A. Wiirttriillittgs Horgrfdjidjtf.
1. Atteste Zeit.
1. In den frühesten Zeiten war das Land, das jetzt Württemberg heißt,
weit und breit mit Wald bedeckt und von vielen Gewässern durchzogen. Auer-
ochsen, Elentiere, Renntiere, Bären, Wölse, Eber und anderes Wild hausten darin.
(Ev. Lesebuch Ii Nr. 93 a, 1).
Die ältesten Bewohner Süddeutschlauds und damit auch des jetzigen
Württemberg waren die Höhlenbewohner. Von den Höhlen im Jura zogen
sie aus auf die Jagd nach dem Höhlenbär, dem Mammut, dem Nashorn und
Auerochs. Ihre Waffen waren aus Feuersteiu, ihre Geräte aus Remitier-
geweiheu, ihre Gesässe aus Thou roh gearbeitet.
Mehr Gesittung zeigen schon die Pfahlbantenbewoliner. In den aus-
gedeckten Überresten ihrer Wohnungen, den Pfahlbauten (am Federsee, Bodensee
u. a. O.), finden wir Schmuckgegenstände aus Bein und Stein, ja aus
Kristall und Gold, Geräte aller Art zum Betriebe der Jagd, Viehzucht und
Landwirtschast; außerdem wußten sie auch schon aus Flachs gewobene Kleider
anzufertigen. Dem Verkehr dienten durch Feuer ausgehöhlte Baumstämme,
auf denen sie ihre Seen befnhren und dem Fischfange oblagen.
In unvordenklichen Zeiten wurden sie von einem stärkeren Geschlecht, den
Kelten, verdrängt, die nun Jahrhunderte lang unser Land bewohnten. Gewaltige
Ringwälle und Ringburgen, deren man namentlich auf der Alb fchou viele
entdeckt hat, dienten ganzen Stämmen und Gauen zu Schutz und Trutz. Das Innere
der Grabhügel, in denen sie ihre Fürsten bestatteten, giebt einen interessanten
Einblick in ihre Sitten und Gebräuche, in ihren Handwerks- und Kunstbetrieb.
Geräte und Schmuck aller Art, Schwerter, Rasiermesser, Trompeten, kunstvolle
Armringe, Haarnadeln n. s. f., nahezu alles aus Bronze gearbeitet, gräbt man
heute noch fast unverdorben, obwohl 2500—2700 Jahre alt, aus der Erde Schoß.
Aus hervorragenden, weithin sichtbaren Bergen (Lochen, Hohentwiel u. a. m.)
feierten sie ihre Opferfeste. Nicht bloß Tiere sondern auch Menschen wurden den
Göttern zu Ehren geschlachtet.
Zu den Zeiten der Römer waren die Sneven (vermutlich „Schweifende")
als das größte und stärkste der germanischen Völker gefürchtet. Von Osten her
eingedrungen, haben sie auch das heutige Württemberg besetzt. Von ihnen ist wohl
dem Land und Volk der spätere Name Schwaben geblieben.
Diese Sueven vor allen sind gemeint, wenn man von den „alten
Deutschen" redet, jenem kriegs- und jagdfrohen, wanderlustigen und riesigen
Geschlecht mit goldenen Locken und blauen Augen, deren scharfer, durchdringender
Blick überall gefürchtet war; das sind diejenigen, welche, wenn nicht gerade Krieg
war, ihre jagdfreien Tage aus Bärenhäuten bei Bier und Spiel verbrachten, den
Ackerbau und die Viehzucht dagegen zumeist den Frauen überließen. Felle waren
ihre Kleider und ihr Lager, ein Schild aus Weidengeflecht ihre Schutzwaffe, Schwert
und Spieß ihre Trutzwaffen. Hinter ihrem „Herzog", den das Volk wählte, zogen
sie in den Krieg; dem Fürsten, d. h. dem „Fürdersten", aus edlem Geschlechte,
der in der Volksversammlung unter freiem Himmel gewählt, mit den Schöffen
das Recht schöpfte, fügten sie sich im Frieden.
Den Römern erschienen sie als Muster vou Treue, Wahrhaftigkeit und
Keuschheit, — Tugenden, die freilich wieder durch maßlose Trink- Spiel- und
Streitsucht verdunkelt wurden.
Jhreu Göttern Wodan, Thor oder Donar (daher Donnerstag), Ziu (daher
Ziustag — Dienstag), Freia (daher Freitag), die sie auf Berggipfeln und in
Wäldern unter heiligen Bäumen verehrteu, opferteu sie vorzugsweise Pferde und
Kriegsgefangene. Nach dem Tode hofften sie sich in Walhalla, ihrem Himmel,
mit Jagden, Kampfspielen und bei fröhlichem Zechen im Kreise tapferer Krieger
zu vergnügen. (Ev. Lefeb. Ii Nr. 127).
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A. Die Geschichte der Heimat.
(7. Schuljahr.)
3. Die Besiedelung unserer Gegend durch die Sorben.
Wenn du unsere volkreiche Gegend überschaust, so kannst du dir
kaum vorstellen, daß es einmal eine Zeit gab, in der nur hie und da
eine aufsteigende Rauchsäule das Vorhandensein von Menschen andeutete.
Das war in den ersten Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung,-
weiter hinaus läßt sich die Geschichte unsers engeren Vaterlandes nicht
verfolgen. Dichte Wälder, in denen Ur, Bär und Wolf hausten, bedeckten
die Abhänge unserer Berge, und im Tale wälzte sich die Mulde mit
großem Wasserreichtums dahin, da und dort die Ufer überschwem-
mend und schmutzige Sümpfe bildend. Jene verstreut wohnenden An-
siedler waren Deutsche, die dem Stamme der Hermunduren angehörten.
Sie wohnten in größerer Zahl in den fruchtbaren Niederungen unseres
Vaterlandes. Bis herauf an das Erzgebirge hatten sich nur einzelne
gewagt. Ortschaften sind jedoch von ihnen nicht gegründet worden. Zur
Zeit der Völkerwanderung wurden auch die Bewohner unserer Gegend
mit nach Süden fortgerissen. Die verlassenen Landstrecken wurden nun
von einem aus Osten kommenden slavischen Volke in Besitz genommen.
Ein Teil desselben, die Polen, hatte sich an der Weichsel festgesetzt, ein
anderer, die Tschechen, nahm Böhmen ein, ein dritter, die Sorben, be-
siedelte die Länder vom Fuße des Erzgebirges bis an die Sümpfe der
Havel und Spree.
Die Sorben gliederten sich wieder in einzelne Stämme. In unserem
Vaterlande, dem heutigen Sachsen, breiteten sich rechts von der Elbe die
Milzener, links die Daleminzier aus. Sie beschäftigten sich anfänglich
fast nur mit Viehzucht, Jagd und Fischfang und führten darum ein
nomadenhaftes Wanderleben. Erst nach und nach gründeten sie in den
weiten Ebenen des Niederlandes und in den fruchtbaren Tälern des
Erzgebirges feste Niederlassungen. Das waren kleine Dörfer, die meist
so angelegt wurden, daß sich die Wohnungen in Form eines Kreises eng
um eine Quelle oder einen Teich gruppierten. Nur an einer Stelle
hatte man einen breiten Zugang in das Innere des Dorfes offen ge-
lassen. Dadurch bekam das Ganze, das man mit dem Namen Rund-
ling bezeichnet, mehr die Gestalt eines Hufeisens. Diese Anlage war in
zweifacher Hinsicht von großer Wichtigkeit. Der Dorfbrunnen oder Dorf-
teich bot dem Vieh eine gemeinsame Tränke. Man umschloß sie mit
einem hohen Zaune, doch so, daß innerhalb desselben die Herde Platz
hatte. In diesem Pferche fand das Vieh auch in der Nacht sicheren
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übrigen läßt es sich nicht mit Bestimmtheit sagen- denn die später zu-
ziehenden Deutschen benannten bei ihrer Neigung zum Fremdländischen
viele ihrer Ansiedelungen ebenfalls mit sorbischen Namen. Sie nahmen
sogar eine Reihe von sorbischen Ausdrücken in ihre Sprache auf, die sich
bis heute erhalten haben. So rufen unsere Kinder heute noch die Gans
„Husche", die Ente „Biele" und die Kuh „Mutsche". Sie „potschecken"
auf der Straße, wenngleich dies Schleuderspiel in den meisten Orten
polizeilich verboten ist. Sie verzehren mit Hochgenuß jeden „Krietschel"
Obst, der frühzeitig vom Baume fällt. Daß man einen schlechten Men-
schen „Halunke" nennt, daß es einem bei rauher Witterung auf der
„Plauze", d. i. Lunge liegt, und daß manche Angelegenheit, die gelingen
sollte, „futsch" gegangen ist, habt ihr sicher schon gehört. Aber daß
selbst der zu Kartoffeln und Brot gleich wohlschmeckende „Quark" seinen
Namen auch von den Sorben erhalten hat, nimmt euch gewiß wunder.
Jochen, Cainsdorf.
(4. Schuljahr.)
3. In einem Sorbendorse.
Die Sonne kommt hinter den Milldenbergen hervor. Ihre Strahlen
blinken auf den Wellen des Flusses, der sich wie ein helles Band durch
das Tal windet. Der Morgenwind weht durch die Baumwipfel und
schüttelt den Tau hinab ins weiche Moos. Da raschelt es im Gebüsch.
Ein Mann windet sich keuchend hindurch. Jetzt hat er den Fußpfad
erreicht und rastet. Vom Rücken herab wirft er eine schwere Last. Ein
junger Rehbock ist es, den er heute am frühen Morgen drüben auf der
Waldwiese in der Schlinge gefangen hat. Dann hat er ihn mit dem
kurzen Messer, das dort am Leibgurt blitzt, getötet., Jetzt wirft er auch
die Lederkappe vom Kopfe, wischt sich mit dem Ärmel seines rauhen,
wollenen Ramses den Schweiß vom Gesicht, streicht das lange, schwarze
Haar von der Stirn und schaut hinab in das Tal. Da blicken die
dunklen Augen freundlich, und das braune Gesicht lächelt- denn dort
unten hinter den hohen Buchen liegt ja sein Wohnort. Dort warten
Weib und Kind auf die Beute. Rasch springt er auf, hebt das erlegte
Wild wieder auf die Schulter, faßt den Bogen, den er heute nicht zu
spannen brauchte, und klettert den Abhang hinunter. Ob auch die Dor-
nen sein Gewand streifen, sie reißen kein Loch in das feste Linnen seiner
Hose) die scharfen Steine schneiden nicht durch das dicke Leder seiner
Schuhe.
Jetzt ist er am Flusse angekommen. Er winkt dem Fährmanne, der
drüben auf dem anderen Ufer seine Fischnetze zum Trocknen auf hölzerne
Stäbe spannt. Dieser eilt an den Fluß, löst den kleinen Kahn von
einem Pfahle und holt den Jäger herüber. Dabei rudert er nicht, son-
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gesagt, sie müsse ihre Seele bedenken. Da sei er von ihr gewichen. Nach
vier Wochen wurde sie unter dem Galgen verbrannt, ihr verkohlter Leib
aber von den Henkersknechten in Stücke gehackt.
Sonderbarerweise fanden Hexenprozesse nicht nur in katholischen, son-
dern auch in evangelischen Ländern statt. Erst der Universitätsprofessor
Thomasius in Leipzig, später in Halle, hat dahin gewirkt, daß sie beseitigt
wurden.
Wir vermögen in unserer aufgeklärten Zeit kaum zu begreifen, wie
sich der Menschengeist soweit verirren konnte. Freilich bedenken wir da-
bei nicht, daß auch heute noch der Aberglaube wie ein Gespenst den
Menschen von der Wiege bis zum Grabe begleitet und zu den sonder-
barsten und lächerlichsten Handlungen veranlaßt. Warum laufen manche
Menschen bei Krankheitsfällen zu einem, sogenannten Wunderdoktor oder
zu einer weisen Frau und lassen das Übel unter allerlei wunderlichen
Zeichen versprechen, anstatt einen bewährten Arzt um Rat zu fragen oder
durch naturgemäße Lebensweise den Zustand selbst zu bessern? Wie oft
ist solche Torheit schon mit dem Leben gebüßt worden! Oder was soll
man sagen, wenn selbst Leute, die sich zu den Gebildeten rechnen, ihr
Lebensschicksal durch Kartenlegen erfahren wollen? Der Aberglaube klebt
an allen wichtigen Ereignissen im Menschenleben. Da darf das neuge-
borene Kind im ersten Lebensjahre nicht in den Regen kommen, sonst
erhält es Sommersprossen. Ist der Trautag eines jungen Paares heiter
und sonnig, dann wird auch das Eheleben ein glückliches sein- stürmt
und wettert es aber, dann gibt es auch im Ehestände viele friedlose,
unglückliche Tage. Hat der Tod in ein Haus Einzug gehalten, so sollen
die Fenster schnell geöffnet werden, damit die Seele des Verstorbenen
hinausziehen kann. Auch darf den Toten keine Träne berühren, sonst
findet er im Grabe keine Ruhe.
Viele von derartigen Bräuchen entstammen dem grauen Heidentume,
manche sind jedoch auch erst zur christlichen Zeit entstanden. Am weitesten
verbreitet ist der Aberglaube wohl beim Tagewählen. Im abnehmenden
Monde darf weder eine Ehe geschlossen, noch darf umgezogen werden, sonst
ist das Glück des Hauses untergraben. Auch soll man an einem Freitage
nichts Wichüges unternehmen, sonst gelingt es nicht. Die meisten aber-
gläubischen Bräuche aber knüpfen sich an die zwölf Nächte und an die
Marterwoche. Es ist kaum zu sagen, was in diesen Tagen der Mensch
alles tun und lassen soll, um sich vor Unglück zu bewahren. Wieviel
unnötige Sorgen erwachsen den Menschen bei solch törichter Anschauung?
Beherzige lieber jeder die Mahnung des Herrn: „Nun aber sind eure
Haare auf dem Haupte alle gezählt. Darum fürchtet euch nicht."
Jochen, Cainsdorf.
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