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1. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 392

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
392 spazierst, denn du hast von deinem Anzug vergessen: zum ersten deinen Rock, zum andern deine Hose, zum dritten deine Strümpfe und Stiefel und zum vierten deinen Kragen und dein Halstuch.“ Die Leute marschieren nämlich dort in bloßen Hemden ganz ungeniert durch Stadt und Land, wie wenn sich das von selbst verstände. So einfach mögen sich auch die Jünger des Herrn gekleidet haben, als sie noch galiläische Fischer waren. Beim Fischfang gürteten sie ihr Hemd auf, wie das heute noch die Leute tun, um in ihrer Arbeit ungehindert zu sein. 2. Uber dem Hemd trug und trägt man, wenn man nicht gerade bei der Arbeit ist oder sich in den Sonntagsstaat werfen will, einen Mantel. Dieser, in der Bibel gewöhnlich „Oberkleid“ genannt, ist aus Schaf-, Kamel- oder Ziegenwolle gesponnen oder gewoben. Derselbe wird meistens frei um die Schultern geschlagen und fällt faltenreich über den Leib herab. In und bei den Städten liebt man schwarze oder weiße Mäntel aus Wolle, welche mit farbigen Stickereien kunstvoll verziert sind. Dieser Mantel, und zwar der erstgenannte, einfachere ist gemeint, wenn Markus von dem blinden Bartimäus in Jericho er- zählt: „Er warf sein Kleid von sich, stand auf und kam zu Jesu.“ In einen solchen Mantel pflegte" sich auch Jesus zu hüllen, wenn er im Freien, etwa in Gethsemane oder am See Genezareth, übernachtete. 3. Statt der Schuhe trug man zu Jesu Zeit »Sandalen. Eine kältere Zone macht die völlige Bedeckung des Fußes nötig, wiewohl dadurch dieses schön gebildete Glied des menschlichen Körpers nicht zur Geltung kommt oder gar gänzlich verunstaltet wird. Nicht so im Orient. Dort ging man entweder barfuß, oder die Fußsohle wurde nur durch eine Sandale, d. i. eine untergebundene Ledersohle, unter- stützt, welche mit mehr oder minder zierlichen Riemen um Fuß und Knöchel befestigt wurde. Bei dieser Bekleidungsweise wurden die Füße beim Gehen auf der Straße natürlich bestaubt. Daher wurde es beim Eintritt in ein Haus, wo ein Gastmahl stattfand, zu einer Pflicht der Höflichkeit, bevor man die Teppiche betrat, die staubigen Füße zu waschen, ähnlich wie wir die Hände waschen, wenn wir von der Straße kommen. In besseren Häusern hielt man hierfür zierliche Becken, in welchen der Hausherr oder ein Diener dem Gaste sofort bei seinem Eintritt ein Fußbad anbot. Diese Höflichkeit durfte der Herr mit Recht erwarten, als er bei dem Pharisäer Simon zu Gaste war. Darum sagte er auch zu ihm: „Ich bin gekommen in dein Haus! Du hast mir nicht Wasser gegeben zu meinen Füßen; — diese aber hat meine Füße mit Tränen genetzet und mit den Haaren ihres Hauptes getrocknet.“ Wo die Sitte befolgt wurde, da pflegte ein Diener zu kommen und dem Gaste die Riemen

2. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 401

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
401 Das hätte ich gern gesehen. Aber in derselben Woche konnte ich nicht abkommen, und als ich in der nächsten Woche hinaufkam, da waren die Häuser schon sämtlich wieder aufgebaut. Besser gestellte Leute sollen sich einfach stets ein neues Haus in voraus bereithalten, damit sie, wenn's brennt, nicht lange obdachlos sind. Eigentlich genügt der ganzen Familie ein Raum. Höchstens daß er durch Papierwäude etwas abgeteilt ist. Tische, Stühle, Sofas, Betten, Schränke und dergleichen gibt's nicht. Man arbeitet, ißt, schläft, plaudert auf den mattenbelegten Fußboden sitzend oder liegend. Trotzdem es im Winter kalt ist, gibt es keine Ofen. Man zieht sich einfach wärmer an und wärmt sich die Hände an einem Kessel mit feurigen Kohlen, um dessen gesellige Wärme sich die Hausbewohner sammeln. 5. Auch an die Kleidung machen die Japaner keine großen An- sprüche. Es ist freilich höchst bedauerlich, daß neuerdings die europäische Tracht mehr und mehr in Aufnahme kommt. Aber die Mode ist überall in der Welt eine beinahe unwiderstehliche Macht. Hoffentlich besinnen sich die Japaner und bleiben bei ihrer kleidsamen Tracht, dem Kimono, einer Art Schlafrock für Männer und Frauen, weit, bequem, malerisch, über der Hüfte mit einem Gürtel zusammengehalten, der bei Männern schmal, bei Frauen dagegen oft sehr breit und von kostbarster Seide ist. Die Schuhe sind bei trockenem Wetter einfache Strohsandalen, bei Regen- wetter kleine Brettchen mit Klötzchen darunter, so daß man trockenen Fußes durch den tiefsten Schmutz gehen oder vielmehr tippeln kann, was bei Frauen, wenn sie es hübsch machen, sehr anmutig aussehen kann. Überhaupt zeichnen sich die Frauen durch niedliche, anmutige Bewegungen aus. Wenn es also wahr ist, daß die Frauenschönheit hauptsächlich in Anmut, Freundlichkeit und Liebenswürdigkeit besieht, dann kann man die japanischen Frauen mit. Fug und Recht schön nennen. Besondere Sorgfalt verwenden sie aus die Haartracht. Die stellt einen überaus künstlichen Bau dar, durch Einflechten von Pferdehaaren in Gestalt und Schöne gebracht. Viele Stunden werden auf den Kopf- putz verwandt. Daher kann er nicht jeden Tag neu hergestellt werden, sondern muß mindestens eine Woche halten. Es dürfen also die so Frisierten ihren Kopf zum Schlafen nicht bequem auf ein Kiffen legen; sie haben nur eine Makura, ein Ding wie einen kleinen Kasten, der als Stütze unter das Genick geschoben wird, so daß der ganze Kopf frei in der Luft schwebt. Höchst unbequem; aber was legt sich der Mensch nicht alles für Lasten auf der lieben Eitelkeit zuliebe. — Nichts geht dem Japaner wie der Japanerin über die Reinlichkeit. Waschen und baden, täglich einmal, auch mehrmal heiß, so heiß wie möglich baden, das gehört ihnen zu den notwendigsten Lebensbedürfnissen. 6. In Japan gibt es kein kinderloses Haus. Bekommt eine Frau keine Kinder, so kann sich der Mann von ihr scheiden und eine andere Kappey u. Koch, Deutsches Lesebuch für Mittelschulen. V. 26

3. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 478

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
478 so nicht zurückkehren würden. Und die Franzosen sagten das selbst. Wenn sie sonst mit ihrem Kaiser in den Krieg gezogen waren, hatten ihre Kosse gewiehert, so oft sie aus dem Stall geführt wurden, da- mals hingen sie traurig die Köpfe; sonst waren die Krähen und Haben dem Heere entgegengeflogen, damals begleiteten die Vögel der Walstatt das Heer nach Osten, ihren Fraß erwartend. 4. Aber was jetzt zurückkehrte, das kam kläglicher, als einer im Volke geträumt hatte. Es war eine Herde armer Sünder, die ihren letzten Gang angetreten hatten, es waren wandelnde Leichen Ungeordnete Haufen, aus allen Truppengattungen und Nationen zu- sammengesetzt, ohne Kommandoruf und Trommel, lautlos wie ein Totenzug nahten sie der Stadt. Alle waren unbewaffnet, keiner be- ritten, keiner in vollständiger Montur, die Bekleidung zerlumpt und unsauber, aus den Kleidungsstücken der Bauern und Frauen ergänzt. Was jeder gefunden, hatte er an Kopf und Schultern gehängt, um eine Hülle gegen die markzerstörende Kälte zu haben: alte Säcke, zerrissene Pferdedecken, Teppiche, Schals, frisch abgezogene Häute von Katzen und Hunden; man sah Grenadiere in großen Schafpelzen, Küras- siere, die Weiberröcke von buntem Fries wie spanische Mäntel trugen. 5. Nur wenige hatten Helm und Tschako, jede Art Kopftracht, bunte und weiße Nachtmützen, wie sie der Bauer trug, tief in das Gesicht gezogen, ein Tuch oder ein Stück Pelz zum Schutze der Ohren darübergeknüpft, Tücher auch über den untern Teil des Ge- sichts. Und doch waren der Mehrzahl Ohren und Nasen erfroren und feuerrot, erloschen lagen die dunkeln Augen in ihren Höhlen. Selten trug einer Schuh oder Stiefel; glücklich war, wer in Filz- socken oder in weiten Pelzschuhen den elenden Marsch machen konnte. Vielen waren die Füße mit Stroh umwickelt, mit Decken, Lappen, dem Fell der Tornister oder dem Filz von alten Hüten. Alle wankten, auf Stöcke gestützt, lahm und hinkend. Auch die Garden unterschieden sich von den übrigen wenig, ihre Mäntel waren verbrannt, nur die Bärenmützen gaben ihnen noch ein militärisches Ansehen. So schlichen sie daher, Offiziere und Soldaten durchein- ander, mit gesenktem Haupt, in dumpfer Betäubung. Alle waren durch Hunger und Frost und unsägliches Elend zu Schreckensge- stalten geworden. 6. Tag für Tag kamen sie jetzt auf der Landstraße heran, in der Regel, sobald die Abenddämmerung und der eisige Winternebel über den Häusern lag. Dämonisch erschien das lautlose Erscheinen der schrecklichen Gestalten, entsetzlich waren die Leiden, welche sie mit sich brachten; die Kälte in ihren Leibern sei nicht fortzubringen, ihr Hunger sei nicht zu stillen, behauptete das Volk. Wurden sie

4. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 524

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
524 ganz Deutschland an der Bahre seines größten Sohnes. Der Kaiser und der Arbeitsmann haben ihm mit Wehmut, aber dankbaren Her- zens, ihr Lebewohl zugerufen. Viele kostbare Kränze lagen um seinen Sarg. Auch solche von einfachem Eichenlaub waren darunter, und der Prinzregent von Bayern schickte ein Edelweißsträußchen hoch aus den Bergen. Aber wo ist sein Grab? Das hat er selber sich ausgesucht. Seinem Schloß gegenüber am Waldesrand liegt eine Höhe. Eine alte kleine Holzbank steht dort in der Ecke, von Eichenästen breit über- dacht. Darauf hat er oftmals gesessen. Weit schaut der Blick hinaus auf die wogenden Wipfel des Sachsenwaldes, und man hört ihr nie ermüdendes, wunderseltsames Lied. Dort hat er seinem Leibe die letzte Stätte gewünscht. Der Wald, der deutsche Wald hatte es ihm angetan. Dem wollte er auch im Tode nicht fern sein. Und wenn hinfort vom deutschen Volke einer durch den Wald geht, sei’s an der Weichsel oder am Rhein, sei es am Alpenrand oder am Ostsee- strand, und es rauscht und weht im Geäst mit geheimnisvollem Klang, dann horcht er hoch auf und spricht bei sich: „Deutschlands Schutz- geist — der Alte im Walde.“ H. Petrich. 292. Wo Bismarck liegen soll. \. Nicht in Dom oder Fürsten- Sruft, er ruh' in Gottes freier Luft draußen auf Berg und Halde, noch besser tief, tief im Walde; Widukind lädt ihn zu sich ein: „Ein wachse war er, drum ist er mein, im^achsenwald soll erbegraben sein." 2. Der Leib zerfällt, der 5tein zerfällt, aber der L>achsenwald, der hält, und kommen nach dreitausend Jahren Fremde hier des Weges gefahren und sehen, geborgen vorm Licht der Tonnen, den Waldgrund in Efeu dicht ein- gesponnen und staunen der Schönheit und jauchzen froh, so gebietet einer: „Lärmt nicht so! — Hier unten liegt Bismarck irgendwo." Friedrich Fontane. 293. Aus einem Briefe Moltkes an seinen Bruder. Versailles, den 22. Dezember 1870. Lieber Adolf! Gestern haben die Franzosen wieder mit großem Aufwand von Mitteln einen vergeblichen Versuch gemacht auszubrechen. Ihre Absicht dazu zeigten die Pariser durch ein wütendes Kanonenfeuer

5. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 446

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
446 einem Teller; ein oder zwei Becher dienten der ganzen Familie; die Glasur irdener Gefäße kam um diese Zeit erst auf. Selbst in wohl- habenderen Häusern wohnte der Sohn des Hauses mit seiner jungen Frau im Hinterstübchen bei den Eltern; ohne eigene Wirtschaft ging er bei ihnen zur Kost. Dennoch aber fand schon das 13. Jahrhundert gesetzliche Beschränkung der Prunkliebe und Schwelgerei nötig, die besonders bei Festen geübt wurde. Das erste Gesetz der Art finden wir bei den fröhlichen und prassenden Wermsern im Jahre 1220. Die Bitter, Dichter und Batsleute, mit Zustimmung der ganzen Gemeinde, unter- sagten die Gastmähler und Gelage, welche man im Hause eines Gestorbenen zu halten pflegte, wenn dieser zu Grabe getragen war. Wer dagegen fehlte, sollte dreißig Schillinge der Stadtbaukasse zur Strafe zahlen. Die strengen Niedersachsen duldeten bei Hochzeiten nicht mehr als zwölf Schüsseln und drei Spielleute der Stadt, die Breslauer (1290) dreißig Schüsseln und vier Spielleute. Gegen das Ende des 13. Jahrhunderts setzte der alte und der neue Rat zu Soest fest, beim Verlöbnis keinen Wein zu trinken, doch dürfe der Bräutigam der Braut ein Paar Lederschuhe und ein Paar Holzschuhe senden. Bei der Hochzeit waren den Reichsten fünfzig Schüsseln, aber nur fünf Gerichte gestattet. 6. Unter den Künsten blühte besonders die Goldschmiede- kunst. Sie schuf köstliche Schreine für die Leiber der Heiligen, Kelche mit Heiligenbildern, Kreuze mit der Gestalt des Erlösers. Hinter den düsteren Mauern der Städte wurde Gesang und Saitenspiel gepflegt. Auch diese Kunst bildete sich nach der Sitte der Zeit in Zunft und Schule aus und erheiterte das ernste Leben der Bürger. Manche Städte unseres Vaterlandes waren er- füllt mit einer Unzahl von Spielleuten. Fiedel, Harfe, Pfeife und Zinke waren teure Instrumente. Alte Heldensagen ließ man in Liedern erklingen. Auch die Lust an der Natur war in den dumpfen Gassen ' «^Lerwacht. Überall wurde in den deutschen Städten ein Frühlingsfest mit Lust und Jubel begangen und im Freien ward getanzt. Man dachte sich den Winter als einen feindseligen Riesen, den Sommer als einen knabenhaften, holden und zugleich starken Jüngling, welcher gewappnet in den Wald zog, um den gehaßten Gegner aufzusuchen und zu überwältigen. Ein Knabe zog daher als Sonnengott an der Spitze gewappneter Genossen in den Wald. Er trug Laub- und Blumenkränze an der Stirn, Brust und Schulter und kehrte, nach- dem Scheinkämpfe im Walde gehalten waren, als Sieger mit Jubel heim. Sein Gefolge führte zum Beweise des Sieges grüne Birken- zweige mit sich. Ein hoher, glattgeschälter Baum mit grüner Krone

6. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 448

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
448 stabte von der größten Wichtigkeit. Bis zum Ende des zwölften Jahr- hunderts zog der Fisch längs der Küste von Pommern in 'so dichten Massen, daß man im Sommer nur den Korb ins Meer zu senken brauchte, um ihn gefüllt herauszuziehen. Damals wuchsen Lübeck, Wismar, Rostock, Stralsund und Greifswald mit wunderbarer Schnelligkeit zu hohem Wohlstände. Im dreizehnten Jahrhundert verlegte der Hering seine Seewege und strich längs der flachen Küste von Schonen und am norwegischen User. Da eilten alle seetüchtigen Völker in sein Fahrwasser und die deutschen Hansestädte kämpften um seinetwillen blutige und sieg- reiche Kriege mit den Dänen, Engländern, Schotten und Holländern., Sie brachen den dänischen Königen ihre festen Schlösser, besetzten ihre Inseln und behaupteten Jahrhunderte hindurch die Herrschaft in Gotland, Schonen und Bergen. Das war die große Zeit der deutschen Hansa. Nach 1400 aber änderte der Hering wieder seine Züge und ging an die holländische Küste, seitdem wurden die holländischen Städte reich und mächtig. 3. War der hanseatische Kaufmann daheim, so zeigte er gern seinen Wohlstand durch stattliche Kleidung, kostbare Pelze und bunte Farben. Er trug das Schwert an der Seite und am reichverzierten Gurte die Geldtasche und den Siegelring, worin das wichtige Zeichen seines Geschäftes, die Hansmarke, eingegraben war. Denn nicht jeder Kaufherr war des Schreibens mächtig, und durch dieselbe Marke, die von seinen Fässern und Ballen her an allen Ecken und Enden der Welt bekannt war, bestätigte er Geldanweisungen und Urkunden, die er durch seinen Schreiber ausstellen ließ. Aber derselbe Mann trug zur See auch die Friesjacke des Schissers und das Panzerhemd des Kriegers. Denn wenn er auf seinem rund- bauchigen, hochbordigen Fahrzeuge das Meer durchstrich, hatte er nicht selten mit verwegenen Seeräubern zu kämpfen. Auch in fremden Ländern mußte er manchen blutigen Strauß bestehen. Doch trug er mit seiner zähen Ausdauer stets den Sieg davon, und im Gefolge seiner kauf- männischen Arbeit brachte dann auch das Christentum seine Segnungen in Länder, die bis dahin völlig unbekannt gewesen waren. So trugen bremische Kaussahrer in das heidnische Livland Christentum und deutsches Wesen. 4. Die Blüte der Hansa dauerte dreihundert Jahre. Erst nach Auffindung neuer Seewege, als dem Handel neue Bahnen eröffnet waren, geriet sie in Verfall und hielt 1630 ihre letzte Tagsatzung. Noch heute führen Hamburg, Lübeck und Bremen den alten Namen „Hansestädte" fort. Gustav Freytag.

7. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 58

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
58 36. Der Handschuh. Vor seinem Löwengarten, das Kampfspiel zu erwarten, saß König Franz, und um ihn die Großen der Krone, und rings auf hohem Balköne die Damen in schönem Kranz. Und wie er winkt mit dem Finger, auf tut sich der weite Zwinger, und hinein mit bedächtigem Schritt ein Löwe tritt, und sieht sich stumm ringsum mit langem Gähnen und schüttelt die Mähnen und streckt die Glieder und legt sich nieder! Und der König winkt wieder; da öffnet sich behend ein zweites Tor, daraus rennt mit wildem Sprunge ein Tiger hervor. Wie der den Löwen erschaut, brüllt er laut, schlägt mit dem Schweif einen furchtbaren Reif, und recket die Zunge, und im Kreise scheu umgeht er den Leu, grimmig schnurrend; drauf streckt er sich murrend zur Seite nieder. Und der König winkt wieder; da speit das doppelt geöffnete Hans zwei Leoparden auf einmal aus. Die stürzen mit mutiger Kampfbegier auf das Tigertier. Das packt sie mit seinen grimmigen Tatzen, und der Leu mit Gebrüll richtet sich auf, da wird's still; und herum im Kreis, von Mordsucht heiß, lagern sich die greulichen Katzen. Da fällt von des Altans Rand ein Handschuh von schöner Hand zwischen den Tiger und den Leu'n mitten hinein. Und zu Ritter Delorges, spottender- weis', wendet sich Fräulein Kunigund': „Herr Ritter, ist Eure Lieb' so heiß, wie Ihr mir's schwört zu jeder Stund', ei, so hebt mir den Handschuh auf!" Und der Ritter in schnellem Laus steigt hinab in den surchtbarn Zwinger mit festem Schritte, und aus der Ungeheuer Mitte nimmt er den Handschuh mit keckem Finger. Und mit Erstaunen und mit Grauen sehen's die Ritter und Edelfrauen, und gelassen bringt er den Hand- schuh zurück. Da schallt ihm sein Lob aus jedem Munde; aber mit zärtlichem Liebesblick — er verheißt ihm sein nahes Glück — empfängt ihn Fräulein Kunigunde. Und er wirft ihr den Handschuh ins Gesicht: „Den Dank, Dame, begehr' ich nicht!" Und verläßt sie zur selben Stunde.

8. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 132

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
132 Das Roß stampfet auf den Boden und ist freudig mit Kraft und zieht aus, den Ge- harnischten entgegen. Es spottet der Furcht und erschrickt nicht und fliehet vor dem Schwert nicht, wenngleich wider dasselbe klinget der Köcher und glänzen beide, Spieß und Lanze. Es zittert und tobet und scharret in die Erde und läßt sich nicht halten bei der Trompete Hall. Wenn die Trompete hell klinget, spricht es: Hui! und wittert den Streit von ferne, das Schreien der Fürsten und Jauchzen. Nun sind sie sich ganz nahe. Und zwanzigtausend frische, blühende^ kraftvolle Männer setzen sich zum wütenden Anprall noch einmal wurzelzäh in den Sattel. Trr—a—a—b! Galopp! Und dann die Fanfare! Der General und ivir hatten während dieser kurzen Zeit völlig ruhig uuter der Esche gehalten. Da ruft der Oberbefehlshaber: „Ziehen, meine Herren!" Und die Pallasche, die Degen, die Säbel flogen, wie befreite, mord- und luftlustige Falken, aus den Scheiden. Die Franzosen näherten sich eher dem Hügel, dem Baume, als die Unsrigen. Unverzüglich stürzte sich mit seinen paar Ulanen Graf Kjerke- wanden in die tausendfache Überzahl. . . Aus dem Taifun, im Mittelpunkt des Taifuns, des Erde und Luft vermischenden Wirbels, worin ich mich befand, wo jeder für sich kämpft, weiß ich mich kaum einer Einzelheit zu entsinnen. Ich war im letzten Augenblick an den General herangesprengt, um ihm nahe zu sein, ihn zu schützen nach Kräften. . . Die wilde, fliegende, zerzauste, nach beiden Halsseiten übervolle, hellgelbe Mähne eines dunkelfuchsigen Berberhengstes, der mit den Vorderhufen den Kopf des Pferdes meines Generals schlügt. . . Das Gewoge der Schwerter . . . Silberne Blinkeräxte aus einem schwarzen, unruhigen, kurzwelligen Blutsee tauchend . . . Kreise. . . Einmal seh' ich den Chef des Stabes. Mit meisterhafter Geschicklichkeit weiß er sein Pferd auf der Stelle zu wenden, sich zu drehen. Er verteidigt sich mit dem Revolver, jedesmal erst ruhig zielend . . . Einer reißt mich nach hinten, mein Kopf, helmlos geworden, liegt auf der Kruppe meines Pferdes, dicht über meiner Stirn ein schwarzes Gesicht, große weiße Augen, heißer Atem, Schellen, kleine gelbe Flitterhalbmonde, purpurne Troddeln. . . Ein hochgehobener Arm mit dem Flammen- schwerte des heiligen Michael will auf mich niedersausen; nein, er sinkt lahm. Eine leere Nordhäuserflasche des im Tumult in einiger

9. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 14

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
14 Sprach's, und den Sohn, der dem Schlitten entsprang, umarmte sie eilig, hüllte das Töchterchen dann aus bärenzottigem Fußsack, und liebkosete viel, mit Kuß und bedauerndem Streicheln, zog dann beid', in der Linken den Sohn, in der Rechten die Tochter, rasch in das Haus, dem Gesinde des Fahrzeugs Sorge vertrauend. „Aber wo bleibt mein Vater? Er ist doch gesund am Geburtstag?" fragte der Sohn. Schnell tuschte mit winkendem Haupte die Mutter: „Still! das Väterchen hält noch Mittagsschlummer im Lehnstuhl! Laß mit kindlichem Kuß dein junges Gemahl ihn erwecken; dann wird wahr, daß Gott im Schlafe die Seinigen segnet!" Sprach's und führte sie leif' in der Schule gesäubertes Zimmer, voll von Tisch und Gestühl, Schreibzeug und bezifferten Tafeln, wo sie an Pflöck' aufhängte die nordische Wintervermummung, Mäntel, mit Flocken geweißt, und der Tochter bewunderten Leibpelz, auch den Flor, der die Wangen geschirmt, und das seidene Halstuch. Und sie umschloß die Enthüllten mit strömender Träne der Inbrunst: „Tochter und Sohn, willkommen! Ans Herz, willkommen noch einmal! Ihr, uns Altenden Freud', in Freud' auch altet und greifet, stets einmütiges Sinns und umwohnt von gedeihenden Kindern! Nun mag brechen das Auge, da dich wir gesehen im Amtsrock I Sohn, und dich ihm vermählt, du frisch aufblühendes Herzblatt! Armes Kind, wie das ganze Gesicht rot glühet vom Ostwind! O du Seelengesicht! Denn ich duze dich, weil du es forderst! Aber die Stube ist warm, und gleich soll Kaffee bereit sein!" Ihr um den Nacken die Arme geschmiegt, liebkoste die Tochter! „Mutter, ich duze dich auch, wie die leibliche, die mich geboren; also geschah's in der Bibel, da Herz und Zunge vereint war; denn du gebarst und erzogst mir den wackeren Sohn Zacharias, der an Wuchs und Gemüt, wie er sagt, nachartet dem Vater. Mütterchen, habe mich lieb, ich will auch artiges Kind sein. Fröhliches Herz und rotes Gesicht, das hab' ich beständig, auch wenn der Ost nicht weht. Mein Väterchen sagte mir oftmals, klopfend die Wang', ich würde noch krank vor lauter Gesundheit." Jetzo sagte der Sohn, sein Weib darstellend, der Mutter: „Mütterchen, nehmt sie auf Glauben. So zart und schlank, wie sie dasteht, ist sie mit Leib und Seele vom edelsten Kerne der Vorwelt. Daß sie der Mutter nur nicht das Herz abschwatze des Vaters! Komm denn und bring' als Gabe den zärtlichsten Kuß zum Geburtstag." Schalkhaft lächelte drob und sprach die treffliche Gattin: „Nicht zur Geburtstagsgabe: Was Besseres bring' ich im Koffer unserem Vater zur Lust und dem Mütterchen, ohne dein Wissen!"

10. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 161

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
161 152. Das Geheimnis der Mischung. 1. Während draußen vor den Fenstern die Menschen in schwarzem Gedränge sich vorüberschoben, als wäre die ganze Stadt in Bewegung und Ausruhr, lagerte die Stimmung schläfriger Langweile innerhalb der grell erleuchteten Mauern eines geräumigen Kaffeelokals. Nur zwei von den wenigen Gästen schienen diese Stimmung nicht zu teilen. Sie saßen in einer Ecke des weiten Saales an einem kleinen Tisch. Der eine von ihnen, der in seinem Äußern den vermögenden Mann verriet, trug schon das Gran des Alters über der hohen Stirne. ^Ruhiger Ernst war der Ausdruck seines glattrasierten Gesichtes, und seine stahlgrauen Augen hafteten mit gespannt forschenden Blicken auf den heftig erregten, wie in Fieberröte brennenden Zügen seines Gegenübers. Das war ein Mann von etwa sünfunddreißig Jahren, eine stramme, kräftig entwickelte Gestalt. Ein weiches Gemüt und die feste Entschlossenheit des erprobten Arbeiters sprachen in seltsamer Mischung aus seinem Gesichte, das von braunen, struppigen Haaren umrahmt war. So saßen sich die beiden wortlos gegenüber. Endlich brach der Ältere das Schweigen: „Nun, Herr Schaller? Wissen Sie denn gar keine Antwort zu finden?" Wie erschrocken fuhr der Angeredete mit dem Kopf in die Höhe. „Nein, nein und nein! Ich tu's nicht und wenn Sie mir eine Million anbieten — ich tu's nicht! Das war mein erstes Wort, und das ist auch mein letztes!" „So seien Sie doch vernünftig, Schaller, und — sprechen Sie ein wenig leiser. Ich streite ja nicht gegen ihre Gewissenhaftigkeit — im Gegenteil, sie gefällt mir — aber praktisch sein, ist auch eine schöne Sache. Und übrigens, ich will ja nicht verlangen, daß Sie mir das Geheimnis geradeweg verkaufen sollen. Gott bewahre! Mir ist es nicht um das zu tun, was Sie seit acht Tagen wissen, sondern um Sie selbst, lieber Schaller, Sie sind ein kluger Kopf und ein selten tüchtiger Arbeiter. Solche Leute kann ich brauchen in meiner Fabrik, sie sind mir Gold wert. Seien Sie vernünftig, kommen Sie zu mir, ich biete Ihnen die Inspektor- stelle in meiner Fabrik an. Ich gebe Ihnen das Doppelte von dem, was Sie bei Seydelmann & Comp, beziehen, und mache mit Ihnen einen zehn- jährigen Kontrakt mit jährlich steigendem Gehalt . . 2. Auf dem Gesichte des jungen Mannes wechselte Röte mit Blässe. Er mußte stedes dieser langsam und eindringlich gesprochnen Worte ver- nommen haben, und dennoch hingen seine Blicke wie geistesverloren an den drei elfenbeinernen Kugeln, die auf dem nächsten Billardtisch inmitten des grünen Tuches lagen. Und da kam es ihm vor, als wären die beiden weißen Kugeln die zarten, lieben Gesichter seiner zwei kleinen Mädchen und die rote Kugel erschien ihm wie das gesunde, pausbäckige Gesicht seines Kappey ii. Koch. Teutsches Lesebuch für Mittelschulen. V. 11
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