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1. Landeskunde der Provinz Westfalen und der Fürstentümer Lippe, Schaumburg-Lippe und Waldeck - S. 15

1894 - Breslau : Hirt
Mittelalter 15 bereit Vorsteher, meist den Geschlechtern der großen adligen Grundherrn (Dynasten) entnommen, sind die vom Kaiser ernannten Gaugrafen. Später wird das Grafenamt erblich; auch erscheinen gegen Ende der Karolingerzeit wieder sächsische Herzöge mit bestimmten Hoheitsrechten. Beim Erlöschen eines Grafen- bezw. Dynastengeschlechts übertragen die Kaiser vielfach den Bischöfen die Gerichtshoheit, das Grafenamt in der erloschenen Grafschaft, das dann durch bischöfliche Vögte ausgeübt wird. So werden die westfälischen Bischöfe allmählich auch Landesherrn, stehen aber bis zum Sturze des Herzogs Heinrichs des Löwen (1180) unter der militärischen Oberhoheit der Herzöge von Sachsen. Seit dieser. Barbarossas, Zeit werden die westfälischen Bischöfe völlig zu Landesherrn. In Südwestfalen und Engern erhält der Erzbischos von Köln die Herzogsgewalt. Als 1368 der letzte Graf von Arnsberg sein Land an den kölnischen Stuhl übergeben hatte, wurde das kölnische Süderland (Sauerland), auch Herzogtum Westfalen genannt, eingeteilt in die Quartiere von Arnsberg (Vorort), Werl, Rüthen und Brilon mit 29 Städten und 9 Flecken, unter dem kurfürstlichen Lauddrosten in Arns- berg. Unter Kaiser Maximilian kam das kölnische Herzogtum Westfalen nicht zum westfälischen, sondern zum uiederrheinischen Kreise, hielt sich bis zur Napoleonischen Zeit, wo es 1803 an Hessen-Darmstadt kam, dessen Großherzog es 1815 im Wiener Kongreß an Preußen abtrat. — Innerhalb der Bistümer erhielten sich in Westfalen noch mehrere alte Grafschaften selbständig, manche mit fürstlichem Charakter bis in die Jetztzeit, so Lippe, Pyrmont, Waldeck. Die Grafschaften Ravensberg (Hptst. Bielefeld) und Mark (Hptst. Hamm) kamen 1614 an Brandenburg; ferner Lingen 1702, Tecklenburg 1707 an Preußen; die Grafschaft und einzige freie Reichsstadt in Westfalen, Dortmund, kam 1815 an das Königreich. Bei Dortmund mit seiner uralten, in den letzten noch grünenden Ästen versterbenden Femlinde (s. d. Bild S. 45) sei mit einigen Worten der West- fälischen Feme gedacht. Das westfälische Femgericht oder Freigericht war die einzig in West- falen zwischen Rhein und Weser durch Jahrhunderte verbliebene Fortsetzung der karolingisch- kaiserlichen Grafengerichte, gehandhabt durch Freie (Schöffen) über Freie, unter Vorsitz eines von den Freischöffen gewählten und vom Kaiser, seit 1180 vom Erzbischos von Köln als kaiserlichem Oberstuhlherrn in Westfalen zu bestätigenden Freigrasen. In Sachsen rechts von der Weser, sowie in allen andern deutschen Ländern, tritt nach der Karolingerzeit überall das landesherrliche, bischöfliche, fürstliche, herzogliche, vogteiliche iz. Gericht ein; nur in Westfalen wird infolge der großen Anzahl dort frei ver- bliebener ritterlicher, bäuerlicher und städtischer Grundbesitzer, neben und gewissermaßen trotz den sich ausdehnenden Gerichten der Bischöfe, Äbte und kleinen Landherrn, das altsäch fische Volksgericht im Namen und unter Schutz des Kaisers, der die Freigrafen mit dem Blutbanne belehnte, fortge- führt. Im Gegensatze zu deu öffentlichen landesherrlichen Gerichten wurde dieses Gericht der Freischöffen auch stilles, heimliches Gericht genannt. Die Feme war indes schon zu Kaiser Karl des Vierten Zeit bis auf wenige Stühle (Arnsberg, Dortmund n. a.) erloschen, als dieser Kaiser, um die kaiser- liche Macht deu Kurfürsten gegenüber zu stärken, überall in Westfalen die ein- gegangenen alten Freistühle wieder aufrichtete, ja sogar außerhalb West-

2. Landeskunde der Provinz Westfalen und der Fürstentümer Lippe, Schaumburg-Lippe und Waldeck - S. 17

1894 - Breslau : Hirt
Neuzeit, 17 <Gemahlin Agnes von Mansfeld), im Münsterischen, sowie auch im Arns- bergischen und Paderbornischen die Herrschaft des Katholizismus befestigte. In dem bis zur Maas, Nordsee, südlich bis zur Lahn sich ausdehnenden westfälischen Kreise aus Maximilians Zeit war Westfalen nur der kleinere Teil; das kölnische Süderland gehörte dem niederrheinischen Kreise an. Das Jahr 1614 brachte — ein für die Geschichte Deutschlands hoch- bedentsames Ereignis — die Grafschaft Mark mit Soest und die Grafschaft Ravensberg (Bielefeld) durch Erbschaft au Brandenburg. Im 30jährigen Kriege war Westfalen zeitweilig der Tummelplatz wilder Horden; Christian von Braunschweig, der „tolle Herzog", eroberte Pader- born und Lippstadt, verbrannte St. Mauritz, die Vorstadt von Münster, wurde aber von Tilly 1623 entscheidend bei Stadtlohn im Münsterlande geschlagen; später durchzogen Schweden und Hessen plündernd das Land. Endlich ward zu Münster und Osnabrück der Friede geschlossen (f. das Bild S. 42: Rathaus zu Münster). Bei diesem Friedensschluß erhielt Branden- bürg das Bistum Minden, welches direkt an Ravensberg anschloß. Von 1650—1750 genoß Westfalen ziemliche Ruhe. Hervorzuheben ist die Gestalt des kriegerischen Bischofs von Münster, Bernards von Galen, der die nach Reichsfreiheit strebende Stadt Münster nach mehrmaliger Be- lagerung unterwarf und ihrer Freiheiten entledigte. Auch des ebenso that- kräftigen als gelehrten Bischofs von Paderborn Ferdinand von Fürsten- berg (Monumenta Paderbornensia) ist zu gedenken, nicht minder des Erz- bischofs von Köln und Münster, Max Clemens, der herrliche Schlösser, Kirchen und einen Kanal von Münster zur Vechte erbauen ließ. Im Ansang des 18. Jahrh. gab Westfalen in der Perfon Theodors von Neuhof, geb. zu Haus Pungelscheid in der Mark, der Insel Korsika einen König. Im siebenjährigen Kriege kämpfte die ganze Zeit hindurch für Friedrich den Großen sein Feldherr Ferdinand von Braunschweig gegen Reichs- trnppen und Franzosen auf westfälischem Boden, siegte bei Minden, eroberte und behielt als Waffenplatz Münster, schoß auch das größte und herrlichste aller Graseuschlösser in Norddeutschland, das zu Arnsberg, wo 200 ein- liegende Franzosen die Übergabe verweigerten, in Trümmer. In den 70ger und 80ger Jahren des Jahrhunderts bildete sich in Münster um den großen Minister und, Staatsmann Franz von Fürsten berg und die Fürstin Amalie von Gallizin ein Kreis berühmter Männer, unter diesen Friedr. Leopold Graf von Stolberg, sein Hainbundsfreund der Rechts- gelehrte und Dichter Sprickmann, Hamann, „der Magus aus Norden", und der große Mitbegründer des neueren Volksschulwesens Bernard Overberg, nebst vieleu andern durch Gelehrsamkeit und Tugend hervorragenden Westfalen' auch Göthe und Jacobi weilten in diesem Kreise. In der französischen Revolutionszeit (1795) flüchtete das Kölner Dom- kapitel vor den Franzosen nach Arnsberg und wählte dort Anton Victor, den letzten Kurfürsten; die französischen Emigranten, Adel und Geistliche, wurden in Westfalen, besonders im Münsterlande liebreich aufgenommen. Im Jahre 1802 nahm Prenßen vom östlichen Teil des Bistums Münster Besitz bis 1806; nach der Schlacht bei Jena kam Westfalen in Worms! all, Landeskunde von Westfalen. 2

3. Landeskunde der Provinz Westfalen und der Fürstentümer Lippe, Schaumburg-Lippe und Waldeck - S. 18

1894 - Breslau : Hirt
18 Geschichtliche Entwicklung, französische Verwaltung, zeitweise als Teil des sog. Königreichs Westfalen mit der Hauptstadt Kassel unter Jerome Bonaparte; das Kölnische Süd- Westfalen verblieb bei Hessen-Darmstadt, Im Jahre 1815 erhielt Preußen im Wiener Kongreß zunächst seine alten, an die Franzosen verlorenen westfälischen Länder zurück und bildete nun uuter Hinzunahme des Bistums Paderborn, der fürstlichen Abtei Corvey, des kölnischen Westfalens (Grafschaft Arnsberg, Sauerland), der Reichs- stadt Dortmund, der Grafschaften Nafsau-Siegen, Wittgenstein-Wittgenstein, Wittgenstein-Berleburg, des kölnischen Bestes Recklinghausen, des ganzen Bistums Münster die heutige Provinz Westfalen, gegliedert in drei große Re- gierungsbezirke. Zum Reg.-Bez. Münster kam außer dem alten Bistums-Territorium im Norden der Lippe der Kreis Mecklinghausen im Süden des Flusses, dazu die alteu Grasschasteu Ober-Liugen, Tecklenburg, Steinfurt, A u h o l t. Der große Nordostbezirk Minden wurde gebildet aus den Bistümern Minden und Paderborn, der Grafschaft Ravensberg, den Abteien Hersord und Corvey, den Grafschaften Rietberg und Rheda nebst dem früher zu Hannover gehörenden Amt Reckeberg. Die übrigen bereits genannten Grafschaften und Städte (Lippstadt, bis 1850 gemeinsam mit Lippe-Detmold) bildeten den dritten Regiernngs-Bezirk mit Arnsberg als Hauptstadt. Zu bemerken ist noch, daß die Bewohner der Kreise Siegen und Berleburg nicht fächsisch-niederdentsch, sondern sränkisch-hochdeutsch erscheinen in Sitte, Sprache und im Bau des Bauernhauses; auf dem Lande hüben: „dat Water", drüben: „das Wasser". Beim sächsischen Bauernhause Alles uuter einem Dach, beim fränkischen die Tenne, oft auch Stallung vom Wohnhause getrennt. Die beiden großen Organisatoren der neueu Provinz waren von 1802 bis 1806 der Freiherr von Stein, 1815 bis 1844 der erste Oberpräsi- dent Freiherr von Vincke. Münster, 1648 schon caput Westfaliae ge- nannt, die alte sürstbischöfliche Residenz mit herrlichem Schloßbau, einer Hoch- schule aus der Fürstenberg'schen Zeit, vielen aufgehobenen Klöstern, die zu Kasernen umgebaut werden konnten, fehr gelegnen Exerzierplätzen, erhielt den Vorzug, Sitz der obersten Provinzial- und Militärbehörde zu werdeu. Westfalens streitbare Mannschaft gehört.zum Teil dem siebenten, zum Teil dem elften Armeekorps an (f. Tabellen unter Viii). Unter dem glorreichen Szepter der Hohenzollern hat sich Westfalen zu einer der blühendsten Provinzen des preußischen Staates emporgernngen. Bilduugsaustalten, Industrie, Land- und Forstwirtschaft, Wege- und Kanal- bau*), Kunst und Handwerk, Berg- und Hüttenwesen, Heil- und Pflegeanstalten stehen auf der Höhe der Zeit. Die alten Bauernhäuser, Fachbau mit Strohdach (f. d. Bild S. 46), alte sitten, Trachten und Gebräuche, wie sie Annette v. Droste, Levin Schiicking, Karl Jmmermann aus dem ersten Drittel des 19. Jahrh. geschildert haben, sind meist *) Der Dortmund-Emshäfen-Kanal geht der Vollendung entgegen, eine weitere Verbindung von Rhein. Weser, Elbe (Mittellandkanal) sielet in Aussicht.

4. Landeskunde der Provinz Westfalen und der Fürstentümer Lippe, Schaumburg-Lippe und Waldeck - S. 15

1907 - Breslau : Hirt
V. Geschichtliche Entwicklung. 15 deren Vorsteher, meist den Geschlechtern der großen adligen Grundherrn (Dynasten) entnommen, sind die vom Kaiser ernannten Gaugrasen. Später wird das Grafenamt erblich; auch erscheinen gegen Ende der Karolingerzeit wieder sächsische Herzöge mit bestimmten Hoheitsrechten. Beim Erlöschen eines Grafen- bzw. Dynastengeschlechts übertragen die Kaiser vielfach den Bischöfen die Gerichtshoheit, das Grafenamt in der erloschenen Grafschaft, das dann durch bischöfliche Vögte ausgeübt wird. So werdeu die westfälischen Bischöfe allmählich auch Landesherren, stehen aber bis zum Sturze des Herzogs Heinrichs des Löwen (1180) unter der militärischen Oberhoheit der Herzöge von Sachsen. Seit dieser, Barbarossas, Zeit werden die westfälischen Bischöfe völlig zu Landesherrn. In Südwestfalen und Engern erhält der Erzbischof von Köln die Herzogsgewalt. Als 1368 der letzte Graf von Arnsberg sein Land au den kölnischen Stuhl übergeben hatte, wurde das kölnische Süderland (Sauerland), auch Herzogtum Westfalen genannt, eingeteilt in die Quartiere von Arnsberg (Vorort), Werl, Rüthen und Brilon mit 29 Städten und 9 Flecken, unter dem kurfürstlichen Landdrosten in Arns- berg. Unter Kaiser Maximilian kam das kölnische Herzogtum Westfalen nicht zum westfälischen, sondern zum niederrheinischen Kreise, hielt sich bis zur Napoleonischen Zeit, wo es 1803 an Hefseu-Darmstadt kam, dessen Großherzog es 1816 nach dem Wiener Kongreß an Preußen abtrat. — Innerhalb der Bistümer erhielten sich in Westfalen noch mehrere alte Grafschaften selbständig, manche mit fürstlichem Charakter bis in die Jetztzeit, fo Lippe, Pyrmont, Wal- deck. Die Grafschaften Ravensberg (Hptst. Bielefeld) und Mark (Hptst. Hamm) kamen 1614 an Brandenburg; ferner Lingen 1702, Tecklenburg 1707 an Preußen, die Grafschaft und einzige freie Reichsstadt in Westfalen, Dortmund, kam 1815 an das Königreich. Bei Dortmund mit seiner uralten, in den letzten Resten versterbenden Femlinde sei mit einigen Worten der westfälischen Feme gedacht. Das westfälische Femgericht oder Freigericht war die einzig in West- falen zwischen Rhein und Weser dnrch Jahrhunderte verbliebene Fortsetzung der karoliugisch-kaiserlicheu Grafengerichte, gehandhabt durch Freie (Schöffen) über Freie, unter Vorsitz eines von den Freischöffen gewählten und vom Kaiser, seit 1180 vom Erzbischof vou Köln als kaiserlichem Oberstuhlherrn in Westfalen zu bestätigenden Freigrafen. In Sachsen rechts von der Weser, sowie in allen anderen deutschen Ländern tritt nach der Karolingerzeit überall das landesherrliche, bischöfliche, fürstliche, herzogliche, vogteiliche usw. Ge- richt ein; nur iu Westfalen wird infolge der großen Anzahl dort frei ver- bliebener ritterlicher, bäuerlicher und städtischer Grundbesitzer, neben und gewissermaßen trotz den sich ausdehnenden Gerichten der Bischöfe, Äbte und kleinen Landherren, das altfächfische Volksgericht im Namen und unter Schutz des Kaisers, der die Freigrasen mit dem Blutbanne belehnte, fort- geführt. Im Gegeusatz zu den landesherrlichen Gerichten wurde dieses Gericht der Freischöffen auch stilles, heimliches Gericht genannt. Die Feme war indes schon zu Kaiser Karls Iv. Zeit bis auf wenige Stühle (Arns- berg, Dortmund u. a.) erloschen, als dieser Kaiser, um die kaiserliche Macht den Kurfürsten gegenüber zu stärken, überall in Westfalen die eingegangenen alten Freistühle wieder aufrichtete, ja fogar außerhalb Westfalens solche neu einsetzte. Seit dieser Zeit konnten auch Nichtwestfalen aus dem

5. Landeskunde der Provinz Westfalen und der Fürstentümer Lippe, Schaumburg-Lippe und Waldeck - S. 16

1907 - Breslau : Hirt
16 V. Geschichtliche Entwicklung. Reich sich bei einem westfälischen Femgericht als Schöffen einschwören; der Schöffenbund dehnte sich nun über das ganze Reich ans; freie Städte, große Herren und Fürsten wurden vor die westfälischen Gerichte geladen. Schließ- lich mißbrauchten diese ihre Gewalt und wurden den Fürsten sowohl wie dem Reichsoberhaupt unbequem; das Reichskammergericht mit der Kreisein- teiluug, das römische Recht und das erstarkende Reichsfürstentum hat ihnen im 16. Jahrh. ein Ende bereitet. Später kamen an einzelnen Stühlen wohl noch Schöffen zusammen, erhoben die alten Gebühren, hielten ein Mahl und sagten sich die Losung. »Reinir dor feweri« und „Strick Stein Gras Grein" waren solche geheimnisvolle Losungsworte. Gehalten werden durfte das Gericht nicht anf kultivierter Erde, uicht auf Garten- und Pflug- land, nicht in Gebäuden, sondern auf „wilder, rauher, roher, d. i. roter Erde", an uralter Malstatt, unter dem Linden-, Eichen-, Holunder- oder wilden Birnbaum. Deshalb hieß und heißt das Gesamtgebiet dieser nur auf wilder roter Erde abzuhaltenden Gerichte, also Westfalen, das Land der roten Erde. Großartigere Geschichtsereignisse ans der Zeit des Mittelalters hat West- falen sonst nicht zu verzeichnen. Im ganzen ruhiges Stilleben unter den Krummstäben, viel heldenhafte Kreuzritter, unter ihnen hervorragend Bernard von Horstmar. Dann auch sattsam Fehden und Ranbrittertum (noch Götz vou Berlichiugen hat in Südwestfalen und Waldeck mit West- Mischen Raubrittern im Bunde die Wucht der eiserneu Hand erprobt). Da- neben aber blühendste Städteentwicklung in den Zeiten der Hansa, vom 13. bis 16. Jahrhundert. Zum kölnischen Quartier der Hansa mit reichem Export von Salz, Geweben, Holz- und Metallwareu vornehmlich nach Rußland (Nowgorod) und England (der hansische Stahl Hof in London) gehörten die Städte: Dortmund, Münster, Minden, Herford, Bielefeld, Waren- dorf, Soest (das sich 1445 nach gewaltigem Kampfe von Köln loslöste und unter die Herzöge von Kleve trat), Attendorn, Paderborn, Warburg, Unna, Lippstadt, Koesseld u. a. Auch an den Ritterorden und Kauf- mauusgildeu iu Preußen, Kurland und Livland sind westfälische Ge- schlechter stark beteiligt gewesen, wie es noch heute die gleichen Namen und Wappenzeichen erweisen. 3. Neuzeit. Im 16. Jahrhundert nahmen die Bewohner des Bistums Minden, der Grafschaften Ravensberg und Mark in überwiegender Mehrheit die Refor- mation an. Im Bistum Paderborn, im kölnischen Westfalenlande (Graf- fchaft Arnsberg und Beste Mecklinghausen) blieb die katholische Konsession. In Bistum und Stadt Münster teilte sich die Bewohnerschaft konfessionell; die Wiedertäufer aus Holland (Jan Backelsohn von Leiden, ihr König) verdrängten zeitweilig beide Konfessionen aus der Stadt; nach ihrer Vertrei- bnng 1535 stritten sich noch länger die Katholiken und Protestanten um die Vorherrschaft, bis die Berufung der Jesuiten und gegen Ende des Jahr- Hunderts der Sieg des bayrischen Prinzen und Erzbischofs Ernst von Köln über den protestantischen Gegenbischof Gebhard Trnchfeß von Wald bürg (Gemahlin Agues von Mansfeld^ im Münsterischen, sowie auch im Arns- bergischen und Paderbornischen das Übergewicht des Katholizismus herbeiführte.

6. Landeskunde der Provinz Westfalen und der Fürstentümer Lippe, Schaumburg-Lippe und Waldeck - S. 18

1907 - Breslau : Hirt
18 Y. Geschichtliche Entwicklung, Im Jahre 1815 erhielt Preußen im Wiener Kongreß zunächst seine alten, an die Frauzoseu verlorenen westfälischen Länder zurück und bildete nun, unter Hinzunahme des Bistums Paderborn, der fürstlichen Abtei Corvey, des kölnischen Westfalen (Grafschaft Arnsberg, Sauerland), der Reichs- stadt Dortmund, der Grafschaften Nassau-Siegen, Wittgeustein-Wittgeusteiu, Wittgenstein-Berleburg, des kölnischen Bestes Recklinghausen und des ganzen Bistums Münster die heutige Provinz Westfalen, gegliedert in drei große Regierungsbezirke. Zum Reg,-Bez. Münster kam außer dem alteu Bistums-Territorium im Norden der Lippe der Kreis Recklinghansen im Süden des Flusses, dazu die alten Grasschaften Ober-Lingen, Tecklenburg, Steinfurt, Anholt. Der große Nordostbezirk Minden wurde gebildet aus den Bistümern Minden und Paderborn, der Grafschaft Ravensberg, den Abteien Herford und Corvey, den Grafschaften Rietberg und Rheda uebst dem früher zu Hannover gehörenden Amt Reckeberg. Die übrigen bereits genannten Grafschaften und Städte (Lippstadt, bis 1850 gemeinsam mit Lippe-Detmold) bildeten den dritten Regierungsbezirk mit Arnsberg als Hauptstadt. Zu bemerken ist noch, daß die Bewohner der Kreise Siegen und Berleburg uicht sächsisch-uiederdeutsch, sondern fränkifch-hochdentsch erscheinen in Sitte, Sprache und im Bau des Bauernhauses; auf dem Lande hüben' „dat Water", drüben' „das Wasser". Beim sächsischen Bauernhanse alles unter einem Dach, beim fränkischen die Tenne, oft auch Stalluug vom Wohn- Hause getrennt. Die beiden großen Organisatoren der neuen Provinz waren von 1802 bis 1806 der Freiherr vom Stein, 1815 bis 1844 der erste Ober- Präsident Freiherr von Vincke. Münster, 1648 schon caput Westfaliae ge- nannt, die alte sürstbischösliche Residenz mit herrlichem Schloßbau, eiuer Hoch- schule aus der Fürstenbergschen Zeit, vielen aufgehobenen Klöstern, die zu Kasernen umgebaut werden konnten, sehr gelegenen Exerzierplätzen, erhielt den Vorzug, Sitz der obersten Provinzial- und Militärbehörden zu werden. Westfalens streitbare Mannschaft gehört zum Teil dem siebenten, zum Teil dem elften Armeekorps an (s. S. 29). Unter dem glorreichen Zepter der Hohenzollern hat sich Westfalen zu einer der blühendsten Provinzen des preußischen Staates emporgerungen. Bildungsanstalten, Industrie, Land- und Forstwirtschaft, Wege- und Kanal- bau^, Kunst und Handwerk, Berg- und Hütteuwesen, Heil- und Pflege- anstalten stehen aus der Höhe der Zeit. Die alten Bauernhäuser, Fachbau mit Strohdach (s. Abb. 20), alte Sitten, Trachten und Gebräuche, wie sie Annette v. Droste, Levin Schücking, Karl Jmmermann n. a. noch ans der ersten Hälfte des 19. Jahrh. geschildert haben, sind meist verschwunden. An Stelle der alten Bauernhäuser in Fachwerk er- heben sich heute überall schon massive Ziegelbauten mit Pfannen- oder Schiefer- dach, aber noch immer in der Form und Einrichtuug des altsächsischen Hauses, Menschen, Vieh und Vorräte, Wohnung, Tenne und Ställe unter einem 1 Der Dortmund-Emshäfen-Kanal ist vollendet; Schiffshebewerk bei Henrichenburg; eine weitere Verbindung von Rhein und Weser im Entstehen. Talsperren an der Ruhr und Möhne.

7. Landeskunde der Provinz Westfalen und der Fürstentümer Lippe, Schaumburg-Lippe und Waldeck - S. 17

1907 - Breslau : Hirt
Y. Geschichtliche Entwicklung. 17 In dem bis zur Maas, Nordsee, südlich bis zur Lahn sich ausdehnenden West- fälischen Kreise aus Maximilians Zeit war Westfalen nur der kleinere Teil; das kölnische Süderland gehörte dem niederrheinischen Kreise an. Das Jahr 1604 brachte — ein für die Geschichte Deutschlands hoch- bedeutsames Ereignis — die Grafschaft Mark mit Soest und die Grafschaft Ravensberg (Bielefeld) durch Erbschaft an Brandenburg. Im 30jährigen Kriege war Westfalen zeitweilig der Tummelplatz wilder Horden; Christian von Braunschweig, der „tolleherzog", eroberte Pader- boru und Lippstadt, verbrannte St. 'Mauritz, die Vorstadt von Münster, wurde aber von Tilly 1623 entscheidend bei Stadtlohn im Münsterlande geschlagen; später durchzogen Schweden und Hessen plündernd das Land. Endlich ward zu Münster und Osnabrück der Friede geschlossen (s. Abb. 9: Rathaus zu Münster). Bei diesem Friedensschluß erhielt Brandenburg das Bistum Minden, welches direkt an Ravensburg anschloß. Von 1650—1760 genoß Westfalen ziemliche Ruhe. Hervorzuheben ist die Gestalt des kriegerischen Bischofs von Münster, Bernards von Galen, der die nach Reichssreiheit strebende Stadt Münster nach mehrmaliger Be- lagernng unterwarf und ihrer Freiheiten entledigte. Auch des ebenso tat- kräftigen wie gelehrten Bischoss von Paderborn Ferdinand von Fürsten- berg (Monumenta Paderboraensia) ist zu gedenken, nicht minder des Erz- bischoss von Köln und Münster, Clemens August, der herrliche Schlösser, Kirchen und einen Kanal von Münster zur Vechte erbauen ließ. Im Anfang des 13. Jahrh. gab Westfalen in der Person Theodors von Neuhof, Herrn zu Haus Pungelscheid in der Mark, der Insel Korsika einen König. Im Siebenjährigen Kriege kämpfte die ganze Zeit hindurch für Friedrich deu Großen fein Feldherr Ferdinand von Brannschweig gegen Reichs- truppen und Franzosen auf westfälischem Boden, siegte bei Minden, eroberte und behielt als Waffenplatz Münster, schoß auch das größte und schönste aller Grasenschlösser in Norddeutschland, das zu Arnsberg, wo 200 ein- liegende Franzosen die Übergabe verweigerten, in Trümmer. In den 70er und 80er Jahren des 18. Jahrhunderts bildete sich in Münster um den großen Minister und Staatsmann Franz von Fürsten berg und die Fürstin Amalie von Gallitzin ein Kreis berühmter Männer, unter diesen Friedr. Leopold Graf von Stolberg, sein Hainbnndsfreuud der Rechts- gelehrte und Dichter Sprickmaun, Hamann, „der Magus aus Norden", und der große Mitbegründer des neueren Volksschulwesens Bernard Overberg, nebst vielen anderen durch Gelehrsamkeit und Tugend hervorragenden West- falen; auch Goethe und Jacobi weilten vorübergehend in diesem Kreise. In der französischen Revolutionszeit (1795) flüchtete das Kölner Dom- kapitel vor den Franzosen nach Arnsberg und wählte dort Anton Victor, den letzten Kurfürsten; die französischen Emigranten, Adel und Geistliche, wurden in Westfalen, besonders im Münsterlande, liebreich aufgenommen. Im Jahre 1802 nahm Preußen den östlichen Teil des Bistums Münster in Besitz bis 1806; nach der Schlacht bei Jena kam Westfalen in französische Verwaltung, ein Teil zum sog. Königreich Westfalen mit der Hauptstadt Kassel unter Jerome Bonaparte; das kölnische Südwestfalen verblieb bis 1816 bei Hessen-Darmstadt. Wormstall, Landeskunde von Westfalen. 4. Aufl. 2
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