12
Alte Geschichte.
Pelusium, zu denen späterhin noch Alexandria kam. Eine Meile
von Alexandrien lag die Insel Pharos mit dem berühmten Lenchtthurm,
der zu den Wundern der alten Welt gehörte. Unterägypten hat sich erst
nach und nach durch Anhäufung des Nilschlammes über das Meer erhoben;
der äußerste, von zwei Nilarmen und dem Mittelmecr eingeschlossene Theil
hat die Gestalt eines Dreiecks und führt den Namen „Delta".
2. Aegypten ist wahrscheinlich von Aethiopien her bevölkert worden.
Der erste Staat soll Meroe — in der Gegend, wo die Zweige des
Nil sich zu einem Fluß vereinigen — gewesen sein. Von hier aus folgten
die meisten Kolonisten dem Laufe des Nil, einige aber wandten sich nach
der Oase Ammonium, die westlich von Aegypten in der lybischen Wüste
liegt, und gründeten daselbst das berühmte Orakel des Jupiter Ammon.
Zeitig waren die Aegypter gute Ackerbauer, doch verstanden sie auch aus
der Byssuöstaude feine Gewänder und aus der Papyrusstaude taugliches
Hiero- Papier zu bereiten. Zur Auszeichnung ihrer Gedanken bedienten sie sich
glyphen. einer Bilderschrift, der sogenannten Hieroglyphen, bei der z. B. Muth,
Wachsamkeit, Fleiß durch Abbildung des Löwen, des Hundes und der
Biene, welchen Thieren 'diese Eigenschaften zukommen, ausgedrückt werden.
In der Naturkunde waren die Aegypter nicht unerfahren; schon 1300 v.
Chr. nahmen sie das Jahr zu 365 Tagen und 6 Stunden an; auch wußten
ja die Priester einige Wunder des Moses nachzuahmen. Ebenso wurde
Rechnen und Feldmeßkunst von ihnen betrieben und war letztere um so
nothwendiger, da die Ueberschwemmung des Nil sämmtliche Grenzen der
Ländereien verwischte. Das Bedeutendste aber leisteten sie in der Baukunst,
wo sie, ähnlich dm Indern, durch ungeheure Größe zu wirken suchten.
Die Obelisken, die Pyramiden und das Labyrinth sind sprechende Zeugen
Das 100- dafür. Nicht minder merkwürdig sind jedoch die Trümmer von Tempeln
thorige und Palästen, welche sich an der Stelle Thebens, „der hundertthorigen
Theben. Stadt", befinden. Hier sieht man die Reste eines großen Palastes, welcher
von 2 Höfen umgeben war. Zu dem ersten Hof führt eine- hohe eherne
Pforte, zu dem zweiten ein kleineres Thor. Die Mauern haben eine
Stärke von 30 — 50 Fuß, die Wände der Säle und Gemächer sind mit
zahlreichen Bildwerken versehen. Auf der einen Seite ist eine Landschaft
dargestellt; der König, in kolossaler Figur, ist inmitten der Schlacht; er
steht auf seinem Kriegöwagen und ist mit Lanze, Bogen und Pfeil bewehrt;
auf der andern Seite bemerkt man ein Seegefecht; der König, erschlagene
Feinde zu seinen Füßen, erwartet die Entscheidung am Ufer. In einer
benachbarten Ebene findet man umgestürzte Bildsäulen, Kolosse von 65 Fuß
Memnonö- Höhe und 30 Fuß Umfang; dabei die aus einem Stein gehauene Mem-
säule. no ns sä ule, von der man erzählt, daß sie beim Aufgang der Sonne
einen wunderbaren Klang von sich gegeben habe. Auch trifft man allda
eine lange Allee von kolossalen Sphinxen, welche ruhenden Löwen mit
Menschenantlitz gleichen. Die Trümmer überhaupt nehmen mehrere Meilen
ein und werden nach den heute daselbst liegenden Dörfern (Karnak, Luxor,
Medinat-Abu) benannt.
3. Das ägyptische Volk war in sieben von einander streng gesonderte
Sieben Kasten getheilt und bestand aus: 1) P r i e st e rn, 2) Kr i e g ern, 3) A cke r-
Kasten. bauern, 4) Handwerkern, 5) Schiffern, 6) Dolmetschern und
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Aegypter.
13
7) Hirten. Am meisten galten die Priester und Krieger; geradezu ver-
achtet waren die Hirten.
Die Aegypter beteten nicht nur Osiris als Sonnengott und Isis
als Mondgöttin an, sondern auch alle Thiere, die sich durch Nützlichkeit Götter,
oder Schädlichkeit auszeichneten. So wurde der Vogel Ibis verehrt,
weil er die im Nilschlamme nistenden Schlangen vertilgt; das Krokodil,
weil es dem Menschen so gefährlich ist; das Ichneumon (Pharaos-Ratze),
weil es die Krokodileier verzehrt. Auch die Katzen genossen großes An-
sehen; am höchsten aber wurde der Apis gehalten. Er hatte zu Memphis
einen eigenen Tempel und erhielt sein Futter von knieenden Priestern aus
goldenen oder silbernen Gefäßen.
Seltsam war die Ansicht der Aegypter über Tod und Unsterblichkeit.
Sie pflegten sich oft des Todes zu erinnern, sogar bei Hochzeiten und
Gelagen ward ein hölzernes Todtengerippe herumgetragen und jedem Gaste
zugeflüstert: „Diesem wirst du ähnlich werden; bedenke das wohl, o Freund!"
Dabei hatten sie die Ansicht, daß die Seele nach dem Tode noch so lange
im Körper bleibe, als derselbe unversehrt sei. Darum pflegten sie den Einbalsami-
Leichnam sorglich einzubalsamiren. Man nahm aus der Leiche den leicht rung der
verweslichen Theil heraus und füllte sie, nach Auswaschungen mit Palm- Todten,
wein, voll persischen Erdharzes (Mum, daher Mumien) und Spezereien;
darnach legte man sie eine Zeit lang in Salz, umwickelte sie mit feiner
Leinwand und bestrich das Gesicht mit Gyps, auf dem man die Gesichts-
züge mit Farben anmalte. Endlich wurde der Leichnam in einen verzierten
Sarg gelegt und in einem unterirdischen Gemache aufgestellt. Jede Stadt
hatte in ihrer Nähe eine unterirdische Todtenstadt. Bei Theben zieht sich
eine solche von 2 Meilen Länge hin. Diese Grüfte und Grabmäler stachen
durch Pracht sehr von den Wohnungen der Lebenden ab. — Ehe die Be-
stattung vor sich gehen konnte, wurde über den Verstorbenen ein sogenann-
tes Todtengericht abgehalten, wo Kläger und Vertheidiger auftraten.
Selbst mit den Königen machte man keine Ausnahme. Fiel das Urtheil
ungünstig aus, so wurde das ehrenvolle Begräbniß unerbittlich verweigert.
Die Furcht vor diesem Gerichte hielt manchen Menschen auf gutem Wege.
4. Die eigentliche Blüthezeit Aegyptens fällt nach dem Jahre 1700 Blüthezeit
v. Chr. und hat etwa 1 Jahrtausend gedauert. Um das Jahr 1350 v. Chr. 1700—715,
wird der König Sesostris als großer Eroberer genannt; er soll die
Aethiopier zinspflichtig gemacht und weithin über Asien und Afrika ge-
herrscht haben. Unter seinen Nachfolgern sind die Erbauer der größten
Pyramiden, Nhampsinit und Cheops, ums Jahr 1000 v. Ehr. zu
merken. Nach vielen Unordnungen, veranlaßt durch eine fünfzigjährige
Herrschaft der Aethiopier (765—715) bildeten sich zwölf Reiche (Dode-
karchie). Die zwölf Herrscher errichteten zum Andenken ihrer gemeinschaft-
lichen Wirksamkeit das Labyrinth (am Möris-See). Einer der zwölf
Herrscher, Psammetich, entthronte aber mit Hülfe griechischer Mieths-
truppen seine Mitregentcn und öffnete das bisher verschlossene Land, das
„bittere" Aegypten, den Fremden. Sein Sohn Necho hob Schiffahrt
und Handel, veranlaßte die Phönizier, Afrika zu umschiffen und machte,
wiewohl vergeblich, den Versuch, das rothe Meer durch eineu Kanal mit
dem mittelländischen Meere zu verbinden. Er trat auch als Eroberer auf Circesium
und drang siegreich bis zum Euphrat vor, ward aber bei Circesium 606.
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Extrahierte Personennamen: Psammetich Necho
Extrahierte Ortsnamen: Memphis Theben Afrika Möris-See Afrika
Rückblick auf die Kultur und Literatur.
61
und Sinnenlust als Lebenszweck hin und bildeten den Epikur ei ömus
zur Philosophie der Verweichlichung und Wollust aus.
Nur in einem Schüler des Sokrates, in Plato erlangt die Philo-
sophie des großen Meisters eine harmonische Fortbildung bis zur all-
seitigen Vollendung. Plato, geb. 429, der Stifter der akademischen Plato.
Schule, wurde wegen Erhabenheit seiner Ideen schon im Alterthum „der
Göttliche" genannt. Von ihm besitzen wir noch 36 Dialoge, welche sich
ebenso sehr durch eine blühende, edele und reine Sprache, als durch
Würde und Vortrefslichkeit der Gedanken auszeichnen. — Eine selbst-
ständige , Plato zum Theil entgegengesetzte Richtung nahm dessen größter
Schüler Aristoteles, geb. 384. Seine Schule heißt die peripatetische Aristoteles,
(herumwandernde), weil er, in den Schattengängen des Lyceums herum-
waudernd, seine Schüler unterrichtete. Er geht von der Erfahrung als
der Quelle aller wahren Erkenntniß aus, sucht durch Beobachtung und
Zusammenstellung des Besonderen zum Allgemeinen fortzuschreiten und
so am Einzelnen und Vorübergehenden die Spuren des Ganzen und
Ewigen zu erfassen. Er ist daher Begründer des wissenschaftlichen Realis-
mus , während Plato dem Idealismus huldigte.
4. Glicht allein auf die Philosophie übte die Redekunst ihren Einfluß
aus, sondern auch auf die Geschichtschreibung, indem diese — was schon
bei Lenophon hervortritt — nach und nach rhetorisirend wird. Die dar-
stellende Kunst hingegen entfaltete sich trotz der politischen Stürme in
allen ihren Zweigen zur Vollendung. Als Maler glänzte Apelles, von Apelles.
dem sich Alexander d. Gr. malen ließ. In der späteren Zeit trat diese
Kunst mehr als Künstelei auf. Die Bildhauerkunst ging in dieser
Periode von dem sogenannten hohen Styl, der sich durch gefällige Umrisse,
Schönheit, Größe und Erhabenheit auszeichnete, zu dem schönen Styl
über. Der Schöpfer dieses Styls, durch welchen die Bildhauerkunst zu
ihrer Vollendung gebracht wurde, war Praxiteles. Lieben ihm ver- Praxiteles,
dient rühmliche Erwähnung Agcsander, der mit seinen Söhnen die Agesander.
vortreffliche Gruppe des Laokoon verfertigte. Die Baukunst, welche
schon durch Perikles zur Vollendung gebracht worden, erhielt sich lange
in Blüthe. Doch in der mazedonischen Zeit sing man au, die Gebäude
mit Zieraten zu überladen, wodurch der Grund zu dem allmäligeu Ver-
fall dieser Kunst gelegt ward.
5. Als Griechenland eine römische Provinz geworden war, fand die
griechische Kunst und Literatur in Rom eine Freistätte. Dahin wandten
sich viele ausgezeichnete Griechen und brachten ihrem neuen Herrn einen
regen Sinn für Kunst und Wissenschaft mit. Die Besiegten wurden
Lehrer und Bildner ihrer Sieger. Und das Licht, das hier angezündet
wurde, leuchtete fort und fort durch alle Jahrhunderte, durch alle Länder
und Völker, die auf wahre Bildung Anspruch macheu, bis auf unsere
Zeit hinauf. Mag auch Griechenland tief von seiner wissenschaftlichen und
politischen Höhe hinabgesunken sein: ein schöner Triumph ist ihm geblieben,
der Triumph mit seiner alten geistigen Kraft die ganze gebildete Welt zu
beherrschen für und für.
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Extrahierte Personennamen: Alexander_d Alexander Praxiteles
Extrahierte Ortsnamen: Griechenland Rom Griechenland
40
Alte Geschichte.
den Künsten einen Glanz und der Wissenschaft einen Adel, der die Be-
wunderung der ganzen Mit- und Nachwelt erregte. Und mit Recht nimmt
man an, daß Athen zu Perikles' Zeit die Eigenthümlichkeiten des griechi-
schen Lebens am besten veranschaulicht.
18. Athen und das athenische Leben zur Zeit des Perikles.
1. Athen mit der Burg und den drei Hafenplätzen. Umfang und Einwohner der
Stadt. Wichtige Gebäude: a^f der Burg: Propyläen, Parthenon; in der Stadt:
Areopag, Pnyr, Prytaneum, Odeon, Tempel, Theater; außerhalb der Ringmauer:
Akademie, Lyceum. 2. Pracht öffentlicher Bauwerke. Form größerer Gebäude. Der
griechische Tempel. 3. Die Säule mit ihren Theilen. Dorische, jonische und korin-
thische Säulenordnung. 4. Einfachheit der Privathäuser. Männer- und Fraucnwoh-
nungen. Mahlzeiten. Kleidung. 5. Lebenslust der Athener. Besuch des Theaters.
Einrichtung des Theaters. Stoff der Trauer- und Lustspieldichter. Kleidung der
Schauspieler. Die „Dionysien". 6. Beruf der Männer; Thätigkeit der Frauen. 7.
Verheiratung der Athener, Kennzeichen einer „guten" Frau. Behandlung der Neu-
gebornen. Erziehung durch die Mutter, die Pädagogen, den Staat. Weitere Aus-
bildung durch Rhetoren und Philosophen. 8. Begräbnis;. Trauerzeit.
1. Athen bestand aus der eigentlichen Stadt mit der Akropolis und
aus den ziemlich eine Meile entfernten drei Hafenplätzen (Phaleron, Piräus
und Munychia). Die Häfen waren befestigt und mit der Stadt durch
starke Mauern verbunden. Der Gesammtnmfang der Stadt betrug etwa
4 Meilen; die Zahl der Einwohner belief sich auf 180,000, die der Häuser
auf 10,000. Mitten in der Stadt erhob sich ein 300 F. hoher Felseithügel;
auf ihm stand ursprünglich itur die Burg, Perikles aber ließ daselbst die
prachtvollsten Gebäude errichten. Ans der Westseite bildete,: die kostbaren
Propyläen. Propyläen mit 5 Thoren und weißer Marmortreppe die Vorhalle und
den einzigen Zugang zur Burg. Unter den inneren Gebäuden zeichnete
Parthenon, sich besonders das Parthenon aus. Dieser Tempel mit dem 30 Fuß
hohen, aus Gold und Elfenbein (von Phidias) verfertigten Standbilde der
Athene war die eigentliche Herrlichkeit Athens, der vollendetste Kunstbau
des Alterthums. Nordwestlich von der Burg erhob sich ein Hügel, auf
Pnyr. dem der Areopag seine Sitzungen hielt; südöstlich davon war die Pnyr,
eine Anhöhe, die zu den Volksversammlungen diente. Auch in den tiefer
Prytaneum.gelegenen Stadttheilen gab es hervorragende Gebäude: so das Prytaneum
(Rathhaus) am Markte, wo die Beamten der Stadt auf Staatskosten
Odeon, speisten; dann das Odeon H, das für musikalische Ausführung bestimmt war,
und sonst Tempel und Theater. Außerhalb der Ringmauern lagen die
Akademie und das Lyceum, beides Gymnasien mit Parkanlagen.
2. Alle öffentlichen Gebäude waren prachtvoll ausgestattet. Außer
der Burg fielen vor Allem die Tempel, Gymnasien, Gerichts- und Ver-
sammlungshallen in die Augen. Statuen standen aus Straßen und freien
Plätzen; standen vor, in und auf den Bauwerken des Staates. Die Form
für größere Gebäude hatte man ausschließlich von dem griechischen Tempel
entlehnt; dieser aber war wesentlich ein Säulenhaus. Auf einem »nichtigen,
aus Steinen fest und sorgfältig gefügtem Unterbau erhob fick nach drei
Bauart, oder mehreren Stufen der Tempel als Rechteck, dessen Langseite etwa das
0 Dem Odeon hatte das Zelt deö Xerres zum Muster gedient; seiu spitziges
Dach wurde von persischen Schifssmasten getragen.
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Extrahierte Personennamen: Phidias
Extrahierte Ortsnamen: Athen Prytaneum Athens Burg
Athen und das athenische Leben (Perikles).
41
Doppelte der Breitseite maß. Ringsum oder nur vorn oder an den bei-
den Schmalseiten standen Säulenreihen, um das steinerne Gebälke und
durch dieses die dreieckigen, mit Bildwerken versehenen Giebel zu tragen.
Die Decke der Säulenhalle war aus Steiubalken gebildet, welche einerseits
auf dem Gebälk der Säulen, andererseits auf der Mauer des Tempelhauses
ruhten. Fenster hatte der Tempel nicht, doch führte eine hohe Flügelthüre
von der Säulenhalle nach dein inneren Raum, der die Zelle hieß und das
Götterbild enthielt. War der Tempel^groß, so befand sich hinter der Zelle
noch ein zweiter dunkler Raum als Schatzkammer.
3. Der Charakter eines Bauwerkes war von den Säulen bedingt,
welche man dabei anwandte. Obschon jede Säule in 3 Theile: in Basis
(Fuß), Schaft (Stamm) und Kapital (Krone, Knaus) zerfiel, so waren
die Säulen doch sehr verschieden gestaltet. Richt minder wechselten die
Zieraten und das Gebälk, welche zu je einer Säulenart gehörten. Im
Ganzen hatte man drei Säulenorduungen: die dorische, die jonische
und die korinthische. Die dorische Säule war ohne Basis; ihr Schaft Säulen-
hatte 20 stäche Furchen (Kannelierungen) und dazwischen scharfkantige Stege, ordnungen.
Ein ringartiges Band faßte oben die sich verjüngende Säule zusammen,
auf welcher eine einfache viereckige Platte lag, die den Architrav (die Balken-
köpfe) trug. Ueber dem Architrav stand als schmale Wand der Fries, an
welchen: in Zwischenräumen viereckige, erhabene Platten (Triglyphcn) an-
gebracht und die leeren Stellen zwischen diesen, die Metopen, mit bunten
Rcliefbildern gefüllt waren. Die Triglyphen hatten senkrechte Schlitze,
und ein feines Band zierlicher Knöpfchen (Tropfen) zog sich unter ihnen
hin. Aehnlich war auch das Hauptgesims verziert, wo Thierköpfe mit
aufgesperrten Rachen als Dachrinnen dienten. Die Frontgiebelseite trug
Statuen, die zu einer einheitlichen Gruppe vereinigt waren. Auf der
Giebelspitze und an den beiden Seiten, wo der Giebel auf dem Dachgesims
ruhte, standen Statuen und Urnen, die auch in Zwischenräumen das Dach
umsäumten. — Im dorischen Styl war der Theseustempel und das Par-
thenon zu Athen, sowie der Zeustempel zu Olympia gebaut.
Etwas anders war die jonische Säule gestaltet. Sie hatte eine Basis,
der Schaft verjüngete sich nur wenig und hatte zwischen den Kannelierun-
gen platte Stege. Das Kapitäl hatte an den beiden Vorderseiten je eine
Schneckenwindung (Voluta), ähnlich einem starkgekrümmteu Widderhorn;
schöne Arabesken, Blätter und Figuren standen am Fries und Statuen im
Giebelfelde. — Zu jenen Schneckenwindungen fügte die korintische Säule
noch Akanthusblätter (Bärenklau), welche das Kapitäl umgaben. — Im
jonischen Styl war der Tempel der Artemis zu Ephesus *), im korinthischen
das (allerdings viel spätere) Monument des Lysikrates 2) zu Athen aufgeführt.
4. Die Bürgerhäuser waren sehr einfach gehalten. Sie bestanden aus
Fachwerk von Balken und Lehmsteinen und lagen mit der schmalen Seite
nach der Straße. Nur wenige Häuser hatten ein Giebeldach; die meisten
0 Bekanntlich hat Herostratuö den Tempel zu Ephesus in Brand gesteckt,
aus Sucht, sich einen unsterblichen Namen zu machen.
2) Lysikrates hatte (334) als Preis für seine Leistungen bei den dionysischen Fest-
chören einen Dreifuß erhalten; znm Andenken daran ließ er das oben erwähnte Monu-
ment erbauen.
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Vereinigungsmittel sämmtlicher griechischen Staaten. 29
verarbeiteten. — Anfangs standen die Orakel in großem Ansehen. Nichts
Bedeutendes wurde unternommen, ohne vorher die Meinung des delphischen
Gottes eingeholt zu haben. Auch folgte man willig den erhaltenen Aus-
sprüchen , da sie als untrüglich galten. So wirkten die Orakel vielfach
wohlthätig: sie beschwichtigten den Ehrgeiz der einzelnen Staaten, ertheil-
ten verständigen Rath und verschafften guten Gesehen die göttliche Billigung
und damit ein höheres Ansehen. Aber später haben auch geldgierige
Priester und ehrgeizige Feldherren die Orakelsprüche zu eigennützigen Zwecken
gemißbraucht.
Ii. Die Nationalspiele.
Die Nationalspiele. Erneuerung der olympischen Spiele 777; Dauer derselben. Die
Spiele selbst, im Stadium und Hippodrom; die Kampfrichter, die Preise. Diagoras.
Pindar. Die geistigen Kämpfer (Aeschylus, Sophokles, Euripides; Herodot). Die
Olympiaden. Die pythischen, isthmischen und nemeischen Spiele.
Im Peloponnes und zwar auf der Westseite, in der Landschaft Elis,
lag ein heiliger, dem Zeus geweihter Hain, Olympia genannt. Schon Olympia.
Herkules hatte hier Nationalspiele angeordnet, aber sie waren nachher in
Vergessenheit gekommen und erst 777 auf Anrathen des delphischen Orakels
wieder erneuert worden. Alle 4 Jahre, im Juli, wurden sie 5 Tage lang
gefeiert. Alle freien Griechen, die sich durch kein Verbrechen beschimpft
hatten, durften theilnehmen; Fremden war der Zutritt versagt. Jeder
Grieche suchte wenigstens einmal den olympischen Spielen beizuwohnen,
und so sandten nicht nur alle Gaue des Festlandes, sondern auch die be-
nachbarten Inseln und die entferntesten Pflanzstädte in Italien, Asien und
Afrika ihre Festgenossen. Da fanden sich Gastfreunde und Verwandte wieder
und besprachen das, was seit ihrer Trennung vorgefallen; auch wurden
zahlreiche Handelsverbindungen angeknüpft und die Angelegenheit des Staa-
tes erörtert. Während der Feier herrschte allgemeine Waffenruhe, die
bittersten Feinde gingen in Elis friedlich nebeneinander her. — Der Platz,
auf welchem die Spiele stattfanden, war eben und durch eine Mauer in
zwei Theile geschieden. Die eine Abtheilung, das Stadium, war 300 Stadium.
Schritte lang und diente zu Wettkämpfen zu Fuß; die andere viel längere,
das Hippodrom, war zum Wagenrennen bestimmt. Ringsumher saßen Hippodrom,
auf erhabenen Sitzen unabsehliche Reihen von Zuschauern, deren Jubel-
geschrei die Kämpfer anfeuerte, lobte oder verdammte.
Mit Sonnenaufgang begannen die Spiele, nachdem die Nacht vorher
den Göttern reichlich geopfert worden war. Kampfrichter saßen innerhalb
der Schranken. Nackt und mit Oel gesalbt, traten die Wettstreiter (Ath-
leten) vor und schwuren, daß sie sich 10 Monate lang zu den Kampfspielen
vorbereitet und ein unbescholtenes Leben geführt hätten. Darnach winkte
der Herold und der Lauf begann. Wer zuerst das Ziel erreichte, dessen
Name wurde laut ausgerufen und von allen Zuschauern jauchzend wieder-
holt. Im Hippodrom gab es Wettrennen mit dem Zwei- und Viergespann.
Wenn der Kampf beginnen sollte, so erhob sich durch künstlichen Mechanis-
mus ein eherner Adler und schlug mit den Flügeln. Dann eilten die
Wagen auf die Bahn: zwölfmal hatten sie den Raum zu durchmessen und
sehr geschickt um die am Ziele stehenden Spitzsäulen zu biegen. Nicht selten
zerschellten da die Wagen, und Lenker und Rosse sanken verstümmelt oder
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30
Alte Geschichte.
todt in den Sand. Die größte Ehre galt nicht dem Lenker, sondern dem
Besitzer der Rosse. Könige sandten daher-ihr schönstes Gespann, um unter
den Siegern genannt zu werden. Auf das Wettrennen folgte das Ringen,
der Faustkampf und das Werfen mit einer metallenen Scheibe, dem Diskus.
Preise. Am letzten Tage wurden die Sieger belohnt. Sie erhielten nur einen
Otivenkranz, aber dieser Kranz war die höchste Ehre in Griechenland. Er
Verherrlichte nicht blos den, der ihn empfing, sondern auch seine Familie
und seine Vaterstadt. (Sin Bürger von Rhodus, Diagoras, starb vor
Freude über den Sieg, welchen seine beiden Söhne errungen, während
man ihm glückwünschend zurief: „Stirb, Diagoras, dir bleibt nichts mehr
zu wünschen übrig!" — Und der Dichter Pin dar (um 600 v. Chr.) be-
sang mehrere olympische Sieger in trefflichen Oden.
Aber nicht allein die Körperkräfte wurden hier geübt. Wer während
der vier Jahre ein treffliches Werk zu Stande gebracht hatte, trug es hier
den versammelten Griechen vor. Und so errangen die berühmtesten Trauer-
spieldichter (Tragiker) der Griechen: Aeschylus, Sophokles undeuri-
pides nach einander den Preis. Auch soll der Geschichtsschreiber Hero-
dot von Halikarnaß, der Vorläufer von Thucydides und Xenophon, zu
Olympia einzelne Abschnitte seines berühmten Werkes vorgelesen haben.
Durch dies Alles gelangten die olympischen Spiele zu einem solchen An-
sehen, daß die Hellenen (von 777 v. Chr. an) nach ihnen ihre Zeitrech-
Olympiade. uung bestimmten. Ein Zeitraum von vier Jahren hieß eine O l y m p i a d e. —
Weniger glanzvolle Spiele waren die pythischeu, welche bei Delphi zu
Ehren des Apollo (im 3. Olympiadenjahre), die isthmischen, welche bei
Korinth zu Ehren des Poseidon (im 1. und 3. Olympiadenjahre) und die
nemeischen, welche bei Nemea in Argolis zu Ehren des Zeus (im 2.
und 4. Olympiadenjahre) gefeiert wurden.
Iii. Ocr Ämphijltiontnbmrd.
Die Amphiktionen. Wichtigster Amphiktionenbund: sein Zweck. Der Bundeseid. Die
Strafen. Größere und geringere Macht des Bundes.
Die Völkerschaften, welche sich zur Feier von Festen vereinigt hatten,
standen gewöhnlich auch in einer näheren politischen Verbindung. Solche
Bündnisse nannte man Amphiktionen, d. h. Bündnisse der Umwohnen-
den. Sie wann ursprünglich um ein gemeinschaftliches Heiligthum ge-
schlossen worden, hatten aber später Gewährleistung gegenseitigen Schutzes
und Beförderung des Verkehres zur Folge. Der berühmteste Amphiktionen-
bund war der, welcher die Schätze des delphischen Orakels überwachte.
Zwölf Städte nahmen an demselben Theil und schickten je zwei Abgeordnete
zu den Versammlungen. Im Frühling wurde bei den Thermopylen, im
Herbste zu Delphi getagt. Die Versammlungen waren öffentlich; der
Bundeseid. Bundeseid, auf eine eherne Tafel gegraben, lautete: „Keine der amphik-
tionischen Städte je von Grund auo zu vertilgen; keiner weder im Frieden,
noch ine Kriege das Wasser abzuschneiden; wenn aber einer der Verbünde-
ten dies dennoch thäte, gemeinsam gegen ihn zu kämpfen und seine Orte
zu zerstören." Dazu kam: „Wenn einer Begehren trägt nach dem, was
im Heiligthum des delphischen Gottes ist, oder das Heiligthum plündert,
so werden die Amphiktionen dies mit Hand und Fuß, mit der Stimme
und allen Kräften bestrafen."
TM Hauptwörter (50): [T14: [Athen Stadt Athener Sparta Spartaner Griechenland Krieg Perser Flotte König]]
TM Hauptwörter (100): [T2: [Athen Stadt Sparta Griechenland Insel Krieg Korinth Peloponnes Theben Staat], T22: [Gott Zeus Sohn Tempel Göttin König Held Mensch Opfer Erde], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T167: [Fest Tag Kirche Jerusalem Spiel Stadt Hofer Volk Jahr Zeit], T15: [Athen Theben Sparta Griechenland Krieg Philipp Stadt Spartaner Athener König], T115: [Tempel Stadt Rom Zeit Athen Pyramide Bau Ruine Denkmal Säule], T23: [Stadt König Jason Delphi Berg Meer Orakel Sohn Gebirge Land], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
Philipp von Mazedonien.
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leute gegen die Mazedonier aufzuregen und diese auf seine Auslieferung
drangen, so mußte er zum zweitenmale fliehen. Allenthalben verfolgt,
flüchtete er auf die kleine Insel Kalauria *) in den Tempel des Poseidon, ^
und auch hier entdeckt, machte er seinem Leben durch ein schnellwirkendes Tcinostye-
Gift, das er in einer Fcderspule bei sich trug, ein Ende (322). Rach-"^ >
malö setzten ihm die Athener ein Bildsäule mit der Inschrift:
„Wäre Demosthenes' Kraft so groß als sein Wille gewesen:
Traun! Mazedoniens Macht hätte nie Griechen beherrscht."
6. Philipps Sohn, Alexander der Große (336—323), hatte mit Alexander
dem Throne auch die Pläne seines Vaters geerbt. Er führte die Griechen _323
mit seinen Mazedoniern gegen das persische Reich, warf das morsche
Gebäude in Trümmer und gründete weithin über Asien, Afrika und
Europa ein neues mazedonisches Weltreich. Allein die Dauer dieses
Reiches war nur an das flüchtige Dasein seines Stifters geknüpft, es fiel
auseinander, sobald die mächtige Hand fehlte, welche so verschiedene Be-
standtheile zu einem riesigen Ganzen verbunden hatte. Bald nach Ale-
xanders Tode (323) entstanden daraus drei Reiche: das syrische in
Asien, das ägyptische in Afrika und das mazedonische in Europa.
Mit dem letzten blieb Griechenland verbunden und mit ihm kam es nach
der Zerstörung Korinths 146 v. Chr. unter die Herrschaft der Römer.
23. Rückblick auf die Kultur und die literarischen Leistungen
seit Perikles.
1. Abnahme des Poelischen seit dem peloponnesischen Kriege. Vorwiegen der Be-
redsamkeit und Philosophie. Alte und mittlere Komödie. 2. Redner: Demosthenes
(12 philippische Reden) und Aeschines. 3. Philosophen und philosophische Schu-
len: Sokrates; Antisthenes und Diogenes (Zynische Schule); Zeno lstoische Schule);
Aristipp und Epikur (epikureische Schule); Plato (Sokratiker); Aristoteles (peripate-
tische Schule). 4. Geschichtschreibung: Lenophon; Malerei; Apelles; Bildhauerkunst:
Praxiteles und Agesander. - 5. Einfluß der griechischen Kunst und Wissenschaft auf
die Römer und späteren Völker.
1. Schon mit Beginn des peloponnesischen Krieges nahm das Poetische
im griechischen Leben ab. Fast alles Interesse wendete sich dem Politischen
zu: nicht selten folgte eine öffentliche Versammlung der andern. Beliebt
waren nur diejenigen Geistesbeschäftigungen, welche bei den öffentlicheir
Berathungen von Einfluß und Wichtigkeit sein konnten. Sehr fleißig be-
suchte man daher die Schulen der Sophisten, um sich in der Beredtsam- Abnahme
feit und Philosophie auszubilden. Mit dem Poetischen beschäftigte man f
sich nur nebenbei; die epische und lyrische Poesie wurde fast gar nicht poetischen
mehr betrieben und die Tragödie hörte mit Euripideö auf, mustergültig
zu sein. In der Regel wurden wohl Kunstwerke des Aeschylus, Sopho-
kles und Euripides aufgeführt, jedoch mit solch übertrieben äußerem Ge-
pränge, daß viel von der innern Schönheit verloren ging. Auch die
Komödie erlitt während dieser Periode eine wesentliche Veränderung.
Während nämlich die alte Komödie, als deren Repräsentant wir Aristo-
phanes nannten, es ungescheut wagen durfte, lebende Personen unter
9 Kalauria, Insel südlich von Aegina, an der Küste von Argolis im
Peloponnes.
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Extrahierte Personennamen: Philipp_von_Mazedonien Philipp Philipps Philipps Alexander_der_Große Alexander Alexander Alexander Zeno Aegina
Extrahierte Ortsnamen: Kalauria Mazedoniens Asien Afrika Europa Asien Afrika Europa Griechenland
Perikles.
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durch, daß dem Areopag die Aufsicht über die Sitten der Bürger und
über den Staatsschatz entzogen werde. Bisher hatten die ärmeren Bürger
schon das Recht gehabt, in den Volksversammlungen zu erscheinen, Staats-
ämter zu bekleiden und zu Gericht zu sitzen; durch Arbeiten aber waren
sie daran verhindert worden. Perikles führte nun für den Besuch der
Volksversammlung und die Verwaltung des Richteramtes, gleichsam für
die dabei aufgewendete Zeit und Mühe, einen Sold ein und machte so die
Theilnahme der Unbemittelten an den Staatsangelegenheiten möglich. Ueber-
haupt suchte er dem Volke Angenehmes zu bieten; darum veranstaltete er
bald Festversammluugen, bald öffentliche Speisungen, bald feierliche Umzüge
durch die Stadt. Damit die ärmere Volksklasse das Theater besuchen konnte,
ließ er den Leuten an bestimmten Tagen Geld zustellen. Dieses Geld
nahm er aus der Vuudeskasse, welche durch ihn (461) von der Insel Delos
nach Athen verlegt worden war. Denn da von Persien keine Gefahr mehr
drohte, so glaubte er, die Beträge der Bundesgenossen zum Nutzen der
Stadt und ihrer Bürger verwenden zu dürfen. Die herrlichen Bauten,
welche er aufführte, bestritt er aus gleichen Mitteln. Gegen solche Neue-
rungen erhob sich die aristokratische Partei und namentlich Cimon. Perikles
hatte sich aber bereits in der Volksgunst befestigt, und Cimon wurde ver-
bannt. Erst als Perikles überzeugt war, daß Cimon sich fern von den
Staatsgeschäften halten und sich mit der Leitung des Krieges begnügen
wolle, bewirkte er (nach der Schlacht bei Tanagra 456) dessen Zurück-
berufung.
2. Unter Perikles erreichte die Kunst und Wissenschaft in Athen den
Gipfelpunkt; kein Zeitalter hat so berühmte Dichter, Maler und Bildhauer
hervorgebracht, als das seinige. Damals lebten die Trauerspicldichter *)
Aeschyluö (525 — 456), Sophokles (495 — 406) und Euripides
(480—406), sowie der Lustspieldichter Aristophanes. Neben diesen
leuchteten die Geschichtsschreiber Herodot (484 — 410), Thucydides
(471—400) und (wennauch etwas später) Xen oph o n (446—356) her-
vor. Als Maler genossen Apollodor, Zeuxis und Parrhasius, als
Bildhauer Phidias und Polykletus große Achtung. Auch die Be-
redsamkeit, die Tochter republikanischer Verfassung, stand in großer Blüthe
und wurden die Redner Lysias (459—374) und Jsokrates (436—338)
als mustergültig angesehen. Perikles regte die Künstler an und wußte
durch seine Bauten, unter denen die Propyläen, das Parthenon und Odeon
die wichtigsten waren, Baumeister, Bildner, Steinschneider und Goldarbeiter,
sowie die verschiedenen Handwerker in Thätigkeit zu setzen. Kaufleute und
Schiffer hatten vollauf zu thun, die Rohstoffe herbeizuschaffen. Dadurch
mehrte sich der Wohlstand der Stadt. Während zu Solon's Zeiten (594)
ein Vermögen von sieben Talenten eine Seltenheit war, gab es unter
Perikles viel Bürger, welche 100 und noch mehr Talente besaßen. Ucber-
haupt war Perikles daraus bedacht, die Allgewalt, welche er besaß, nur
zum Besten seiner Vaterstadt zu gebrauchen: der Ruhm dieser sollte auch
ihn verherrlichen. Darum gab er dem athenischen Leben einen Charakter,
i) Eigenthümlich ist dem griechischen Drama der Chor, welcher in ruhigen Ge-
sängen die Empfindungen und Betrachtungen der Zuschauer ausspricht über das, was
auf der Bühne vorgeht.
Verlegung
der Bundes-
kasse nach
Athen 461.
Dichter.
Geschichts-
schreiber.
Maler u.
Bildhauer.
Redner.
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98
Alte Geschichte.
feinsten Leckerbissen anschaffen, die Königin dagegen bewirthete ihn ganz
einfach, reichte aber am Schluß der Mahlzeit eine Flüssigkeit herum, in
welcher eine Perle vom Werthe einer Million Gulden aufgelöst war.
Ueberhaupt brachten Schiffe und Karawanen den Römern aus den
entferntesten Ländern Leckereien und Kostbarkeiten. Dabei gefiel nicht das
Einfache und Natürliche, sondern das Außergewöhnliche: überall hatte Ueber-
Leckerbissen. reizung die Natur verdrängt. Man aß Pfauenzungen, Flammingohirn,
Nachtigallenherzen und Austern, und zahlte für einen fremden Fisch oft
mehr als für einen Ochsen. Dazu war, sich durch ein Brechmettel zu
einer Gasterei vorzubereiten, um mit gehörigem Appetit dann essen zu kön-
nen, etwas Gewöhnliches.
Und wie im Essen und Trinken, so stieg auch der Luxus in Kleidern
und Hausgeräthen. Kopfbedeckung und Fußbekleidung strahlten von Edel-
steinen; die seidenen oder wollenen Gewänder nach asiatischem Schnitt schim-
Kleider- werten von eingewebtem Golde. An den Fingern trug man werthvolle
lurus. Ringe. Der Kopfputz einer römischen Patrizierin, welcher nicht selten aus
einer Perrücke von dem goldgelben Haar einer gefangenen Deutschen be-
stand, war mit reichen Perlenschnüren durchflochten oder von einer Gold-
spange zusammengehalten. Im Ohre trug man Perlen oder kostbare
Steine, deren Zusammenklingen die Besitzerinnen liebten. Die Zimmer
der Paläste strotzten vor Pracht. Die Decken, zum Theil auch die Wände,
waren mit Goldblech überzogen, die Möbel mit den kostbarsten Teppichen
bedeckt, die Gerätschaften mit Gold und Edelsteinen -verziert.
Ebenso groß war die Verschwendung in andern Sachen. Das Haus
des Cicero hatte einen Werth von 240,000, das des Klo diu s von
Prachtvolle 800,000 Thlr. Vor allem aber ragte der Palast des Mäcenas, des
Bauten. Freundes und Rathgebers des Augustus, majestätisch hervor. Das Thea-
ter, welches M. Skauruö auf eigene Kosten ganz aus Marmor erbauete
und dessen eigentlicher Schauplatz mit 3000 griechischen Statuen und den
kostbarsten Gemälden ausgeschmückt war, faßte 80,000, der Circus maxi-
mus 250,000 Zuschauer. Ausgezeichnet waren auch die Säulenhallen
(Portikus), die Bassins für Seegefechte, die Bäder (Thermen), Triumph-
bogen, Ehrensäulen und Wasserleitungen. Von berühmten Straßen sind
außer der appischen, gebaut 312 v. Chr., die flaminische von Rom
nach Rimini (gebaut 220) und die ämilische von Rimini nach Ober-
italien (gebaut 187) zu merken.
Während die Vornehmen dem Sinnengcnuste stöhnten, sank die allge-
meine Sittlichkeit immermehr. Das Volk verdarb unter dem Drucke der
Armut und hatte zuletzt nur noch für zwei Dinge Interesse: für Brod
und Spiele (panem et circenses). Es ließ sich Geld und Getreide
schenken und schaute mit Leidenschaft den Fechter- oder Thierkämpfen zu,
wobei es sich an dem Anblick sterbender Menschen erfreute.
3. Nur nach einer Seite hin bietet das Leben der Römer in dem letzteren
Zeitraume ein angenehmeres, versöhnlicheres Bild, d. i. in Bezug auf die
Bestrebungen in Kunst und Wissenschaft. Kato Censorinus hatte vergeblich
gegen das Eindringen des griechischen Wesens gewirkt; zur Zeit der Bür-
gerkriege waren alle bedeutenden Männer — mit Ausnahme des Marius —
der griechischen Sprache und Literatur kundig. Die Vornehmen hatten
nicht nur griechische Sklaven, griechische Sekretäre und Gelehrte in ihren
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Extrahierte Personennamen: Augustus Censorinus Marius_— Marius
Extrahierte Ortsnamen: Rom Rimini Rimini Ober-
italien