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nie. Seinen Feinden war er furchtbar, seinen F-reunben, seiner Familie, seinen treu ergebenen Dienern, den Armen und Bedrängten offenbarte sich die milde, weiche Seite seines Wesens. In feiner nächsten Umgebung herrschte die größte Einfachheit. Er selbst kleidere sich am liebsten in Stoffe, die seine Töchter gewebt hatten, nur zweimal legte er in Rom kostbare Gewänder an. Die Thätigkeit war sein Lebenselement. Oft stand er in der Nacht aus und arbeitete, wenn ihn ein großer Gedanke beschäftigte. Des Morgens schon beim Ankleiden hörte er streitende Parteien und fällte Urteile. Bis zu Mittag war er unermüdlich thätig, keine Minute durfte ungenützt verstreichen, nach Tische ruhte er gern einige Zeit, nachdem er die Kleider abgelegt und sich zu Bett begeben hatte. Sobald er auswachte, begann er den Tag mit frischer Kraft von neuem. Mit Regierungssorgen uitb geistigen Arbeiten wechselten körperliche Übungen. Im Reiten, Jagen, Schwimmen that es ihm keiner gleich. Auf der Jagb mußten ihn auch seine Söhne und Töchter begleiten, die er zärtlich liebte, besonbers die Tochter. Es erfreute sein Herz, wenn die hohen Jungfrauen im langen Reitgewanb, das Haar mit Goldfäden durchzogen, sich in das fröhliche Jagdgetümmel auf dem Hofe mischten und ihre Rosse bestiegen. Gleiche Liebe brachte er der Gattin entgegen. Die dritte, Fastral)a, eine leidenfchaftlichliche, launische Frau, liebte er so sehr, daß er sich selbst durch ihre Intriguen, die ihn zweimal zu strengem Gericht über ihre Anhänger zwangen, in feiner Zuneigung nicht beirren ließ. Wie vertraulich er mit den zur Akademie gehörigen Freunden verkehrte, ist schon erwähnt worden. Diese Mischung majestätischer Kraft und rein menschlicher Gefühlsäußerungen gaben später der Sage Stoff, ihn zum
Helden von wunderbaren Begebenheiten zu machen. In der Rolands-
fage erscheint er als der fromme Streiter Gottes und feine zwölf Palatine als die Träger des Gottesstaates, den er auf Erden errichtet hatte.
Wie im Jnlande, so war er auch in weiter Ferne ein Gegenstand der Bewunberung. Der Kalis Harun al Raschib ehrte ihn durch eine Gesandtschaft, die ihm kostbare Geschenke, unter anderem einen Elephanten und eine Wasseruhr überreichte. Karl erwiderte die Aufmerksamkeit mit einer Sendung schöner Pferde und Hunde.
Ant 28. Januar 814 starb Karl in Aachen, wo er der heilenden warmen Bäder wegen gern verweilte, im 72. Jahre seines Lebens In der Marienkirche wurde er begraben. Daß er sitzend, mit der. Krone auf dem Haupte und dem Seepter in der Hand, in einem Gewölbe bestattet worden sei, ist nur eine Sage, die das Außerordentliche seines Wesens noch mit Tod und Grab verwebte.
Pfalz, Geschichte. Ii. 5
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Extrahierte Personennamen: Kalis_Harun_al_Raschib Karl Karl Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Rom Gottes Aachen Marienkirche
— 6 —
beten Waffen, webten Leinwanb, brauten Met und Bier und suchten Hanbelsverbinbungen anzuknüpfen. An körperlicher Bilbung und geistiger Begabung waren sie den benachbarten Kulturvölkern ebenbürtig. Ihre hohe, kräftige Gestalt, ihr langes, rötlich blonbes Haar und ihre blauen Augen imponierten selbst den Römern. Daß sie eine ausgebilbete Götterlehre besaßen, ist schon erwähnt worben, boch sie bichetetn auch Gesänge zu Ehren ihrer Götter und gruben Schriftzeichen (Runen) in buchene Stäbe, welche sie hinstreuten, um den Willen der Götter zu erforschen. Aber ihr Leben war einfach, und rauh ihr Land. Walb und Sumpf nahm bamals den größten Teil Deutschlanbs ein, ba-zwischen lagen in den Thälern langgestreckte Dörfer, von Acferlanb und Viehtriften umgeben. Die roh hergerichteten Hütten, die aber boch bereits in einem weißen ober rötlichen Abputze prangten, stauben vereinzelt inmitten der Felber. Vor dem Hause biente eine verbeckte Grube als Vorratsraum und bei einem plötzlichen feinblichen Überfalle als Versteck. Ebenso einfach war die Kleibung, und zwar unterschieb sich die der Frauen wenig von der Tracht der Männer, nur daß jene mehr aus Leinwanb, diese mehr aus Pelzwerk bestanb. Stabte gab es im alten Germanien noch gar nicht. Mehrere Dörfer zusammen bil-beten einen Gau, bessen Grenzen gewöhnlich durch einen Flußlaus, den Abhang eines Gebirges ober eine anbere natürliche Beschränkung bestimmt würden. Die Gaubewohner waren nach Stäuben georbnet. Durch Grunbbesitz und Ansehen im Volke ausgezeichnet waren die Abalinge (Eblen). Einzelne von ihnen wohnten wohl schon in festen Burgen, und aus ihren Reihen wählte das Volk die Anführer im Kriege, die Herzöge. Auch das Stammesoberhaupt, der König, gehörte dem Abel an, und schon der Titel (Kuning = einem Geschlechte angehörig) beutet baraus hin, daß die Würbe in einer bestimmten Familie in der Regel erblich war, wenn auch immer eine Wahl durch die Volks-gemeinbe der Thronbesteigung voranging. Der König war der oberste Gerichtsherr, der Vorsitzenbe der Volksversammlung, und wenn er wollte, gewiß auch der oberste Kriegsherr, aber seine Gewalt erlitt eine Beschränkung durch das Ansehen der Priester und den Willen der Volksgemeinbe; im Kriege teilte er die Führung mit den vom Heere erwählten Herzögen ober überließ sie biesen ganz, wie es die Stammessitte mit sich brachte. Den Kern des Volkes machten die Freien aus, die grunbbesitzenben Gemeinbemitglieber, welche niemanbem zins- und bienstpflichtig waren. Daneben gab es wohl schon sehr früh zinspflichtige Grunbeigene (Hörige), kleine Bauern, welche einem Freien, einem Eblen ober dem Könige Abgaben entrichten mußten. Dieses Abhängigkeitsverhältnis bilbete sich von selbst, sobalb größere Laub strecken durch
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Wie der Vogtländer inbetreff seiner Nahrung sehr genügsam ist, so ist
er es anch in seiner Kleidung. Früher gab es eine besondere vogtländische
Tracht; doch ist diese so ziemlich ganz verschwunden, nur in abgelegenen
Orten findet man beim weiblichen Geschlechte hin und wieder noch die „Buckel-
Haube" als Kopfbedeckung, und zur „Kerwe" erscheinen wohl manchmal die
jungen Mädchen noch in der malerischen alten Tracht beim Tanze.
Ganz der Einfachheit des Vogtländers entspricht seine Wohnung,
an der sich auch der Hang zum Althergebrachten uns wieder recht deutlich
zeigt. Durch ihre Gebäude unterscheiden sich unsere heimischen Dörfer
wesentlich von denen anderer Landschaften. Sie haben ihr ganz besonderes
Gepräge, und der fremde Wanderer fühlt sich in frühere Jahrhunderte
zurückversetzt, wenn er überall so viele alte Blockhäuser findet, die ja wohl
die ursprünglichste Bauart der Wohnungen, Stallungen und Vorratshäuser
waren.
Sind auch die Wohnungen oft recht klein und schmucklos im Äußern
wie im Innern, so halten sie doch hübsch warm, und der Vogtländer be-
findet sich nirgends so wohl wie in seinem Heim, weshalb er denn auch
oft und vou ganzem Herzen spricht: „Derham is derham!"
28. Zwei Gedichte in vogtkändischer Mundart von L. Wiedel.
I. Der Spee tauf.
Fix, Bübel, spring zen Bettel raus!
Scha guckt de Suuu zen Fenster rei
und lacht mei faules Bübel aus:
Zischaus, zischaus!
Wer wird deuu su a Speetaus sei!
Fix, Bübel, in de Klaader nei!
De Sperken af ne Fensterbreet,
die lachen längst zen Fenster rei:
Görg, Görg! Ei, ei!
Ei, Bübel, ei, wie kimmste speet!
Fix, Bübel, nieder af de Knie!
Die Lerng, se gubelu scha wie lang
und flieng zen blaue Himmel hie:
Tiri, tili!
Fix, Bübel, sog Gott aa dan'n Dank!
Fix, Bübel, wasch und putz diech raa!
Die Gänsle plätschern scha in' Teich
und lachen: Schau, uu kimmt der aa!
Gigaa, gigaa!
Geschwind, mei Bübel, spring und fleig!
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in die Städte verkaufen. Gar manche arme Familie verschafft sich so im
Sommer lohnenden Verdienst.
4. In früheren Zeiten beschäftigte auch der Bergbau auf Kupfer,
Zinn und Eisen viele Hände; doch hat derselbe jetzt fast ganz aufgehört;
nur einige wenige Eisensteingrubeu geben noch Ausbeute.
5. Die bis jetzt genannten Beschäftigungen find aber nur hinreichend,
um etwa den 5. Teil aller Bewohner des Vogtlaudes zu ernähren; die
übrigen 4/5 habeu sich der Industrie zuwenden müssen. Die wichtigsten
im Vogtlande eingeführten Industriezweige fiud die Baumwollen- und die
Wollenindustrie, sowie die Fabrikation von Musikinstrumenten. Namentlich
in den Städten ist eine überaus große Mannigfaltigkeit und Regsamkeit
des Gewerbsleißes zusammengedrängt, dessen Erzeugnisse in alle Länder
Europas, ja der ganzen Erde gehen. Ans Marknenkirchener und Klingen-
thaler Geigen und Klarinetten und anderen Saiten- und Blasinstrumenten
wird auch in Amerika und Australien zum Tanze aufgespielt. So gehen
ans dem Vogtlande auch alljährlich viele Hunderttausende von Zug- und
Mundharmonikas, Kindertrompeten und anderen ähnlichen Instrumenten zur
Unterhaltung und Freude für jung und alt in alle Länder der Erde.
Die wollenen Kleiderstoffe und gedruckten Tischdecken Reichenbachs sind
auf den fernsten Märkten gesucht und beliebt. Die vornehme Dame, welche
in Petersburg und Stockholm sich mit dem wnndervoll gestickten Taschen-
tuche Luft zufächelt, ahnt nicht, daß die fleißige und geschickte Hand einer
armen Dorfbewohnerin des Vogtlandes das feine Linnengewebe mit so ge-
schmackvollen Blumenstickereien verziert hat. Über das ganze Vogtland er-
streckt sich die Fabrikation der sogenannten Weißwaren. In den großen
von Dampfmaschinen getriebenen mechanischen Webereien in Plauen, Falken-
stein und Auerbach werden Mull, Musselin, Jaeonett und ähnliche Stoffe,
besonders aber auch die in herrlichsten Mustern prangenden Gardinen ge-
webt. Eine sehr große Zahl von Stickmaschinen sind neben Handstickerinnen
emsig beschäftigt, um die zierlichen Stickereien, Streifen, Kragen, Kleider k.
herstellen zu helfen, die alljährlich aus dem Vogtlande für putzbedürftige
Frauen und Mädchen in alle Länder gesendet werden. Die Webereien in
Mylau und Netzschkau liefern wollene Kleiderstoffe. In den großen Öls-
nitzer Teppichfabriken können wir Teppiche kaufen von den kleinsten bis zu
deu größten, von denen einer den Fußboden eines großen Zimmers voll-
ständig bedeckt, Teppiche von den einfachsten bis zu den farbenprächtigsten
Mustern. Denken wir noch an die große Zahl von Corsetts, die in Öls-
nitz, Adorf, Brambach und Plauen gefertigt werden, ferner an die sehr
bedeutende Lederfabrikation in Plauen und Elsterberg, an die Perlmutter-
wareu Adorfs, au die Tuchfabrikation zu Lengenfeld und die Tücherfabri-
kation von Treuen, so ersehen wir, daß das Vogtland eine sehr mannig-
faltige und reiche Industrie hat. In der That gehört das Vogtland zu den
gewerblichsten Landschaften Sachsens, ja des ganzen Deutschen Reiches.
4. Aie Ktster im Wogttande.
Wie oft schon hörtest du am Wehre das Wasser der Elster rauschen
und sahst hinein in den lebendigen weißen Schaum! Wie gern warfst du
ein Stück Papier in das rafch dahinfließende Wasser und liefst ihm nach,
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Extrahierte Personennamen: Brambach
Extrahierte Ortsnamen: Europas Amerika Petersburg Stockholm Plauen Mylau Öls- Plauen Elsterberg Sachsens
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Landschule
Inhalt Raum/Thema: Reformation
Die Hussiten.
97
i4og auf 5ooo Studenten mit verschiedenen Lehrern die Uni-
versität und es wurden von ihnen andre dergleichen Lehran-
stalten, j. B. in Leipzig, errichtet. Obschon Prag viel verlor,
so wurde Huß doch noch immer geschätzt, und der übrigens
höchst trage, mißtrauische, oft grausame König Wenzel sagte
von ihm: Diese Gans (was Huß auf böhmisch bedeutet) wird
mir noch goldne Eier legen. Huß predigte geg-en den Ablaß,
gegen die schlechten Sitten der Geistlichkeit und da er sich
nicht in Rom verantworten wollte, so wurde er in Prag ver-
hört. Es wurde ihm das Predigen verboten und auf 200
Bande Wikleffischer Schriften wurden verbrannt. Nun be-
rief er sich auf eine allgemeine Kirchenverfammlung, wurde
aber darüber in den Bann gethan und Prag mit dem Inter-
dikt belegt, so lange es Hussen duldete, der daher nach Husi-
sinez ging. Wenzel verlor die Kaiserkrone, welche sein Bru-
der Siegmund bekam, der eine Kirchenverfammlung für das
beste Beruhigungsmittel hielt und Costnitz in Schwaben zu die-
sem Concilium bestimmte, wobei auch der Papst erscheinen
sollte. Dieser willigte ungern ein, weil er lieber verdammen,
als sich zu einer Reformation, die von dem Haupte anfangen
sollte, verstehen wollte, und weil er fürchtete, verschiedene
unangenehme Anträge hören zu müssen. Unterdessen kam cs
doch 1415 zu Stande. Es waren 5o Cardinale , 20 Erz-
bischöffe, >bo Bi schösse, >ooaebte, 200 Doktoren der Theo-
logie und »5o Prälaten mit zahlreichem Gefolge zugegen,
so wie der Kaiser mit mehrern Kurfürsten und andern Für-
sten. Auch der Papst Johannes Xx!!. zog hin. Huß, dem
ein kaiserlicher Schutzbrief freies Geleit und Sicherheit zur
Hin - und Rückreise zugesichcrt hatte, welchen selbst der Papst
bestätigte, wurde vorgefordert. Man verhörte ihn über sein
Buch von den sechs Irrthümern, worin er die Verwandlung
der Hostie in den Leib Christi, den Glarchcn an die Untrüg-
lichkeit des Papstes und an die Heiligen, die Kraft der Ab- *)
*) Die Cardinale bilden das Collegium, das den Papst wählt,
und mit ihm alles berathet. Sie tragen eine rothe Mütze und einen
Hut darüber mir seidenen Schnuren und Quasten.
7
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Extrahierte Personennamen: König_Wenzel Wenzel Siegmund Cardinale Johannes Cardinale
Extrahierte Ortsnamen: Leipzig Rom Prag Prag Schwaben Christi
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Landschule
Inhalt Raum/Thema: Reformation
2 y 0 D i e n e tt e si e Z e i r bis in die M i l t e
auch der Mensch mit allen seinen Anlagen sein Geschöpf ist,
das die Sinnlichkeit nicht ausrottcn sondern nur beherrschen
und mäßigen soll. Sie haben Vorsteher, die sie Vater
nennen; der oberste ist eine Art von Papst, und jetzt der
gedachte Enfantin; tragen ein himmelblaues kurzes Ueber-
röckchen, ohne Kragen; eine Art weißer Weste, oben mit
hochrothem Bande eingefaßt, und einen schwarzen Ledergür-
tel mit einer Messingschnalle, einen langen Bart, Hals und
Brust bloß, eine kleine rothe, etwas breite, chunde Mütze
auf dem Kopfe und schwarze Pantalons. Dieses nicht un-
angenehme Aeußere, das Neue und Einschmeichelnde der
Grundsätze, die Ueberrcdungsgabe der Simonistischen Apo-
stel, wie sic sich selbst nennen, hat ihnen nicht bloß Mit-
glieder unter dermenge Unbemittelter, sondern auch Angese-
hene und Wohlhabende zugeführt, die in schwärmerischer Ver-
blendung Summen von mchrern hunderttausend Livres
G 6 gr.) oder gar ihr ganzes Vermögen zuwendcten. Jeden
Sonntag Mittags 12 Uhr ist in einem Saale Predigt, vier
Wochentage in drei Sälen Unterricht. In diesen Zusammen-
künften wird über alte und neue Geschichte, über berühmte
Männer, wie Don Juan, Lordbyron rc, rc. gesprochen; ja als
der Minister Perrier diese Convente verbot, so verwandelte sie
Enfantin in Abendgesellschaften, wo mehrere hundert Men-
schen, darunter Gelehrte, Künstler, schöne Frauenzimmer
in den prächtig erleuchteten Zimmern sich mit Gespräch,
Vokal- und Instrumentalmusik, und zuletzt mit Tanz unter-
hielten. Ihre Einkünfte beliefen sich so hoch, daß sie selbst
der Regierung einen schönen Pallast abkaufen wollten, den
sie aber nicht erhielten. Indeß haben sie sich gespalten und
die Väter suchen einander Proselyten abzugewinnen. Aber
auch die Regierung ist auf sie, ihre Grundsätze und ihr alle
bisherigen Verhältnisse und Baude der bürgerlichen Gesell-
schaft zerstörendes Treiben aufmerksam und sie selbst sind in
schwere Prozesse verwickelt worden; auch scheint der Eifer
für sie erkaltet zu scyn; ihre in fremde Länder, selbst in die
Türkei und nach Aegypten, ausgesandten Apostel werden
häufig ausgelacht; die Geldquellen versiegen- aber der Sa-
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Landschule
Inhalt Raum/Thema: Reformation
76
Iriq u isi ti o n.
§. 18.
Fortsetzung. Inquisition.
Unter die berühmteren Mönchsorden gehörten die Car-
theuser, deren Orden Bruno 1086 in Frankreich stiftete, und
dessen Mitglieder gewöhnlich in Sargen schliefen. Der Ci-
stcrzicnscrordcn, ,098 in Frankreich gestiftet, hatte nach 100
Jahren schon 1800 Abteien in verschiedncn Ländern. Von
ihnen stammen die Barfüßer ab, welche statt der Schuhe nur
Sohlen von Holz oder Leder tragen, und die Trappisten,
welche bald nach ihrer Stiftung in einen Übeln Ruf wegen
ihrer Verachtung aller Gelehrsamkeit und grausamen Behand-
lung der Kinder, die sie erziehen wollten, kamen; aber so
abgeschmackt und abschreckend auch ihr Wesen war, doch in
der Schweiz noch Gönner finden. Mehrere Gesellschaften bil-
deten sich nach einer Regel, die man dem heiligen Augustinus
zuschrieb, die aber nur Regel für seine Geistlichen seyn sollte.
Um das Jahr i5oo fanden sich über 2000 Kloster mit
5o,ooo Augustincrmönchen und 000 Klöster mit Augustine-
rinnen. Die Carmeliter entstanden in Palästina, wurden
aber dort vertrieben. Sie wollten ihre Stiftung von dem
Prophet Elias ableitcn.
Am wichtigsten wurden die beiden Mendikanten- oder
Vettelorden, die Dominikaner und Franziskaner. Domini-
kus, ein Edelmann aus Spanien, widmete sich dem geistli-
chen Stande, und war ein eifriger Verfolger der Ketzer.
Dafür erlaubte ihm 1216 der Papst einen Mönchsorden in
Frankreich zu stiften, dessen Glieder Dominikaner, auch
Prädikanten oder Prediger hießen. Ihre Kleidung im Klo-
ster ist weiß, und außer dem Kloster tragen sie noch einen
Mantel und eine Kappe von schwarzer Farbe. Ihre Regeln
sind strenge, und die Anzahl ihrer Mönchs - und Nonnenklö-
ster belief sich iin achtzehnten Jahrhundert über 1000. —
Franziskus, ein Italianer, war erst ein Kaufmann, und
genoß üppig die Welt, aber nach einem Traume, wo ihm
Waffen mit einem Kreuze erschienen, hielt er sich zu einem
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Extrahierte Personennamen: Bruno Elias
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Sargen Frankreich Palästina Spanien Frankreich
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Landschule
Inhalt Raum/Thema: Reformation
Inquisition.
79
dcscultur um das I. 700 daselbst gestiftet hatten, Muhame-
dancr. Der König und seine Gemahlin Jsabella stellten nun
einen Gencralgroßinquisitor an, der 200 Gchülscn und 5o
Reiter im Dienste hatte, und bald waren alle Gefängnisse
angefüllt, und die schrecklichsten Hinrichtungen angeordnet;
von i4o2 — 1520 sind über 4ooo Menschen verbrannt wor-
den. Tausende gaben sich aus Angst selbst an, konnten aber
nicht allemal dem lebenslänglichen Gefängniß entgehen, oder
waren doch ehrlos. Die Hinrichtungen, die man Auto da
fe', Glaubenshandlungen, nannte, waren aufs schauerlichste
eingerichtet, und wurden gewöhnlich an einem Sonntage ge-
halten. Früh rief die Glocke dazu. Der Verdammte ging
barfuß, mit einer spitzigen Mütze auf dem Kopfe und in dem
Sanbenito, einem safranfarbigen Bußkleide, das ein Kreuz
auf der Brust und auf dem Rücken hatte und mit Teufcls-
larven bemalt war. Die Dominikaner zogen mit der Fahne
der Inquisition voran; ihnen folgten die Reuigen, welchen
nur Buße aufgelegt war, gewöhnlich auch in einem solchen,
etwas weniger bemalten Bußgewande; dann die Verurthcil-
ten. In Sargen trug man nun die Bildnisse der Entflohe-
nen und die Gebeine von schon Verbrannten; die Särge
waren schwarz mit Flannncn und Teufeln bemalt. Prie-
ster und Mönche schlossen den Zug, der durch die Hauptstra-
ßen in eine Kirche ging, wo nach einer Predigt das Urtheil
verkündiget wurde, und wobei die Verdammten eine ausge-
löschte Wachskerze halten mußten. Der Inquisitor gab ihnen
daun einen Schlag auf die Brust und die weltliche Obrigkeit
vollzog nun die Hinrichtung, wobei gewöhnlich zahllose Zu-
schauer waren. Spanien hat dadurch sehr viele edle, nütz-
liche Menschen verloren, und empfindet noch die Folgen die-
ses schrecklichen Glaubcnsgerichts. Man kann mit Recht
diese Mönche als eine wichtige Armee des Papstes und als
eine seiner Hauptstützen betrachten; aber sie haben ihm doch
sein Grab bereiten helfen.
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126 Das Zeitalter des Absolutismus
runzlig wie die Falbeln eines Weiberrockes, der Rcken gekrmmt wie ein Fiedelbogen." Hager und spitz sind jetzt die Linien seines Antlitzes ge-worden; aber aus dem scharfgemeielten, rotgebrunten Gesicht, der das wie Wolkenschatten alle wechselnden Stimmungen fliegen und jedes Ge-sprach zuckende Lichter wirft, glnzen noch in alter Lebenslust die wunder-baren Augen, die sich jedem, der sich ihnen naht, in die Tiefe der Seele bohren, deren klarem, kaltem Blick nichts zu entgehen vermag, vor deren Zornesfunkeln alle erbeben. Um die festgeschlossenen Lippen drohen gleich-sam die Stacheln seiner schonungslosen Rede, die im raschen Fluge, fast atemlos dahinzustrmen Pflegt; aber noch ertnt seine Stimme mit ihrem alten, sanften Wohllaut. Die Einfachheit seiner Uniform ist bis zur Vernachlssigung gesunken. Im vielgetragenen blauen Rock, in abge-schabter, mit Flecken besetzter, schwarzer Sammethose, auf der gelben Weste die reichlichen Spuren des Schnupftabaks, in vergilbten hohen Stiefeln, mit abgegriffenem Hute, dessen weie Feder schmutzig geworden, so reist er durch sein Land," der alte Fritz, der letzte König", wie ihn verehrende Begeisterung einst genannt hat, unseres Volkes Fhrer und Vorbild, geb' es Gott, in kommende Zeiten.
Iii. Friedrichs innere Politik.
Friedrichs Politik ist ein geschlossenes Gefge von Manahmen, be-herrscht von dem politischen Machtgedanken. Beruhte sein und seines Staates Stellung in Europa auf dem moralischen Ansehen, das sein keckes und entschlossenes Vorgehen bei der Eroberung Schlesiens in aller Welt ihm erworben hatte, so galt es, dies Ansehen festzuhalten, galt es, das Rckgrat des Staates, das Heer, auf der hchsten Stufe der Ausbildung, Strke und Macht zu erhalten, und alle anderen innerpolitischen Manahmen des Knigs sind in erster Linie als Mittel fr diesen hchsten Zweck aufzu-fassen. Seine finanziellen Anordnungen sind aus militrischen Rcksichten zu verstehen, verwandte er doch von den 20 Millionen der Staatseinknfte 13 Millionen auf das Heer; seine wirtschaftlichen Manahmen sollen Land und Leute mglichst steuerkrftig machen; seine Justizreform soll wieder der Frderung des Verkehrslebens und der wirtschaftlichen Wohlfahrt dienen; seine Sozialpolitik wird wesentlich durch militrische Gesichtspunkte (Bevorzugung des Adels) bestimmt; seine Vernachlssigung der Volksbildung erklrt sich aus der Geringfgigkeit der Staatsmittel, die nach Abzug der Heereskosten noch brig bleiben.
Der Staat soll mchtig werden; er wird es nur durch ein mchtiges Heer.
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Extrahierte Personennamen: Fritz Friedrichs Friedrichs
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Das Zeitalter des Absolutismus
ahmte man nach, was dort getrieben wurde. Und was sah der Glck-liche, der einmal verstohlenen Blicks in die Hofwelt hineinschauen durfte? Zuerst fielen ihm die strenge Frmlichkeit, die steife Etikette auf, der auch Serenissimus" sich fgen mute, die feierlich - wrdevollen Schritte, die unfrmige, gepuderte Percke, Reifrcke und Stckelschuhe, die dreieckigen Hte und Galanteriedegen. Die einfache, schlichte, mitunter derbe Lebens-weise der Fürsten war dahin, Prunksucht und ppigkeit ihre Freude. Ballett und Opern, groartige Feuerwerke und Jagden nahmen ihre Zeit in Anspruch.
Die in der Pracht des Barockstils, spter in dem launigen, koketten Rokoko erbauten Schlsser waren von bersteifen und seltsamen Grten umgeben. Da fanden sich eigenartig verschlungene Jrrgnge, Spring-brunnen, Tempelchen, kleine Bildsulen, knstliche Vgel; da gab es Ros-marienstcke, nach Art einer Gans gebildet, Vexierwsser, auslndische Blumen. Zwischen diesen regelmig angelegten und regelmig beschnittenen Beeten, unter griechischen Gttern und Faunen, durch Grotten und Irrgrten wandelten die Percken und Reifrcke, parlierten" französisch, hielten mit spitzigen Finger gar zierlich die Blumen und vertrieben sich in zierlich-slichem, verliebtem Schferspiel die Zeit. Von allen Hofvergngungen aber erzhlte der neugierigen Welt der Mercure galant, oder es brachte gar das Theatrum Europaeum eine gestochene Abbildung. Selbstver-stndlich muten die Fürsten auch darin ihrem groen Meister nachahmen, da sie sich eine Armee" hielten; die Soldatenspielerei, das Prunken in abenteuerlichen und unglaublichen Uniformen ward Mode". Daneben sind diese Hfe der Sitz der Unsittlichkeit. An die Stelle der
*) Steinhausen erzhlt von einem bei der Hochzeit Kaiser Leopolds (1666) abgehaltenen Ballett, das seinem Urheber neben einer Belohnung von 20000 Gulden einen stndigen Jahresgehalt und den Freiherrentitel einbrachte, folgendes: Es be-handelte den Kamps der vier Elemente um das Vorrecht, Perlen zu machen Mar-garita (eigentlich Perle) hie die spanische Braut des Kaisers. Vier kstlich gekleidete Ritterkompanien stellten die Elemente dar. Die der Luft hatten den von 24 Greifen begleiteten Wagen der Luft, die als Juno erschien, die des Feuers einen Felsenberg" als Werkstatt des Vulkans, die des Wassers ein von Felsen eingeschlossenes wogendes Meer mit dem Thron des Neptun nebst 40 Winden, die der Erde einen Garten mit Springbrunnen, der Erdgttin, Nymphen und Satyrn bei sich. Den ungestmen Streit, bei dem als Richter die Argonauten (Goldenes Vlies!) auf ihrem prchtigen Schiff auftraten, unterbrach das Erscheinen einer immer grer werdenden feurigen Wolke, aus der der Tempel der Ewigkeit niedersank, aus der weiter ein glnzender Himmel mit der Ewigkeit darauf sichtbar ward, welch letztere ein mit Schmeicheleien fr die Kaiserin verbundenes Schluwort sprach. Aus dem sich ffnenden Tempel ergo sich dann ein glanzvoller Zug, in dem auch der Kaiser selbst und mit ihm der Wagen der Gloria erschien. Schlielich folgte dann ein Pferdetanz" in elf Ab-teilungen."
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T22: [Gott Zeus Sohn Tempel Göttin König Held Mensch Opfer Erde], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau]]
TM Hauptwörter (200): [T82: [Musik Stadt Hof Zeit Theater Fest Leben Leute Herr Art], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T120: [Gott Göttin Zeus Tempel Sohn Gottheit Priester Erde Mensch Opfer], T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee]]