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1. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 183

1911 - Erfurt : Keyser
— 183 — sandle sofort eine ansehnliche Summe an Schillers Gattin, wobei er freilich bemerkte, daß er sich aus eine bestimmte Erhöhung der Pension „alleweile" nicht einlassen könne. Rückkehr: Obwohl Schiller und seiner Gemahlin die Tage in Erfurt angenehm verflossen, suhlten sich beide doch nicht ganz wohl hier. Sie sehnten sich nach der eigenen Häuslichkeit und kürzten deshalb den noch auf längere Zeit berechneten Aufenthalt ab. — Ihre Abreise erfolgte am 1. Oktober. (Nach Albert Pick.) 64. Französische Emigranten in Erfurt. Ihre Ankunft: Die französischen Ausgewanderten, die in den Rheinstädten eine Zuflucht gefunden halten, flohen bei Au-nährnng der Franzosen weiter ins deutsche Land hinein. Dabei wählten viele Erfurt als neuen Wobnsitz, da man ihnen von befreundeter Seite die Stadt vorteilhaft geschildert hatte. Seit Anfang 1795 kamen sie in großer Zahl hier an. Unter ihnen waren viele, die einst eine glänzende Rolle gespielt Hatten. Ehemalige Erzbischöse, Bischöfe, Aebte und dergleichen kamen zum Brühlertor hereingepilgert, und säst alle boten einen herzzerreißenden Anblick dar. Mit Bündelchen auf dem Rücken und mit zerrissenen und zerlumpten Kleidern hielten sie ihren Einzug. Einer von ihnen erzählte mit heilerer Miene, daß er nichts anderes gerettet habe als die Bibel, die er unter dem Arm trug. Tatsächlich hatten viele nicht einen roten Heller mehr in der Tasche; sie wußten nicht, wo sie einen Bissen Brot hernehmen, womit sie ihr Schlasgeld bezahlen sollten. Piele gingen barsuß, und dabei war es mitten im Winter. Sie erzählten auch, daß manche unterwegs liegen geblieben und erfroren wären. Ihre Lebensweise: Mitte Februar waren, wie durch Be- auftragte des Rates festgestellt wurde, schau über 1000 Vertriebene in der Stadt. Man räumte ihnen die Schottenkirche zum Gottesdienst ein. In ihr wurde von jetzt ab französisch gepredigt. Besonders ernst und streng begingen sie die heilige Woche. Viele speisten die ganze Zeit hindurch kein Fleisch. Alle Speisen, die sie genossen, mußten mit Cel geschmelzt sein, weil ihnen selbst die Butter verboten war. Auch erschienen viele in schwarzen Kleidern, die sie in den letzten Tagen gar nicht mehr ablegten. Gezwungene Beschäftigung: Mancher von den Emigranten, der einst bessere Tage gesehen halte, war gezwungen, sich seinen Lebensunterhalt durch Anfertigung kleiner Handarbeiten zu verdienen. So verkaufte bei der Feier der Peterkirmfe (Sonntag nach Ostern) auf dem Roßmcirkle (Herrmannsplatz) ein ehemaliger französischer Herzog Handkörbchen, Schächtelchen und Kästchen, die er selbst aus Pappe angefertigt hatte. Von seinem Stand aus rief er den Vorübergehenden sorlwäbrend zu: „Achetez des corbeilles

2. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 114

1911 - Erfurt : Keyser
Iii. Bus der Geschichte Erfurts von 1§00 ad. Stellung Erfurts zu Mainz und Sachsen und zum Reich: Um den Aufruhr der niederen Schichten der Bevölkerung, die durch die Straßensperre während der Streitigkeiten der Stadt mit Mainz und Sachsen (s. Nr. Ii) in große Not geraten waren, abzuwenden, hatte der Rat den Frieden von Amorbach und Weimar geschlossen (1483). In der Amorbacher Urkunde erkannte er das Mainzer Erzstist als den „rechten Erbherrn" an, dieses aber ließ Erfurt bei allen seinen Obrigkeiten, Herrlichkeiten, Gnaden, Freiheiten, Rechten und Gewohnheiten, die ziemlich bedeutende waren; denn außer der Erhebung des Marktzolls, der Freizinsen und eines geringen Anteils an der Gerichtsbarkeit standen dem Erzbischos keine weiteren Rechte mehr zu. Trotzdem war der Amorbacher Vertrag ein großer Sieg des Erzbischoss. Seine Anerkennung als „rechter Erbherr" der Stadt durch den Rat machte eine Entwicklung Erfurts zur völligen Unabhängigkeit von Mainz für die Zukunft unmöglich. Durch den Weimarer Vertrag aber, der Erfurt unter die Schutzherrschaft Sachsens brachte und ihm eine Steuer von fast unerschwinglicher Höhe auslegte, wurde geradezu eine Doppelherrschaft von Kurmainz und Kurfachfeu über die Stadt geschaffen und ein Zustand herbeigerührt, der in der Folge zu weiteren Kämpfen beider Gewalten um den Besitz Ersurts führen mußte. — Von 1417 bis 1471 war Erfurt als Reichsstadt angesehen worden, wie seine Ladungen zu den Reichstagen beweisen. Durch die Belehnung des Rates und der Bürgerschaft mit dem Reichslehen Kapellendorf (1352) war das Reich Erfurts „rechter Herr" und jene „des Reiches liebe Getreue" geworden; Erfurt hatte feit dieser Zeit den Königen die Lehenshuldigung geleistet, die zugleich die Hoheitshuldigung in sich schloß. Ta nun Kapellendorf auch nach 1483 der Stadt verblieb, fo war scheinbar nichts an der unmittelbaren Verbindung Erfurts mit dem Reiche geändert worden; aber wie schon oben gesagt, war es durch den Amorbacher Vertrag der Stadt unmöglich, sortan sich der anerkannten Macht des Erzstifts zu entziehen und in die Reihe der Reichsstädte einzutreten. Geldnot Erfurts: Beide Verträge hatten über Erfurt eine große Schuldenlast gebracht, die noch durch die in dieser Zeit eintretende allgemeine Geldentwertung bedeutend vergrößert wurde. Letztere hatten ihren Grund in der außerordentlich starken Ausbeutung der Edelmetalle im Harz und im sächsischen und ungarischen Erzgebirge und in dem Hereinfluten des überseeischen Gol-

3. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 120

1911 - Erfurt : Keyser
— 120 — bett prächtigen, zweistöckigen (Srfer, der in feinem giebelcirtigen Abschluß fast benfelben Ansban wie der stattliche Türeingang zeigt. i Der 3vjährige Krieg: Wie aber schon gesagt, hielt bic Besserung der Verhältnisse nicht an; durch den 30jährigen Krieg, in dem Erfurt furchtbar zu leiben hatte, würde fein Wohlstanb voliftänbig vernichtet (f. Das Erfurter Laub im 30jährigen Kriege, Nr. 47). Von den großen Heerführern biefer Zeit, sah die Stadt nur den Schwebenkönig Gustav Aböls, der am 22. September 1731 einritt (f. Nr. 48, 49, 50 u. 51). Er zeigte sich sehr hulbvoll und schenkte Erfurt viele Kloftergiiter; auch der Universität nahm er sich warmherzig an. Durch eine Verfügung vom 9. Oktober 1632 aus Nörblingen überließ er Erfurt alle weltlichen Rechte, die einst dem Erzbischof zugeftanben hatten, den Mainzer Hof, die fünf Kiichenbörfer, die beiben Stifter, 8 Klöster und enblich die noch dem katholischen Gottesbienste geweihten Pfarrkirchen. Er wollte die Stadt „für die dem evangelischen Wesen treu geleistete Assistenz" belohnen und zur Wieberaufrichtung der „fast gar zerfallenen uralten Akabemie" beitragen, zu bereu Förberung er schon im Jahre vorher der Stadt das Negier Kloster überwiesen hatte. Der Oberhoheit behielt der König sich freilich „in alleweg" vor. Doch schon der Prager Friebe 1635 brachte eine Aenberung der Erfurt so günstigen Verhältnisse. Der Kurfürst und die Klöster traten nach dem Abzüge der Schweden wieber in ihren alten Be-sitzsianb ein, ebenso würden die beiben Stiftskirchen von den Evangelischen geräumt. Die Universität, welche auch die ihr zugelegten Kloftergiiter wieber verlor, sank in den alten traurigen Zustanb zurück; benn der Rat war nicht imstanbe, ihr den Verlust aus eigenen Mitteln zu becken. Zwar kehrten die Schweden unter Bauer schon im folgenben Jahre in die Stadt zurück, nachdem sie biefetbe am 19. Dezember heftig beschossen hatten (f. Nr. 52); aber sie kümmerten sich nicht um ihre Verwaltung. Der Rat konnte nach eigenem Ermessen schalten und walten, und auch dem Kurfürsten von Mainz, feinen Beamten und der katholischen Geistlichkeit sicherten die Schweden die Erhaltung ihrer Güter und Rechte zu. Die ihnen gänzlich überlassene Eyriaksburg würde ebenso wie die Stadt aufs neue befestigt. Den hohen und starken Turm am Brühler Tor ließen die Schweden nieberreißen, auch legten sie den Wall weiter zurück, um die Burg mehr von der Stadt zu entfernen und biefe ihr unterzuorbnen. — Währenb der noch übrigen Dauer des Krieges finb die Schweden in Erfurt geblieben. Der letzte Teil der fchwebifchen Besatzung hat sogar erst 2 Jahre nach dem Friebensschlnß die Stadt verlassen, die nun auch baran beulen konnten, das Friebensfest zu feiern, herzlich froh, daß die schreckliche Kriegszeit enblich vorüber war (f. Nr. 53, 54, 55). Innerhalb des balb 20jährigen Aufenthaltes der Schweden, in welcher Zeit die Stadt boliftänbig frei von Mainz gewesen,

4. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 124

1911 - Erfurt : Keyser
— 124 — lichen Fürsten das Recht, sich für die an Frankreich verlorenen Gebiete durch Besitznahme geistlicher Landgebiete auf dem rechten Rheinufer und innerhalb Deutschlands zu entschädigen. Für Preußen wurden diese Entschädigungen in einem Vertrage vom 23. Mai 1802 genauer festgesetzt. Es erhielt für einen Verlust von 48 Quadrat-meilen mit 140 000 Einwohnern einen Gewinn von 220 Quadrat-meilen mit 520 000 Einwohnern, darunter das Mainzer Eichsfeld und das Erfurter Land. Durch einen Erlaß vom 6. Juni 1802 erklärte König Friedrich Wilhelm Iii. diese Gebiete für seinen Besitz. Ju Erfurt hatte man hiervon noch nichts Bestimmtes gehört, als am 5. August für das hier in Quartier stehende Kaiserliche Bataillon der Befehl zum Abmarsch eintraf. Er erfolgte vom 12. bis 17. August. Wenige Tage darauf wurde allen Ortschaften des Kreises und der Stadt ein Schreiben der Kurfürstlichen Regierung bekannt gegeben, welches das Einrücken der preußischen Truppen als bevorstehend mitteilte. Tatsächlich war in der Nacht vom 20. zum 21. das preußische Besatzungskorps, bestehend aus einem Bataillon Dragoner und 3 Bataillonen Infanterie, zusammen 3500 Mann, unter den Generalleutnants von Voß und v. Wartensleben in das Erfurter Land eingerückt und stand in Ilversgehofen. Nachdem am 21. August in der Frühe ein Offizier in die Stadt gekommen war und der versammelten Regierung die Besitznahme angezeigt hatte, rückten um 9 Uhr die preußischen Truppen durch das Krämpsertor in die Stadt ein. Am Tor wurden sie von einer Abordnung des Stadtrates empfangen. Dann marschierten sie nach dem Platz vor den Graden, wo die vom Petersberg kommende kurmainzische Besatzung dem neuen Landesherrn Treue schwur und unter die preußischen Soldaten verteilt wurde. Tore und Zitadellen waren inzwischen besetzt worden. Nunmehr wurde auf der Statthaltern, dem Rathaus, und an allen Toren der preußische Adler entfaltet und die Besitz-nahme-Urkunde angeschlagen. Die Infanterie quartierte man bei den Bürgern ein, die Dragoner aber kamen auf die Dörfer. — Durch den Reichs-Depntations-Hauptschluß in Regensburg vom 25. Februar 1803 wurde die Einverleibung endgültig anerkannt, und die kaiserliche Bestätigung erfolgte bierzu am 27. April 1803. Nunmehr entschloß sich auch der König, das neuerworbene Land persönlich auszusuchen. Am 30. Mai 1803 traf er mit seiner Gemahlin in Erfurt ein und stieg in der ehemaligen Statthaltern ab (f. Nr. 65). Durch die wiederholten Besuche des Königs-Paares, vor allem aber durch das leutselige Wesen desselben söhnten sich die Erfurter mit der neuen preußischen Verwaltung aus, die ihnen infolge der knappen, soldatischen Art anfangs nicht behagt hatte. Erfurt unter französischer Herrschaft: Aber schon 1806 endete die neue Herrschaft Preußens über Erfurt. Drei Tage nach der Schlacht bei Jena (14. 10. 1806) ergab sich die Stadt schimpf-

5. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 127

1911 - Erfurt : Keyser
— 127 — tu na Sachsen, eine von den 8 Provinzen,1) in die der preußische Staat durch die neue Verwaltungseinrichtung geteilt wurde. Jede der Provinzen, an deren Spitze ein Ober-Präsident gestellt wurde, zerfiel in zwei oder mehr Regierungsbezirke. Die Regierungen dieser Bezirke teilte man wieder in zwei Abteilungen, in die des Innern und die der Finanzen; doch wurden beide einem Regierungs-Präsidenten unterstellt. Die Regierungen der Provinz Sachsen wurden in Magdeburg, Merseburg und „in Thüringen zu Erfurt" errichtet. Magdeburg wurde zugleich der Sitz des Ober-Präsidenten. Die Regierung zu Erfurt trat am 3. April 1816 in Tätigkeit und verkündete in Nr. 2 des Amtsblattes vom 5. April 1816, daß der Regierungsbezirk in neun Kreise geteilt sei, darunter der Stadtkreis Erfurt mit 14 500 und der Landkreis mit 12 588 Einwohnern. Außer „Stadt und Gebiet Erfurt mit dessen Tependenzen" (Zubehör) umfaßte der Regierungsbezirk noch die „Hennebergischen Aemter Schlenfingen, Suhl, Kühndorf und Bens-haufeu, die Thüringischen Aemter Weißensee und Langensalza nebst den von dem Kreisami Tennstedt verwalteten Ortschaften, das Eichsfeld mit seinen Dependenzen, die Grafschaft Hohenstein und die Städte Nordhausen und Mühlhausen mit ihren Gliedern." Ein Teil des alten Erfurter Gebietes, nämlich die Grafschaft Blankenhain, außer dem Amt Wandersleben, welches preußisch und bei Erfurt blieb, und die Aemter Schloß-Vippach, Azmannsdorf und Tonndorf wurden an Sachsen-Weimar abgegeben, von dem Ringleben gegen Nöda eingetauscht wurde. Anderer alterfur-tifcher Besitz, Sömmerda, Röhrborn und Schallenburg sowie Groß-vargula, blieb wohl preußisch, wurde aber bei der Besitzregelung anderen Kreisen des Regierungsbezirkes Erfurt zugeteilt. Die ersten drei Orte erhielt der Kreis Weißensee, Großvargnla aber kam zu Langensalza?) Wie schon oben erwähnt, waren anfangs Land- und Stadtkreis voneinander getrennt und wurden auch getrennt verwaltet. Später aber wurde eine Personal-Union für zweckmäßiger gehalten, wonach der Landrat zugleich Oberbürgermeister der Stadt sein sollte; nur die Geschäftsführung blieb getrennt (1818). Doch diese Aenderung war nicht von Bestand. 1831 wurde die Personal-Union ansgehoben, und Ersurt hatte einen besonderen Oberbürgermeister zu wählen. Es geschah dies zum ersten Male 1833. Stadt und Land bildeten nun bis zum Jahre 1872 einen gemeinschaftlichen Kreis. Am 1. Januar 1872 schied die Stadt aber wieder aus dem bisherigen Kreisverband aus und bildete mit dem Königlichen Steigerforste, den Stadtkreis Erfurt. Seit dieser Zeit besteht ') Ost- und Westvreußen damals nur eine Provinz. — Zuerst hatte man den Staat sogar in 10 Provinzen geteilt. 2) Die kirchliche Einrichtung ist heute noch die alte: Sömmerda und Var-gula gehören zur Diözese (geistlicher Amtsbezirk) Erfurt.

6. Heimatskunde der Provinz Westfalen - S. 5

1900 - Minden i. W. : Volkening
— 5 — stellen. Die Haupt- und Residenzstadt wurde Kassel. Zu dem Königreiche wurden die von dem Kaiser unterworfenen Länder links von der Elbe gelegt. Von den jetzt zur Provinz Westfalen gehörigen Paderborn, Minden, Ravensberg, Corvey, Rietberg, wäh- rend andere aus dieser Provinz dem Großherzogtum Berg unter Murat zugeteilt wurden. Außerdem gehörten zu dem neuen König- reiche die Altmark, Magdeburg, Halberstadt, Hohnstein, Hildes- heim, Goslar, Quedlinburg, das Eichsfeld, Mülhausen, Nordhausen, Stolberg-Wernigerode, Göttingen, Grubenhagen mit dem andern Hohnstein und Elbingerode, Osnabrück, das sächsische Mansseld, Gommern, Querfurt, Treffurt, das brauufchweigisch-wolfenbüttelsche und die kurhessischen Länder, letztere mit Ausnahme von Hanau und Katzenelnbogen, zugeteilt. Die Herrlichkeit des neuen Reiches hörte aber zur Freude aller Vaterlandsfreunde bald auf, als der Jerome es nach der Niederlage der Franzosen am 16., 18. und 19. Oktober 1813 verließ und nimmer wiederkehrte. Den Namen westfälische Länder oder Provinzen führten ferner alle die Gebietsteile, die Preußen in der jetzigen großen Provinz Westfalen vor 1815 besaß und wiedergewonnen hatte. Seit dem Wiener Kongreß erhielten dann diese Gebiete mit den neuen andern, die hinzukamen, am 1. Oktober 1815 nicht mit Unrecht die Gesamtbezeichnung „Provinz Westfalen", weil sie zum größten Teile innerhalb der Grenzen des ältsächsischen Westfalen- landes lagen. 3. Ein vorläufiger Blick in die Provinz Westfalen. Unfre Heimatprovinz, so erzählt der Lehrer und spätere Buch- druckereibesitzer Engelbert Hegener zu Lippstadt, ist ein gar schönes, von Gott gesegnetes Land. Das haben Westfalens Kinder zu allen Zeiten tief gefühlt und durch treue Liebe und Anhänglichkeit bekundet. Nur wenige Gegenden unseres preußischen Vaterlandes dürften in der Beschaffenheit der Oberfläche eine größere Abwechselung und Mannigfaltigkeit darbieten. Um dir eine Vorstellung davon zu geben, will ich dich in Gedanken nach einem Punkte führen, von dem man den

7. Heimatskunde der Provinz Westfalen - S. 31

1900 - Minden i. W. : Volkening
— 31 — männlichen Linie ausgestorben waren. Daneben erkaufte Friedrich I. fünf Jahre später (1707) die Grafschaft Tecklenburg, um derer willen die Grafen von Bentheim und von Solms lange Zeit mit einander im Streite gelegen hatten. Als zu Anfang nnfers Jahr- Hunderts durch den Frieden zu Luneville (1801) alles Land auf der linken Rheinseite an Frankreich fiel, wurde auch der König Friedrich Wilhelm Iii. von Preußen für die erlittenen Verluste durch die Gebiete mancher geistlichen Fürsten entschädigt, deren weltliche Herrschaft gänzlich aufhören sollte. Damals (1803) kam von westfälischen Ländern das Bistum Paderborn als ein weltliches Fürstentum an Preußen, ebenso die östliche Hälfte des Bistums Münster mit der Hauptstadt und die Abteien Cappenberg und Herford. Die westliche Hälfte des Bistums (mit den Städten Bo- cholt, Ahaus, Koesfeld :c.) wurde unter verschiedene Fürsten ver- teilt, welche jenseit des Rheines ansässig gewesen waren, nämlich unter die Herzöge von Arenberg (die außerdem die ehemalige köl- nische Grafschaft Recklinghausen empfingen), Croy, Looz-Corswaren, die Wild- und Rheingrafen und die Fürsten von Salm. In dem unglücklichen Kriege von 1806 und 7, welcher durch den Frieden zu Tilsit beendet wurde, verlor der König alle seine Besitzungen in Westfalen, und Napoleon benutzte dieselben zur Bildung des Königreichs Westfalen und des Großherzogtnms Berg für seinen Bruder Hieronymus und seinen Schwager Joachim Mnrat, welch letzterer indessen schon bald daraus zum König von Neapel erhoben wurde. In dem Frieden zu Tilsit, den 9. Juli 1807, nach den blutigen Schlachten bei Preußisch-Eylau, den 8. Februar, und Friedland, den 14. Juni, mußte Friedrich Wilhelm Iii. die Hälfte seiner Länder an den siegreichen Kaiser der Franzosen, Napoleon, abtreten. Der König sah den Glanz seiner Krone erbleichen, aber der Glaube, daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum besten dienen, gab ihm Mut und Zuversicht auf den höchsten Hort, der Trübsal sendet denen, die er lieb hat. Dieser Glaube bewährte an ihm seine Kraft. Er schied, wenn auch mit blutendem Herzen, wie ein Vater von seinen Kindern. Das Abschiedsschreiben, das er an die Bewohner

8. Heimatskunde der Provinz Westfalen - S. 35

1900 - Minden i. W. : Volkening
— 35 — Tecklenburg gehörige Herrschaft Rheda mit Gütersloh, das Amt Reckenberg mit der Stadt Wiedenbrück, welches ehemals zum Bistum Osnabrück gehört hatte, und die Grafschaft Rietberg, alle drei zwischen dem Ravensbergischen und Paderborn'fchen gelegen; end- lich an der Weser das Gebiet der ehemaligen Abtei Corvey, das aber in ein mediatisiertes Fürstentum verwandelt und dem Land- grasen vou Hesseu-Roteuburg zur Entschädigung überwiesen wurde. Der Regierungsbezirk Arnsberg entstand, indem mit der Graf- schast Mark die dem Fürsten von Rheda gehörige Grafschaft Lim- bürg und außerdem das bedeutende, früher kurkölnische, seit 1803 hessendarmstädt'sche Herzogtum Westfalen verbunden wurde, dessen Namen auf die ganze Provinz übertragen worden ist. Endlich fiel die ehemalige freie Reichsstadt Dortmund, sowie das Fürsten- tum Nassau-Siegen mit den zum Fürstentum Dillenburg gehörigen Ämtern Burbach und Neunkirchen an Preußen, und die zu Wittgen- stein und zu Berleburg residierenden Fürsten von Wittgenstein traten gleichfalls unter die Oberhoheit des Königs von Preußen. Seitdem ist an dem Bestände der Provinz nur dieses ge- ändert worden, daß die Stadt Lippstadt, deren Besitz lange Zeit unter Preußen und Lippe geteilt war, 1850 infolge eines Ver- träges unter König Friedrich Wilhelm Iv. ganz an Preußen fiel. 6. Die Germanen und Römer in Westfalen. Schon Cäsar war von dem eroberten Gallien (Frankreich) aus zweimal nach dem rechtsrheinischen Germanien eingedrungen. 55 v. Chr. hatten Usipeter^) und Tenkterer^), als Cäsar von ihnen 430 000 Mann, die sich in Gallien neue Wohnsitze suchten, treulos vertilgte, Aufnahme bei den Sigambrern^) gefunden. Da- her zog Cäsar auf einer hölzernen Brücke zwischen Bonn und Koblenz über den Rhein, konnte aber nichts ausrichten, da die Ger- manen mit Hab' und Gut sich in die unwegsamen Waldgebirge der Wetteran flüchteten. Damit sich die von den Velgen (Belgiern) zu ihrer Hülfe gegen Cäsar eingeladenen Deutschen nicht mit ihnen Wohnhaft: *) von der Lippe bis zur Issel, 2) zwischen Ruhr und Lippe, ?') an beiden Seiten der Ruhr, 3*

9. Heimatskunde der Provinz Westfalen - S. 133

1900 - Minden i. W. : Volkening
— 133 Da kämpft das Bruderpaar in wilder Stärke, Zwei Herzen sterben einem Streiche, Der Blonde stürzt auf seines Bruders Leiche, Um selbst zu sterben trüben Blicks. Da kam das junge Weib zum Wald gegangen, Den Gatten suchend wohl mit bangem Herzen. Ein Schrei, — sie lacht und weint in wilden Schmerzen, Sie kann das Grause nicht verstehn. Der wirre Wahn hält ihren Geist befangen, Bis man sie tot auf seinem Grab gefunden. — Jedoch auf rotem Grund in finstren Stunden Bewegts die Luft wie Geisterwehn. Ilse Stach von Goltzheim. Bischof Franz I. von Braunschweig glich mehr einem fehde- lustigen Ritter des 12. oder 13. Jahrhunderts, als einem Kirchen- fürsten. Kaum siebzehn Jahre alt, der Politik seines Hauses zufolge zum Bischöfe berufen, kehrte er, nachdem er 1508 auf dem Großen Tomhofe einen feierlichen Lehnstag gehalten, nach Braunschweig zurück, und erst im Jahre 1511 finden wir ihn wieder in Minden, wo er in Gegenwart seines Vaters sowie sämtlicher Prinzen und Herzöge des Hauses Braunschweig-Lüneburg auf dem mit Stroh bedeckten Marktplatze vierzehntägige Turnierspiele abhalten ließ. Nun beginnt eine sortlaufende Kette der abenteuerlichsten Züge, so gegen Hoya, Utrecht, Friesland und endlich die berüchtigte Hildesheimer Fehde, welche das ganze Stift mit Ausnahme der Stadt in einen Schutthaufen verwandelte und damit endete, daß der Bischof sein Land verlassen und bis zum Jahre 1520 heimatlos in der Welt umherirren mußte, bis er endlich durch das Eintreten seiner Brüder in das Stift zurückkehren durfte. Die Stadt hatte seine Abwesenheit dazu benutzt, sich gehörig zu befestigen und sich auch in der Person des gegnerischen Herzogs von Holstein-Schauenbnrg eines Schutz- Herrn versichert, der, als Petershagen von den heranrückenden Hildes- heimern eingenommen und dem Erdboden gleich gemacht, einen billigen Frieden vermittelte und Minden vor der Zerstörung be-

10. Heimatskunde der Provinz Westfalen - S. 135

1900 - Minden i. W. : Volkening
— 135 — nun zu den Schanzarbeiten herangezogen wurde, der Rat aber die Kirchenglocken abnehmen und zu Kanonen einschmelzen ließ und der durch Cragius aufgehetzte Pöbel sich die gröbsten Gewaltthätig- feiten gegen die Geistlichkeit erlaubte, war das Maß voll. Der Klerus secundarius verließ die Stadt und schloß mit alleiniger Aus- nähme der Pauliuenmöuche, deren Kloster 1530 in ein evangelisches Gymnasium verwandelt wurde, — ein Schutz- und Trutzbündnis, worin sich dieselben verpflichteten, auf gemeinschaftliche Kosten ihre Sache dem Reichskammergerichte zu Speyer zu übergeben. Die Stadt versprach zwar Entschädigung und ließ den unruhigen Cragius mit Gewalt angreisen und nach Stolzenau zurückschaffen, dennoch wurde am 9. Oktober 1538 die Reichsacht über sie ausgesprochen. Minden fuhr indessen unbekümmert, wenngleich in gemäßigter Weise — die Mönche von St. Mauritz waren inzwischen längst zurück- gekehrt — in der Befestigung der neuen protestantischen Einrichtung fort und fand sich, als im Jahre 1547 endlich die kaiserliche Exekutious-Armee auf Minden heranrückte, mit dem Führer der- selben durch ein Lösegeld von 6000 Thalern, das Versprechen der Restitution und einen Fußsall des Magistrats ab. Unter Christianus von Braunschweig, dem neunundfünfzigsten und vorletzten Bischöfe, beginnen die Schrecken des dreißigjährigen Krieges, wie die in ihrer Art nicht minder beklagenswerten Gräuel der Hexeuprocesse, denen in den nächsten achtzig Jahren allein in Minden und Umgegend über zweihundert unschuldige Menschen zum Opfer fallen sollten. Das Prozeßverfahren war fast immer dasselbe. Die unglücklichen Delinquenten oder Delinquentinnen — zumeist waren es arme alte Frauen mit triefenden Augen oder sonstigen Gebrechen, — wurden früh morgens mittels des Schinder- karrens auf das Rathaus geschleppt, dort dem peinlichen Verhör unterzogen, und nachdem sie alles Wünschenswerte eingestanden, in wichtigeren Fällen aber die in Hexen-Angelegenheiten als höchste Autorität geltende Universität zu Rinteln das Urteil bestätigt hatte, öffentlich geköpft oder verbrannt. Ein feierliches Gelage, welches die von der Exekution zurückkehrenden Ratsherren oft bis über die späte Mitternachtsstunde hinaus in den Räumen des Rathauses
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