Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Ferdinand Hirts historische Bildertafeln - S. 17

1886 - Breslau : Hirt
17 Rispenschnüre gekreuzt bleibt. Hierauf wird immer von vier Fäden je der erste durch Schleifung an einen runden Stab befestigt, der zweite Faden auf einen zweiten Stab u. s. w., bis sämtliche Fäden auf vier Stäbe verteilt sind. Endlich werden die Gewichte in der Ordnung angehängt, dass nur Fäden von einem Stabe an eine und dieselbe Kugel gebunden werden. Nachdem dies geschehen, entfernt man die beiden Rispenschnüre und beginnt die eigentliche Arbeit des Webens, wobei man es in der Hand hat, nach Belieben je 3, 2 oder 1 Faden zu ziehen, •die übrigen liegen zu lassen und durch diesen Wechsel die verschiedensten Muster darzustellen. Wahrscheinlich war solche vollkommenere Art des Webens mindestens schon im Bronzezeitalter weit verbreitet. Doch genügten alle künstlichen Hüllen des Körpers nicht zum Schutze gegen die Unbilden der Witterung. Der Mensch bedurfte wie das Tier des schützenden Obdaches. Am einfachsten bildete ein Waldesdickicht oder eine Höhle (Abbildung 12) die fertige Wohnstätte; oder es entstand in Nachahmung des ersteren die runde Hütte, indem man eine Reihe belaubter Zweige aufstellte und mit ihren Spitzen zusammenflocht. Wo man sich längere Zeit aufhielt, errichtete man ein förmliches Gerüst aus Zweigen, welches eine Bedeckung von Baumrinde, Stroh u. s. w. erhielt; auch Rasen und Thon fand zur Vollendung der Hütte Verwendung. Freilich blieb dieselbe, welche leicht die Form -eines Bienenkorbes (Abbildung 7) annehmen konnte, niedrig, und man vermochte nur kriechend in dieselbe einzudringen, beziehentlich in kauernder Stellung darin zu verweilen. Der Raum erhielt -aber dann dadurch eine Vergrößerung, dass die Erde einige Fuss -ausgegraben wurde, und schliesslich ward das Ganze auf Pfosten oder eine Wand gesetzt. So entstand das runde Haus mit Strohdach und Pfostenwänden, deren Zwischenräume man mit Lehm u. s. w. ausfüllte. Diese Form (Abbildung 1) besitzen die thönernen Behälter, in welchen die ältesten Bewohner auf dem Boden der italischen Stadt Alba Longa (Albano) die Asche ihrer Toten beisetzten. Offenbar liegt dabei das Streben vor, die Behausungen der Toten denen der Lebenden ähnlich zu gestalten, und man vergass nicht einmal die Lichtluken, welche sich über der Thür in dem durch Holzrippen zusammengehaltenen Strohdache befanden, auf dem Thonbild anzudeuten. Eine andere Wohnungsart wird durch die Pfahlbauten repräsentiert. Uralte Reste solcher Anlagen, die aus Holzhütten oder Blockhäusern bestanden, welche auf einem Rost von Pfählen errichtet waren, lassen sich an vielen Orten nachweisen. Man wurde zuerst auf die Pfahldörfer aufmerksam, deren Reste man an den Ufern der Alpenseen unter dem gewöhnlichen Wasserstand entdeckte und von denen Abbildung 6 eine Rekonstruktion bietet. Es fanden sich ferner Spuren von Pfahlbautenniederlassungen u. a. auch im nördlichen Italien, wo sie über festem Boden standen und nach-weisslich noch während der Bronzeperiode aufgegeben wurden. Dagegen herrscht über das Alter der einzelnen Pfahlbauten in der Schweiz (manche scheinen aus der Zeit der Römerherrschaft herzurühren), sowie über ihren Zweck noch eine grosse Verschiedenheit der Meinungen, ob sie nämlich nur als Refugien in Gefahren oder als dauernd bewohnte Stätten gedient haben u. s. w. Als förmliche Bauwerke können auch die grossartigen Grabdenkmäler bezeichnet werden, die sich über den Norden Europas zerstreut finden. Sie bestehen aus gewaltigen Stein- und Erdmassen und lassen auf die gemeinsame Arbeit eines Geschlechtes oder Stammes schliessen. Bildete ein solches Monumentalgrab die Ruhestätte nur einer Leiche, so gehörte dieselbe einem hervorragenden Genossen an; es giebt aber auch grössere Grabgewölbe für Massengräber. Ein „Dolmen“ heisst die Grabstätte, wenn deren Wände und Decke aus riesigen Steinblöcken bestehen (Abbildung 13); er kann entweder unter oder auf einem künstlichen Hügel sich befinden; natürlich waren im letzteren Falle die von den Blöcken gelassenen Zwischenräume mit kleineren Steinen, Sand u. s. w. gefüllt. Anderer Art sind die sogenannten Kistengräber, weniger geräumige Kammern, die aus flachen Steinplatten rechtwinklig zusammengefügt und zumeist von einem Hügel aus Erde oder Steinen umschlossen sind (Abbildung 10). Im allgemeinen pflegen alle diese Gräber, so weit eine grössere Erdbewegung für sie stattgefunden, Hügelgräber oder Hünenbetten zu heissen. Vielfach ist die Spitze des Hügels mit grossen Blöcken gekrönt, derselbe mit Kreisen von rohen Steinplatten oder Steinpfeilern verziert (Abbildung 9). Hinsichtlich der Zeit der Gräber soll sich wenigstens für den äussersten Norden ergeben, dass die Dolmen mehr der Steinzeit, die Kistengräber mehr der Bronzezeit angehören. In das Ende der letzteren wird der Beginn der Sitte verlegt, die Leichen zu verbrennen und ihre Asche in Thongefässen, welche man in Kistengräbern beisetzte, zu sammeln. Ein kürzeres Verfahren bestand darin, dass man die Aschenurne in einem Erdloch mit einer Steinplatte bedeckte (Abbildung 12), oder sie einfach vergrub, wie Abbildung 11 zeigt, die eine Übersicht über die verschiedenartigen Formen der thönernen Urnen — einige haben Löcher in den Wandungen Histor. Bildert.-Text. (Weg für die Seele des Toten?) — bietet. Der Gebrauch des Leichenbrandes, der bei den Germanen, wie feststeht, zu Anfang der christlichen Zeitrechnung herrschte, war im Süden und Westen des germanischen Gebietes vor dem 5. Jahrhundert wieder erloschen und durch das Beisetzen in hügelförmigen oder vertieften Gräbern ersetzt. Bogen 15. Die nordischen Völker seit der Völkerwanderung bis zum 10. Jahrhundert. Seit den Kriegen Cäsars in Gallien (58—50 v. Chr.), der von hier aus zweimal den Rhein überschritt, begannen sich die Germanen unmittelbar und dauernd mit den Römern zu berühren. Die Überlieferung der letzeren ermöglicht uns eine ziemlich genaue Übersicht über die äusseren Lebensverhältnisse unserer Vorfahren, und dazu tragen neben den Zeugnissen der Schriftsteller auch die plastischen Darstellungen bei, welche von ihnen zu entwerfen die Römer vielfach Gelegenheit fanden. Hierunter nehmen z. B. die Reliefs der Siegessäule, welche dem Kaiser Marcus Aurelius (regiert 161—180 n. Chr.) zu Rom errichtet wurde und seine Kriegszüge gegen die Markomannen zur Anschauung bringt, einen hervorragenden Rang ein. Zusammengestellt nach Motiven derselben ist die Abbildung (No. 17)einer germanischen Ratsversammlung, welche man sich durch die Erörterung der Frage, ob eine Unterwerfung stattfinden soll, beschäftigt zu denken hat. Zu der Zeit, auf welche das Bild sich bezieht, scheint an der altnationalen Tracht der Germanen sich nur wenig geändert zu haben: ein starker Mantel, der auf der Schulter mit einer oft sehr verzierten Nadelspange (fibula) gehalten wurde und ursprünglich als der wesentliche, teilweise einzige Bestandteil der Kleidung gedient haben soll, sodann ein enganliegendes Wams, welches nicht über die Knie reichte, ferner teils lange, teils kurze Beinkleider (Kniehose auf Abbildung 1) und Schuhe d. h. einfache, um die Füsse geschlagene und über dem Rist geschnürte Lederstücke machten die vollständige Bekleidung des Mannes aus. Welche Teile man aber davon trug, hing von der jeweiligen Situation der Jahreszeit u. s. w. ab, wie denn für den Kampf der Germane Mantel und Wams ablegte, und gleicherweise richtete sich nach den Umständen die Wahl des Bekleidungsstoffes. Für den Mantel ward zwar wohl immer ein grober Wollenstoff, neben dem Pelzwerk, aus dem das Wams bestand, und neben dem Leder für die Beinkleider aber auch häufig Leinwand verwendet. So ist offenbar aus solcher das Beinkleid gefertigt, welches über den Hüften, durch einen Gürtelriemen zusammengeschnürt, sich in Falten förmlich aufbauscht (Abbildung 1 u. 2). Der Tracht der Männer waren und zwar je früher, desto mehr die Gewänder der Weiber ähnlich. Beiden Geschlechtern blieb der Mantel gemeinsam; das Frauenkleid, hemdartig, ärmellos und an der Brust ausgeschnitten, mag wohl in der Enge dem männlichen Wams entsprochen haben, erstreckt sich aber in der Länge viel weiter nach unten, wohl meistens bis auf die Füsse. In wie weit diese Gewandung freilich der Form auf Abbildung 5 nahe kam, die ein römisches Bildwerk der Kaiserzeit wiedergiebt, lässt sich bei der nicht unbedingten Zuverlässigkeit der antiken Darstellungen schwer sagen. Frauen wie Männer schmückten sich mit Zieraten, die grösstenteils aus Erz verfertigt und importiert waren: auf Abbildung 16 bedeutet No. 1 einen Halsring, No. 2 einen Armring, No. 3 einen Ohrring mit eingehängter Berlocke, No. 4 eine Schmucknadel, No. 5 eine Mantelspange. Alle diese Schmucksachen galten als Kostbarkeiten. Denn das Metall war in der oben bezeichneten Zeit noch selten und auch für Waffen nur beschränkt im Gebrauch, da es nicht jeder erschwingen konnte. Als Schutzwaffe bediente man sich noch lange allein des Schildes, der ursprünglich nur aus Holz oder Rutengeflecht bestand. Der Helm fehlte den Germanen anfangs fast gänzlich, während in gallischen Gräbern mehrfach Bronzehelme von eigentümlicher Form (Abbildung 13) gefunden worden sind. Erst die Benutzung zahlreicher Beutestücke, die in den lange dauernden Kriegen mit den Römern gemacht wurden, mag den Gebrauch der Helme allmählich verbreitet haben. In einen Panzer sich zu hüllen, dachten die alten Germanen noch weniger; dagegen deckte bei den sarmatischen Reitervölkern des Pontusgebietes, von welchen der Stamm der Jazyzes die Gegenden zwischen Theiss und mittlerer Donau erobert hatte und in den germanisch-römischen Kämpfen eine nicht unwichtige Rolle spielte, ein Schuppenldeid den ganzen Mann samt dem Ross (Abbildung 3). Von jenen südöstlichen Nationen entlehnten unsere Vorfahren ihre barbarischen Feldzeichen in Gestalt eines Ungetüms, das mit Ausnahme des wohl hölzernen Kopfes aus einem gleichsam in Glieder abgeteilten Schlauche von bunten Zeugen bestand, welcher auf einer Stange befestigt und vom Wind aufgeblasen sich in drohenden Wendungen einer Schlange bewegt zu haben scheint. Von Angriffswaffen benutzten sie zunächst die allereinfachsten, nämlich für die Fernwirkung und zur Einleitung des Kampfes die Schleu- 5

2. Ferdinand Hirts historische Bildertafeln - S. 19

1886 - Breslau : Hirt
19 Reichen, in welche sich die grosse Frankenhei 1 schaff auflöste, ward das gleiche Schicksal wilder Anarchie und trostloser Stagnation zu teil. Bis in das 10. Jahrhundert beruhte die abendländische Kultur immer noch auf der Tradition der römischchristlichen Kaiserzeit, wenn auch diese Quelle nur in sehr dünnen und fast versiegenden Rinnsalen sich ergoss. Am meisten wehte der Hauch des antiken Lebens in Italien, wo in den Städten die alte Gewerbs- und Handelsthätigkeit nicht ganz erloschen war. Und als Otto I. die politische Verbindung zwischen Italien und Deutschland erneute, begünstigte sie die Förderung der Zivilisation nördlich der Alpen. Dazu trat der Verkehr mit Constantinopel, den schon Karl der Grosse angeknüpft hatte, und besonders seit der Vermählung Ottos Ii. mit der byzantinischen Prinzessin Theophano erhielt griechische Bildung am Hofe auf einige Jahrzehnte eine Pflegestätte. Aber solche fremde Elemente verkümmerten wieder und drangen nicht in weitere Kreise. Die ottonische Periode ist mehr als ein Ausläufer und Schlussglied der karolingischen Entwickelung zu betrachten. Und es mag wohl der Wahrheit entsprechen, dass die Gesandten der sächsischen Kaiser in Byzanz, wie am Kalifenhofe als die Repräsentanten halbgebildeter Barbaren erschienen. Im 11. Jahrhundert bemächtigte sich aber im Abendlande aller Gemüter eine gewaltige Unruhe; es gährte in allen Geistern. Dieselben erhielten durch die Berührung mit der islamitischen Welt, in welcher die verschiedenartigsten Kulturelemente sich durchdrungen hatten und zu einer nicht unwesentlichen Steigerung gelangt waren, eine besondere Auffrischung. Zunächst gingen die arabischen Einflüsse von der pyrenäischen Halbinsel aus, und hier war auch der Schauplatz, auf welchem im 11. Jahrhundert die Veredelung des mittelalterlichen Rittertums erfolgte. In dem Kampfe mit den Mauren fanden die Christen der nördlichen Ge-birgsstriche Unterstützung hauptsächlich durch französische Krieger. Die Glaubensstreiter unterwarfen die Führung der Waffen einem hohem, sittlichen Gesetz. Hier erhielten die Forderungen ritterlichen Ehrgefühls, die Verbindung kriegerischer Tugenden mit idealen Gesinnungen, die Romantik des ritterlichen Heldentums ihre Ausbildung. Dann war es die Kreuzzugsbewegung, welche eine umfassende Einsicht in die arabische Kulturwelt ermöglichte, einen unerschöpflichen Reichtum neuer Anregungen bot und durch die unermessliche Erweiterung des geistigen Horizontes der abendländischen Entwickelung die entscheidende Wendung gab. Nicht minder mussten die Kreuzzüge für die ideale Form des Rittertums, für die Kräftigung ritterlichen Sinnes, für die Verfeinerung der ritterlichen Institutionen günstig wirken. Und da der französisch-normännische Volksstamm in ganz überwiegender Weise an den östlichen Unternehmungen sich beteiligte, so dass die Kreuzfahrerstaaten gleichsam zu französischen Kolonien sich gestalteten, so kamen natürlich ihm hauptsächlich die segensreichen Folgen zu Gute. Durch ihre Ueber-legenheit erhob sich französische Gesittung rasch zum Muster für die ritterlichen und höfischen Kreise anderer Völker; französische Sprache bürgerte sich überall bei der vornehmen Gesellschaft ein und stieg zum Range einer internationalen Weltsprache auf; französische Kultur machte die Deutschen in ihrer Denk- und Lebensweise vollständig abhängig. Wir erkennen dies deutlich z. B. an der Kleidung. Freilich die alten Volkstrachten der mittleren und unteren Stände wurden sogleich nicht berührt. Zunächst also zeigen sich hier nur geringe Veränderungen. Sie bestanden hauptsächlich darin, dass man die Schenkelbinden aufgab und Socken von Filz, beziehentlich Halbstiefel von Leder anlegte (Tafel 17, No. 6). Doch blieb bei den Bauern der alte Bundschuh in Gebrauch. Allgemein trug man enganliegende Hosen d. h. Langstrümpfe, die bis zum Oberschenkel reichten und hier mit einem andern, schwimmhosenartigen Beinkleid (Bruoch) durch Schnüre verbunden waren, oder ganze, geschlossene Beinlinge. Erst in dem 13. Jahrh, gestatteten sich die niederen Gesellschaftsklassen den schon früh von Frankreich übernommenen Brauch der höheren nachzuahmen und die Männerkleider zu verlängern (Bogen 17, No. 7 u. 8) Die Vornehmen und Hofleute fanden dabei das Vorbild in dem Herrscherornat der Fürsten, die den Kleiderprunk und Pomp der byzantinischen Kaiser angenommen hatten, seitdem das fränkische Königtum mit der kaiserlichen Würde verbunden worden und mit dem oströmischen Reiche in Verkehr getreten war. Dargestellt in faltigen, tief über die Kniee herabreichenden Untergewändern und lang wallenden, weiten Mänteln erscheinen Rudolf von Schwaben, der im Jahre 1080 verstorbene Gegenkönig Heinrichs Iv., (Tafel 16 No. 1), König Wilhelm der Rote von England (t 1100; Tafel 17 No. 5), Gottfried Plantagenet, Graf von Anjou und Herzog der Normandie (f 1151; Tafel 16, No. 5). Für die Gewänder, deren die Männer wie Frauen mehrere übereinander trugen, kostbare, gemusterte Stoffe von Byzanz zu beziehen, sie mit nordischem Pelzwerk zu verbrämen und zu füttern, die Kleiderränder durch Stickereien u. s. w. zu verzieren und glänzende Schmuckgegenstände zu verwenden, griff immer mehr um sich. Selbst die Dienerschaft nahm an dem Prunke teil, wie aus den Abbildungen der beiden Pagen oder Knappen (Tafel ; 17 No. 3 u. 4) hervorgeht. Der eine von ihnen trägt als Kopfbedeckung eine Art Zeugkappe, über deren Form oben (zu Tafel 15, No. 8) zu sprechen Gelegenheit war, und in den Händen eine Schriftrolle; bemerkenswerter Weise ist sein langes Gewand, jeden-j falls um die eilige Bewegung des Gehens zu erleichtern, vorn vom Gürtel abwärts aufgeschlitzt, eine Form, welche den späteren Rock vorbereitet. Das Gewand des andern Pagen besteht zwar aus einem zusammenhängenden Stück, besitzt jedoch eine verschiedenfarbige Halbteilung der Länge nach vom Halse abwärts, um die Wappen färben des Herrn zur Schau zu stellen. Mit der Zeit verschritt aber Frankreich, das den Ton angab, zu Änderungen, indem die Verkürzung und Verengerung der männlichen Gewänder aufkam. Letztere führte des leichteren Anziehens wegen dazu, dieselben längs der Brust oder des Rückens ganz aufszuschlitzen und zum Knöpfen, beziehentlich Zuschnüren einzurichten (Tafel 17, No. 14 u. 15). Der untere Rock gewann dadurch den Charakter einer Weste mit Ärmeln, die ebenfalls Knöpfvorrichtungen besassen. Doch gehört diese Neuerung mehr in das 14. Jahrhundert. Solange die Verlängerung der Männerkleider bestand, näherten sich dieselben sehr den Frauengewändern. Für den Schnitt der letzteren wirkte nicht minder die französische Mode bestimmend, und darum ist die Darstellung einer französischen Dame aus dem Anfang des 12. Jahrhunderts (Tafel 17, No. 9) von Wichtigkeit. Am meisten fällt dabei der neue. aber im 13. Jahrh, wieder verschwindende Brauch auf, die Ärmel des oberen Kleides zu Hängeärmeln zu erweitern; ausserdem ist dasselbe an der Brust etwas geöffnet, so dass es die reiche Halsbordierung des unteren Gewandes blicken lässt; das Haar fällt in langen Zöpfen geflochten herab; Kopfschleier und Schultermantel vollenden die Bekleidung. Überhaupt war der Mantel, der für beide Geschlechter die nämliche Form zeigte, das Staatskleid der Damen wie der Herren, gehörte zu den Bedingungen einer vornehmen Erscheinung auch in Deutschland (a. a. 0., No. 12) und blieb stets für Festlichkeiten erforderlich. Eine weibliche Figur vom Naumburger Dome zeigt den Mantel mit einem kleinen, an beiden Seiten dreieckig endigenden Umschlagkragen, und es fehlen die weiten Hängeärmel (a. a 0. No. 10). Es liegt das untere Kleid am ganzen Körper fest an (a. a. 0. No. 11). Die Frauen trugen darüber auch ein weiteres, ärmelloses Gewand (a. a. 0. No. 13), womit sich wiederum die männliche Tracht berührt (a. a. 0. No. 8), und zugleich tritt es auf jener Abbildung zu Tage, dass man auch in der Frauenwelt die Kleider und zwar oben auf der Vorder- oder Rückseite aufschlitzte und für das Zuschnüren einrichtete. Neben Kopftuch oder Schleier war als weibliche Kopftracht üblich das Gebende d. h. das Gebundene, ein Band, welches um Kinn und Wange laufend in Verbindung mit einer flachen, gesteift umrandeten Mütze zu stehen pflegte (a. a. 0. No 10); wo es der Rang verstattete, trat eine Krone hinzu. Letztere bestand für beide Geschlechter zumeist aus einem Goldreifen mit Edelsteinschmuck und lilienartigen Zinken. Dazu trat ein Zepter, der Herrscherstab aus Edelmetall, welcher verschiedenartige, dem Tier- (der Adler ist jedoch noch selten!) oder Pflanzenreich entnommene Verzierungen aufwies. Zum Ornate des Fürsten gehörte ausserdem der Reichsapfel, das Sinnbild des sich über die Erde erstreckenden Reiches. Doch erschienen die Könige natürlich nur bei feierlicher Gelegenheit in ihrem Herrscherornate, gleichwie die Weltgeistlichkeit und die Ritterschaft im Alltagsleben gewöhnliche Kleidung trugen. Was den geistlichen Ornat betrifft, so gelangte er später als im Morgenlande zu festen Formen, und die Trennung beider Kirchen, welche seit dem i. J. 726 entfachten Bilderstreit ihren Anfang nahm, macht es erklärlich, dass gewisse Abweichungen in der Gestalt der liturgischen Gewänder eintraten. Etwa seit dem 9. Jahrhundert hat sich die Form der letzteren in der katholischen Kirche fixiert: Sie bestehen hauptsächlich aus dem langen Untergewand (ursprünglich aus weisser Leinwand und daher Alba genannt), einem kürzeren Überziehkleid (Dalmatika oder Tuni-cella), das zuweilen (Tafel 17, No. 1) bogenförmig am untern Rande ausgeschnitten wird, und aus dem Messgewand (Pänula, Casula). Das letztere bewahrte zwar seine für den Gebrauch der Hände etwas hinderliche Glockenform, erhielt aber vielfach die glänzendste Ausstattung. Auf der Casula erscheint entsprechend der gabelförmigen (Y) Schulterbinde, welche in der griechischen Kirche üblich (vergleiche Tafel 13, No. 4 ff.), ein aufgenähter Besatz; der Gebrauch eines ähnlichen, aber beweglichen Streifens (Pallium) beschränkte sich auf Erzbischöfe. Als allgemeines Zeichen der priesterlichen Gewalt pflegte die Geistlichkeit die Stola, ein riemenartiges, langes Band, zwischen Alba und Dalmatica um den Hals gelegt zu tragen, dergestalt dass die mit Stickereien und Troddeln versehenen Enden bis zu den Füssen herabreichten und hier sichtbar waren. Für die Kopfbedeckung des Bischofs tritt seit dem 10. Jahrh, die Mitra auf, eine

3. Ferdinand Hirts historische Bildertafeln - S. 6

1886 - Breslau : Hirt
Knieen ab umsäumten Untergewande oder Hemd, sowie einem Obergewand, welches er über die rechte Schulter gezogen, und einer Kappe, die noch Spuren roter Bemalung aufweist und deren Zipfel umgeschlagen ist. Noch heute gebraucht die Bevölkerung solche aus Wolle gestrickte Kopfbedeckungen. Der männliche Porträtkopf (Abbildung 7) bietet den gleichen Charakter; der weibliche zeigt kunstreich geordnetes und im Nacken lockig herabfallendes Haar, das ein Band umschliesst, Ohrgehänge und am Hals ein aus mehreren Reihen bestehendes Perlenhalsband. Diese Proben cyprischer Kunst zeigen grosse Familienähnlichkeit mit der assyrischen, wie z. B. Haupt- und Barthaar auf den assyrischen Reliefs in gleichen, reihen- und stufenweisen Flechten geordnet erscheint. Andere Überreste beweisen dagegen mehr ägyptischen Einfluss. Von Cypern weit westwärts über das Meer vordringend, schufen die Phönizier sich besonders an der Nordküste Afrikas ein Kolonialgebiet. Hier ward vor allen Göttern der Baal Cbamman d. i. der feurige (Sonnen-)Baal verehrt. Auf Abbildung 2 finden wir ihn sitzend und mit Widderhörnern dargestellt. Letzteres Attribut trägt er wie der ägyptische Sonnengott Ammon, der ursprünglich der Gott der Fruchtbarkeit und Zeugung, ein Erntegott war. Das heilige Tier, in welchem dieser erscheint, ist der Widder, und da der Ammonkultus in Libyen stark geübt ward, scheinen die afrikanischen Phönizier das Widdersymbol für ihren Haupt- und Sonnengott übernommen zu haben. Wie weit überhaupt religiöse Vorstellungen sich zu verbreiten vermochten, zeigt die Wanderung des Gottes Bes (Abbildung 3). Diese glotzäugige, plattnasige, tierisch grinsende Zwerggestalt einer Gottheit soll aus dem südlichen Arabien stammen und hier den Einheimischen einen gewaltigen, finsteren Dämon repräsentiert haben. Wir finden dieselbe aber nicht nur in der ganzen semitischen Welt, sondern auch in Ägypten, wo seine bizarre Gestalt vor allem in humoristischer Weise zu Ornamenten verwendet wurde, und seine Spuren selbst in Griechenland, wo aus ihm der Gorgonentypus abgeleitet ist. Wie über das Meer, trugen die Phönizier auch an der asiatischen Küste entlang die Civilisation nach dem Westen, und nicht minder ging dahin ein Kulturstrom aus dem inneren Vorderasien. In Kleinasien bildeten die einzelnen Landschaften eine Reihe von Stationen für die grosse Heerstrasse der Kultur, die sich gleichsam etappenweise fortgepflanzt und mannigfaltige Umgestaltungen erfahren hat. Proben der kleinasiatischen Kultur sind auf Abbildung 8 und 9 in Resten der Kunst gegeben, welche die alten Lykier — wahrscheinlich ein indogermanisches Volk hoch entwickelten. Aus einem Grabe der antiken Lykier-stadt Pinära rührt das Reliefbild einer befestigten Stadt her, in dessen Hintergrund links die Nekropolis mit einem Pfeilerund einem Sarkophaggrabmal sich befindet. Höchst instruktiv erweist die freie Zusammenstellung von verschiedenen Felsengräbern auf Abbildung 9 in gewissen Fassaden den Zusammenhang mit dem assyrischen Tempelstil, wie er auf Abbildung 3 dei lafel 3 erscheint; wir erblicken neben massigen Pfeilern schlanke Säulen mit Voluten oder Schnecken an den Kapitalen und mit Basen, also Formen, welche bei den griechischen Tempeln ionischen Stiles wiederkehren; das kleinasiatische Vorbild füi ^ die Tempelbauten der Griechen ist unverkennbar. Im 1 liiigen ist der andere Teil der ljidsehen Grottengräber der Gestalt der heimischen Holzwohnungen (Blockhäuser mit rechtwinkeligem Balkenwerk) nachgebildet. Bogen 5. Griechen. I. Kultus. Auf die Entwickelung der griechischen Kultur übten am frühesten die Phönizier eine Einwirkung aus. Ohne freilich auf die Dauei ihien Einfluss sichern zu können, vermittelten sie die Bekanntschaft der Griechen mit der Zivilisation Syriens, deren Elemente teils babylonischen teils ägyptischen Ursprungs’ waren. In späterer Zeit, als die kleinasiatischen Kolonien der Hellenen einen mächtigen Aufschwung nahmen, übertrugen sich von ihnen nach dem Mutterlande jene engen Berührungen mit der Kultur welche aus dem babylonisch-assyrischen Binnenlande nach Kleinasien vorgedrungen und dabei mannigfachen Umgestaltungen unterworfen gewesen war. Doch verstanden es die Griechen alle die Anregungen', welche ihr Geist von Fremden empfing, national zu gestalten. Sie haben die Kunst eigenartig bis zu dem lad ausgebildet, dass das von ihnen Geschaffene als das Höchste gilt was das Altertum auf diesem Gebiete geleistet. Lange stand diese Kunst vorwiegend im Dienste der Religion und des öffentlichen Lebens, zweier Gebiete, die sich auf das innigste durchdrängen. Dem Kultus der Götter war in gleicher Weise Architektur und Plastik gewidmet. Dei lempel diente bei den Griechen so wenig wie bei den Ägyptern und den Vorderasiaten dem Zwecke einer Kirche in unserem Sinne. Er war keine Halle, in welchem sich die ulaubiger zu gemeinsamer Erbauung versammeln, sondern die Wohnung einer Gottheit. Sein Kern besteht daher aus dem Gemach oder der Kammer (cella) des Gottes, und um die Gegenwart desselben darzustellen, errichtete man darin sein Standbild. Nur zuweilen schloss sich an die Cella noch ein besonderer Hinterraum, wie ein solcher z. B. beim Parthenon auf der athenischen Akropolis vorhanden war und zur Bewahrung des athenischen Staatsschatzes diente. Auf einem massiven Unterbau von mehreren Stufen erhebt sich das griechische Tempelhaus. Es pflegt die Form des Rechteckes zu haben. An der östlichen Schmalseite gelangt man zum Eingang durch eine Vorhalle. Die ursprüngliche Form derselben ist dergestalt, dass die langen Seitenmauern vortreten und zwischen ihren Stirnen (antae, daher diese Form „templum in antis“ genannt wird; Abbildung 10 a), die vorn als Pfeiler erscheinen, Säulen stehen. Letztere stützen den horizontalen Balken, welcher auf den Enden der Langseiten aufliegt und die Front des Giebeldaches trägt. Auch an der Rückfront kann sich eine gleiche Säulenhalle wiederholen (Abbildung 10 c). Eine freiere Entwickelung zeigt der Tempel, dessen Vorhalle in der ganzen Fassade nur Säulen (griech. styloi, daher Prostylos-Tempel) aufweist, so dass die Halle nach 3 Seiten offensteht. Besitzt der Tempel eine solche an beiden Schmalseiten, so heisst er Amphiprostylos. Eine Erweiterung vermögen diese Formen durch eine Säulenreihe zu erhalten, welche sich um alle vier Seiten des Tempels zieht. Das ist der Peripteros, der rings-umflügelte Tempel (Abbildung 10 e). Diese Gestalt gilt für die edelste. Sowohl der Parthenon (ein Amphiprostylos), als auch der Zeustempel zu Olympia (ein templum in antis) besitzt eine peripterale Säulenhalle. Durch die Verdoppelung der Säulenstellung entstand in späterer Zeit der Dipteros oder doppelt geflügelte Tempel (Abbildung 10 g). Ganz spät und nur an untergeordneten Denkmälern ward von den Griechen die Form des Rundtempels mit Säulenkranz (Abbildung 10 f) versucht. Man unterscheidet aber die Tempel nicht nur nach der Stellung der Säulen, sondern auch nach dem Stil derselben und pflegt ionische, korinthische, dorische Säulenordnung zu trennen (Abbildung 11). Gemeinsam haben alle Säulen eine leichte Verjüngung, d. h. sie werden nach oben dünner; jedoch findet dies nicht gleichmässig, sondern im unteren Drittel weit geringer als oben statt; infolge davon erhalten die Säulen eine nach aussen gekrümmte Kontur (Anschwellung oder Entasis genannt). Die ursprünglichste der Säulenordnungen ist wohl die ionische. Sie besitzt einen besonderen Fuss (Basis); ihr schlanker Schaft ist verziert mit einer grossen Zahl von Kanneluren oder halbrund ausgehöhlten Rinnen (an Zahl bis zu 24); eine besondere Eigentümlichkeit zeigt das Kapitäl oder der Säulenknauf mit dem schon bei den Assyriern nachweisbaren Spiralornament der Voluten oder Schnecken, welches seiner Entstehung nach auf eine sich abrundende Metallverzierung zurückgeht. Der ionischen tritt sekundär zur Seite die korinthische Säulenordnung, hauptsächlich nur im Kapitäl abweichend und erst bei den späteren Griechen häufigere Anwendung, zugleich aber auch immer reichere Ausschmückung findend. An dem als Kelch oder Korb gedachten Säulenknauf winden sich mehrere Blätterkränze herum, wobei besonders der reichgezackte Akanthus (Bärenklau) zur Verwendung kommt, und steigen allerlei Ranken, Voluten u. s. w. empor. Ganz im Gegensatz zu dieser reichen Gestaltung steht die dorische Säule mit ihrem strengen und einfachen Charakter. Wie sie ohne Vermittelung einer Basis aus der Grundfläche hervorsteigt, besitzt sie ein überaus schlichtes Kapitäl und minder tiefe, minder viele Kanneluren, ferner eine geringere Höhe, als die ionische Säule. Pflegt diese etwa 8—9 untere Durchmesser zu erreichen, so zählt die dorische Säule nur gegen 6, und dem entsprechend ist auch der reguläre Abstand zwischen Säulen dorischer Ordnung (etwa 1 % Durchmesser) geringer als bei Säulen ionischer Ordnung (bis zu 2 Durchmesser). Der Säulendurchmesser bildet so eine Einheit, welche das gegenseitige Verhältnis aller Formen des Tempels bedingt. Die Verschiedenartigkeit ionischen und dorischen Stiles beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Ordnung der Säulen, sondern prägt sich auch in der ganzen Konstruktion des Gebälkes aus. Doch sei hier nur des Aufbaus im dorischen Stil gedacht, da diesem die wichtigsten Tempel, der Parthenon in Athen und der Zeustempel in Olympia angehören. Über den Säulen spannte sich in massiven, von einer Säulenaxe bis zur andern reichenden Blöcken ein Steinbalken (Architrav oder Epistylion). Darüber lag ein zweiter, der steinerne Fries. An ihm wechseln vortretende, viereckige Blöcke, die an der Vorderseite dreifach „geschlitzt“ sind (daher „Triglyphen“), mit zurückliegenden , in der Regel Skulpturen enthaltenden Feldern (Metopen). Dieses Gebälkeglied trägt nach innen die Steindecke der Cella, nach aussen das mächtig vorspringende Gesims (Geison) aus Stein. Hinter dem letzteren erhebt sich an den beiden Langseiten des Tempels sanft das mit Ziegeln gedeckte Dach; an den Schmalseiten war dasselbe durch ein dreieckiges Giebelfeld abgeschlossen, welches mit dem horizontalen Geison

4. Ferdinand Hirts historische Bildertafeln - S. 18

1886 - Breslau : Hirt
18 der (Abbildung 2), für den Nahkampf die Keule (Abbildung 1), die jedoch auch geschleudert werden konnte. Vornehmer waren der erzene Streitkolben und die erzene Axt mit hölzernen Stielen (Abbildung 15); nicht als Waffen, da sie zum Teil hohl und nur wenig stark sind, sondern zum Schmuck und Aufsatz der Stäbe, welche die Richter, Könige u. s. w. als Ehrenzeichen trugen, dienten die drei Geräte aus Erz auf Abbildung 14. Das lange Eisenschwert trat erst in der merowingischen Zeit in allgemeineren Gebrauch, und selbst das volkstümliche Kurzschwert, wie das Dolchmesser kam nur sekundär im Kampfe zur Verwendung. Die Hauptwaffe bildete neben der Axt der Speer, der in den Bömerkriegen vollkommenere Formen und eine Metallspitze erhielt. Als dann unter dem Einfluss der römischen Kultur die heimische Metallarbeit der Germanen sich bis zu dem Grade entwickelt hatte, dass sie dem ganzen Volke die eiserne Lanze und Axt reichen konnte, war es auch mit der Übermacht der römischen Krieger vorbei. Es entstand auf dem Boden des Imperium eine Reihe von Germanen Staaten. Die meiste Bedeutung besitzt das Ostgoten- und das Frankenreich, jenes von Theode-rich (f 526) in Italien, dieses von Chlodwig (f 511) in Gallien begründet. Eifrig strebte Theoderich, welcher den Wert der antiken Bildung zu schätzen verstand, zu ihrer Höhe das gotische Barbai entum emporzuheben. Doch seinem kühnen Versuche, Römertum und Germanentum zu verschmelzen, machte der Stuiz des italischen Ostgotenreichs ein rasches Ende. Nur wenige Reste haben sich aus der Zeit erhalten, da Theoderich nicht bloss pietätvoll die vorhandenen Kunstwerke zu erhalten, sondern auch neue zu schaffen und in ihnen das ersterbende römische Wesen frisch zu beleben bedacht war. Hierzu gehört das Grabmal des Königs, zu seinen Lebzeiten in Ravenna errichtet, jetzt als Kirche Santa Maria della Rotonda genannt (Abbildung 16): das Gruftgewölbe, ein rundes, nach aussen zehneckiges Obergeschoss mit flacher Kuppel, die aus einem Felsblock von 34 Fuss Durchmesser gearbeitet ist, ruht auf einem mächtigen, zehneckigen Unterbau; die vortretende Terrasse, welche derselbe bildet und zu welcher eine doppelte Freitreppe fühlt, trug eine längst verlorene Säulenstellung, die das Mausoleum von aussen umgab. Verraten nun auch einzelne Bauglieder (z. B. die Gesimse) in der Ausführung den Charakter der Verwilderung, so gilt doch im Ganzen die Behandlung der architektonischen Gliederungen für höchst merkwürdig, den römischen Gewölbebau eigenartig fortbildend. Das Monument gewährt in beabsichtigter Einfachheit einen würdigen Eindruck. Was dem Staatsgebilde des Theoderich nicht beschieden war, blieb dem Frankenreiche vorbehalten: es gab den Boden, auf welchem sich die gegenseitige Durchdringung und Vereinigung der römischen und germanischen Elemente allmählich vollzog-, und wurde so das Bindeglied zwischen der antiken Welt und dem Mittel alter. Ungeachtet aber aller Einwirkung römischen Brauches haben die Franken in der Volkstracht, wie in vielen andern Stücken, an der heimischen Art mit zähem Sinn festgehalten. Der altgermanischen Sitte entsprechend, bestand ihre gewöhnliche Kleidung aus einem langen, weiten Wollenmantel, einem eng anliegenden Leibrock, der von einem Gürtel zusammengehalten wurde, der Kniehose oder dem langen Beinkleid und Schuhen. Abbildung 6—8 geben hiervon aus ziemlich später Zeit Proben, und auf der letzten erscheint merkwürdigerweise eine Kopfbedeckung in der Form der phrygischen Mütze, welche die Darstellung der Donaustämme auf der Trajans-säule zu Rom ebenfalls aufweist. Speziell bei den Franken herrschte die Sitte, eine Art Gamasche zu tragen, welche vom Knie abwärts über den untern Teil des Beines, beziehentlich der Hose reichte, und um diese Gamaschen von den Knöcheln aufwärts kreuzweise lange Bänder umzulegen, welche an den Schuhen befestigt waren. Dagegen müssen die hohen Überziehstiefel auf Abbildung 7 als romanischen Ursprungs bezeichnet werden. Der vornehmen Franken Kleidung unterschied sich nur durch buntere Farben, grössere Kostbarkeit der Stoffe (Seide!) und glänzendere Ausstattung; z. B. konnte die übliche Verbrämung des Leibrockes reicher ausfallen, ferner der Gürtel, dessen Ende (sog. Riemenzunge) man dann gern herabhängen liess, wie dies Abbildung 10 zeigt, durch Beschläge und andere Metallzierden wertvollen Schmuck erhalten u. s. w. Das steigerte sich natürlich am höchsten beim König. Von Karl dem Grossen heisst es, dass er bei festlichen Vorkommnissen mit einem Diadem aus Gold und Edelsteinen und in golddurchwirkten Gewändern erschien, dass seine Schuhe mit Edelsteinen besetzt waren, dass seinen Mantel eine goldene Spange zusammenhielt. Und dieser Schilderung entgeht die Darstellung seines Enkels, Karl des Kahlen (f 877) aut Abbildung 12 nach einer Miniatur des 9. Jahrhunderts. Dieselbe lasst neben dem Kaiser auch seine Gemahlin Irmintrude erscheinen (Abbildung 11), deren Kleidung eine gewisse Anschauung tur die Art der fränkischen Frauentracht ermöglicht. Man erkennt die verzierten Untergewänder, welche bis zu den en reichten, den Mantel, der entweder über den Kopf gezogen oder mit einer Spange vor der Brust befestigt wurde, kurzgespitzter farbige Schuhe. Das Haar liessen die Frauen schlicht oder in langen Zöpfen herabfallen oder sie steckten letztere auf dem Haupte mit einer Nestnadel fest. Der volle, über die Schultern fallende Haarwuchs war bei den alten Germanen ein Merkmal sämtlicher Freien, kann aber bei den späteren Franken nur noch als ein besonderes Vorrecht der Könige bezeichnet werden, während die Übrigen ihr Haar in bestimmter Weise kürzten. Für die Pflege desselben spricht das häufige Voikommen des grossent oft zierlich aus Elfenbein gearbeiteten Kammes nicht etwa nur in Gräbern der Frauen, sondern auch stattlich gerüsteter Krieger. Was die Ausrüstung des fränkischen Kriegers (Abbildung 9) betrifft, so bildeten der Speer, welcher in verschiedener Gestalt zum Kampfe in der Nähe, wie zum Wurfe in die Ferne diente, und der Schild die allgemeine Bewaffnung des Heeres; die Axt als Waffe war durch das Langschwert gegen das Ende der merowingischen Periode allmählich ganz verdrängt worden, und zugleich trugen nunmehr die Männer höheren Ranges als Schutzwaffe häufiger den Helm, dessen Kegelform sich bei den Deutschen bis zum Ende des 12. Jahrhunderts behauptete; der Gebrauch des Panzerhemdes mit Schuppen und Ringen blieb selten, galt selbst unter Karl dem Grossen noch nicht für eine allgemeine Verpflichtung. Kamm, Nestnadel, Fibel (Spange) und Knopf auf Abbild. 15 entstammen nicht fränkischen, sondern nordischen Gräbern des 7—10. Jahrhunderts und sind, wenn sie überhaupt dem Norden ihren Ursprung verdanken, unter dem Einfluss klassisch edler Formen gefertigt. Den Franken, welche über das romanische Gallien ihre Herrschaft ausgebreitet und mit Beuteschätzen ihre Wohnungen gefüllt hatten, standen die Proben der römischen Kunst und Handwerksthätigkeit so nahe, dass im Anschluss hieran ein Aufschwung eigener, volkstümlicher Produktion wohl stattfinden konnte. Aber sie machte verhältnismässig sehr geringe Fortschritte und brachte originale Leistungen, soweit wir es wissen, nicht hervor. So zeigt auch der bronzene, vergoldete Lehnsessel des König Dagobertl. (f 638), abgesehen von den oberen Lehnen, welche eine Hinzufügung des 12. Jahrhunderts sind, nur eine Behandlung spät römischer Darstellungsformen (Abbildung 13). Einen kräftigen Anstoss erhielt die Industrie und Kunst durch Karl den Grossen. Sein umfassender Blick überschaute auch diese Gebiete, wenn auch von tieferem Verständnis kaum die Rede sein kann, und ward durch die enge Verbindung geschärft, die er mit Rom und Byzanz anbahnte. Des Herrschers Streben galt einer Vereinigung der bisher zerstreuten, handwerklichen Kräfte, einer Schulung derselben nach Vorbildern der römischen Kultur. Und er zog nicht nur Fremde dazu heran, sondern verwendete auch viele Zierstücke antiker Gebäude bei seinen mannigfachen Bauten. Von diesen hat sich jedoch nur der Münster oder die königliche Palastkapelle zu Aachen, welche die Form einer byzantinischen Zentralanlage mit Kuppelbau besitzt, und darin u. A. der marmorne Sitz Karls (Abbildung 14) erhalten, auf dem die späteren Kaiser Platz zu nehmen pflegten, wenn nach Beendigung der Krönungsfeierlichkeiten ihnen von den anwesenden Fürsten des Reiches gehuldigt wurde. Aus karolingischer Zeit lühren auch ein Kelch und ein Leuchter (Abbildung 15 und 13) im Stifte zu Kremsmünster her, welche man mit dem von Karl 788 abgesetzten Baiernherzog Tassilo in Verbindung zu bringen pflegt. Die höchst merkwürdigen Geräte, die aus Kupfer gegossen sind, deuten in ihrem äusseren Gepräge auf eine Nachahmung italischer oder byzantinischer Vorbilder hin, lassen aber doch die Regung nationalen, germanischen Tiiebes erkennen. Derselbe verrät sich in dem Bestreben der malerischen Ausfüllung von Flächen durch Verzierungen, welche in Kombinationen von allerlei Linienspiel, Riemen- und Flechtwerk, phantastischen Tiergestalten u. s. w. bestehen, und in welchen sich subjektive Stimmung und Laune beliebig ergeht. Dieser ornamentale Stil, sowie die barbarische Roheit der Bilder auf dem Kelch (Christus u. s. w.) weisen auf einen einheimischen Künstler hin. Im Anschluss an diese Geräte, welche kirchlichen Zwecken dienten, sei der Bischofsstäbe auf Abbildung 15 gedacht. Der mit der Doppelkrücke gehörte dem Bischof Gerard von Limoges (f 1022) und repräsentirt die ältere Form, welche dem ursprünglichen Zweck, dem der Stütze, mehr entsprach, als die jüngere, seit dem 11. Jahrhundert in der abendländischen Kirche durchdringenden Gestalt. Diese unterscheidet sich durch grössere Länge und durch die nach innen gewendete hakenförmige Krümmung. Bog. 16 u. 17. Vom 11 — 13. Jahrhundert. Die mächtige Bewegung, welche auf so vielen Gebieten des öffentlichen und geistigen Lebens ihren Ursprung der Wirksamkeit Karls des Grossen verdankte, stockte unter seinen Nachfolgern gar bald infolge innerer Wirren, wie der Gefahren von aussen durch Normannen, Magyaren u. s. w. Den verschiedenen

5. Ferdinand Hirts historische Bildertafeln - S. 20

1886 - Breslau : Hirt
20 Nachbildung der im gewöhnlichen Leben üblichen Randkappen, die in der Mitte eingedrückt wurden und eine bandartige Stirnverzierung, sowie herabhängende Binden als Schmuck erhielten. Verschieden von diesen bischöflichen Mitren ist die Kopfbedeckung des Papstes (Tafel 17, No. 2), ein ziemlich hoher, zuckerhutförmiger Spitzhut mit goldenem Stirnreif. Zu letzterem trat ein senkrechter Streifen und am Anfange des 14. Jahrh, ein zweiter Horizontalreif, am Schlüsse desselben ein dritter, so dass das Ganze die Form einer dreifachen Krone gewann. Über die Form der Bischofsstäbe wurde schon zu Tafel 15 gehandelt. Es sei nur noch zu Abbildung 2 auf Tafel 17 bemerkt, dass das Brustschild mit 12 Edelsteinen, das sog. Pektorale oder Rationale, später ausser Gebrauch kam, dagegen das am linken Arme hängende, handtuchartige Zeugstück (ursprünglich ein Wischtuch?) als Prunktuch beibehalten worden ist. Die Ausrüstung des Kriegers hatte seit der Karolingerzeit nur geringe Wandelung erfahren. Im Streit blieben Speer und Schwert die ritterlichen Waffen; letzteres, welches durch zunehmende Länge und Breite der Eisenklinge wuchtiger und an seinem Griffende ziemlich umfangreich wurde, sich im Frieden durch einen Schwertträger (Tafel 17, No. 4) vor- oder nachtragen zu lassen, bildete sich als beliebte Sitte der Vornehmen heraus. Neben den Handbögen gelangte in noch unbestimmter Zeit (vor dem 12. Jahrh.?) eine Art Armbrust zur Verwendung (Tafel Ig, No. 10 u. 11). Als Schutzwaffen wurden seit dem 10. Jahrh. Helme und Harnische allseitig gebraucht. Erstere bewahrten die alten Formen des Kegels oder der niedrigen Kappe, ja selbst der phrygisehen Mütze und scheinen früher aus Leder mit eisernen Bügeln, im 11. Jahrh, häufiger ganz aus Eisenblech bestanden zu haben. Auch fügte man vielfach an den Helm Deckungsvorrichtungen, z.b. einen Schirm für die Nase (Tafel 16, No. 3. Dies System fand seine Vervollkommnung in den geschlossenen Helmen, welche wohl schon im 12. Jahrhundert nicht selten benutzt wurden: sie reichen topfartig aus einem Stück gefertigt bis zum Kinn und lassen nur für die Augen u. s. w. ganz schmale Öffnungen (Tafel 16, No. 16, Fig. 6). Parallel ging die Verbesserung des Panzers. An Stelle des steifen Lederkollers, der mit Metallstreifen, Schuppen oder grösseren, über einander hinweggreifenden Ringen besetzt war, trat im 11. Jahrh, eine beweglichere Form ein: auf einem weichen Stoff nähte man Reihen kleiner Ringe, die zu einfachen Ketten verbunden waren, auf (Ringpanzer); im 12. Jahrhundert verbreitete sich wahrscheinlich durch französischen Einfluss der Gebrauch der Kettengeflechtpanzer, die im Orient seit früher Zeit bekannt waren, d. h. dichte Eisenkleider aus sehr kleinen Ringen, von welchen jeder besonders vernietet mit allen Nachbarringen künstlich verflochten war. I)a man auch Hals und Kopf (mit Ausnahme des mittleren Gesichtes) durch eine mit dem eisernen Waffenhemd verbundene Capuze gleicher Art und die Beine statt mit Plattenschienen (Tafel 16, No. 2) mit Geflechthosen schützte, so entstanden förmliche Kettenanzüge, die man auf Tafel 16 vielfach veranschaulicht findet. Unter dieser Eisenrüstung trug man (wattierte?) Unterkleider, über derselben einen leichten, zumeist ärmellosen Überwurf, das Wappenkleid, um zu verhindern, dass die Eisenrüstung durch die Sonnenstrahlen gar zu sehr erhitzt wurde. Der Kettengeflechte und darüber hängender Schutzdecken bediente man sich auch für die Streitrosse. Der Kriegsdienst zu Fuss hatte nämlich seit dem 10. Jahrhundert seinen Adel ganz verloren. Nur dem Reiter kam noch die Waffenehre zu; auf der Masse der wohlgerüsteten Ritter beruhte die Kraft des Heeres. Freilich konnte man in den Heeren des Fussvolkes niemals ganz entbehren; es pflegte die Schlacht durch Scharmutzieren zu eröffnen, und gut bewaffnet konnte der gemeine Fussgänger selbst dem Ritter gefährlich sich zeigen, wie denn die Helmbarte (Hellebai te, lafel 16, No. 2) d. i. ein Beil mit langem Stil, wuchtig geschwungen den Helm zu spalten vermochte. Aber die Ent” Scheidung in der Schlacht brachte der Reiterkampf (Tafel 16, No. 17), und darum wurden von den Truppen nur die Ritter gezählt, wenn sie auch stark in der Minderzahl waren. Als Vorbereitung für den Kampf, zur Erprobung der ritterlichen iüchtigkeit dienten die Turniere. Waffenspiele hat es nun jederzeit gegeben. Die Turniere aber bedeuten etwas Besonderes. In Frankreich haben einheimische Ritter während des 11. Jahrhunderts die Übungen, welche ursprünglich zu Manovrierzwecken dienen sollten, durch Aufstellung von festen Gesetzen und Gebräuchen zu einem Glanzpunkt höfischer Feinheit ausgebildet. Es ward daraus ein Fest, an dem auch Damen 1,1,en1.rflche°i Anteil hatten. Zu scheiden ist dabei zwischen litteihchem Stechen (Tjost), wo Mann gegen Mann (Tafel 16, No 15), und dem eigentlichen Turnier, dem Abbild eines wirklichen Reitertreffens, wo Schar gegen Schar kämpft. Die Teilnahme erforderte sorgfältige Rüstung (Tafel 16, No.9) und brachte zwar dem Sieger grosse Ehre, bei dem Lehnsherren Berücksichtigung, bei den Damen Bewunderung und Zuneigung, war aber gar nicht ungefährlich und billig. Gerade im Anschluss an diese festlichen Zusammenkünfte vermochte sich der steigende Luxus der ritterlichen Kreise besonders zu entwickeln. Man fand sich in möglichster Pracht der Kleidung und Rüstung ein. Es ward mehr, als früher Sitte, den Helm durch allerlei Federbüsche, bunte Tücher und phantastische Zieraten zu schmücken. Zu letzteren pflegten besonders Wappentiere genommen zu werden, und um den Ritter, dessen Gesicht der Helm verdeckte, unzweifelhaft kenntlich zu machen, wurden nicht minder die Schilde, die man möglichst kostbar ausstattete, die Wappenkleider die Überhangdecken der Rosse, die Wimpel der Lanzen mit Wappen versehen. Dem zunehmenden Prunk der ritterlichen Gesellschaft entsprach auch eine stattlichere Gestaltung der Behausung. Die Form derselben war die Burg, der befestigte Wohnsitz, in welchem der Mensch und seine Habe geborgen war. Während es vorher wohl für genügend galt, die Gebäude des Landsitzes durch Wassergraben und Palissadenreihe abzuschliessen, begannen im 10. Jahrh, die mächtigeren deutschen Herrengeschlechter für ihre Burgen von Natur geschützte Plätze zu wählen und den bisher wenig geübten Mauerbau (Quadertechnik) anzuwenden. Am liebsten befestigte man die Kuppe eines Felsen, dessen abfallende Seiten die Annäherung des Feindes möglichst erschwerten, und liess nur ein Thor als Öffnung. Das war die schwache Stelle, gegen welche sich der feindliche Angriff zu richten pflegte, und darum galt die Sicherung des Zuganges als die Hauptsache. Nicht überall lag die Sache so günstig, wie beim Schloss Wildenstein an der Donau nahe bei dem badischen Städtchen Mösskirch (Abbildung 18 nach einem alten Holzschnitt): hier befindet sich die Hauptburg auf frei liegendem Felsen; von ihr führt über eine tiefe Schlucht eine Doppelzugbrücke, welche in einem gewaltig ausgemauerten Pfeiler ihre Stütze findet, nach einem weniger abgeschlossenen Bergabschnitt, der gleichsam als Brückenkopf oder Vorburg befestigt und durch eine kleine Zugbrücke mit dem Bergplateau verbunden ist. Die eigentliche Burg pflegte ausser der Umfassungsmauer und einem Hauptturm, welcher als Kern der Befestigung erscheint, dem sog. Bergfried, noch aus dem Palas (Palatium), der Halle des Burgherrn, aus der Kemenate d. i. einem mit einer Feuerstätte (caminus) versehenen Gemach oder Gebäude, das dem eigentlichen Familienleben diente, und der Küche zu bestehen. Die volle Ausbildung grosser Hofburgen, bei welchen sich die mannigfaltigsten Nebengebäude für Wirtschafts- und Wohnzwecke fanden, datiert in Deutschland seit dem 1067 begonnenen Bau der Wartburg. Der heutige Grundriss (Tafel 17, No. 20) derselben weist freilich viele Umgestaltungen gegen den ursprünglichen Plan auf; noch aber lässt sich dieser erkennen: die Umfassung folgt der obersten Platte des isoliert liegenden Felsens; der Eingang führt durch einen dicken Turm auf der Nordseite, und dementsprechend steht ein zweiter Turm auf der Südecke. Fast in der Mitte zwischen beiden erhob sich der mächtige Bergfried, der Grundstock der inneren Befestigung, an welchen sich eine Abschnittsmauer lehnte, welche die ganze Anlage in die nördliche Vorburg und die südliche Hofburg schied. In der letzteren befanden sich die wichtigsten Bauten des Herrensitzes, und noch bis auf unsere Zeit hat sich ziemlich in der alten Form der Palas (Tafel 17, No. 19) erhalten; errichtet ist er in dem sog. romanischen Baustil, der auf dem Gebiete der kirchlichen Gebäude seine Entwickelung fand. Bei der allgemeinen Verwirrung nämlich, welche die Auflösung der Monarchie Karls des Grossen begleitete und seinem Beginnen Kunst, beziehentlich Kunsthandwerk zu fördern, keinen Raum zur Entfaltung liess, zog sich die künstlerische Thätigkeit in die Klöster, die Pflanzstätten der Gesittung, zurück. Hier bestand die Beschäftigung in Werken zur Verherrlichung Gottes. Als Grundlage dienten die Nachwirkungen der römisch-christlichen Kunst (besonders auf dem Gebiete der Architektur, welche das meiste Interesse in Anspruch nimmt), so dass man die Kunst des 11—13. Jahrhunderts als ,.romanische“ zu bezeichnen pflegt. Doch da die römische Tradition nur in vereinzelten Werken oder Fragmenten, seien es Bauten, seien es Metallarbeiten u. s. w., als Muster diente, und da das sich zunächst und gleichsam zufällig Bietende eine lokale Nachahmung hervorrief, so lässt sich ein in sich geschlossener Typus für die romanische Kunst des Abendlands nicht fixieren. Aus dürftigen Anfängen entwickelt sich seit dem 11. Jahrhundert überall eine bessere Technik, ein grösserer Formenreichtum, eine innere Durchbildung der Details, wobei sich die Kunst in einer grossen Mannigfaltigkeit von Kreisen bewegt, die nur teilweise Berührung haben. Auf dem Gebiet der Architektur, soweit sie den Bau der Kirchen betrifft, findet sich jedoch als gemeinsamer Zug die Entlehnung des Grundrisses von der dreischiffigen, altchristlichen Basilica (Tafel 13, No. 12) und die Erweiterung desselben durch Räume, welche den alten Zusammenhang des Mittel- oder Hauptschiffes mit der Apsis lösten. Es legt sich nämlich vor das dreischiffige Langhaus ein Querhaus, das in gleicher Höhe mit dem Mittelschiff über die beiden Seitenschiffe heraustritt und

6. Ferdinand Hirts historische Bildertafeln - S. 29

1886 - Breslau : Hirt
M. 29 hatte. Es fiel aber seit 1809 nach dem Vorbilde Preussens, das die Infanterie mit weiten Pantalons versah, wieder hinweg. Auch der Dreimaster verschwand in derselben; man vertauschte ihn allmählich mit dem Tschako, der von den östreichischen Truppen seinen Ausgang nahm, der Gestalt des modischen Cylinderhutes angenähert und mit einem Schmuck von Schnüren, walzenförmigen Haarbüschen u. s. w. versehen wurde. Ausserdem beginnt den weit ausgeschnittenen Uniformfrack, welcher noch lange den Offizieren als Paradetracht verblieb, der den Unterleib deckende Kock abzulösen (Nr. 26 u. 27). Auf dem Gebiet der Kunst fand die französische Revolution das Bestreben nach Wiederbelebung der Antike vor. Den neuen Trieb weckte die seit Mitte des Jahrhunderts stattfindende Wiederausgrabung von Herkulanum und Pompeji. Wie sich französische Antiquare mit besonderem Eifer auf die Beschreibung und Erklärung der vorgefundenen Altertümer warfen, so haben auch französische Künstler und Kunsthandwerker zuerst und am erfolgreichsten den Formen des klassischen Altertums sich genähert. Man suchte sie mit steigender Sorgfalt nachzubilden, vermochte es jedoch nur zu einer äusserlichen Nachbildung zu bringen. Auch nachdem die Revolution das Rokokowesen in seinen letzten Spuren verwischt hatte, fehlte es noch immer im allgemeinen an der Fähigkeit, das Altertum seinem geistigen Inhalt nach würdigen und verständnisvoll erfassen zu können. Die künstlerische Thätigkeit und der Geschmack der Zeit genügte sich an einer äusserlichen Verbindung von sachgetreu wiederholten Einzelformen der Antike. Es zeigt daher auch die Architektur, wenn sie auf das Altertum zurückgeht, eine steife Zusammenstellung klassischer Bauglieder, ohne sie selbständig verwerten zu können, und eine dürftige, trockene Behandlung des Ornamentes. Doch ist wenigstens das Brandenburger Thor in Berlin (Nr. 37), welches 1789—1793 durch J. G. Lanthans nach dem Vorbild der athenischen Propyläen erbaut wurde, trotz einer gewissen Nüchternheit und falschen Klassizität ein wirkungsvoller Bau. Nirgendwo fand aber die neue Kunstrichtung so geräuschvoll und mit einem so reichen Aufwand von Mitteln ihre Förderung, wie in dem kaiserlichen Frankreich. Der schon oben erwähnte Maler David, welcher die klassischen Ideale bis zur Schroffheit betonte, benützte seine Diktatur im Künstlerreich, um jenen den unbedingten Sieg zu sichern. Doch alle Anstrengungen brachten es nicht weiter, als zu einer schematischen Nachbildung, und sie verflachte sich in ihrer weiteren Entwickelung zu dem schwunglosen „Imperialstil“, der ungeachtet aller Anwendung von Pracht nur kühle Empfindungen hervorzurufen vermag. Bezeichnende Bauwerke deser Gattung bietet Paris in dem von Chalgrin entworfenen Are die l’Etoile (Nr. 35), dessen Aufrichtung Napoleon 1806 zu Ehren der Erfolge seiner Armee beginnen liess, und in der Siegessäule auf dem Vendöme-Platz (No. 36), die zu gleichem Zwecke der Antoninussäule in Rom nachgebildet wurde. Jener Triumphbogen ist eine schwere, ungegliederte Masse, klotzartig aufragend, ohne Beziehung zum Verkehre des täglichen Lebens, da das Motiv des Thores nur als Vorwand benutzt ist, um auf grosse Mauerflächen den Ruhm des Kaiserreiches ausbreiten zu können. Bogen 25. Islam. Die Tracht der alten Araber, welche durch ihre geographische Lage abgeschlossen auf einer sehr niedrigen Kulturstufe verharrten, unterschied sich nur sehr wenig von derjenigen ihrer heutigen Nachkommen, der Beduinen des inneren Arabiens. Diese beschränkt sich selbst bei den Wohlhabenderen auf ein Hemd mit Hüftgürtel, einen mantelartigen Umwurf, ein vierecktes Kopftuch und Ledersohlen (No. 4). Das weibliche Kostüm besteht aus denselben Stücken: zu dem Hemd, das bis auf die Füsse reicht, und dem Mantel, welcher nach Bedarf auch als Kopfbedeckung verwendet wird, tritt nach uralter Sitte ein längerer Schleier (No. 5). Dagegen führte für einen grossen Teil seiner Volksgenossen Mohammeds Auftreten einen vollständigen Umschwung herbei. Nach Mohammeds Tod (632) begann die geeinte Macht der Araber über die Grenzen sich auszudehnen. In raschen Fortschritten unterwarfen sie sich die Länder bis nach Spanien und bis nach Indien. Als Herren dieser Gebiete, welche seit uralter Zeit die Heimat der Zivilisation bildeten, standen die rauhen Sieger plötzlich einer weit entwickelten Kultur gegenüber. Sie lehnten die Errungenschaften derselben nicht ab, sondern zeigten sich zur Aneignung derselben in hohem Grad befähigt. Auch äusserlich änderte sich vieles in ihrer Weise durch Aufnahme von Stücken, die ihrer Tracht fremd waren. Dazu gehört der Turban, eine Kappe, um welche sich eine breite Zeugbinde von beträchtlicher Länge in vielen künstlichen Windungen legt, der persische Rock mit den weiten Ärmeln, das weite Beinkleid Vorderasiens. Aber die kompliziertere Bekleidungsweise, nämlich mehrere Gewänder übereinander zu tragen, Histor. Bildert.-Text. ist selbst heute noch nur bei den Vornehmen (No. 2 u. 3) üblich. Andeiseits fand das neu-arabische Wesen, welches aus dei "V ei Schmelzung mit den vorgefundenen Kulturelementen und allerlei Eigentümlichkeiten der verschiedenen Unterthanen entstanden war, in dem islamitischen Weltreiche eine weite Verbreitung und wurde der verbindende Kitt. Im Osten ging besonders das persische Volkstum mit dem arabischen eine en«-e Vereinigung ein (No. 6—9), und als die türkischen Stämme seit dem Vordringen der Seldschulten über den Oxus (1030) die Araber in der Herrschaft über Vorderasien u. s. w. ablösten, gehorchten sie dem Zwange, in die Kultur der Überwundenen sich einzuleben. _ Von den Türken stammen auch die Mameluken, welche in Ägypten seit 1250 selbständig und seit 1519 unter einem osmanischen Gouverneur schalteten. Das willkürliche Treiben ihrer Beis, die sich auf grosse Scharen von Bewaffneten (No. 13) stützten, führte zu ihrer Vernichtung durch Mohammed Ali i. J. 1811. Die kriegerische Ausrüstung, welche der Araber ursprünglich besass, bestand aus wenigen, einfachen Stücken (Schild, Speer u. s. w.). Als er aber in die Nachbarreiche einbrach und die Vorteile der besseren Bewaffnung hier kennen lernte, säumte er nicht, sie zu benutzen, und errang bald den Rahm eines trefflichen Waffenschmiedes. Von den Persern entlehnte er den Helm mit verschiebbarem „Naseneisen“ und Behang von Kettengeflecht, das auch zu ganzen Rüstungen Verwendung fand, (No. 18;. Durch die Seldschuken erlangte die gebogene Form des Schwertes allgemeine Geltung (No. 19). Dagegen führten die Mauren, d. h. die Bevölkerung 1 welche aus der Vermengung der Araber mit den mauretanischen Stämmen Nordafrikas hervorgegangen war, in Spanien vorzugsweise das gerade Schwert, wie es die Abbildung von einem Scheich oder Fürsten des 15. Jahrhunderts (No. 1). veranschaulicht. Auch für die andern Bedürfnisse des Lebens verstanden die Araber alles zu verwenden, was sie an Fortschritten der Kultur bei den unterworfenen Völkern vorfanden. Doch bethätigten sie in der Nachahmung ziemliche Selbständigkeit und entwickelten eigene Formen, die ihrem individuellen Wesen entsprachen. Auf dem Gebiet der Kunst brachten sie z. B. ausgezeichnete Leistungen in allen Arten der verzierenden Ausstattung hervor Hier erhält ihre Erfindungsgabe nur eine Beschränkung durch den Koran, der von einer Darstellung lebender Wesen abmahnt. Wenige Proben genügen: Das auf Abbildung 20 dargestellte Gefäss, welches in einem Keller der Alhambra (No. 14 u. 23) gefunden worden sein soll, besteht aus gebranntem, hellblau glasiertem Thon und ist dicht mit goldenen und weissen Ornamenten besetzt; das niedere Tischchen (No. 21) ist ein modernes Fabrikat mit feiner, eingelegter Arbeit. Solche Tischchen dienen für Mahlzeiten, wobei die Speisenden darum hocken; zumeist aber wird das Geschirr auf den Boden, den ein Teppich bedeckt, gesetzt, und man nimmt auf „Divans“ oder Matratzenlagern Platz (No. 16). Im übrigen pflegen Tische ausser Schreibepulten für Gelehrte (No. 22) nicht gebraucht zu werden. In der Bauweise ihrer Gotteshäuser sahen sich die Mohammedaner durch die Erfordernisse des Kultus, dessen wichtigste Bestandteile Gebete (No. 10) und religiöse Waschungen (No. 11) ausmachen, bestimmt. Sie finden zwar ihren Gott überall und vermögen daher auch im Freien ihr Gebet auf Teppichen knieend und das Gesicht in der Richtung nach Mekka wendend zu verrichten (No. 17). Liegt aber kein Hinderungsgrund vor, so vereinigen sich die Moslemin gern an einem geweihten Versammlungsort, der Moschee. Da also dieselbe eine Menge von Gläubigen fassen musste, lag es nahe, dem Vorbild der christlichen Gotteshäuser, welche dem nämlichen Zwecke der gemeinsamen Andacht gewidmet sind, zu folgen. Man nahm die Form der byzantinischen Kuppelhalle an. Ausser dem Raum für die Gebote galt es aber auch Veranstaltungen für die der Andacht vorausgehenden Waschungen zu treffen. Hierzu dient ein Brunnen in einem viereckigen Hofe, welcher von bedeckten Säulengängen umgeben und durch hohe Mauern abgeschlossen wird. Dabei kann der Grundriss des Ganzen doppelte Gestalt erhalten: Die Gebetshalle erhebt sich als umfassender Ausbau des Säulenganges auf der einen Seite des Hofes oder bildet in weiterer Nachahmung des byzantinischen Zentralbaues den von Nebenräumen allseitig umgebenen Hauptteil, so dass die Masse des Gebäudes eine wirklich organische Behandlung findet, die Kuppelbedeckung aus der Mitte beherrschend hervortritt. Im letzteren Falle kommt oft eine Vorhalle in Form eines mit kleineren Kuppeln bedeckten Portikus hinzu (No. 15). Als dritten wesentlichen Bestandteil verlangt eine Moscheeanlage den Minaret, den schlanken, nach oben sich verjüngenden Turm mit Gallerie, von welcher die Stunden des Gebetes verkündigt werden. Mit der Moschee pflegt sodann auch das von einer Kuppel gekrönte Grabmal ihres Erbauers verbunden zu sein. Überhaupt verwendete man auf die Begräbnisstätten verdienter und hervorragender Männer grosse Sorgfalt. So befinden sich bei Kairo grossartige Grab- 8
   bis 6 von 6
6 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 6 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 0
1 0
2 0
3 0
4 2
5 0
6 0
7 0
8 0
9 5
10 0
11 0
12 0
13 0
14 0
15 0
16 4
17 0
18 0
19 0
20 0
21 0
22 0
23 0
24 0
25 0
26 0
27 0
28 0
29 0
30 0
31 0
32 0
33 0
34 0
35 0
36 0
37 0
38 0
39 0
40 0
41 0
42 0
43 0
44 0
45 6
46 0
47 0
48 0
49 0

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 0
1 0
2 0
3 1
4 0
5 0
6 0
7 0
8 0
9 0
10 0
11 0
12 0
13 3
14 0
15 0
16 4
17 0
18 0
19 0
20 0
21 0
22 0
23 0
24 0
25 0
26 0
27 0
28 0
29 0
30 0
31 0
32 0
33 0
34 0
35 0
36 0
37 0
38 0
39 0
40 0
41 0
42 0
43 5
44 0
45 1
46 0
47 0
48 0
49 0
50 0
51 0
52 0
53 0
54 0
55 0
56 0
57 0
58 0
59 0
60 0
61 0
62 0
63 0
64 0
65 0
66 0
67 0
68 0
69 0
70 0
71 0
72 0
73 0
74 0
75 4
76 1
77 0
78 0
79 0
80 0
81 0
82 2
83 0
84 0
85 0
86 0
87 0
88 0
89 0
90 0
91 2
92 5
93 0
94 0
95 0
96 0
97 0
98 0
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 31
1 0
2 0
3 0
4 1
5 0
6 1
7 0
8 0
9 0
10 0
11 0
12 2
13 0
14 0
15 0
16 0
17 0
18 0
19 0
20 0
21 1
22 0
23 0
24 0
25 1
26 0
27 1
28 0
29 1
30 0
31 0
32 1
33 0
34 1
35 0
36 0
37 0
38 0
39 1
40 0
41 1
42 0
43 1
44 0
45 0
46 0
47 6
48 2
49 0
50 3
51 0
52 2
53 0
54 3
55 0
56 0
57 1
58 1
59 3
60 3
61 1
62 2
63 0
64 0
65 2
66 0
67 0
68 0
69 0
70 0
71 0
72 2
73 0
74 0
75 1
76 0
77 0
78 0
79 2
80 0
81 2
82 2
83 0
84 0
85 0
86 0
87 0
88 0
89 0
90 0
91 0
92 0
93 0
94 0
95 2
96 0
97 0
98 0
99 0
100 1
101 0
102 1
103 0
104 0
105 7
106 0
107 0
108 0
109 2
110 0
111 1
112 15
113 0
114 0
115 17
116 0
117 0
118 0
119 0
120 2
121 2
122 2
123 28
124 1
125 3
126 0
127 6
128 0
129 2
130 0
131 4
132 0
133 0
134 0
135 0
136 20
137 0
138 0
139 0
140 0
141 0
142 6
143 0
144 0
145 0
146 0
147 0
148 0
149 0
150 0
151 0
152 0
153 0
154 0
155 0
156 1
157 3
158 0
159 0
160 0
161 0
162 0
163 0
164 0
165 0
166 1
167 5
168 1
169 4
170 0
171 0
172 0
173 6
174 1
175 1
176 0
177 0
178 0
179 1
180 0
181 0
182 1
183 15
184 0
185 2
186 0
187 0
188 0
189 3
190 0
191 1
192 0
193 0
194 1
195 1
196 1
197 0
198 0
199 2