gemüsen, Obst ze.). In und bei Aldenburg steht auch die
Kunst- und Handesgärmerei in Blüte. — Die Forsten sind überwiegend Staats-
oder Privateigentum, und zwar etwa zu gleichen Teilen (Krön- und Staatsforsten:
16914 da oder 46,, Proz,; Privatforsten 17454 ha oder 47,6 Proz.), nur uube-
deutend find die Gemeinde-, Stiftungs- und Genossenschastsforstcn (784, bezw. 894
und 606 ha). Der Nadelwald überwiegt bei weitem (83,g Proz., vorherrschend
Kiefern mit 57,8 Proz, des Gesaunbestandes). Im Ostkreise findet sich hauptsächlich
Laub-, im Westkreife meist Nadelwald; der letztere ist vorherrschend Hochwald. Auf
der Saale findet bedeutende Holzflößerei statt. Im Jahre 1888 waren bestellt niit Roggen
16781 ha (Ertrag: 23887 Tonnen), mit Weizen 6672 ha (Ertrag: 11470 Tonnen),
mit Gerste 8354 ha (Ertrag: 13730 Tonnen), mit Kartoffeln 7949 ha (Ertrag:
92638 Tonnen), mit Hafer 14723 ha (Ertrag: 26418 Tonnen), mit Wiesen 11116 ha
(Ertrag: 36580 Tonnen). Der mittlere Grundbesitz (von 10—100 ha) überwiegt
bei weitem (65 Proz. der Besitzer). Von den 16208 landwirtschaftlichen Betrieben,
welche eine Fläche von 87663 ha in Arbeit hatten, wurden 9745 nnr auf eignem
Lande betrieben, die Fläche des erpachteten „Landes betrug 12738 ha. Gartenland
gab es 1883 2743, Weinberge 3, Acker für Ölfrucht 668, für Flachs 83, für Zucker-
rübeu 202 ha, — Die Viehzucht ist iu bedeutendem Maße auf Rinder und Schweine
(45,g bez. 35 Proz., gegen 29,a bez. 17 im Reichsdurchschuitt) gerichtet, doch wird auch
in Pferden und Ziegen der Durchschnitt des Reiches überschritten, gering dagegen ist
der Bestand an Schafen. Die Schweinezucht ist durch Kreuzung mit der englischen
Rasse sehr verbessert; die für seinen Bedarf notwendigen Pferde züchtet der Land-
mann selbst; es ist dies eine große kräftige Rasse, Im Jahre 1883 waren vorhanden
9934 Pferde, 60335 Rinder, 20996 Schafe, 46387 Schweine und 12420 Ziegen. —
Die Industrie erblühte früh und schon zu Anfang dieses Jahrhunderts entstanden
Gewerbevereine (meist mit sonntags- und Fortbildungsschulen). Vertreten sind jetzt
folgende Industriezweige: Wollenspinnerei (Altenburg, Kahla, Ronneburg, Schmölln),
Wollenwelurei für feine Damenstosse (Meuselwitz), Herstellung von sonstigen wollenen,
sowie von leinenen Waren (Eisenberg), von baumwollenen und halbwollenen Stoffen
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Die übrigen Staaten in Mittel- und Norddeutschland. 457
Der Verkehr an diesem Platze ist freilich infolge der vermehrten Eisenbahnverbiu-
düngen in letzter Zeit nicht unerheblich zurückgegangen. Von den Steinkohlen werden
etwa 74 Proz. ausgeführt; sehr stark ist auch die Einfuhr, beziehentlich Durchfuhr
böhmischer Braunkohlen. Abgesehen von Steinkohlen, sowie von andern Produkten
des Bergbaues, gelangen besonders Gewebestoffe und Holzwaren zur Ausfuhr, teil-
weise in die fernsten Gegenden, während Rohstoffe für die Industrie (Wolle, Baum-
wolle, Flachs :e.), Kolonialwaren und Getreide eingeführt werden. Handels- und
Gewerbekammern sind in den wichtigsten Handelsplätzen (Zittau, Dresden, Chemnitz,
Plauen, Leipzig); auch das Bank- und Kreditwesen findet geeignete Vertretung. Die
Reichsbank hat eine Hauptstelle in Leipzig und Nebenstellen in mehreren bedeuten-
deren Plätzen. An sonstigen Bankinstituten find zu nennen: die Leipziger Bank, die
Allgemeine Deutsche Kreditanstalt, der Leipziger Kassenverein, die Leipziger Vereins-
bank (sämtlich in Leipzig); die Sächsische Bank, die Dresdener Bank, die Sächsische
Lombard- und die Sächsische Kreditbank (in Dresden), die Stadtbank (in Chemnitz),
die Landständische Bank (in Bautzen) :c. • Auch das Sparkassenwesen ist hoch ent-
wickelt. In Leipzig ist die Zahl der buchhändlerischen Firmen 1833—1883 von 92
auf 523 gestiegen; außerdem waren 1883 in Leipzig noch 5574 auswärtige Firmen
vertreten, von denen etwa '/z in Leipzig stehendes Lager hatten; 1882 wurden hier
2628 Werke publiziert.
Das Verkehrswesen ist der Bedeutung des sächsischen Handels ange-
messen. Als Wasserweg dient die Elbe; die Landstraßen sind zahlreich und
in gutem Zustande, das Eisenbahnwesen besitzt ein sehr verzweigtes System
und auch Post und Telegraphie haben eine entsprechende Entwickelung erhalten.
In Schandau gingen 1888 zu Thal 8015 beladene Schiffe mit einer Ladung
von 2175500 Tonnen und 305 800 Tonnen Floßholz, und zu Berg >177 beladene
und 6363 unbeladene Schiffe mit 199200 Tonnen Ladung durch. Es verkehren
einige 20 Personen- und ebensoviel Schleppdampfer, beziehentlich Kettendampfer und
Güterdampfer. Im Eisenbahnwesen ist, wie in Preußen, das System der Staats-
bahnen zum Durchbruche gekommen. Im Jahre 1888/89 waren 2135 km Eisen-
bahnen (sämtlich unter Staatsverwaltung) vorhanden. Im Personenverkehr ist die
Strecke Dresden-Potschappel, im Güterverkehr (wegen der Kohlenabfuhr) die Strecke
Eainsdorf-Zwickau-Werdau die freqnenteste. Die' Staatsstraßen haben eine Länge
von ca. 3800 km, wovon rund 2800 km kunstmäßig ausgebaut sind. — Das sächsische
Postwesen ist am l. Jan. 1868 auf den Norddeutschen Bund, 1872 auf das Deutsche
Reich übergegangen; es sind Oberpostdirektionen zu Dresden und Leipzig vorhanden.
Bei dem, wie erwähnt, durchschnittlich recht guten Boden wird ziemlich
viel Getreide erzeugt, doch erfordert die zahlreiche Jndustriebevölkerung fast
ein Drittel mehr Getreide als geerntet wird. Die Viehzucht ist sehr be-
deutend; namentlich stark ist der Bestand an Rindvieh, demnächst an Pferden
und Schweinen, verhältnismäßig am schwächsten der an Schafen, doch ist die
Rasse derselben noch immer sehr gut.
Im Jahre 1882 (5. Juni) gab es landwirtschaftliche Betriebe überhaupt
192921, davon nur auf eigenem Lande 121433 (Gesamtfläche: 994714 ha), auf
eigenem und gepachtetem 51508 und nur auf gepachtetem 19880 (Gesamtfläche des
Pachtlandes: 139482 ha). Am verbreitetften sind die mittleren Betriebe (von
l0 100 ha), welche 57,„ Proz. betragen, kleine Betriebe (von 1 — 10 ha) gibt es
25.7 Proz-, große Betriebe (von über 100 ha) 14., Proz. Im Jahre 1888 waren
bestellt mit Roggen 212104 (Ernteertrag: 289126 Tonnen), mit Weizen 50500
^Ernteertrag: 97 796 Tonnen), mit Gerste 32 652 (Ernteertrag: 49 349 Tonnen), mit
Kartoffeln 118846 (Ernteertrag: 1218748 Tonnen), mit Hafer 183233 (Ernteertrag:
285672 Tonnen) und mit Wiesenbau 276 984 ha (Ernteertrag: 453359 Tonnen). —
Der Zuckerrübenbau ist verhältnismäßig gering; im Jahre 1888/89 wurden von drei
Zuckerfabriken 70 669 Tonnen Rüben zu 8829 Tounen Rohzucker und 1925 Tonnen
Melasse verarbeitet. In demselben Verwaltnngsjahre waren 592 Brennereien im
Gange, von denen 116000 Tonnen Kartoffeln, 12400 Tonnen Getreide und 5000
sonnen andre Stoffe verarbeitet wurden. — Bei den Forsten überwiegen die
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506 Zweites Kapitel.
rühmlichst bekannt. Im Jahre 1888 betrugen in Renß alt., bez. j. L. die Ernte-
flächen für Roggen 3471, bez. 7591 ha (Ertrag: 4380, bez. 8647 Tonnen), für
Weizen 314, bez. 1947 ha (Ertrag: 394, bez. 3134 Tonnen), für Gerste 1729,
bez. 3498 ha (Ertrag: 1968, bez. 4321 Tonnen), für Kartoffeln 2107, bez. 4890 ha
(Ertrag: 12104, bez. 32115 Tonnen), für Hafer 2672, bez. 6535 ha (Ertrag: 3873,
bez. 8944 Tonnen), für Wiesenheu 5271, bez. 14410 ha (Ertrag: 10733. bez. 26814
Tonnen). Im Jahre 1883 kamen auf Gartenland 848, bez. 1040, auf Anbau von
Ölsaat 24, bez. 253, von Flachs 79, bez. 165, von Zuckerrüben (in der jüngeren
Linie) 31 ha. Die Viehzucht ist iu beiden Fürstentümern für Pferde und Schafe
unbedeutend: der Bestaud bleibt namentlich in Schafen weit hinter dem Reichsdnrch-
schnitt zurück (Pferde 4, bez. 3,g gegen 6,?; Schafe 10,9, bez. 20,4 gegen 35,B Proz.
im Reichsdurchschnitt), dagegen sind Schweine-, Ziegen- und namentlich Rindviehzucht
verhältnismäßig stark und höher als der Reichsdurchschnitt (19,,,, bez. 20,9 Proz.
Schweine gegen 17 Proz.; 10„, bez. 10,z Proz. Ziegen gegen 4,g Proz. im Reichs-
durchschnitt; 38,z, bez. 36,3 Proz. Rinder gegen 29,2 im Reichsdurchschnitt). Der
Bestand war am 10. Januar 1883 in der älteren, bez. jüngeren Linie an Pferden
1259, bez. 3179, an Rindern 12272, bez. 29991, an Schafen 3440 bez. 16805, an
Schweinen 6232, bez. 17292, an Ziegen 3199, bez. 8403 Stück. — Am 5. Juni 1882
waren von 3992, bez. 8519 landwirtschaftlichen Betrieben 3194, bez. 5694 nur auf
eignem, 664, bez. 2034 auf eignem und gepachtetem und 134, bez. 791 nur auf
gepachtetem Boden. Es überwiegen erheblich die mittleren Betriebe (mit 10—100 ha);
dieselben betragen in jedem der beiden Ländchen über 56 Proz., auch die Betriebe
mit 1—10 ha sind stark vertreten (über 30 Proz). — Der recht lebhafte Gewerbsleiß
der Fürstentümer erstreckt sich in erster Linie auf Herstellung von Geweben, besonders
von Wollenstoffen. In dem Gebiet der älteren Linie steht Greiz durch Herstellung
feiner Wollenstoffe (Kaschmir, Tibet, Rips, Velour) in ausgezeichnetem Rufe; Zeulen-
roda hat erhebliche Strumpfwirkerei. Hierzu kommen Porzellanfabrikation in Frau-
reuth, Eisengießerei und Maschinenfabrikation (Greiz, Zeulenroda), Papier- und
Seifenfabrikation (Greiz, bez. Zeulenroda). In dem Gebiete der jüngeren Linie ist
Gera Hauptsitz der Wollenverarbeitung und überhaupt eine außerordentliche gewerb-
reiche Stadt (Äppreturanstalten, Färbereien, Harmonikafabrikation, Gerbereien, Fabri-
kation von Maschinen, Wagen, Tabak, Zigarren :e.); für baumwollene Zeuge sind
Schleiz, Hirschberg, Tanna und Hohenleuben, für Wollenspinnerei und Tuchfabrikation
Lobenstein, für Strumpfwirkerei Schleiz und Hohenleuben zu nennen. Erhebliche
Gerbereien sind auch in Hirschberg und Saalburg, Schicsertafelsabriken iu Ebersdorf,
Lobeusteiu und Wurzbach vorhanden. — Durch den Handel werden Getreide, und
sonstige Lebensmittel aus den Rachbarländern, rohe Wolle aus Deutschland, Osler-
reich, Australien und Südamerika, Maschinen, wollene Garne und Kohleu aus dem
Königreich Sachsen, Westfalen ze., Farbewaren und Maschinen aus England und
Belgien, Tabak aus der Pfalz, der Uckermark und Amerika, Häute aus den nordi-
fchen Ländern Europas, Ostindien, Südamerika, Eisen aus Schweden, England, West-
salen :c. eingeführt; dagegen Gewebstoffe aus Greiz, Gera :e. nach ganz Deutschland,
allen europäischen Ländern, sowie nach der asiatischen Türkei, Japan, Nordamerika
ausgeführt; auch in Porzellan, Leder, Handschuhen, Harmonikas und Schiefertafeln
ist der Absatz ein sehr weitgehender. — In Greiz und Gera sind Handelskammern
und eine Reichsbanknebenstelle, bez. Reichsbankstelle. Für einen weiten Umkreis
vermittelt übrigens Gera auch den Bezug von Kolonial-, Luxus- und Modewaren.
Hinsichtlich der Verkehrswege ist zu bemerken: die Kunststraßen sind in
dem Gebiete der jüngeren Linie mehr entwickelt als in dem der älteren; von
dem ersteren ist das Unterland in den Eisenbahnverkehr gezogen, nicht das
Oberland, das letztere hat eine Hanptverbindnng; Post- und Telegraphen-
wesen haben den entsprechenden Stand, Wasserwege sind nicht vorhanden.
Das Gebiet der älteren Linie hat etwa 70 km Kunststraßen (fast ganz staatlich),
das der jüngeren Linie 260 km (wovon ein kleiner Teil nicht staatlich). Für die
ältere Liuie ist Greiz Haupteisenbahnstation, die durch die Linie Greiz-Brunn mit der
Leipzig-Hofer, durch die Strecke Wolfsgefährt-Weischlitz mit der Gera-Eichichter und
der Leipzig-Hofer Bahn verbunden wird. Das Unterland der jüugeren Linie wird
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Das Herzogtum Anhalt. 517
(von 10—100 ha), welche 42 Proz. betragen, finden sich zahlreiche Großbetriebe
(von 100 und mehr ha); die letzteren machen 3s Proz. aus, so daß die kleinen Betriebe
sehr zurücktreten. — Die Forsten bleiben etwas hinter dem Reichsdurchschnitte zurück
(24,0 gegen 25,7 Proz.). Von denselben fallen 75 Proz. auf Krön- und Staatsforsten;
die Krön- (herzoglichen) Forsten sind wenig kleiner als die Staatsforsten (19278 bez.
21091,8 ha). Die Privatforsten betragen 12277 ha (22,g Proz.); von geringem
Umfange dagegen sind die Gemeinde-, Stiftungs- und Genossenschaftsforsten. Vor-
herrschend sind Nadelbäume (68,5 Proz.); unter diesen überwiegen die Kiefern
(58 Proz.), Fichten und Tannen. — Im Jahre 1886 betrug die Erntefläche für
Roggen 28614, für Weizen 11080, für Gerste 19596, für Kartoffeln 19055, für
Hafer 15960, für Wiefenheu 15900 ha und es ergab sich an Frucht 30243, bez. 25926,
40953, 198187, 24803 und 37449 Tonnen. In den fruchtbaren Teilen des Landes
(Kreise Kothen und Bernburg) werden außer allen Getreidearten besonders auch viel
Zuckerrüben gebaut. Im Jahre 1888/89 waren nicht weniger als 29 Zuckerfabriken
im Betriebe, welche 512459 Tonnen Zuckerrüben verarbeiteten und daraus 64105
Tonnen Rohzucker und 12676 Tonnen Melasse herstellten. Nächst Preußen steht
unter den deutschen Staaten also gegenwärtig Anhalt mit Braunschweig in der Zucker-
industrie am höchsten; die Zahl der Fabriken ist in beiden letzteren Ländern fast
gleich, doch pflegt Braunschweig noch mehr Zucker herzustellen. Tabaksbau findet
gleichfalls statt; im Jahre 1888/89 wurden von 434 Pflanzern auf 78 ha 125 Tonnen
Tabak geerntet. An Gartenland waren 1883 2540, an Weinbergen 10, an Ernte-
fläche für Ölsaat 167, für Flachs 8, für Hopfen 2, für Zichorien 48, für Zucker-
rüben 19,622 ha vorhanden. — Die Viehzucht ist ziemlich gut gepflegt. In Schafen,
Schweinen und Ziegen wird der Staatsdurchschnitt überstiegen, in Pferden erreicht, in
Rindern bleibt der Bestand jedoch hinter dem Staatsdurchschnitt zurück. Am 10. Jan.
1883 fanden sich 15816 Pferde, 54935 Rinder, 130610 Schafe, 57517 Schweine und
29620 Ziegen. Der Gesamtwert des Viehes betrug damals 29484000 Mark. —
Im gewerblichen Leben, das, wie erwähnt, recht bedeutend ist, steht diejenige Industrie
obenan, welche wie die Zuckerfabrikation, sich an die Landwirtschaft anlehnt. Bedeutend
ist nämlich auch die Branntweinbrennerei und die Bierbrauerei. Brauereien gab es
1888/89 73, welche 5700 Tonnen Getreide und 49 Tonnen Surrogate zu 92400 hl
obergärigem und 206 700 hl untergärigem Biere verbrauten; bedeutend sind beson-
ders die Brauereien von Zerbst (Bitterbier). — Sonst werden betrieben: Maschinen-
bau und Eisenguß (in Dessau, Roßlau; Bernburg, Köthen, Nienburg a. d. S.,
Mägdesprung), Schiffbau (Roßlau), Strickgarnspinnerei und Wollwarenfabrikation
(in Dessau, Jeßnitz, Raguhn, Koswig), Plüschfabrikation (in Zerbst), Papierfabrikation
(in Bernburg, Jeßnitz, Raguhn), Tabaks- und Zigarrenfabrikation (Oranienbaum);
auch sind große Mahl- und Schneidemühlenwerke (in Dessau, Nienburg, Bernburg,
Jeßnitz ?e.), viele bedeutende Ziegeleien (etwa 90), mehrere große Ofenfabriken, Stein-
brüche und Ockerfabriken vorhanden. Hinsichtlich des Bergbaus und Hüttenwesens ist
vor allem das große herzogliche Steinsalzwerk zu Leopoldshall zu erwähnen, welches,
abgesehen von Chlornatrium, große Massen der wichtigen Kalisalze liefert. Es sind
zwei große Schächte vorhanden. Die Gesamtproduktion an Kalisalzen aller Art nebst
Bitter- und Glaubersalz und Borazit betrug 1883 im Staßsurter Becken nicht weniger
als 1189400 Tonnen, wovon 230000 Tonnen Kaimt, 959290 Tonnen andre Kali-
salze waren;_ hiervon kam etwa V» aus den anhaltischen Anteil. In den letzten
Jahren hat sich die Produktion namentlich ans den anhaltischen Werken etwas ver-
ringert. Zahlreiche chemische Fabriken beschäftigen sich mit der Verwertung und
Verarbeitung dieser sogenannten Abraumsalze; als Resultat ergeben sich namentlich
große Massen wertvoller Düngersalze, die vorteilhaft im Auslände (England,
Amerika) abgesetzt werden. Das Ergebnis an Steinsalz betrug in den letzten Jahren
17000 Tonnen, an Braunkohlen ca. 700000 Tonnen; der Erzbergbau des Kreises
Wallenstedt (im Unterharz) förderte 1500 Tonnen Bleierze, über 400 Tonnen Blei,
ca. 900 kg Silber und ca. 800 Tonnen Eisenerze. Geschätzt sind die Kunstgußwaren
in Mägdesprung (Eisenhütte).
Aufgabe des Handels ist es besonders die Jndustrieerzeugnisse des Landes zu
vertreiben. Es werden Rohzucker nach Halle a. d. S. und Magdeburg und von
dort ins Ausland, Spiritus nach Südeuropa, Kochsalz nach den nordischen Ländern
und nach Afrika, Gewebestoffe verschiedener Art nach mehreren europäischen Ländern
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568 Drittes Kapitel.
bez. 64561. 7430, 97 659. 640618, 73 381 und 337035 Tonnen. Als Gartenland
fanden (1883) 3138. für Ölsaat 2199, für Flachs 1466, für Hanf 303, für Hopfen 48.
für Zuckerrüben 2582 ha Verwendung. Am verbreiterten sind die kleineren Betriebe
(von 1—10 ha), welche über 54 Proz. ausmachen, demnächst die mittleren (von
10—100 ha) auf welche fast 36 Proz. kommen; Großbetriebe sind selten (5 Proz).
Bon den Forsten gehören der Krone, bez. dem Staate 69512, Gemeinden 87047,
Stiftungen 701, Genossenschaften 2224, Privatpersonen 81210 ha. Die letzterwähnten
nud die Gemeindeforsten überwiegen sonach (33,,, bez. 36,2 Proz.). Sehr groß ist
der Forstbesitz des großherzoglichen Hauses (65569 ha), so daß also der eigentliche
Staatsforst sehr gering ist). Auf den Hochwald kommen etwa 86, auf den Nieder-
wald 14 Proz.; 60,6 Proz. sind Laub-, über 40 Proz. Nadelwald. — Die Viehzucht
ist sehr bedeutend, deren Hebung die emsige Sorge der Regierung und zahlreicher land-
wirtschaftlicher Vereine bildet. Die Pferdezucht ist am stärkste« in Starkenburg, sie
wird gefördert durch das Landesgestüt zu Darmstadt; die Rindviehzucht blüht in Ober-
Hessen; Schafe gibt es gleichfalls am meisten in Oberhessen, während die Ziegen-
zucht in Rheinhessen, die Schweinezucht in Starkenburg und Oberhessen, die Bienen-
zncht in Rheinhessen und im Odenwalde am verbreitetsten sind. Zahlreiche land-
wirtschaftliche Vereine haben ihren Zentralpunkt in Darmstadt. Der Viehstand betrug
am 10. Januar 1883 47546 Pferde, 290105 Rinder, 101663 Schafe, 162920
Schweine und 93646 Ziegen. Besonders groß ist sonach der Bestand an Rindern
(37,g Proz. gegen 29,2 Proz. im Reichsdurchschnitt), Schweinen (21,2 gegen 17 Proz.)
und Ziegen (12,2 gegen 4,9 Proz.). — Der Bergbau hat iu Oberhessen einige Bedeutung;
derselbe liefert Braunkohlen (jetzt etwa 50000 Tonnen), Eisenerze (etwa 130000
Tonnen Eisenerze und 22000 Tonnen Roheisen), Manganerze (etwa 7000 Tonnen)
und Salz (15000 Tonnen). Das Hüttenwesen ist durch drei Werke (in Oberhessen),
die Roheisenverarbeitung durch zehn Eisengießereien (davon sieben in Starkenburg)
und mehrere Eisenfrisch- und Streckwerke vertreten. Salinen finden sich in Bad
Nauheim, zu Wimpfen (Ludwigshall) und bei Kreuznach (Theodorshall). Bedeutende
Torflager gibt es in der Provinz Starkenburg; auch fehlt es nicht an nutzbaren
Erden und Steinen (darunter ein Marmorbruch bei Auerbach).
Für die Entwickelung der Industrie hat der seit 1836 bestehende Gewerbeverein
für das Großherzogtum bedeutend beigetragen; an denselben schließen sich zahlreiche
Ortsvereine an. Die wichtigsten Industriezweige sind: Fabrikation von Leder (lackiertem
und gefärbtem, in Worms, Mainz und Offenbach, im Werte von 20—25 Millionen
Mark), von Luxusmöbeln (Mainz), von Portefeuilles (Offenbach), von Tabak (Offen-
bach, Gießen, Alsfeld), von Zigarren (in den Kreisen Heppenheim, Bensheim, Offen-
bach, Darmstadt, Gießen, Worms und Bingen), von Chemikalien, und zwar von
Alkaloiden (Darmstadt), von Anilin (Offenbach), von essigsauren Salzen und Methyl-
Präparaten (Mainz), von Ultramarin (Pfungstadt und Marienberg im Kreise Bens-
heim) von Wasserglas (Worms). Tie chemische Industrie hat eine sehr hohe Be-
deutung. Ferner treten hervor die Fabrikation von Zündhölzern (in den Kreisen
Darmstadt, mit überseeischem Export), von Seifen (Offenbach), von Schuhwaren
(Mainz und Offenbach; bedeutender Export), von Hüten (Darmstadt, Offenbach)
von Nähmaschinen (Offenbach, Mainz, Darmstadt, Rüsselsheim, Worms), von Wagen
und Waggons (Offenbach, Mombach im Kreise Mainz), von Nahrnngs- und Genuß-
Mitteln (Bierbrauerei, Mehl-, Essig-, Branntwein-, Schaumwein-, Stärke-, Schokolade-,
Konserven-, Kaffeesurrogat- und Wurstfabrikation). Die Herstellung von Tuchen,
baumwollenen und leinenen Zeugen wird mehr in kleinen Betrieben, sowie als
Hausindustrie geübt; dagegen hat die Strohhut-, Posamentier-, Strumpf-, Filz-
und Wachstuchfabrikation (in Offenbach), von Kokosmatten und Teppichen (Rüssels-
heim), von Handschuhen (Friedberg und Darmstadt), von Metallknöpsen (Offenbach,
Bessungen), von Tapeten (Darmstadt, Offenbach, Mainz), Papier und Papiermasse
Darmstadt, Nidda, Offenbach) fabrikmäßige Betriebe. Im Vogelsberg sind Holz-,
im Odenwalde Elfenbeinschnitzereien verbreitet. Zur Förderung des Gewerbsleißes
tragen die Handwerkerschnlen, ferner die Vorschuß- und Kreditvereine, mehrere Volks-
banken, die Rentenanstalt, die Bank für Handel und Industrie zu Darmstadt, sowie
eine Anzahl von Handelskammern (in Bingen, Mainz, Worms, Darmstadt, Offen-
bach und Gießen) kräftig bei. — Der Handel erstreckt sich besonders auf die Einfuhr
von Tabaksblättern, Ölen, Petroleum, Wolle, Zigarrenkisten, Brettern, Honig und
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Bremen. 551
großen Postlinien nach Ostasien und Australien sicher und ungemein schnell segelnde
Dampfer stellt. Augenblicklich gehen die großen Seeschiffe nur bis Bremerhaven.
Daselbst gingen 1888 ein mit Ladung 1102 beladene Schiffe mit 1030371 Tonnen,
in Ballast :c. 106, und wieder aus 1054 beladene Schiffe mit 839250 Tonnen und in
Ballast 2c. 365. Nach Bremen selbst kamen im gleichen Jahre 877 beladene Schiffe
mit 109392 Tonnen nebst 87 in Ballast ac., und es gingen von dort aus 606 be-
ladene Schiffe mit 88161 Tonnen und in Ballast :c. 187. Hierzu kam noch der
Verkehr auf dem Weserstrome. Auf demselben kamen zu Thal an 1888 im ganzen
1136 beladene und 57 unbeladene Schiffe mit 247800 Tonnen an Gütern und 9800
Tonnen Floßholz, und es gingen ab zu Berg 504 beladene und 237 unbeladene
Schiffe mit 84300 Tonnen an Gütern. — Wichtig ist Bremen namentlich auch als
Auswanderungshafen. Von den 90259 Deutschen, welche 1889 auswanderten, gingen
nur 13158 über ausländische Häfen, die übrigen 74101 über Hamburg und Bremen.
Neben dem Norddeutschen Lloyd bestehen noch die Dampfergesellschaft „Neptun" fbe-
sonders für Skandinavien) und die Bugsiergesellschaft „Union." Für die Seeverfiche-
rung sind drei bremische und 26 fremde Seeaffekuranzgefellfchaften thätig; für die
Förderung des Handels bestehen sonst noch eine Reichsbankhanptstelle und neun Banken
(Bremer Bank, Deutsche Nationalbank, Bremische Hypothekenbank, Gewerbe- und
Geuosfenbank 2c.; auch sind die „Bremer Lebensversicherung", die „Brandversichernngs-
anstatt im Gebiet", der Kaufmannskonvent und die Handelskammer, die Auffichts-
behörde des „Wafferfchout", zwei Seemannsämter (in Bremen und Bremerhaven) und
eine Lotsenstation (in Bremerhaven) vorhanden. — Das Großgewerbe besaßt sich mit
Zigarren- und Tabaksfabrikation (jetzt von Bremer Fabrikanten besonders in der
hannoverschen Nachbarschaft betrieben), Schiffbau (sieben Werften), Seilerei, Reep-
fchlägerei und Segelmacherei, Eisenguß und Maschinenbau, Fabrikation von Zigarren-
kisten, Znckersiederei, Brennerei und Brauerei, Buch- und Steindruck. Es bestehen
ein Gewerbekonvent und eine Gewerbekammer. Jährlich finden in Bremen mehrere
Pferde-, Stuhl- und Holzmärkte statt. Die Landwirtschaft tritt zwar sehr zurück, doch
besteht für den Staat eine Kammer für Landwirtschaft. Im Jahre 1883 waren vor-
Händen an Acker- und Gartenland 6721, an Wiesen 8606, an Weiden, Hutungen :c.
6259, an Forsten 228 und an Haus- und Hofränincn, Wegen, Gewässern :c. 3328 ha.
Am größten sind die Ernteflächen für Roggen, Hafer und Wiesenheu (1831, bez. 1521
und 8638 ha). Der Viehstand betrug am 10. Januar 1883: 4748 Pferde, 14114
Rinder, 446 Schafe, 7081 Schweine und 4250 Ziegen; derselbe ist sonach für alle
Tierarten außer den Schafen verhältnismäßig groß (18,6 bez. 55,2r 1„, 27,7, 16,6 Proz.
gegen einen Reichsdurchschnitt von 6,5, 29,.2, 35,g, 17,u, und 4,9 Proz.).
Abgesehen von den bereits erwähnten trefflichen Wasserstraßen, ist für
Kunststraßen hinlänglich, für Eisenbahnverbindungen trefflich gesorgt.
Bremen ist durch Kunststraßen mit Harburg, Oldenburg, Osnabrück, Vegesack,
sowie mit kleineren Orten der Nachbarschaft (Brinkum, Lilienthal, Lesum, Hemelingen)
verbunden; zu etwa 54 km Kunststraßen treten noch etwa 33 km Landstraßen.
Außerdem wird das Gebiet durch folgende Bahnstrecken berührt: Hannover-Geeste-
münde-Bremerhaven, Vcnlo-Hamburg, Bremen-Oldenburg, Bremeu-Langwedel-Ülzen.
Im Jahre 1888/89 waren ca. 45 km Eisenbahn vorhanden, welche im Staatsbe-
triebe waren. In der Stadt ist eine königlich preußische Eisenbahndirektion. Das
Postwesen wurde in Bremen schon sehr frühzeitig organisiert; bis zum 1. Januar
1867 bestanden neben einander ein hannoversches, preußisches und Thurn und
Taxisfches Postamt, seitdem ging das Postwesen auf den Norddeutschen Bund, bez.
das Reich über; feitdem besteht in der Stadt Bremen eine Oberpostdirektion.
In dem Freistaate Bremen steht die vollziehende Gewalt dem Senate
(18 lebenslängliche Mitglieder) zu, welcher aus seiner Mitte auf je vier Jahre
zwei Bürgermeister erwählt. Tem Senate steht die „Bürgerschaft" beratend
zur Seite (150 Mitglieder). Für die einzelnen Verwaltungszweige bestehen
Deputationen (Mitglieder des Senates und der Bürgerschaft, bez. Fachmänner).
In Bremerhaven und Vegesack sind besondere Gemeindebehörden, für das
Landgebiet ein besonderer Senator („Landherr") vorhanden. Die Militär-
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Das Großherzogtum Oldenburg. 561
und mehr ha kommen nur vereinzelt vor (nur 3, 4 Proz.). Im Jahre 1883 nahmen
ein: das Acker- und Gartenland 181623, die Wiesen 75311, die Weiden, Hutungen,
Öd- und Unland 295886, die Forsten und Holzungen 58901, die Haus- und Hof-
räume, Wege, Gewässer ?c. 30308 ha. Hiernach sind von verhältnismäßig sehr großem
Umfange die Weiden ?e., d. h, das geringwertige Land (46,, Proz. gegen nur
9,4 Proz. im Reichsdurchschnitt), die übrigen Bodenkategorien dagegen bleiben sämtlich
hinter dem Reichsdurchschnitt zurück, zum Teil recht erheblich (Ackerland ?e., 23,3 gegen
48„, Forsten ac., 9,2 gegen 25,7 Proz. im Reichsdurchfchnitt'!. Im Jahre 1888 be-
trugen die Ernteflächen für Roggen 62566, für Weizen 5499, für Spelz 6, für Gerste
9676, für Kartoffeln 14390, für Hafer 34922 und für Wiesenheu 74809 ha. Die
Ernteergebnisse waren 60282, bez. 7065,7, 14775, 102335, 44323 und 155029
Tonnen. — Die Forsten teilen sich in 21054 ha Krön- und Staats-, in 6507 ha
Gemeinde-, 588 ha Stistungs-, 1700 ha Genossen- und 29052 ha Privatforsten. Im
Herzogtum Oldenburg ist etwa die Hälfte der Forsten Laub- (Eichen-) Wald; auf
den Hcideflächeu der südlichen Hälfte des Gebietes werden besonders Nadelhölzer
gezogen. Im Fürstentum Lübeck finden sich vorzugsweise Buchenwälder in größeren
Beständen; dieselben sind ausschließlich Staatseigentum. Das Fürstentum Birken-
seld besitzt in wertvollen Beständen hauptsächlich nur Buchen- und Eichenwald. —
Insgesamt sind 59,5 Proz. Laub- und 40,5 Proz. Nadelholz vorhanden; auf Bucheu
kommen 19,2 und auf Kiefern 35,. Proz. — Auf der Geest wird neben Ackerbau
(Roggen, Hafer, Buchweizen und Kartoffeln) auch Schweine- und Schafzucht (Heid-
schnucken), in den Marschgegenden außer dem Anbau von Gerste, Hafer, Raps :e.,
namentlich Weidewirtschaft mit bedeutender Rinder- und Pferdezucht betrieben. Die
oldenburgischen Pferde haben einen starken Bau und sind als Wagenpferde im
übrigen Deutschland sowie in Österreich, Belgien und Frankreich geschätzt. Die
Landesregierung fördert emsig die Pferde- und Rinderzucht; bei der letzteren zielt
man besonders auf Fettvieh ab, das uach England ausgeführt wird, doch züchtet mau
auch Milchvieh, welches nach Sachsen und Schlesien Absatz findet. Für Gemüse,
Butter, Käse, Eier :e. bilden die Seestädte (Bremen, Bremerhaven, Geestemünde und
Wilhelmshaven) bequeme Absatzstellen. Im ganzen wird in dem Staatsgebiete nur
beim Rinderbestande der Reichsdurchschnitt übertroffen (mit 32,g Proz. gegen 29,2).
Am 10. Januar 1883 waren vorhanden: 35977 Pferde, 2n147 Rinder, 160937
Schafe, 95294 Schweine und 27407 Ziegen. — In den Moorgegenden bildet die
Torfgewinnung einen Haupterwerbszweig der Bevölkerung, zumal im Herzogtum
Torf als Hauptbrennmaterial (teilweise selbst den Eisenbahnlokomotiven) dient. —
Die Reederei ist ziemlich entwickelt und knüpft sich an die Orte Elsfleth, Brake und
Barßel; es sind die Seeschiffe jedoch meist nur klein, die Zahl der Dampfer noch
sehr gering. Die Zahl der Seeschiffe betrug 1889 287 Schiffe mit 79 836 Tonnen
Gehalt und 2033 Mann Besatzung, darunter 12 Dampfschiffe mit 5663 Tonnen
Gehalt und 156 Mann Besatzung; außerdem sind Küsten- und Flußschiffe in ziem^
licher Zahl vorhanden. In Brake gingen 1888 mit Ladung ein 307 Schiffe mit
86348 Tonnen, außerdem in Ballast 35 mit 6421 Tonnen, es gingen 181 beladene
Schiffe mit 41414 Tonnen und 106 in Ballast mit 37040 Tonnen Gehalt. In dem
gleichfalls oldenburgischen Hasen Nordenham wurde im selben Jahre die Ankunft
von 61 beladenen Schiffen mit 45 925 Tonnen und 16 in Ballast mit 393 Tonnen,
ferner der Ausgang von 96 beladenen Schiffen von 8299 Tonnen und 31 in Ballast
mit 26932 Tonnen festgestellt. Der überseeische Verkehr geht besonders nach Schweden-
Norwegen, den deutschen Ostseeplätzen, Rußland, England und Nordamerika. Der
Schiffbau wird auf etlva 30 Werften betrieben und stellt jährlich 40—50 größere
Schiffe her. Die sonstige Industrie des Herzogtums erstreckt sich auf Ziegelei (Bau-
steine, Klinkersteine für den Straßenbau und Drainröhren), Eisenindustrie (Eisen- und
Stahlwerk in Augustfehn, Eisengießereien in Oldenburg und Varel), Strumpfwirkerei
(im südlichen Teile), Korkschneiderei (in Delmenhorst und Umgegend) Leinwand-
und Baumwollenspinnerei und -Weberei (in Oldenburg, Varel und Dinklage, sowie
anderwärts als Hausindustrie), Jutespiunerei und -Weberei (in Delmenhorst), Tabaks-
und Zigarrenfabrikation (in Delmenhorst und Lohne), Tauwerk- und Segelmacherei
(in den Weserorten), Weißgerberei (in Wildeshausen und Kloppenburg); hierzu
treten Bierbrauereien und Branntweinbrennereien. — Im Fürstentum Lübeck ist die
Industrie hauptsächlich nur bemüht, die lokalen Bedürfnisse zu befriedigen. Es finden
Das Deutsche Reich. qß
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582 Drittes Kapitel.
Dementsprechend ist auch die Mundart der Bevölkerung ziemlich verschieden. — Nach
der Zählung vom 5. Juni 1882 kamen in ganz Bayern auf Land- und Forstwirt-
schaft, Tierzucht k. 2681265 Zugehörige, darunter 1506012 Erwerbsthätige; es ist
dies also nahezu die Hälfte der ganzen Bevölkerung. Auf die Industrie, ein-
schließlich Bergbau und Bauwesen kamen 1492491 Zugehörige, darunter 629419
Erwerbsthätige; Handel und Verkehr, einschließlich Gast- und Schankwirtschast wurden
durch 435701 Zugehörige vertreten, darunter 172008 Erwerbsthätige. — Der Acker-
bau gedeiht natürlich am besten in den früher erwähnten fruchtbaren Gegenden.
Besonders für Weizenbau geeiguet sind die Landstriche von Straubing in Nieder-
bayern, der Ries, das Hügelland, welches den Übergang von den Alpen zu den
Hochebenen bildet, die Main- und die Rheinebene. Gartenbau findet sich in Bam-
berg, Nürnberg k., Hopfenbau in der Gegend von Schwabach (Spalt), Nürnberg
(Altdorf), Hersbruck und Neustadt a. A. sowie zwischen Bamberg und Schweinfurt;
Tabaksbau in der Rheinpfalz sowie bei Nürnberg-Fürth; Obst und Wein werden
im Mainthale, besonders von Schweinfurt abwärts, und in dem Hügellande der
Rheinpfalz gebaut. — Im Jahre 1888 betrug iu ganz Bayern die Erntefläche für
Roggen 543615 (wovon 317469 in den drei südlichen Bezirken), für Weizen 322453
(wovon in den drei südlichen Bezirken 199007), für Spelz 92 623 (vornehmlich in
den südlichen Bezirken), für Gerste 351267 (besonders im Hauptlande), für Kar-
tosfeln 300094, für Hafer 450648 und für Wiesenheu 1275537 (wovon 944027 in
den drei südlichen Bezirken) ha. In demselben Jahre ergab sich eine Ernte von
592054, bez. 398458, 97681, 491358, 2567802, 602011 und 5015096 Tonnen.
Im Hopfenbau steht Bayern obenan. Von den 45 937 ha, welche 1885 demselben
im ganzen Reiche gewidmet waren, kanien 26816 ha (also 56,6 Proz.) auf dieses
Land; die Erntemenge betrug zur gleichen Zeit für Bayern 15163 Tonnen (33201
Tonnen im ganzen Reiche). Der ausgedehnteste Hopfenbau ist, wie erwähnt, in
Mittelfranken. — Der Tabaksbau fand 1888/89 auf 3454 ha (1884: 4889 ha), be-
sonders in der Rheinpfalz, statt (im ganzen Reiche auf 18 032 ha). Die Zahl der
Tabakpflanzer betrug 1888/89 in Bayern 14195, der Ernteertrag 4640 Tonnen. —
An Wein wurden in Durchschnitte der Jahre 1878/79 bis 1884/85 605 787 hl (etwa
7a der Ernte des Reiches) gewonnen; wie schon erwähnt besonders in Franken und
der Rheinpfalz. Weinberge gab es 1883 im ganzen 23847 ha. Der Zuckerrübenbau
und die mit derselben verbundene Zuckerindustrie ist ganz unbedeutend. Im Jahre
1888/89 wurden von zwei Fabriken in Bayern und Baden nur 42154 Tonnen Rüben
zu 5158 Tonnen Rohzucker und 1158 Tonnen Melasse verarbeitet. Im Jahre 1883
kamen ferner auf den Anbau von Ölsaat 3547, von Flachs 14076, von Hanf 1367,
von Zichorien 183 ha; Gartenland waren 71364 ha vorhanden. — Daß Bayern
außerordentlich wiesenreich ist, haben wir bereits erwähnt; daher ist auch der Ertrag
an Wiesenheu (vgl. oben) so groß. Hieraus ergibt sich aber auch die hohe Bedeutung
der Viehzucht, besonders der Rindviehzucht, für das Königreich. In letzterer Be-
ziehnng steht Bayern im Reiche ganz besonders hoch. Die Rindviehzucht hat eine
hohe Entwickelung in den Alpengegenden, besonders in dem Algän, wo auch große
Mengen trefflicher Fettkäse erzeugt werden, ferner in der Oberpfalz, im Fichtelgebirge,
im Ansbachfchen (Mittelfranken), in Unterfranken und in der Rheinpfalz. Die Pferde-
zucht ist im ganzen wenig entwickelt und der Bestand an Pferden erreicht nicht die
Höhe des Reichsdurchschnittes. Ter Bestand an Schweinen entspricht in Franken etwa
dem Reichsdurchschnitt, bleibt aber in den andern Landesteilen erheblich hinter dem-
selben zurück. Ziegen sind in dem südlichen Bayern sehr wenig vorhanden, während
der Bestand derselben, in den übrigen Gegenden, besonders in der Pfalz, den Reichs-
durchschnitt übersteigt. Ani niedrigsten steht die Schafzucht, namentlich in der Rhein-
Pfalz (6,z gegen 35,^ Proz. im Reichsdurchschnitt), verhältnismäßig am meisten
Schafe sind in Franken vorhanden (19„ Proz.). Am 10. Januar 1883 wurden in
Bayern gezählt: 356316 Pferde, 3037 098 Rinder (davon in Franken 855836 oder
37,z auf 100 ha, in den drei südlichen Bezirken 1 962287 oder 41,„ auf 100 ha, in
der Rheinpfalz 218975 oder 36,g auf 100 ha; im ganzen 40 auf 100 ha gegen
29,2 un Reichsdurchschnitt), ferner 1 178270 -Schafe (15,5 auf 100 ha), 1038344
Schweine (13,7 gegen 17 im Reichsdurchschnitt auf 100 ha) und 220818 Ziegen (2,g
in der Rheinpfalz, 1„ in den füblichen Bezirken gegen 4,9 im Reichsdurchschnitt auf
100 ha). Die Viehzucht ist in Bayern nicht nur mit landwirtschaftlichen Betrieben
1900 -
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- Autor: Thomas, Louis
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Die Fidschi-Inseln, 173
kriegerisch und leben miteinander in fast endlosen Kämpfen. Die er-
schlagenen Feinde werden gegessen; liefert der Krieg das wohlschmeckende
Menschenfleisch einmal nicht, so gibt der Häuptling Befehl, diesen oder
jenen zu töten und ihn als Speise zuzubereiten, ein Befehl, der mit der-
selben Ruhe erteilt wird, mit welcher wir zum Fleischer fageu, er solle das
oder jenes Stück uusrer Herde schlachten. Beim Bau eines Tempels, beim
Beginnen eines Kanoebaues sowie beim Ablassen desselben vom Stapel ißt
man Menschenfleisch; ebenso tötet man Menschen, um das Deck eines neuen
Fidschi - Insulaner.
Kanoes mit Blut zu waschen. Hat man mehr Körper, als verzehrt werden
können, so kocht man nur die Glieder und wirft den Rumpf fort. Im
Jahre 1851 wurden zu Ramena 50 Körper zugleich gekocht; Kriegs-
gefangene und Schiffbrüchige werden fast ohne Ausnahme verzehrt. Wenn
der ganze Leichnam gebraten wird, so nimmt man ihn in sitzender Stellung
aus dem Ofen, bedeckt ihn mit einem schwarzen Pulver und trägt ihn so
wie einen Lebenden fort. Rohes Menschenfleisch genießt man nie. Die
Gebräuche der Insulaner sind äußerst barbarisch Die Frau ist nichts
weiter als das Lasttier ihres Mannes, sie gräbt, säet, pflanzt, leitet das