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gerte. Plündernd und mordend ergoss er sich über die eroberte
Stadt und schonte Niemanden, der mit Waffen ihm begegnete. Das
Elend erreichte die höchste Stufe, als plötzlich nach Falkenberg’s An-
ordnung am alten Ring in einem Bause dicht neben der Apotheke,
wo eine grosse Menge Pulver aufbewahrt war, Feuer ausbrach, das,
durch zerstreutes Pulver genährt, rasch um sich griff. In derselben
Stunde brannte es an mehreren Orten.
Das klägliche Bild der durch Schwert und Feuer verwüsteten
Stadt vermochte der Sieger Tilly nicht zu ertragen. Er durchritt die
Stadt nach allen Richtungen und zwang die Soldaten durch Ver-
sprechungen und Drohungen, abzulassen vom Morden und die Flamme
zu löschen. Dem Pater Silvius, einem geachteten Kloslergeistlichen,
um den sich das Volk, weil durch das weisse Gewand leicht bemerk-
bar, Schutz suchend schaarte, rief er französisch zu: «Mein Vater,
rette, befreie, enlreisse, soviel du kannst, dem Verderben.» Und er
selbst stieg ab vom Pferde und hob einen Knaben auf, der an der
Brust der entseelten Mutter lag, sprechend: «Das sei meine Beute!»
Thränen benetzten des greisen Kriegers Angesicht. Allein alle seine Be-
mühungen, die Stadt zu retten, scheiterten an dern Wahnsinne der Mag-
deburger. Das verzehrende Feuer hatte bereits alle Schranken durch-
brochen und nicht mehr konnte man es bewältigen. Das Traurigste
dabei war, dass die Ruinen nicht blos Jene begruben, die aus Furcht
vor dem Feinde ihre Wohnungen zu verlassen sich nicht getrauten,
sondern auch Jene, die in den Kellern und tiefsten Verstecken der
Häuser sich geflüchtet hatten; und wohin das Feuer nicht dringen
konnte, dorthin fand der Qualm Zutritt und die fürchterliche Hitze,
die selbst die Geschütze schmolz. In wenig Stunden fanden beinahe
25,000 Menschen ihren Tod, und die übrig gebliebenen 5000 suchten
des Siegers Schutz, der ihnen auch gewährt wurde.
Dass von den rohen und erbitterten Soldaten viele Gräuel in der re-
bellischen Stadt begangen worden sind, bleibt wahr. Unwahr und eine
Erfindung späterer Zeit aber ist es, dass Tilly das Morden und Brennen
gebilligt oder gar befohlen habe. Nach den hist, polit. Blättern.
26. Belagerung Wiens durch die Türken im Jahre 1683.
Die Türken, diese ehemals so mächtigen Feinde der Christen,
zogen im Jahre 1683 mit einer ungeheueren Heeresmacht durch Un-
garn und belagerten Wien. 200,000 Mann unter den Befehlen des
Großveziers Kara Mustapha umgaben in einem Umkreis von
sechs Stunden die Vormauer der Christenheit. Der Anzug dieser
Schaaren und die Einschließung der Stadt geschah mit solcher Eile,
daß der Kaiser Leopold I. nur mit Noth nach Linz ssüchten konnte.
Der tapfere Commandant zu Wien, Graf von Stahrem-
berg, vertheidigte die Stadt mit großem Heldenmuthe und wurde
von den Bürgern kräftig unterstützt. Alle Angriffe und Stürme der
Türken wurden zurückgeschlagen. Die Türken beschossen die Stadt
fürchterlich und sprengten einen Theil der Mauern durch Pulver-
minen. Dennoch kamen ste nicht in die Stadt, desto schrecklicher miß-
handelten sie das Land: 50,000 Kinder, 6000 Männer, 11,000
Weiber und 51,000 Jungfrauen schleppten sie aus Oesterreich als
Gefangene nach der Türket. Die Noth in der Stadt wurde immer
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er an sonnigen windstillen Tagen, im Mai, Juni und Juli nament-
lich, ausgeht und die Zeit von 9—4 Uhr zum Fange wählt. Die
Dämmerungsfalter sitzen in der Morgen- und Abenddämmerung
an wohlriechenden Blumen, am Tage sitzen sie ruhig an Baumstäm-
men, Bretterwänden, Zäunen und Mauern, wo man sie leicht fangen
kann. In der Nacht fliegen die Nach tschmetterlinge, an Zahl
viel größer als vorige. Schlägt man bei Tag mit einem Stecken an
Sträucher und Baumäste, so fliegt oft eine Menge auf, die sich bald
wieder setzen und leicht gefangen werden können. Beim Tödten soll
so schnell wie möglich verfahren werden, damit diese Thiere nicht
lange gequält werden, was häufig geschieht, wenn man sie ansticht,
ohne sie zuvor durch Eindrücken der Brust (bei Tagfaltern) oder durch
Tabaksbrühe (Tabakssuder) zu tödten. Letzteres geschieht bei den dick-
leibigen Dämmerungs- und Nachtfaltern, indem man eine Stahlfeder
voll der scharfen Brühe dem Schmetterlinge von unten in die Brust
sticht.
Obwohl sich diese Infekten durch Farbenschmelz in Feldern, Gär-
ten und Wäldern sehr gut auönehmen , so hat der Landwirth wie der
Förster Grund, sie zu vermindern. Denn aus ihren Eiern entstehen
die Raupen, wahre Ungeheuer in Gefräßigkeit, daher den Pflanzen
sehr schädlich. Diese mitunter sehr schönen Thiere erscheinen im Früh-
jahre, bevor noch die wenigsten Schmetterlinge zu sehen sind. Sie
schlüpfen um diese Zeit aus den im vorigen Jahre gelegten Eiern oder
kommen aus der Erde, wo sie Winterherberge genommen hatten. Man
sindet die einzelnen Arten in der Regel an bestimmten Pflanzen, oft
ernährt manches Gewächs auch verschiedene Raupen und wieder leben
einerlei Raupen von verschiedenen Gewächsen. Auffallend ist, daß
Blätter mit ätzendem Safte, wie die Wolfsmilch, sowie die brennen-
den Stacheln der Nesseln ohne Nachtheil von ihnen verzehrt werden.
Die auf dem Kohl lebenden fressen meist bei Nacht und verbergen sich
am Tage in die Erde oder Kohlköpfe, daher das Ablesen derselben
bei Licht geschehen muß. Fressen und Wachsen ist der Raupen ganze
Arbeit. Zu gewisser Zeit streifen sie die Haut wie ein Futteral ab
)ind nach jedesmaliger Häutung erscheint die Raupe schöner, als vor-
her, bleibt aber immer noch, was sie zuvor war. Nachdem sie die
Puppenhülle angelegt hat, frißt sie nicht mehr. Nach zehn, fünfzehn
oder zwanzig Tagen, oft auch nach Monaten, oft sogar nach Verlauf
des Winters ist die Verwandlung vollendet. Der Schmetterling nährt
sich vom Honigsafte der Blüthen und ist nur insofern schädlich, daß er
Eier legt, woraus eine verwüstende Nachkommenschaft entsteht. Unter
den Raupen ist die Seidenraupe die einzig nützliche.
10. Fische.
Der Ocean ist für den oberflächlichen Blick eine unübersehbare Wasser-
wüste, ein Spiel der Stürme, ohne Straße, Wegweiser und Herberge,
eine einförmige Fläche, worauf der Kiel des Schiffes keine Spur zurück-
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393
sche, Karls des Großen Enkel, war der erste deutsche König. Er
hatte, wie die meisten seiner Nachfolger, gegen die benachbarten
rohen Slaven die Sicherheit seines Reiches zu vertheidigen. Der
letzte deutsche König aus dem Geschlechte Karls des Großen war
Ludwig das Kind, welcher 911 starb, zu einer Zeit, wo Deutsch-
land von zwei mächtigen Völkern, den Normannen im Westen und
den Ungarn im Osten angegriffen wurde. — Deutschland wurde
nun ein Wahlreich. Die fünf Herzoge von Franken, Sachsen,
Lothringen, Schwaben und Bayern wählten den einsichtsvollen und
edelmüthigen Konrad, Herzog von Franken, zum Könige. Auf
seinem Sterbebette empfahl er in edler Gesinnung seinen Gegner,
Herzog Heinrich von Sachsen, zu seinem Nachfolger, weil er ihn
für den einzigen deutschen Fürsten hielt, der Kraft genug habe, das
von allen Seiten bedrohte Reich zu erhalten.
Heinrich I., auch der Vogelsteller oder Finkler genannt,
Herzog von Sachsen, wurde nun deutscher König. Durch seine
Klugheit und Kraft unterwarf er sich mehrere rebellische deutsche Her-
zoge, schlug die Wenden, legte die Markgrafschaft Nordsachsen an
und sicherte die Nordgränze Deutschlands gegen die räuberischen Ein-
fälle der Normannen durch die Mark Schleswig. Dann schloß er mit
den Ungarn einen neunjährigen Waffenstillstand und übte während
desselben die Deutschen in den Waffen, besonders im Reiten, um den
Ungarn, welche treffliche Reiter waren, das Gleichgewicht halten
zu können. Ueberall wurden Städte und Burgen angelegt zur Siche-
rung gegen die einbrechenden Barbaren (Entstehung des Bürger-
standes). Als nun der Waffenstillstand mit den Ungarn zu Ende war
und eine ungarische Gesandtschaft den Tribut verlangte, überreichte
man ihr auf Heinrichs Befehl einen räudigen Hund, das Zeichen
großer Verachtung. Da brachen wuthentbrannt die Ungarn gegen
Deutschland auf, wurden aber bei Merseburg von Heinrich so
geschlagen, daß man sie, so lange dieser lebte, in deutschen Landen
nicht mehr gesehen hat. — Auf Heinrich I. folgte sein Sohn Otto I.,
ein mächtiger, edler Herrscher, der mit der deutschen Königswürde
auch die römische Kaiserkrone vereinigte, welche von nun
an immer bei den deutschen Königen blieb. Otto hatte
langwierige Kämpfe mit den Völkern, welche die Gränzen Deutsch-
lands beunruhigten. Um diese Zeit verwüsteten die Ungarn, ange-
führt von ihrem Fürsten Bulzu, der den schrecklichen Beinamen
„der Bluthund" hatte, Deutschland. „Ihre Rosse würden," prahlte
Bulzu, „mit den Hufen die neuen Städte der Deutschen zerstampfen
und die Flüsse und Seen aussaufen, oaß sie trockenen Fußes hinüber
könnten." 955 aber schlug Otto die Ungarn auf dem Lech selbe
bei Augsburg in einer sehr blutigen Schlacht, so dass sie von nun
an Deutschland nie mehr angriffen. Bulzu und mehrere ungarische
Fürsten wurden zu Regensburg an den Galgen gehängt.
Als das sächsische Haus mit Heinrich Ii. oder dem Heiligen
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Extrahierte Ortsnamen: Ungarn Deutschland Sachsen Lothringen Schwaben Sachsen Deutschlands Ungarn Ungarn Deutschland Merseburg Ungarn Deutschland Ungarn Augsburg Deutschland
384
und betete und ward sodann von zwei Löwen zerrissen und auf-
gezehrt. Seine übrig gebliebenen Gebeine wurden gesammelt und
in Antiochia begraben.
Unter Kaiser Markus Aurelius wurden die Christen im
südlichen Frankreich und Kleinasien heftig verfolgt. Das blinde
Volk glaubte, daß die Christen schändliche Dinge begingen und
ergötzte sich daher an den gräßlichen Martern, unter welchen die
Christen ihr Leben verloren. Eine große Anzahl wurde gefoltert,
verbrannt, geschunden, von wilden Thieren zerrissen. In Lyon
wurde der 90jährige Bischof Pothinus so geschlagen, daß er nach
zwei Tagen starb. In Smyrna ward der Bischof P o l y ka r p u s,
90 Jahre alt, zum Feuertode verurtheilt und, weil er durch das
Feuer nicht getödtet werden konnte, erstochen. Andere geißelte man
so heftig, daß die Adern vom Fleische entblößt wurden. Nicht
weniger schrecklich ging es in Rom zu, wo der christliche Weltweise
Iustinus und viele Christen, welche den Götzen nicht opfern
wollten, hingerichtet wurden. Am blutigsten war die Verfolgung
derselben unter den Kaisern D e c i u s und D i o k l e t i a n. Decius
erließ gleich bei seinem Regierungsantritte ein Gesetz, dem gemäß
die Christen entweder den Göttern opfern oder mit dem Tode be-
straft werden sollten. Es starben damals die Bischöfe von Rom,
Antiochia und Jerusalem. Furchtbare Marterwerkzeuge gebrauchte
man, um die Christen zum Abfalle zu bringen. Viele verläugneten
Christuo unter den Qualen der Folter; aber nicht weniger groß ist
die Zahl Derjenigen, welche Christus treu blieben. Diokletian
war den Christen abgeneigt, hielt es aber für unklug, eine so mäch-
tige Partei in seinem Reiche zu vernichten, welche die schrecklichsten
Verfolgungen nicht ausrotten konnten. Bei einem öffentlichen Opfer,
das er halten ließ, weigerten sich die Christen, Antheil zu nehmen.
Da brach am 23. Februar 303 eine blutige Verfolgung aus. Ein
kaiserlicher Befehl entsetzte alle Christen ihrer Ehren und Würden,
gebot, alle Kirchen niederzureißen, die Kirchengüter in Staatsgut
zu verwandeln und die heiligen Bücher zu verbrennen; die Christen
sollten eingekerkert und, wenn sie nicht opferten, mit dem Tode be-
straft werden. Feuer, welches in dem kaiserlichen Palaste aus-
gebrochen war, reizte Diokletian noch mehr gegen die Christen an
seinem Hofe auf, und viele starben einen schrecklichen Martertod.
Unter Kaiser Konstantin wurde endlich den Christen völlige Reli-
gionsfreiheit zu Theil.
Konstantin der Große.
Das römische Reich war durch die Unsittlichkeit der Kaiser
und ihre steten Kämpfe mit den Christen im Innern zerrüttet und
durch diese Schwäche auch an den Gränzen nicht stark genug, die
andringenden Germanen im Norden und die Parther im Osten
zurückzuhalten. Unter solchen traurigen Verhältnissen wurde Kon-
stantin, nachmals der Große genannt, im Jahre 306 von seinen
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Extrahierte Personennamen: Markus_Aurelius Decius Christus Diokletian Diokletian Konstantin
Extrahierte Ortsnamen: Antiochia Frankreich Kleinasien Lyon Bischof_Pothinus Smyrna Rom Rom Antiochia Jerusalem
407
gionsstreitigkeiten, Ln Folge derer sich ein bedeutender Theil der
Christen von der katholischen Kirche lostrennte. Diele Glaubens-
spaltung hal'e die betrübendsten Folgen für unser Vaterland; die
Nationalkraft und der Gemeingeist des deutschen Volkes wurden ge-
brochen, und die deutschen Gauen waren lange Zeit der Schauplatz
gräßlicher Religionskriege und schimpflicher Fremdherrschaft v).
Maximilians Enkel, Karl V., ein edler, geistvoller Herr-
scher, bestieg 1419 den deutschen Kaiser thron. Er war ein mäch-
tiger Fürst, in dessen Reiche die Sonne nie unterging. Unter
ihm trug die Saat der Glaubensspaltung in Deutschland blutige
Früchte. Da Luther, welcher wegen Läugnung wesentlicher Lehren
der christlichen Kirche von der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen
und von Kaiser und Reich in die Reichsacht erklärt wurde, in seinen
Schriften und Predigten häufig von evangelischer Freiheit redete, so
veranlaßte dies im Jahre 1524 einen furchtbaren Aufstand der deut-
schen Bauern, welche damals unter großem Drucke seufzten. Der
Bauernkrieg begann in den Gegenden der Schweiz und ver-
breitete sich wie ein Lauffeuer über ganz Süddeutschland bis nach
Thüringen. Die Schlösser des Adels, die Klöster und Kirchen
plünderte und zerstörte der rohe Haufe. Besonders zeichnete sich in
diesem Aufstande der überspannte Gleichheitsprediger Thomas
Münzer aus. Nun zogen die Grafen von Mansfeld und der
Landgraf Philipp von Hessen bei Frankenhausen in Thüringen ein
Kriegsheer zusammen, tödteten und nahmen viele Bauern in der
daselbst stattgefundenen Schlacht gefangen, zerstreuten die Uebrigen
und hielten über Thomas Münzer und dessen Gehülfen Heinrich
Pfeifer Standrecht. Beide wurden zu Mühlhausen, wo ihre
weltliche Herrschaft begonnen, öffentlich enthauptet. Luther er-
mahnte setzt die Bauern zum Gehorsam gegen die Obrigkeit. Da
aber dessen ungeachtet der Aufstand immer schrecklicher und blutiger
von Schwaben nach Franken sich heraufzog; da man die Nach-
richt erhielt, daß die aufrührerischen Bauern den Grafen von
Helfenstein zu Weinsberg auf eine schauderhafte Weise ermordet
hatten, ließ Luther seine Schrift wider die räuberischen und mör-
derischen Bauern drucken. Nachdem die Bauern sengend, brennend
und mordend das Frankenland durchzogen hatten, wurden sie in
mehreren Schlachten von dem Feldherrn des schwäbischen Bundes-
heeres, Truchseß von Waldburg, geschlagen. An den Besiegten
wurde eine unerhörte Grausamkeit ausgeübt. Viele Tausende
wurden enthauptet, aufgehängt, gebrandmarkt und einzelner Glied-
maßen, als der Finger und Augen, beraubt.
Unter ununterbrochenen Neligionsstreitigkeiten, unter stete»
1) Das Nähere-^lber die Glaubensspaltung des sechzehnten Jahrhun-
derts gehört in den Religionsunterricht.
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Extrahierte Personennamen: Maximilians Karl_V. Karl_V. Thomas
Münzer Philipp_von_Hessen Philipp Thomas_Münzer Heinrich
Pfeifer Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Maximilians Deutschland Mansfeld Frankenhausen Schwaben Helfenstein Weinsberg Waldburg
Oktober zog der Pariser Pöbel, unter ihm viele entartete Weiber,
nach Versailles, um den König nach Paris zu führen. Der edle
Lafapette führte nothgedrungen den tollen Haufen an. Schreck-
lich waren die Auftritte in Versailles. Die Wachen des Schlosses
wurden ermordet und die Zimmer der Königin aufgesprengt. Nur
mit Mühe hielt die Pariser Nationalgarde die Wüthenden von den
Zimmern des Königs ab. Um das Volk zu beruhigen, erschien der
König und die Königin auf dem Balkon des Schlosses und baten
um Erbarmen. Das Volk aber verlangte, daß der König nach
Paris gehe. In Allem von nun an ein Spielball des Volkswillens,
setzte sich der König mit seiner Familie in einen Wagen und fuhr,
von dein Auswurfe des Pariser Pöbels umgeben, nach Paris.
Hier, als Gefangener des Volkes, unterschrieb er die Beschlüsse der
Nationalversammlung, wodurch alle königlichen und geistlichen Gü-
ter eingezogen und das Reich in 83 Departements eingetheilt wurde,
um alle Erinnerung an die Vergangenheit zu vertilgen. Kein Fran-
zose sollte fortan einen Titel führen, sondern nur Bürger heißen.—
Als der König bald daraufnach seinem Schlosse St. Cloud reisen wollte,
hielt ihn der Pariser Pöbel zurück. Nun wollte der König aus seinem
Alande entfliehen, aber von dem Postmeister Drotiet erkannt, wurde
er zu Varennes atifgehalien und mit Gewalt nach Paris zurückge-
bracht. Die Reichovcrsammlung entwarf jetzt eine neue Verfassung,
welche der König gezwungen unterzeichnete, und ging auseinander.
Eine neue, die gesetzgebende Reichsversammlung, großen-
tbeils aus Feinden des Königs bestehend, kam im Jahre 1791 in
Paris zusammen. Die Furchtbarsten dieser Abgeordneten hießen
Jakobiner, also genannt von der Jakobinerkirche zu Paris, wo
sie ihre Versammlungen hielten. Robespierre, Marat, Dan-
t o n und andere abscheuliche Blutmenschen gehörten zu denselben.
Während dessen flehten die ausgewanderten Franzosen an allen euro-
päischen Höfen um Hülfe und Schutz für den unglücklichen König.
Kaiser Franz von Oesterreich und König Friedrich Wilhelm Ii. von
Preußen rüsteten sich zum Kriege gegen Frankreich; aber die Fran-
zosen kamen ihnen zuvor und erklärten am 20. April 1792 den
Krieg gegen Oesterreich. Oesterreicher und Preußen zogen nun nach
Frankreich unter Anführung des Herzogs von Braunschweig,
der einen unklugen Aufruf an das französische Volk erließ, worin
den Ungehorsamen große Strafe gedroht wurde. Das erbitterte
das Volk so, daß cs mit wahnsinniger Wuth über die Fremdlinge
herfiel, dieselben bei Je mappe den 5. und 6. November schlug,
aus dem Lande vertrieb, die Niederlande besetzte und das schwach
vertheidigte Mainz einnahin. Während dieses Krieges kam es zu
schrecklichen, blutigen Auftritten zu Paris. Der König und seine
Familie wurden in dem sogenanten Tempel als Gefangene auf's
strengste bewacht, und Jeder wurde auf die schrecklichste Weise er-
mordet, den man für einen Freund des Königs hielt.
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Extrahierte Personennamen: Franz_von_Oesterreich Franz Friedrich_Wilhelm_Ii Friedrich Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Versailles Paris Versailles Paris Paris Paris Paris Paris Frankreich Oesterreich Frankreich Braunschweig Niederlande Mainz Paris
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allein alle ihre Mühe war vergeblich. Die Ceylonesen schlugen sie
todt, machten ihr Fleisch zurecht und verzehrten es mit grossem
Appetit.“
> 18. Der Storch.
Drei Dinge von den Störchen sind mehr oder minder wunder-
bar: ihre Kriege, ihre Gerichte, ihre menschliche Art.
Alle Störche einer großen, weiten Gegend, z. B. des Rhein-
thales im Canton St. Gallen, und die über dem Rhein oder in dem
gegenüber liegenden Liechtenstein und Vorarlberg, erheben sich etwa
einmal gegen einander zu einem blutigen Kriege, der sich nur mit
dem Tode oder mit dem Abzug der einen oder andern aus der
Gegend endigt. Eine Partie muß das Feld räumen. Wahrschein-
lich entsteht der Krieg wegen der Nahrung, die sie einander ver-
kümmern. Dann wird die ganze Gegend unruhig und Alles ge-
räth in Aufruhr. Sie halten auf beiden Seiten des Rheins auf
Feldern großen Rath. Es muß ein Aufgebot ergangen sein. Sie
plaudern viel mit einander und verstehen einander. Einige reden
besonders viel. Es sind die Alten. Die Jungen schweigen. Der
Krieg wird beschlossen. Die Vorarlberger und Liechtensteiner in
größerer Zahl erheben sich, fahren über den. Rhein durch die Lust
einher und wollen die diesseitigen angreifen. Diese haben den An-
griff erwartet, erheben sich nun auch und fliegen ihnen entgegen.
Der Kampf wird in hoher Luft geführt. Die Waffe ist der Schna-
bel. Sie stechen fürchterlich auf einander los. Blutig und erstochen
ergreifen die Schweizer die Flucht. Die Vorarlberger sind vollkom-
men Sieger und zerstören die Nester der Geflohenen. Allmälig
kehren sie jedoch wieder zurück. Später entsteht wieder Krieg,
worin der Schweizer siegt.
Es ist auch wahrgenommen worden, daß die Störche bisweilen
vor ihrer Abreise gen Süden eine große Versammlung halten, einen
Kreis bilden, einer in der Mitte steht, viel geplappert und raiso-
nirt wird, und endlich alle auf den in der Mitte losstürzen und
ihn durchbohren. Man will vermuthen, daß sie sich über einen
Schwächling berathen, und diesen, weil er die weite Reise nicht
mitmachen könne, zu seinem eigenen Besten, und um unterwegs
nicht mit ihm geplagt zu sein, todten.
Das dritte Auffallende ist ihre menschliche Weise. Z. B. ge-
räth ein Haus, auf dem sie wohnen, in Brand, so holen sie im
Schnabel Wasser herbei, um zu löschen. In Seestädten ziehen sie
gerade so wie Menschen zwischen den Leuten auf der Straße herum,
stolziren hin und her und fordern von jedem, der ihnen in den Weg
tritt, das Ausweichen. In der Gefangenschaft befreunden sie sich
leicht mit Kindern und spielen selbst wie Kinder mit ihnen, so
daß sie den laufenden mit ausgebreiteten Flügeln nachlaufen und
irgend eines mit dem Schnabel am Rock, am Aermel packen, sich
sogleich umwenden, auf und davon laufen, nachschauen, ob auch
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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82
95. Behandlung der Verstorbenen.
1. Der Verblichene ist von dem Augenblick der letzten
Lebensäußerung an wenigstens acht Stunden lang
auf dem Sterbelager ruhig liegen zu lassen. Der hier
und da übliche Gebrauch, dem kaum Erblaßten das Kissen
unter dem Kopfe wegzuziehen, ihm Nase und Mund zu-
zubinden, das Geficht zu bedecken, Brust und Unterleib zu
beschweren, ist höchst verwerflich und daher zu unterlassen,
weil hierdurch ein etwa Scheintodter natürlicher und be-
greiflicher Weise nur zu sehr dem wirklichen Tode ausge-
setzt wird.
2. Erst nach Verlauf von acht Stunden von dem Augen-
blicke der letzten Lebensäußerung an ist der Verblichene mit
Vorsicht aus dem Sterbebette in das etwa bestehende Lei-
chenhaus, oder an einen mit reiner Luft versehenen, wo
möglich im Winter erwärmten Ort zu bringen und daselbst
auf einem den Umständen angemessenen Lager, mit dem
Kopf etwas erhaben und dem Körper bedeckt, bis zur Beer-
digung aufzubewahren. Tritt bei heißer Witterung, oder
nach hitzigen, zumal ansteckenden Krankheiten die Verwe-
sung sehr schnell ein, so darf schon nach Verlauf jener acht
Stunden, bei ansteckenden Krankheiten mit schnellen Ver-
wesungs-Zeichen auch wohl noch früher die Leiche in den
Sarg gelegt werden. Außerdem aber soll damit noch zwölf
Stunden gewartet, der Sarg jedoch in keinem Falle eher,
als bis die Leiche zu Grabe gebracht werden soll, bedeckt
werden.
3. Die^ Beerdigung soll in der Regel erst nach Ablauf
von zwei und siebenzig Stunden von dem Zeitpunkte des
Ablebens an stattfinden, ausnahmsweise früher bei schnell
eintretender Fäulniß einer Leiche oder bei ansteckenden Krank-
heiten.
4. Man hält gewöhnlich einen Menschen für todt, wenn
9) Hände, Füße, das Gesicht und die ganze Oberfläche des
Leibes kalt sind; b) das'athmen, der Herz- und Pulsschlag
aufgehört haben; e) das Gesicht blaß und eingefallen, die
Augen gebrochen sind; 6) wenn Leichengeruch vorhanden ist
und sogenannte Todtenflecken entstehen.
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84
T h i e r w e l t.
96. Die grausamen Riesen.
Herr Treu ging am Iohannisfeste mit den sämmtlichen Kin-
dern seiner Schule spazieren. Er machte ihnen alle Jahre diese
Freude. Sie wählten ein Wäldchen an einer Anhöhe zu ihrem
heutigen Aufenthalte. Da schien die Sonne so schön durch das
frische Grün der Eichen, Buchen und Birken; da sangen die Vögel
so lustig! — Die Kinder spielten dieses und jenes. Herr Treu
setzte sich in's Moos nieder, gab ihnen dieses oder jenes Spiel an,
und schaute mit Vergnügen den friedfertigen und fröhlichen Kindern
zu. Als sie sich müde gespielt hatten, lagerten sie sich um ihren
Lehrer, verzehrten die mitgebrachten Erfrischungen und baten nun
Herrn Treu, ihnen doch etwas zu erzählen.
„Gern will ich das thun," sprach Herr Treu; „aber was
soll ich euch erzählen?" „Ein Mäbrchen! ein Mährchen! " so
riefen die Meisten. „Nun denn es sei!" sprach Herr Treu, und
begann:
„Vor langer, langer Zeit, vielleicht sind es schon tausend
Jahre, kamen zu den hiesigen Einwohnern eine ziemliche Anzahl
gewaltiger Niesen aus fremden Gegenden. Gewaltige, sage ich,
denn es waren baumstarke Menschen, sechs Ellen hoch. Sie ließen
sich in der Gegend nieder. Sie bauten sich große Wohnungen, dort
drüben am Berge, wo die Felsenstücke noch bis heute über einander
herliegen. Noch immer hält man sie für Trümmer der Riefen-
wohnungcn. Diese gewaltigen Menschen nährten sich, so gut sie
konnten, von den Früchten des Landes, von dem häufigen Wildpret
und von ihren eigenen Viehheerden. Dagegen hatten die Einwohner
Nichts. Aber leider nahm das Ding eine sehr übele Wendung.
Die gewaltigen Niesen fingen an, die ruhigen und friedlichen Ein-
wohner des Landes, die gegen jene Gewaltigen sehr schwach an
Kräften waren, zu foppen, sie zu verfolgen und zu plagen auf alle
Art. Sie warfen häufig nach Diesem und Jenem, der ihnen vor-
kam, mit Steinen; trafen sie ihn, fiel er todt nieder, nun desto
besser; trafen sie ihn nicht, so hatten sie doch die Lust zu sehen,
wie ängstlich der Arme auswich, um sein Leben zu erhalten.
Bald zerstörten sie dort eine Hütte, bald hier; sie nabmen
mit fort, wen sie gerade fanden, bald die Kinder, bald den
Vater, bald die Mutter, bald Alle. Welch ein Wehklagen,
welch ein Jammer entstand unter den armen gemißhandelten
Menschen ! " —
„Ach!" unterbrachen mehrere gute Kinder Herrn Treu, „das
sind ja abscheuliche Geschöpfe gewesen, die Riesen."
•; „Bst!" sprach Herr Treu, „cs kommt noch schlimmer."
„Oft nahmen sie die Kinder vor den Augen der Eltern, ban-
den dieses oder jenes an einen Strick und ließen es um sich herum-
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sich an das Kind und gab ihm durch Geberden zu verstehen, es
solle sich an seinen Rücken anklammern. Das Kind verstand end-
lich die Winke, kroch, so gut es ihm möglich war, auf den Rücken
des Hundes und hielt sich, krumm vor Erstarrung, daran fest.
Das wohlthätige Thier trug seine theuere Last mit der grössten
Vorsicht in die Herberge, wo der halbtodte Knabe die treueste
Pflege fand und in kurzer Zeit genas.
Diese merkwürdige Begebenheit wurde weit umher be-
kannt. Ein reicher Mann nahm den Waisen an Kindesstatt
an und liess die rührende Geschichte durch einen Künstler
von Bern malen. Das Gemälde wurde in der Folge im Klo-
ster aufbewahrt, wo die menschenfreundliche Dogge noch
lange ihren edlen Beruf ausübte. Dieses Thier hat in seinem
ganzen Leben über siebenzig Menschen vom Tode gerettet.
Es wurde zuletzt ein Opfer seiner Berufstreue. Als es näm-
lich einmal einen Menschen retten wollte, meinte dieser,
das Thier sei feindlich gegen ihn und tödtete es. Damit
Barr; 's Andenken auch noch nach dem Tode geehrt werde,
wurde derselbe ausgestopft und im naturgeschichtlichen Mu-
seum in Bern aufgestellt, wo er gegenwärtig noch zu sehen ist.
29. Die Tollheit oder Wasserscheu der Hunde.
Ein Hund, der mit der Tollheit befallen ist, scheut Alles, was glänzt,
also auch Wasser, seine Augen find düster, Speichel fließt aus dem Rachen,
die Zunge ist bleifarbig und hängt heraus, er senkt Kopf und Schwanz,
bellt nicht, sondern knurrt und beißt nach Allem, was ihm vorkommt; er
ist nicht mehr zu heilen und stirbt nach wenigen Tagen. Thiere und Men-
schen , die von einem tollen Hunde gebissen werden, bekommen dieselbe
Krankheit, wenn der Speichel mit in die Wunde drang und sterben, wenn
nicht schleunig vorgebeugt wird, eines schrecklichen Todes. Bei gebissenen
Ochsen und Hunden zeigt sich die Wasserscheu gewöhnlich vor dem neunten
Tage; bei Menschen vor dem vierzigsten Tage, oft schon am dritten, selten
nach mehreren Monaten. Daß Jadre vergehen können, ehe sie ausbricht,
ist nicht glaublich; aber man hat Beispiele, daß Menschen, ohne von tollen
Thieren gebissen zu sein, wuthkrank geworden sind, so wie man dasselbe
an Pferden, Eseln, Mauleseln, Schweinen und öfter noch an Füchsen,
Wölfen und Katzen beobachtet hat. Die Wunde, welche durch den Biß
eines tollen Hundes beigebracht ist, muß man wiederholt mit Wasser, oder
besser lauem Salzwasser auswaschen und die Blutung durch Drücken und
Reiben befördern; dann muß sie mit einem glühenden Eisen gebrannt wer-
den, welches desto weniger schmerzt, je heißer es ist; oder sie muß mit
salzsauerem Antimon oder Schwefelsäure geätzt werden. Sechs oder sieben
Stunden nachher wird ein großes spanisches Fliegenpflaster aufgelegt und
dann die Wunde acht Tage lang in Eiterung erhalten. Durch einen Trank
von Fliederthee und anderen schweißtreibenden Mitteln muß sodann der
Kranke in Schweiß gebracht werden. Auch der Biß zu heftiger Wuth ge-
reizter Hunde kann, wie die Erfahrung lehrt, Wasserscheu bewirken. Die
Tollheit ist übrigens nicht so häufig, als Manche denken, denn man pflegt
jeden Hund, der seinen Herrn verloren hat und nur ängstlich mit gesenk-
tem Schwänze herumläuft, für toll zu halten. Von dem wirklich tollen
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