Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Geschlecht (WdK): Mädchen
— 52 —
Die Zeit des Niedergangs und des Verfalls der Silbergewinnug brachte für Annaberg schwere Tage; Mutlosigkeit und Verzweiflung hatte sich der Bewohner bemächtigt; es war eine traurige Zeit.
Da geschah es eines Tages, daß ein armes Weib mit drei hungernden Kindern an die Thür des Bergherrn Christoph Uttmann pochte. Sie war eine Fremde, kam weit daher und bat um Gottes-willen, ihuett ein Stück Brot und für kurze Zeit eine Ruhestätte zu geben. Frau Barbara empfing die Arme nach ihrer Gewohnheit mit gütigen Worten, erquickte sie mit Speise und Trank und bot ihr Unterkunft. Die fremde Frau erzählte, daß sie aus Brabant stamme; glücklich habe sie mit den Ihrigen bis vor Kurzem gelebt, bis der Herzog Alba als Statthalter nach den Niederlanden gekommen sei und in der schrecklichsten Weise gewütet habe. Entsetzlich war die Beschreibung, welche die Frau von jenem Abende machte, au dem Albas Häscher auch in ihre friedliche Hütte gedrungen, wie der Mann in vergeblicher Gegenwehr vor ihren Augen gefallen und wie man ihr das Haus über dem Kopfe angezündet habe. „Da habe ich in wenig Stunden," sagte sie, „meinen Mann, meine Habe und meine Heimat verloren und war gezwungen, auszuwandern, gleich tausend anderen Familien, die sich teils nach England, teils nach Deutschland wandten.
Als sie nun weiter von ihrer Wanderung und ihrem Schicksal erzählte, griff sie, um nicht müßig zu sitzen, in die Tasche und zog ein Päckchen hervor. Es enthielt kurze, hölzerne Stäbchen, die in kleine Haken von Eisendraht ausliefen, eine Rolle Zwirn und ein auf Papier gezeichnetes Muster. Dieses Muster ward nun über den Tisch gebreitet, von der Rolle ein Faden abgelöst und um das eine Stäbchen geschlungen: die Frau klöppelte Spitzen.
Barbara Uttmann erkannte die hohe Bedeutung dieser Knust, sie dankte Gott, daß er die fremde Fran geschickt, und freudestrahlend sagte sie zu dieser: „Liebes Weib, du bleibst bei uns! Ich ivill dir und deinen Kindern Freundin, Schwester, Mutter seilt! Sich, in diesem Orte herrscht Trauer. Der Hammer des Bergmanns rostet, das Vieh stirbt hin, verwüstet liegen die Felder. Mein Gemahl giebt mit vollen Händen; doch was können die Gaben des einen sein, wenn alle Not leiben? — Lehre uns das Klöppeln! Wir wollen arbeiten Tag und Nacht und mit unseren Spitzen die Kräftigsten unter uns durch das ganze Land senden und auf diese Weise wiederum Wohl-ftanb und Frenbe in unsere Häuser bringen!"
Ant anberen Morgen würden auf Herrn Uttmanns Betreiben alle Leute mit ihren Kinbern, die über fünf Jahre alt waren, zusammengerufen und ihnen Barbaras Pläne mitgeteilt. Staunen und Zweifel ringsum, und auf die Brabanterin und beten Kinder blickte man mit ungläubigen Mienen. Aber unser würbiges Paar beachtete das alles
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Extrahierte Personennamen: Christoph_Uttmann Barbara Albas_Häscher Barbara_Uttmann Gott
Extrahierte Ortsnamen: Annaberg England Deutschland
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Geschlecht (WdK): Mädchen
— 36 —
Den Hirten sich zum Streiter nusersehen,
Der stets den Hirten gnädig sich bewies,
Er sprach zu mir aus dieses Baumes Zweigen:
„Geh' hin! du sollst auf Erden für mich zeugen."
„Ju rauhes Erz sollst du die Glieder schnüren,
Mit Stahl bedecken deine zarte Brust,
Nicht Mänuerliebe darf dein Herz berühren Mit sünd'gen Flammen eitler Erdenlust.
Nie wird der Brautkranz deine Locken zieren,
Dir blüht kein lieblich Kind an deiner Brust;
Doch werde ich mit kriegerischen Ehren Vor allen Erdenfrauen dich verklären."
„Denn wenn im Kampf die Mutigsten oerzagen,
Wenn Frankreichs letztes Schicksal nun sich naht,
Dann wirst du meine Oriflamme tragen Und, wie die rasche Schnitterin die Saat,
Den stolzen Überwinder niederschlagen;
Umwälzen wirst du seines Glückes Nad,
Errettung bringen Frankreichs Heldensöhnen,
Und Rheims befrei’n und deinen König krönen."
Ein Zeichen hat der Himmel mir verheißen,
Er sendet mir den Helm, er kommt von i h m.
Mit Götterkraft berühret mich sein Eisen,
Und mich durchflammt der Mut der Cherubim;
Jn's Kriegsgewühl hineilt will es mich reißen,
Es treibt mich fort mit Stnrmes Ungestüm,
Den Feldrns hör' ich mächtig zu mir dringen,
Das Schlachtroß steigt und die Trompeten klingen.
Schiller.
9. Die deutschen Frauen im Mittelalter.
Bei den Germanen hatte das weibliche Geschlecht von jeher eine größere Achtung genossen als bei den Völkern des Morgenlandes und den Griechen und Römern. Mit dem Eintritte des Christentums war aber diese Neigung des germanischen Stammes noch mehr vertieft und geklärt worden. Die Ehe, welche sonst nur ein bürgerlicher Vertrag gewesen war, erhielt jetzt eine besondere Weihe durch kirchliche Einsegnung. Die Braut wurde nicht mehr gekauft, fouderu erhielt ein Heiratsgut, und bald setzten die Väter auch ihre Töchter zu Erbinnen ein, wenn auch das Erbteil noch ein geringeres war als das der Söhne; die gleiche Teilnahme des weiblichen Geschlechts
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Aufgaben der Familie — Gefahren für das Familienleben. 7
Reichtum und Habe. „Heilig sei dir des Nächsten Familienglück"
< 6. Geb.), ruft der Herr vom Sinai uns früher zu, als „Heilig
sei dir des nächsten Eigentum" (7. Geb.).
4. Aufgaben der Familie. Die Familie ist durch das
Ausschließen des eigenen Ichs die wichtigste Heimstätte der Moral
und des Edelsinns; nichts anderes vermag sie zu ersetzen. Alles,
was Menschen aneinander binden kann, bindet die Mitglieder
der Familie an einander; sie haben gemeinsame Sprache und
gemeinsame Sitte, Heimat und Wohnsitz, Eigentümlichkeiten der
körperlichen und geistigen Beschaffenheit, Ehre, Vermögen rc. Der
Familienangehörige tritt aus der Familie erst aus, wenn er eine
eigene Familie gründet, aber auch dann noch soll er ihr Treue
bewahren. — Aufgabe des Familienvaters: „Der Mann muß
hinaus ins feindliche Leben." — Die Frau als Gattin, Hausfrau
und Mutter „Und drinnen waltet —". Zum Familienglück ge-
hören auch gut geratene Kinder. Gute Gewöhnung ist gute
Erziehung. — Pflichten der Kinder gegen die Eltern. 4. Gebot.
Die Eltern haben auch Pflichten; sie sollen ihre Kinder zu brauch-
baren Menschen erziehen. — In der Familie leben auch oft Dienstboten,
welche auf das Familienglück förderlich oder hinderlich einwirken. Pflichten
der Dienstboten gegen die Herrschaft: Gehorsam, Ehrerbietung, Ehrlichkeit,
Treue, Genügsamkeit, Verschwiegenheit. Pflichten der Herrschaft gegen die
Dienstboten: Gute Behandlung, Nachsicht bei kleineren Versehen, ausreichende
Kost, Überwachung des Umganges, Sorgen für das leibliche und geistige
Wohl (Zeit geben zum Besuch des Gotteshauses).
Und weh der Herrschaft, die die Lade
Der Dienenden nicht überwacht;
Vom Mädchen, die im Flitterstaate
Kaum an das Nützliche gedacht,
Die Sucht der Mode schweigend duldet,
Ihr äußer'n Putz wohl gar befiehlt,
Sie hat den Leichtsinn mit verschuldet.
Der in des Mädchens Herz sich stiehlt. (Weise.)
Bei einem Volke, dem der Familiensinn, der Zusammenhalt
Wischen Ehegatten, zwischen Eltern und Kindern und zwischen
den Geschwistern fehlt, da sind auch alle anderen Verhältniße faul.
5. Gefahren für das Familienleben. Viele bleiben unver-
heiratet, zumal in großen Städten. Ursachen: Bequemlichkeit
des Wirtshauslebens, feines Garyonleben; auf den „Schlafherrn"
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108
Der Verkehr.
3. Kraft des Menschen. Auf der wirtschaftlichen Urstufe
des Menschengeschlechts und besonders bei Völkern mit Sklaverei
wird die Menschenkraft als Transportmittel benutzt. (Vergl.
z. B. die Berichte der Afrikareisenden.) Doch auch bei uns
finden wir die Menschenkraft zu diesem Zwecke verwendet.
(Vgl. Sänftenträger, Packträger, Laufburschen, Briefträger,
Botenfrauen.)
4. Wagen — Straften. Mit der Erfindung der Wagen
(Last- und Rollwagen, Omnibus, Postwagen, Kutschen, Pferde-
eisenbahnen rc.) erhielt der Verkehr eine bedeutende Förderung;
freilich waren die Landwege bis in unser Jahrhundert hinein in
einem trostlosen Zustande, der Transport wurde dadurch sehr
erschwert und verzögert; wer z. B. von Weimar nach Erfurt zu
fahren beabsichtigte, eine Entfernung, die man zu Fuß in vier
Stunden zurücklegen kann, machte erst sein Testament, weil das
Reisen geradezu mit Lebensgefahr verbunden war. Bekannt sind
die Römer (und früher die Chinesen) als Erbauer guter Straßen
aber letztere galten nur kriegerischen Zwecken, es waren Heerstraßen.
In Deutschland ließ Friedrich der Große 1757 die erste Chaussee
erbauen, auch Napoleon I. hat viele Kunststraßen angelegt, die
meisten wurden jedoch erst nach dem Jahre 1820 erbaut. Viele
sind jetzt schon wieder überflüssig; wie so? Jetzt ist es Vor-
schrift, daß selbst von einem Dorfe zum andern die Fahrstraße
(Kommunikationsweg) sich in bester Ordnung befindet. (Stein-
oder Kiesdecke, erböhte Lage, womöglich an beibeii Seiten Ab-
zugsgräben.) — Welches ist der deutsche Name für Chausseen?
— Warum werden jetzt Chausseen fast gar nicht mehr gebaut?
5. Eisenbahnen. Die besten Straßen sind die Eisenbahnen;
warum? — Massenbewältigung. Ein einziger Wagen trägt
mehr Last, als früher ein achtspänniger Lastwagen befördern
konnte.*) Schnelligkeit. Man fährt mit der Bahn in einer
Stunde weiter, als früher mit Geschirr in einem Tage.
a) Geschichtliches. Steinbahnen, d. h. schmale Steinstreifen,
*) So verkehren beispielsweise auf dem Bayrischen Bahnhöfe zu
Leipzig täglich 84 Züge. Wieviele Pferde würden zur Beförderung dieser
Güter und Personen annähernd erforderlich sein? Und das ist nur der
eine Bahnhof, ist nur die eine Stadt.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Napoleon_I.
Extrahierte Ortsnamen: Omnibus Weimar Erfurt Deutschland Bayrischen_Bahnhöfe Leipzig
Vorwort.
Y
nötige Raum wäre auch zu schaffen; so durch umfaffendere Be-
thätigung des Konzentrationsgedankens und Beschränkung der
Systematisierung des Unterrichtsstoffes. Man verschone ferner
die Schüler mit allem Ballast, der nur zu oft im Banne ver-
alteter Gewohnheiten mitgeführt wird; noch mehr: man bringe
nicht schon Dinge in höhere Schulen, die den Universitäten oder
überhaupt dem Fachstudium zu überlaffen sind; so möchte man
wirklich glauben, als ob alle Schüler der Gymnasien einst
klassische Philologen zu werden beabsichtigten. Von so vielein,
im umfaffendsten Sinne des Worts, hört die deutsche Jugend in
den Schulen, aber nie hört sie etwas vom Rechte und der ein-
fachsten Benutzung der Rechtsordnung. Ja, die Gesetzgebung
der Spartaner und Athener, die Staatsentwickelung bei den
Römern, die Handelsbeziehungen der Phönizier, die kennt sie
genau; der Obertertianer des Gymnasiums muß die 1ez68
Liciniae vom Jahre 376 v. Chr. im Geschichtsunterrichte aus-
wendig lernen, aber von den heimischen Rechten, von den Grund-
zügen unseres Staats- und Verwaltungsrechtes, von dem Be-
hördenwesen unseres Vaterlandes, da geht unserer Jugend alles
Verständnis ab. Deshalb klagt der große Staatsrechtslehrer
Bluntschli. er, wie auch andere Universitätslehrer, habe immer
wieder die Erfahrung gemacht, daß Studierende aus anderen
Nationen gewöhnlich bester vorbereitet seien, um den modernen
Staat ju begreifen, und meist ein lebhafteres Jntereffe an
staatswiffenschaftlichen Studien hätten, als die Mehrzahl der
deutschen Studenten. Um die politische Bildung des Volkes,
an der es zur Stunde noch gar sehr in Deutschland fehle, zu
fördern, verfaßte er seine „Deutsche Staatslehre für Gebildete",
zu deren Verständnis seiner Ansicht nach „eine Durchschnitts-
bildung, wie sie unsere Einjährig-Freiwilligen besitzen, völlig
ausreicht".
2
Es kann hier nicht unsere Ausgabe sein, die Notwendigkeit
des Unterrichts in den beiden erwähnten Disziplinen darzuthun,.
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14
Der Staat und seine Verfassung.
Die ersten Staaten waren Wahlreiche und sehr klein, jedes
„Dorf" hatte seinen König. Abraham schlägt mit 315 Knechten
5 Könige (1. Mos. 14), und auf dem Zuge von Ägypten bis
Palästina, eine Strecke von kaum 80 Meilen, besiegen und töten
die Israeliten 70 Könige (Richt. 1, 7).
2. Verschiedenheit der Staaten.*) Nicht nur hinsichtlich
ihrer Größe, Lage, Bodenbeschaffenheit, Bevölkerung zeigt-sich
zwischen den verschiedenen Staaten eine Verschiedenheit, sondern
auch in Rücksicht auf ihre ganze innere Beschaffenheit. Es kann
dabei folgende Einteilung beobachtet werden:
g.) Der patriarchalische Staat. Wir ftnden ihn
im grauen Altertume und heute bei Hirten- und Jägervölkern.
Beispiele. — Die Thätigkeit des Häuptlings besteht ausschließlich
in der Abwehr der Feinde, Schlichtung von Streitigkeiten (An-
führung bei Beutezügen).
b) Der theatralische Staat. In diesem wird die
Staatsordnung von dem Gründer derselben auf eine unmittel-
bare göttliche Anordnung zurückgeführt (Juden, Muhamedaner,
die alten Inder, Mexikaner und Peruaner).
o) Der klassische oder antikestaat. In ihm hat
das Wohl des einzelnen vollständig zurückzutreten und sich der
Gesamtheit unterzuordnen. Der einzelne hat aufzugehen in der
Gesamtheit und hat alle Arbeiten und Lasten, die zu leisten er
geeignet ist, für den Staat zu übernehmen. Die wirtschaftlichen
Geschäfte werden durch Sklaven besorgt. Wir finden diese Form
vornehmlich bei Griechen und Römern.
à) Der Polizeistaat. In demselben wird das Volk für
unmündig gehalten (beschränkter Unterthanenverstand) und in
allen seinen Verhältniffen durch die Regierung bevormundet
(z. B. in Deutschland im 18. und in der ersten Hälfte des
19. Jahrhunderts).
e) Der Patrimonialstaat. Hierbei beruht die Herrscher-
würde auf ererbtem großen Grundbesitz (Feudales Mittelalter).
t) Der Rechtsstaat. Er steht im Gegensatz zum Polizei-
staat, und es beschränkt sich die Staatsgewalt vornehmlich darauf.
*) Dieser Abschnitt 2 ist nur für höhere Schulen.
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Der Landessürst.
17
ünden sich namentlich im Altertume, wo? — Was ist De-
spotie? — Was ist eine Demokratie? — Was entsteht, wenn
die Demokratie ausartet? — Zu einem Staate gehört ein Land,
ein bestimmtes Gebiet; wie können wir dasselbe nennen? (Staats-
gebiet.) Wie nennen wir dasselbe, in dem wir wohnen? (Engeres
und weiteres Vaterland.) Wie heißt unser engeres Vaterland? —
Welchen Titel hat es? — Wie groß ist dasselbe? — Welchen Rang
nimmt es seiner Größe nach in Deutschland ein? — Welche Ver-
änderungen hat es in seinen Größenverhältnissen erfahren? — Wie
viele Einwohner zählt es? — Wieviele kommen auf 1 □ Meile
(qkm)? Ist dies viel oder wenig im Vergleich zu anderen Staaten?
— Nationalität der Bevölkerung, Konfession, Kultur nach verschie-
denen Richtungen (geistige, technische, Bodenkultur rc.). Seit welchem
Jahre hat es eine Verfassung? — Was versteht inan unter
Verfassung? (Die allgemeinen Grundsätze über das Recht der
Staatsgewalt und ihr Verhältnis zu den Gliedern des Staates.)
Wer bürgt dafür, daß eine Verfassung gehalten wird? — Was
ist unter der Verantwortlichkeit der Minister zu verstehen? —
Wie bezeichnet man auch die oberste Leitung eines Staates?
(Regierung.) Wer bildet die Regierung? (Der Landesherr mit
seinen Ministern (Staatsbeamten).)
5. Lektion.
Fortsetzung.
Die Gesetzgebung und Verwaltung eines Staates
geschieht durch die Regierung (Landesfürst und Staatsbeamte)
-und die Landstände.
6. Der Landesfürst. Der Träger der gesamten Staats-
gewalt. ist der Landesfürst, soweit dieselbe nicht auf das Reich
übergegangen ist. Titel: König, Großherzog, Herzog, Fürst;
vergl. Majestät, König!. Hoheit, Hoheit, Durchlaucht. Die Krone
Mittenzwey, Leltionen. 2. Aust. 2
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96
Das Kapital.
als alle die Ideen der sozialistischen Führer
und Lehrer.
9. Kommunismus. Mit dem Sozialismus verwandt ist
der Kommunismus. Beide richten sich gegen den gegenwärtigen
Kapitalbesitz. Der Unterschied zwischen beiden ist jedoch der,
daß der Sozialist Gemeinsamkeit der Produktionsmittel, der
Kommunist aber solche der Genußmittel anstrebt. (Zu erklären.)
Alle Menschen sollen gleich lange arbeiten (Normalarbeitstag)
und gleich viel Lohn erhalten. Die Forderung eines Normal -
arbeitstages entspringt aus dem Verlangen, so wenig wie
möglich zu arbeiten. Viele freie Zeit bringt auch Gefahr, sie
führt nur zu leicht zu einem ausgedehnten Wirtshausleben. —
(Mahnung: Nütze die Zeit; Vergl. das Gedicht von Rückert:
„Der Vater giebt dem Sohne seine Uhr".) Ganz unannehmbar
ist diss Forderung eines gleich hohen Arbeitslohnes
für alle, da die Leistungen nach Geschick („Kunst kann man nicht
kaufen" fvolksmundj) und Fleiß verschieden sind. Der Lohn
erhöht sich auch, wenn die Arbeit besondere Geschicklichkeit, Ver-
antwortlichkeit, langes Studium oder viel Übung voraussetzt.
Das Verlangen nach gleichem Verdienst entspringt überhaupt
dem Verlangen nach gleichem Besitz, was ja das Eigenartige
des Kommunismus ist.
Die Menschen sind in ihren äußeren Verhältnissen niemals
gleich gewesen, ist es bei den unzivilisirten Völkern die ver-
schiedene rohe physische Kraft, die eine Ungleichheit bedingt
(Sklaverei bei den Negern, Kasten der Ägypter rc.), so sind es
bei den Kulturvölkern die wirtschaftlichen Tugenden (Fleiß, Spar-
samkeit rc.) der Einzelnen, welche notwendig eine
Verschiedenheit Hervorrufen müssen. Versuche
zur Ausgleichung dieser Ungleichheiten (Lykurg, französische Re-
volution rc.), doch ohne dauernden Erfolg. Diese Ungleichheit
ist eine göttliche Ordnung, die ihre Begründung in der mensch-
lichen Beanlagung findet. So lange nicht alle Menschen körper-
lich und geistig gleichmäßig beanlagt sind, so lange nicht alle
gleiches stttliches Streben zeigen — was jedoch nie eintreten
wird —, so lange ist auch die wirtschaftliche Verschiedenheit eine
naturgemäße und vollständig berechtigte. — Unhaltbar-
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Einfluß des Christentums — Begriff und Entstehung des Rechts. 143
Recht im Bewußtsein des Volkes lebendig zu erhalten. Allge-
mein ist auch die Sitte, den Rechtssatz in Sprüchwörtern oder
Reimen zu fasten.*)
Von den: geschriebenen Recht sind besonders die Rechts-
bücher der Römer auch für uns Deutsche maßgebend geworden.
Wie kommt das? (Größe des römischen Staates, infolge der
strengen Zucht und des eisernen Gehorsams, der Aufopferung
für das Vaterland, Tapferkeit, Staatsklugheit rc.), Deutschland
war nie recht einig, das Stammesbewußtsein war zu lebhaft
ausgeprägt.
5. Einfluß des Christentums auf die Rechtsbildung.
Das Christentum ist von denkbar größter Bedeutung für Gesetz
und Recht geworden. Es beseitigte die Sklaverei, es beförderte
die Freiheit sowie die Ehre der Arbeit, es lehrte Achtung vor
fremdem Eigentum (Wie war es bei Lykurg?); es verurteilte
die Übervorteilung des Nächsten durch Betrug, Wucher rc, es
lehrte Mäßigkeit und Selbstüberwindung, die ja für ein geord-
netes Zusannnenleben unentbehrlich sind; es richtete die Armen-
pflege ein (Stephanus), kurzum, es übte nach allen Seilen einen
veredelnden Einfluß aus.
ß. Begriff und Entstehung des Rechts. Das Recht ist
im allgemeinen Sinne der Inbegriff von Regeln, welche, auf
äußeren Satzungen der Völker beruhend, die menschlichen Lebens-
verhältniste in erzwingbarer Weise normieren und festsetzen.
Kürzer: Das Recht ist Ordnung dessen, was jeder thun und
verlangen darf. Wo kein Recht ist, da herrscht Gewalt. Das
Recht ist nicht eine zufällige und willkürliche Einrichtung der
Menschen, sondern es hat im Wesen des Menschen selbst seinen
eigentümlichen inneren Grund und ist ein Bestandteil seiner
sittlichen Natur. Das Recht steht daher im Leben der Menschen
in enger Verbindung mit der ganzen heutigen Ausbildung ihres
geistigen Wesens. — Daher werdendes und vergehendes Recht
mit dem Wechsel der Kultur; deshalb steht Solon weit über
Lykurg; wieso? — Das Recht entsteht zunächst durch Gewohn-
*) So heißt es z. B. heute noch bei den Strandbewohnern: „Wer
nicht will deichen (d. h. Schutzdämme bauen), muß weichen" oder: „Fund
verhohlen, so gut wie gestohlen."
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— 4 —
jungtrauen, damit sie die Gefallenen zu den festlichen Mahlen und Trinkgelagen in Walhalla führen. Als Gott des Sturmes reitet er in dm langen Winternächten auf feinem weißen Rosse durch die Luft An ihn erinnern noch die Namen Odenwald und Godesberg. Die Gattin Wodans ist Frigga; sie beschützt die Familie, Haus und Herd. Donar oder Thor, Wodans Sohn, ist der Gewittergott und wurde als Beschützer des Ackerbaues verehrt. Auf seinem mit zwei Böcken bespannten Wagen fährt er im Gewittersturm daher und schlendert den Blitzhammer zur Erde, der immer wieder in seine Hand zurückkommt. (Donnersberg, Donnerstag.) Ein anderer Sohn Wodans, Ziu, ist der Gott des Krieges, der in seiner Linken das Schwert führt Die Deutschen verehrten ihre Götter auf den Höhen der Berge und in dem Dunkel heiliger Haine. Dort brachten sie den Hohen ihre Opfer an Früchten und Tieren, dort feierten sie ihre Feste und Mahle; besonders zur Zeit der Sommer- und Wintersonnenwende flammten hier die Feuer zu Ehren der Gottheit empor.
Ii. Die Deutschen im Kampfe mit den Römern.
1. Das römische Weltreich. Die ersten ausführlichen Nachrichten über die Deutschen erhalten wir durch die Römer, mit denen sie in Kampf geraten waren. Das römische Reich war aus einem ganz kleinen Staate im Lause von 400 Jahren zu einem Riesenreiche herangewachsen. Die Bewohner der Stadt Rom (die Römer) hatten zuerst die Nachbarstädte, dann nach und nach ganz Italien und schließlich alle Länder rings um das Mittelmeer unterworfen; mit Stolz nannten sie dieses „Unser Meer." Ihre wichtigsten Unterthanen waren die Griechen, die ihnen an Bildung weit überlegen waren. Die Römer eigneten sich diese Bildung an und übermittelten sie ihren andern Unterthanen. Die griechisch-römische Bildung ist die klassische; sie wurde die Grundlage für die Bildung aller Kulturvölker.
2. Die Cimbern und Teutonen. Die ersten deutschen Stämme, die in der Geschichte auftreten, sind die Cimbern und Teutonen. Um das Jahr 113 v. Chr. verließen sie, veranlaßt durch Hunger und Überschwemmungen, ihre Heimat an der Nord- und Ostsee und suchten sich mit Weib und Kind im Süden ein neues Heim. Sie fielen in das Gebiet der Römer ein und schlugen mehrere römische Heere. Vor den riesigen Gestalten dieser nordischen Barbaren und vor ihrem markerschütternden Schlachtgebrüll erbebten die Römer.
3. Untergang der Teutonen. Zum Glücke für Rom zogen die Cimbern und Teutonen jetzt zwei Jahre zwecklos hin und her, fodaß die Römer neu rüsten konnten. Dann nahmen sie wiederum den Zug nach Süden. Die Teutonen sollten über die Seealpen in Italien einbrechen, die Cimbern wollten von Norden über den Brennerpaß in Nord-Italien einrücken. In der Rhone-Ebene stellte sich der römische Feldherr Marius den Teutonen entgegen. Nachdem er seine Krieger erst an den wilden Anblick der Feinde gewöhnt hatte, brachte er ihnen eine furchtbare Niederlage bei. _ Ihr König Tentobod, der über sechs neben einander gestellte Rosse zu springen vermochte, geriet selbst in Gefangenschaft (102).
4. Untergang der Cimbern. Nun zog Marius mit seinem siegreichen Heere gegen die Cimbern, die bereits über die Alpen in die Poebene eingedrungen waren. Es kam dort zu einer mörderischen Schlacht (loi). Die Cimbern hatten sich im ersten Gliede mit eisernen Ketten verbunden ; dennoch wurde ihre viereckige Schlachtordnung durchbrochen, und die überlegene Kriegskunst der Römer, ihre bessere Bewaffnung, der auf-
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Extrahierte Personennamen: Frigga Marius Marius Marius Marius
Extrahierte Ortsnamen: Walhalla Odenwald Godesberg Wodans Wodans Donnersberg Wodans Rom Italien Ostsee Rom Italien Nord-Italien Rhone-Ebene