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1. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 418

1913 - Wittenberg : Herrosé
418 Dieser Aufruf sprach nur aus. was alle mehr oder weniger gefühlt hatten. Sogleich gab das weibliche Geschlecht alles her. worauf es sonst hohen Wert legt: jede Art von Schmuck, jedes Kleinod, jedes Ersparte. Witwen gaben einen Teil ihrer dürftigen Pension her. die Ärmste doch noch irgend etwas, die meisten ihre Arbeitskräfte. Auch die dienende Klasse blieb nicht zurück. Ein glänzendes Beispiel gab in der Nähe von Breslau ein junges Mädchen. Ferdinande von Schmettau. Der Vater. Oberst außer Dienst, lebte mit 11 Kindern von 600 Taler Pension in Bergel nahe bei Ohlau in bedrängten Umständen. Als nun die öffentliche Aufforderung kam, opferte der Vater seine aufbewahrte Staatsschabracke. Mutter und Schwester gaben ihre Ringe und kleinen Schmucksachen. Ferdinande, damals 16 Jahr alt. hatte gar nichts zu geben und war darüber untröstlich. Sie sann nach. was sie darbringen könnte. Sie war im Besitze eines reichen, schönen Haares, das man ihr oft hatte abkaufen wollen: sie opferte es, um das gelöste Geld den Freiwilligen zukommen zu lassen. Ihr edler Zweck wurde vollkommen erreicht: denn diese schöne Tat blieb nicht verschwiegen. Es erstand jemand das verkaufte Haar und ließ daraus allerlei Zierat, Ringe. Ketten usw. an- fertigen. nach denen der Begehr so groß war. daß durch den Ver- kauf derselben vier Freiwillige eingekleidet und überhaupt nicht weniger als 1200 Taler gelöst wurden. Goldene Trauringe wurden aus allen Gegenden des Landes zu mehreren Tausenden dargebracht. Es war die Veranstaltung getroffen, daß man dafür eiserne Ringe mit dem Bilde der Königin Luise und der Inschrift: „Gold gab ich für Eisen" zurück- erhielt. Frauen und Mädchen aus allen Ständen, selbst aus den höchsten, nähten Kleidungsstücke, wie Mäntel. Hosen und Hemden, zupften Wundfäden und strickten mit Emsigkeit für die Frei- willigen. und nicht wenige waren es. die. nicht imstande wie andre. Geld und Kleinodien darzubringen, auf solche Weise dem Vater- lande den innigsten Tribut zollten. Das weibliche Geschlecht war von einem Feuer für die Sache des Vaterlandes entbrannt, dem an Glanz und Gut kaum etwas gleichkommt, was irgend die Ge- schichte berichtet. Selbst das schwerste Opfer, das der Kampf für das Vaterland fordern kann, brachte man in jenen großen Tagen leichter als zu andrer Zeit. Deutsche Frauen fühlten und dachten damals wie jene heldenmütigen Mütter des Altertums, welche die Nachricht von einer verlorenen Schlacht schmerzlicher traf als der Tod ihrer Söhne. Als ein Lützower Jäger im Sommer 1813 von Berlin nach Perleberg kam, fand er in dem Orte Kletzke die Wirtin in Trauer. Sie machte sich schweigend um den East zu tun und sagte endlich, mit der Hand nach der Erde weisend: „Ich habe auch einen dort unten: aber die Peters hat zwei." Sie fühlte das bessere Recht der Nachbarin. Nach Heinrich Beihke und Gustav Freytag.

2. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 106

1913 - Wittenberg : Herrosé
106 Iii. Unsre Kleidung. 76. Äber die Kleidung. Die Kleidung hat Gott selbst angeordnet, als er den ge- fallenen Stammeltern Schürzen von Feigenblättern flocht. Wer diese Mahnung recht versteht, wird stets darauf Bedacht nehmen, das; durch passende Kleidung Anstand und gute Sitte gewahrt werden. Neben diesem sittlichen Zweck hat aber die Kleidung auch die wichtige Aufgabe, den Körper gegen Kälte und Hitze, gegen Regen und Sturm zu schützen. Aus diesem Grunde ist sie zur Erhaltung der Gesundheit notwendig, obwohl sie nicht selten durch den Unverstand, die Weichlichkeit und Eitelkeit der Menschen zu einer Feindin der Gesundheit gemacht wird. Die Vögel erhalten für den Winter ein dichteres Federkleid, und die Raubtiere werden mit wärmern Pelzen ausgerüstet. Die Menschen machen sich die Kleider aus Leinen, Baumwolle, Hanf, Seide. Wolle. Leder und Pelzen. Rach dem Klima, der Jahreszeit und der Witterung mutz man die Auswahl zweckmäßig treffen. Unterläßt man dies, so kann auch die Kleidung zur Krankheitsursache werden. Jedermann weiß, daß man im Winter einen wärmern Anzug tragen muß als im Sommer. Manche zeigen sich jedoch zu empfindlich gegen die Kälte und hüllen sich so warm ein, als ob sie nach Sibirien sollten. Dadurch wird, wenn der Körper nicht abgehärtet ist, seine Widerstands- fähigkeit gegen die wechselnde Witterung immer mehr verringert. Wieder andre legen selbst im geheizten Zimmer die dicken Winter- kleider nicht ab, da sie fühlen, daß der Überrock hinter dem Ofen am wärmsten sitzt. Sie verstoßen aber auf diese Weise nicht nur gegen den Anstand, sondern auch gegen die Gesundheit, und gar bald kann auch die reichlichste Kleidung die rauhe Luft nicht mehr abhalten. Verzärtle dich daher weder durch allzu warme Kleidung, noch sei unvorsichtig, wenn du dich abhärten willst. Richt alle Teile des Körpers müssen gleichmäßig warm ge- halten werden. Wie oft sieht man Kinder, deren Kopf von den Müttern sorgfältig mit einem Käppchen bedeckt gehalten wird, und die dabei barfuß auf dem kalten Erd- oder Zimmerboden herumlaufen. Dadurch ist schon manches Leben zugrunde ge- gangen. Beachte es: stets den Kopf kühl und die Füße warm. Die Tiere des Waldes und des Feldes verlieren beim Ein- tritt des Frühlings ihre warmen Winterkleider, aber die Sorg- falt für die Reinlichkeit ihres Gewandes behalten sie das ganze Jahr hindurch. Die raubgierige Katze findet immer noch Zeit zum Putzen, und selbst der Gassenbube unter den Vögeln, der ver-

3. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 107

1913 - Wittenberg : Herrosé
107 achtete Spatz, reinigt gar oft seinen grauen Rock vom Staube der Straßen. Laß dich von den unvernünftigen Tieren nicht be- schämen! Richte dich in deiner Kleidung soviel als möglich nach den Jahreszeiten, dulde weder Flecken noch Schmutz an deinem Äußern, und reinige recht häufig die getragenen Kleider, besonders die Unterkleider. Hierdurch wird auch gleichzeitig für den regel- mäßigen Wechsel gesorgt, der besonders auch dann notwendig ist, wenn die Kleider durch Regen oder Schweiß durchnäßt worden sind, Der Hase trägt wohl im Winter einen dicken Pelz, und die Haubenlerche ist in ein buschiges Federkleid gehüllt, aber beide sind darum nicht weniger flink und geschickt in ihren Bewegungen. Und wie bei ihnen, so paßt sich bei allen Tieren die Kleidung in der bequemsten Weise dem Körper an, ohne ihn zu schädigen oder auch nur in seinen Verrichtungen zu beeinträchtigen. Wie ganz anders ist es doch oft bei den Menschen, die Verstand und freien Willen haben. Hier ist es die Mode. die durch unzweckmäßigen Schnitt der Kleidungsstücke die größte Sünde begeht. Enge, steife Hemdkragen, Halsbinden und Rockkragen, die Knaben und Männer oft tragen, sind verwerflich, weil sie den Umlauf des Blutes stören. Nasenbluten und Kopfschmerzen verursachen. Enge Kleider, stark geschnürte Gürtel und Riemen verunstalten den Brustkasten, hemmen die Atmung, ändern die Lage und Gestalt der Leber, schädigen die Verdauung und hindern überhaupt die freie Ausdehnung des ganzen Rumpfes. Hüte dich vor knappen Strumpfbändern; sie sind dem Blutlaus hinderlich und machen Krampfadern. Zur Kleidung gehören auch solide, gutpassende Schuhe. Nichts sieht unordentlicher aus als schmutzige, zerrissene, ungeputzte Schuhe mit schiefgetretenen Absätzen. Deshalb sorge stets für sauberes Schuhwerk. Die Schuhe müssen passend sein. Sind sie zu eng. so entstehen schmerzhafte Hühneraugen, eingewachsene Nägel und Verkrüppelung der Zehen. Man kaufe nur gute Schuhe, die dauerhaft und wasserdicht sind. Schmutzige Schuhe werden sofort mit einem stumpfen Messer und der Bürste vom Schmutz befreit und langsam getrocknet, sonst schrumpft das Leber ein. Am besten trocknen sie. wenn man sie mit ganz trockenem Hafer füllt und längere Zeit stehen läßt. Der Hafer nimmt die Feuchtigkeit an und quillt auf, so daß das Leder nicht einschrumpfen kann. Glanzleder reibt man trocken ab. Zeugschuhe reinigt man mit Regenwasser. Stiefel und hart gewordene Lederschuhe kann man durch Einreiben mit Vaseline. Lederfett. Fischtran oder Rizinusöl ge- schmeidig machen. Wasserdicht werden Schuhe durch Einfetten mit einer Mischung aus Talg. Wachs und Schweinefett zu gleichen Teilen mit etwas Terpentin. Die Mischung ist lauwarm auf- zutragen. Neue Sohlen werden haltbarer, wenn man sie vierzehn Tage vor dem Gebrauch mit Baumöl oder Firnis einreibt und stehen läßt.

4. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 108

1913 - Wittenberg : Herrosé
108 Wie man den Vogel an den Federn erkennt, so erkennt man den Menschen an der Kleidung. Reinliche, anständige und passend gewählte Kleider beweisen ziemlich zuverlässig, das; der Träger ein ordnungsliebender und gesitteter Mensch ist. Unsaubre, nach- lässige und unzureichende Kleidung aber ist nicht selten der Spiegel einer befleckten oder gar verkommenen Seele. „Rein gehalten dein Gewand, rein gehalten Mund und Hand, rein das Kleid von Erdenputz, rein von Erdenschmutz die Hand! Kind, die äußre Reinlichkeit sei der innern Unterpfand!" Nach H. Herold. 77. Die Moosrose. Der Engel, der die Blumen verpflegt und in stiller Nacht den Tau darauf träufelt, schlummerte an einem Frühlingstage im Schatten eines Rosenstrauchs. Und als er erwachte, da sprach er mit freundlichem Antlitz: „Lieblichstes meiner Kinder, ich danke dir fiir deinen erquickenden Wohlgeruch und für deinen kühlenden Schatten. Könntest du dir noch etwas erbitten, wie gern würd' ich es dir gewähren!" — „So schmücke mich mit einem neuen Reize!" flehte darauf der Geist des Rosenstrauchs. — Und der Vlumenengel schmückte die Königin der Blumen mit einfachem Moose. Lieblich stand sie da im bescheidenen Schmucke, die Moos- rose. die schönste ihres Geschlechts. Liebe Lina, laß den Flitterputz und das flimmernde Gestein und folge dem Winke der mütterlichen Natur! F-r. A. Krmnmacher. 78. Anmutige Tracht. Kleine Blumen auf der Heide, auf den Wiesen und im Wald gehn im allerliebsten Kleide, das sich schickt zu der Gestalt. Mägdlein möchten auch sich tragen wie die Blumen auf der Flur, und sie sorgen viel und fragen, und es glückt so selten nur. Doch die Veste trägt sich zierlich und sie fragt nicht, wie ihr's läßt: denn ihr ist das so natürlich! Seht, das ist das Allerbest'. Trojan.

5. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 109

1913 - Wittenberg : Herrosé
109 79. Schönster Staat. Komm, Mädchen, ich will dir einen Anzug raten, darin du gewiß gefällst. Deines Hauptes Schmuck fei die Ehre, die aus der Zucht kommt, dein Kleid die Unschuld, dein Schleier die Scham- haftigkeit, deine Perlen die Tränen der Kindesliebe, dein Demant die Demut, dein Spiegel das Gewissen, deine Kleinodien gute Gedanken, Worte und Werke —: damit bist du vor Gott und ver- nünftigen Menschen schöner und dauerhafter geputzt als die meisten deines Geschlechts, die in bedeutungslosem Schmuck in Prachtsülen ihr Haupt hoffärtig einhertragen oder auf den Tanz- böden der Lust den Kranz der Zucht verlieren, daß er zertreten wird. Heinrich Dittmar. 80. Die Kleidung im Sprichwort. Reines Herz und froher Mut stehn zu allen Kleidern gut. — Schmück dich, wenn es dein Stand vermag, doch ahm nicht jeder Mode nach. — Rein und ganz gibt schlichtem Kleide Glanz. — Das reichste Kleid ist oft gefüttert mit Herzeleid. — Wer seine Schuhe kann selber flicken, der darf sie nicht zum Schuster schicken. — Der Wäsche Glanz ist der Hausfrau Zier. — Reine Wäsche und Höflichkeit zieren jeden allezeit. 81. Lein, Äanst Jute und Nessel. Der Lein ist unstreitig eine der nützlichsten Pflanzen, die wir besitzen, nicht nur als Gespinstpflanze, sondern auch als Ölfrucht. Der lange, dünne Stengel hat an der Spitze eine schöne hellblaue Blüte mit fünf Blättern und fünf Staubfäden. Aus ihr entsteht eine Kapsel mit zehn Fächern und zehn braunen, glänzenden, zusammengedrückten Samenkörnern. In den Stengeln befinden sich lange, feine Bastfasern im Pflanzenfleisch. Um dieses Pflanzen- fleisch zu beseitigen, wird der Lein, nachdem man ihn samt den Wurzeln ausgerauft und geriffelt, d. h. von den Samenkapseln be- freit hat, zuerst geröstet, dann gebrochen, geschwungen und gehechelt, bis zuletzt nur die feinen Fasern übrigbleiben, die man mit dem Namen Flachs bezeichnet. Durch das Rösten werden die gummi- artigen und harzigen Teile im Leinstengel zerstört. Dazu werden diese zwei bis vier Wochen auf festem Boden ausgebreitet und dem Tau und Regen ausgesetzt, dann gewendet, damit auch die obere Seite röstet. Das ist die Tauröste, die also von der Witte- rung abhängt. Besser ist die Wasserröste. Dabei packt man die starken Bündel in weiches Wasser, läßt sie eine Woche liegen, breitet dann die Stengel lose aus und läßt sie noch acht bis vier- zehn Tage an der Luft nachrösten. Endlich wendet man jetzt auch die Warmwasserröste an, wobei der Lein zwei bis drei Tage in siedend heißem Wasser liegt und dann gedörrt wird. am besten

6. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 164

1913 - Wittenberg : Herrosé
164 lebenden spähen nach Pelzwerk, wollenen Meldern, Federn, Polstern und ähnlichen Dingen, denen sie ihre Nachkommenschaft anver- trauen können. Um Kleider und Pelze vor den Motten zu schützen, hat man seit langen Zeiten mancherlei Kräuter angewendet; man meinte, daß sie den Motten zuwider, vielleicht sogar für diese giftig wären und deshalb von ihnen gemieden würden. Je nach den Gegenden wendet man auch verfchiedne solcher Mottenkräuter als Schutz- mittel an. Eins der gebräuchlichsten ist der Sumpfporst, den nlan seines Gesamtwuchses wegen auch wilden Rosmarin nennt. Er wächst als niederes Sträuchlein in sumpfigen Gegenden und riecht auffallend stark. Der Rainfarn und der Honig- oder Steinklee wachsen bei uns an sonnigen Bergabhängen und ähnlichen trocknen Stellen. Beide duften ebenfalls stark. Aus den Ländern des Mittelmeergebiets hat man seit lange als Wohlgeruchsmittel die Spike oder den Lavendel bei uns eingeführt und sowohl in Gärten als auf den Feldern in größern Mengen gebaut. Alle diese Kräuter bindet man in kleine Bündelchen, hängt sie in den Kleiderschränken auf oder legt sie in Kästen und Kommoden, in denen wollene Kleider und Pelzsachen aufbewahrt werden. Doch sind diese Mottenkräuter sehr unzuverlässige Schutzmittel gegen die kleinen, zudringlichen Gäste. Haben die Motten trotz der genannten Kräuter doch den Versteck ihrer Lieblingsspeise ausfindig gemacht, so heften sie ihre Eier lose an diese. Die Rauchwarenhändler pflegen deshalb ihre Pelzvorräte fleißig an die Luft zu bringen, tüchtig zu schütteln und auszuklopfen. Dadurch fallen die Motteneier ab, die etwa darauf abgelegt sind. Läßt man sie dagegen ungestört, so schlüpfen nach 8 bis 12 Tagen aus den Eiern winzige Räupchen, die arge Verwüstungen anrichten können, sobald sie in größerer Menge an ihre Arbeit gehen. Das Mottenräupchen beißt näm- lich zunächst eine Anzahl Härchen und Wollfasern ab und spinnt sie zu einer sackähnlichen Hülle zusammen. Dies ist sein Kleid und seine Wohnung. Mit ein paar Gespinstfäden heftet die Raupe ihre Hülle an das Zeug fest und nimmt sie mit sich, so- wie sie beim Fressen allmählich weiter fortrückt. Wollenhaare, Federn und Pelzhaare sind ihre ausschließliche Nahrung. Davon lebt das Räupchen während des ganzen Sommers bis zum November oder Dezember. Sowie es allmählich wächst, länger und dicker wird, reicht die Hülle nicht mehr aus. Das Räupchen schneidet mit seinen Freßzangen so geschickt wie ein Schneider mit der Schere seine Hülle der Länge nach auf und webt einen neuen Streifen hinein. Kommt es beim Weilerwandern von schwarzem Zeuge auf weißes oder rotes, so entsteht auch eine bunte Hülle mit verschiedenfarbigen Streifen. Wird das Räupchen in seinem Versteck gestört, so schlüpft es aus der Hülle heraus, läßt sich an einem dünnen Gespinstfäden zur Erde hinab und haspelt sich nachmals wieder an demselben zu seinem Futterplatze

7. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 201

1913 - Wittenberg : Herrosé
201 in einen geschlossenen, aber kalten Raum und entkleide ihn be- hutsam, damit man nicht die steifen Glieder zerbreche. Ist Schnee da. so bedecke man den ganzen Körper mit Schnee und reibe ihn tüchtig damit. Wo nicht, so bedecke und reibe man den Kranken mit kalten, nassen Tüchern oder setze ihn in ein eis- kaltes Wasserbad. Ist der Körper aufgetaut und stellen sich Atembewegungen ein, so bringe man den Erfrornen in ein mäßig erwärmtes Zimmer, hülle ihn in Tücher ein und beginne mit dem Reiben; auch flöße man ihm leichten, kalten Wein oder kalten Kaffee ein. Die weitere Behandlung ist dem Arzte zu überlassen. 9. Bei Belebungsversuchen an Ertrunkenen sorge man zunächst, bevor der Arzt zur Stelle ist. dafür, daß alle beengen- den Kleidungsstücke vom Oberkörper des Verunglückten entfernt werden. Dann lege man den Verunglückten, nachdem Mund und Rase sorgfältig von eingedrungenem Schlamme und dergleichen gereinigt wurden, auf den Bauch. Kopf und Brust müssen tiefer liegen als der übrige Leib, damit das Wasser aus Mund und Rase besser abfließen kann. Sehr falsch ist es. das Herausfließen des Wassers dadurch bewirken zu wollen, daß man den Verun- glückten auf den Kopf stellt. Das Stürzen auf den Kopf ist überaus schädlich. Nun wird der Kranke auf den Rücken gelegt, doch so. daß die Schultern durch untergelegte Kissen oder Kleider etwas höher zu liegen kommen. Hierauf versucht man durch Reizung (Kitzeln der Nasenlöcher, Vorhalten von Salmiak vor die Nase, festes Be- sprengen der Brust mit kaltem Wasser oder Schlagen mit nassen Tüchern) Atembewegungen hervorzurufen. Stellen sich diese endlich ein. so reibt man die Glieder mit erwärmtem Flanell oder weichen Bürsten und hüllt den Kranken in trockne Decken. Bleibt das Atmen aus. so mache man künstliche Atembe- wegungen. Dies geschieht in folgender Weise: Man stellt sich hinter den Verunglückten, ergreift dessen beide Arme oberhalb der Ellenbogen und erhebt sie gestreckt bis über den Kopf. In dieser Stellung beläßt man sie etwa zwei Sekunden. Hierauf werden die Arme langsam wieder zurückgeführt und zwei Sekunden an die Seiten der Brust gedrückt. Im Takte des ruhigen Atmens müssen diese Übungen längere Zeit fortgesetzt werden. Es ist vor- gekommen. daß Ertrunkene, die bereits längere Zeit unter Wasser- waren. auf diese Weise wieder ins Leben zurückgerufen wurden. Ist das Leben soweit zurückgekehrt, daß der Verunglückte wieder zu schlucken vermag, so flöße man ihm teelöffelweise warmes Wasser, Tee, Kaffee oder Wein ein. 10. Ein in schädlicher Luft scheinbar erstickter oder auch nur betäubt gewordner Mensch ist so schnell wie möglich an die frische, reine Luft hinauszuschaffen. Aber dabei muß der Helfer mit der größten Vorsicht verfahren, damit er nicht selbst zum Opfer falle.

8. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 210

1913 - Wittenberg : Herrosé
210 leicht verdaulichem, kleingeschnittenem Fleisch. Kindermehl, weich gekochten Eiern und Gemüse. Der Genuß von Kartoffeln ist bei Kindern möglichst zu beschränken. Man gebe die Nahrung dem Kinde weder zu heiß noch zu kalt und nötige es auch nie zum Essen, wenn es sich die Speisen anzunehmen weigert. Es ist eine abscheuliche Gewohnheit der Pflegerinnen, die Speisen, um sie abzukühlen, in den Mund zu nehmen, da sie auf diese Weise mit Krankheitsstoffen leicht ver- unreinigt werden. Die Kleidung hat bei dem Neugebornen in erster Reihe den Zweck der Erwär- mung. So sorgfältig man nun auch das Kind vor Erkältung zu schützen bemüht sein soll, so bewahre man es doch auch wieder vor übermäßiger Wärme, weil Hitze den Körper schwächt. Das häufig noch auf dem Lande gebräuchliche Einfatschen der Kinder, wodurch sie am ganzen Leibe eingepreßt werden, ist äußerst nachteilig und ebenso verwerflich, wie das Einpacken und feste Einschnüren des Neugebornen in dicke Betten. Die Lungen des Kindes sollen sich beim Atmen ausdehnen, das Blut muß un- gehemmt in den Adern fließen. Durch das feste Einpacken und Schnüren wird dies wie jede freie Bewegung der Gliedmaßen verhindert. Die Kinder sollen daher nur um den Leib leicht ge- fatscht sein und die Händchen sowie die in Windeln eingeschlagenen Füßchen zur Bewegung ganz frei haben. So lege man den Säug- ling in ein weiches, lose umgeschlagenes Wickelbettchen (später hülle man ihn in ein freies, weites Kleidchen), das die Kälte ab- hält, ohne den Körper zu drücken, zu fesseln oder zurückzuhalten. Beim Austragen sind die Kinder in kleine Decken einzuschlagen. Der Kopf muß von der vierten bis achten Woche an (je nach der Jahreszeit) unbedeckt getragen werden, höchstens bestehe die Kopfbedeckung aus einem einfachen, gut anschließenden baum- wollnen Häubchen. Schuhe (gestrickte) brauchen die Kinder erst dann, wenn sie auf den Füßen stehen können, und Strümpfe nicht früher, als bis sie ihre Notdurft zu verrichten begehren können. Ebenso wichtig wie das Ernähren und Kleiden ist das Neinhalten des Kindes. Es empfiehlt sich, dem Kleinen jeden Tag frische Wäsche, wöchentlich frische Kleider, monatlich frische Betten zu geben. Im ersten Lebensjahre muß das Kind täglich einmal in warmem Wasser von etwa 30° 0 gebadet, danach sorgfältig ab- getrocknet und schnell mit reiner, gewärmter Wüsche bekleidet werden. Das Bad soll (nie bald nach der Mahlzeit) in einem warmen Zimmer geschehen und nicht länger als fünf bis acht Minuten dauern. Die Augen des Säuglings dürfen nie mit dem unreinen Vadewasier gewaschen werden; vielmehr ist hierzu

9. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 277

1913 - Wittenberg : Herrosé
277 die Heiterkeit und bereiten dadurch jene frohe Stimmung vor. die mit dem Begriff Hochzeit untrennbar verbunden ist. Um dem jungen Paare für seinen neuen Haushalt paffende und sich nicht wiederholende Geschenke zu überreichen, verständige man sich, soweit dies tunlich ist. mit den andern Festteilnehmern über die Auswahl. Die dem Polterabend folgende Hochzeit ist in allen Ländern und in allen Gesellschaftsklassen das volkstümlichste Familienfest. An die Hochzeit mit ihrem Jubel und ihren Freuden knüpfen sich die verschiedensten Gebräuche, die von Land zu Land, ja oft von Ort zu Ort wechseln. Wo diese Gebräuche den Zweck verfolgen, heitern Scherz hervorzurufen oder die sich an die Hoch- zeit knüpfenden Gedanken symbolisch darzustellen, da sind sie zu pflegen und zu erhalten, in jedem Falle aber zu vermeiden, sobald sie die Grenze des Anstandes überschreiten. Für die Braut kommt am Hochzeitstage vor allem die Auswahl des Anzuges in Betracht. Auf dem Standesamte erscheine sie in einem geschmack- vollen Cesellschastsanzuge mit Hut und Umhang, für die kirch- liche Trauung wähle sie ein weißes Kleid und schmücke sich mit dem Schleier und dem Myrtenkränze. Die Hochzeit findet, sofern nicht besondre Gründe dies unmöglich machen, in dem Wohnorte der Braut bei deren Eltern statt. Während der Fahrt zur Kirche sitzt entweder das Brautpaar zusammen in einem Wagen, oder die Braut fährt mit ihren Eltern und wird an der Kirchtür vom Bräutigam empfangen. Das Paar wird von den Brautführern und Brautjungfern sowie den Trauzeugen zum Altar geleitet, wo die Trauung stattfindet. Nach der Trauung erfolgt die Be- glückwünschung des Paares und der Verwandten untereinander. An der Hochzeitstafel nehmen die Neuvermählten den Ehren- platz ein. Man ordnet die Tafel gern so. daß das Paar den Gästen von allen Plätzen aus sichtbar bleibt. Die Trinksprüche, die auf die jungen Gatten ausgebracht werden, find vom Bräuti- gam nicht zu erwidern. In den meisten Füllen folgt dem Fest- mahle ein froher Tanz, der besonders dann möglichst lange aus- gedehnt wird, wenn das junge Paar die Gesellschaft verläßt und eine Hochzeitsreise antritt. Im Falle dies nicht geschieht, wird das Fest wohl eher beendet, nicht ohne daß verschiedene Gebräuche, wie der Abtanz, das Austeilen des Kranzes u. a.. vorhergegangen sind. Bei keinem Familienfeste spielt der Aberglaube eine größere Rolle als wie am Hochzeitstage. Aus den geringsten Anzeichen und Vorfällen schließt er. meist in unsinniger Weise, auf die Zu- kunft der Eheleute. So bedeutungsvoll diese Weissagungen sind, und soviel Unheil sie schon geschaffen haben, läßt man sich doch noch immer von ihnen beeinflussen. Zu einem Familienfeste, mit dem sich immer die angenehmsten Erinnerungen verknüpfen, gestaltet sich die Feier des Geburts- tages in einer Familie. Die Freude über das Ereignis, durch das uns an diesem Tage ein liebes Familienglied geschenkt wurde, suchen wir durch Glückwünsche und Geschenke auszudrücken. Kinder

10. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 250

1913 - Wittenberg : Herrosé
250 -4- aufgeblähten Leinwand, die den kräftigen Arm des Grotzknechts umschlicht. Mit grotzem Behagen sieht er auf die reinliche Farbe, während er pfeift, die blaue Tuchjacke säubert und den Kupfer- beschlag seines Pfeifenkopfs von Maserholz poliert. Durch die ganze Woche hat die Magd sich auf die Stunde gefreut, wo sie sich hübsch machen und das neue Mieder anlegen kann: heute steht sie glücklich vor der Tür des Eefindehaufes und legt die Hände übereinander. Alle fühlen sich sauber, sie fühlen sich hübsch: heute gefallen sie und finden selbst Gefallen am Leben. — Tretet in die Tagelöhnerhütte nebenan. Die Frau hatte in der Woche wenig Zeit für ihre Wirtschaft, denn sie und ihr Mann haben ihre Arme auf sechs Tage dem Gutsherrn vermietet: das einfache Essen nutzte in einer Stunde mit müden Händen bereitet und schnell verzehrt werden, und den Kindern fehlte durch den ganzen Tag die Aufsicht der Mutter. Heute hat die Frau am frühen Morgen Stube und Geschirr gescheuert: jetzt durchflicht sie die Zöpfe des kleinen Mädchens mit schmalem, rotem Bande und sieht dabei, wie hübsch die Augen und rosigen Bäckchen der Klei- nen sind. Nach der Kirche wird sie fettdurchwachsenes Schweine- fleisch kochen und ihre besten Klötze dazu machen, damit ihr Mann sie lobe. Nachmittags führt sie die Kinder vor den Augen des ganzen Dorfes vorüber zur Grotzmutter: abends gibt's Eier- kuchen. Zhr Mann ist kein Säufer: sie wird im Freien mit den Nachbarinnen plaudern und ihn erwarten: er wird bei guter Zeit zu ihr zurückkehren und freundlich gegen sie sein. Unter- dessen steht der Hausherr bereits im Sonntagsstaat mit geschwärzten Stiefeln in bedächtigein Gespräch mit einem vorübergehenden Bekannten: er klopft dabei seinem Jungen auf den blonden Kopf, und dieser fühlt sich als ein ganzer Kerl. Holder Tag. wo der Arme Selbstgefühl gewinnt, wo der Besitz eines zweiten Hemdes, eines bessern Kleides und das Gefühl der Freiheit von den Mühen des Lebens zuversichtlich, heiter, lebenslustig macht! Wer dies dem Arbeiter verkümmert durch den Zwang übermässiger Arbeit, ist grausam und begeht ein schweres Unrecht an seinem Neben- menschen. Es ist darum ein schlechter Brauch, der in den Städten ein- gerissen ist. den Vormittag des Sonntags zu den Arbeitstagen zu schlagen, nicht sowohl, weil dem Arbeiter dadurch einige Stun- den der Ruhe genommen werden, sondern deshalb, weil gerade diese Stunden eine eigentümliche Bedeutung haben. Am Sonn- tag vormittag ist der Mensch in Deutschland still, friedlich, in sich gekehrt: er überdenkt sein Leben, seine Liebe, seinen Gott: er liest, er schreibt an seine Familie: er sammelt sich und bereitet sich vor für die Freuden und Zerstreuungen der nächsten Woche. Der Sonntagnachmittag ist in Deutschland ein lustiger Geselle, ein Lebemann: da sucht einer den andern, und in Gesellschaft sucht man das Vergnügen. Es ist unrecht, wenn der Meister seinen Gesellen nur die Zeit des Vergnügens freiläßt, die Zeit des
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