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1. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 74

1897 - Stuttgart : Bonz
74 Volkswirtschaft. No. 46. 46. Das Kleingewerbe. Ä^ie alles in der Welt der Veränderung unterworfen ist, so auch das Gewerbewesen insbesondere. Nachdem Jahrhunderte hindurch Meister, Gesellen und Lehrlinge durch Handarbeit mit Hilfe von weni- gen Werkzeugen und nur in kleineren Werkstätten gearbeitet hatten, droht jetzt das Maschinenwesen und die Großindustrie der Fabriken, mit ungeheurer Geldmacht ausgerüstet, alle die einzelnen kleinen Meister- schaften und Werkstätten zu vernichten. Daher wird von seiten des Hand- werks in unserer Zeit vielfach über das Maschinen- und Fabrikwesen ge- klagt; allein solche Klagen sind vergeblich einer Macht gegenüber, die sich immer mehr erweitert und vergrößert. Da gilt es, frisch, mutig und männ- lich das Unvermeidliche zu erfassen, es zu seinem Vorteile umzuwandeln, sich im Sturze zu erhalten. Der deutsche Gewerbestand hat schon viel größere Hindernisse und Mißstände überwunden, z. B. damals, als er sich in den Tagen des Mittelalters aus der Schmach und dem Elend der Sklaverei, der Hörigkeit und der Leibeigenschaft losgerissen hat; und er hat gesiegt. So wird auch der gegenwärtige Gewerbestand, falls er sich in den Besitz der von der Zeit geforderten Tüchtigkeit setzt, siegreich aus allen Gefahren hervorgehen; er wird immer Städte füllen, immer ein geachteter, wohlhabender Stand bleiben, immer eine Haupt- stütze des Staates, eine Quelle des Reichtums, die Ehre und der Stolz des Landes sein, in welchem er seine Werkstätten erbaut hat. Auch dem Bedrohlichen, was das Maschinenwesen an sich hat, kann der Handwerksstand siegreich entgegentreten, sobald er sich dahin er- hebt, wohin jenes nicht zu folgen vermag, wozu eben nur die Hand gebraucht werden kann, und das ist eine tüchtige, kunstreiche Arbeit, in deren Erzeugnissen Kunstsinn und technische Fertigkeit, Kunst- geschmack und sorgfältiger Fleiß, Schönheitsgefühl und praktische Brauch- barkeit verbunden sind. Manchen Leuten will es scheinen, als vermöge der kleine Hand- werker dem Großbetrieb gegenüber nur noch Ausbesserungen vorzuneh- men oder mit den Erzeugnissen srines Gewerbes zu handeln. Aller- dings ist es richtig, daß z. B. der Flaschner die Lampen besser und billiger in der Fabrik kauft, als erste selbst herzustellen vermag. Darum thut er klug, sich bei diesem und manchem andern Artikel auf den Handel und auf die Vornahme von Ausbesserungen zu beschränken.

2. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 198

1897 - Stuttgart : Bonz
198 Geographie. No. 103, 103. Die Besiedelung Württembergs bis zum Ende der Völkerwanderung. enn man über die ältesten Bewohner unseres Landes Aufschluss erhalten will, so ist man darauf angewiesen, aus den da und dort ge- machten Funden Schlüsse zu ziehen, da die Geschichte bei weitem nicht in jene ältesten Zeiten hinaufreicht. Nun wurden neben Werkzeugen und Waffen von Stein, Bein und Holz auch Überreste von Renntieren gefunden, woraus bestimmt hervorgeht, dass menschliche Ansiedelungen in unserem Lande schon zur Eiszeit, als noch das ganze Gebiet nord- wärts der Alpen ein völlig nordisches Klima hatte, anzutreffen waren. Die ältesten Bewohner unserer Gegenden scheinen ein Jäger- und Fischer- völklein ähnlich den Eskimos und Feuerländern gewesen zu sein. Wohl gleichzeitig mit den Renntierjägern lebten die Höhlenbewohner der Alb, die von ihren unterirdischen Schlupfwinkeln auszogen und mit ihren Feuersteinwaffen sich kühn an gewaltige Raubtiere, ja sogar an das riesige Mammut wagten. Einer späteren Zeit und einem milden Klima gehörten die Pfahl- bauern an, welche der wilden Tiere wegen in Mooren und Seen reihen- weise starke Pfähle einrammten, auf denen sie ihre rohen Holzbauten errichteten. Überreste solcher Bauten fanden sich an einigen Orten Oberschwabens, z. B. am Federsee. Die Pfahlbauern lebten nicht mehr ausschliesslich von der Jagd, sondern trieben auch Viehzucht und bauten Weizen, Hirse, Gerste und Flachs. Manche Jahrhunderte mögen sie die schützenden Moore und Seen bewohnt haben, bis sie von einem stärkeren und besser bewaffneten Geschlecht, den Kelten, deren Haupt- sitz zuvor Gallien (das heutige Frankreich) war, verdrängt wurden. Diesen brachte der Handel aus fremden Ländern zu den steinernen Ge- räten und Waffen bereits solche von Kupfer und Bronze, bald auch aus Eisen, In den kolossalen Grabhügeln aus keltischer Zeit fand man ausserdem Münzen und Schmucksachen aus Gold und Silber, Bernstein und Glas. Hinter mächtigen Ringwällen fanden bei den häutigen räu- berischen Überfällen ganze Stämme mit ihrer Habe eine sichere Zuflucht. Vom 4. Jahrhundert v. Chr. an rückten in unsere Gegenden von Nordosten her germanische Stämme ein, die Kelten allmählich über den Rhein zurückdrängend. Ihre Versuche, bald auch diese Grenze zu überschreiten, wurden von den Römern in blutigen Kämpfen ver- eitelt, das erstemal im Jahr 58 v. Chr. durch Cäsar. Die betreffenden deutschen Völkerschaften waren damals unter dem Namen Sueven zu einem grossen Völkerbünde vereinigt. Als das

3. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 204

1897 - Stuttgart : Bonz
204 Geographie. No. 107. als Frankreich. Die Seine (Sahn) läßt sich weder an Wasserfülle noch an Schönheit der Ufer mit der Elbe vergleichen; nirgends fließt sie durch solche Landschaften wie die Elbe z. B. bei Dresden. Schon daraus, daß sich in Deutschland viel mehr Gebirge verzweigen als in dem größtenteils flacheren Frankreich, kann man schließen, wie viel mannigfaltiger und reizvoller die Natur der Landschaften in Deutsch- land sein muß. An dem Rhone ist's schön, namentlich bei Lyon, doch nicht reizender als im österreichischen Donauthale, und weder Rhone noch Loire (Loahr) dürfen sich mit dem Rheinstrom messen, dessen pracht- volle Ufer mit Weinhügeln, Bergen, Städten und Burgruinen von den Reisenden aller Völker Europas gern besucht und hoch gepriesen werden. Freilich wendet der unwissende Südfranzose und der Italiener sein Angesicht hinweg von unsrem teuren Vaterlande und schilt es nebelicht und feucht, und der vorurteilsvolle Spanier meint gar, nur in Frank- reich könne er es noch allenfalls aushalten; was jenseits liege, sei alles nordisches Land ohne Sonne und Sterne. Mit Recht aber können wir diese Leute auf England verweisen, zu dessen Nebeln sich die uns- rigen verhalten wie zarte Schleier zu Sackleinwand. Mit Gleichmut hüllen wir uns eine Zeit lang in unsere Rhein- und Donaunebel und denken: „Die Sonne sieht nachher wieder um so schöner aus." Ein stets blauer Himmel, eine ewig blitzende Sonne wie in Spanien — kein Deutscher könnte sie ertragen. Der schroffe, unzugängliche Engländer hat auf seiner vom Meere umwogten Insel außer sich selbst keinen einzigen Nachbar. Der Franzose hat nur zweierlei Nachbarn, romanische und deutsche. Wir Deutsche aber haben fast alle Europäer zu Nachbarn: germanische, romanische und slavische aller Art. Mit den Slaven im Osten, mit den Russen, Polen, Böhmen, Serben, Kroaten — ja, wer nennt die Volksstämme alle! — stehen und standen wir schon in Freundschaft und Feindschaft. Die Italiener haben, wenn auch wider Willen, in unsere Gemeinschaft treten müssen. Mit den Franzosen im Westen sind wir leider in nur zu nahe Brüderschaft getreten, und im Norden haben wir uns an Holländer und Normannen angeschlossen. Es ist keine dieser Nationen, deren Sprache nicht entweder in ganz Deutschland oder doch in einem Teile desselben verstanden würde; und sie können alle zu uns kommen und irgend eine Gegend bei uns finden, in der sie sich fast wie zu Hause fühlen können. Wir selbst aber haben reiche

4. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 205

1897 - Stuttgart : Bonz
No. 107. 108. 109. Geographie. 205 Gelegenheit, alle europäischen Nationen ganz aus der Nähe zu beobachten und uns das Gute, das wir an ihnen wahrnehmen, anzueignen. Nach Kohl und Vogel. 108. Die deutschen Stämme — ein Um. priesen, Sachsen, Franken, Thüringer, Bayern, Schwaben — das sind die edelir, kräftigen Stämme, die ihre Wurzeln und Zweige zum Ganzen eines deutschen Volkes ineinander schlingen, jeder einzelne Stamm stattlich an Wuchs, reich an Entfaltung, eigentümlich von Art: der Friese —- fest und spröd, kühn hinaus in die See und für die Frei- heit auf heimischem Boden; der Sachse — ernst, ausdauernd und nachhaltig inr Glauben und in der Arbeit, mächtig durch Gedanken und Treue, unermüdlich., das Wesen der Freiheit zu ergründen, jede geistige Errungenschaft zu bewahren; der Thüringer — offen an Verstand und Gemüt, regsam zu allem waekern Thun, treuherzig im Handel und Wandel, heiter in Sanges- und Sagenlust; der Franke — raschwallenden Blutes, klug und gewandt, hochstrebendeil Sinnes und tapfer; der Bayer — handfest und derb, lustig und behäbig im Lebensgenuß; der Schwabe — mehr nach innen gekehrt, tief- siilnig, zum Dichten und Denken geneigt, aber dabei doch mannhaft und streitbar, fleißig und anstellig zum Größten wie zum Kleinsten. So geartet sind die deutschen Stämme, die jetzt als ein Volk in einem Vaterlande wohnen. Nach «. Huiier. 109. Der Rheinstrom. ^er Deutsche mag wohl auf feinen Rheinstrom stolz sein. . Viele andere Ströme, selbst europäische, übertreffen ihn zwar weit an Länge, Breite und Wasserfülle sowie an Ausdehnung ihres Gebietes; nicht einem aber ist ein so edles Ebenmaß und eine so vollständige Entwick- lung beschieden; nicht einer sieht an seinen Ufern auf gleiche Weise Kunst und Natur, geschichtliche Erinnerung und lebendige Gegenwart vereinigt. In dem erhabensten und mächtigsten Teil des majestätischen Alpengürtels hangen an himmelhohen Felsgipfeln gewaltige Gletscher, welche dem Rheine ihre Gewässer zusenden. Wo diese ungestümen Alpensöhne aus dem Gebirge hervortreten, da beruhigen und läutern sie sich in großen und schönen Seen, unergründlichen, smaragdenen Becken, hier von unerklimmbaren Felsen eingeengt, dort von Reben-

5. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 324

1897 - Stuttgart : Bonz
324 Bürgerkunde. No. 158. 159. Die Staatsangehörigkeit in einem der deutschen Bundesstaaten bildet die Grundlage und die Voraussetzung des Reichsbürgerrechts und der mit diesem verbundenen Rechte und Pslichten. Jeder württembergffche Staats- bürger ist daher zugleich Reichsbürger. Das Staatsbürgerrecht wird er- worben durch Abstammung, Verheiratung (die Ehefrau bekommt mit der Ehe- schließung das Bürgerrecht des Mannes), Verleihung auf Ansuchen (die Ver- leihung steht den Kreisregierungen zu), Anstellung im Reichs- Staats- Kirchen- Schul- oder Gemeindedienst, vorausgesetzt, daß der Angestellte seinen dienst- lichen Wohnsitz im Lande hat. Die Staatsangehörigkeit, mit deren Verlust auch die Reichsangehörigkeit erlischt, geht u. a. verloren durch Entlassung auf Antrag oder durch zehnjährigen ununterbrochenen Aufenthalt im Aus- lande. Reichert und Springer. 159. Die Familie. ^ie Familie bildet das erste und ursprünglichste Baud jeder sitt- lichen Vereinigung der Menschen. In ihr finden wir uns geborgen, sobald wir die Augen zum erstenmal aufschlagen. Die Natur selbst hat den Menschen für die Geselligkeit geschaffen. „Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei." Dieses tiefsinnige Wort der Schrift ist der Grund aller menschlichen und geschichtlichen Ent- wicklung; denn deren erste Stufe bildet das Verhältnis von Eltern und Kindern. Ist es doch selbst der Tierwelt eingepflanzt, daß die Eltern für ihre Jungen sorgen; und auch den wildesten Barbaren, die jeder andern Ordnung hohnsprechen, ist wenigstens dieses Verhältnis mit den gesitteten Völkern gemeinsam. Bei den letzteren gewinnt frei- lich jener Naturtrieb eine viel höhere Bedeutung. Hier begnügen sich Vater und Mutter nicht, dem Kinde die notdürftigste Nahrung zu reichen; sondern, wie sie selbst durch das Band der Liebe dauernd verbunden sind, so ist auch der Zusammenhang zwischen ihnen und ihren Kindern unauflöslich und umfaßt nicht nur die äußere Pflege; sondern jene trachten aufs eifrigste darnach, daß ihre Kinder auch der geistigen und sittlichen Güter, welche die Bildung gewährt, teilhaftig werden. Und was für ein warmes und trauliches Plätzchen das Kind da- heim bei den Eltern und Großeltern und neben den Geschwistern hat, und wie hier alle (wenigstens wenn es so ist, wie es sein soll) ein- ander zu Gefallen leben; wie sich der Vater in seinem Geschäfte und Berufe abmüht für die Erhaltung und Förderung der Seinigen; wie die Mutter für die Wartung der Kinder und die Besorgung des Haus-

6. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 241

1897 - Stuttgart : Bonz
No. 124. • Geographie. 241 germanischen haben sich in überwiegender Zahl der protestantischen Kirche zugewandt. Ein Volk romanischen Stammes, das in der Geschichte einst eine Haupt- rolle gespielt hat, sind die Italiener. Welche Erinnerungen knüpfen sich an Italien, welche Schätze birgt es noch in der Gegenwart! Noch heute zieht es Tausende mit unwiderstehlichem Drange in das „Land, wo die Zitronen blühn"; noch heute sind seine Museeiuund Kunstsammlnugeu ein Anziehungs- punkt für Künstler und Kunstfreunde. Roms Macht ist freilich schon seit langer Zeit dahingesunken; aber wenn der Reisende die Kuppel der Peters- kirche am Himmel auftauchen sieht, da klopft sein Herz höher, und sein Fuß betritt nicht ohne eine gewisse Erregung die Straßen der altehrwürdigeu Stadt. — Das Ideal der meisten Italiener ist das dolce far niente, das süße Nichtsthun; darum ist der Handel Italiens von geringer Bedeutung, die gewerbliche Thätigkeit der Größe und dem Reichtum des Landes nicht entsprechend. Auch die Volksbildung steht ans niedrigerer Stufe als in den meisten andern europäischen Ländern. Die Regierung hat noch jetzt mit der Unterdrückung des Räuberunwesens zu thun. Äußerst zudringliche Bettler be- lästigen den Reisenden, und hundert Hände strecken sich bei jeder Gelegenheit nach einem Trinkgeld aus. Im nördlichen Italien findet man mehr Arbeit- samkeit ; von hier ans gehen viele in andere Länder, um als Eisenbahuarbeiter, Maurer, Gipsfigurenhändler, Zuckerbäcker so viel zu verdienen, daß sie sich später in der Heimat ansiedeln können. Der Italiener hat eine schöne Gestalt, meist dunkle Augen und dunkles Haar, ein leidenschaftliches Gemüt, große Zungenfertigkeit und eine schöne, vokalreiche Sprache. Das stolzeste Volk der romanischen Rasse sind die Spanier. Seinen Stolz trägt der Spanier schon im Äußern zur Schau; er bückt sich nicht gern und arbeitet nur, wenn er muß. Sein Vaterland, das in seinen süd- lichsten Teilen die köstlichsten Weine und Südfrüchte hervorbringt, stellt auch keine großen Anforderungen an seine Arbeitskraft; es bringt ihm fast von selber hervor, was er braucht. Und der Spanier braucht wenig, da Mäßig- keit, besonders im Essen und Trinken, zu seinen Haupttugenden gehört. Be- trunkene sind eine große Seltenheit. Die Männer tragen fast das ganze Jahr hindurch einen Mantel, der alle Einflüsse des Klimas abhält; er ist, je nach- dem er fester oder nachlässiger umgeschlagen ist, das Thermometer der Witte- rung. Die spanischen Frauen und Mädchen, die höchst malerische Gewänder tragen, sind wegen ihrer Schönheit berühmt; mit unnachahmlicher Zierlichkeit führen sie ihre Nationaltänze ans und erfreuen den Zuschauer bald durch lang- same bald durch leidenschaftlich schnelle Bewegungen des Körpers. — Das Land ist schwach bevölkert. Stundenlang sucht der Reisende auf den Hoch- ebenen der beiden Kastilien nach Spuren von Menschen. Höchstens ein Hirte, Lesebuch für Fortbildungsschulen. 16

7. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 248

1897 - Stuttgart : Bonz
248 Geographie. No. 126. gttügimgsfudjt fast unbekannt. Ein Hauptbedürfnis neben solcher Arbeit ist zeitweilige Erholung durch Ruhe, womit auch die sehr strenge Heiligung des Sonntags zusammenhängt, der dem rastlos thätigen Nordamerikaner als ein Eag der Ruhe, Sammlung und Vergnügungslosigkeit willkommen ist. Dieser Thätigkeitstrieb äußert sich nicht bloß in der Landwirtschaft und in der Fabrikthätigkeit sondern auch im Handelsgeist, welcher sich ans dem englischen Handelsgeist und der Weltstellnng des ganzen Landes herausge- bildet hat und das ganze Volk dnrchdringt. Die Nordamerikaner sind durch und durch ein Handelsvolk, so daß selbst der Ackerbautreibende zugleich ein Kaufmann ist. Fast jeder Gegenstand ist dem Amerikaner seil. Jedes Be- sitztum an beweglichen und unbeweglichen Gütern ist einem großen Wechsel der Besitzer unterworfen. Nur das Geld hat eine Bedeutung. Reichtum ist die erste gesellschaft- liche Tugeud, Armseiu ein unverzeihliches Verbrechen. Der Reichtum hat eine ungeheure Bedeutung in der öffentlichen Meinung und im geselligen Leben; er bildet den einzigen Unterschied unter den Bewohnern, die nur in zwei Klassen, in die der Reichen und Armen, zerfallen. Sonst besteht kein Unter- schied der Stände, keine Verschiedenheit zwischen Stadt- und Landvolk; jeder fühlt sich bürgerlich unabhängig und jedem andern gleich; jeder handelt nach eigenem Gutdünken. Diese persönliche Selbständigkeit waltet auch im Familienleben, im Ver- halten der jüngeren, ja selbst der weiblichen Familienglieder, deren äußere Stellung unsern Verhältnissen oft geradezu widerstreitet. Schon zehnjährige Knaben können dem Vater, wenn dieser sie nicht als seinesgleichen behandeln oder wohl gar züchtigen will, damit drohen, daß sie fortgehen und ein eigenes Geschäft beginnen werden. Eigentümlich ist die Stellung der dienenden Klasse; höchst ungern ver- dingen sich die Nordamerikaner als Diener. Sie werden nicht Bedienter, Knecht, Magd sondern Hilfsmänner, Hilfsmädcheu, Gehilfen genannt, bean- spruchen die Anrede „Herr" und „Fräulein" („Miß"), ans dem Lande eine gleiche Stellung mit den Familiengliedern, in den Städten oft Feierabende zu Singstunden und zum Besuche von Vorlesungen über wissenschaftliche Gegen- stände, da die Masse der arbeitenden Klasse beiderlei Geschlechts nach Voll- endung der Mühen des Tages im Anhören von Vorlesungen Erholung sucht und selbst dafür Zahlungen leistet. Eine dem Nordamerikaner besonders anhaftende Eigentümlichkeit ist seine übergroße Volkseitelkeit, in welcher er alle Völker der Erde übertrifft. Sie ist in dem Bewußtsein des raschen Aufblühens und der Vorzüge seines Landes begründet und tritt allenthalben hervor, in der Privatunterhaltung wie in Büchern und Zeitungen. Allgemein verbreitet ist die Sucht, Personen und

8. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 249

1897 - Stuttgart : Bonz
No. 126. 127. Geographie. 249 Sachen berühmte Namen zu geben. Die Städte sind nach berühmten Städten deö Altertums und der Jetztzeit benannt; so heißen sechzehn Städte der Vereinsstaaten Manchester, zehn Berlin, zehn Frankfurt, ebensoviele Athen, Palmyra, viele Rom, Karthago u. s. w. Merkwürdig ist auch die Gleichartigkeit und die herrschende Ungezwungen- heit im Privatverkehr sowie die Einfachheit der Umgangsformen. Dian findet nicht die Feinheit und Formvollendung der höheren Stände in Europa, aber auch nicht die gemeine Roheit, welche uns nicht selten in den untern Schichten der europäischen Bevölkerung, namentlich großer Städte entgegentritt. Das Benehmen des Nordamerikaners hat vielfach etwas Kaltscheinendes und Wort- karges; doch fehlt es auch nicht an Menschenfreundlichkeit, Gastlichkeit und Dienstfertigkeit. Nur darf man diese Tugenden nicht etwa unter denen suchen, welche gleich hungrigen, gierigen Raubvögeln sich in den Hafenstädten umher- treiben, um den fremden Einwanderern, die arglos den Boden der neuen Welt betreten, unter dem Scheine der reinsten Nächstenliebe ihre geringe Habe durch alle ihnen zu Gebote stehenden Kunstgriffe als willkommene Beute ab- zusagen. Solchem Gelichter gegenüber erscheint Mißtrauen von vornherein als ein unerläßliches Gebot. Nach Meyer u. Schneider. 127. Deutsche Ansiedler in überseeischen Kündern. cv Nordamerika reden jetzt etwa acht Millionen deutsch, eine Zahl, die bedeutend größer sein könnte, wenn nicht viele Deutsche die unglückselige Neigung besäßen, in fremdem Volkstum aufzugehen. Weit später als nach Nordamerika, erst in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts, begann die Einwanderung Deutscher nach Südamerika. Am stärksten von unseren Landsleuten besiedelt sind die südbrasilischen Provinzen Santa Catharina und Rio Grande do Snl, wo ihrer etwa 150 000 wohnen, ungefähr ein Fünftel der Gesamtbevölkernng. Unter dem milden Himmel und auf dem ergiebigen Boden dieses herrlichen Landstriches, dessen Größe zwei Drittel des deutschen Reiches ausmacht, hat sich bei rüstiger Arbeit und kräftiger Kost ein tüchtiger deutscher Menschenschlag entwickelt, der neben dem neuen Vaterlande auch das alte noch verehrt und achtet. In Argentinien wohnen die Deutschen weniger dicht beisammen, sind auch weniger zahlreich. Im südlichen Chile haben sich Deutsche in erheblicher Anzahl seit dreißig Jahren niedergelassen, auch hier wie überall auf der Erde zum Segen des Landes, in welchem sie ihre neue Heimat aufgeschlagen haben. Die Zahl aller Deutschen in Südamerika betrügt etwa eine Viertelmillion.

9. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 240

1897 - Stuttgart : Bonz
240 Geographie. No. 123. 124. Länder durch hohe Gebirge, wie die Alpen und die Pyrenäen, von- einander getrennt; doch sind diese nicht unübersteiglich; auch hemmen keine weitgedehnten Hochebenen wie in Asien und Afrika den Ver- kehr. Niemals haben sich die Völker so schroff voneinander ge- schieden, wie das z. B. zwischen Thina und Südwestasien durch das Himala^agebirge der Fall ist. Dazu ist der größte Teil Europas von den Ebenen Rußlands bis zu den Pyrenäen ein Flachland, in welchem die Quellen der Ströme so nahe beieinanderliegen, daß sie Ranalverbindungen zwischen den nördlichen und südlichen Meeren zulassen und das Land nach allen Seiten öffnen. Iu diesen na- türlichen Wegen hat unser Jahrhundert noch die Eisenbahnen gefügt, die den ganzen Rontinent durchziehen, so daß man in einer Woche vom Innern Rußlands bis nach Lissabon gelangen kann. Die Einwirkung der einzelnen Völker aufeinander konnte darum auch nicht ausbleiben. In regem Wetteifer mühen sich in unsrem kleinen Erdteil Millionen fleißiger brande und denkender Röpfe unablässig und mit umfassender Benützung aller Fortschritte der Menschheit. ^0 000 europäische Handelsschiffe befahren alle Meere, landen an allen Rüsten. Vornehmlich Roherzeugnisse der heißen Erdstriche einführend und Runsterzeugnisse ausführend kann Europa das Arbeitshaus der Welt genannt werden. Die Größe Asiens ist verschwunden. Afrika, ohne tiefe Meer- busen, befindet sich in einem geistigen Schlafe. Australien ist zu trocken. In Amerika ist ein neuer Stern in dem nördlichen Teile aufgegangen. Südamerika dagegen trägt mehr den Eharakter Asiens und Afrikas an sich: zu hohe Gebirge, zu wenig Meer- busen. Europa wird voraussichtlich der Mittelpunkt des Geistes- lebens bleiben. Längst schon sendet es seine Rinder in alle Welt- teile; längst schon sucht es seiner hohen Rulturaufgabe nachzu- kommen. Möge es ihm gelingen, dieselbe in ihrer ganzen Größe zum Wohl der Völker der Erde zu lösen! Nach Benhoir. 124. Einige der wichtigsten Kölker Europas. ^ie hervorragendsten europäischen Völker sind teils romanischer teils germanischer Abstammung. Die romanischen Völker haben ihre Blütezeit hinter sich, die germanischen befinden sich in derselben oder erwarten sie noch. Die romanischen Nationen sind der Mehrzahl nach katholischer Religion, die

10. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 242

1897 - Stuttgart : Bonz
'242 Geographie. No. 124. zu Pferde seine Tiere weidend und mit der Lanze bewaffnet, begegnet ihm. — Von der niederen Bildungsstufe, auf der sich das spanische Volk noch befindet, zeugt sein Hauptvergnügen, die Stiergefechte. Arm und reich, hoch und niedrig -erfreut sich im Zirkus an den Todesqualen der gereizten und dann nach allen Regeln der Kunst verwundeten Stiere und feiert die siegreichen Kämpfer, wie man bei uns Künstler feiert. Gewerbefleiß und Handel liegen in Spa- nien darnieder. Am nächsten unter den Völkern romanischen Stammes sind uns Deutschen die Franzosen. Will man die Eigentümlichkeit der Franzosen schildern, so läuft man Gefahr, nur diejenige der Pariser zu schildern; denn Paris bildet den Mittelpunkt des gesellschaftlichen und politischen Lebens, das Herz Frank- reichs. Jedoch der Kundige weiß, daß sich die Bewohner der verschiedenen Landschaften sehr scharf unterscheiden. Die Franzosen sind rasch zu erregen und zu begeistern und ein tapferes, kriegstüchtiges Volk; bis 1870 hielten sie sich für unbesiegbar. Aber es fehlt ihnen die zähe Energie und die Ausdauer. Einmal besiegt verzagen sie leicht; ihre Begeisterung für einzelne Menschen verkehrt sich leicht in Mißtrauen'. Sie lieben Veränderung und Wechsel, namentlich in der Regierungsform. — Frankreich ist ein reich gesegnetes Land und mit größtem Fleiße bebaut. Handel und Industrie blühen. Die Erzeug- nisse der geschickten Franzosen sind sehr geschmackvoll, aber nicht, wie sie selbst meinen, unentbehrlich und unnachahmlich. Auch Deutschland hat im Kunst- gewerbe große Fortschritte gemacht. Bei dem großen Einflüsse, den man jahr- hundertelang, besonders in Deutschland, den Franzosen gewährt hat, ist es begreiflich, daß das Nationalbewußtsein bei ihnen sehr hoch gestiegen ist. Sie leben in der Einbildung, daß sie die große Nation, die geborenen Beherrscher der gebildeten Welt seien. Doch kann man nicht leugnen, daß der Franzose die Formen des gesellschaftlichen Lebens geschickt zu handhaben weiß, und daß er sich durch eine angeborene Anmut der Bewegungen und durch die Höflich- keit des Benehmens auszeichnet. Der Bildungsstand des Volkes jedoch ent- spricht nicht seiner Einbildung. Lesen und Schreiben sind vielfach noch nicht Gemeingut des ganzen Volkes, obwohl Frankreich seine Gelehrten auf allen Gebieten ebenso hat wie Deutschland. Germanischer Abkunft und deshalb mit uns Deutschen verwandt sind die Holländer. Die Belgier, die zwischen Frankreich und Holland wohnen, bilden gleichsam das Mittelglied zwischen den Bewohnern der beiden Länder. Der Grundzug der Holländer ist jene Stätigkeit und Zähigkeit des Charakters, die schwer zu erregen und zu begeistern ist, aber mit um so größerer Aus- dauer an dem einmal Ergriffenen festhält. Mit unsagbarem Fleiße haben sie ihr ebenes, gleichförmiges und von den Reizen der Natur wenig bedachtes Land dem Meere abgewonnen; sie schützen es vor seinem immer drohenden
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