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1. Heimatkundliches Lesebuch - S. 125

1912 - Danzig : Kasemann
125 geschichte vertieft und erweitert wird. Man muß sich klar darüber werden, daß der gegenwärtige Anblick von Berg, Tal und Wald, Erde und Wasser, von der Gruppierung und Mannigfaltigkeit der Pflanzenwelt, von dem bunten Tierleben auf den Feldern, in den Gewässern und in den Verstecken des Waldes nur ein Momentbild ist, daß vieles vor hundert Jahren ganz anders war und nach abermals hundert Jahren vielleicht noch stärker vom gegenwärtigen Zustand abweichen wird. Freilich können wir in das Dunkel

2. Heimatkundliches Lesebuch - S. 200

1912 - Danzig : Kasemann
200 den Laien überraschen. Auch in unserer Provinz ist diese Pflanze vielerorts vorhanden. Wahre Sammelplätze für die eindringenden Fremdlinge sind die Güter- bahnhöfe, die mit einigem Recht als die Herbergen jener blinden Passagiere gelten können. Hier begegnen uns Asiaten und Afrikaner, Kinder der un- garischen Pußta und der südrussischen Steppe, fremdartige Gestalten aus dem subtropischen Südamerika oder den Vereinigten Staaten, Landsleute vom rebenbekränzten Rhein und Boten aus den sonnenheißen Mittelmeer- ländern. Während des Sommers merkt man es dieser bunt zusammen- gewürfelten Gesellschaft nicht an, daß die Wiege mancher ihrer Glieder von der Glutsonne südlicher Breiten beschienen wurde. Wenn aber der Herbst mit seinen Frosten naht, dann beginnt der große Tag der Sichtung, den nur jene Arten überstehen, die Gebieten entstammen, deren klimatische Ver- hältnisse sich den unsern in ein oder der andern Beziehung nähern. — Die umfangreichste und mannigfaltigste Kolonie neuer Einwanderer lernen wir auf den Bahnhöfen des Danziger Gebiets kennen. Hier besitzt Süd- und Südosteuropa die reichste Vertretung. Daneben treten auch zahlreiche in andern Gebieten heimische Arten auf. Die Invasion der Pflanzensamen vermitteln in den meisten Fällen die Fracht-, sehr selten Personenzüge. Diese sich aus dem modernen Verkehr ergebenden Verhältnisse erinnern uns an die frühern Sammelplätze der advenen Flora, an die Ballastplätze. Hier wurde von den einkehrenden Schissen der oft aus weiter Ferne her- gebrachte Erdballast ausgeladen. Naturgemäß kamen auf den betreffenden Geländen Pflanzen verschiedener Breiten zur Entwicklung. Besonders waren in dieser Beziehung die Ballastplätze der alten Hansastadt Danzig berühmt, auf denen die Flora der Mittelmeerländer reichlich vertreten war. Aber es sind Bilder aus verflossenen Zeiten Schon seit einigen Jahrzehnten existieren die Ballastplätze nicht mehr, und auf den großen Frachtdampfern macht man es sich dadurch bequem, daß man statt des oft lästigen Erdballastes Wasser einnimmt. Ihre fremdartige Flora besitzen auch die Schutthaufen. Die Samen ihrer Glieder gelangen meist durch Haus- und Straßenschutt an die neuen Plätze. Ihrer Herkunft entsprechend bilden Küchen- und Gemüsekräuter das Hauptgros: Dill, Fenchel, Pfefferkraut u. a. thronen auf den Schntthügeln in lieblichem Nebeneinander. Nicht selten gelangen auch vegetative Teile des Rettichs, der Petersilie u. a. an diese Lokalität und entwickeln sich dann auf der nährstoffreichen Unterlage zu Riesen ihrer Art. Auch der Obstfreund kommt zu seinem Recht. Oft zeigen sich Keim- linge von Erd- und Himbeeren, Pflaumen und Kirschen, Äpfeln und Birnen, Weinreben, Datteln und Apfelsinen. Auch der Blumengarten ist vertreten: Reseda und Rittersporn, Chrysanthemum und Astern, die fortgeworfenen Blumensträußen entstammen, bringen ein wenig Poesie in ihre Umgebung. Aus dem Vogelkäfig haben ihren Weg hierher gefunden: Kanarienhirse, echte Hirse, Hanf, Sonnenblumen u. a. Alles in allem: eigenartige Tischgenossen, die an ihren fremden Wohnplätzen den Eindruck einer „Gesellschaft der Aus- gestoßenen" Hervorrufen. Schon kurz wurde auf jene Fälle verwiesen, in denen Kulturpflanzen in die natürlichen Pflanzenvereine eindringen. Da fei zunächst einer Nord- amerikanerin, der ausdauernden Lupine, gedacht, die man seit einigen Jahr-

3. Heimatkundliches Lesebuch - S. 204

1912 - Danzig : Kasemann
204 Die Tierwelt in einzelnen Gemeinschaften dargestellt. 1. Moore und Brücher. Seltsamer Balzlaut ertönt durch die kalten Nebelschleier des Frühjahrs- morgens, aus nebelnder Ferne tönt Antwort, und bald sind die Kämpen an- einander: des Birkhahns Liebesspiel beginnt. Die Hähne suchen sich zu über- bieten in der Entfaltung des Gefieders, in kapriolischen Sprüngen, und die Henne schaut seitwärts geduckt diesem Schauspiel zu, das jedes beobachtenden Naturfreundes Herz stets so sehr erfreut. Ringsumher ein leises Weben und Wirken mancherlei Getiers, von nahen Torfblänken herüber schallt das Geschnatter der Enten, die dort auf dem Zuge nach Norden einmal für ein paar Tage Halt gemacht haben. Auch sind wohl schon einige Pärchen der Märzente, der Schnatter- und Knäkente darunter, die auf diesen Torfblänken und unseren Landseen ihren Brutplatz haben. Schon erhebt sich zu taumeln- dem, spielerischem Fluge der Kiebitz, der Wächter dieser Tiergemeinschaft, der mit lautem Warnrufe den Wanderer begrüßt, der ins Revier eindringen will. Wieviel eigenartiges findet aber der Kundige hier namentlich unter den niederen Tieren, die für unsere Moore die weitaus interessantesten sind. Sind doch gerade hierunter eine ganze Reihe hochnordischer Arten, die wir als Zeugen der Eiszeit anzusprechen wohl berechtigt sind. Meist unschein- bares, genügsames Volk, aber auch der prächtige gelbe Tagfalter, Oolias palaeno Esp., und ein Perlmntterfalter, Argynnis arsilache pales, ist dar- unter; da schwirren in der ärgsten Mittagshitze die kleinen Nachtfalter aus dem Eulengeschlecht: Ulnsia miero^amma Hb. und Anarta cordigera Thunb. um die Blüten der Erika und des Vaccinium, aus dem Fliegengeschlechte gesellt sich die prächtige Sericomyia lappona L. und die eigenartige Uogonota hircus Zett. hinzu, im Herbste auch Elgiva lineata Fall., von den wanzen- artigen Insekten ist Lerentbia tropidoptera Flor., die in ganz Deutschland bisher nur auf dem Zwergbirkenmoor im Kreise Kulm gefunden ist, von den Schnaken Idioptera pulebella Mg. mit stummelflügligem Weibchen zu nennen. Fügen wir noch die abends erst fliegende Oelaeoa haworthi Curt., ebenfalls ein Nachtfalterchen, hinzu, so haben wir die ältesten, vermutlich sämtlich eis- zeitlichen Moorbewohner genannt. Dabei sind diese Tiere aber durchaus nicht alle an größere Hochmoorflächen gebunden, vielmehr findet man sie gelegentlich selbst auf ganz kleinen Torsgebieten, wenn diesen nur der alte, eiszeitliche Charakter in ihren Grundwasser- und klimatischen Verhältnissen geblieben ist. Die Fauna solcher Stellen ist an Arten arm, aber dafür be- sonders interessant. Reicher wird die Tierwelt auch dieser Geländeform, wo durch Unter- brechung der Eintönigkeit infolge wechselnder Grundwasserverhältnisse auch die Pflanzenwelt mannigfacher ist, sei es, daß das Land mehr das Gepräge einer Wiese annimmt, sei es, daß reichlicherer Baumwuchs sich findet. 2 2. Moorige und torfige Wiesen. Wiederum ist es hier zunächst die Jnsektenwelt, die unser Auge auf sich zieht. Da irren langbeinige Schnaken, die niemanden stechen können, plumpen Fluges über den Graswuchs, da kriecht im Grase eine Menge winziger Mückchen aus dem Geschlecht der Heerwnrmmücke, Leiara, einher, daneben der

4. Heimatkundliches Lesebuch - S. 216

1912 - Danzig : Kasemann
216 später, andere früher, manche erst, nachdem sie bei uns noch das Kleid der Jugend, das die meisten Wintergäste im ersten Jahre noch tragen, vertauscht haben mit dem Prachtgesieder der Paarungszeit. 7. Wintergäste. Auch drinnen im Lande ist die Bogelwelt eine andere im Winter als im Sommer. Da sind die Zugvögel in gewaltigen Heerscharen nach Süden Die Schneeeule, Nyctea nyctea L. entwichen und andere Gäste nehmen von ihren Wohngebieten Besitz, solange ihre eigenen Brutstätten unter nordischem Winterschnee und Eis begraben liegen. Da kommt der nordische Dompfaffs), größer und farbenprächtiger als der deutsche, der nordische Distelfink^), ein paar andere Finken, mit ihnen der niedliche Seidenschwanz3 4) und die Schneeammerz, ihnen folgen die Räuber des Nordens, der Rauhfußbussard5) und die schöne große i) Pyrrhula pyrrhula maior. 2) Carduelis carduelis maior. 3) Bombycilla garrula £. 4) Emberiza nivalis. 5) Archibuteo lagopus.

5. Heimatkundliches Lesebuch - S. 217

1912 - Danzig : Kasemann
217 Schneeeule die bildschöne Sperbereule2), die gelegentlich auch wohl in Ostpreußen brütet. Sehr kalte Winter führen auch die Schneelerche zu uns, einen sehr hübschen, kleinen Vogel, der ans der nördlichen Viertelkugel der Erde von Amerika vordringend allmählich bis nach Skandinavien hin sein Brutgebiet ausgedehnt hat. In einzelnen Jahren, dann nämlich, wenn die Zirbelkiefern seiner sibirischen Heimat einen mangelhaften Fruchtertrag gehabt haben, gesellt sich noch der eigenartige Tannenhäher hinzu, und zwar die schmalschnäbelige Unterart2); die dickschnäbeligeh, in Skandinavien und den Ostseeländern bis nach Ostpreußen hinein brütende, kommt häufiger zu uns. Mit diesem Vogel bevölkern den winterlichen Nadelwald gerne die Kreuz- schnäbel, deren eine Art2) auch noch als Seltenheit in unseren größeren Wäldern brütet. Auch der ähnliche Hakengimpel2) ist hier zu nennen. 8. Nadelwald. Der Nadelwald hat aber auch seine ganz charakteristische Sommersauna. Charakteristisch zunächst insofern, als die wirklich ausgedehnten Waldkomplexe bei uns wohl durchweg oder in ganz hervorragendem Anteil aus Nadel- bäumen, in erster Reihe Kiefern, bestehen. Solche Waldkomplexe ersetzen bei uns, auch wo sie die Ebene durchziehen, den Hochwald der Gebirge, und alle die adligen Geschlechter der Tierwelt, die die vornehme Ruhe der Einsamkeit lieben und zu ihrem Wohlbefinden brauchen, sie ziehen sich bei uns in den ausgedehnten Nadelwald zurück. Leider läßt unsere Forstkultur kein Wald- stück mehr recht alt werden und nimmt durch die schließlich im Umtrieb wiederkehrende Beunruhigung des Holzausschlagens und Neuanschonens diesen Geschlechtern immer mehr die zu ihrer Erhaltung notwendige Ruhe. Und gerade unter ihnen sind die Gestalten der Volkspoesie und des Märchens, von denen das deutsche Kind von klein auf immer wieder hört. Da horstet der Steinadler7 8), des Tages größter Raubvogel, und der Uhu2), der größeste der Nacht. Da brütet auf unzugänglicher Astgabel noch der Rabe^), alt- deutschester Sage geweihter Odinsvogel, sie alle aber werden beunruhigt und allmählich immer weiter dizimiert, so daß man ihre geringe Zahl schon leicht übersehen kann. Was besondere Jagdfreude bringt, wird geschont, und so ist der Auerhahn, einer der ältesten Bürger des wieder besiedelten Landes, noch vielfach zu treffen. Im Nadelwald hat der schmucke Pirol10) sein Nest, den die Kinder fröhlich „Junker von Bülow" nennen nach seinem Ruf, und der prächtig kraftvolle Schwarzspechtu). Fleißig meißelt er die kranken und von ihren Jnsektenfeinden befallenen Bäume an, er weiß die zahlreichen Borkenkäserlarven unter der Rinde ebenso hervorzufinden, wie die ticfsitzenden Larven der großen Holzwespen 12). Diese Larven lenken unser ganz besonderes Interesse auf ihre Parasiten, denn vbschon sie tief innen im Holz ihre Gänge fressen, die Schlupfwespen mit den längsten Stacheln^) wissen sie doch zu ermitteln und bohren nun, schier unbegreiflich wie, ihren Legestachel, der eines Roßhaares Dicke nicht übersteigt und 5—6 cm lang wird, direkt durchs Holz dem Opfer in den Leib. Und ihnen schließt sich Ibalia cultcllatoi- an, ein Unikum in ihrer Familie, nach *) Nyctea nyctea. 2) Syrnium uralense. 3) Nucifraga caryocatactes f. leptorhynchus. 4) f. macrorhynclms. 5) Loxia pityopsittacus. 6) Pinicola emicleator. 7) Aquila chrysaetos. 8) Bubo maximus. 9) Corvus corax L. 10) Oriolus galbula L. 14) Picus martius L. 12) Sirex, Paururus usw. 13) Ephialtes, Rliyssa.

6. Heimatkundliches Lesebuch - S. 232

1912 - Danzig : Kasemann
232 Tierart werden wohl überall als Naturdenkmäler betrachtet werden; aber in anderen Fällen sind je nach den Ländern und Landesteilen doch Ver- schiedenheiten in der Auffassung berechtigt. Beispielsweise gehören in Nord- deutschland die Gletscherschrammen auf anstehenden Felsen zu den größten Seltenheiten und sind daher hier ohne weiteres als Naturdenkmäler anzu- sehen; aber an.den Küsten skandinavischer Länder bilden sie stellenweise noch so häufige Erscheinungen, daß sie dort nicht durchweg zu den Denkmälern gerechnet werden würden. Ferner, ein Gewächs wie die krautartige Kornel- kirsche, welche im nordwestlichen Deutschland an einigen Stellen, im östlichen nur an einer Stelle vorkommt, ist hier ein Naturdenkmal; dagegen im nörd- lichen Rußland, in Finland, Schweden usw. bildet sie auf weiten Strecken eine häufige Erscheinung, so daß sie dort nicht zu den Naturdenkmälern ge- hört. Weiter ein Vogel, wie die Beutelmeise, welcher im Weichselgebiet nur wenige Male als Brutvogel beobachtet wurde, ist hier als Naturdenkmal anzusprechen, während ihm in seiner südenropäischen Heimat eine solche Stellung nicht gebührt. Hieraus ergibt sich, daß für die Beurteilung eines Naturkörpers als Naturdenkmal eine Reihe verschiedener Faktoren maßgebend ist, und eine Entscheidung kann immer nur nach Lage der Verhältnisse von Fall zu Fall getroffen werden. Wenn man nun eine Erläuterung des Begriffs in gekürzter Form geben will, wiirde sie etwa lauten: Naturdenkmäler sind charakteristische Gebilde der heimatlichen Natur, vornehmlich solche, die sich noch an ihrer ursprüng- lichen Stätte befinden und von Eingriffen der Kultur völlig oder nahezu unberührt geblieben sind: seien es Teile der Landschaft, Gestaltungen des Erdbodens, Pflanzen- oder Tiergemeinschaften, einzelne Arten und Formen. Nach H. Conwentz. Gefährdung und Erhaltung der Naturdenkmäler. Dünner mehr wird das Antlitz der Natur in unserm Vaterland, wie in anderen Ländern, durch die fortschreitende Kultur verändert. Der Boden, welcher durch das Wirken der Naturkräfte im Laufe der Zeiten hervorgebracht ist, wird von Menschenhand wesentlich umgestaltet und häufig auch ganz zerstört. Die urwüchsigen Bestände der Pflanzen- und Tierwelt werden vernichtet oder ihrer Lebensbedingungen beraubt, und künstliche Züchtungen treten an ihre Stelle. Soll nicht unser Volk der lebendigen Anschauung der Entwickelungsstadien der Natur gänzlich verlustig gehen, so ist es an der Zeit, die übrig gebliebenen hervorragenden Zeugen der Vergangenheit und bemerkenswerten Gebilde der Gegenwart im Gelände aufzusuchen, kennen zu lernen und möglichst zu schützen. Zu den am meisten bedrohten Gebieten gehört der Wald, zumal er seit Menschengedenken in besonderem Maße der Nutzung unterworfen ist. Vor- nehmlich mit Beginn einer planmäßigen Wirtschaft geht der natürliche Wald beständig zurück, und statt seiner erhebt sich die Forst, mit nur wenigen ertragreichen Holzarten, meist in künstlich erzogenen Stämmen. Durch den

7. Heimatkundliches Lesebuch - S. 338

1912 - Danzig : Kasemann
338 man darin Messerchen aus Feuerstein, Pfeilspitzen, Steingerüte und Scherben von Tongefäßen. Die ersten Bewohner Westpreußens hatten also schon feste Wohnsitze und hielten Haustiere. Sie scheinen auch schon ein wenig Acker- bau getrieben zu haben; denn einige gefundene Steingeräte lassen sich nur als Hacken erklären, mit denen man den Boden lockerte. Was von Gräbern aus der Steinzeit er- halten geblieben ist, weist auf eine doppelte Bestattungsart hin: entweder begrub man die Leiche in liegender Stellung, oder man ver- brannte sie und setzte die Asche in Urnen bei. Man gab dem Verstorbenen einige Waffen und Geräte, die er im Leben gebraucht hatte, mit ins Grab. Jedenfalls glaubte man, daß er sie im jenseitigen Leben gebrauchen werde. Es sind nur sehr wenig Gräber aus der Steinzeit entdeckt worden, weil die Stein- kreise, die man über dem Grabe errichtete, Bronzespirale meistens längst zerstört worden sind. aus dickem Wir dürfen nicht annehmen, daß; die Bronzeband. Menschen der Vorzeit in völliger Weltabge- schiedenheit dahinlebten. Es bestand schon damals ein Verkehr mit den Nachbarvölkern, man tauschte Erzeugnisse der Heimat gegen Produkte der Fremde aus. Durch den Zwischenhandel von Volk zu Volk fand manches seinen Weg aus weiter Ferne auch in unser abgelegenes Weichsel-Ostsee-Land. Auf diese Weise lernten unsre Altvordern metallene Geräte und Waffen kennen, die ihren alten Steinsachen überlegen waren. Der Häuptling eines Weichselgaues, der zuerst Gefallen fand an den glänzenden Bronzesachen, die der Händler aus dem Süden mitgebracht hatte, und den ersten ehernen Kelt, das erste goldglünzende Schmuckstück aus Bronze erwarb, ahnte gewiß nicht, daß er damit einer neuen Kultur die Tür öff- nete. Es dauerte frei- lich lange, bis oie Gewandnadel (Brillensibel) aus Bronze, alten Steingeräte durch die eingeführten Bronzesachen verdrängt wurden. Als das leicht formbare, glänzende Metall den starren, unscheinbaren Stein besiegt hatte und die Bronzekultur auf ihrer Höhe stand, war auch in Sitte und Brauch ein Wandel eingetreten. Wir sind verhältnismäßig gut über gewisse Abschnitte der west- preußischen Bronzezeit unterrichtet. Waffen, Geräte und Schmucksachen jener Zeit sind in nicht geringer Anzahl anfge- funden worden. Nicht selten sind ganze Lager von Bronze- schwert. fachen zum Vorschein gekommen, die vielleicht einstmals der

8. Heimatkundliches Lesebuch - S. 348

1912 - Danzig : Kasemann
— 348 — öott Wehr und Waffen den Diener der Göttin sorglos auch unter Feinden. Sie gebrauchen Eisen wenig, aber viel Knütteln. Getreide und die übrigen Feldfrüchte bauen sie mit mehr Ausdauer, als es sonst bei der bekannten Trägheit der Germanen der Fall ist. Sie durchforschen auch das Meer und sammeln, allein von allen, den Bernstein, den sie glaesum nennen, bei den Untiefen und am Gestade. Über seine natürliche Entstehung wissen sie nichts und haben — Barbaren! — natürlich auch nicht weiter darnach geforscht. Lange lag er unter den übrigen Auswürfen des Meeres, bis unser Luxus ihm einen Namen machte. Sie haben keine Verwendung dafür, roh wird er aufgesammelt, unbearbeitet weitergegeben; und verwundert empfangen sie den Preis. Man muß übrigens wissen, daß er aus Baum- saft besteht, denn es finden sich bisweilen Tiere, Kriechtiere und Insekten, darin, die von der schnell erhärtenden Masse festgehalten und eingeschlossen werden. — — Sind die Ästier die Vorfahren der Pruzzen? Sie wichtigste Frage, welche sich uns im Anschluß an den vorstehenden Bericht des Taeitus aufdrängt, ist die: sind die Pruzzen oder Preußen, die uns seit dem letzten Drittel des 10. Jahrhunderts als Bewohner des Bern stein land es genannt werden, die Nachkommen eines der von Taeitus erwähnten Völker der Ästier? Man hat die Meinung ausgesprochen, daß vor den Preußen im Bernsteinlande die Goten gesessen hätten. Wer sich zu dieser Annahme bekennt, wird notgedrungen die Taeiteischen Ästier entweder als Goten ansehen oder voraussetzen müssen, daß sie von diesen wenig später, als Taeitus schrieb, vertrieben worden seien. Im ersten Falle müßte nach dem Abzüge der gotischen Ästier ein anderes Volk in ihre Sitze eingewandert sein und ihren Namen überkommen haben. Im zweiten Falle aber müßten die vertriebenen Ästier während der Völkerwanderung in ihre alte Heimat zurückgekehrt sein oder an ihre Stelle sich ein drittes Volk gedrängt haben, auf das dann der Name übertragen wäre. Denn der Name Ästier, der zweifellos eine Bezeichnung der Germanen für ihre östlichen Nachbarn war, wird zwar im Altertum außer bei Taeitus nicht mehr erwähnt, aber seit dem 6. Jahrhundert für die Bevölkerung des Bernsteinlandes an der Ostsee nach germanischen Quellen noch mehrfach überliefert. So erzählt Jordanes, daß der gotische König Hermanarich (um 350 nach Christus) außer zahlreichen anderen Völkern auch die Ästier an der Küste der Ostsee unterworfen habe. Derselbe Autor berichtet, daß zu seiner Zeit (551) auf den Inseln des Weichseldeltas das Mischvolk der Vidivarier, als Nachfolger des gotischen Stammes der Gepiden, wohnte, und ihre Nachbarn im Osten die Ästier waren. Cassiodor erwähnt eine Gesandtschaft der Ästier, welche dem großen Theodorich ein Bernsteingeschenk überbracht hätte. Einhard tut der Ästier Erwähnung in seinem Leben Karls des Großen, und schließlich hat König Aelfred in die Einleitung seiner angelsächsischen Übersetzung der Weltgeschichte des Paulus Orosius um 890 den Bericht eines Seefahrers Wnlsstan ausgenommen, der selbst im Lande

9. Heimatkundliches Lesebuch - S. 355

1912 - Danzig : Kasemann
355 Polen hinauf nach Norden. Da könnte man glauben, daß die Überlieferung von Schloppe recht hat, wenn sie die dortige Einführung des Christentums ins Jahr 996 verlegt. Ein Häuptling Dzierzykraj wird dabei genannt. Hier hatten wir also eine Missionsstation der ältesten Zeit; int südlich ge- legenen Dentfchkroner Kreis werden wir noch eine finden; ähnlich zu Danzig die dritte, im Norden. Jedenfalls hatten die Fürsten Polens, schon um der Befestigung ihrer Vorherrschaft willen, den allertriftigsten Grund, die zarten Keime des christlichen Glaubens im so gern beanspruchten Land zu pflegen und ihr Gedeihen auf alle Art zu fördern. Darum müssen es weit aus- schauende politische Gründe gewesen sein, welche hinderten, Bischof Adalbert von Prag nicht um Arbeit im nächstgelegenen Pommerellen zu bitten und statt dessen ihn ins ferne Samland ziehen zu lassen. Lange genug weilte Sankt Adalbert mit seinem vor der Wut der Czechen schon vorher dorthin geflüchteten Bruder am herzoglich-polnischen Hof, als daß nicht alles für und wider sorgfältig erwogen worden wäre Vielleicht fühlte man nach guten Anfängen sich des Erfolgs in Pommerellen ohnehin sicher. Ein Bild auf der uralten Tür des Doms zu Gnesen führt uns die Landung Adalberts in Danzig anschaulich vor das Auge. Zu Wasser, die Weichsel hinabfahrend, war er hier angekommen Es war kurz vor Ostern 997, etwa vierzehn Tage währte die Predigt. Der Erfolg ist überraschend und wie gesagt nur durch Vorarbeit erklärbar. Dennoch wird noch keine Kirche erwähnt, sie ist mithin erst nach dieser Zeit erbaut worden. Vielleicht ist es die freilich erst 1270 mit drei anderen Danziger Gotteshäusern ge- nannte Kirche Aller Heiligen (sonst auch St. Michael) zu Aller Gottes Engeln gewesen. Denn dort, seewärts nach der Dünenkette hin, muß man sich vor Entstehung der Altstadt das älteste Danzig gelegen denken. Stille wird die altchristliche Gemeinde gewachsen sein. Einzelheiten sind aber nicht bekannt. Daß Widerstand erstarkt wäre, als die Kunde von St. Adalberts jähem Märtyrertode (am 23. April 997) sich verbreitete, erzählt keine seiner doch so bald darnach verfaßten Lebensbeschreibungen. Im Gegenteil, die Sage führt das im Tode erkaltete Haupt des Märtyrers in unser Land zurück, von St. Albrecht bis nach Oliva sei es gewandert. Möglich ist's immerhin, daß die St. Adalberts - Waldkapelle oberhalb St. Albrechts das zweitälteste Gotteshaus im Lande ist; so erklärte es sich am ungezwungensten, daß wir sie später gerade von Benediktinern bedient finden, deren Regel St. Adalbert in Rom angenommen hatte. Aber das ist nur eine Vermutung. Ad quercum, an der Eiche, war sie gebaut und benannt. Auch das mag noch eine längst vergessene Beziehung zu St. Adalberts Missionspredigt haben. Man kann nicht umhin, das erste Jahrhundert der neuen Tausend- zählung, 1000—1100, als eine im ganzen stille Zeit der weiteren Ausbrei- tung des Christentums in Pommerellen zu betrachten, während es jenseits der Weichsel in Preußen und ebenso zunächst in Pommern lebhaft abgewiesen wurde. Wie sehr diese Vorstellung zutrifft, daß es sich um mehr friedliche Fortschritte der Mission handelt, hilft der sehr wichtige Umstand beweisen, daß der von Polen erbetene Bekehrungszng Bischofs Otto von Bamberg sich nicht hierher, sondern nach Pommern wendete, 1124 und 1128. Niemals ist von Absichten auf Pommerellen die Rede, Ottos Reiseweg berührt es kaum. Gewiß hat es in den Wildnisdörfern des Höhenrückens noch viele

10. Heimatkundliches Lesebuch - S. 365

1912 - Danzig : Kasemann
365 Samboria für Pogutken, für Koschmin und Kobilla nebst der Berechtigung, Leute jeder Herkunft daselbst aufzunehmen, 124^ und 1260 für Gollubieu, verlieh er der Stadt Dirschau Lübisches Recht, und unter dem letzten Herzog Mestwin Ii. werden diese Verleihungen immer zahlreicher, die nun nicht mehr an die Geistlichkeit, sondern auch an weltliche Grundbesitzer verteilt werden. Man kann nun zwar nicht nachweisen, wie weit von diesen Berechtigungen Gebrauch gemacht sein mag, d. h. wieviel deutsche Bauern eingewandert sein mögen, aber bei der fortdauernden Wiederholung ist es doch höchst wahrscheinlich, daß der Erfolg nicht gefehlt haben wird. Namentlich darf man das im Gebiete des Herzogs Sambor (Teile der Kreise Bereut, Dirschau, Stargard) erwarten, der sich von Anbeginn seiner Herrschaft an, im Gegensatz zu Swantopolk, auf die Seite des Deutschen Ordens stellte. In seinem Gefolge erscheinen (als Zeugen in Urkunden) fast nur deutsche Ritter, und er gründet Dirschau als vollkommen deutsche Stadt. Daß in den beiden Städten Dirschau und Danzig die Deutschen überwiegenden Einfluß besaßen, zeigen die Ereignisse von 1308, in denen die branden- burgischen Markgrafen durch den Anschluß der Bürger an sie zum Besitz gelangen. Dem Orden blieb dann die weitere Germanisierung Pommerellens vorbehalten. Es scheint, daß er hier, der im preußischen Ordenslande so erfolgreich war, nicht über Stückwerk hinausgekommen ist, denn am Ende seiner Herrschaft ist fast der gesamte Landadel noch slavisch. Sv konnten die Polen später manchen von slavischen Landesfürsten gestreuten Keim des Deutschtums mit Leichtigkeit zertreten. H. Schuch. Von der staatenbildenden Kraft des Deutschen Ritterordens. I. Grundlagen. Zu verfolgen, mit welchen Mitteln menschliche Kraft zur höchsten Spannung gebracht werden und welch gewaltige Wirkungen ihre Auslösung haben kann — darin liegt die lebenspendende Kraft der Geschichte als eines Teils der großen Lehre vom Leben; das allein rechtfertigt die Vertiefung in Ereignisse, die Jahrhunderte und Jahrtausende zurückliegen. Dergestalt in erster Linie als Krästezentrum betrachtet, ist der Deutsche Orden eine unerschöpfliche Quelle in gleicher Weise für den, dem der Sinn des Lel ens Erkennen, wie für den, dem er Schaffen ist. — Uralte, aus längst vergangenen Zeiten noch fortdämmernde Auffassungen vom Dienen(-Kämpfen), das Übertragen der altangestammten germanischen Gefolgschaftsidee auf das religiöse Gebiet, die Neigung zu schwärmerischer Hingabe, das in jener Zeit voll schwankender Unsicherheit allgemeine Streben nach Anschluß an einen Bund, eine Genossenschaft, das Bedürfnis, einen Halt zu ffnden, unterzukommen, um nicht unterzugehen — das alles hat mitgewirkt, den eigenartigen und unsrer Zeit so schwer verständlichen Typus des Bruders des Ritterdienstes Christi, des Ritterchristen zu schaffen. Er
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