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ganze „Troß" von Emigrierten war gleichfalls erschienen und erfüllte alles mit prahlerischen Reden und lügnerischen Berichten über die Lage Frankreichs. Die Emigrierten suchten die Kurfürsten zu der Beteiligung an dem thörichten Feldzuge des Jahres 1792 zu bestimmen, den sie als „einen Spaziergang nach Paris" bezeichneten. Als am 19. August 1792 die deutschen Truppen, meist Preußen, unter dem Oberbefehl des Herzogs Karl vou^ Braunschweig in der Champagne eingerückt waren, zeigte es sich, daß der Feldzug schwieriger sein würde, als ihn die Emigranten dargestellt hatten. Die ungünstigen Witterungsverhältnisse und die fehlerhafte Oberleitung wirkten hemmend. Bei Valmy wagte man es nicht, dem Heere von „Neulingen" bestimmt entgegenzutreten. Das unbedeutende und unentschiedene Gefecht war für die Franzosen ein Sieg. Am 30. August trat der Herzog von Branuschweig über Luxemburg den Rückzug wieder nach Deutschland an.
a) Custine in Mainz.
Während des Rückzuges der deutschen Truppen drang der französische General Custine mit der französischen Rheinarmee bis Speyer vor. Die wenigen Mainzer Truppen wurden geschlagen, Speyer und Worms genommen und gebrandschatzt. Durch das Vorgehen Cnstines wurde der Reichstag zu Regensburg aus seiner gewohnten Ruhe gebracht; man sah ein, daß schleunige Hilfe nötig sei. Bevor man jedoch etwas Bestimmtes von seiten des Reiches unternahm, standen die Franzosen vor der Festung Mainz. Das Erscheinen der Franzosen rief eine furchtbare Bestürzung hervor. Der Kurfürst floh: alle Straßen in Mainz waren mit Flüchtlingen besäet, so daß die Statthalterschaft, die der Kurfürst vor seiner Abreise eingesetzt hatte, dem Ausreißen Einhalt thun mußte. Die Mainzer waren bei dem französischen Angriffe auf sich angewiesen. Die Festung war schlecht armiert und nur mit einer-schwachen Besatzung von etwa 3000 Mann, zur Hälfte aus Rekruten bestehend, versehen. Der Festungskommandant General von Gymmich war ein unfähiger und schwacher Mann. Am 18. Oktober hatte Custine mit 11000 Mann die Stadt blockiert, und am 21. Oktober wurde schon die Kapitulation unterzeichnet.
b) Die Clubisten in Main;.
Unter dem Jubelrufe der „Clubisten", einer franzosenfreundlichen Vereinigung, die meist aus Professoren bestand, zog Custine in Mainz ein, während die Bürgerschaft sich kalt und stumm dabei verhielt. Der französische General und sein Heer behandelten die Stadt mit Schonung; die Soldaten bezahlten ihre Einkäufe ordnungsgemäß. Auch ließ der neue Herr die alten Behörden und Gerichte bestehen. Das Verhältnis wäre erträglich gewesen, hätten nicht einige „Brauseköpfe" in ihrer Begeisterung für die unterdessen in Paris am Ruder sitzenden Jakobiner mehr als die französischen Eroberer selbst die Ruhe der Bürger gestört. Bald nach dem Einzuge der Franzosen hatte sich in Mainz eine Gesellschaft der Freunde der Freiheit und Gleichheit, „Clubisten" genannt,
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Extrahierte Personennamen: August Karl_vou^_Braunschweig Karl Valmy August General_von_Gymmich Custine
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sieben weitere Glocken; außerdem wurde es zeitgemäß umgearbeitet und mit einem neuen Uhrwerk versehen. 1842 wurde das Glockenspiel neu gestimmt.
So hat denn das Glockenspiel seit mehr als 200 Jahren in guten und bösen Tagen seine frommen Weisen erschallen lassen und die im Getriebe des Alltagslebens Dahinwandelnden schon gar oft gemahnt, auch zuweilen Herz und Sinn zu erheben zu dem allmächtigen Weltenmeister.
2. Die Rarrbzüge Ludwigs Xiv. nach bet Ofalz.
Kaum hatte sich die Pfalz, wozu auch unser Rheinhessen gehörte, von den furchtbaren Folgen des unseligen 30 jährigen Krieges unter der weisen Regierung Karl Ludwigs (Sohn Friedrichs V.) erholt, als abermals die wilde Kriegsfurie am Rhein dahertobte. In Frankreich regierte damals der stolze König Ludwig Xiv. Dieser, die Schwäche des immer mehr verfallenden Deutschen Reiches erkennend, strebte darnach, seinen Einfluß auch in deutschen Angelegenheiten geltend zu machen. Dabei trachtete er darnach, die Grenzen seines Reiches zu erweitern, so daß der Rheinstrom die Grenze seines Landes bilde.
In dem Kriege, den Ludwig Xiv. gegen den deutschen Kaiser Leopold im Bunde mit Holland (1671—1678) führte, bewahrte der Kurfürst Karl Ludwig von der Pfalz strenge Neutralität. Dafür erfuhr sein Land völkerrechtswidrige Durchzüge der Franzosen, Erpressungen und Gewaltthaten aller Art. Als nun gar infolge dieser Drangsale der Pfälzer Kurfürst sich an den Kaiser anschloß, rückten die Franzosen sengend und brennend in die Pfalz ein; Germersheim und Umgegend wurden eine Brandstätte. Die kaiserlichen Truppen geboten wohl diesem Treiben Einhalt; aber bald verheerten die Franzosen die blühende Bergstraße. Gegen diese Verwüstuugszüge, die sich 1676 und 1677 wiederholten, konnte das Reich nur wenig Widerstand leisten.
Das Amt Neustadt, Schloß und Stadt Zweibrücken wurden ausgeplündert, die Fluren versengt, und die Gebäude in Asche gelegt. Endlich kam 1679 zwischen Ludwig und dem Kaiser ein Friede zustande, der jedoch der Pfalz nicht den ersehnten Frieden brachte. Ludwig Xiv. setzte seine Raublust fort und ließ, um seinen unverschämten Forderungen den Schein eines Rechts zu geben, die „Reunionskammern" errichten. Dieses waren Gerichtshöfe, welche die seit alten Zeiten zu Lothringen, zum Elsaß und zur Grafschaft Burgund gehörigen „deutschen Lehen" aufsuchen und Frankreich ohne weiteres zusprechen sollten. So forderte Ludwig nach kaum geschlossenem Frieden die Grafschaft Zweibrücken als eine „Dependenz" des Bistums Metz. Fünf pfälzische Dörfer bei Weißenburg wurden in Besitz genommen. Während dieser Drangsale starb zum Unglück des Landes der Kurfürst Karl Ludwig (1680). Noch schlimmer wurden die Verhältnisse in der Pfalz, als mit dessen Sohn
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Extrahierte Ortsnamen: Ludwigs_Xiv Rheinhessen Rhein Frankreich Ludwig_Xiv Holland Germersheim Lothringen Frankreich Weißenburg Pfalz
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aebitbet Ihr Organ war die „Privilegierte Mainzer Zeitung". Vordem Stadtgerichtshause wurde der „Freiheitsbaum" gepflanzt den man mit einer roten Jakobiner-Mütze schmückte. Der Club zählte anfangs unter der Bürgerschaft trotz großer Anstrengungen der fanatischen Führer wenig Anhänger. Die Hetzereien und Verfolgungen anders Denkender wurden eifrig fortgesetzt, so daß es dem wüsten tollen Treiben der Clnbisten schließlich gelang, daß ihre Ideen auch m der breiten Masse des Volkes Eingang fanden. Mainz wurde allmählich in Gesinnung und Denkungsart eine französische Stadt.
c) Weiteres Vordringen der Franzosen.
Von Mainz aus suchten die Franzosen auf dem rechten Rheinufer weiter vorzudringen. Die freie Reichsstadt Frankfurt wurde besetzt und derselben eine Kontribution von 150 000 ft. auferlegt. Die Wetterau bis zur Lahn hin wurde gleichfalls durch französische Streifzüge heimgesucht. Bei der Nachricht von dem Falle der Festung Mainz zog der Landgraf Ludwig X. von Hessen seine Truppen hinter die Lahn und Wieseck zurück. Schon am 26. Oktober streiften die Franzosen m der Umgegend von Friedberg und Nauheim umher, bis nach Gießen hm. Eine Abteilung von 150 Mann hessen-kasselischer Infanterie wurde bei Nauheim nach tapferer Gegenwehr gefangen genommen und nach Landau abgeführt. Der Landgraf Ludwig X. zog jetzt feine Truppen in der Festung Gießen zusammen, um hier die Ankunft der auf dem Rückzüge aus der Champagne sich befindlichen Preußen zu erwarten. Darmstadt griff Custine nicht an, weil der Landgraf ihm erklärt hatte, jede Unbill gegen fein Land rächen zu wollen.
d) Die Rückkehr der deutschen Truppen aus Frankreich.
Die ans Frankreich zurückkehrenden Truppen, an der Spitze die heffen-kafselischen, waren anfangs November an der Lahn angelangt. General Custine wollte ihnen den Weg verlegen und sie an der Vereinigung mit den Hessen-Darmstädtern bei Gießen hindern. Er sandte seinen General Hvnchard vor, der die Verbündeten bei Weilburg und Limburg angriff. Dieselben verloren beide Gefechte, konnten aber ihren Weitermarsd) auf Gießen fortfetzen. Die Umgegend von Weilburg und Limburg hatte viel von Custine zu leiden, der auch das Schloß des Fürsteu von Nassau zu Weilburg gehörig brandschatzte. Unterdessen war auch ein anderes preußisches Korps herangerückt, und Custine zog sich nach dem Taunus zurück. Am 24. November beschlossen die Verbündeten ihren Marfd) nach Frankfurt. Ihrem Heere schloß sich jetzt der Landgraf Ludwig X. in Gießen an, der bisher aus Rüdfidjt auf fein Land Neutralität beobachtet hatte.
e) Die Eroberung von Frankfurt.
Frankfurt war schwach besetzt von hödfftens 2300 Mann, welche unter dem Kommando des Generals van Helden standen. Dieser fand bei Custine, der fid) in Höchst a. Main besand, keine Unterstützung.
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_X Ludwig Ludwig_X Ludwig Hvnchard Ludwig_X Ludwig
— 24: ~
beschließen die Städte, „keinen als König zu wühlen, der nicht einstimmig gewählt würde". Mainz ist das Haupt des Bundes; dasselbe leitet die Geschäfte in Städten des unteren, Worms die der Städte des oberen Rheins. Die oberen Städte stellen 100 Schiffe, die des Niederrheins, wozu auch die westfälischen Städte gehören, 500. Ebenso wird für die einzelnen Gebiete eine bestimmte Anzahl Fußvolk und Reiterei verabredet. Bald war der Bund so gestiegen, daß es keine Stadt und kein Gebiet am Rhein gab, das nicht zu ihm gehörte. Im ganzen waren es 60 Städte, unter welchen als hessische Städte: Mainz, Oppenheim, Wimpfen, Bingen, Friedberg, Grünberg, Seligenstadt.
Die Thätigkeit des Bundes fällt in die Zeit, in welcher sich in Deutschland zwei auswärtige Fürsten um die Königskrone bewarben: Richard von Cornwallis und Alphons von Kastilien. Dem Engländer Richard gelang es, für 20 000 Mark die Stimmen der Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg, für 12 000 Mark die des Kurfürsten von Köln und für 8000 Mark die des Mainzer Kurfürsten zu kaufen. Richard wurde zu Aachen 1257 gekrönt, während die Gegenpartei Alfons von Kastilien auf den Schild erhob. Aber nicht bloß die Fürsten waren nicht einig; auch der Bund der Städte hatte sich gelockert. Richard gelang es, durch geschickte Unterhandlungen einzelne Glieder des rheinischen Bundes auf feine Seite zu ziehen. Zuerst erklärten sich Köln, Frankfurt und die wetterauifchen Städte für ihn, denen sich zuletzt auch Worms und Speyer anschloß. Dieser traurige Zustand der Zerrissenheit Deutschlands änderte sich erst mit dem Tode Richards (1272). Jetzt traten die Städte Mainz, Worms, Oppenheim, Frankfurt, Friedberg, Wetzlar und Gelnhausen zusammen und schloffen einen neuen Bund. Sie erklären: wenn die Fürsten einstimmig einen römischen König wählen würden, so würden sie ihm ihre Stimme geben. Wären aber jene uneinig, so würden sie den gewählten König nicht anerkennen und so lange darauf bestehen, bis ein einstimmig Gewählter ihnen vorgeschlagen würde. Dies wirkte; die Fürsten ließen ihre Sonder-intereffen fallen und wählten 1273 zu Frankfurt Rudolf von Habsburg.
2. Erzbischof Wcvttcv von Mainz.
Deutsche Reichszuftände. Rudolf von Habsburg.
Einen treuen Anhänger verlor Richard von Cornwallis, als 1259 zu Erfurt der Erzbischof Gerhard von Mainz starb. Ihm folgte nach wenigen Wochen Werner von Eppenstein auf den bischöflichen Thron.
Werner stammte aus einer adeligen Familie in der Wetteran. Er übernahm keine leichte Ausgabe, als er den Mainzer Stuhl bestieg. Der traurigen Lage des Reiches entsprach auch die des Mainzer Sprengels. Die Menge der auszufechtenden Fehden machten den Besitz von Hab und Gut unsicher. Nach Auslösung des rheinischen Städtebundes erhob man wieder ungerechte Zölle, überfiel die Handelsleute auf den Landstraßen; kurzum, Handel und Wandel war gestört. Durch die Menge
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Extrahierte Personennamen: Richard_von_Cornwallis Alphons_von_Kastilien Richard Alfons_von_Kastilien Richards Rudolf_von_Habsburg Rudolf Erzbischof_Wcvttcv Rudolf_von_Habsburg Rudolf Richard_von_Cornwallis Gerhard_von_Mainz Werner_von_Eppenstein Werner
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bedeutende Gefechte statt. Am 12. Juli kam es bei Neu-Isenburg zu einem Treffen, in welchem der Mainzer Landsturm siegreich war. Sprendlingen wurde den Franzosen entrissen. Die Mainzer wollten ihre Vorteile ausnützen; da brachten Eilboten die Nachricht von dem am 15. Juli geschlossenen Waffenstillstände. Die Kurmainzer Truppen zogen sich in die Stadt Aschaffenburg zurück. Die Friedensverhandluugeu zerschlugen sich, und die Franzosen rückten vor Aschaffenburg, welches kapitulierte.
Am 9. Februar 1801 wurde der Friede zu Luueville aus Grundlage des Friedensschlusses von Camposormio geschlossen. Die Räumung der Stadt Aschaffenburg seitens der Franzosen fand am 26. April 1801 statt, und Kurfürst Friedrich Karl Joseph von Mainz zog ein. Die Bestimmungen des Lnneviller Friedens wurden durch den Reichstag zu Regensburg am 24. März 1803 ratifiziert. In den Lnneviller Bestimmungen war die Säkularisierung der geistlichen Fürstentümer vorgesehen, welche nun jetzt auch ausgeführt wurde. Der erzbischöfliche Stuhl zu Mainz und die Würde eines Reichskanzlers von Deutschland, wurde auf die Domkirche zu Regensburg übertragen. Der Kurfürst-Erzkanzler behielt das Fürstentum Afchaffenbnrg, das Bistum Regensburg und die Grafschaft Wetzlar. Der Kurfürst von Mainz und der Hoch-nnd Deutschmeister blieben die einzigen geistlichen Fürsten Deutschlands.
Von dem früheren Mainzer Gebiete erhielt Preußen das Eichsfeld und Erfurt, Hessen-Kassel Amöneburg und Fritzlar, Hessen-Darmstadt die Bergstraße nebst Steinheim, Alzenau und Seligenstadt. Dem Erzkanzler des Reiches blieb nur ein kleiner Teil des ehemaligen Mainzer Kurstaates.
Die Gründung des Mainzer Landsturms verdanken wir dem Freiherrn Albini von Mainz. In schwerer Zeit hatte er den richtigen Blick und ein klares Verständnis für den Gedanken, daß die Verteidigung des Vaterlandes in der Wehrkraft des Volkes liegt. Die Leistungen des Landsturmes und der Landmiliz waren während der Jahre 1799 und 1800 in Deutschland von wesentlicher Bedeutung. Der Landsturm bildete eine feste Kette am Main bis Mainz durch die Bergstraße und am Neckar. Der Kurfürst Friedrich Karl Joseph von Mainz stiftete in Anerkennung der Tapferkeit des Landsturms und der Landmiliz eine Medaille, welche auf der einen Seite das Mainzer Rad mit der Umschrift: „Belohnet Friedrich Carl Jos. Churfürst 1800" trug, auf der anderen Seite einen Degen mit Lorbeer zeigte mit der Umschrift: „Die Treue und Tapferkeit." Die Errichtung des Kur-
mainzer Landsturmes hat den Nationalgeist und die vaterländische Stimmung der Bevölkerung inmitten der Verderbtheit der damals herrschenden französischen Richtung geweckt. Es war derselbe Geist, welcher 1813 und 1814 das ganze deutsche Volk ergriff, als es sich in den Befreiungskriegen gegen die französische Knechtschaft erhob und den Erbfeind vertrieb.
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Extrahierte Ortsnamen: Neu-Isenburg Sprendlingen Aschaffenburg Aschaffenburg Aschaffenburg Regensburg Mainz Deutschland Regensburg Bistum_Regensburg Mainz Deutschlands Erfurt Hessen-Kassel_Amöneburg Fritzlar Hessen-Darmstadt Steinheim Alzenau Seligenstadt Mainzer_Kurstaates Mainz Deutschland Main Mainz
18
Hessen als selbständiges Territorium.
nehmen. Seit dieser Vergrösserung bildete die Landgrafschaft eines der ersten Reichsfürstentümer mittleren Umfanges. Darum dachte man nach dem Ableben Albrechts Ii. (1439) daran, Ludwig auf den deutschen Thron zu erheben. Die Zustände im Reiche bestimmten aber wohl den Landgrafen, auf diese Würde zu verzichten. Im Jahre vor seinem Tode (1457) schloss Ludwig eine Erbverbrüderungx) mit Sachsen und Brandenburg. Durch dieses Abkommen wurde Brandenburg in die Erbverbrüderung, wie sie bereits zwischen Hessen und Sachsen bestand (siehe S. 16), aufgenommen; doch sollte Brandenburg erst dann als Erbe auftreten dürfen, wenn die bereits seit langem verbundenen Häuser Sachsen und Hessen ausgestorben seien.
Ludwig Ii. (1458—1471), der erstgeborene Sohn Ludwigs I., hatte sich bereits zu dessen Lebzeiten an der Regierung beteiligt; nach dem Tode des Vaters nahm er Niederhessen in Besitz und wohnte in Kassel, während Heinrich Iii. (1458—1483), der Zweitgeborene, das Land an der Lahn mit Marburg als Eigentum erhielt; doch war diese Teilung nicht von Bestand. 1466 kam es zu einer neuen Landesteilung; bei dieser blieb das Recht der Erstgeburt unberücksichtigt, und dem dritten Sohne Ludwigs I. Hermann — dem späteren Erzbischof von Köln — wurde für den Fall, dass er nicht im geistlichen Stande bleiben wolle, ein Drittel des Landes Vorbehalten. Niederhessen und die Landschaft an der. Werra bildeten den einen, das Land an der Lahn samt Ziegenhain und Nidda den ändern Teil der Landgrafschaft, ersterer fiel Ludwig Ii., letzterer Heinrich Iii. zu. Gemeinsam blieben die Gerechtigkeiten, um deret-willen die Landgrafen die Stifter Fulda, Hersfeld und Korvei schützten, die Schirmrechte über die nichthessischen Städte Erfurt, Mühlhausen und Nordhausen, ferner die Hauskleinodien und das Geschütz. Doch
J) Am 30. März 1614 schlossen die drei Familien zu Naumburg eine neue Erbverbrüderung. Laut dieser sollte beim Aussterben des sächsischen Hauses Brandenburg 1/3, Hessen 2/3, beim Aussterben desbrandenburgischen Hauses Hessen und Sachsen je 112, beim Aussterben des hessischen Hauses Brandenburg 1/3, Sachsen s/3 erben. Diese Erbverbrüderung war zur Zeit des alten deutschen Reiches ebenso wie die von 1457 ungültig, weil sie die kaiserliche Bestätigung nicht erlangte. Nach Ansicht mancher Staatsrechtlehrer ist diese Ungültigkeit durch die Auflösung des alten Reiches beseitigt worden; nach der Auffassung anderer besteht diese Ungültigkeit fort und hat nur die Erbverbrüderung von 1373 Rechtskraft. Artikel 5 der hessischen Verfassung (1820) gesteht allgemein den Erbverbrüderten nach dem Aussterben des Mannesstammes des hessischen Fürstenhauses das Thronfolgerecht zu. Zu diesem Mannesstamm gehört ausser Grossherzog Emst Ludwig die Bumpenheimer, die Philippsthaler und die Philippsthal-Barchfelder Linie. (Siehe Stammtafel S. 29.)
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152 v
Niederlande und das Herzogthum Cleve
angegriffen hatte. — Die zu Cöl n angeknüpften
Friedensunterhandlungen zerschlugen sich, wes/
halb der Friede nicht zu Stande kam. — Die
Schweden, nachdem sie, als Bundesgenoffen von
Frankreich, einige vergebliche Versuche ger
macht hatten, unter andern Reichsständen auch
Hessen zu bewegen, dem, zur Erhaltung der
Ruhe Teutschlands, geschlossenen Vündmsse zu
entsagen und an dem Kriege keinen Ankhell zu
nehmen, — sielen darauf 1674 in die Mark
Brandenburg ein, um den Kurfürsten, deft
fentruppen in den Elsas eingedrungen waren,
von dem Widerstande gegen die Franzosen abzm
ziehen. — Zwar wurden sie von demselben i6?5
bei Feh r bell in, in der Mark Brandenburg,
so wie die Franzosen von den Kaiserltt
chen bei S t e i n b a ch, im B a d e n sch e n, auf's
Haupt geschlagen, wobei Tü renne sein Leben
einbüßte; indeß gelang es ihnen doch, manche
Bedenklichkeiten und Unruhen unter den Reichst
standen zu erwecken, weshalb man besonders die
Landgrafinn bat, Schweden und Bram
d endurg mit einander auszusöhnen. Aus Liebe
zu ihren Ländern beobachtete sie aber eine genaue
Neutralität, und bemühte sich nur, die Reichs-
schlüsse in Erfüllung zu setzen. — Als Verbüm
dete des Reichs nahm sie 1676 Theil an der
Wtedereroberung der von den Franzosen wegge-
uommenen Stadt Philippsburg, bei wett
cher Gelegenheit sich die Hessen einen vor-
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157
landen, zu Stande. Frankreich sab zufolge
desselben alles, was es auf dem rechten Rhein,
ufer erobert hatte, wieder heraus; behielt aber
Straßburg und alle übrige gemachte Eroberungen
lm Elsaß. Was die hessischen Angelegenheiten
betraf, so wurde in demselben beschlossen, daß
Karl den Söhnen des verstorbenen Landgra,
fen Ernst, Rheinfels mit allem dem, was
ihr Vater besessen habe, in demjenigen Stande
wieder übergeben sollte, worin-cs vor dem Kriege
gewesen wäre; doch unbeschadet aller dem Hause
Cassel zukommeuden Rechte. Wenn den Land,
grafen Karl schon dies sehr unzufrieden mit dem
Abschlüsse dieses Friedens machte, so war er es
noch mehr mit der demselben beigefügten Klau,
sel: daß in den von Frankreich wieder abzutre,
lenden Oertern die von demselben darin einge,
führte römisch-katholische Religion nicht
wieder verdrängt werden sollte. Karl wider-
setzte sich dieser Bestimmung auf das nach,
drück!ichste, weil dadurch in einigen Gegen,
den des Rheins die evangelische Religion aufge,
hoben wurde, und brachte daher zu Frankfurt
eine Vereinigung der fünf obern Kreise, näm,
lich: des ober, und niederrhetnischen, fränki,
schen, schwäbischen und westfälischen Kreises, zu
einer gemeinschaftlichen Vertheidigung zu Stan,
de. — Da sich Frankreich weigerte, Breisach
und Philippsburg eher zu räumen, als bis die
Casselsche Besatzung die Festung Rheinfels
verlassen haben würde; so sah sich Karl geno,
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Ernst Karl Karl Karl_wider- Karl Karl_geno Karl
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Rhein Rheinfels Frankreich Rheins Frankfurt Frankreich Breisach Philippsburg
158
ihigt, seine Truppen heraus zu ziehen, worauf
sie von Mainz und Trier besetzt wurde.
Im Jahre 1699 zeigte sich Karl nebst mehr
rern andern evangelischen Fürsten geneigt, den
verbesserten gregorianischen Kalender in seinen
Staaten einzuführen, und that dies auch wirkr
lich den röten im Februar 1700.
Nachdem überall Ruhe und Friede zurückger
kehrt war, trat Karl eine Reise nach Italien
an, auf welcher er Vene d ig, Rom, Neae
p e l und andere bedeutende und merkwürdige
Städte dieses Landes, so wie auch den feuerspeir
enden Berg Vesuv besuchte.
Der im November i7vo erfolgte Tod des
Königes Karl H. von Spanien veranlaßte
neue Unruhen: Ludwig Xiv. von Franko
reich wollte seinen Enkel Philipp von Anr
jou zum Könige von Spanien machen.
Diesem Vorhaben widerfetzte sich der Erz her«
zog Karl von Oesterreich; es bildete sich
ein neuer Bund gegen Ludwig, zwischen
Oesterreich, England, Holland, Porr
tu gal, Norditalien und den meisten teutr
schen Reichssta'nden. Es entstand der spanische
Erbfolgekrieg von t7vi — I7i4, an welchem
auch L. Karl, nachdem er vorher einen Subsi,
dienvertrag mit England und Holland abgeschlosr
sen hatte, den lebhaftesten Antheil nahm.
Die Festung Rheinfels, welche seit 1700
eine kaiserliche Besatzung hatte, wurde Kar ln,
zur Sicherheit seines Landes gegen die Franzor
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl Karl Karl_H. Karl Ludwig_Xiv Ludwig Franko Philipp Philipp Karl_von_Oesterreich Karl Ludwig Ludwig Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Mainz Italien Rom Spanien Spanien Oesterreich England Holland Norditalien England Holland
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schrecklichen Kriege, der nun bereits schon soviel
Elend und Unglück über Teutschland verbrei,
tet hatte, ein Ende zu machen, wurden, nach
einigen vorläufigen Zusammenkünften zu Gos,
lar, Friedensunterhandlungen zu
Münster und Osnabrück angeknüpft Diese
dauerten indessen fort bis zum Jahre 1648, und
der Krieg wurde während derselben von den Ver,
bündeten sogar noch mit mehr.eifer geführt, als
zuvor.
Torstenson, welcher nach Banners
Tode die Schweden anführte, gewann den 23sten
im Oktober 1642 einen glänzenden Sieg über die
Kaiserlichen bei Leipzig. Eru dazwischen
tretender Krieg mit Dänemark rief ihn aber
nach dem Norden zurück.
Früher schon, den 7ten im Januar 1642.
hatte der französische Marschallguebriant,
in Verbindung mit den Hessen, den Kaiserlichen
General Lamboi bei Kempen, in der heuti,
gen preußischen Provinz Jülich, Kleve und Berg,
aufs Haupt geschlagen, und ihn selbst nebst vier
len andern gefangen genommen. Obgleich hier,
auf der Herzog von Braunschweig die
Sache der Verbündeten verließ, so blieb doch
Amalie derselben fortwährend getreu.
Um eben diese Zeit erlosch mit dem Grafen
Johann Ernst der Mannstamm der gräflichen
Linie von Hanau, Mü n z e nberg. Amalie
unterstützte hierauf den Grafen Friedrich
Kasimir von Hanau,Lichtenberg gegen
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T20: [König Sohn Maria Heinrich Tochter Karl Herzog England Haus Gemahlin], T73: [Stadt Schloß Augsburg Grafe Nürnberg Reichsstadt Bischof Sitz Regensburg Fürst], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod]]
TM Hauptwörter (200): [T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T144: [Stadt Frankreich Münster Straßburg Metz Mainz Elsaß Bischof Frieden Trier], T170: [Schlacht Leipzig Franzose Preußen Napoleon Heer Herzog Ferdinand Jena Braunschweig], T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T31: [Jahrhundert Schweden Norwegen Dänemark König Ende Jahr Anfang England Mitte]]
Extrahierte Personennamen: Amalie Johann_Ernst Johann Ernst Amalie Friedrich
Kasimir_von_Hanau,Lichtenberg Friedrich