1870 -
Halle
: Schwetschke
- Autor: Traut, Heinrich Theodor
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule, Fortbildungsanstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Klima und Produkte. 191
Brenner kommend) auf und nimmt endlich im Tieflande die Richtung
nach So.
Die Po-Ebene ist reich an Weizen, Mais und Reis, süße Kastanien,
Feigen und Mandeln sind hier zu Hause, aber noch keine Citronen- mit)
Orangenwälder. Jene Südfrüchte werden allerdings im Winter geschützt
wie bei uns.
9. In das Schwarze und Asow'sche Meer gehen: die Donau,
der Dnestr, der Dniepr, der Don. Die Donau, der zweitgrößte Fluß
Europa's, entspringt auf dem Schwarzwalde, geht östlich durch Süd-
deutschland nach Ungarn, nimmt (bei Ofen und Pest) südliche Richtung,
dann wieder östliche und bildet theilweise die Grenze gegen die Türkei
und geht in einem Bogen an der Rumänischen Grenze in ein sumpfiges
Deltaland.
Die Ebenen der mittleren Donau zerfallen in die nieder-
ungarische Ebene, die östlichste, größte, von dem Tieflande der
untern Donau nur durch einen schmalen Gebirgsstreifen getrennt; die
ober-ungarische Ebene, reicht von der Gran-Mündung bis Preöburg,
wird im W. durch einen schmalen Bergzug getrennt von der österreichi-
schen Ebene, die bis zum Marchfeld reicht.
Der Dnestr kommt von den Karpathen, tritt im untern Lauf in
Steppenflächen und mündet südlich von Odessa. Der Dnepr entspringt
südlich am Wadai, geht durch die sarmatische Tiefebene, dann in
Wasserfällen durch die südliche Landhöhe in die Ebene und (bei Cherson)
ins Schwarze Meer. Der Don durchschneidet die Landhöhe, macht einen
Bogen nach der Wolga zu und mündet ins Asow'sche Meer.
10. Eigenthümlich ist Europa die große Menge von Flußseen,
welche um die Ostsee einen Kranz bilden und unter denen der Ladoga-
See als größter Landsee Europa's merkwürdig ist. Eine ähnliche, jedoch
minder gedrängte Kette von Seen tritt in den oberen Thälern und am Fuße
der Alpenkette auf; dahin gehörender Genfer See, der Bodensee re.
§. 135. Klima und Produkte.
1. Europa ist der Erdtheil, der nirgends die heiße Zone berührt,
ist daher ohne große klimatische Gegensätze; das Klima unseres Erdtheils
muß in jeder Beziehung gemäßigt genannt werden. Europa liegt da-
her, mit Ausnahme der südlichen Küstenländer und der nördlichsten Theile
von Norwegen, Schweden und Rußland, ganz im Klimagürtel des
veränderlichen Niederschlags. Derselbe zerfällt in die Zone der
Moose und Beeren, die Zone der europäischen Getreidearten und nörd-
lichen Waldbäume, und die Zone des Weinstvcks.
Die Wärme unseres Erdtheils nimmt von O. nach W. zu, so daß
das westliche Europa eine höhere Temperatur hat als das östliche. Während
die mittlere Winterkälte an der Nordspitze des Erdtheils - 6° beträgt,
nimmt dieselbe am Weißen Meer schon bis — 10°, auf der Insel Nowaja-
Semlja bis — 13° zu und steigt im Innern Rußlands sogar noch einige
Grade. Auf den südlichen Halbinseln sind die Winter am mildeste»,
denn ihre Wärme steigt auf 8» bis 10«. Die südlichen Halbinseln haben
im Sommer eine deutlich hervortretende trockne Jahreszeit, während vom
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- Autor: Traut, Heinrich Theodor
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- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
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- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
310
Der Norddeutsche Bund.
mit Gold- und Silberfabriken und Viehmärkten. Köthen, 12,000
Einw., am Kàenpunkte dreier Eisenbahnen, hat Gerbereien, Getreide -
und Wollmärkte. Bsrnburg, 12,000 Einw., an der Saale, mit Korn-
handel und etwas Weinbau.
Im Harzdiftrict: Ballenstädt, 4500 Einw., ehemalige Residenz
des Herzogs von Anhalt-Bernburg. In der Nähe schöne Punkte des
Harzes: Mägdesprung, Victorshöhe, Alexisbad (im Selkethale).
Ii. Herzogthum Vraunschmeig.
1. 67,022 O.-M. und 303,400 Einw., zerfällt in drei größere und
einige kleinere Parzellen.
2. Die beiden südlichen Hanpttheile sind gebirgig, das Hauptgebirge
ist derßharz im So., im Sw. der Solling und d:e Wesergebirge. Der
nördliche Theil, von der Aller begrenzt und der Ocker durchflossen, liegt
im Tieflande. Die Flüsse des Landes gehören zu den Flußgebieten der
Weser und der Elbe. Unter den Flüssen des letzter« ist bemerkenswerth
die in die Saale sich ergießende Bode, das Hauptgewässer des Harzes.
3. Die Ebenen sind reich an Getreide, Flachs und Hopfen; die
gebirgigen Theile an Holz und Metallen, namentlich Eisen.
Ausfuhrartikel sind: Wollenwaaren, Cichorien, Leder, Oel,
Papier, Bier.
4. Staatsausgaben 2,48, Schuld 15,34 (tttcl. 12,64 Mill.
Eisenbahnschuld), Papiergeld 0,6, Banknoten 2,76 Mill. Thaler.
Stehendes Heer 2933 Mann.
5. Die meist protestantischen Bewohner beschäftigen sich mit Acker-
bau, Leinwandweberei, Eisen- und Holzarbeiten. In den Städten gibt
es Brennereien und Brauereien.
6. Das Land hat ständische Verfassung und 6 Kreise, mit Aemtern.
Im Fürftenthum Wolsenbüttel: Braunschweig, 50,000
Einw., an der Ocker, mit zahlreichen alten Thürmen, guten Straßen,
aber altertümlichen Häusern. Prächtiges Residenzschloß. Im Dome
ruht Heinrich der Löwe. Messen, mancherlei Industrie (Mumme, Pfeffer-
kuchen, Wurst). Wolsenbüttel, 1 0,000 Einw., an der Ocker. Große
Bibliothek (Lessing 1769 ff. Bibliothekar). Gemüsebau und Getreide-
handel. Helmstädt, 6000 Einw., mit Gesundbrunnen, bis 1809
Universität. Königslutter, 2000 Einw., in der Stiftskirche das Grab-
mal Kaiser Lothar's Ii. Holzminden, 5000 Einw., an der Meser,
lebhafte Stadt, mit Baugewerksschule.
Im Fürstenthum Blankenburg: Blankenburg, 3500 Einw.,
am Fuße des Harzes. Schloß auf einem Felsen. In der Umgegend
schöne Harzpartien: Teufelsmauer (eine Reihe Sandfteinfelsen), Bau-
manns- !und Bielshöhle.
Dem^Herzog gehört auch das Fürftenthum Oels in Schlesien.
§. 168. Das Fürstenthum Waldeck und die Lippe'schen
Fürstenthümer.
I. ckürflenthum Wakdeck.
1. 20,35 Q.-M. und 56,800 Einw., bestehend aus dem eigent-
lichen Fürftenthum Waldeck und der Grafschaft Pyrmont.
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- Inhalt: Zeit: Geographie
Capland und Hottentottenland.
105
meisten Flüsse haben nur zur Regenzeit Wasser; der Hauptfluß ist der
Haigarib. Das Capland ist das Vaterland der prächtigsten Blumen,
besonders Zwiebelgewächse, und der ganzen afrikanischen Thierwelt, der
Löwen, Giraffen,' Hyänen, Strauße. Besonders Weizen, Südfrüchte,
Obst und vorzügliche Weine gedeihen hier; große Diamanten sind am
Cap der Guten Hoffnung gefunden worden.
2. Die Eingebornen sind Hottentotten, ein gutmüthiges Noma-
denvolk, den Negern ähnlich, aber gelblich braun, in Bienenkörben ähn-
lichen Hütten wohnend; Buschmänner, ohne Spur von Cultur, er-
legen mit vergifteten Pfeilen ihre Beute. Diese Urbewohner bilden
etwa ein Fünftel der Bevölkerung; die übrigen sind meist europäische
Colo nisten, namentlich Holländer und Engländer, die sich mit Vieh-
zucht, Acker- und Weinbau beschäftigen.
3. Das Capland ist seit 1806 im Besitze der Engländer.
Die Hauptstadt des ganzen Landes ist die Capstadt, 28,000 Einw.,
unter 33° 55' S. Br., an der Taselbai, Sitz des Gouverneurs, ganz auf
europäische Art gebaut, besitzt auch in der Nähe treffliche Kunststraßen.
Jährlich kommen hier 200 bis 300 Schiffe an, meist Ostindien- und
Neuhollandöfahrer, mit Zufuhr von Mehl aus Kalifornien. Im Süden
der Stadt befindet sich der Meierhof Constantia, mit dem berühmten
Capweiu. Stellenbosch, 4000 Einw., Wein- und Gartenbau. Gna-
denthal, Herrnhuter-Colonie. Sevellendam, in seinem Thäte, mit
starker Viehzucht. Griquastadt, Hauptort der Griquas, die zum
Christenthum bekehrt sind. Zahlreiche Missionsstationen, besonders im
Lande der Namaquas, die auf beiden Seiten des unteren Orange-
flusses wohnen.
Der Nacenkampf zwischen den Basutos und den holländischen
Bauern in Südostafrika.
Der Südafrikaner, von frühester Jugend an vertraut mit Viehzucht und
allem, was darauf Bezug hat, wird gar leicht ein routinirter Viehdieb. Und
doch ist es Thatsache, daß in früheren Zeiten der von einzelnen verübte Vieh-
diebstahl nur selten vorkam, obschon im Kriege das Vieh als kostbarste Beute
galt. Ein einzelner Viehdiebstahl wurde bei diesen Stämmen ein giltiger
Anlaß zum Kriege; daher fürchteten die meisten die Verantwortlichkeit, welche
solche Räubereien auf sich laden konnten.
Die allererste Veranlassung zum Viehdiebstahl gaben die europäischen
Ansiedler. Der Weiße behandelt den Schwarzen bald als einen Eindring-
ling, während doch eigentlich gerade er ein solcher ist, und der Conflict ist
da. Die Anmaßungen und Eingriffe des Fremdlings faßt der ganze Stamm
als Kriegserklärung auf und raubt jenem das Vieh. Hierdurch wird der ge-
reizte Europäer nur noch mehr in dem Glauben von seinen vermeintlichen
Rechten und Vorzügen den Eingebornen gegenüber bestärkt; diese werden noch
mehr in ihren Räubereien ermuthigt, da sie in diesen Händeln den Gegner
ohne Hilfe und Unterstützung seiner Landsleute sehen, die, wenn ihre Sache
eine gerechte wäre, doch nothwendigerweise Hilfe beanspruchen könnten.
Dazu kommt noch die Bedeutung, welche das Rind für diese Nomaden
hat. Vieh ist das Medium alles Handels. Für Rinder erkauft er seine
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- Inhalt: Zeit: Geographie
229
Die Österreichisch - Ungarische Monarchie.
b) Transleithanische Länder.
Xv. Königreich Angarn.
3896,33 Q.-M. und 10,814,000 Einw. Ungarn ist größtentheils
Tiefland, dann Gebirgsland. Das Tiefland theilt sich in die kleinere
oberungarische Tiefebene, auf beiden Ufern der obern Donau,
zum Theil höchst fruchtbar, und die größere nieder ungarische Tief-
ebene, fast ganz im Osten der Donau, voller Moräste, Steppen und
waldloser Haiden. Von den Karpathen löst sich die 'östliche Hälfte
unter dem Namen karpathisches Waldgebirge ab, aus mit Fich-
ten und Buchen bewaldeten Ketten und Gruppen bestehend, mit den
durch Wein berühmten Tokayer Bergen; der westliche Theil bildet
im Norden das hohe Ta tragebirg e, im Süden das ungarische
Erzgebirge, bekannt wegen seines Metallreichthums. Zwischen der
Waag und March, bis zum Donauthal, wo das Leithagebirge
sich annähert, laufen die kleinen Karpathen, von 1500 bis 3200'Höhe.
Der Hauptstrom des Landes ist die Donau, welche beim Einfluß
der March zwischen Gebirgen über die Grenze tritt, sich in mehrere
Arme theilt und die große Insel Schütt (27 Q.-M.) bildet, welche
wegen ihrer Fruchtbarkeit ,,der goldne Garten Ungarns" genannt wird.
Sie nimmt rechts von den Alpen auf: die Leitha, die Raab und die
Drave (Drau) und Save (Sau); links: die March, die Waag und
die fischreiche Theiß. Bon den Canälen, die zur Erleichterung der
Schiffahrt angelegt sind, ist der bedeutendste der Franzkanal, 14 V-
Meilen lang, der die Theiß mit der Donau verbindet. Ungarn zählt
unter seinen Seen zwei der größten in Europa, nämlich den Platten-
see, am Fuße des Bakonywaldes, mit hügeligen Ufern und süßem
Wasser, und den Neusiedler-See, mit salzigem Wasser; die südöst-
lichen Ufer sind sumpfig und mit Schilf bedeckt, die übrigen von frucht-
baren Hügeln umgeben, am westlichen Ufer wachsen die besten Sorten
des Rüster- und Oedenburger Weins.
Ungarns Klima ist in den Gebirgen rauh, in den Ebenen warm
und trocken, oft heiß, während die Nächte kalt und mit starken Thau-
niederschlägen begleitet sind. Das Thauwetter des Frühlings läßt die
Ebenen als Koth- und Morastslächen erscheinen. Ungarn ist ein geseg-
netes Land. Die Pferde-, Rindvieh- und Schafzucht ist sehr bedeutend.
Bären und Wölfe sind noch häufig. Sprosser (Nachtigallen) halten sich
auf den Donau-Inseln in Menge auf. Das Pflanzenreich liefert Ueber-
fluß an Getreide, Wein, Obst, Tabak und Südfrüchte. Hauptgegen-
stände der Ausfuhr sind Flachs und Hanf, Tabak und Wein (18 Miü.
Eimer). Sehr reich ist das Land an Mineralprodukten, in erster Linie
Gold, dann Silber, Kupfer, Blei, Eisen, Steinkohlen und Salz. Aus-
gezeichnet sind die ungarischen Opale.
Die Bewohner sind zu einem Drittel Ungarn oder vielmehr
Magyaren, mit schönem, kräftigem Körperbau, raschen, lebendigen
Geistes, feurigen Charakters, den orientalischen Ursprung verrathend.
Ein Drittel der Bevölkerung sind Slaven, welche sich in Slowaken
und Ruthenen in den nördlichen Gegenden, und Kroaten und Ser-
den in den südlichen Gegenden unterscheiden. Die übrigen Bewohner
sind Deutsche, Griechen, Armenier, Zigeuner rc. Die ma-
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r
182 Die Inseln.
dem Süd-Kona-Bezirk eine Bevölkerung Von 2683 Seelen. Die meisten
der fremden Residenten (deren es im ganzen Kona - Bezirk ungefähr 100 gibt)
leben auf einem hochgelegenen Tafelland hinter dem Dorfe Napupu ober
Kealakekua, und Capt. Cumings ist der einzige Fremde, der am Strande
wohnt, wo er sich seit etwa 16 Jahren angesiedelt hat. In dem Aussehen
des Landbau- und Obstbezirks haben die letzten wenigen Jahre jedoch eine
große Veränderung herbeigeführt, sowohl in der Zahl der Wohnungen als
in deren verbessertem Aussehen. Es gibt auf den Inseln keinen Bezirk, der
einen Reisenden so sehr an die ländlichen Umgegenden der Neu-England-
Dörfer gemahnt, wie derjenige, welcher zwischen Kailua und Kealakekua liegt.
Hübsche Riegelwand- oder Steinhäuser zierlichen Stils und fast in Hainen
üppiger Schatten- und Obstbäume begraben, bieten mit ihren grünen Ja-
lousien, die unter Rebenlauben und emporrankenden Rosen hervorblinken,
einen Anblick, den man nirgends sonst auf dieser Inselgruppe findet.
Orangen- und Kaffeegärten ziehen sich an beiden Seiten der Straße
hin, und die Bäume sind an einigen Stellen schwer mit Früchten behängen,
während sie an andern welken und in Folge einer durch Insekten veranlaßten
Krankheit absterben. Diese Geißel dauert immer noch fort, sie cntmuthigt
die Landbebauer und raubt vielen derselben die Mittel für ihren Lebens-
unterhalt. Man glaubt zwar hin und wieder, daß sie abnehme, allein ihre
Wirkungen sind überall bemerkbar, und man kann auf die Ausdehnung des
Uebels am besten durch die Thatsache schließen, daß ein Landwirth, welcher
in dem Jahre von dem Auftreten der Krankheit 15,000 Pfund Kaffee ge-
erntet hatte, im letzten Jahre von den nämlichen Bäumen nur 700 Pfund
einheimste. Nicht minder heftig sind die Orangenbäume von derselben be-
fallen worden. Große 15 bis 20 Jahre alte Bäume, die früher 3000 bis
5000 Orangen geliefert hatten, sind jetzt entweder gänzlich unfruchtbar und
ihre Aeste verdorren, oder geben nur einige hundert Früchte. Man hat bis
letzt kein wirksames Mittel dagegen gefunden, obgleich verschiedene an ein-
zelnen Bäumen angewendete sich auf kurze Zeit wohlthätig erwiesen, aber
stets erneuert werden müssen.
Die gerühmte Vortrefflichkeit des Kaffees in diesem Bezirk ist keine
Fabel. Er hat einen eigenthümlichen Wohlgeruch, welchen kein anderer auf
diesen Inseln gewachsener im gleichen Grade besitzt. Man will dies der Art
und Weise zuschreiben, wie man die Bohnen behandelt, indem man sie in
der Hülse trocken werden läßt, die an und für sich selbst ein reiches und
köstliches Aroma besitzt, welches der Bohne im Trocknungsproceß mitgetheilt
wird. Entgegen den meisten andern Fruchtarten, erhöht das Alter den Werth
und die Stärke dieses Kaffees, und man kann ihn 5 bis 6 Jahre aufbe-
wahren, da er beständig besser wird.
Die Bauern von Kona widmen sich immer noch ausdauernd der Orangen-
baumzucht, und eine Menge Haine voll junger Bäume ziehen sich an der
Straße hin. Diese Bäume werden trotz des Uebels, von dem sie heimgesucht
sind, aufs sorgsamste gepflegt, und man gibt sich allgemein der Hoffnung hin,
das Uebel werde verschwinden, ehe sie ihre Tragbarkeit erreichen. Der Orangen-
baum wird in einem Alter von 12 bis 15 Jahren voll tragbar und erzeugt
dann jährlich 1000 bis 5000 Orangen. Er ist ein langlebiger Baum und
gewöhnlich wächst der Ertrag mit dem Vorrücken des Alters. Man schätzt
die Zahl der im Kona-Bezirk vorhandenen drei- bis sechsjährigen, meist
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Die drei südlichen Halbinseln.
§• 140. Die Jta lische Halbinsel.
1. Italien, die mittelste der drei südlichen Halbinseln Europa's,
erstreckt sich in der Richtung von Nordwesten nach Südosten ins Mittel-
ländische Meer. Diese Halbinsel umfaßt ca. 5400 Q.-M. und hat
mehr als 25 Mill. Einwohner. Sie wird von Frankreich, der Schweiz
und Deutschland, im übrigen vom Meer begrenzt. Die größte Länge
von Nordweft nach Südost beträgt Iso Meilen, die größte Breite
34 Meilen. '
2. Italien ist vorzugsweise ein Gebirgsland. Im Norden wird es
von den Alpen umkränzt, die sich in einem 200 Meilen langen Bogen
hinziehen. (Vergl. §.133, 3.) Seiner ganzen Länge nach wird Italien
von den Apenninen durchzogen, deren Länge bis zur äußersten Spitze
Kalabriens 250 Meilen beträgt. Von den mittleren Apenninen lösen
sich die Ketten der Abruzzen ab, die höchsten Rücken. Die höchsten
Punkte erreichen eine Höhe von 6000 bis 8000', so der Monte Ei-
mone 6600', der M. Pollino 7000', der Vetora 7600', der Ve-
lin o 7700'. Die wichtigsten Pässe sind der Bocchetta (bei Genua),
der Paß von Po nt remo li. Von den isolirten Gebirgsmassen ist der
vulcanische Vesuv (3770') am merkwürdigsten.
An merk. 1. Alle Pässe, die nach der Halbinsel führen, steigen auf der
französischen eder deutschen Seite sanfter an und fallen nach der italienischen ab.
An merk. 2. Die italischen Inseln sind bis auf kleine Küstenstrecken mit Ge-
birgen gefüllt.
Die größte Ebene ist die Po ebene oder lombardische Ebene,
70 Meilen lang und 10 bis 30 Meilen breit. Sie ist sehr gut be-
wässert, äußerst fruchtbar und mit mildem Klima versehen. Hinter den
schönsten Gelreidefeldern liegen herrliche Wein- und Fruchtgärten, reiche
Obst- und Maulbeerbäume stehen neben lieblichen Landhäusern, und nur
die tiefsten Gegenden, Wiesengründe und Reisländer, sind nicht gerade
angenehm, weil ungesund.
Der Po fließt zwischen niedrigen Ufern und nimmt den Tessin,
aus dem Lagomaggiore kommend, auf, und die Adda, den Comer-
se e durchströmend, und den Mine io, der Abfluß des Gardasees.
Die Seen liegen mit reizender Umgebung am Südabhange der Alpen.
Die Etsch kommt aus Tr rol, fließt ebenfalls durch die Po-Ebene und
ergießt sich nahe bei den Po-Mündungen ins Meer. Außer der großen
Po-Ebene gibt es noch drei kleinere auf der Westseite, und eine auf
der Ostseite der Halbinsel:
Die campanische Ebene, an den Buchten von Neapel und
Gaeta, ist die fruchtbarste Gegend Italiens, reich an Weizen, Mais,
Gartengewächsen, Oliven, Feigen, Maulbeerbäumen, Wein, Orangen
und Dattelpalmen.
Die römische Ebene, an dem Tiber, zwischen den Apenninen und
dem Meere, von niedrigen, waldigen Hügeln eingefaßt, mit herrlichen
Wiesen« und Weideplätzen. Den südlichen, sumpfigen Theil bilden die
pontrnischen Sümpfe. Der Tiber ist nächst dem Po der bedeu-
tendste Fluß Italiens, er wird oberhalb Rom schiffbar und mündet in
einer sumpfigen Steppe.
Die toscanische Ebene, am untern Arno, sehr fruchtbar, mit
immergrünen Wiesen, in den Gärten erbaut man die Waffecmelonen.
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Die süddeutschen Staaten.
bedeutende Pferdemärkte, Gmünd, 8000 Einw., alte Reichsstadt. Hall,
7300 Einw., am Kocher, alte Reichsstadt, Salzwerk. Mergentheim,
3000 Einw., an der Tauber. Sitz des deutschen Ordens, seitdem er
(1525) Preußen verloren.
4. Donaukreis. Utm, 24,000 Einw., am linken Donauuser,
alte Reichsstadt, im Mittelalter bedeutend („Ulmer Geld geht durch die
ganze Welt.") Der Dom die größte und höchste Kirche in Deutschland.
Ausgangspunkt der Donauschiffahrt. Nördlich liegt -der Marktflecken
Hohenstaufen, mit Ruinen des Stammschlosses der^Hohenstaufen (im
Bauernkriege 1525 verwüstet). Biberach, 6500 Einw., ehemalige
Reichsstadt, Wieland's Geburtsort (1733). Friedrichshafen, 2500
Einw., Württembergische Bodensee-Station.
§. 159. Das Großherzogthum Baden.
1. Baden hat 278,064 Q.-M. und 1,435,000 Einw., liegt zwi-
schen Württemberg und Rhein und erstreckt sich, 60 Meilen lang, 2 bis
6 Meilen breit, im Süden 18 Meilen breit, von Norden nach Süden,
vorn Odenwald und Spessart bis zur Schweiz.
2. Es umfaßt den östlichen Theil der oberrheinischen Tiefebene, das
Schwarzwaldgebirge und die Hügellandschaften am Bodensee und zwischen
Neckar und Main. Der südliche Theil des Odenwaldes, und der süd-
westliche Theil des schwäbischen Jura dringen in das Land.
Es gehört zum größten Theile dem Rheingebiete, zum kleinsten dem
Douaugebiete an.
3. Je näher dem Rhein, je milder das Klima; hier gedeiht Ge-
treide, (Spelz), Mais, Tabak, Hanf, Flachs, Krapp, Waid, Obst,
Kastanien und Wein. Holz liefert der Schwarzwald, Eisen ist in ziem-
licher Menge vorhanden, Salzwerke und Mineralquellen besitzt das
Land viele.
Ausfuhrprodukte: Wein, Vieh, Getreide, Hanf, Holzuhren,
Tabak (140,000 Centner), Holzwaaren und Bijouterien, Uhren.
1123/4 Meilen Eisenbahn, 2l9,z Meilen Telegraphen.
4. Staatsausgaben 11, Schuld 85, Papiergeld 3,? Mill. Thaler.
Stehendes Heer 14,812 Mann (Kriegsfuß 45,397).
5. Die Einwohner sind größtentheils katholisch und beschäftigen sich
mit Viehzucht, Land-, Obst-, Wein- und Bergbau, Wollweberei und
Holzarbeiten (Schwarzwälder Uhren), Eisenarbeiten. Der Handel ist
gehoben.
6. Baden ist ein conftitutioneller Staat und wird in 11 Kreise
eingetheilt.
Hauptstadt Karlsruhe, 32,000 Einw., 1 7* Stunde vom Rhein,
ist fächerig gebaut, so daß man vom Schloß aus in alle Straßen sehen
kann, mit Ausnahme einer langen Querstraße; in den im N. und Nw.
die Stadt umgebenden Hartwald laufen vom Schloß 21 Alleen. Be-
rühmtes Polytechnicum. Nahe vor der Stadt liegt das ehemalige Be-
nediktinerkloster Gottesau, das jetzt in eine Kaserne umgewandelt ist.
Südöstlich liegt Pforzheim, 16,000 Einw., an der Enz, gewerbsame
Fabrik-und Handelsstadt; östlich liegt Breiten, 3500 Einw., Melanch-
thon's Geburtsort (1497). Bruchsal, 9000 Einw., mit schönem Schloß.
1869 -
Braunschweig
: Schwetschke
- Autor: Blanc, Ludwig Gottfried, Lange, Henry
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde, Welt
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
Die Vereinigten Staaten von Nord-Amerika.
Produkte.
Zu den einheimischen nutzbaren Pflanzen gehören außer den Wald-
bäumen, Sträuchern, Beeren u. s. w. besonders der Mais, der Taback, die
Kartoffel, die süße Batate (Lonvolvulus Batatas) und die Baumwolle.
Alle europäischen Obstsorten gedeihen hier zwar, sind aber nicht überall von
so feinem Geschmack als bei uns, ausgenommen Pfirsiche und Aepfel, welche
vorzüglich zum Cider benutzt werden. Die Versuche, die europäische Rebe
dort anzupflanzen, sind nicht überall mißlungen, glücken mehr und mehr;
aber die Cultur der einheimischen Reben liefert doch höhere Resultate.
esten des Felsengebirges, wo das Klima dem europäischen sehr ähnlich
Im
ist, blühet der Weinbau. In Süd - Californien, Mexico, am Ohio und
Missouri zieht man bereits vortreffliche Weine. Sehr bedeutend ist in allen
südlichen Gegenden der Anbau der Baumwolle; des Tabacks, vorzüglich in
Louisiana und Virginien; des Reis, namentlich in beiden Carolina; des
Indigos, welcher in Kentucky beginnt, und des Zuckers, besonders in Loui-
siana und Texas. Der Baumwollenbau hat in neuerer Zeit so zugenommen,
daß die Vereinigten Staaten das Haupterzeugungsland dieses Productes auf
der ganzen Erde sind. Flachs und unsere Getreidearten, besonders Weizen,
gedeihen überall in den nördlichen Staaten; in den mittleren und südlichen
herrscht der Mais- und der Plantagenbau vor. Abgesehen von der Mais-
cultur, zerfällt die Union in zwei Hälften, die durch den Parallel des 37.
Grades begrenzt sind. Die nördliche Hälfte umfaßt außer den europäischen
Feldfrüchten: Roggen, Gerste, Hafer, Buchweizen und Kartoffeln — die
Hauptregion des Weizenbaues; die südliche Hälfte umfaßt die Baumwollen-,
Zucker- und Reisstaaten. Der Tabacksbau erstreckt sich, analog dem Mais,
über eine beiden Hälften gemeinsame Centralregion, die vorzüglich durch die
Staaten Maryland, Virginien, Nord-Carolina, Kentucky, Tennessee und
Missouri bezeichnet ist. Um die Verbreitung der Culturpflanzen noch etwas
genauer zu bezeichnen, bemerken wir Folgendes:
Die heißen Sommer des Innern verursachen es, daß Mais, Baum-
wolle und Taback daselbst weite Verwendung finden, der Mais bis zum
50. Breitengrad. Im Allgemeinen aber ist, abgesehen von dem Einflüsse
örtlicher Beschaffenheit, der 46. Grad als die nördliche Grenze dieser
wichtigsten Nahrungspflanze der Nordamerikaner zu bezeichnen. Im Süden
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renze, weil er ein tropisches Gewächs ist.
gedeiht zwischen dem 36. und 56. Grade.
Der Weizen
Die besten Weizenländer
sind New- Jork, Pennsylvania, Maryland, Ohio, Michigan, Indiana und
das nördliche Illinois. — Roggen und Gerste, die eine weit geringere Rolle
spielen, gedeihen bis zur Lorenz-Bai und nach Süden zu auf den höher
liegenden Strichen. — Hafer und Buchweizen gehören den nördlichen
Gegenden an. — Der Anbau der Kartoffel beschränkt sich ans die nördli-
chen mittleren und westlichen Staaten; im Süden wird sie von ihrer
tropischen Rivalin, der Batate, vertreten. — Während Hülsenfrüchte vorzugs-
weise in den südlichen Staaten gezogen werden, gedeihen Gemüse in allen
Ländern, die Rübe nordwärts bis zum 67. Grade.
des Weins ist der 45. Grad (in Deutschland der 51.).
Die Nordgrenze
Der Taback
1869 -
Braunschweig
: Schwetschke
- Autor: Blanc, Ludwig Gottfried, Lange, Henry
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde, Welt
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
Vi. Ostindien.
111
aus, darunter die äußerst gefährliche Brillenschlange, welche jedoch gezähmt
und zu einer Art von Tanz nach der Musik abgerichtet wird. Von den
Jnsecten findet man, wie in den meisten heißen Ländern, unzählige Schwärme
von Fliegen, Moscitos, Bremsen rc., welche Menschen und Thieren höchst lästig
werden; ebenso sind die Verheerungen der Heuschrecken hier nichts Seltenes,
und eine Art weißer Ameisen, Termiten genannt, zerstört sogar das Holz
der Gebäude. Bienen von verschiedener Art sind häufig. Der Seiden-
wurm lebt hier im Freien und liefert die beste Seide der Welt. Giftige
Scorpione und viele Arten von Krebsen finden sich häufig. Unter den
Schmetterlingen zeichnen sich mehrere durch Größe und Schönheit aus.
Verschiedene Arten von Blattläusen werden gleich der Cochenille als Farb-
stoff benutzt.
Die Vegetation Hindustans ist unendlich reich an höchst mannigfaltigen,
nützlichen und angenehmen Pflanzen. Unzählige künstliche Teiche u. s. w.
dienen zur Bewässerung während der langen Trockenheit in diesem Klima.
Unter den Getreidearten nimmt der Reis bei weitem den ersten Rang ein;
er ist das Hauptnahrungsmittel dieser Länder und giebt hier zwei bis vier
Ernten; aus ihm wird bekanntlich der Arrak bereitet. Außerdem gedeihen
hier noch Weizen, Gerste, Hirse, Mais, selbst Hafer und viele Hülsen-
früchte und Gartengewächse; Kartoffeln sind erst vor kurzem eingeführt
worden. Wahrscheinlich ist hier das Vaterland des Zuckerrohrs, dessen
Anbau von Jahr zu Jahr bedeutender wird. Ein anderes Haupterzeugniß
ist der Pfeffer (Piper nigrum), eine rankenförmige Staude, welche am
liebsten im Schatten anderer Gewächse wächst und deren vor der völligen
Reife getrocknete Beeren unseren Pfeffer liefern; er ist über ganz Ostindien
verbreitet; für den besten gilt der von der Küste Malabar. Eine andere
Art des Pfeffers ist der Betel (Piper Peile), hier Tambuli genannt;
man bedient sich nur der brennend gewürzhaften und bitteren Blätter, in
welche der Hindu die in Scheiben geschnittene, einer Mußkatuuß ähnliche
Ruß der Arekapalme, mit Cardamom, Katechu und etwas Kalk vermischt,
einhüllt. Diese Zubereitung wird von allen Hindus unaufhörlich gekaut,
wodurch Lippen und Speichel roth gefärbt und, wie man behauptet, der
Athem verbessert und das Zahnfleisch erhalten wird. Jeder, der hier ein
Stückchen Land besitzt, baut daher Betelpfeffer, und die Einwohner tragen
ihn bei sich und bieten ihn an, etwa wie bei uns eine Prise Taback oder
Cigarre. Er ersetzt hier das in anderen Ländern übliche Tabacksrauchen;
doch wird auch in Ostindien nach persischer Art geraucht. Aus den Blättern
des Hanfes wird ein berauschendes Getränk bereitet. Der Mohn wird
besonders in Malwah und Bahar gebaut. Vor der völligen Reise macht
man Einschnitte in die Kapsel, aus welchen ein milchartiger, sich verhär-
tender Saft, das Opium, fließt; eine schlechtere Sorte wird durch das
Auspressen und Kochen des Kopfes und des Stiels gewonnen. Er ist vor-
bei den Muhammedanern, in neuerer Zeit auch bei den Chinesen
als berauschendes Mittel beliebt. Der Thee ist mit Erfolg in Oberassam
angebaut worden. Der Weinstock gedeiht nur an einigen weniger heißen
Stellen; auch wird kein Wein daraus bereitet. Zu den wichtigsten Pro-
dutten Ostindiens gehört dagegen die Baumwolle, welche überall gedeiht
— die vorzüglichste in Bengalen — und welche von den fleißigen Hin-
züglich
1869 -
Braunschweig
: Schwetschke
- Autor: Blanc, Ludwig Gottfried, Lange, Henry
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde, Welt
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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B. Asien.
mäßig im Essen und Trinken, genießt er meist nur gegen Abend eine ordent-
liche Mahlzeit, wovon der Pillau, Reis mit Geflügel oder anderem Fleisch
auf sehr mannigfaltige Weise zubereitet, das Hauptgericht ausmacht; außer-
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dem werden viel Backwerk, Mehlspeisen und Eingemachtes genossen. Die
Scherbets, das gewöhnliche Tischgetränk, werden aus mancherlei Obst-
säften bereitet; doch liebt der Perser auch, heimlich Wein und Branntwein
zu genießen. Der Taback wird vermittelst des Kaliun, in welchem der
Rauch durch Wasser geleitet wird, geraucht. Tänzer und Tänzerinnen,
auch wohl Fechter und Ringer, dürfen bei großen Gastmählern nicht fehlen;
auch am Märchenerzählen und Vorlesen von Gedichten finden die Perser
großes Vergnügen.
Die Parsen, auch Gebern oder Gauern, d. h. Ungläubige ge-
nannt, wahrscheinlich Ueberreste der ältesten Bewohner dieser Länder, welcbe
auch noch die alte Religion ihrer Väter, die Gottheit unter dem Symbol
des Feuers anzubeten, beibehalten haben. Bei dem Vordringen der Araber
wurden sie größtenteils ausgerottet oder vertrieben; viele flüchteten in die
nördlichen oder südlichen Gebirgsgegenden, wo man sie noch heute antrifft,
viele nach Indien, wo sie durch Handel reich geworden. In Persien sind
sie ein geringes, durch Redlichkeit und reine Sitten, großen Fleiß im Acker-
bau und in der Baumzucht, Geschicklichkeit in Anlegung von Bewässerungs-
anstalten u. s. w. ausgezeichnetes, friedliches Völkchen von etwa 60,000
Seelen. Ihr Gesetzbuch, das Zend-Avesta, welches wir aber nur in
Bruchstücken besitzen, stammt von Z o r o a st e r oder Z e r d u s ch t (Saratustro),
der seine religiösen Ansichten wahrscheinlich nicht lange vor Cyrus verbrei-
tete. Durch dieses interessante Werk haben sich die alten Zend- und
Pehlewi-Sprachen erhalten; die erstere ist dem ältesten Sanskrit nahe
verwandt, die andere ist mit semitischen Wörtern gemischt. Die heutigen
Gebern sprechen einen mit arabischen und neupersischen Worten gemischten
Dialekt.
Von den Armeniern, deren ettva noch 60,000 unter per-
sischer Herrschaft stehen, ist schon früher gesprochen. Die Juden, etwa
25,000, leben wie in Europa meist in den Städten vom Kleinhandel und
sind arm; sie müssen hier irgend ein Abzeichen an der Kleidung tragen.
Seit einer Reihe von Jahren ist eine neue Religionssecte aufgetreten,
die bereits zu bedeutenden Bewegungen Veranlassung gegeben hat, die Secte
der Babis (Babi heißt Thor, Pforte), gestiftet von dem Kaufmann Syed
Ali Mohammed, eine Art Pantheismus, Vergötterung der Naturkräfte,
ohne Annahme der Existenz einer persönlichen Gottheit. Die fanatischen
Muhammedaner verfolgen
auf das Aeußerste und verhängen über sie.
besonders seit der Zeit, da einige Anhänger der neuen Lehre einen Angriff
auf das Leben des Schah, Nassar-udin, versuchten, in der Weise der
furchtbaren persischen Justiz die grausamsten Strafen: in Einschnitten ihres
Leibes werden Lichter angezündet; man gräbt sie, mit dem Kopf nach oben
den Erdboden; man bindet
Stücke
oder nach unten, bis zur Hälfte des Leibes in
sie vor die Mündung der Kanonen und schießt sie in tausend
Der Stifter der Secte selbst wurde 1850 erschossen. Wie alle
Religionsversolgungen haben diese Grausamkeiten keine andere Wirkung her-
vorgebracht, als die: die Anhänger der neuen Lehre mit Heroismus zu er-
fiillen und ihre Zahl zu mehren.
u. s. w.