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1. Bilder-Atlas zur Geographie von Europa - S. 7

1897 - Leipzig [u.a.] : Bibliogr. Inst.
I. Die Alpen. X* Allgemeiner Überblick. Entstehung der Älxen. Vom Golfe von Biscaya bis zu den fernen Bergzügen, mit denen das südostastatische Hochland an die Randmeere des Stillen Ozeans reicht, zieht in der Richtung der Breitengrade eine lange Folge gewaltiger Erhebungen hin, die gleich einem Riesengürtel den Doppelkon- tinent Asien-Europa umschlingt. Nicht die höchste, auch nicht die räumlich ausgedehnteste, wohl aber die für Europa bedeutsamste dieser Bodenanschwellungen sind die Alpen. Sie teilen den Erdteil, wie Ritter sagt, in seine großen natürlichen Provinzen. Sie scheiden seinen lufthimmel, seine großen Rlimate in einen Norden und Süden, Westen und Osten: Deutschland, Italien, Frankreich und Ungarn. Sie scheiden seine Stromgebiete und Stufenländer: Rhone-, Rhein-, Po- und Donaugebiet. Sie scheiden ebenso seine Hauptmassen der Stämme, die Sprachen der Völker, der Staaten und politischen Reiche. Auch der Fauna und Flora von Europa setzen sie ihre natürlichen Grenzen. Aber diese Scheidung ist keine absolute Trennung und Vereinzelung, weder des Südens vom Norden, noch des Westens vom Osten. Denn überall führen, teils zu den Seiten, teils mitten hindurch Stromthäler, Thalschluchten, Pässe und die verschiedensten Arten natürlicher und künstlicher Rommunikationen. Das imposante System des Alpengebirges ist also dennoch kein isolierender Naturtypus für seinen Erdteil geworden, es ist kein wildes, öde aufstarrendes, unwirtliches, kaltes Polarland in der Mitte der gemäßigten Zone, wie die hohe Wüste Gobi auf dem Plateau der Mongolei, nein, es erscheint vielmehr als ein im Verhältnisse zum Rontinente sehr breiter Gürtel voll der größten Naturschönheiten, voll isolier- ter Gipfel, durch Einsenkungen verbundener, reich bewässerter und sruchtbarer Thäler. Dieser Gebirgsgürtel wird an Schönheit, Fülle und Mannigfaltigkeit der Naturgaben, zumal an Be- wohnbarkeit und Rulturfähigkeit für veredeltere Menschengeschlechter von keinem anderen der Erde übertroffen. Das Alpenland schließt in seinem Inneren mehrere Millionen Menschen ein, die sich zu selbständigen Völkerschaften und Staatensystemen ausgebildet haben. Sein Inneres gehört daher in Bezug auf Menschengeschichte recht eigentlich dem klassischen Boden der euro- päischen Historie an. Über ihn sind alle Gaben reichlich verteilt, die für die höhere Entwicke- luug der Völker ein Bedürfnis sind. Aber nicht bloß die Natur- und Aulturgeographie der Alpen, auch ihr durch alle Zeitalter der Erdgeschichte fortgehender Werdeprozeß ist eines der interessantesten Blätter im Buche der Natur. Die ungeheuren Zusammenschiebungen und Aufstauungen der sesten Erdkruste, die wir Alpen nennen, sie sind nichts anderes als Falten im Antlitze der alternden Mutter Erde. Mit der stetigen Abnahme der Wärme zieht sich die Erde fortwährend zusammen. Leicht folgt der heiß- flüsstge Erdkern diesem Zuge, schwerer und langsamer aber die an seiner Oberfläche bereits er- starrte Erdrinde. Indem der sich zusammenziehende Erdkern nun zurückweicht, verliert die Erdrinde ihre Stütze, und es entstehen Hohlräume, in die allmählich ausgedehnte Stücke der Erdrinde, Schollen, hinabsinken. Diese erscheinen uns heute als Meere und Landbecken. Bei jenem Vorgange werden die benachbarten Teile der Erdrinde nach Art eines Keiles ausein- ander getrieben. Da nun die festen Bestandteile der Erde, gewissermaßen der Mantel, der

2. Bilder-Atlas zur Geographie von Europa - S. 17

1897 - Leipzig [u.a.] : Bibliogr. Inst.
Die Gftalpen. \7 ihre strenge Individualisierung erscheint als das hervorstechendste orographische Merkmal dieses Gebietes. Die Anordnung der südtirolischen Dolomiten bringt es mit sich, daß auch die Thalbildung jener Regelmäßigkeit entbehrt, die die nördlichen Ralkalpen und die Zentral- alpen auszeichnet. Den Südtiroler Dolomiten solgen weiterhin im Osten die Rarnischen Alpen (S. 75), die Rarawanken, dieiulischen Alpen, dann das breit hingelagerte Plateau des Rarstes (£>.75), der bereits den Übergang zu den Dinarischen Alpen im Westen der Balkanhalbinsel bildet und in schroffen Wänden zum Golf von Trieft und zur Ostküste der Adria absällt (S. 76). Der Rarst ist das klassische Land der Döhlen (Adelsberger Höhle und St. Tanzianer Grotte), der unter- irdischen Flüsse (Grotten der Rekka bei 5t. Tanzian), der periodischen Seen (Zirknitzer See), der steinbesäten Hochflächen und der Dolmen. Der Wald fehlt, nur einzelne Strecken sind erst seit kurzem in der Aufforstung begriffen. Bestimmend sür das Landschaftsbild des Rarstes sind neben der karren- und schrattenartigen Ausbildung des Gesteins die Dolmen, mehr oder minder trichterförmige Linfenkungen von wechselnder Größe, mit denen der ganze Rücken des Rarstes übersät ist. Diese Trichter sind die vornehmste Veranstaltung der Natur, um das öde Felsterrain überhaupt bewohnbar zu machen. Sie sind von den umgebendenhöhen gegen die rauhe Bora geschützt, hier häuft sich die von den Gehängen weggewaschene Fruchterde an, hier liegen größere Ackergefilde und Dörfer. Die beiden Ralkzonen der 2llpen setzen sich in den anschließenden Gebirgen fort: die süd- liche im dalmatinischen Gebirgslande, die nördliche in den Rarpathen. Die Zentralzone der 2llpen aber sinkt an großen Brüchen in die Tiefe, so daß schließlich nur noch einzelne Ruppen des untergegangenen Gebirges aus den jugendlichen Bildungen des ungarischen Tieflandes aufragen. Diese in tief eingreifenden Buchten verlaufenden Abbrüche, die man in treffender Weise Resselbrüche genannt hat, bilden heute das Wiener Becken, den flachen Neusiedler See in Ungarn und die große Tieslandbucht von Graz (S. 76). Wie außerordentlich verschieden nun auch die einzelnen Gebiete der Alpen unter sich sein mögen, als Ganzes bilden sie zweifellos eine große, geschlossene Natureinheit, von deren ge- waltigen Wirkungen ihre gesamte Lebewelt lautes Zeugnis ablegt. Von den natürlichen Stufen des Pflanzenlebens in den Alpen haben wir bereits ein flüchtiges Bild zu zeichnen ver- sucht (s. oben, S. \2). An charakteristischen T i er gestalten sind zu nennen: die Gemse (S. 79), der Steinbock, der jetzt nur mehr aus die Savoyer Berge beschränkt ist, das Murmeltier (S. 79), noch häufig in den Rönigsseer Gebirgen, und der Steinadler (S. 80), der in der Schweiz und im angrenzenden 2llgäu vorkommt. Selbst der Mensch, der Beherrscher der Schöpfung, vermag sich des machtvollen Einflusses der Alpen nicht zu entziehen, und zahlreiche Erscheinungen seines Lebens und Schaffens wie seiner Geschichte bekunden seine 2lbhängigkeit vom Hochgebirge. 2lllerdings vermochten die Alpen infolge ihrer außerordentlichen Durchgängigkeit den Bewegungen der Völker keine voll- kommene Schranke zu setzen. Rein Gebirge der <£rde vermag dies. Aber alle Versuche, zun: Zwecke dauernder Besitzergreifung über die Naturgrenze des Hochgebirges hinauszugehen, mußten scheitern; das römische Weltreich, wie das heilige römische Reich deutscher Nation gingen an diesen Vergewaltigungen der Natur zu Grunde. Thatsächlich sind die Alpen eine mächtige Scheidewand der Nationalitäten geblieben, und die Vielsprachigkeit der2llpenländer ist die Folge hiervon. Der steinige Boden und die Rauheit des Rlimas infolge der Höhenlage be- Ichränken den Getreidebau in den 2llpen auf ein sehr geringes Maß und bedingen vorzugsweise Wiesenkultur und Viehzucht nebst Waldwirtschaft. Darum ist die Dichte der Besiedelung gering mit 2lusnahme der tiefgelegenen, klimatisch begünstigten Thäler vorzugsweise in den Südalpen. Einzelsiedelung herrscht vor. Die Städtebildung ist wie überall so auch hier an die großen Verkehrslinien gebunden. Nur der Verkehr schafft Städte. Daher treffen wir die bedeutendsten 2llpenstädte an den Enden wichtiger Paßstraßen, so Innsbruck (S. 69), Bozen, Luzern, Thür, oder am Gebirgs- rande, wo die Produkte der angrenzenden Gebiete umgesetzt werden, so Wien (S. 8j u. 82), dessen Entwicklung freilich auch noch andere Umstände beeinflußten, Salzburg (S. 77), Graz (S. 76), Rosenheim, Russtein, Füssen; ferner an Sitzen der Industrie, wie Berchtesgaden, Partenkirchen, Gröden, Eisenerz (S. 3^); in der Schweiz an den großen Randseen, die einigende A. Geistbeck, Geogr. Bilder-Atlas, Europa. 2

3. Bilder-Atlas zur Geographie der außereuropäischen Erdteile - S. 68

1901 - Leipzig [u.a.] : Bibliogr. Inst.
68 Australien und © Z eanien. Iv. Australien und Ozeanien. i. australische Festland. Wie Europa einst über Großbritannien, Island und Grönland mit der Neuen Welt und durch Inseln und Halbinseln des Mittelmeeres mit Afrika in landfester Verbindung stand, so führte in einer längst vergangenen Epoche der Erdgeschichte eine Festlandsbrücke über den Malayischen Archipel nach Australien. Auf diesen Straßen wanderten Tiere und pflanzen von Erdteil zu Erdteil, über Island und Grönland geschah bekanntlich sogar die erste Ent- deckung Amerikas durch die kühnen Argonauten des Nordens, die Normannen. Aber während die Verbindung zwischen Europa und Amerika zum Teil erst in junger geologischer Zeit ganz- lich gelöst wurde, verlor der Inselkontinent Australien seine Verbindung mit dem großen Län- derbau der Alten Welt schon zu einer Zeit, als die Entwicklung der Tierwelt auf ihm noch nicht zu den Huftieren fortgeschritten war, ein Verhängnis für seine Lebewelt. Denn wie ein Reich, das sich von anderen Kulturvölkern durch Jahrhunderte abschließt, dem Stillstande ver- fällt und ein eigenartiges, altes Gepräge erhält, während die anderen Staaten in regem Wech- selverkehre sich befruchten und verjüngen in: Strome der Zeit, so bleibt auch ein Land im Sinne des Naturforschers altertümlich, wenn es durch lange Zeiträume vom Verkehre mit anderen Schollen des Erdballs ausgeschlossen wurde. Während in der Alten Welt durch den Kampf ums Dasein immer höhere tierische Lebensformen entstanden, blieb die Tierschöpfung Austra- liens bei den Beuteltieren stehen. Durch die Abwesenheit aller Huftiere war es aber von vorn- herein den Australiern unmöglich, sich zu höheren Stufen der Gesittung zu erheben. Sie mußten sich mit dem Ertrage der Jagd, an den Küsten der Seen und den Ufern der Flüsse mit dem des Fisch- und Muschelfanges und mit den Nährstoffen wildwachsender Wurzeln begnügen. Von Bergbau, Viehzucht und Ackerbau war keine Rede. Noch schlimmere Folgen für die Kulturentwickelung Australiens hatte, ganz abgesehen von der Entlegenheit des Erdteils und seiner wenig gegliederten, durch Korallenriffe gefähr- deten Küste, die unglückliche Lage seiner Gebirge. Die hoch aufgerichteten Ostküsten zwingen nämlich den Südostpassat, sofort bei der Berührung mit den: Festlande seine Feuchtigkeit an ihren Abhängen zu entleeren. Er vermag deshalb dem Innern nur noch wenig Naß zuzu- führen, und lange genug galt auch dasselbe als eine andere Sahara. So erklärt es sich, daß die Holländer, die am Anfange des \7. Jahrhunderts Australien entdeckten, seine Bewohner auf der tiefsten Stufe menschlicher Gesittung antrafen. Und heute? Schon zählt das Land über ^ Millionen Weiße, deren Zunahme in jedem Jahrzehnt seit J85j ^0 Prozent betrug. Die Wälder werden gelichtet, den Bergen ihre gleißenden Schätze entrissen, unermeßliche Werden weiden in den Gebirgen, Weizenfelder und Obstgärten überziehen die Ebenen, am Meere aber sind binnen wenigen Dezennien zwei Städte emporgeschossen, Sydney und Melbourne, die zu- sammen bald eine Million Einwohner zählen. Woraus erklärt sich dieses wunderbare Aufblühen der australischen Kolonien, das nur in der Geschichte der Vereinigten Staaten Nordamerikas ein Seitenstück findet? Betrachten wir die Natur des Landes.

4. Bilder-Atlas zur Geographie der außereuropäischen Erdteile - S. 31

1901 - Leipzig [u.a.] : Bibliogr. Inst.
Vorderindien und Ceylon. Dekhan ist, beweist der Umstand, daß das Kamel im Innern als Reit- und Lasttier verwendet wird. Nur die Ostabhänge der Westghats und die Ostküste sind feuchter. Als merkwürdigste Charaktertiere Südindiens und Ceylons sind aber die Lemuren oder Halbaffen hervorzuheben, die sonst nur noch auf Madagaskar, in: äquatorialen Gstafrika und auf den malayischen In- seln zu finden sind. Selbst die Bevölkerung Dekhans, die Drawida, werden von vielen Völker- kundigen der malayischen Völkergruppe zugerechnet, wie die L)ovas auf Madagaskar. Die Singhalesen (S. ^07) auf Ceylon dagegen verraten arischen Linfluß. So erscheint denn vor- derindien seiner Natur und Entstehung nach als ein losgetrenntes Stück Afrika. Mehr noch als die tropischen Fruchtgefilde Hinterindiens und der malayischen Inselflur, in deren Besitz sich heute Engländer, Franzosen und Holländer teilen, war das Wunderland Indien der Magnet für die erobernden Völker des Nordens. Um das Jahr 2000 v. Chr. drangen die arischen Inder aus dem rauhen Pamirhochland ein und verdrängten die.dunkle drawidische Urbevölkerung nach dem Dekhan. Alexanders verheißungsvolles Ziel war Indien. Im Jahrhundert dann unterwarf der Mongolenfürst Timur oder Tamerlan, der gewal- tige Beherrscher fast ganz Asiens, Vorderindien, und sein siegreicher Nachkomme, Baber, grün- dete J505 das berühmteste Reich der Neuzeit Indiens, das Reich des Großmoguls, und schuf in Lahore, seiner prunkvollen Residenzstadt und dem Mittelpunkte des indischen Islam, jene Wunderwerke indischer Baukunst, Moscheen, Minarets, Paläste, Gärten und Wasserwerke, die heute noch die Welt staunend betrachtet. Nahezu gleichzeitig (^98) landete in Kalikut der kühne Portugiese Vasco da Gama, der die europäische Invasion in Indien eröffnete. Ungleich erfolgreicher, wenn auch weniger glanzvoll als die mohammedanische im Norden, verbreitete sie sich allmählich über die ganze Halbinsel und deren Nachbargebiete, um mit der Vereinigung sämtlicher britischen Besitzungen in Südasien unter dem Namen Kaiserreich Indien abzuschließen. Indiens Reichtum liegt wie der Chinas im Bodenbau. Unter dem warmen, feuchten Klima gedeiht auf der Halbinsel die Vegetation in einer selbst für die Tropen ungewöhnlichen Üppigkeit. Namentlich wird die Pflanzenwelt der Insel Ceylon von den Reisenden geradezu als eine paradiesische geschildert. Aber auch die Gangesebene zeigt eine wunderbare Pracht der Flora, Hier wächst die Baniane, die indische Feige mit stammartigen Luftwurzeln, und auf den Gewässern schwimmt die heilige Lotosblume. Der Grashalm erscheint in der Form des Bam- bus als hoher Baumstamm, und die Farnkräuter sind so dick wie Fichtenstämme. Von beson- derer Bedeutung ist der Reichtum Vorderindiens an nutzbaren pflanzen. Thee, Kaffee, Baum- wolle, Jute (dschüte), Opium, Indigo, Gewürze, Reis und Weizen liefert es in großen Mengen für den Weltmarkt. In den tropischen Urwäldern leben der Elefant, der gefürchtete Tiger und der Panther, zahlreiche Affen und Vögel. In der heißfeuchten Luft gedeihen viele Reptilien, große Krokodile und giftige Schlangen, die aber keineswegs hier häufiger sind als in anderen heißen Ländern. In den gesegneten Flußniederungen des Nordens begründeten die J^mdu eine eigene Kultur. Sie schufen die brahmanische Religion und bildeten das strenge Kastenwesen aus, nach welchem die einzelnen gesellschaftlichen Schichten des Volkes durch unüberwindliche Schranken voneinander geschieden werden. Ackerbau, Gewerbthätigkeit und Handel war die Haupt- beschäftigung der Hindu. Aber auch Kunst und Wissenschaft blühte bei ihnen. Sie bauten großartige unterirdische Tempel und statteten diese mit mächtigen Bildnissen ihrer Götter aus, sie ersannen herrliche Dichtungen, die Wedas (wedas), und erfanden die dekadischen Ziffern, die uns über den Orient als „arabische" überbracht wurden. Ihr Gewerbfleiß erstreckte sich hauptsächlich auf Metallarbeiten und Kunstweberei. Um so trostloser ist der religiöse Verfall des Volkes in der Gegenwart. „Wer dieses Volk nicht beobachtet hat", sagt Tanera, „ahnt nicht, wie weit Aberglaube und Götzendienst Menschen bringen kann. Hier aber sieht man, daß ein ursprünglich edles Volk wiederum auf einen halb tierischen Stand herabgebracht werden kann. Die Verehrung ,heiliger Kühe' hat Formen angenommen, die den Ekel und Abscheu auch des ungebildetsten Naturmenschen erregen müssen. Und die strenggläubigen Priester gehen darin voran." Äußerer Formendienst hat jede Spur höheren religiösen Denkens und Fühlens ertötet, alles vaterländische Empfinden erstickt und die Hindu zu einem seigen und servilen Volke ge- macht, das den Speichel der Unterdrücker leckt, sich aber nie gegen die europäische Fremdherr- Ichaft auflehnen wird. Die Hindu sind geborne Knechte, hinterlistig und falsch, aber nie offen

5. Bilder-Atlas zur Geographie der außereuropäischen Erdteile - S. 21

1901 - Leipzig [u.a.] : Bibliogr. Inst.
Zentralasien. Die pamxr. Der Himalaja. 2{ Pamir, im Norden vom Altai und im Osten vom Rhingangebirge und der Wasserscheide der chinesischen Ströme gegen Tibets abflußloses Gebiet begrenzt wird. In diesem Rahmen um- faßt Zentralasien das Hochland von Tibet, Gstturkestan oder das Tarimbecken, die Wüste Gobi (Schamo), die Dsungarei und Mongolei. Der Mittelpunkt, von dem aus die verschiedenen Glieder des großen zentralasiatischen Gebirgssystems ausstrahlen, ist das seenreiche Urgesteins- massiv der Pamir. 5. Die Pamir. „Das Dach der Welt", wie es die Inder nennen, ein Hochland von der Größe Bayerns, besteht aus einer Reihe von Hochgebirgsketten, zwischen denen flache, breite Hochthäler sich öffnen, die dem Lande teilweise den Charakter einer Hochebene geben. Die Pamir ist also kein Taselland mit flach gelagerten Schichten wie Afrika oder Arabien, sondern ein gefaltetes Land mit breiten Mulden. Die Höhe der pamir beträgt nicht unter 5000 m und die auf- ragenden, ostwestlich streichenden Höhenzüge sind meist ^—6000 m hoch. Nur der Osten der steppenartigen Hochebene gehört dem abflußlosen Gebiete Zentralasiens an, nach Westen ziehen die Auellflüffe des Amu Darja, durch welche die russischen Vorposten jetzt auf das Plateau vor- gedrungen sind. Auf dieser rauhen, stürmischen Hochfläche erwuchs in uralter Zeit ein wohl- gestaltetes, bildungsfähiges Nomadenvolk, das sich selbst als „die Trefflichen", Arja (Arier), bezeichnete. Als diese, dem allen Hirtenvölkern innewohnenden Wanderungstriebe folgend, ihre Heimat verließen, wandte sich ein Teil erobernd südwärts nach Indien und unterwarf die ureinheimische Bevölkerung vom Dravidastamm, ein anderer drang nordwärts und er- oberte Medien und persien. Neue Zweigvölker der großen arischen Völkerfamilie wandten sich weiter gegen Westen, indem sie sich mehr und mehr in selbständige Völkerkreise sonderten und Europa erfüllten. Aber sowohl in der Sprache als in den Sitten, und namentlich in den religiösen Vorstellungen und Gebräuchen haben sich eine Menge gemeinsamer Züge erhalten, die die Einheitlichkeit ihrer Abstammung beweisen. Auf asiatischem Boden entsprossen, wurden sie in späteren Jahrhunderten die Träger der neuen Kultur des Abendlandes. Die Alai- ketten (S. 92), die letzten westlichen Ausläufer des Tienschansystems, begrenzen die Pamir im Norden. Im Süden umschließt dieselbe der Aarakorum (S. 89), eines der höchsten, groß- artigsten, aber auch unwirtlichsten Gebirge der Erde. Zahlreiche gletscherbedeckte Gipfel über- schreiten 7000 m, und der früher Dapfang, jetzt Godwin Austen genannte pik ist mit 8620 m der zweithöchste gemessene Gipfel Asiens und der Lrde überhaupt. Ungeheuer hoch liegen im Aa- rakorum die pässe, unter denen der Rarakorumpaß 5655 m mißt, während aber der Anstieg derselben von Süden, vom Thal des Schayok und Indus, sehr steil ist, sind die Nordabhänge sanft, fast eben. Auch die Fortsetzung des Gebirges gegen Osten, der Hindukusch, trägt ver- eiste, gleichfalls über 6000 m aufragende Gipfel. 6. Ver Himalaja. Der Himalaja, das höchste Gebirge der Lrde, bildet in einem nach Norden offenen Bogen die südliche Umwallung Zentralasiens, indem er im Norden zum Hochlande von Tibet, im Süden zur Tiefebene von Hindostan sich absenkt. Durch seine geographische Lage zwischen Nord- und Südasien, seine Lrstreckung von Westen nach Osten, seinen Faltenbau wie seine Gesteinsbeschaffenheit, seine Flußdurchbrüche, Gletscher und Vegetationsstufen, endlich durch seine Bedeutung als Scheidewand für pflanzen, Tiere und Menschen, bildet er mannigfache Vergleichungspunkte mit den Alpen. Nur sind alle Verhältnisse hier gewaltiger und'wirk- sanier als dort (vgl. S. 89). Der Himalaja hat eine Länge von 2^00 km und eine Breite von 200—550 km und übertrifft dadurch die Alpen um das Doppelte, wie diese ist er ein Faltungsgebirge mit einer

6. Bilder-Atlas zur Geographie der außereuropäischen Erdteile - S. 28

1901 - Leipzig [u.a.] : Bibliogr. Inst.
28 Asien. Südsee, in Kalifornien und Peru treten die arbeitsamen und anspruchslosen Chinesen als Ron- kurrenten der europäischen Zivilisation aus. Die Chinesen sind im wesentlichen Ackerbauer, und von dieser Thatsache aus müssen sie gewürdigt werden, da sie gewissermaßen die Charaktermerkmale der ackerbautreibenden Völker bis zum äußersten Extrem fortgebildet haben, hieraus erklärt sich zuvörderst ihr konservativer Sinn in Kunst und Wissenschaft, in Staatswesen und Gewerbe, der schließlich zur ärgsten Oer- knöcherung und Zurückgebliebenheit geführt hat, hieraus ihr patriarchalisches Familienleben, ihre Arbeitsamkeit und Genügsamkeit, ihre Hochachtung vor dem bäuerlichen Gewerbe, die sich besonders darin ausspricht, daß der Kaiser alljährlich am größten Feste in Person die Hand an den Pflug legt. Verstärkt wurde der natürliche Hang zum Althergebrachten weniger durch die sprichwörtlich bekannte chinesische Mauer (S>. 93), die jetzt vielfach zerfallen ist, als durch die natürliche Abschließung Chinas gegen Westen und gegen europäische Einflüsse durch un- übersteigliche Hochgebirge und Wüsten, gegen Osten durch eine gefahrvolle See. Der durch europäische Aufklärung bedrohte Despotismus that schließlich das Seine, Staats- und Volks- leben im Stillstand und in einer Art geistigen Schlummers zu belassen, aus welchem auswärtige Konflikte die erstarrte und eingebildete Büreaukratie mitunter in höchst unliebsamer Weise auf- stören. Trotzdem zeichnet die Chinesen ein reger, nüchterner Handelsgeist aus, und sie sind, wie man dies vielleicht mit Ausnahme der semitischen Völker von keinen: anderen Volke sagen kann, auf Gelderwerb erpicht und deshalb geneigt, den Käufer zu übervorteilen. Zwischen China und Japan bildet die gebirgige Halbinsel Korea ein Übergangsland und, wie Grenzgebiete überhaupt, einen Zankapfel der angrenzenden Großmächte. Die Koreaner sind ein Kulturvolk, weichen aber in mancher Beziehung sowohl von den Chinesen wie von den Japanesen ab, nur die allgemeinen Merkmale der mongolischen Nasse sind allen gemeinsam. Die Koreaner sind schöner und besser gebaut als die Chinesen des Nordens, die Nase ist we- niger abgestumpft, die Augenlider stehen mehr in gerader Linie. Ackerbau, Seidenbau, Buddhismus, Töpferkunst und den Kompaß empfingen die Koreaner von den Chinesen. Große Städte sind in Korea selten. „Die Hauptstadt Söul (250,000 Einwohner; S. 99)", schreibt Oppert, „unterscheidet sich von anderen koreanischen Städten weder durch besondere Regel- Mäßigkeit noch durch schöne und große Gebäude. Sind die Straßen auch breiter als die meisten engen Gassen der chinesischen Städte, so sind sie dagegen ungepflastert, und die öffentlichen Gebäude wie die paläste des Königs lassen keinen Vergleich mit den Wohnungen der wohl- Habenderen Klasse der größeren Städte Chinas zu. Ohne öffentliche Gebäude von irgend welcher Bedeutung, ohne Tempel nnt auch nur annähernd ähnlichem Schmuck und Zieraten ausgestattet, wie die kleineren chinesischen provinzialstädte sie aufweisen, die meisten Häuser einstöckig und viele nur aus Lehm gebaut, macht Söul keineswegs den Lindruck, wie ihn die Hauptstadt eines Landes wie Korea, das Bayern an Größe dreimal übertrifft und über \0 Millionen (Anwohner hat, hervorbringen sollte." io. Japan. Die Halbinselbrücke Korea verknüpft China mit dem Inselreiche Japan, das seine ur- sprüngliche Kultur auf dem Wege über Korea empfing. Nur der gewaltthätigen Herrschaft des Zoxfregiments ist es zuzuschreiben, daß ein Land wie Japan, das seiner geographischen Lage und Küstenbeschaffenheit nach in ebenso hervorragendem Maße wie England für Handel und Verkehrt bestimmt erscheint, jahrhundertelang von der Außenwelt abgesperrt wurde. Erst im Jahre \877 wurde die Militärherrschaft des Shogun nach heftigen Kämpfen gänzlich gebrochen, die alte 2ldelsherrschaft durch eine moderne Staatsverfassung, eine konstitutionelle erbliche Monarchie mit Abgeordnetenhaus und pairskammer ersetzt und der europäischen Kultur freier Einzug gewährt. Seitdem hat sich Japan zum ersten Kulturstaat Asiens auf- geschwungen, und schon steht es im Begriffe, sich wie in Bezug aus Industrie und Verkehr, so auch in wissenschastlicher Hinsicht selbständig zu machen.

7. Bilder-Atlas zur Geographie der außereuropäischen Erdteile - S. 35

1901 - Leipzig [u.a.] : Bibliogr. Inst.
Die Atlasländer. 35 Ii. i. Die Wer von Gibraltar oder Sizilien aus den Boden Afrikas betritt, ist erstaunt über die nahe Verwandtschaft, die hier Natur und Menschenleben mit dem europäischen Gegengestade be- künden. Der Atlas, diese Riesenmauer zwischen Mittelmeer und Sahara, ist ein Glied des großen südeuropäischen Gebirgssystems, das mit der Sierra Nevada in Spanien beginnt und unter den Namen Atlas, Apennin, Alpen, Karpathen und Balkan bis zur Ostgrenze des Ron- tinents zieht. Lr ist das einzige Faltengebirge des dunkeln Erdteiles und trägt in seiner ganzen Entstehungsgeschichte und in seinem Aufbau keinen afrikanischen, sondern einen europäischen Charakter. Klimatisch stehen die Atlasländer ganz unter dem Einflüsse des Mittelmeeres wie Südeuropa, sie haben also milde, namentlich Brustleidenden sehr zusagende Winter und heiße, trockene Sommer. Daher bringt Nordafrika dieselben Blumen, Sträucher und Bäume hervor wie die gegenüberliegende europäische Küste, von ^28 Pflanzenarten, die der Botaniker Cosson in der Provinz Konstantine entdeckte, finden sich nicht weniger als \056 im südlichen Europa wieder. Südfrüchte, Getreide, Wein, Glive, Lorbeer, Myrte, Oleander und Maulbeerbäume gedeihen hier wie dort; die Dattelpalme dagegen ist kein Kind der Mittelmeerzone, ihre Heimat ist die Wüste Sahara. Ähnliche Verhältnisse zeigt das tierische Leben der Mittelmeerküsten. Zahlreiche Wandervögel ziehen alljährlich.von Afrika nach dem südlichen Frankreich und weiter nordwärts. Der Affe kommt noch auf den Felsen von Gibraltar vor, Damhirsch und Muflon sind beiden Gestaden gemein. Und wie enge gestalteten sich die geschichtlichen Beziehungen der Mittelmeervölker von den Zeiten der Phöniker und Karthager, der Ägypter und Griechen, der Römer und Punier bis zur Blütezeit der Araber im Mittelalter, deren Kultur fast das ganze Mittelmeergestade eroberte, und bis herab zur Gegenwart, wo Frankreich die nordafri- kanische Westküste, England die Südostküste beherrscht! Das Meer trennt eben die Völker nicht, sondern verbindet sie. Das Atlasgebirge bricht mit seinem Nordrand unter dem Namen Tell-Atlas steil gegen das Mittelmeer ab. „An einzelnen Küstenpunkten", sagt G. Rasch, „wie bei Bona, Stora, Algier, ist das Hügelland des Tell mit allen Schönheiten der provenzalischen Küste geschmückt. Im Altertum war es, gleich Sizilien, eine Kornkammer sür die Völker. Fährt man von phi- lippeville aus, so weidet sich das Auge an den Getreidefeldern, Gemüseäckern, Glivenbäumen, an den mit Kaktushecken eingerahmten Gärten. In schönem Wechsel blickt man auf Zedern und Cypressen, Mandelbäume, Zitronen- und Pfirsichbäume und auf hübsche Landhäuser. Die Landschaft ist von sanft ansteigenden Höhenzügen eingerahmt, deren untere Lzälfte Oliven- wälder bedecken. Die Straße fassen prächtige Platanen ein, deren volles Laub im Sommer wohlthätigen Schatten wirft — kurz, man hat ein üppiges, reichverziertes Landschaftsbild der Mittelmeerregion. Aber kaum war eine Stunde verflossen, so war es auch schon mit dem blü- henden Bilde vorbei — einzelne Landhäuser und Felder, dazwischen aber weite, unangebaute, unbewässerte Strecken, mit Gestrüpp und Unkraut bewachsen; einige kleine Dörfer mit ihren Gärten und Feldern liegen wie Gasen in der unbekannten Landschaft." 3* Äfrika. Atlamnder.

8. Deutschland - S. 17

1913 - Leipzig [u.a.] : Bibliogr. Inst.
Y. Die deutschen Siedelungsformen. 17 niedrigeren Berge hat auch die eiszeitliche Glet- schereisbedeckung, die die ganzen Talböden aus- füllte und die Vorberge zum Teil völlig einhüllte, erhaltend, glättend und abrundend gewirkt [246j. Durch die Alpenfaltung sind auch die Schich- ten des Tertiärs, welche die oberdeutsche Tiefebene bedecken, an ihrem Südrande aufgebogen und zum Teil mit in die Faltung einbezogen worden. Die alttertiären Mergel, Sandsteine und Schiefertone, die man als Flysch zusammenfaßt, bilden eine allerdings lückenhafte und schmale Randzone [243] und dringen nur im westlichen Teil des deutschen Alpengebietes weiter in das Innere des Alpenlandes vor [244]. Dank ihrer Weich- heit heben sich die Flyschhöhen aber überall von den Kalkbergen sehr deutlich durch ihre rundlichen, wenig gegliederten, viel mehr mittelgebirgsmäßi- gen Formen ab. V. vie äeutscken Wie von der Fülle der Oberflüchenformen soll unser Bilderatlas auch einen Begriff von der Mannigfaltigkeit der deutschen Siedelungsformen geben, natürlich ohne diese auch nur annähernd erschöpfen zu können. Beginnen wir unsere kurze vergleichende Be- trachtung der Siedelungsbilder mit den ländlichen Siedelungen als den ursprünglichsten, und wer- fen wir zunächst einen Blick auf das deutsche Bauernhaus.vondem zwei Hauptformen unter- schieden werden können, das niederdeutsche und das oberdeutsche Haus. Das niederdeutsche Haus beherrscht ganz Nordwestdeutschland und die an- grenzenden Teile Nordostdeutschlands, d. h. Meck- lenburg und die Hauptteile Pommerns und Bran- denburgs, die von Nordwestdeutschland aus kolo- nisiert und germanisiert worden sind. Die übrigen Teile des ostdeutschen, im Verlaufe der Völker- Wanderung von den Slawen in Besitz genommenen und erst im Mittelalter von den Deutschen zurück- eroberten Gebietes sind von Mittel- und Süd- deutschen besetzt worden und haben dementspre- chend meist oberdeutsche Hausformen, soweit nicht slawische Bauweise sich bis heute erhalten hat. Unter den niederdeutschen Formen des Bauern- Hauses treten uns zwei Hauptarten entgegen: das Sachsenhaus und das Friesenhaus. Bei beiden sind Wohnräume und Wirtschaftsräume, d. h. Vieh- stalle, Vorratsräume und Tenne, unter einem ein- zigen Dache vereinigt. Beim Niedersachsen- Hause [19] ragt es hoch und stattlich empor, ist bei allen älteren Häusern noch mit Stroh oder Schilf gedeckt und reicht an den Seiten beinahe bis zur Erde hinab — wie denn diese niedersäch- fische hausform offenbar aus der alten Dachhütte, die man in Moor und Heide heute noch als Stall [22] und zuweilen sogar als Wohnhaus antrifft, hervorgegangen ist. Dem Niedersachsenhause nahe verwandt ist eine neuere, aus Holland bis nach der Holsteini- schen Landschaft Eiderstedt vorgedrungene Form des Friesenhauses, der „Hauberg": mit seinem riesigen Dache, das im Gegensatz zu dem lang- gestreckten niedersächsischen vierseitig abgeschrägt und nahezu quadratisch ist, macht er einen impo- nierenden Eindruck. Die andere hauptform des deutschen Friesenhauses, wie sie z. B. auf den friesi- Geographischer Bilderatlas. I. Siedelungsformen. sehen Inseln herrscht, zeigt Bild 6: sie wirkt we- niger wuchtig als das Niedersachsenhaus und der Hauberg, weil das ganze Gebäude auf Kosten der Längsstreckung geringere Tiefe hat und auch die Eingänge an der Längsseite liegen. Aber mit dem hohen, tiefreichenden Dach, das durch einen Giebel über der Haustür gegliedert ist, ist es immer noch stattlich genug. Es ist wohl kein Zweifel, daß das feuchte, in Küstennähe zugleich windreiche Klima Nordwest- deutschlands im Verein mit dem Vorwalten der Viehzucht die Herausbildung derartig in sich ge- schlossener und gegen Wetterunbilden geschützter Bauernhausformen begünstigt, wenn nicht ver- anlaßt hat. Diese Annahme wird bestärkt, wenn wir sehen, daß es bei anderen deutschen Stämmen, die gleichfalls vorwiegend der Viehzucht in nieder- schlagsreichem Klima obliegen, zu der Bildung von Bauernhausformen gekommen ist, die den nieder- deutschen äußerlich ganz ähnlich sind. In der inneren Raumanordnung weichen sie freilich von ihnen ab, und im Gegensatz zu dem stets einstöcki- gen niederdeutschen Hause, das sich in seine flache Umgebung gewissermaßen hineinduckt, sind sie oft mehrstöckig. Beim Schwarzwaldhause [188] namentlich treffen wir das gleiche mächtige, fast bis zur Erde herabgezogenedach wieder, das dieganze Bauernwirtschaft unter sich vereinigt, und ebenso bei den Bauden des Riesengebirges [90]. Eine dritte Form des oberdeutschen Hauses, das ober- bayerische Haus, das nicht nur in den Deutschen Alpen selbst [248], sondern auch im Alpenvorland [243] und im Bayerischen Walde [227 und 230] verbreitet ist, ist gleichfalls ein Viehzüchter-,,Ein- bau", der Mensch und Tier unter einem Dache beherbergt. Es trägt vielfach ein auffallend flaches, zum Schutz gegen Sturmwirkung steinbeschwertes Dach, das freilich weit über die Wände hinaus- ragt, vor allem an den Giebelseiten, und oft eine Galerie oder einen Laubengang mit überdeckt. In allen bisher nicht erwähnten Teilen Deutsch- lands, also in fast ganz Mitteldeutschland, großen Teilen Ostdeutschlands und Süddeutschlands, tritt an die Stelle der Einbauten der aus mehreren Gebäuden, die sich meist um einen Hof ordnen, zu- sammengesetzte Bauernhof, das sog. Fränkische Gehöft. Nach der Bauart und der Anwendung 2

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1913 - Leipzig [u.a.] : Bibliogr. Inst.
18 Geographischer Bilder der Baustoffe erfährt es von Landschaft zu Land- schaft ziemlich weitgehende und sehr bezeichnende Abwandlungen, aus die im einzelnen einzugehen hier nicht der Platz ist. Nur auf einige Haupt- formen soll an Hand unserer Bilder aufmerksam gemacht werden. Besonders freundlich ist das h e f- fische Haus [148 und 149] mit dem dunkel oder farbig gehaltenen Balkenwerk zwischen den weiß ge- tünchten Fächern, mit seinen mannigfachen Unter- arten von den stattlichen Gehöften der fruchtbaren Wetterau [148] bis zu den bescheideneren der füd- westlichen Thüringer Wald-Taldörfer [118] und den noch ärmlicheren der hohenrhön^^S/ Dem hessischen nahe verwandt ist das thüringische Haus [108 und 121], das im Thüringer Becken ähnlich freundlich wie das hessische Haus aussieht, aber iu den armen Glasbläserortschaften des Fran- kenwaldes als niedrige, in ein düsteres Schiefer- kleid gehüllte Hütte [115] erscheint und sich auf der rauhen Hochfläche des Harzes unter grauen Schindeln birgt [127]. Das Laubenhaus Ermlands [62] im preußischen Kolonialgebiet gemahnt an die hessisch-fränkische Herkunft seiner Bewohner. Einen großen Teil des Königreichs Sachsen beherrschen eigenartige, wahrscheinlich slawisch beeinflußte Ständerb auten; unser Bild von Cunewalde [91] zeigt sie nur aus der Ferne. Ganz anders sind die hochgiebeligen, weißgetünch- ten, aber durch ihre bunten Fensterläden doch an- heimelnden Bauernhäuser Schwabens geartet [199 und 202]. Schließlich haben wir noch kurz die nichtdeut- scheu, in Deutschland vertretenen Hausformen zu erwähnen: die altertümlichen Kuren- und Li- tauerhäuser [68 und 71], die immer mehr ver- schwinden, und das Wenden Haus, das sich im Spreewald erhalten hat [44]. Das Mafuren- gehöft auf Bild 73 zeigt keine Besonderheiten. Dagegen ist an dieser Stelle auf die ostfranzö- fifch e Hausbauform hinzuweisen, die in lothringi- schen Grenzdörfern vertreten ist [175], und auf die tschechisch beeinflußte Form des Bauernhauses um Kudowa an der schlesisch-böhmischen Grenze [80]. Geographisch wichtiger noch als die Bauart des einzelnen Hofes ist die Form und Lage der Siedelungen. Während die äußere Gestalt des Hauses, das vor den Witterungsunbilden schützen soll, naturgemäß vor allem die klimatischen Unter- schiede zwischen den einzelnen deutschen Landes- teilen widerspiegelt, spielen bei der Verteilung der Wohnstätten über die Landschaft als Einzelhöfe, Weiler, Dörfer und Flecken der bei den einzelnen Stämmen verschieden stark ausgeprägte Gesellig- keitstrieb, die historische Entwicklung und die Bodengestaltung, daneben auch die Unterschiede in den Wirtschaftsformen die ausschlaggebende Rolle. Niedersachsen, Friesen und Bayern neigen zu der ganz auf sich selbst gestellteneinzelsiedelung,Fran- ken und Thüringer anderseits sowie auch die Sla- wen lieben den gefelligen Zusammenschluß. Im ostdeutschen Kolonialgebiet, wie überhaupt in allen tlas von Deutschland. nicht nach freiem Volkswillen, sondern unter dy- nastischer oder kirchlicher Leitung im Laufe des Mittelalters planmäßig besiedelten Landesteilen finden wir andere, regelmäßigere Siedelungsfor- men als in den Gebieten, die von freien deutschen Stammesgenossen während der Völkerwanderung besetzt worden sind. Auf offener Fläche konnten sich die Siedelungsformen viel freier und ungehemmter entfalten als im engen Gebirgstal. Die Viehzucht erfordert andere Anordnung der Wohnstätten als der reine Ackerbau. Schon aus diesen wenigen Grundlinien der Siedelungsgestaltung geht her- vor, welche Mannigfaltigkeit auch in dieser Be- ziehung in Deutschland vorhanden sein muß. Da der stolze Niedersachse, der ernste Friese und der kräftige Bayer gern für sich allein Hausen und diese Stämme außerdem großenteils Land- fchaften bewohnen, deren feuchtes oder rauhes Klima der Viehzucht förderlicher ist als dem Acker- bau, fo finden wir Einzelhöfe vor allem in den Siedelungsgebieten der genannten Stämme: in Westfalen[139], Niedersachsen/29/nndfriesland [6], in den Alpentälern [248], im Alpenvorlande [237unb 243]und im Böhmerwalde/Lss/. Aber wir begegnen ihnen auch in den hochgelegenen Teilen anderer Mittelgebirge, die nicht von An- gehörigen der genannten Stämme bewohnt wer- den, die aber gleichfalls vorwiegend der Viehzucht dienen: imschwarzwald/267und295/, im Sauer- lande, imriesengebirge/Äz und86], in derhaupt- fache also in denselben Landschaften, die wir schon als diesitze der „Einbauten" kennen gelernt haben. Auch anderswo finden wir die Gebirgswohnplätze wenigstens zu „Streusiedelungen" weit ausein- andergezogen [111]. In diesem Zusammenhange sind auch die einzigen Sennwirtschaften des deut- schen Mittelgebirgslandes, die Molkereien der Hoch- vogesen [185], nicht zu vergessen, die wenigstens einen kleinen Teil der Bevölkerung für die Som- mermonate in Einzelsiedelungen führen. Neben den erwähnten Streusiedelungen bilden den Übergang von den Einzelhöfen zu den Dörfern die Weiler, die in vielen Teilen des baye- rischen Stammesgebietes an Stelle der „Einöd- Höfe" getreten und wohl aus solchen hervorgegan- gen sind, aber auch in anderen Landesteilen vor- kommen. Sie sind vor allem der flachen, un- ruhigen Urgebirgslandschaft angemessen, wie wir sie im Bayerischen Walde und im südöstlichen Frankenwalde kennen gelernt haben, mit ihrem fortwährenden Wechsel von Kuppen und Tälchen, Wald, Wiese und Feld. Auch die älteste deutsche Dorfform, das Haufendorf, ist vielleicht aus der Vereinigung mehrerer Einzelhöfe hervorgegangen. Mit der un- regelmäßigennebeneinanderstellung der einzelnen Höfe und den gewundenen Straßen ist es das Ab- bild einer nicht nach vorbedachtem Plane erfolg- ten, sondern allmählichen, freien Entwicklung. Wir finden solche Dörfer vor allem in den altdeutschen Gebieten, also westlich der Saale und Elbe. Die

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149. Schtdälmerinnen auf dem flbendmahlsgang. Phot von R.weber in Berlin-Cichterfeide. Hessen ist dasjenige unter den deutschen Stammesgebieten, in dem sich die alten bäuerlichen Volks- trachten noch am besten erhalten haben. Besonders die Bewohner des Schwalmgebietes an der Nord- seite des Vogelsberges sind der alten Tracht bis heute treu geblieben. Die Häuser in der Schwalm haben das gleiche dunkelbemalte Balkenwerk zwischen weißgetünchten Fachwerkseldern wie in der Wetteran, doch sind die Dorfbilder hier wegen des vielen Grüns noch freundlicher als dort. 130. Frankfurt und der Main. Phot. von C. flbt in frankfurt a. m. Da, wo die letzten Ausläufer des Vogelsberges mit denen des Taunus am Main und am Rande der weiten oberrheinischen Tiefebene zusammentreffen, hat sich seit alters ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt befunden, und so erwuchs hier die große Handelsstadt Frankfurt a. M. Unser Bild zeigt außer dem von mehreren Brücken sehr verschiedenen Alters überspannten Alainstrom rechts die Vorstadt Sachsen- Hausen und links die steilen Dächer der erinnerungsreichen Frankfurter Altstadt mit dem Dom, der alten Kaiserkrönungskirche.
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