Regionen (OPAC): Lippe, Schaumburg-Lippe, Waldeck, Westfalen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Mittelalter 15
bereit Vorsteher, meist den Geschlechtern der großen adligen Grundherrn
(Dynasten) entnommen, sind die vom Kaiser ernannten Gaugrafen. Später
wird das Grafenamt erblich; auch erscheinen gegen Ende der Karolingerzeit
wieder sächsische Herzöge mit bestimmten Hoheitsrechten. Beim Erlöschen
eines Grafen- bezw. Dynastengeschlechts übertragen die Kaiser vielfach den
Bischöfen die Gerichtshoheit, das Grafenamt in der erloschenen Grafschaft,
das dann durch bischöfliche Vögte ausgeübt wird. So werden die westfälischen
Bischöfe allmählich auch Landesherrn, stehen aber bis zum Sturze des Herzogs
Heinrichs des Löwen (1180) unter der militärischen Oberhoheit der Herzöge
von Sachsen. Seit dieser. Barbarossas, Zeit werden die westfälischen
Bischöfe völlig zu Landesherrn. In Südwestfalen und Engern erhält
der Erzbischos von Köln die Herzogsgewalt. Als 1368 der letzte Graf von
Arnsberg sein Land an den kölnischen Stuhl übergeben hatte, wurde das
kölnische Süderland (Sauerland), auch Herzogtum Westfalen genannt, eingeteilt
in die Quartiere von Arnsberg (Vorort), Werl, Rüthen und Brilon mit
29 Städten und 9 Flecken, unter dem kurfürstlichen Lauddrosten in Arns-
berg. Unter Kaiser Maximilian kam das kölnische Herzogtum Westfalen nicht
zum westfälischen, sondern zum uiederrheinischen Kreise, hielt sich bis zur
Napoleonischen Zeit, wo es 1803 an Hessen-Darmstadt kam, dessen Großherzog
es 1815 im Wiener Kongreß an Preußen abtrat. — Innerhalb der Bistümer
erhielten sich in Westfalen noch mehrere alte Grafschaften selbständig, manche
mit fürstlichem Charakter bis in die Jetztzeit, so Lippe, Pyrmont,
Waldeck. Die Grafschaften Ravensberg (Hptst. Bielefeld) und Mark
(Hptst. Hamm) kamen 1614 an Brandenburg; ferner Lingen 1702,
Tecklenburg 1707 an Preußen; die Grafschaft und einzige freie Reichsstadt
in Westfalen, Dortmund, kam 1815 an das Königreich.
Bei Dortmund mit seiner uralten, in den letzten noch grünenden Ästen
versterbenden Femlinde (s. d. Bild S. 45) sei mit einigen Worten der West-
fälischen Feme gedacht.
Das westfälische Femgericht oder Freigericht war die einzig in West-
falen zwischen Rhein und Weser durch Jahrhunderte verbliebene Fortsetzung
der karolingisch- kaiserlichen Grafengerichte, gehandhabt durch Freie (Schöffen)
über Freie, unter Vorsitz eines von den Freischöffen gewählten und vom Kaiser,
seit 1180 vom Erzbischos von Köln als kaiserlichem Oberstuhlherrn in
Westfalen zu bestätigenden Freigrasen. In Sachsen rechts von der Weser,
sowie in allen andern deutschen Ländern, tritt nach der Karolingerzeit überall
das landesherrliche, bischöfliche, fürstliche, herzogliche, vogteiliche iz.
Gericht ein; nur in Westfalen wird infolge der großen Anzahl dort frei ver-
bliebener ritterlicher, bäuerlicher und städtischer Grundbesitzer, neben und
gewissermaßen trotz den sich ausdehnenden Gerichten der Bischöfe, Äbte und
kleinen Landherrn, das altsäch fische Volksgericht im Namen und unter
Schutz des Kaisers, der die Freigrafen mit dem Blutbanne belehnte, fortge-
führt. Im Gegensatze zu deu öffentlichen landesherrlichen Gerichten wurde
dieses Gericht der Freischöffen auch stilles, heimliches Gericht genannt. Die
Feme war indes schon zu Kaiser Karl des Vierten Zeit bis auf wenige
Stühle (Arnsberg, Dortmund n. a.) erloschen, als dieser Kaiser, um die kaiser-
liche Macht deu Kurfürsten gegenüber zu stärken, überall in Westfalen die ein-
gegangenen alten Freistühle wieder aufrichtete, ja sogar außerhalb West-
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner]]
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Extrahierte Personennamen: Heinrichs Barbarossas Barbarossas Maximilian Maximilian Karl Karl
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Inhalt: Zeit: Geographie
Neuzeit,
17
<Gemahlin Agnes von Mansfeld), im Münsterischen, sowie auch im Arns-
bergischen und Paderbornischen die Herrschaft des Katholizismus befestigte.
In dem bis zur Maas, Nordsee, südlich bis zur Lahn sich ausdehnenden
westfälischen Kreise aus Maximilians Zeit war Westfalen nur der
kleinere Teil; das kölnische Süderland gehörte dem niederrheinischen
Kreise an.
Das Jahr 1614 brachte — ein für die Geschichte Deutschlands hoch-
bedentsames Ereignis — die Grafschaft Mark mit Soest und die Grafschaft
Ravensberg (Bielefeld) durch Erbschaft au Brandenburg.
Im 30jährigen Kriege war Westfalen zeitweilig der Tummelplatz wilder
Horden; Christian von Braunschweig, der „tolle Herzog", eroberte Pader-
born und Lippstadt, verbrannte St. Mauritz, die Vorstadt von Münster,
wurde aber von Tilly 1623 entscheidend bei Stadtlohn im Münsterlande
geschlagen; später durchzogen Schweden und Hessen plündernd das Land.
Endlich ward zu Münster und Osnabrück der Friede geschlossen (f. das
Bild S. 42: Rathaus zu Münster). Bei diesem Friedensschluß erhielt Branden-
bürg das Bistum Minden, welches direkt an Ravensberg anschloß.
Von 1650—1750 genoß Westfalen ziemliche Ruhe. Hervorzuheben ist
die Gestalt des kriegerischen Bischofs von Münster, Bernards von Galen,
der die nach Reichsfreiheit strebende Stadt Münster nach mehrmaliger Be-
lagerung unterwarf und ihrer Freiheiten entledigte. Auch des ebenso that-
kräftigen als gelehrten Bischofs von Paderborn Ferdinand von Fürsten-
berg (Monumenta Paderbornensia) ist zu gedenken, nicht minder des Erz-
bischofs von Köln und Münster, Max Clemens, der herrliche Schlösser,
Kirchen und einen Kanal von Münster zur Vechte erbauen ließ. Im Ansang
des 18. Jahrh. gab Westfalen in der Perfon Theodors von Neuhof,
geb. zu Haus Pungelscheid in der Mark, der Insel Korsika einen König.
Im siebenjährigen Kriege kämpfte die ganze Zeit hindurch für Friedrich
den Großen sein Feldherr Ferdinand von Braunschweig gegen Reichs-
trnppen und Franzosen auf westfälischem Boden, siegte bei Minden, eroberte
und behielt als Waffenplatz Münster, schoß auch das größte und herrlichste
aller Graseuschlösser in Norddeutschland, das zu Arnsberg, wo 200 ein-
liegende Franzosen die Übergabe verweigerten, in Trümmer.
In den 70ger und 80ger Jahren des Jahrhunderts bildete sich in Münster
um den großen Minister und, Staatsmann Franz von Fürsten berg und
die Fürstin Amalie von Gallizin ein Kreis berühmter Männer, unter
diesen Friedr. Leopold Graf von Stolberg, sein Hainbundsfreund der Rechts-
gelehrte und Dichter Sprickmann, Hamann, „der Magus aus Norden", und
der große Mitbegründer des neueren Volksschulwesens Bernard Overberg,
nebst vieleu andern durch Gelehrsamkeit und Tugend hervorragenden Westfalen'
auch Göthe und Jacobi weilten in diesem Kreise.
In der französischen Revolutionszeit (1795) flüchtete das Kölner Dom-
kapitel vor den Franzosen nach Arnsberg und wählte dort Anton Victor,
den letzten Kurfürsten; die französischen Emigranten, Adel und Geistliche,
wurden in Westfalen, besonders im Münsterlande liebreich aufgenommen.
Im Jahre 1802 nahm Prenßen vom östlichen Teil des Bistums
Münster Besitz bis 1806; nach der Schlacht bei Jena kam Westfalen in
Worms! all, Landeskunde von Westfalen. 2
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Extrahierte Personennamen: Agnes_von_Mansfeld Maximilians Christian_von_Braunschweig Mauritz Tilly Bernards_von_Galen Paderborn_Ferdinand_von_Fürsten- Ferdinand Max_Clemens Max Friedrich Friedrich Ferdinand_von_Braunschweig Ferdinand Franz_von_Fürsten Franz Amalie_von_Gallizin Leopold_Graf_von_Stolberg Leopold Sprickmann Hamann Bernard_Overberg Anton_Victor
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Inhalt: Zeit: Geographie
18
Geschichtliche Entwicklung,
französische Verwaltung, zeitweise als Teil des sog. Königreichs Westfalen
mit der Hauptstadt Kassel unter Jerome Bonaparte; das Kölnische Süd-
Westfalen verblieb bei Hessen-Darmstadt,
Im Jahre 1815 erhielt Preußen im Wiener Kongreß zunächst seine alten,
an die Franzosen verlorenen westfälischen Länder zurück und bildete nun
uuter Hinzunahme des Bistums Paderborn, der fürstlichen Abtei Corvey,
des kölnischen Westfalens (Grafschaft Arnsberg, Sauerland), der Reichs-
stadt Dortmund, der Grafschaften Nafsau-Siegen, Wittgenstein-Wittgenstein,
Wittgenstein-Berleburg, des kölnischen Bestes Recklinghausen, des ganzen
Bistums Münster die heutige Provinz Westfalen, gegliedert in drei große Re-
gierungsbezirke.
Zum Reg.-Bez. Münster kam außer dem alten Bistums-Territorium im
Norden der Lippe der Kreis Mecklinghausen im Süden des Flusses,
dazu die alteu Grasschasteu Ober-Liugen, Tecklenburg, Steinfurt,
A u h o l t.
Der große Nordostbezirk Minden wurde gebildet aus den Bistümern
Minden und Paderborn, der Grafschaft Ravensberg, den Abteien
Hersord und Corvey, den Grafschaften Rietberg und Rheda nebst dem
früher zu Hannover gehörenden Amt Reckeberg.
Die übrigen bereits genannten Grafschaften und Städte (Lippstadt, bis 1850
gemeinsam mit Lippe-Detmold) bildeten den dritten Regiernngs-Bezirk mit
Arnsberg als Hauptstadt.
Zu bemerken ist noch, daß die Bewohner der Kreise Siegen und
Berleburg nicht fächsisch-niederdentsch, sondern sränkisch-hochdeutsch erscheinen
in Sitte, Sprache und im Bau des Bauernhauses; auf dem Lande hüben:
„dat Water", drüben: „das Wasser". Beim sächsischen Bauernhause Alles
uuter einem Dach, beim fränkischen die Tenne, oft auch Stallung vom
Wohnhause getrennt.
Die beiden großen Organisatoren der neueu Provinz waren von 1802
bis 1806 der Freiherr von Stein, 1815 bis 1844 der erste Oberpräsi-
dent Freiherr von Vincke. Münster, 1648 schon caput Westfaliae ge-
nannt, die alte sürstbischöfliche Residenz mit herrlichem Schloßbau, einer Hoch-
schule aus der Fürstenberg'schen Zeit, vielen aufgehobenen Klöstern, die zu
Kasernen umgebaut werden konnten, fehr gelegnen Exerzierplätzen, erhielt den
Vorzug, Sitz der obersten Provinzial- und Militärbehörde zu werdeu.
Westfalens streitbare Mannschaft gehört.zum Teil dem siebenten, zum
Teil dem elften Armeekorps an (f. Tabellen unter Viii).
Unter dem glorreichen Szepter der Hohenzollern hat sich Westfalen zu
einer der blühendsten Provinzen des preußischen Staates emporgernngen.
Bilduugsaustalten, Industrie, Land- und Forstwirtschaft, Wege- und Kanal-
bau*), Kunst und Handwerk, Berg- und Hüttenwesen, Heil- und Pflegeanstalten
stehen auf der Höhe der Zeit.
Die alten Bauernhäuser, Fachbau mit Strohdach (f. d. Bild S. 46), alte
sitten, Trachten und Gebräuche, wie sie Annette v. Droste, Levin Schiicking, Karl
Jmmermann aus dem ersten Drittel des 19. Jahrh. geschildert haben, sind meist
*) Der Dortmund-Emshäfen-Kanal geht der Vollendung entgegen, eine weitere
Verbindung von Rhein. Weser, Elbe (Mittellandkanal) sielet in Aussicht.
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TM Hauptwörter (200): [T66: [Stadt Kreis Einw. Berlin Einwohner Schloß Regierungsbezirk Sitz Provinz Düsseldorf], T144: [Stadt Frankreich Münster Straßburg Metz Mainz Elsaß Bischof Frieden Trier], T44: [Preußen Polen Brandenburg Provinz Land Schlesien Sachsen Pommer Friedrich Schweden], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium]]
Extrahierte Personennamen: Annette_v Levin_Schiicking Karl
Jmmermann Karl
Regionen (OPAC): Lippe, Schaumburg-Lippe, Waldeck, Westfalen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
V. Geschichtliche Entwicklung.
15
deren Vorsteher, meist den Geschlechtern der großen adligen Grundherrn
(Dynasten) entnommen, sind die vom Kaiser ernannten Gaugrasen. Später
wird das Grafenamt erblich; auch erscheinen gegen Ende der Karolingerzeit
wieder sächsische Herzöge mit bestimmten Hoheitsrechten. Beim Erlöschen
eines Grafen- bzw. Dynastengeschlechts übertragen die Kaiser vielfach den
Bischöfen die Gerichtshoheit, das Grafenamt in der erloschenen Grafschaft,
das dann durch bischöfliche Vögte ausgeübt wird. So werdeu die westfälischen
Bischöfe allmählich auch Landesherren, stehen aber bis zum Sturze des Herzogs
Heinrichs des Löwen (1180) unter der militärischen Oberhoheit der Herzöge
von Sachsen. Seit dieser, Barbarossas, Zeit werden die westfälischen
Bischöfe völlig zu Landesherrn. In Südwestfalen und Engern erhält
der Erzbischof von Köln die Herzogsgewalt. Als 1368 der letzte Graf von
Arnsberg sein Land au den kölnischen Stuhl übergeben hatte, wurde das
kölnische Süderland (Sauerland), auch Herzogtum Westfalen genannt, eingeteilt
in die Quartiere von Arnsberg (Vorort), Werl, Rüthen und Brilon mit
29 Städten und 9 Flecken, unter dem kurfürstlichen Landdrosten in Arns-
berg. Unter Kaiser Maximilian kam das kölnische Herzogtum Westfalen nicht
zum westfälischen, sondern zum niederrheinischen Kreise, hielt sich bis zur
Napoleonischen Zeit, wo es 1803 an Hefseu-Darmstadt kam, dessen Großherzog es
1816 nach dem Wiener Kongreß an Preußen abtrat. — Innerhalb der Bistümer
erhielten sich in Westfalen noch mehrere alte Grafschaften selbständig, manche
mit fürstlichem Charakter bis in die Jetztzeit, fo Lippe, Pyrmont, Wal-
deck. Die Grafschaften Ravensberg (Hptst. Bielefeld) und Mark (Hptst.
Hamm) kamen 1614 an Brandenburg; ferner Lingen 1702, Tecklenburg
1707 an Preußen, die Grafschaft und einzige freie Reichsstadt in Westfalen,
Dortmund, kam 1815 an das Königreich.
Bei Dortmund mit seiner uralten, in den letzten Resten versterbenden
Femlinde sei mit einigen Worten der westfälischen Feme gedacht.
Das westfälische Femgericht oder Freigericht war die einzig in West-
falen zwischen Rhein und Weser dnrch Jahrhunderte verbliebene Fortsetzung
der karoliugisch-kaiserlicheu Grafengerichte, gehandhabt durch Freie (Schöffen)
über Freie, unter Vorsitz eines von den Freischöffen gewählten und vom Kaiser,
seit 1180 vom Erzbischof vou Köln als kaiserlichem Oberstuhlherrn in
Westfalen zu bestätigenden Freigrafen. In Sachsen rechts von der Weser,
sowie in allen anderen deutschen Ländern tritt nach der Karolingerzeit überall
das landesherrliche, bischöfliche, fürstliche, herzogliche, vogteiliche usw. Ge-
richt ein; nur iu Westfalen wird infolge der großen Anzahl dort frei ver-
bliebener ritterlicher, bäuerlicher und städtischer Grundbesitzer, neben und
gewissermaßen trotz den sich ausdehnenden Gerichten der Bischöfe, Äbte und
kleinen Landherren, das altfächfische Volksgericht im Namen und unter
Schutz des Kaisers, der die Freigrasen mit dem Blutbanne belehnte, fort-
geführt. Im Gegeusatz zu den landesherrlichen Gerichten wurde dieses Gericht
der Freischöffen auch stilles, heimliches Gericht genannt. Die Feme war
indes schon zu Kaiser Karls Iv. Zeit bis auf wenige Stühle (Arns-
berg, Dortmund u. a.) erloschen, als dieser Kaiser, um die kaiserliche Macht
den Kurfürsten gegenüber zu stärken, überall in Westfalen die eingegangenen
alten Freistühle wieder aufrichtete, ja fogar außerhalb Westfalens solche
neu einsetzte. Seit dieser Zeit konnten auch Nichtwestfalen aus dem
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner]]
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Extrahierte Personennamen: Heinrichs Barbarossas Barbarossas Maximilian Maximilian Karls
Regionen (OPAC): Lippe, Schaumburg-Lippe, Waldeck, Westfalen
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Inhalt: Zeit: Geographie
16
V. Geschichtliche Entwicklung.
Reich sich bei einem westfälischen Femgericht als Schöffen einschwören; der
Schöffenbund dehnte sich nun über das ganze Reich ans; freie Städte, große
Herren und Fürsten wurden vor die westfälischen Gerichte geladen. Schließ-
lich mißbrauchten diese ihre Gewalt und wurden den Fürsten sowohl wie dem
Reichsoberhaupt unbequem; das Reichskammergericht mit der Kreisein-
teiluug, das römische Recht und das erstarkende Reichsfürstentum hat
ihnen im 16. Jahrh. ein Ende bereitet. Später kamen an einzelnen Stühlen
wohl noch Schöffen zusammen, erhoben die alten Gebühren, hielten ein
Mahl und sagten sich die Losung. »Reinir dor feweri« und „Strick Stein
Gras Grein" waren solche geheimnisvolle Losungsworte. Gehalten werden
durfte das Gericht nicht anf kultivierter Erde, uicht auf Garten- und Pflug-
land, nicht in Gebäuden, sondern auf „wilder, rauher, roher, d. i. roter
Erde", an uralter Malstatt, unter dem Linden-, Eichen-, Holunder- oder
wilden Birnbaum. Deshalb hieß und heißt das Gesamtgebiet dieser nur
auf wilder roter Erde abzuhaltenden Gerichte, also Westfalen, das Land
der roten Erde.
Großartigere Geschichtsereignisse ans der Zeit des Mittelalters hat West-
falen sonst nicht zu verzeichnen. Im ganzen ruhiges Stilleben unter den
Krummstäben, viel heldenhafte Kreuzritter, unter ihnen hervorragend Bernard
von Horstmar. Dann auch sattsam Fehden und Ranbrittertum (noch
Götz vou Berlichiugen hat in Südwestfalen und Waldeck mit West-
Mischen Raubrittern im Bunde die Wucht der eiserneu Hand erprobt). Da-
neben aber blühendste Städteentwicklung in den Zeiten der Hansa, vom 13.
bis 16. Jahrhundert. Zum kölnischen Quartier der Hansa mit reichem
Export von Salz, Geweben, Holz- und Metallwareu vornehmlich nach Rußland
(Nowgorod) und England (der hansische Stahl Hof in London) gehörten die
Städte: Dortmund, Münster, Minden, Herford, Bielefeld, Waren-
dorf, Soest (das sich 1445 nach gewaltigem Kampfe von Köln loslöste und
unter die Herzöge von Kleve trat), Attendorn, Paderborn, Warburg,
Unna, Lippstadt, Koesseld u. a. Auch an den Ritterorden und Kauf-
mauusgildeu iu Preußen, Kurland und Livland sind westfälische Ge-
schlechter stark beteiligt gewesen, wie es noch heute die gleichen Namen und
Wappenzeichen erweisen.
3. Neuzeit.
Im 16. Jahrhundert nahmen die Bewohner des Bistums Minden, der
Grafschaften Ravensberg und Mark in überwiegender Mehrheit die Refor-
mation an. Im Bistum Paderborn, im kölnischen Westfalenlande (Graf-
fchaft Arnsberg und Beste Mecklinghausen) blieb die katholische Konsession.
In Bistum und Stadt Münster teilte sich die Bewohnerschaft konfessionell;
die Wiedertäufer aus Holland (Jan Backelsohn von Leiden, ihr König)
verdrängten zeitweilig beide Konfessionen aus der Stadt; nach ihrer Vertrei-
bnng 1535 stritten sich noch länger die Katholiken und Protestanten um die
Vorherrschaft, bis die Berufung der Jesuiten und gegen Ende des Jahr-
Hunderts der Sieg des bayrischen Prinzen und Erzbischofs Ernst von Köln
über den protestantischen Gegenbischof Gebhard Trnchfeß von Wald bürg
(Gemahlin Agues von Mansfeld^ im Münsterischen, sowie auch im Arns-
bergischen und Paderbornischen das Übergewicht des Katholizismus herbeiführte.
TM Hauptwörter (50): [T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T73: [Stadt Schloß Augsburg Grafe Nürnberg Reichsstadt Bischof Sitz Regensburg Fürst], T57: [Weser Stadt Hannover Harz Osnabrück Leine Kreis Aller Land Elbe], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg]]
TM Hauptwörter (200): [T144: [Stadt Frankreich Münster Straßburg Metz Mainz Elsaß Bischof Frieden Trier], T66: [Stadt Kreis Einw. Berlin Einwohner Schloß Regierungsbezirk Sitz Provinz Düsseldorf], T97: [Heinrich Herzog Graf Erzbischof König Grafe Kaiser Stadt Herr Mainz], T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land], T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr]]
Extrahierte Personennamen: Bernard
von_Horstmar Jan_Backelsohn Ernst_von_Köln Ernst Gebhard_Trnchfeß Agues_von_Mansfeld^
Extrahierte Ortsnamen: Westfalen England London Dortmund Minden Herford Bielefeld Soest Attendorn Paderborn Warburg Unna Lippstadt Kurland Livland Minden Bistum_Paderborn Arnsberg Holland Münsterischen
Regionen (OPAC): Lippe, Schaumburg-Lippe, Waldeck, Westfalen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
18
Y. Geschichtliche Entwicklung,
Im Jahre 1815 erhielt Preußen im Wiener Kongreß zunächst seine alten,
an die Frauzoseu verlorenen westfälischen Länder zurück und bildete nun,
unter Hinzunahme des Bistums Paderborn, der fürstlichen Abtei Corvey,
des kölnischen Westfalen (Grafschaft Arnsberg, Sauerland), der Reichs-
stadt Dortmund, der Grafschaften Nassau-Siegen, Wittgeustein-Wittgeusteiu,
Wittgenstein-Berleburg, des kölnischen Bestes Recklinghausen und des ganzen
Bistums Münster die heutige Provinz Westfalen, gegliedert in drei große
Regierungsbezirke.
Zum Reg,-Bez. Münster kam außer dem alteu Bistums-Territorium im
Norden der Lippe der Kreis Recklinghansen im Süden des Flusses, dazu
die alten Grasschaften Ober-Lingen, Tecklenburg, Steinfurt, Anholt.
Der große Nordostbezirk Minden wurde gebildet aus den Bistümern
Minden und Paderborn, der Grafschaft Ravensberg, den Abteien
Herford und Corvey, den Grafschaften Rietberg und Rheda uebst dem
früher zu Hannover gehörenden Amt Reckeberg.
Die übrigen bereits genannten Grafschaften und Städte (Lippstadt, bis
1850 gemeinsam mit Lippe-Detmold) bildeten den dritten Regierungsbezirk
mit Arnsberg als Hauptstadt.
Zu bemerken ist noch, daß die Bewohner der Kreise Siegen und
Berleburg uicht sächsisch-uiederdeutsch, sondern fränkifch-hochdentsch erscheinen
in Sitte, Sprache und im Bau des Bauernhauses; auf dem Lande hüben'
„dat Water", drüben' „das Wasser". Beim sächsischen Bauernhanse alles
unter einem Dach, beim fränkischen die Tenne, oft auch Stalluug vom Wohn-
Hause getrennt.
Die beiden großen Organisatoren der neuen Provinz waren von 1802
bis 1806 der Freiherr vom Stein, 1815 bis 1844 der erste Ober-
Präsident Freiherr von Vincke. Münster, 1648 schon caput Westfaliae ge-
nannt, die alte sürstbischösliche Residenz mit herrlichem Schloßbau, eiuer Hoch-
schule aus der Fürstenbergschen Zeit, vielen aufgehobenen Klöstern, die zu
Kasernen umgebaut werden konnten, sehr gelegenen Exerzierplätzen, erhielt den
Vorzug, Sitz der obersten Provinzial- und Militärbehörden zu werden.
Westfalens streitbare Mannschaft gehört zum Teil dem siebenten, zum
Teil dem elften Armeekorps an (s. S. 29).
Unter dem glorreichen Zepter der Hohenzollern hat sich Westfalen
zu einer der blühendsten Provinzen des preußischen Staates emporgerungen.
Bildungsanstalten, Industrie, Land- und Forstwirtschaft, Wege- und Kanal-
bau^, Kunst und Handwerk, Berg- und Hütteuwesen, Heil- und Pflege-
anstalten stehen aus der Höhe der Zeit.
Die alten Bauernhäuser, Fachbau mit Strohdach (s. Abb. 20), alte
Sitten, Trachten und Gebräuche, wie sie Annette v. Droste, Levin Schücking, Karl
Jmmermann n. a. noch ans der ersten Hälfte des 19. Jahrh. geschildert haben,
sind meist verschwunden. An Stelle der alten Bauernhäuser in Fachwerk er-
heben sich heute überall schon massive Ziegelbauten mit Pfannen- oder Schiefer-
dach, aber noch immer in der Form und Einrichtuug des altsächsischen Hauses,
Menschen, Vieh und Vorräte, Wohnung, Tenne und Ställe unter einem
1 Der Dortmund-Emshäfen-Kanal ist vollendet; Schiffshebewerk bei Henrichenburg;
eine weitere Verbindung von Rhein und Weser im Entstehen. Talsperren an der Ruhr
und Möhne.
TM Hauptwörter (50): [T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T57: [Weser Stadt Hannover Harz Osnabrück Leine Kreis Aller Land Elbe], T44: [Sachsen Provinz Preußen Königreich Hannover Bayern Staat Hessen Baden Land], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T73: [Stadt Schloß Augsburg Grafe Nürnberg Reichsstadt Bischof Sitz Regensburg Fürst], T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache]]
TM Hauptwörter (200): [T66: [Stadt Kreis Einw. Berlin Einwohner Schloß Regierungsbezirk Sitz Provinz Düsseldorf], T144: [Stadt Frankreich Münster Straßburg Metz Mainz Elsaß Bischof Frieden Trier], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm]]
Extrahierte Personennamen: Annette_v Levin_Schücking Karl
Jmmermann Karl
Regionen (OPAC): Lippe, Schaumburg-Lippe, Waldeck, Westfalen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Y. Geschichtliche Entwicklung.
17
In dem bis zur Maas, Nordsee, südlich bis zur Lahn sich ausdehnenden West-
fälischen Kreise aus Maximilians Zeit war Westfalen nur der kleinere
Teil; das kölnische Süderland gehörte dem niederrheinischen Kreise an.
Das Jahr 1604 brachte — ein für die Geschichte Deutschlands hoch-
bedeutsames Ereignis — die Grafschaft Mark mit Soest und die Grafschaft
Ravensberg (Bielefeld) durch Erbschaft an Brandenburg.
Im 30jährigen Kriege war Westfalen zeitweilig der Tummelplatz wilder
Horden; Christian von Braunschweig, der „tolleherzog", eroberte Pader-
boru und Lippstadt, verbrannte St. 'Mauritz, die Vorstadt von Münster,
wurde aber von Tilly 1623 entscheidend bei Stadtlohn im Münsterlande
geschlagen; später durchzogen Schweden und Hessen plündernd das Land.
Endlich ward zu Münster und Osnabrück der Friede geschlossen (s. Abb. 9:
Rathaus zu Münster). Bei diesem Friedensschluß erhielt Brandenburg das
Bistum Minden, welches direkt an Ravensburg anschloß.
Von 1650—1760 genoß Westfalen ziemliche Ruhe. Hervorzuheben ist
die Gestalt des kriegerischen Bischofs von Münster, Bernards von Galen,
der die nach Reichssreiheit strebende Stadt Münster nach mehrmaliger Be-
lagernng unterwarf und ihrer Freiheiten entledigte. Auch des ebenso tat-
kräftigen wie gelehrten Bischoss von Paderborn Ferdinand von Fürsten-
berg (Monumenta Paderboraensia) ist zu gedenken, nicht minder des Erz-
bischoss von Köln und Münster, Clemens August, der herrliche Schlösser,
Kirchen und einen Kanal von Münster zur Vechte erbauen ließ. Im Anfang
des 13. Jahrh. gab Westfalen in der Person Theodors von Neuhof,
Herrn zu Haus Pungelscheid in der Mark, der Insel Korsika einen König.
Im Siebenjährigen Kriege kämpfte die ganze Zeit hindurch für Friedrich
deu Großen fein Feldherr Ferdinand von Brannschweig gegen Reichs-
truppen und Franzosen auf westfälischem Boden, siegte bei Minden, eroberte
und behielt als Waffenplatz Münster, schoß auch das größte und schönste
aller Grasenschlösser in Norddeutschland, das zu Arnsberg, wo 200 ein-
liegende Franzosen die Übergabe verweigerten, in Trümmer.
In den 70er und 80er Jahren des 18. Jahrhunderts bildete sich in Münster
um den großen Minister und Staatsmann Franz von Fürsten berg und
die Fürstin Amalie von Gallitzin ein Kreis berühmter Männer, unter
diesen Friedr. Leopold Graf von Stolberg, sein Hainbnndsfreuud der Rechts-
gelehrte und Dichter Sprickmaun, Hamann, „der Magus aus Norden", und
der große Mitbegründer des neueren Volksschulwesens Bernard Overberg,
nebst vielen anderen durch Gelehrsamkeit und Tugend hervorragenden West-
falen; auch Goethe und Jacobi weilten vorübergehend in diesem Kreise.
In der französischen Revolutionszeit (1795) flüchtete das Kölner Dom-
kapitel vor den Franzosen nach Arnsberg und wählte dort Anton Victor,
den letzten Kurfürsten; die französischen Emigranten, Adel und Geistliche,
wurden in Westfalen, besonders im Münsterlande, liebreich aufgenommen.
Im Jahre 1802 nahm Preußen den östlichen Teil des Bistums
Münster in Besitz bis 1806; nach der Schlacht bei Jena kam Westfalen in
französische Verwaltung, ein Teil zum sog. Königreich Westfalen mit der
Hauptstadt Kassel unter Jerome Bonaparte; das kölnische Südwestfalen
verblieb bis 1816 bei Hessen-Darmstadt.
Wormstall, Landeskunde von Westfalen. 4. Aufl. 2
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