1850 -
Leipzig
: Mayer
- Autor: Forbiger, Albert
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
10
Einleitung. §. 16. 17.
Werk geschrieben haben, da Plinius mehrere Maassbestimmungen aus ihm
anführt, die sich auf alle Theile der Erde beziehen. Die Länge der be-
wohnten Erde betrug nach ihm 9818, die Breite aber 5740 röm. Mill.
Auch Juba, königlicher Prinz von Numidien (unter Augustus) verfasste
mehrere geograph. Werke, besonders über Libyen , in griech. Sprache,
von denen sich aber nichts erhalten hat.
§. 16. Um die mathematische Geographie erwarb sich in diesem
Zeiträume Marinus aus Tvrus (um 150 v. Chr.), der Vorläufer des Pto-
lemäus, die grössten Verdienste , indem er namentlich allen wichtigem
Orten der Erde einen bestimmten Grad der Länge und Breite anwies, wo-
durch er die geograph. Wissenschaft eben so förderte, wie durch seine nach
einer ganz neuen und berichtigten Methode gezeichneten Landkarten, die
aber doch noch den Fehler aller älteren Karten zeigten, dass die Linien ein-
ander in rechten Winkeln durchschnitten, weil die Parallelen und Meridiane
nicht in Kreislinien, sondern gerade gezogen waren. Die bewohnte Erde
gab auf ihnen ein ganz anderes und richtigeres Bild, als auf den früheren,
indem Marinus, die Mantelgestalt derselben aufgebend, durch Mittheilungen
und Karten phönicischer Seefahrer belehrt, sowohl Asien gegen 0. , als
Libyen gegen S. eine weit grössere Ausdehnung gab, als seine Vorgänger,
und ebenfalls einen Zusammenhang beider durch ein unbekanntes Südland
annahm, so dass er den indischen Ozean für ein, gleich dem Mittelmeere,
überall von Land eingeschlossenes Meer hielt. Den Umfang der Erdkugel
bestimmte er zu 180,000, die Länge der Erdinsel zu 90,000, die Breite
zu 43,500 Stad.
§. 17. Auch die Römer fingen nun an sich um die Erdkunde ver-
dient zu machen, indem sie durch ihre kriegerischen Unternehmungen in
Hispanien, Numidien, Gallien, Britannien, Germanien und Vorderasien eine
genauere Kenntniss der Erde nach allen Richtungen hin , namentlich aber
des Westens und Nordens herbeiführten. Dazu kam die auf August’s Be-
fehl unternommene Expedition des Aelius Gallus nach dem arabischen
Mb. , Aethiopien und Arabien und die des Dionysius von Charax nach
Parthien und Arabien, sowie die vom Agrippa angefangene und vom Au-
guslus vollendete Ausmessung und Beschreibung aller Provinzen des römi-
schen Reichs durch griech. Geoinetriker und die Eutwerfung von Land-
karten darnach, die zum allgemeinen Gebrauch im Staatsarchive zu Rom
niedergelegt wurden. Es traten nun auch unter den Römern gelehrte Män-
ner auf, die sich mit wissenschaftlicher Darstellung der Geographie be-
schäftigten ; doch beziehen sich alle Bereicherungen, welche die alte Geo-
graphie durch die Römer erhielt, fast blos auf die Länder- und Völker-
kunde, für die eigentliche Erdkunde aber, d. h. für die mathematische und
physische Geographie, thaten die Römer (den einzigen Seneca etwa ausge-
nommen) wenig oder gar nichts, und folgten darin blos den Ansichten der
Griechen. Ausser den Geschichtschreibern, deren Werke auch wichtige
geograph. Belehrungen enthalten, wie Julius Caesar (99 — 44 v. Chr.),
Sallustius (85—35 v. Chr.), Livius (60 v. Chr. bis 17 n. Chr.) und Ta-
citus (geb. 60 od. 61 n. Chr.), der seiner Germania wegen, dem Haupt-
werke über dieses Land, auch zu den Geographen zu rechnen ist, und
mehrern Schriftstellern, deren geograph. Werke sich nicht erhalten haben,
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Erdlheile u. Hauptstämme ihrer Bewohner. Asia. §. 52. 53. 51
Stamm (im mittlern und nördlichen Gallien, im westlichen und südlichen
Germanien, ira obern Donaugebiet, auf den britischen Inseln und in einzel-
nen eingewanderten Stämmen in Oberitalien, Hispanieu und Kleinasien,
wohl auch in Sicilien); 9) iberischervolksstamm (in Hispanien); 10) thra-
cischer Stamm (zu dein ausser den eigentlichen Thraciern auch die Geten
oder Dacier, Pannonier, Bithynier in Kleinasien und vielleicht auch die Il-
lyrier gehörten); 11) pelasgisch-hellenischer Stamm (in Griechenland,
Epirus, Macédonien, Süditalien und an der Westküste Kleinasiens, viel-
leicht auch die Etrusker und Rätier umfassend); 12) alt-italischer Stamm
(Osker, Latiner, Sabiner, Umbrer u. s. w., vielleicht auch die Ligurier,
dem vorigen nahe verwandt) ; doch ist die Abkunft der Ligurier, Illyrier,
Etrusker und Rätier, Sikuler und Iberer noch vielen Zweifeln unterworfen.
Diese Völkerfamilien aber gehörten fast alle der weissen (oder sogenannten
caucasischen) Völkerrace an, nur einige Chamiten (im innern Libyen) auch
der schwarzen oder Negerrace, und einige Japhetiten (im südlichen Indien)
der malaiischen ; von der gelben (oder sogenannten mongolischen) Race
dagegen hatten die Völker des klassischen Alterthums in ihrer Bliilhenzeit
fast noch gar keine Kenntniss.
§. 53. Asia.
Mit dem Namen Asm Çaola, ionisch Agitj, der von dem Aaiog
\ti(x(x)v des Homer Ii. Ii, 461. nach und nach auf den ganzen Erdtheil aus-
gedehnt worden sein soll, und bald von «£«_, Schlamm [also Schlammland],
bald vom semitischen ■'¿¡ri, die Mitte [das Mittelland], oder py, glänzen
[das Glanzland, Land des Sonnenaufgangs], oder endlich vom orientalischen
Götternamen der Äsen [Götterland] abgeleitet wird) wurde von den Alten
der späteren Zeit seit Strabo alles Land der Erde bezeichnet, welches
westlich durch den Fluss Tanais (j. Don), die Palus Mäotis, den Pontus
Euxinus, die Propontis und den Hellespont von Europa, durch den arabi-
schen Mb. aber und durch die Landenge von Arsinoë (j. Suez) von Africa
getrennt wurde. [Früher nahm man auch nicht selten den Fluss Phasis
(j. Rion oder Fachs) und weiterhin den Araxes (j. Aras) und das caspische
Meer als Grenzen gegen Europa und den Nil als Grenze gegen Africa an,
so dass also die östliche Hälfte Aegyptens noch zu Asien gerechnet wurde.]
Diesen Erdtheil, den sich die Alten keineswegs in seiner wirklichen Fächer-
gestalt, sondern als ein längliches Parallelogramm dachten, und den die Meisten
mit Recht für den grössten der 3weittheile hielten, theilte man früher, ehe
man die östlichem Länder desselben kennen lernte, blos in 2 grosse Hälf-
ten, indem man erst den Fluss Halys, dann das Gebirge Taurus als Grenz-
scheide annahm, und so anfangs das obere (östlichere) und untere (west-
lichere) Asien (tu ccpco und tu xutco 'Aaitjg, auch Aoia rj tiaog und inrog
tov Ai.vog), dann Asien diesseit und jenseit des Taurus (Asia cis und trans
Taurum, Aaiu rj ivrog und txrbg tov Tuvqov) unterschied. Mit der er-
weiterten Kenntniss des Erdtheils gegen 0. u. So. verschwand nach und
nach dieser l nterschied, und man sprach nunmehr nur von den einzelnen
Ländern desselben, während der Name Asia seihst (im engern Sinne) ge-
wöhnlich nur zur Bezeichnung von Kleinasien diente, obgleich auch ein-
4 *
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Kleinasien. Mysia. §. 63.
73
benannt, und der Pteleös (Tlrexemg) bei Ophrynium an der Küste des Hel-
lespontus.— An Produkten lieferte Mysien ausser den gewöhnlichen
Erzeugnissen Kleinasiens , namentlich dem trefflichen Yvaizen von Assus,
besonders den lap/s Assius fauch ijagy.ocfccyog), treffliche Austern (an der
Küste des Ilellespontus), Trüffeln und Morcheln und für den Medizinalge-
brauch Scammonium oder Purgirrinde. — Die Einwohner zerfielen stets
in 2 verschiedene Völkerschaften, in den ältesten Zeiten in Phrygier und
Trojaner, in den spätem, als das trojanische Reich vernichtet war, in My-
sier und Aeolier (zu denen noch die in mehreren Pflanzstädten angesiedel-
ten Milesier kamen). 1) Die Mysi (Mvoot) waren unstreitig ein aus
Europa in dieses Land eingewanderter thracischer Volksstamm, der wahr-
scheinlich gleichzeitig mit denteukrern, den ebenfalls thracischen Stamm-
vätern der Trojaner, nach Asien übersiedelten , aber, während jene das
Küstengebiet besetzten, selbst das südliche und südöstliche innere Bergland
(von den südöstlichsten Theilen der Propontis westlich bis zum Fluss Rhyn-
daeus, südlich bis in die Gegend von Pergamum und östlich bis zur Land-
schaft Katakekaumene) einnahmen, und zur Zeit der äolischen Einwande-
rung im S. desselben ein nach seinem Stifter Teulhras benanntes, aber
wohl bald von den Lydiern wieder vernichtetes Reich Teuthrania gründe-
ten. Sic scheinen ein frommes, friedliebendes, aber freilich noch auf einer
niedrigen Stufe der Kultur stehendes Volk gewesen zu sein , das eine aus
der Irdischen und phrygischen gemischte Sprache, d. h. wohl einen diesen
beiden Sprachen verwandten Dialekt derselben (thracischen) Muttersprache,
redete, und vorzüglich den abrettenischen Zeus verehrte. Seine einzelnen
Stämme waren die Olijmpieni oder Ohjmpeni (’ Oxvynir]vol, ' O/.vuir^voi)
im Nw. des Landes am Olympus, die Trimenothuritae {'J1(jiyeuo\}oi'qltui),
westlich von den vorigen am Temnus, die Iie//esponi>i am Hellespontus,
die Pentademitae (Tiei>Tudrjpit(xi). wahrsch. 5 verbundene kleine Völker-
schaften auf der Südseite des Temnus in Teuthranien, und die Mysomace-
dones (Mvaopaxadovfg, auch Macedones Aschilacae), wahrsch. um die
Quellen des Mysius her. 2) Die Troes (Tycotg) oder Troiani waren
höchst wahrsch. auch ein thracischer Stamm und als Teucri (Ttvxqoi)
zugleich mit den Mysiern aus Europa in Kleinasien eingewandert, wo sie
mit einem den Griechen näher verwandten Stamme (Pelasgern, Leiegern
— Dard anern?) zu einem Volke verschmolzen zu sein scheinen, hatten
aber, im Besitz der Küste und Seehäfen, wahrsch. durch lebhaften Ver-*
kehr und Handel sich zu einer viel höheren Stufe der Kultur erhoben, als
die Mysier. Durch den Krieg der Hellenen mit ihnen wurden sie so gut
als vernichtet, und von da an ist in Klcinasien von ihnen weiter nicht die
Rede, während sie nun in Italien eine bedeutende Rolle zu spielen anfan-
gen, wohin die Beste des Volks unter Antenor und Aeneas ausgewandert
sein sollen. 3) Die Ateöles (Aiox.tig) oder ^ieolii waren ursprünglich
ein pelasgisches Volk in Thessalien, Hessen sich aber später in Elis nieder,
von wo aus sie schon unter Orestes ihre Wanderungen nach Kleiuasien
begonnen haben sollen, die sich nun zu verschiedenen Zeiten wiederholten.
Sie Hessen sich zuerst an den durch den trojan. Krieg ziemlich verödeten
Küsten von Troas nieder; die ersten äolischen Städte (Cyme, Aegacu. s. w.)
wurden daselbst erst 150 J. nach jenem Kriege oder 4 Menschenalter vor
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Kleinasien. Lydia. §. 64.
8i
Handel j dauerte jedoch auch unter der pers. Herrschaft fort und ward die
Quelle eines blühenden Wohlstandes. Die Sitten der Lydier hatten durch
den steten Verkehr mit den an der Küste angesiedellen Griechen eine
ziemlich griechische Färbung angenommen, obgleich das Volk freilich im
Ganzen auf einer viel tiefem Stufe der Kultur stand, als diese; und so war
unter der römischen Herrschaft ihre Naziooaiität schon so ganz verwischt,
dass selbst ihre Sprache bereits zu Strabo’s Zeiten völlig verschwunden
war. Ihr religiöser Kultus bestand hauptsächlich in der Verehrung der Cy-
bele, doch auch der Diana und des Bacchus. Künste und Wissenschaften
scheinen unter ihnen nie besonders geblüht zu haben, da sie ihre Aufmerk-
samkeit nur auf Handel und Verkehr richteten, in welcher Beziehung ihnen
der erste Gedanke von zwei wichtigen Einrichtungen zugeschrieben wird,
die Anlegung von Gasthöfen und der Gebrauch geprägten Geldes. An der
Küste Lydiens halten sich nun schon seit der Rückkehr der Herakliden
nach Griechenland griechische Kolonisten ionischen Stammes unter Anfüh-
rung der Söhne des Codrus niedergelassen und mehrere blühende Phanz-
slädte gegründet, seit welcher Zeit der ganze Küstenstrich Lydiens (von
Phocaea und dem Hermus an) und des benachbarten Cariens (bis unter Mi-
Ietus hinab) in einer Ausdehnung von 800 Stad, den Namen Ionia ( iwvlu)
bekam. Unter diesen ionischen Städten waren besonders 12 sehr blühend
und mächtig geworden, von denen aber eigentlich nur 6 auf lydischem Bo-
den lagen (nämlich Erythrae, Clazomenae, Teos, Lebedus, Colöphon und
Ephesus), eine dagegen (Phocaea) noch auf mysisckem , drei (Miletus,
Myüs und Priene) schon auf carischem, und zwei (Samos und Chios) auf
benachbarten Inseln; und diese traten, wie die äolischen, in einen engern
Bund zusammen, dem sich später noch eine dreizehnte, das ursprünglich
äolische Smyrna, anschloss. Sie blieben, obgleich sie erst lydische, dann
persische Oberhoheit anerkennen mussten, eigentlich doch bis zur Zeit der
römischen Herrschaft frei und selbstständig, und sanken erst unter den
Römern zu blossen römischen Provinzialstädten herab. Durch ihren leb-
haften Handel und Verkehr hatten sie schon frühzeitig eine hohe Stufe
von Kultur erreicht und sie waren eigentlich die Wiege der ganzen grie-
chischen Kunst und Wissenschaft. — Die Städte des Landes waren nun
folgende: A. Küstenstädte loniens in der Richtung von N. nach S. : das
jenseit des Hermus, also eigentlich noch auf mysischem Boden gelegene
Phocaea (&aixcaa, j. Ruinen Namens Alt-Fokia [Fokiaes, Foges] in der
Nähe des Fleckens Fokia nova) an der Landspitze, welche den Sinus Elai-
ticus vom Sinus Hermaeus trennt, 200 Stad, von Smyrna, mit 2 Häfen,
Naustatbmus und Lampter. [Belagerung durch Harpägus. —• Einnahme
durch die Römer unter Aemilius Regillus im J. R. 562.] Leucac (Atvv.ai,
noch j. Lefke) an derselben Landspitze, etwas südwestl. von Phocaea.
Smyrna (Syvqva, j.ismir mit wenigen Ruinen), am innersten Theile des
nach ihr benannten Meerbusens und am Flüsschen Meies, 200 Stad, siid-
östl. von Phocaea, eine der prächtigsten Städte des Alterthums mit sehr
gutem Halen, von Aeoliern gegründet, seit 688 v. Chr. aber zum ionischen
Bunde gehöiig; noch unter den Römern eine der reichsten und blühendsten
Handelsstädte Asiens und Sitz eines Conventus Juridicus. [Vaterstadt des
Homer: ro 'Oyrjqhov. — Zerstörung durch Sadyattes und Wiederherstel-
Forbiger, Leitfaden. ß
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138
Zweiter Theil.
Flüsse Rhymmus (j. Gasuri), Daix (j. Jaik oder Ural), Jaxartes (j.
Syr Darja oder Sihon) u. Oxus (j. Amu Darja oder Gihon), den südlichen
Grenzstrom, zu welchen noch der kleinere, östlich vom Daix mündende
Jastus (6 /(¡Mjtog, j. Sagil?) kommt. Scythien enthielt auch einen sehr
grossen Laudsee, die Oxia Palus (bei Ptol., der sich darunter nur einen
Landsee von gewöhnlicher Grösse denkt, rj Xifivrj) oder den Aral-
see, von dem jedoch die Alten erst im 4. Jahrh. genauere Kunde erhalten
zu haben scheinen. Die Produkte des Landes waren Gold und Edelsteine,
besonders Diamanten, Smaragde und Lapis Lazuli, auch Kupfer, Krystall,
eine Art Ultramarin, Rhabarber u. s. w., aus dem Thierreiche aber na-
mentlich Kameele und Pferde. Die Einwohner gehörten im Allgemei-
nen zu dem grossen, auch über einen Theil von Europa verbreiteten
Stamme der Scythae (^Zxv&at), der Vorfahren jener grossen Steppenvöl-
ker des russischen Reiches, der Kosaken, Kirgisen, Baschkiren u. s. w.
und zerfielen schon zu Herodots Zeiten in 3 Hauptklassen , freie oder kö-
nigliche {üxvxtut ßaotxy'ibt), ackerbautreibende (Zx. yiwyyot oder ayo-
trjyeg) und nomadische Scythen (Zx. voyüdeg'), unter welchen die letzte
die zahlreichste war. Die einzelnen Völkerschaften Scythiens, von denen
es freilich dahingestellt bleiben muss, ob sie wirklich alle zum scythischen
Volksstamme gehörten , waren : a) in Scythia intra Imaum an der nördl.
Küste des casp. Meeres die Rhymtni ( Pvyyot), zwischen dem Rha und
Rhymmus, Asiötae (3 Aotonat), östlich neben den vorigen, zwischen dem
Rhymmus und Daix, und Aorsi ('Aoqooi), ein mächtiges und starken
Handel treibendes Volk noch wreiter östlich zwischen dem Daix und Jaxar-
tes; ferner die Ariäcae (’Agtaxat), ebenfalls ein zahlreiches Volk südl.
vom vorigen zwischen dem caspischen Meere und der Oxia Palus, Jaxar-
tae (’la^ayzat), um den Jaxartes her und bis zu dem tapurischen Gebirge;
Massagetae (Maoauytreu) , ein überaus mächtiges Volk südlich neben
dem vorigen im südlichsten Theile des Landes, an der Süd- und Ostküste
der Oxia Palus und vom Fl. Oxus bis über den Jaxartes hinaus in einer
ungeheuren Steppe [ Untergang des Cyrus]; Säcae uxut), ebenfalls ein
sehr zahlreiches und mächtiges Nomadenvolk östlich und nordöstlich von
den vorigen bis zu den Grenzen von Serica hin, die mit den Serern in
Handelsverbindungen standen. (Ein Zweig derselben w-aren die Sacarauli,
Zuxaycxvxot, unstreitig der heut. Kirghisenstamm Karaul.) Nördlich von
den Saken wohnten die Ascatancae (' Acsxurayxat) am Geb. Ascatancas,
die Anarei (’Avaytot) am anarischen, die Tapurei (Tunovysot) am ta-
purischen und die Aspisii (Aanlatot) am aspisischen Gebirge ; noch höher
nach N. hinauf aber die nicht scythischen Argippaei (’ Ayyinncuot, die
Herodot auch cdcixaxyoi, d. h. Kahlköpfe, nennt, unstreitig ein mongolischer
Stamm und die Vorfahren der Kalmücken und Baschkiren) und westlich
neben ihnen das (schon nach Sarmatien hinüberreichende) ebenfalls nicht
scythische Jägervolk Thussagetae oder Thyssagetae (Gvtjaaynat, bei
Ptol. Texroaaxeg?) und Jyrcae (’Ivqxoli), richtiger wohl Tvyxut, Turcae.
b) in Scythia extra Imaum von N. nach S. herab : die fabelhaften Ari-
inaspi (’ Aptfiuotiol, am goldreichen Altai), die Abii ('Aßtot Zxvtfut) und
die Pferdefleisch essenden Scythen (Innotpuyot Zxv&ai), die Auzacitae
(Av£uxiuxt, nach andrer Lesart Av^uxhott) in der Landschaft Auzacitis
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198
Zweiter Theil.
von Viehzucht nährlen, theils ein von allen Karawanen gefürchtetes Räuber-
handwerk trieben. Ebendaher waren auch die Kultur, der Charakter, die
Sitten u. Lebensweise der Araber sehr verschieden. Sie gehörten, durch
die Lage ihres Landes u. ihre Wüsten geschützt, zu den wenigen Völkern
der alten Welt, die me einer der jedesmal herrschenden Hauptmächte un-
terworfen waren. Nur der nördliche, an Syrien u. Palaestina stossende
Theil von Arabia deserta nebst Arabia petraea, welches auch schon früher
seit Darius I. den Persern u. später den Macedoniern unterworfen gewesen
war, wurde (mit Hinzufügung des Ostjordanlandes) im J. 105 n. Chr. von
Trajan zu einer Provinz des röm. Reichs (mit der Hauptst. Bostra: s. S.
189) gemacht. Von den Gebirgen des Landes erwähnen die Alten:
a) in Arabia petraea : das schwarze Geb. (tu ¡xtxuvu Oqij, j. Djebel Sinai),
welches sich als Landspitze in den arabischen Mb. vorstreckt u. so dessen
nördlichsten Theil in 2 Spitzen, den Melanites u. Heroopolites Sinus (s.
S. 46) theilt, u. dessen höchste Spitzen der Horeb (noch j. Djebel Horeb)
u. Sinai (in der Lxx. Eivct, j. Djebel Musa od. Mosesberg) sind (wäh-
rend der dritten, nicht minder hohen Spitze im S., des heut. Katharinen-
berges, von den Alten keine besondre Erwähnung geschieht) ; b) in Arabia
feiix: den Zames (Zuf.u]g, j. Djebel Aared od. Imaryeh ?) an der Grenze
des wüsten Arabiens, die Marithi Monles (tu Muqc&u op??), weiter siid-
östl. nach dem Fl. Lar hin, den C/irnax (K).ipu^) im südwestlichsten Theile
des Landes zwischen den Fl. Betius u. Prion (od. das Geb. von Jemen),
die Didymi Montes (tu /Jidvyu op?/, j. Djebel Hinüber, mit dem Ras-el-
Had?) im südöstlichsten Theile am pers.mb., nördl. vom Fl. Hormanus, u.
das damit zusammenhängende Geb. der Asabae (tu ’Aoußdiv oyyp j. Djebel
Akdar, Achdar) etwas weiter gegen 0. Ausserdem erscheinen hier noch
folgende einzelne Berge: der Hippus ('/nrrog) hei einem gleichnamigen
Flecken am arabischen Mb., der Insel Aneu (wahrsch. j. Naainan) gegen-
über, der Orsa, ebenfalls in der Nähe dieses Mb., u. der Cabubathra
(Kußovßudyu, j. Djebel Forrid?) auf der südlichsten Spitze von ganz
Arabien, 20 M. siidöstl. vom Vorgeh. Palindromos.— Die Vorgebirge
Arabiens waren : a) an der Westküste od. dem arab Mb. von N. nach S.
zu: Pharan ((Puyüv, noch j. Faraun, Feiran?) am Sinus Heroopolites, 2
g. M. von der gleichnam. Stadt; Posidium (riooeiihop, j. Ras Mohammed),
die Südspitze der schwarzen Berge u. der den Heroopolites u. Aelanites
Sinus trennenden Halbinsel; Palindrömus (Iluh'vdyoyog, j. Bab el Man-
deb), die Swspitze Arabiens an der schmälsten Stelle des arabischen Mb.
bei der Stadt Ocelis. b) an der Siidküste od. dem erythräischen Meere:
ein zweites Posidium (j. Ras Arimora od. Cap St. Antonio), nur etwas
östl. vom vorigen an derselben Spitze Arabiens, der Stadt Dire in Africa
gegenüber; Ammonii Prom (’Ayywviov uv.qwtyiqlov), 25 g. M. östl.
von der Stadt Madoce (in der Nähe von Aden , wahrsch. j. Ras Ka’u od.
die schwarze Spitze, Black Point); Cant (Kdvrj, j. Ras el Asidah am
Djebel ilisn Ghorab?)*) bei der gleichnamigen Handelsstadt; Prionotus
*) Auf den Karten erscheint hier eine Cana Canim-Bai mit einem Ras Har-
djiah ; allein diese Bai ist in Wirklichkeit gar nicht vorhanden u. die Lokalität
heisst auch nicht Cana Canim, sondern Kaweh khaneh od. das Kaffeehaus.
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Europa. Hispania. §. 122.
257
die südlichere Hälfte, besonders Lusitanien u. Baetica, das Mittelland aber
für sehr ungleich hinsichtlich der Fruchtbarkeit u. die nördlichem Striche
für kalt, rauh u. minder ergiebig. Die Produkte des Landes waren aus
dem Thierreiche: eine Menge Schafe (besonders in Lusitanien u. Baetica,
aus deren trefflicher Wolle sehr feine Gewebe gefertigt wurden), Schweine
(deren Schinken sehr gesucht waren, besonders bei den Cerretanern u.
Cantabrern), treffliche Pferde, sehr gute Maulesel (namentlich auf den ba-
learischen Inseln) u. Esel (besonders in Celliberien), ausserdem eine Menge
Wild , jedoch wenig reissende Thiere (ausser Bären auf den Pyrenäen),
eine auffallende Menge Kaninchen, Biber, viele Wasservögel, Fische,
Muscheln u. Austern, Bienen (daher viel Honig u. Wachs), Kermes u. s. w. ;
aus dem Pflanzenreiche: eine Menge Getreide, herrlicher Wein (besonders
in Laletanien, auf den Balearen u. anderw.), sehr gutes Oel, Feigen, Po-
meranzen, Maronen u. andre Südfrüchte u. treffliches Obst, (selbst die
spanischen Eicheln wurden als Leckerbissen beim Nachtisch genossen),
eine Menge Flachs (woraus die Einw. von Saetabis, Emporium u. s. w.
feine Gewebe verfertigten) u. Spartum (eine Art Pfriemengras, woraus
man Schiffstaue u. andre Seiler- u. Flechtwaaren fertigte), Coccus- oder
Scharlachbeeren u. viele andre als Färbestoff dienende Pflanzen u. Wur-
zeln, endlich eine grosse Menge Holz (namentlich gutes Schiffbauholz in
Turdetanien) u. Pech ; aus dem Mineralreiche : Edelsteine, Gold in grosser
Menge (auch aus den Flüssen), Silber (an vielen Orten, namentlich bei
Carthago Nova, Ilipa, Sisapon u. Castulo), Kupfer (besonders bei Cotinae),
Eisen, Zinn (namentlich in Lusitanien, Galaecien u. im Baetis), Blei (be-
sonders bei Castulo), Bleiglätte, Quecksilber, Minium (vorzüglich in Bae-
tica u. imminius), Chrvsocolla, Zinnober, blaue Mineralfarbe (caeruleum),
Marmor, Frauenglas u. Salz in grosser Menge, theils Stein-, theils Quel-
len- u. Seesalz (welches besonders zum Einsalzen von Fischen gebraucht
wurde, zu welchem Zwecke es in Hisp. sehr grossartige Anstalten gab).
Mit allen diesen Produkten trieb das Land einen , durch die vielen schiff-
baren Ströme sehr beförderten, lebhaften Handel, besonders nach Rom. —
Was die Einwohner betrifft, so waren die Ibères ('/ßrjqeg) od. Ibèri,
von uns unbekannter Herkunft, nach den Annahmen der Alten die Urbe-
wohner des Landes, zu denen dann über die Pyrenäen herüber Celten ein-
wanderten , die sich dann mit jenen zu einem Volke vermischten, nun
Celtibëri od. Celtibères (Ktlxlßriqtg) genannt wurden, u. besonders im
Mittellande , doch auch in Lusitanien u. an der Nordküste wohnten, wäh-
rend neben ihnen auch unvermischte, theils rein iberische, theils rein cel-
tische, Stämme im Lande wohnhaft blieben u. zwar jene (die Stammväter
der heut. Basken) in den Pyrenäen u. an allen 3 Küsten des Landes, diese
aber am Anas im sogenannten Cuneus (s. S. 259) u. in der Nordwestspitze
der Halbinsel od. in Galaecien. An den Küsten (namentlich an der See-
küste) waren auch viele, theils phünicische (u. carthaginiensische), theils
griechische Kolonisten angesiedelt, u. endlich hatten sich über die ganze
Halbinsel römische Einw. verbreitet, die ihre Sitten u. Gebräuche, ja selbst
ihre Sprache allmählig im ganzen Lande einheimisch machten. Die Ge-
schichte Hispaniens beginnt für uns eigentlich erst mit dem Eindringen
der Carthaginienser im J. 238 v. Chr., denn vorher hatte man nur von
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Zweiter Theil.
('Ooxoi) , ein mächtiges Volk in Campanien u. bis nach Latium u. Sam-
nium hinein, das, von den Sabinern verdrängt, in der Geschichte nicht
weiter erwähnt wird, im weitern Sinne aber auch alle folgende Volks-
stämme bis zu den Sabinern umfasst, die sämmtlich die oskisehe (opskische)
Sprache redeten; die Volsci (Ovoxaxoi, Ovoxovoxoi), zu beiden Seiten
des Liris (in Latium novum), von den Römern endlich im J. 388 v. Chr.
völlig unterjocht u. seitdem aus der Geschichte verschwunden ; die Aequi
(Aixot) od. Aequicolae, Aequicüli (Ai'vux/.oi, Aiy.omxx.oi) u. Aequicu-
läni (Aiaoluvo!) am Anio u. der Ostgrenze von Latium (um Tibur, Prae-
neste u. den Algidus her), welche als stete Verbündete der Volsker, ihrer
Stammgenossen, ebenfalls lange mit den Römern kämpften u. endlich im
J. 302 v. Chr. von diesen unterworfen wurden, worauf sie ebenfalls vom
Schauplatze der Geschichte abtreten ; u. die Sabini, Sabelli od. Samnitae
(s. unten S. 363), ein Mittelglied in der Reihe dieser alten Völkerschaften
zwischen den Umbrern u. Oskern, die in Folge der allen Sitte des ver
sacrum od. der Aussendung von Kolonien in eine Menge Zweige u. Un-
terabtheilungen zerfielen (nämlich die Hirpini, Frentäni, Picentes od. Pi-
centini, Peligni, Marsi, Marrucini, Vestini, Hernici u. Lucäni, zu denen
wieder die abtrünnigen Bruttii gehörten) u. sich am längsten gegen die
Römer behaupteten. Auch die Ligyes oder Ligüres (s. oben S. 279 u.
unten S. 356) gehörten höchst wahrsch. zu dieser Urbevölkerung der
Halbinsel. Zu diesen ältesten Bewohnern Italiens gesellten sich nun schon
frühzeitig andre vom Auslände her eingewanderte Völkerschaften, die sich
auf 4 Hauptstämme zurückführen lassen, Pelasger , Hellenen, Illyrier u.
Celten. Zu den Pelasgi (Tlexaayoi) gehörten vielleicht die (wahrsch. aus
Epirus eingewanderteu) Oenötri (O/vgotqoi) in der Landsch. Oenotria
(Oircoryia) mit den Unterablheilungen Chönes (Xwvfg) in Chorita (Aoi-
vicc), Morgetes (Ili/ooyt]c{g'), Italietes (’Ixaxlyxeg) u. Peucetii (Tlevxtxioiy
Tievxfxceig, auch Tlo18ly.koi, Pedicidi) , welcher önotrische Volksstamm
sich über ganz Brullium u. Lucanien verbreitete;*) gewiss aber die Tyr-
rheni (Tugorjvoitvdqrjvoi), welche aus Thessalien (vielleicht auch durch
die Einwanderung deraeolier u. Ionier aus Kleinasien verdrängt) in Italien
einwanderten , u. durch Unterwerfung der Ombriker od. Umbrer u. Ver-
drängung der Sikuler aus Latium das herrschende Volk in Mittelitalien
w urden, bis sie sich den, wahrsch. aus Rätien eingewanderten, Tusci (die
sieh selbst Rasener nannten, u. deren wahre Abstammung noch ungewiss
ist) untenverfen mussten , worauf der Name Tyrrhener auf letztere über-
getragen w'urde u. diese Tusci od. Etrusci bis zur Besitznahme des nördl.
Italiens durch celtische Stämme das herrschende Volk in ganz Ober- u.
Mittelitalien blieben. Die Hellcnes Hessen sich in eiuzeinen, von verschie-
denen griech. Staaten ausgegangenen, Haufen in Unterilalien (wie auf Si-
cilien) nieder, gründeten hier eine Menge blühender Pflanzstädte (Cnmae
um’s .1. 1050 od. 1030, Sybaris 720, Croton 710, Taras 707, Locri Epi-
zephyrii 683, Rhegium 668 u. s. w.) u. w'urden so nach u. nach die
*) Für diese alte pelasgische od. urgriechische Bevölkerung Unteritaliens
zeugen besonders mehrere Namen alter, schon vor der Einwanderung der Hellenen
vorhandener Städte, wie 2movs, ‘ Tbqovs,’A'/iqovtia,Iiuvsoaia u. s. wr.
1850 -
Leipzig
: Mayer
- Autor: Forbiger, Albert
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
Europa, ltalia (B. Mittelitalien. 1. Etruria). §. 127.
355
die Töpferkunst nebst der dazu gehörigen Vasenmalerei, die Erzgiesserei
u. Toreutik u. die Baukunst. Die ältesten Einwohner waren vermuth-
lich Ligurier u. Sikuler gewesen, die dann von den Umbriern verdrängt
worden waren; um’s J. 290 vor Rom’s Erbauung aber siedelten sich (na-
mentlich im südl. Theile des Landes) pelasgische Tyrrhener an, nach wel-
chen nun die Griechen die ganze Landschaft Tyrrhenia nannten , u. zu
diesen gesellte sich später ein wahrsch. aus Rätien eingewanderter Stamm,
der sich seihst Rasener (‘Paotvcu) nannte, hei den Griechen u. Römern aber
Tusci (Thusci, l'ovoxoi, Qvooxoot) heisst,*) u. sich mit den pelasg. Tyr-
rhenern zu einem Volke vereinigte, das daher bald Tyrrheni (Tvyoyvol,
Tvqqyvoi), bald Tusci, von den Römern aber später stets Etrusci genannt
wurde, während die Griechen den Namen Tyrrheni beibehielten. Die
Etrusker, die an Bildung der übrigen alten Bevölkerung Italiens weit über-
legen waren (weshalb auch die Römer viele ihrer Einrichtungen von ihnen
entlehnten), bildeten einen aus 12 Städten od. Gemeinden bestehenden
Bundesstaat mit aristokratischer Verfassung, u. hatten als das in Ober- u.
Milteiitalien herrschende Volk in den zwei ersten Jahrh. nach Rom’s Er-
bauung ihre höchste Blüthe, bis sie, durch eingewanderte Celten aus Ober-
italien verdrängt, endlich auch ihrer Herrschaft über Mittelitalien im J.
280 v. Chr. durch die Römer beraubt wurden. Die wichtigem Städte**)
des Landes waren in der Richtung von Nw. nach So. : Luna (Aovva,
j. Ruinen Namens Luni hei Sarzana), die nordwestlichste Stadt Etruriens
auf früher ligurischem Gebiete, am rechten Ufer des Macra, etwa 4 Mill.
nördl. von seiner Mündung u. an der Via Aemilia, seit dem J. R. 575 röm.
Kolonie mit einem sehr guten Hafen {Lunae portus, hyyv) am
Prom. Lunae (s. S. 334) [Marmorbrüche]. Luca (Aovxa, j. Lucca mit
Ruinen, namentlich des Amphitheaters) am Fusse des Apenninus u. am Fl
Ausus, südöstl. von Luna, früher auch eine ligurische Stadt, seit Augustus
aber zu Etrurien gerechnet u. seit dem J. R. 576 röm. Kolonie. *Pisae
(Tlidui, niijßca, auch Iiigu, Tuggu, noch j. Pisa), eine der ältesten, wohl
schon von den Pelasgern gegründeten Städte des Landes, etwas südwestl.
von Luca an der Vereinigung des Auser u. Arnus, nur 20 Stad, von der
Mündung des letztem, mit einem guten Hafen (portus Pisänus) an der
Küste, 9 Mill. südwestl. von der Stadt u. der Mündung des Arnus, seit
dem J. R. 572 röm. Kolonie. [Eine Stunde nordöstl. von der Stadt die
(im Alterth. noch nicht so berühmten) heissen Mineralquellen Aquae Pi-
sänae.] Ptstoria (Jziorcopta) od. Pistorium (j. Pistoja), nordöstl. von der
vorigen u. von Luca u. nordwestl. von Florentia. [Niederlage der Catili-
narier im J. 62 v. Chr.] Faesülac (cpuiooia, (Bcuoovlca, j. Fiesoie mit
Ruinen) auf einem Hügel, südöstl. von der vorigen, nur 3 Mill. nordöstl.
von Florentia. [ Hauptwaffenplatz des Catilina.] Florentia (Olwqevxla,
’) Genau genommen sind wohl die Namen Tyrrheni u. Tusci völlig identisch,
u. beide auf rvqe (tvqocs, woraus das latein. turris wurde), d. i. Burg, zurück-
zufuhren, weil sie sich durch die Sitte in Bergvesten u. ummauerten Städten zu
wohnen von den in offnen Flecken lebenden alten Italioten wesentlich unter-
schieden.
*) Die wahrscheinlichen 12 Hauptstädte des Bundes sind durch ein vorge-
setztes * bezeichnet.
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1850 -
Leipzig
: Mayer
- Autor: Forbiger, Albert
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
Europa. Insulae Britannicae (2. Hibernia). §. 124.
305
bis wohin von Luguvallium die Strasse nördl. fortgeführt war; u. weiter
gegen 0. bis zur Ostküste u. nördl. bis zum Uoderia Aestuar. (in Rox-
boroughshire u. Northumberland) die Otadini C Qxadivoi), denen nament-
lich die Stadt Bremeniutn (B^f/xixiox, j. Newcastle upon Tyne? nach
A. Richester od. Nether-Whitton), südl. vom Fl. Alaunus u. nordwesth
von Corstopitum, gehörte, bis wohin sich die östliche Hauptslrasse von letz-
terer aus fortsetzte; weiter nördl. aber an der Westküste bis über das
Clota Aestuar. hinaus u. an der Ostküste bis zum ßoderia Aestuar. (in der-
selben Gegend, wo bei Dio Cass. die Maiatae, Mcauxoa, erscheinen) das
ansehnliche Volk der Dumnonii (¿hxpvbvioi, al. /Jüpviot), bei dem sich
namentlich die Orte Colama (Kobaviu, al. Koxavixu, j. Lanerk am Clyde
mit vielen Ruinen u. Alterth.), nordwesll. von Blatum Bulgium, Vanduara
(Oucu>dovaqu, al. Ovuvdoyuqu, j. Paisly bei Renfrew mit Ruinen?), wei-
ter gegen Nw. hin, u. Victoria (Ovr/.xcoytu, in der Nähe von Stirling),
weiter nordöstl., am innersten Winkel des ßoderia Aestuar. u. am östlichen
Ende der Mauer des Severus, fanden, ß) die Bewohner des nördlichem,
den Römern nie unterworfenen Theiles der Insel werden gewöhnlich unter
dem Namen Caledonii Ckabrjdovioi) zusammengefasst, während bei Ptol.
allerdings neben diesen noch mehrere andre Völkerschaften (vielleicht nur
einzelne Stämme derselben) erscheinen , unter denen wir die Vacomägi
(Ovaxopv.yoi) als eine der bedeutendsten hervorheben, weil in ihrem Ge-
biet Aläta Castra (rixefjtoxbe axguxontdov) als der äusserste den Römern
bekannte Ort im nördl. Britannien genannt wird. Später (vom Anfänge
des 5. Jahrh. an) wurden die Einw. der Britannia Barbara od. die alten
galischen Caledonier unter den beiden Hauptstammnamen Picti (im nörd-
lichem) u. Scoti (im südlichem Theile Schottlands) zusammengefasst, u.
der letztere ist endlich auf das ganze Volk u. Land übergegangen.
2) Hibemia
(auch Iverna od. Juverna, bei den Griechen früher ’Itqvrj u. 7t^vig, spä-
ter lovtqviu), od. das heut. Irland, von dem die Alten nur eine sehr
mangelhafte Kenntniss hatten (da die Römer nie einen Versuch machten
sich die Insel zu unterwerfen, wohl aber mit ihren Bewohnern Tausch-
handel trieben), erklärt Jul. Caesar für halb so gross, Mela aber für fast
eben so gross, als Britannien, u. Plinius giebt ihm eine Länge von 600 u.
eine Breite von 300 Mill. Seine Entfernung von Britannien sollte 30 Mill.
betragen. In Klima, Charakter, Kultur u. Produkten des Landes sollte es
von Albion od. Britannia nur wenig verschieden , u. durch seine üppigen
Triften weit mehr zur Viehzucht als zum Ackerbau geeignet sein. Die
Vorgebirge der Insel waren: Brom Sacrum (xo Vipor axpor, j. Carn-
sore Point), die Sospitze; Isarnnium Pr. (’loüfxviov uxqov, j. St. Johns
Point) in der nördl. Hälfte der Ostküste; Robogdium Pr. ( Poßoyöiov ix.,
j. Fair Head), die Nospitze, nach dem dort wohnenden Volke der Ro-
bogdii benannt; Vennicnium (Ovevvixviov ix., j. Malin Head? nach A.
Rame’s Head), die nördlichste Spitze der Insel, im Gebiete der Vennicnii;
Boreum (Boqhov u. , j. North Cap, nach A. St. Helens Head), die,
Nwspitze, u. Notium Prom. (Noxiov ix., j. Mizen Head), die Swspitze
der Insel. Unter den Flüssen derselben sind der Bargus (Buyyog,
Forbiger, Leitfaden. 20