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1. Lesebuch für weibliche Fortbildungs- und Feiertagsschulen - S. 220

1891 - München : Oldenbourg
220 3. Unsere Muttersprache. 4. Deutschlands Naturschönheit. höchst wahrscheinlich seine entschiedene geistige Überlegenheit. Europa ist der gebildetste Weltteil. Von Asien ging die Menschheit, ging die Bildung aus; allein seit Jahrtausenden ist sie toter Gewohnheit, wilder Barbarei und zügelloser Nachahmerei gewichen. Europa ist seit mehr als 2000 Jahren der Mittelpunkt aller Kenntnisse, aller Wissenschaften, aller Künste, alles Handels und Gewerbes, aller milden und edlen Sitte; und nur erst seit einem Jahrhunderte beginnt in Nordamerika, namentlich durch europäische Abkömmlinge, die edlere Bildung. Nach L. Thomas. -h 3. Unsere Muttersprache. Muttersprache, Mutterlaut! Wie so wonnesam, so traut! Erstes Wort, das mir erschallet, Süßes, erstes Liebeswort, Erster Ton, den ich gelallet, Klingest ewig in mir fort. Sprache, schön und wunderbar, Ach, wie klingest du so klar! Will noch tiefer mich vertiefen In den Reichtum in die Pracht: Ist mir's doch, als ob mich riefen Väter rms des Grabes Nacht. Ach, wie trüb ist meinem Sinn, Wenn ich in der Fremde bin, Wenn ich fremde Zungen üben, Fremde Worte brauchen muß, Die ich nimmermehr kann lieben, Die nicht klingen wie ein Gruß! Klinge, klinge fort und fort, Heldensprache, Liebeswort! Steig' empor aus tiefen Grüften, Längst verscholl'nes altes Lied! Leb' aufs neu' in heil'gen Schriften, Daß dir jedes Herz erglüht! Überall weht Gottes Hauch; Heilig ist wohl mancher Brauch; Aber, soll ich beten, danken, Geb' ich meine Liebe kund, Meine seligsten Gedanken: Sprech' ich wie der Mutter Mund. Max von Schenkendorf. 4. Deutschlands Waturschönheit. Vor alters gewährte Deutschland, wie die Römer erzählen, den Anblick ungeheurer Waldgebiete,kund noch jetzt, nachdem es seit 1000 Jahren sorgfältiger bebaut wird, ist es waldreicher als die drei Südländer Europas, wo der Wanderer nur zu oft über nackte Höhen und baum- lose Landschaften klagt. ' Ein Viertel des deutschen Bodens ist noch mit Wald bewachsen, und diese prachtvollen Laub- und Nadelwälder haben nicht bloß den regen Natnrsinn des deutschen Volkes mächtig gefördert, sondern sie sind auch in vielen Beziehungen eine Quelle des Volkswohl- standes geworden, sowie sie zugleich auf die klimatischen Verhältniße

2. Lesebuch für weibliche Fortbildungs- und Feiertagsschulen - S. 234

1891 - München : Oldenbourg
234 10. Die bayerischen Volksstämme. durch, kernhaft und mutvoll, und seit den frühesten Tagen hat sich der Ruhm bayerischer Tapferkeit auf dem Schkachtfelde bewährt. Magyaren und Türken, Welsche und Franzosen, Schweden und Dänen haben die Wucht des bayerischen Armes kennen gelernt. Was aber noch lichter strahlt als die Tapferkeit gegen äußere Feinde, das ist der treue Bürger- sinn der Bayern, der niemals erschüttert wurde, weder in guten noch in bösen Tagen. Wenn die Stimme seiner Wittelsbacher rief, hat sich noch immer das Volk um sie geschart und für seine Herrscher Gut und Leben eingesetzt; es hat für die Verbannten geblutet und ist für die Geächteten gestorben. „Erhebend ist mir deine Vaterlandsliebe und der Ruhm deiner durch Jahrtausende bewährten Tapferkeit und Treue" — sagt Bayerns edler Geschichtschreiber Westenrieder; „dein Glaube ist eine Säule deiner Sitteu und die Einfalt derselben die Stärke des Vaterlandes. Kein Blatt in der Geschichte ist mit Empörung oder Fürsteumord besteckt von euch, ihr Bayern!" 2. Nahe verwandt dem Altbayern an Charakter und Sitte ist der Schwabe. Bieder und treuherzig wie jener, hat er einen strebsameren,, rührigeren Geist, ist berechnender, unternehmender und hängt schon nicht mehr mit der Zähigkeit am Ererbten, wie sein Nachbar östlich des Lech. Bei der Zersplitterung Schwabens in viele Herrschaften weist dessen Geschichte häufig innere Kümpfe und Reibereien auf; die Anhänger ver- schiedener Religionsbekenntnisse wohnen hier neben und durcheinander, und sie haben durch manche Bitterkeiten gelernt, sich in Friede und Eintracht zu vertragen und einer die Meinung des andern zu achten. Schon frühe, da durch Schwaben der große Handelsweg von Italien nach dem Norden führte, erblühten hier Handel und Gewerbfleiß, und bis zum heutigen Tage haben sie dort eine hervorragende Pflege gefunden. Darum ist es denn auch erklärlich, daß der Schwabe beweglicher, zugänglicher und leutseliger sich zeigt als der Altbayer und Verbesserungen im Ge- werbs- und Landwirtschaftsbetrieb weit zugänglicher ist, denn jener. 3. Schon auffallender unterscheidet sich der Franke und der diesem stammverwandte Rheinpfälzer vom Altbayern. Seit den ältesten Zeiten wird der fränkische Volksstamm als der- jenige genannt, welcher allen übrigen in Deutschland an geistiger Beweg- lichkeit, au Bildungstrieb und Bildungsfähigkeit voran stand, und diese Eigenschaften sind den Trägern des alten Frankenuamens bis auf den heutigen Tag als wertvolles Erbe verblieben. Lebhaft und rasch, heiter und aufgeweckt finden wir den Frauken. Wenn der Altbayer zurück- haltend, verschlossen, schweigsam sich zeigt, so der Frauke entgegen-

3. Lesebuch für weibliche Fortbildungs- und Feiertagsschulen - S. 274

1891 - München : Oldenbourg
274 3. Geschichtliches über die deutschen Frauen. dreißigjährige Krieg brachte, läßt sich aus den Schilderungen jener Zeit entnehmen. Zugleich erlangten die ausländischen Sitten in den höheren Kreisen die Alleinherrschaft und verbreiteten sich allmählich auch in die mittleren und unteren Stände. Die Tracht wurde von der zweiten Hälfte des Jahrhunderts an ganz französisch. Die Männer trugen die Staatsperücke, die Frauen Reifrock, Schleppe und Schnürleib. — Die vornehmen Stände wetteiferten förmlich in ehrvergessener Nachäffung des Fremden. Alles Vaterländische galt für roh und gemein. Unsere edle Sprache mußte der französischen, italienischen oder einem abscheu- lichen Sprachgemenge weichen. Ein Dichter damaliger Zeit sagt: „Frankreich hat es weit gebracht; Frankreich kann es schaffen, Daß so manches Land und Volk Wird zu seinem Affen. Alamode-Kleider, Alamode-Sinnen: Wie sich's wandelt außen, wandelt sich's auch innen." Logau. Und es hatte sich auch Sinn und Geist des deutschen Volkes gewan- delt. Mit der französischen Mode war auch französische Leichtfertigkeit eingerissen. Da die Tracht stets ein Spiegelbild der Sitten einer Zeit ist, so möge hier das getreue Bild einer geputzten Dame des 18. Jahr- hunderts gezeichnet werden. Ihre Füße staken in Schuhen von Atlas oder Sammet, welche mit goldgestickten Schleifen verziert und in der Mitte der Sohle mit einem zollhohen Stelzchen versehen waren, wodurch die Trägerin gezwungen wurde, auf den Fußspitzen zu schweben. Dies erklärt denn auch die steif abgemessenen Tänze jener Zeit; denn in solchen Schuhen konnte man unmöglich walzen oder hüpfen, sondern nur einen vorsichtigen, elegant- langweiligen Menuett schreiten. Noch mehr als der Frauenfuß war der Kops mißhandelt; denn auf diesem baute sich ein riesenhafter, mit Draht- gestell und Roßhaarwulst gestützter, aus verschiedenen Stockwerken be- stehender, gepuderter Haarturm auf, welcher die Länge seiner Trägerin nahezu um eine Elle oder auch darüber erhöhte, indem er noch mit einer Masse von Bändern, Blumen und Federn verziert war. Der aus Fisch- beinstäbchen aneinander gefügte Korsettharnisch zwängte Schultern und Arme zurück und schnürte den Leib wespenhaft zusammen. Über das umfangreiche Drahtgestell des Reifrockes spannte sich das mit allerhand Falbeln gezierte Seidenkleid, und über dieses stoß das mit einer Schleppe versehene, vorn aus einander fallende Obergewand hinab. Die mit Blon- den besetzten Ärmel reichten bis zum Ellbogen, und den Vorderarm deckte der lange parfümierte Handschuh. Hals und Nacken wurden sehr frei

4. Lesebuch für weibliche Fortbildungs- und Feiertagsschulen - S. 113

1891 - München : Oldenbourg
2. Die Familie. 3. Die gute Mutter. 113 2 Pie Jamikie. Die Familie bildet das erste und ursprünglichste Baud jeder sitt- lichen Vereinigung der Menschen. In ihr finden wir uns geborgen, sobald wir die Augen zum ersten Male ausschlagen. „Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei." Dieses tiefsinnige Wort der Schrift ist der Grund aller menschlichen und geschichtlichen Entwicklung. Deren erste Stufe bildet das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern. Ist doch selbst der Tierwelt eingepflanzt, daß die Alten für ihre Jungen sorgen; und auch die wildesten Barbaren, die jeder andern Ordnung Hohn sprechen, haben wenigstens dieses Verhältnis mit den gesitteten Nationen gemein. Die letzteren fassen dasselbe freilich in höherem Sinne auf. Hier begnügen sich Vater und Mutter nicht, dem Kinde die not- dürftige Nahrung zu reichen, sondern, wie sie selbst durch das Band der Liebe .dauernd verbunden sind, so ist auch der Zusammenhang zwischen ihnen und ihren Kindern ein unauflöslicher und umfaßt nicht nur die äußere Pflege, sondern sie trachten aufs eifrigste darnach, daß ihre Kinder auch der geistigen und sittlichen Güter, welche die Bildung gewährt, teilhaftig werden. Und was für ein warmes und trauliches Plätzchen das Kind daheim bei den Eltern und Großeltern und neben den Geschwistern hat, und wie hier alle einander zu Gefallen leben, wie sich der Vater in seinem Geschäft und Beruf abmüht für die Erhaltung und Förderung der Seinigen, wie die Mutter für die Wartung der Kinder und Besorgung des Hauswesens vom frühen Morgen bis zum späten Abend thätig ist, und wie erfreulich es ist, draußen in der Fremde auf einmal einen Ver- wandten zu finden — alles dieses und manches andere bedarf keines weiteren Wortes. Alle menschliche Geselligkeit beruht auf dem Bande der Familie, dem deshalb auch die Kirche eine besondere Heiligkeit bei- legt, wie der Staat selbst seine beste Stütze darin findet und darum sich der Familie annimmt durch verschiedene Gesetze und durch seine Für- sorge für Witwen und Waisen. Die Bürger sind aus Familien hervorgegangen und die meisten gründen selbst wieder Familien. So bilden also diese recht eigentlich die Nahrung des Staates, und es ist die Familie nicht nur für unser Privatleben und für unsere Herzensbedürfnisse eine heilige Einrichtung, sondern sie ist eine Grundbedingung auch für das gesellschaftliche Leben der Menschen überhaupt. Nach Deimling. 3. Die gute Mutter. Im Jahre 1796, als die französische Armee nach dem Rück- züge aus Deutschland jenseits hinab am Rheine lag, sehnte sich Lesebuch für weibliche Fortbildungsschulen. 8

5. Lesebuch für weibliche Fortbildungs- und Feiertagsschulen - S. 233

1891 - München : Oldenbourg
10. Die bayerischen Volksstämme. 233 Standpunkte des Kleingelverbs an vielen Orten und in mannigfachen Pro- dukten zur Fabrikindustrie erhoben. Die Städte Nürnberg, Regensburg und Augsburg, in früheren Tagen schon durch Handel und Gewerb- fleiß weltberühmt, haben ihren ehrenvollen Ruf nicht nur zu erhalten, sondern selbst zu steigern gewußt. Ihnen eisern jüngere Fabrikstädte rühmlich nach, so Kempten, Kaufbeuren, München, Hof, Fürth, Schwein- furt, Kaiserslautern, St. Ingbert, Frankenthal u. a. m. Nach allen Richtungen durchziehen die Eisenstraßen und Telegraphenlinien das Land, alle namhaften Städte mit einander verbindend, und fortwährend wird rüstig gearbeitet, das Eisenbahnnetz zu vervollständigen. Wenn wir all das überblicken, dann dürfen wir gewiß sagen: Bayern ist ein glückliches Land, glücklich durch seine zu- gleich schöne und gesegnete Natur, glücklich auch durch die Thätigkeit und den Wohlstand seiner Bewohner. Nach Riehl. Bavaria u. a. m. 10. Iie bayerischen Wokksstämine. 1. Die Altbayern sind ein lange nicht genug gewürdigter, ja oft verkannter und unbillig beurteilter Volksstamm. Es ist wahr, in seinem äußeren Auftreten macht der Altbayer, namentlich dem seinen Nord- deutschen gegenüber, eben nicht den günstigsten Eindruck. Von Haus aus unzugänglich und zurückhaltend und schwer ins Gespräch zu bringen, ist er kein Freund von schönen Worten und Komplimenten, im Gegenteil derb und im Bewußtsein seiner inneren Kraft stolz und kurz angebunden. Aber man thut ihm doch Unrecht, wenn man ihn deshalb als grob und roh in Verruf bringen will. Unter der rauhen Schale birgt sich ein gesunder, kräftiger Kern echt deutschen Wesens. Das Kurzangebunden- sein des Bayern ist die Folge einer gewissen Geradheit, die ihn veran- laßt, zu sprechen wie er denkt, wenn er doch einmal den Mund öffnet, und zu schweigen, wo er es nicht der Mühe wert hält, zu sprechen. Ehrlich und offen, jeder Hinterlist und Verstellung fremd, setzt er auch bei anderen Biederkeit voraus, und sein Wort und Handschlag bindet ihn so fest als ein Eid. Weicher, als man bei seinem derben Äußern ver- muten sollte, thut er um gute Worte alles: Falschheit verabscheut er, und Hohn oder Spott können ihn zu heftigem Zorne reizen. Welch ein heiterer, lebensfroher Mensch ist der-Gebirgsbewohner! Wie malerisch sind seine Häuser gebaut, und welche Reinlichkeit waltet in denselben! Und die sinnigen, kernigen Inschriften daran: sie erschließen uns des Volkes innerstes frommes und verständiges Wesen. Mit Stolz auch darf der Bayer auf seine Vergangenheit hinweisen. Sein Volksstamm ist einer der ältesten Germaniens, deutsch durch und

6. Lesebuch für weibliche Fortbildungs- und Feiertagsschulen - S. 235

1891 - München : Oldenbourg
10. Die bayerischen Volksstämme. 235 kommend, zutraulich, gesprächig. Des letzteren Benehmen ist schon im Äußern sein und gewandt; er ist mehr gewürfelt und abgeschlissen als der naturwüchsige Bewohner der bayerischen Hochebene. Dabei aber hat er keineswegs den guten Kern echt deutschen Wesens eingebüßt. Frei und frank, „von der Leber weg", spricht der Bewohner des Mainlandes; Hinterlist und Falschheit verabscheut auch er. Die Gastfreundschaft, welche man an den alten Deutschen so sehr gerühmt, ist ein hervor- ragender Charakterzug des Franken; der Fremde darf dessen gewiß sein, daß er da herzlich willkommen geheißen und freundlich ausgenommen wird. Der rege Bildungsdrang des Franken wird unterstützt durch eiue große Leichtigkeit der Auffassung und eine gewisse Fähigkeit, Fremdes sich anzueignen. Von jeher sind die zwei Hauptstädte des Frankenlandes, Nürnberg und Würzburg, der Sitz edler Künste und Wissenschaften gewesen, und den größeren Städten suchten die kleineren und selbst das Land nachzueifern. Als Schattenseite des fränkischen Charakters hat man schon öfter Unbeständigkeit bezeichnet und in gewissem Sinne eben nicht mit Unrecht. Gegenüber dem heimatseligen Festhalten des Altbayern an der väterlichen Scholle, wie überhaupt am Hergebrachten, bekundet sich die Beweglich- keit des fränkischen Wesens in der Wanderlust des Mainländers und in der Leichtigkeit, mit welcher dieser seinen Wohnplatz wechselt. Wenn er sein Glück oder sein Fortkommen an einem Orte und in der einen Weise nicht findet, so sucht er es eben an einem andern Orte und in einer andern Weise, und der alte Volksspruch „Den Franken und bös Geld Führt der Teufel durch alle Welt" — trifft in dieser Hinsicht schon das Richtige. 4. Beim Rhein Pfälzer zeigen sich die Charaktereigentümlichkeiten des Franken, Heiterkeit und Beweglichkeit des Geistes, in noch höherem Grade, und derselbe erinnert schon vielfach an das leichte französische Blut. Ist der Franke gesprächig, so der Pfälzer redselig, linb Schlag- fertigkeit im Entgegnen wird von jedem gefordert, der nicht als ein schwacher Kopf angesehen werden soll. Allein das laute, lärmige Wesen des Pfälzers ist durchaus nicht so gefährlich, als es dem Fremden scheint. „Ein Wort ist kein Pfeil", sagt man dort mit Recht, und wenn nur erst der erregte Pfälzer seinem Herzen Luft gemacht hat, dann ist er wieder der beste Mensch von der Welt. Er trägt nichts nach, und mit einem flüchtigen Scherz schneidet er einen Wortwechsel ab, ehe dieser bedenklich werden könnte. Die Wanderlust ist in der Pfalz noch mehr zuhause als in Franken, und aus diesem Kreise allein sind vielleicht mehr

7. Lesebuch für weibliche Fortbildungs- und Feiertagsschulen - S. 111

1906 - München : Oldenbourg
67. Die Familie. — 68. Die gute Mutter. 111 67. Die Aamilie. Die Familie bildet das erste und ursprünglichste Band jeder sitt- lichen Vereinigung der Menschen. In ihr finden wir uns geborgen, sobald wir die Augen zum ersten Male aufschlagen. „Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei." Dieses tiefsinnige Wort der Schrift ist der Grund aller menschlichen und geschichtlichen Entwicklung. Deren erste Stufe bildet das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern. Ist doch selbst der Tierwelt eingepflanzt, daß die Alten für ihre Jungen sorgen; und auch die wildesten Barbaren, die jeder andern Ordnung Hohn sprechen, haben wenigstens dieses Verhältnis mit den gesitteten Nationen gemein. Die letzteren fassen dasselbe freilich in höherem Sinne auf. Hier begnügen sich Vater und Mutter nicht dem Kinde die not- dürftige Nahrung zu reichen, sondern, wie sie selbst durch das Band der Liebe dauernd verbunden sind, so ist auch der Zusammenhang zwischen ihnen und ihren Kindern ein unauflöslicher und umfaßt nicht nur die äußere Pflege, sondern sie trachten aufs eifrigste danach, daß ihre Kinder auch der geistigen und sittlichen Güter, welche die Bildung gewährt, teilhaftig werden. Und was für ein warmes und trauliches Plätzchen das Kind daheim bei den Eltern und Großeltern und neben den Geschwistern hat, und wie hier alle einander zu Gefallen leben, wie sich der Vater in feinem Geschäft und Beruf abmüht für die Erhaltung und Förderung der Seinigen, wie die Mutter für die Wartung der Kinder und Besorgung des Hauswesens vom frühen Morgen bis zum späten Abend tätig ist, und wie erfreulich es ist draußen in der Fremde auf einmal einen Ver- wandten zu finden — alles dieses und manches andere bedarf keines weiteren Wortes. Alle menschliche Geselligkeit beruht auf dem Bande der Familie, dem deshalb auch die Kirche eine besondere Heiligkeit bei- legt, wie der Staat selbst seine beste Stütze darin findet und darum sich der Familie annimmt durch verschiedene Gesetze und durch seine Für- soge für Witwen und Waisen. Die Bürger sind aus Familien hervorgegangen und die meisten gründen selbst wieder Familien. So bilden also diese recht eigentlich die Nahrung des Staates und es ist die Familie nicht nur für unser Privatleben und für unsere Herzensbedürfnisse eine heilige Einrichtung, sondern sie ist eine Grundbedingung auch für das gesellschaftliche Leben der Menschen überhaupt. Nach Deinümg. 68. Die gute Mutter. Im Jahre 1796, als die französische Armee nach dem Rück- züge aus Deutschland jenseits hinab am Rheine lag, sehnte sich eine Mutter in der Schweiz nach ihrem Sohne, der bei der Armee

8. Lesebuch für weibliche Fortbildungs- und Feiertagsschulen - S. 229

1906 - München : Oldenbourg
149. Die bayerischen Volksstämme. 229 sinn der Bayern, der niemals erschüttert wurde, weder in guten noch in bösen Tagen. Wenn die Stimme seiner Wittelsbacher rief, hat sich noch immer das Volk um sie geschart und für seine Herrscher Gut und Leben eingesetzt; es hat für die Verbannten geblutet und ist für die Geächteten gestorben. „Erhebend ist mir deine Vaterlandsliebe und der Ruhm deiner durch Jahrtausende bewährten Tapferkeit und Treue" — sagt Bayerns edler Geschichtschreiber Westenrieder; „dein Glaube ist eine Säule deiner Sitten und die Einfalt derselben die Stärke des Vaterlandes. Kein Blatt in der Geschichte ist mit Empörung oder Fürstenmord befleckt von euch, ihr Bayern!" 2. Nahe verwandt dem Altbayern an Charakter und Sitte ist der Schwabe. Bieder und treuherzig wie jener, hat er einen strebsameren, rührigeren Geist, ist berechnender, unternehmender und hängt schon nicht mehr mit der Zähigkeit am Ererbten, wie sein Nachbar östlich des Lech. Bei der Zersplitterung Schwabens in viele Herrschaften weist dessen Geschichte häufig innere Kämpfe und Reibereien auf; die Anhänger ver- schiedener Religionsbekenntnisse wohnen hier neben- und durcheinander und sie haben durch manche Bitterkeiten gelernt, sich in Friede und Eintracht zu vertragen und einer die Meinung des andern zu achten. Schon frühe, da durch Schwaben der große Handelsweg von Italien nach dem Norden führte, erblühten hier Handel und Gewerbfleiß und bis zum heutigen Tage haben sie dort eine hervorragende Pflege gefunden. Darum ist es denn auch erklärlich, daß der Schwabe beweglicher, zugänglicher und leutseliger sich zeigt als der Altbayer und Verbesserungen im Ge- werbs- und Landwirtschaftsbetrieb weit zugänglicher ist denn jener. 3. Schon auffallender unterscheiden sich der Franke und der diesem stammverwandte Rheinpfälzer vom Altbayern. Seit den ältesten Zeiten wird der fränkische Volksstamm als der- jenige genannt, welcher allen übrigen in Deutschland an geistiger Beweg- lichkeit, an Bildungstrieb und Bildungsfähigkeit voran stand und diese Eigenschaften sind den Trägern des alten Frankennamens bis auf den heutigen Tag als wertvolles Erbe verblieben. Lebhaft und rasch, heiter und aufgeweckt finden wir den Franken. Wenn der Altbayer zurück- haltend, verschlossen, schweigsam sich zeigt, so der Franke entgegen- kommend, zutraulich, gesprächig. Des letzteren Benehmen ist schon im Äußern fein und gewandt; er ist mehr gewürfelt und abgeschliffen als der naturwüchsige Bewohner der bayerischen Hochebene. Dabei aber hat er keineswegs den guten Kern echt deutschen Wesens eingebüßt. Frei und frank, „von der Leber weg", spricht der Bewohner des Mainlandes;

9. Lesebuch für weibliche Fortbildungs- und Feiertagsschulen - S. 230

1906 - München : Oldenbourg
¿30 149. Die bayerischen Volksstämme. Hinterlist und Falschheit verabscheut auch er. Die Gastfreundschaft, welche man an den alten Deutschen so sehr gerühmt, ist ein hervor- ragender Charakterzug des Franken; der Fremde darf dessen gelviß sein, daß er da herzlich willkommen geheißen und freundlich aufgenommen wird. Der rege Bildungsdrang des Franken wird unterstützt durch eine große Leichtigkeit der Auffassung und eine gewisse Fähigkeit, Fremdes sich anzueignen. Von jeher sind die zwei Hauptstädte des Frankenlandes, Nürnberg und Wlirzburg, der Sitz edler Künste und Wissenschaften gewesen und den größeren Städten suchten die kleineren und selbst das Land nachzueifern. Als Schattenseite des fränkischen Charakters hat man schon öfter Unbeständigkeit bezeichnet und in gewissem Sinne eben nicht mit Unrecht. Gegenliber dem heimatseligen Festhalten des Altbayern an der väterlichen Scholle, wie überhaupt am Hergebrachten, bekundet sich die Beweglichkeit des fränkischen Wesens in der Wanderlust des Mainländers und in der Leichtigkeit, mit welcher dieser seinen Wohnplatz wechselt. Wenn er sein Glück oder sein Fortkommen an einem Orte und in der einen Weise nicht findet, so sucht er es eben an einem andern Orte und in einer andern Weise und der alte Volksspruch „Den Franken und bös Geld Führt der Teufel durch alle Welt" — trifft in dieser Hinsicht schon das Nichtige. 4. Beim Rheinpfälzer zeigen sich die Charaktereigentümlichkeiten des Franken, Heiterkeit und Beweglichkeit des Geistes, in noch höherem Grade und derselbe erinnert schon vielfach an das leichte französische Blut. Ist der Franke gesprächig, so der Pfälzer redselig und Schlagfertigkeit im Entgegnen wird von jedem gefordert, der nicht als ein schwacher Kopf angesehen werden soll. Allein das laute, lärmige Wesen des Pfälzers ist durchaus nicht so gefährlich, als es dem Fremden scheint. „Ein Wort ist kein Pfeil", sagt man dort mit Recht, und wenn nur erst der erregte Pfälzer seinem Herzen Luft gemacht hat, dann ist er wieder der beste Mensch von der Welt. Er trügt nichts nach und mit einem flüchtigen Scherz schneidet er einen Wortwechsel ab, ehe dieser bedenklich werden könnte. Die Wanderlust ist in der Pfalz noch mehr zu Hause als in Franken und aus diesem Kreise allein sind vielleicht mehr Auswanderer über den Ozean gezogen als aus allen übrigen Bayerns zusammen. Das Selbstgefühl des Pfälzers und sein Streben nach Unabhängigkeit und Selbständigkeit sind ebenfalls mächtiger noch als beim Franken. Unter- würfigkeit gegen Höhergestellte ist dem Pfälzer fremd und mit Titeln und Komplimenten geizt er außerordentlich. „Selbst ist der Mann!"

10. Lesebuch für weibliche Fortbildungs- und Feiertagsschulen - S. 268

1906 - München : Oldenbourg
268 167. Geschichtliches über die deutschen Frauen. In diesem Jahrhundert bildeten sich auch die mannigfachen Volks- trachten, veranlaßt durch die Zerstückelung Deutschlands, da jedes Lünd- chen sich gegen seine Nachbarn abschloß. * Die Geschichte der deutschen Frauenwelt verzeichnet eine grauenvolle Erscheinung, die Hexenprozesse, denen in den Jahren 1500 bis 1650 wohl mehr als 100000 Frauen und Mädchen zum Opfer sielen. Man wähnte, daß diese „Hexen" mit Hilfe des Satans, dem sie ihre Seele verschrieben, außerordentliche Werke vollbringen, anderen Schaden aller Art zufügen könnten. Die Mehrzahl der Frauen, welche als Hexen ver- brannt worden, mögen wirklich Verbrechen begangen haben. Dennoch bleibt es unzweifelhaft, daß viele ganz Unschuldige Opfer des furchtbaren Aberglaubens oder der persönlichen Nachsucht und Geldgier wurden. Sogar unmündige Kinder wurden nicht verschont. Ein kleiner Leberfleck, ein Muttermal, hohes Alter, entzündete Augen, eine Absonderlichkeit in der Lebensweise — all dies reichte hin, um eine Frau zur Hexe zu stempeln und die Unglückliche war zum Scheiterhaufen reif, sobald ein einfältiger oder böswilliger Nachbar von ihr behauptete, daß sie seine Saaten, sein Vieh, seine Kinder behext habe. Durch namenlose Folter- qualen suchte man der vermeintlichen „Unholdin" das Geständnis zu erpressen, daß sie schuldig sei. Man glaubte für Gottes Reich zu arbeiten, wenn man die Hexen „mit Stumpf und Stiel ausrottete". So wubden noch im Jahre 1678 zu Salzburg 97 Personen als Hexen verbrannt. Selbst im 18. Jahrhundert kamen noch einzelne Hexenprozesse vor. So wurde im Jahre 1749 zu Würzburg eine 70jährige Nonne vom Gerichte der Zauberei schuldig erklärt und enthauptet. Das letzte Todesurteil wegen Hexerei wurde im Jahre 1782 zu Glarus in der Schweiz über ein Mädchen gefällt, welches angeklagt war, dem Kinde ihres Dienstherrn Nägel, Stecknadeln und Steine in den Magen gezaubert zu haben. * Das 17. Jahrhundert war für Deutschland ein höchst unglück- liches. Fremde Krieger zerstampften unsern Boden und fremde Moden verdarben die deutschen Sitten. Welch entsetzliche Verwilderung der Dreißigjährige Krieg brachte, läßt sich aus den Schilderungen jener Zeit entnehmen. Zugleich erlangten die ausländischen Sitten in den höheren Kreisen die Alleinherrschaft und verbreiteten sich allmählich auch in die mittleren und unteren Stände. Die Tracht wurde von der zweiten Hälfte des Jahrhunderts an ganz französisch. Die Männer trugen die Staatsperücke, die Frauen Reifrock, Schleppe und Schnürleib. — Die vornehmen Stände wetteiferten förmlich in ehrvergessener Nachäffung
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