1877 -
Ruhrort
: Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
Auflagennummer (WdK): 28
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
Geschlecht (WdK): koedukativ
25
63. $er Indianer.
Ein Indianer hatte seinen Nachbar um etwas Tabak gebeten;
dieser griff in seine Tasche und gab ihm eine Hand voll. Am anderen
Morgen kam der erstere wieder und brachte ihm einen Viertelthaler,
der unter dem Tabak gewesen war, zurück. Als ihm einige rathen
wollten, das Geld zu behalten, legte er die Hand auf's Herz und
sagte: „Hier im Herzen habe ich einen guten und einen bösen Men-
schen; der gute Mensch hat gesagt: Das Geld gehört dir nicht, gieb
es seinem Herrn zurück. Der böse Mensch sagte mir: Man hat es
dir gegeben, es gehört dir. Der gute sagte darauf: Das ist nicht
wahr, der Tabak gehört dir, aber das Geld nicht. Der böse Mensch
sagte dann wieder: Beunruhige dich nicht, gehe und kaufe dir Brannt-
wein dafür. — Ich wußte nicht, wozu ich mich entschließen sollte;
endlich, um zur Ruhe zu kommen, legte ich mich in's Bett; aber der
böse Mensch und der gute Mensch haben sich die ganze Nacht hindurch
gezankt, so daß ich keine Ruhe hatte, ich mußte das Geld wieder-
bringen." (Gal. 5, Vers 17, 18.)
64. Die Stimme des Gewissens.
Ein reicher Mann, Namens Pohl, der mehrere Häuser besaß,
befahl seinen Dienern, aus einem derselben eine arme Wittwe sammt
ihren Kindern zu vertreiben, weil sie die jährliche Miethe nicht zu
zahlen vermochte. Als die Diener nun kamen, sprach die Wittwe:
„Ach, verziehet ein wenig! vielleicht, daß euer Herr sich unser erbarme;
ich will zu ihm gehen und ihn bitten."
Darauf ging die Frau mit vier Kindern zu dem reichen Manne;
das eine aber blieb zu Hause, denn es war sehr krank. Alle
flehten inbrünstig, sie doch nicht zu verstoßen, und selbst das kleinste
rief: „Bitte, bitte!" — Pohl aber sprach: „Meine Befehle kann ich
nicht ändern, es sei denn, daß ihr eure Schuld sogleich bezahlet." Da
weinte die Mutter bitterlich und sagte: „Ach, die Pflege des kranken
Kindes hat all' meinen Verdienst verzehrt und meine Arbeit gehindert."
Und die Kinder flehten mit der Mutter, sie nicht zu verstoßen. Aber
Pohl wendete sich weg von ihnen und ging in sein Gartenhaus und
legte sich auf das Polster, zu ruhen, wie er pflegte. Es war aber ein
schwüler Tag, und dicht am Gartensaale floß ein Strom, der verbreitete
Kühlung, und es war eine Stille, daß kein Lüftchen sich regte. Da
hörte Pohl das Gelispel des Schilfes am Ufer, aber es tönte ihm
gleich dem Gewinsel der Kinder der armen Wittwe, und er ward un-
ruhig auf seinem Polster. Darnach horchte er auf das Rauschen des
Stromes, und es däuchte ihm, als ruhte er an dem Gestade eines
öden, großen Meeres, und er wälzte sich auf seinem Pfühle. Als er
nun wieder horchte, erscholl aus der Ferne der Donner eines auf-
steigenden Gewitters; da war ihm, als vernähme er die Stimme des
göttlichen Gerichtes.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T116: [Vater Kind Mutter Sohn Bruder Herr Mann Auge Frau Hand], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer]]
1877 -
Ruhrort
: Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
Auflagennummer (WdK): 28
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
Geschlecht (WdK): koedukativ
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niederträchtig, mich an einem Feinde zu rächen, der mir nicht schaden
- kann." Lessing.
70. Der seltsame Handel.
Ein Negersklave auf einer der westindischen Inseln, an dessen
Herzen die Kraft des Evangeliums sich schon wirksam bewiesen hatte,
gewann durch seine Herzensredlichkeit und seine Gottesfurcht das ganz
besondere Vertrauen seines Herrn. In Folge dessen bekleidete er eine
sehr wichtige Stelle im Haushalte desselben und erhielt einst den Auf-
trag, zwanzig Sklaven zu kaufen und die Auswahl derselben in Hin-
sicht auf ihre Tauglichkeit nach eigenem Ermessen zu treffen. Unser
Mann ging also hin zum Sklavenmarkte und fing an zu untersuchen.
Kaum hatte er indeß seine Untersuchung begonnen, als seine
Augen auf einen alten, abgelebten Sklaven fielen, dessen Kauf er seinem
Herrn augenblicklich vorschlug. Dieser aber war über seine Wahl
höchlich erstaunt und protestirte dagegen. Der arme Mensch bat ganz
inständig, sein Herr möge doch zugeben, daß dieser mitgekauft würde.
Während er noch bat, erbot sich der Sklaven-Verkäufer, daß, wenn sie
zwanzig kaufen würden, er ihnen den alten Mann noch mit in den
Kauf geben wollte. Der Handel wurde demnach abgeschlossen und die
Sklaven nach der Besitzung ihres neuen Herrn geführt. Keinem jedoch
widmete der Auswähler so viele Sorgfalt, als dem alten, abgelebten
Afrikaner. Er nahm ihn mit nach seiner eigenen Wohnung, legte
ihn auf sein eigenes Bett, speiste ihn von seinem Tische und tränkte
ihn aus seinem Becher. Wenn es kalt war, trug er ihn in die Sonne,
und wenn es heiß war, in den Schatten des Kokosnuß-Baumes.
Erstaunt über die Sorgfalt, die sein vertrauter Sklave seinem Mit-
knechte widmete, äußerte der Herr ihm darüber seine Verwunderung.
„Unmöglich," sagte er, „könntest du so viel Theil an dem Ergehen
des alten Mannes nehmen, wenn du nicht einen ganz besonderen Grund
dazu hättest; vermuthlich ist er dein Verwandter, oder wohl gar dein
Vater?" — „Nein, Herr, nicht mein Vater!" antwortete der arme
Gesell. — „Dann ist er dein älterer Bruder?" — „Nein, Herr, nicht
mein Bruder!" — „Nun denn dein Vetter, oder sonst ein Verwandter
von dir?" — „Nein Herr, er ist nichts von allem dem, er ist nicht
einmal mein Freund." — „Nun denn in aller Welt, was bewegt dich
denn zu solcher Theilnahme für ihn?" — „Er ist mein Feind, Herr!
Er verkaufte mich dem Sklavenhändler, und meine Bibel sagt mir:
Wenn deinen Feind hungert, so speise ihn, und wenn ihn dürstet, so
sollst du ihn tränken."
Siehe da, das Christenthum eines armen, schwarzen, afrikanischen
Sklaven! Königsberger Missionsblatt.
71. Segne, die dir fluchen.
Wenn man dich plagt, so segne doch!
Wenn man dich hasst, so liebe noch!
Es kann ein guter Mensch auf Erden
Durch böse Menschen besser werden. Tersteegen.
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TM Hauptwörter (200): [T116: [Vater Kind Mutter Sohn Bruder Herr Mann Auge Frau Hand], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital]]
1877 -
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77. Mitleid im Winter.
1. In meinem Stübchen ist's bequem,
Jst's lieblich, hübsch und angenehm;
Doch manche Mutter, Gott erbarm',
Nimmt's Kindlein nackend auf den
Arm.
2. Sie hat kein Hemd, hört's kläglich
schrei'n
Und wickelt's in die Schürze ein.
Sie hat kein Holz, sie hat kein Brot
Und klagt dem lieben Gott die Noth.
3. Friert's noch so stark, das Mutterhsrz
Thaut doch die Thränen aufimschmerz.
Der Winter ist ein rauher Mann.
Wer nimmt sich doch der Armen an?
4. Geh' hin und bring' der armen Seel'
Ein weißes Hemd, ein Säcklein Mehl,
Ein Bündchen Holz und sag' ihr dann,
Daß sie auch zu uns kommen kann,
Um Brot zu holen immer frisch.
Uyd dann deck' auch für uns den Tisch!
Nach Hebel.
78. Neujahr.
eit vergeht und Jahr um Jahr,
ottes Huld bleibt immerdar,
Sein getreues Auge wacht
Ueber mir in jeder Nacht,
Seine Liebe gehet auf
Neu mit jedes Morgens Lauf;
Seine Vaterhand erhält
Sonn' und Mond und alle Welt,
Sieht, bewahrt, erhält auch mich,
Liebet mich so väterlich.
79. Die Kinder bei der Krippe.
1. Ihr Kinderlein, kommet, o kommet doch all'
Zur Krippe her, kommet in Bethlehems Stall
Und seht, was in dieser hochheiligen Nacht
Der Vater im Himmel für Freude uns macht!
2.0 seht in der Krippe, im nächtlichen Stall,
Seht hier bei des Lichtleins hellglänzendem Strahl
In reinlichen Windeln das himmlische Kind,
Viel schöner und holder, als Engel es sind.
3. Da liegt es — ach Kinder! auf Heu und auf Stroh;
Maria und Joseph betrachten es froh;
Die redlichen Hirten knie'n betend davor,
Hoch oben schwebt jubelnd der Gngelein Chor.
4. Manch Hirtenkind trägt wohl mit freudigem Sinn
Milch, Butter und Honig nach Bethlehem hin,
Ein Körblein voll Früchte, das purpurroth glänzt,
Ein schneeweißes Lämmchen, mit Blumen bekränzt.
5.0 beugt, wie die Hirten, anbetend die Knie',
Erhebet die Händlein und danket wie sie!
Stimmt freudig, ihr Kinder, — wer sollt'sich nicht freu'n? —
Stimmt freudig zum Jubel der Engel mit ein!
6. O betet: Du liebes, du göttliches Kind,
Was leidest du alles für unsere Sünd'!
Ach hier in der Krippe schon Armuth und Noth,
Am Kreuze dort gar noch den bitteren Tod! —
7. Was geben wir Kinder, was schenken wir dir,
Du bestes und liebstes der Kinder, dafür?
Nichts willst du von Schätzen und Freuden der Welt,
Ein Herz nur voll Unschuld allein dir gefällt.
8. So nimm uns're Herzen zum Opfer denn hin!
Wir geben sie gerne mit fröhlichem Sinn;
Und mache sie heilig und selig wie dein's,
Und mach' sie auf ewig mit deinem nur eins!
Schmtd.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T116: [Vater Kind Mutter Sohn Bruder Herr Mann Auge Frau Hand], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T114: [Fleisch Milch Brot Pferd Butter Käse Stück Wein Schwein Getreide]]
1877 -
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Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
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Der Hund, jetzt fällt mir's ein, war erst ein halbes Jahr; allein, das wollt'
ich doch beschwören, daß er so groß, als mancher Ochse war."
5. Sie gingen noch ein gutes Stücke. Doch Fritzen schlug das Herz, wie
konnt' es anders sein! Es bricht doch niemand gern ein Bein. Er sah nun-
mehr die richterische Brücke und fühlte schon den Beinbruch halb. „Ja, Vater."
fing er an, „der Hund, von dem ich red'te, war groß, und wenn ich ihn auch
was vergrößert hätte, so war er doch viel größer, als ein Kalb."
6. Die Brücke kommt. Fritz! Fritz! wie wird dir's gehen! Der Vater
geht voran: doch Fritz hält ihn geschwind. „Ach, Vater!" spricht er, „seid kein
Kind und glaubt, daß ich dergleichen Hund gesehen! Denn kurz und gut, eh'
wir darüber gehen: Der Hund war nur so groß, wie alle Hunde find."
Gellert.
85. Ich mag nicht lügen!
Ein Knabe hatte ein kleines Beil zum Spielwerk bekommen.
Daran hatte er eine große Freude und hieb damit, wie es eben traf;
und es traf manchmal dahin, wo es nicht gut war. Wie der Kleine
mit dem Beil aus der Schulter auch in den Garten kam, sagte er:
„Nun will ich ein tüchtiger Holzhauer sein!" Und er hieb seines
Vaters schönstes Kirschbäumchen ab.
Den andern Tag kam der Vater in den Garten, und als er das
schöne Bäumchen welk am Boden liegen sah, wurde er betrübt und
zornig. „Wer mir das gethan hat," rief er aus, „der soll mir's
schwer büßen!" — Aber wer es gethan hatte, das wußte kein Mensch,
außer einem, der stand gerade hinter der Hecke, hörte, wie der Vater
zürnte, und wurde feuerroth. „Es ist schlimm," dachte er; „aber wenn
ich's verschwiege, so wär's eine Lüge, und lügen mag ich nicht!"
So trat er denn schnell in den Garten zum Vater und sagte: „Vater,
ich habe das Bäumchen umgehauen. Es war häßlich von mir!" Da
sah der Vater den Knaben an und machte wohl noch ein ernsthaftes
Gesicht, aber er zürnte nicht mehr.
Der kleine Knabe lebte in Amerika und wurde nachher ein braver
Mensch und dazu ein gewaltiger General, hat auch niemals gelogen.
Er hieß Georg Washington.
86. Sprüchwörter und Denksprüche.
1. Lügen haben kurze Beine. 2. Mer einmal gelogen hat, dem glaubt
man nie wieder. 3. Wer lügt, der stiehlt auch. 4. Der Lügner muß ein gut
Gedächtniß haben. 5. Jung gewohnt, alt gethan. 6. Mit Schweigen verräth
sich niemand. 7. Laß deinen Mund verschlossen sein, so schluckst du keine
Fliegen ein. 8. Schweigen bis zur rechten Zeit übertrifft Beredsamkeit.
87. Bequeme Schifffahrt.
Ein Schiff wurde von Mannheim den Neckar hinauf nach Heidel-
berg gezogen. Kommt hinterdrein mit vollem Felleisen und einem
Paar heraushängender Stieselschuhe ein Handwerksbursche. „Darf
ich auch mit für Geld und gute Worte? Was muß ich geben?" Der
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
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TM Hauptwörter (200): [T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T116: [Vater Kind Mutter Sohn Bruder Herr Mann Auge Frau Hand], T46: [Körper Blut Wasser Luft Haut Magen Herz Speise Muskel Mund], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff]]
Extrahierte Personennamen: Fritz Gellert Georg_Washington
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Schiffmeister, der à lustiger Kumpan war, sagte: „Fünfzehn Kreuzer,
wenn ihr in's Schiff wollt sitzen.*) Wollt ihr aber helfen ziehen,
nur sechs. Das Felleisen könnt ihr mir in das Schiff werfen, es
hindert euch sonst nur." Der Handwerksbursche fing an zu rechnen:
„Fünfzehn Kreuzer, — sechs Kreuzer — sechs von fünfzehn bleibt
neun." „Die neun Kreuzer," dachte er, „kann ich verdienen." „Wenn's
denn erlaubt ist," sagte er, und warf das Felleisen in das Schiff.
Hernach schlang er eins von den Seilen über die Achsel und half
ziehen, was er nach Leibeskräften vermochte. „Wir kommen eher an
Ort und Stelle," dachte er, „wenn ich nicht laß bin." In Heidelberg
aber entrichtete er sechs Kreuzer Fährgeld für die Erlaubniß, mit zu
ziehen, und nahm das Felleisen wieder in Empfang. Hebel.
88. Peter in der Fremde.
1. Der Peter will nicht länger bleiben,
Er will durchaus fort in die Welt,
Dies Wagestück zu hintertreiben,
Der Mutter immer schwerer fallt.
„Was willst du," spricht sie, „draußen
machen?
Du kennst ja fremde Menschen nicht;
Dir nimmt vielleicht all deine Sachen
Der erste beste Bösewicht."
2. Der Peter lacht nur ihrer Sorgen,
Wenn er die Mutter weinen sieht,
Und wiederholt an jedem Morgen
Sein längst gesungnes Reiselied.
Ermeint: diefremde nur machtleute;
Nicht in der Nähe wohnt das Glück.
Drum sucht er's gleich recht in der Weite;
Doch kehrt er mit der Zeit zurück.
3. Zu Hilfe ruft man alle Basen,
Jedwede giebt dazu ihr Wort;
Doch Peter läßt nicht mit sich spaßen,
Der Tollkopf will nun einmal fort.
Da sprach die Mutter voller Kummer:
„So sieh doch nur den Vater an!
Der reiste nie und ist nicht dummer,
Als mancher weit gereiste Mann."
4. Doch Peter läßt sich nicht bewegen,
So daß zuletzt der Vater spricht:
„Nun gut! ich wünsch'dir Glück und
Segen;
Fort sollst du, doch nun säum' auch
nicht!"
Nun geht es an ein Emballiren
Vom Fuß hinaus bis an den Kopf;
Man wickelt, daß auch nichts kann
frieren,
Das dickste Band um seinen Zopf.
5. Und endlich ist der Tag gekommen;
Gleich nach dem Essen geht er heut'.
Voraus ist Abschied schon genommen,
Und alles schwimmt in Traurigkeit.
Die Eltern das Geleit ihm geben
Bis auf das nächste Dorf hinaus,
Und weil da ist ein Wirthshaus eben,
Hält man noch einenabschiedsschmaus.
6. Ein Fläschchen Wein wird vorge-
nommen: —
Doch still wird Peter, mäuschenstill.
Man trinkt auf glücklichwiederkommen,
Und Peter seufzt: „Nun, wie Gott will I"
Er muß die Augen manchmal reiben,
Nimmt Abschied noch einmal recht schön
Und sagt, man soll nur sitzen bleiben,
Denn weiter laß er keinen geh'n.
7. Und endlich wankt er fort, der Peter,
Obgleich es ihn beinahe reut;
Nach jeden hundert Schritten steht er
Und denkt: Wie ist die Welt soweit!
Das Wetter will ihn auch nicht freuen;
Es weht der Wind so rauh und kalt.
Er glaubt, es kann noch heute schneien,
Und schneit's nicht heut', so schneit's
doch bald.
8. Jetzt schaut er bang zurück, jetzt geht er
Und sinnt, wie weit er heut'noch reist.
Jetzt kommt ein Kreuzweg; ach! da
steht er.
Und niemand, der zurecht ihn weist!
„Ach." seufzt er, „so was zu erleben.
Gedacht' ich nicht! daß Gott erbarm'!
Hätt' ich der Mutter nachgegeben,
So säß' ich jetzt noch weich und warm
') wenn ihr euch in's Schiss wollt setzen.
3*
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TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T116: [Vater Kind Mutter Sohn Bruder Herr Mann Auge Frau Hand], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau]]
Extrahierte Personennamen: Peter Peter Peter Peter Peter Peter Peter
1877 -
Ruhrort
: Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
Auflagennummer (WdK): 28
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
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9. Wie konnt' ich so mein Glück ver-
scherzen!
Ich war doch wirklich toll und dumm I
Wie würde mich die Mutter Herzen,
Kehrt' ich an diesem Kreuzweg um!"
Und rasch beschließt er, sich zu drehen,
Wie wenn man was vergessen hat,
Und rennt — ich hätt' ihn mögen
sehen —
Zurück zur lieben Vaterstadt.
10. Die Eltern saßen unterdessen
Im Wirthshaus noch in guter Ruh',
Bekämpften ihren Gram durch Essen
Und tranken tiefgerührt dazu.
Der Peter ließ sie gern beim Schmause,
Ihn reizte nur der Heimath Glück;
Drum läuft er sporeustreichs nach
Hause
Auf einem Seitenweg zurück.
11. Und froh, daß in der Näh' und
Ferne
Sein Fuß sich nicht verirret hat,
Gelangt er vor dem Abendsterne
Noch ungesehen in die Stadt.
Doch ist er kaum erst hergekommen,
Da schallt Gelächter durch das Haus,
Das hätt' er übel fast genommen.
Allein — er macht sich nichts daraus.
12. Man spaßt: „Du mußt mitmeilen-
schnhen
Gewandert sein: drum setz'dich auch
Nun hinter'» Ofen, um zu ruhen,
Und pfleg' am Brotschrank deinen
Bauch!"
Sr thut's. Jetzt treten seine Alten
Zur Stubenthür betrübt herein;
Die Mutier seufzt mit Händefatten:
„Ach Gott! wo magnun Peterfein?"
13. Dakriechtderpetervorund schmunzelt:
„Was klagt ihr denn ? Hier bin ich ja!"
Die Mutter jauchzt, der Vater runzelt
Die Stirn und spricht: „Schon wie
der da?
Nun, wie ich's dachte, ist's geschehen;
Die Mutter war nur ganz verwirrt;
Ich hab's dem Burschen angesehen,
Wie weit die Reise gehen wird."
14. Die Mutter jubelte durchdrungen
Von frommem Dank: „'s ist besser so:
Nun hab' ich wieder meinen Jungen
Gesund daheim, deß bin ich froh!"
Doch Peter sagte ganz beklommen:
„Hätt' ich nur nicht geglaubt, es
schneit',
Und wär' der Kreuzweg nicht ge-
kommen,
Ich wäre jetzt, werweiß, wieweit!"
Eberhard.
89. Wanderlied.
1. Wohlauf, noch gesungen im trauten Verein!
Ade nun, ihr Lieben, geschieden muß sein!
Ade nun, ihr Berge, du väterlich Haus,
Es treibt in die Ferne mich mächtig hinaus:
Ade nun, ihr Berge, du väterlich Haus,
Es treibt in die Ferne mich mächtig :,: hinaus!
2. Die Sonne, sie bleibet am Himmel nicht steh'n,
Es treibt sie, durch Länder und Meere zu geh'n;
:.: Die Woge nicht haftet am einsamen Strand;
Die Stürme, sie brausen mit Macht durch das Land. :,:
3. Mit eilenden Wolken der Vogel dort zieht
Und singt in der Ferne ein heimathlich Lied;
So treibt es den Wandrer durch Wälder und Feld,
Zu gleichen der Mutter, der wandernden Welt. :.:
4. Da grüßen ihn Vögel, bekannt über'm Meer,
Sie flogen von Fluren der Heimath hieher;
:,: Da duften die Blumen vertraulich um ihn,
Sie treiben vom Lande die Düfte dahin. :,:
5. Die Vögel, sie kennen sein väterlich Haus;
Die Blumen einst pflanzt' er der Liebe zum Strauß;
:,: Und Liebe, die folgt ihm, die geht ihm zur Hand:
So wird ihm zur Heimath das serneste Land. I. Kerner-
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
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Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
Auflagennummer (WdK): 28
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45
5. „Ei, artig Spielzeug!" ruft sie, „das nehm' ich mit nach
Haus." Sie knieet nieder, spreitet behend ihr Tüchlein aus und feget
mit den Händen, was sich Sa alles regt, zu Haufen in das Tüchlein,
das sie zusammenschlägt;
6. Und eilt mit freud'geu Sprüngen (man weiß, wie Kinder sind^
zur Burg hinan und suchet den Vater auf geschwind: „Ei, Vater,
lieber Vater, ein Spielding wunderschön! So allerliebstes sah ich
noch nie auf unsern Höh'n."
7. Der Alte saß am Tische und trank den kühlen Wein, er schaut
sie an behaglich, er fragt das Töchterlein: „Was Zappeliges bringst
du in deinem Tuch herbei? Du hüpfest ja vor Freuden; laß sehen,
was es sei!"
8. Sie spreitet aus das Tüchlein und fängt behutsam an, den
Bauer aufzustellen, den Pflug und das Gespann. Wie alles auf
dem Tische sie zierlich aufgebaut, da klatscht sie in die Hände und
springt und jubelt laut.
9. Der Alte wird gar ernsthaft und wiegt sein Haupt und spricht:
„Was hast du angerichtet? Das ist kein Spielzeug nicht; wo du
es hergenommen, da trag' es wieder hin! Der Bauer ist kein
Spielzeug, was kommt dir in den Sinn!"
10. „Sollst gleich und ohne Murren erfüllen mein Gebot, denn
wäre nicht der Bauer, so hättest du kein Brot; es sproßt der Stamm
der Niesen aus Bauernmark hervor; der Bauer ist kein Spielzeug,
da sei uns Gott davor!"
11. Burg Nideck ist im Elsaß der Sage wohlbekannt, die Höhe,
wo vor Zeiten die Burg der Riesen stand. Sie selbst ist nun zer-
fallen, die Stätte wüst und leer; und fragst du nach den Riesen, du
findest sie nicht mehr. Chamisso.
104. Das Raupemreft.
Henriette machte eines Abends mit ihrer Mutter einen Spazier-
gang über's Feld. Sie war von ihrer Mutter dazu gewöhnt, alles
mit Aufmerksamkeit zu betrachten, was um sie her war. Dies that
sie auch jetzt. Auf einmal blieb sie stehen und rief: „Mutter, Mutter?
komm geschwind her und sieh', was da ist!" Die Mutter kam und
siehe! da war ein Nessetbusch, der ganz mit Raupen bedeckt war, lauter
häßliche schwarze Thiere mit stachlichtem Rücken und grünen Streifen
zwischen den Stacheln. „Soll ich die Raupen todt treten?" fragte
Henriette. — „Nein," sagte die Mutter; „denn wie du siehst, so
nähren sie sich von Nesseln und sind also nicht schädlich. Wenn sie
aber an einem Kirschbaume, oder auf einer andern nützlichen Pstanze
v säßen, dann dürftest du sie als schädliche Thiere todt treten. Höre,
wie du dir mit diesen Thierchen eine recht große Freude machen kannst.
Nimm sie mit nach Hause und füttere sie."
„Ach ja, das will ich thun," sagte Henriette und griff hastig zu,
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
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TM Hauptwörter (200): [T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T116: [Vater Kind Mutter Sohn Bruder Herr Mann Auge Frau Hand], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus]]
1877 -
Ruhrort
: Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
Auflagennummer (WdK): 28
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
Geschlecht (WdK): koedukativ
51
Gaff' ein kam er endlich an den Meerbusen, der da heißt: Het Ey,
oder auf deutsch: das Upfflon. Da stand nun Schiff an Schiff und
Mastbaum an Mastbaum; und er wußte anfänglich nicht, wie er es
mit seinen zwei einzigen Augen durchfechten werde, alle diese Merk-
würdigkeiten genau zu sehen und zu betrachten, bis endlich ein großes
Schiff seine Aufmerksamkeit an sich zog, das vor Kurzem aus Ostindien
angelangt war und jetzt eben ausgeladen wurde. Schon standen ganze
Reihen von Kisten und Ballen auf- und nebeneinander am Lande.
Noch immer wurden mehrere herausgewälzt, und Fässer voll Zucker
und Kaffee, voll Reis und Pfeffer. Als er aber lange zugesehen
hatte, fragte er endlich einen, der eben eine Kiste auf der Achsel
heraustrug, wie der glückliche Mann heiße, dem das Meer alle diese
Waaren an das Land bringe. „Kannitverstan," war die Antwort.
Da dachte er: Haha, schaut's da heraus? Kein Wunder! wem das
Meer solche Reichthümer an das Land schwemmt, der hat gut solche
Häuser in die Welt stellen und solcherlei Tulipanen vor die Fenster
in vergoldeten Scherben. Jetzt ging er wieder zurück und stellte eine
recht traurige Betrachtung bei sich selbst an, was er für ein armer
Mensch sei unter so viel reichen Leuten in der Welt. Aber als er
eben dachte: Wenn ich's doch nur einmal so gut bekäme, wie dieser
Herr Kannitverstan es hat, kam er um eine Ecke und erblickte einen
großen Leichenzug. Vier schwarz vermummte Pferde zogen einen eben-
falls schwarz überzogenen Leichenwagen langsam und traurig, als ob
sie wüßten, daß sie einen Todten in seine Ruhe führten. Ein langer
Zug von Freunden und Bekannten des Verstorbenen folgte nach, Paar
und Paar, verhüllt in schwarze Mäntel, und stumm. In der Ferne
läutete ein einsames Glöcklein. Jetzt ergriff unsern Fremdling ein
wehmüthiges Gefühl, das an keinem guten Menschen vorübergeht, wenn
er eine Leiche sieht, und et blieb mit dem Hute in den Händen an-
dächtig stehen, bis alles vorüber war. Doch machte er sich an den
letzten vom Zuge, der eben in der Stille ausrechnete, was er an seiner
Baumwolle gewinnen könnte, wenn der Centner um zehn Gulden auf-
schlüge, ergriff ihn sachte am Mantel und bat ihn treuherzig um Ent-
schuldigung. „Das muß wohl auch ein guter Freund von euch gewesen
sein," sagte er, „dem das Glöcklein läutet, daß ihr so betrübt und
nachdenklich mitgeht." „Kannitverstan!" war die Antwort. Da sielen
unserm guten Tuttlinger ein paar große Thränen aus den Augen und
es ward ihm auf einmal schwer und wieder leicht um's Herz. Armer
Kannitverstan, rief er aus, was hast du nun von allem deinem Reich-
thum? Was ich einst von meiner Armuth auch bekomme: Ein Todten-
kleid und ein Leintuch, und von allen deinen schönen Blumen vielleicht
einen Rosmarin auf die kalte Brust, oder eine Raute. Mit diesen
Gedanken begleitete er die Leiche, als wenn er dazu gehörte, bis an's
Grab, sah den vermeinten Herrn Kannitverstan hinabsenken in seine
Ruhestätte und ward von der holländischen Leichenprcdigt, von der er
kein Wort verstand, mehr gerührt, als von mancher deutschen, auf die
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T116: [Vater Kind Mutter Sohn Bruder Herr Mann Auge Frau Hand], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
1877 -
Ruhrort
: Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
Auflagennummer (WdK): 28
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
Geschlecht (WdK): koedukativ
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hinzu und sah, wie jedes Kind eine schöne Frucht, gleich einer Kirsche,
in den Händen trug und sie beschaute, um sie zu esien.
Aber der Vater nahm ihnen die Kirschen, warf sie auf die Erde
und zertrat sie vor ihren Augen. Darauf riß er die Pflanze aus der
Erde und zertrat sie sammt den Kirschen, die daran saßen.
Da murrten die beiden Kinder und sahen den Vater an mit
Unmuth. Der Vater aber schwieg und ging weiter. Endlich fragten
die Kinder und sprachen: „Wie konntest du, lieber Vater, also die
schöne Frucht und uns die Freude verderben? Warum thatest du das?"
„Kinder," antwortete der Vater, „hättet ihr diese Frucht gegessen,"
so wär' es euer beider Tod gewesen. Es war eine Tollkirsche, eine
Giftpflanze."
Da sahen die Kinder beschämt vor sich nieder und dankten dem
Vater und sprachen: „Lieber Vater, warum sagtest du uns dieses nicht?
Wir hätten dich dann nicht betrübt durch unser thörichtes Murren."
Der Vater aber antwortete: „Eben euer Unmuth und Murren
hat mich daran gehindert. Hatte ich euch denn gewehrt, die süßen und
heilsamen Erdbeeren zu pflücken? — Jetzt wisset ihr, welche Freuden
ich euch versage." Krummacher.
132. Gefunden.
1. Ich ging im Walde
So für mich hin,
Und nichts zu suchen,
Das war mein Sinn.
2. Im Schatten sah ich
Ein Blümlein steh'n,
Wie Sterne leuchtend,
Wie Aeugleiu schön.
3. Ich wollt' es brechen,
Da sagt' cs fein:
133.
1. Es sind zwei kleine Fensterlein
In einem großen Haus,
Da schaut die ganze Welt hinein,
Da schaut die ganze Welt heraus.
„Soll ich zum Welken
Gebrochen sein?"
4. Ich grub's mit allen
Den Würzlein aus,
Zum Garten trug ich's,
Am hübschen Haus.
5. Und pflanzt' es wieder
Am stillen Ort;
Nun zweigt es immer
Und blüht so fort.
Göthe.
Räthsel.
5. Auch was der Hausherr denkt und fleht,
Malt er an's Fenster an,
Daß jeder, der vorübergeht,
Es deutlich sehen kann.
2. Ein Maler sitzet immer dort,
Kennt seine Kunst genau,
Malt alle Dinge fort und fort,
Weiß, schwarz, roth, grün und blau.
6. Und freut der Herr im Hause sich,
Und nimmt der Schmerz ihn ein,
Dann zeigen öfters Perlen sich
An beiden Fensterlein.
3. Dies malt er eckig, jenes rund,
Lang, kurz, wie's ihm beliebt;
Wer kennet all' die Farben und
Die Formen, die er giebt;
4. Ein Zaub'rer ist's, das sag' ich kühn!
Was faßt der Erde Schooß,
Das malt er auf ein Fleckchen hin,
Wie eine Erbse groß. .
7. Ist's schönes Wetter, gute Zeit,
Da sind sie hell und lieb;
Wenn's aber fröstelt, stürmt und schneit,
Dann werden sie gar trüb'.
8. Und geht des Hauses Herr zur Ruh',
Nicht braucht er dann ein Licht,
Dann schlägt der Tod die Laden zu.
Und ach! das Fenster bricht.
Castelli.
5*
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T28: [Blatt Blüte Pflanze Baum Wurzel Frucht Stengel Zweig Erde Samen], T116: [Vater Kind Mutter Sohn Bruder Herr Mann Auge Frau Hand]]
1877 -
Ruhrort
: Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
Auflagennummer (WdK): 28
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
Geschlecht (WdK): koedukativ
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des Lebens mehr wahrzunehmen. Doch vernahm er nach langem,
ängstlichem Rufen, wie aus einem tiefen Grabe die Stimme seines
Weibes unter dem Schnee herauf. Und als er sie glücklich und unbe-
schädigt hervorgegraben hatte, da hörten sie plötzlich noch eine bekannte
und liebe Stimme: „Mutter, ich wäre auch noch am Leben," rief ein
Kind, „aber ich kann nicht heraus." Nun arbeiteten Vater und Mutter
noch einmal und brachten auch das Kind hervor, und ein Arm war
ihm abgebrochen. Da ward ihr Herz mit Freude und Schmerzen
erfüllt, und von ihren Augen stoffen Thränen des Dankes und der
Wehmuth. Denn die zwei andern Kinder wurden auch noch heraus-
gegraben, aber todt.
In Pilzeig, ebenfalls im Kanton Uri, wurde eine Mutter mit
zwei Kindern fortgerissen und unten in der Tiefe vom Schnee ver-
schüttet. Ein Mann, ihr Nachbar, den die Lawine ebenfalls dahinge-
worfen hatte, hörte ihr Witnmern und grub sie hervor. Vergeblich
war das Lächeln der Hoffnung in ihrem Antlitze. Als die Mutter
halb nackt umherschaute, kannte sie die Gegend nicht mehr, in der sie
war. Ihr Retter selbst war ohnmächtig niedergesunken. Neue Hügel
und Berge von Schnee und ein entsetzlicher Wirbel von Schneeflocken
füllten die Luft. Da sagte die Mutter: „Kinder, hier ist keine Ret-
tung möglich; wir wollen uns dem Willen Gottes überlaffen." Und
als sie beteten, sank die siebenjährige Tochter sterbend in die Arme der
Mutter; und als die Mutter mit gebrochenem Herzen ihr zusprach
und ihr Kind der Barmherzigkeit Gottes empfahl, da verließen sie ihre
Kräfte auch. Sie war eine 14 tägige Kindbetterin, und sie sank, mit
dem theuren Leichnam ihres Kindes in dem Schooße, ebenfalls leblos
darnieder. Die andere, elftährige Tochter hielt weinend und hände-
ringend bei der Mutter und Schwester aus, bis sie todt waren, drückte
ihnen alsdann, ehe sie auf eigene Rettung bedacht war, mit stummem
Schmerze die Augen zu, und arbeitete sich mit unsäglicher Mühe und
Gefahr erst zu einem Baume, dann zu einem Felsen hinauf und kam
gegen Mitternacht endlich an ein Haus, wo sie zum Fenster herein
aufgenommen und mit den Bewohnern des Hauses erhalten wurde.
Kurz, in allen Bergkantonen der Schweiz, — in Bern, Glarus,
Uri, Schwyz, Graubündten — sind in einer Nacht und fast in
der nämlichen Stunde durch die Lawinen ganze Familien erdrückt, ganze
Viehheerden mit ihren Stallungen zerschmettert, Matten und Garten-
land bis auf die nackten Felsen hinab aufgeschürft und weggeführt
und ganze Wälder zerstört worden, also, daß sie in's Thal gestürzt
sind, oder die Bäume lagen übereinander zerschmettert und zerknickt,
wie die Halme auf einem Acker nach einem Hagelschlage. Sind ja in
dem einzigen kleinen Kanton Uri fast mit einem Schlage 11 Per-
sonen unter dem Schnee begraben worden und sind nimmer auferstan-
den; gegen 30 Häuser und mehr als 150 Heuställe zerstört und
359 Häuptlein Vieh umgekommen, und man wußte nicht, auf wie viel
mal hunderttausend Gulden man sollte den Schaden berechnen, ohne
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T58: [Kloster Jahr Mönch Kirche Schweiz Bischof Abt Zürich Bonifatius Bern], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch]]
TM Hauptwörter (200): [T116: [Vater Kind Mutter Sohn Bruder Herr Mann Auge Frau Hand], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T68: [Schweiz Zürich Kanton Bern See Stadt Genf Basel Schweizer Schwyz], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute]]