Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst. 51
in deutscher Übersetzung lautete: „Möchte dereinst aus meinen Gebeinen der Rächer erstehen!" („Exoriare aliquis nostris ex ossibus ultor!“ Virgilius, Aen. Iv. 625.)
Die Politik des letzten Jahrzehnts.
Hinneigung zu Frankreich. Die Art und Weise, wie der Große Kurfürst zum Frieden von St. Germain en Laye genötigt worden war, erfüllte diesen mit Groll gegen den Kaiser und hatte zur Folge, daß Brandenburg in seiner Politik fortan zu Frankreich hinneigte. Bei dem Neid der Reichsfürsten, der Mißgunst des Kaisers und der Feindschaft Schwedens und Polens war das ein Gebot der Selbsterhaltung.
Die Reunionen. Das Reich mußte es schwer büßen, daß es seinen besten Degen verloren hatte. Der Übermut des Franzosenkönigs stieg immer höher. Nach der Beendigung des zweiten Raubkrieges setzte er in Besanoon (besanßo-r), Breisach, Metz und Tournay (turuä) Gerichtshöfe, sogenannte Reunionskammern, ein, die untersuchten, welche Gebiete zu den von ihm in den letzten Friedensschlüssen erworbenen Ländern jemals in Lehnsbeziehungen gestanden hatten. Alle diese Gebiete beanspruchte er als Zugehörigkeiten jener Abtretungen und nahm sie in Besitz. Da die Rennionskammern bei ihren Untersuchungen bis in die Merowingerzeit zurückgriffen, konnte der gierige Nachbar blühende Landstriche von der Westgrenze des Reiches abreißen. — Die ärgste aller Reunionen war der am 30. September 1681 erfolgte Raub 1681 der Reichsstadt Straßburg. Französisches Geld hatte dort in allen Ständen für Ludwig Anhänger geworben. Von seinen Truppen eingeschlossen, ergab sich die Stadt ohne einen ernsthaften Versuch der Verteidigung. Das festeste Bollwerk des Reiches gegen den unruhigen Nachbarn wurde zur Zwingburg desselben gegen Süddeutschland. —
Der Reichstag erhob gegen die unerhörten Gewaltschritte Ludwigs zwar Einsprache, aber er konnte derselben bei der Elendigkeit seiner Kriegsverfassung ohne Österreich und Brandenburg keinen Nachdruck geben.
Der Kaiser, durch einen Türkenkrieg in Anspruch genommen, beließ im „Stillstand zu Regensburg" dem französischen Räuber den größten Teil der Reunionen auf zwanzig Jahre. Auch der Große Kurfürst hatte zur Nachgiebigkeit gegen den übermächtigen Ludwig geraten, und in der That wäre bei der Ohnmacht des Reiches ein Krieg mit zwei Fronten aussichtslos gewesen.
Die Türken vor Wien (1683). Während der Regierung Leopolds I. flammte im Türkenreich noch einmal der kriegerisch-religiöse Geist des Muhammedanismus auf.
Ludwig Xiv. schürte die Eroberungslust des Sultans und reizte ihn zum Kriege gegen den Kaiser, damit dieser durch die Beschützung seiner Erbländer verhindert werde, den französischen Übergriffen an der Westgrenze des Reiches zu wehren.
Im Jahre 1683 erschien der Großvezier Kara Mustafa mit einem Heere von 1683 200000 Mann vor den Wällen Wiens. Aber die nur schwache Besatzung verteidigte die Stadt unter der Leitung des Grafen Rüdiger von Starhemberg auf das tapferste. Sie wurde hierbei von den Bürgern eifrig unterstützt. Der Bischof
4*
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Friedrich Wilhelm Iii. 111
Reichsdeputation eingesetzt, aber den bestimmenden Einfluß übten Frankreich und Rußland aus. Nach langen Verhandlungen erfolgte 1803 durch den Reichsdeputationshauptschluß die endgültige Festsetzung der Entschädigungen. Dieselben waren sehr reichlich bemessen. Besonders
Bayern, Württemberg und Baden empfingen dadurch ansehnliche Vergrößerungen. Aber auch Preußens Erwerb war viermal so groß, als die 1795 gemachten Abtretungen. Es erhielt die Bistümer Hildesheim und Paderborn, den südöstlichen Teil des Bistums Münster, vom Erzbistum Mainz Erfurt und das Eichsfeld, ferner die Abteien
Elten, Essen, Werden, Kappenberg, Herford und Quedlinburg und die Reichsstädte Mühlhausen, Nordhausen und Goslar, im ganzen gegen 10 000 qkm. Selbst außerdeutsche Fürsten wurden für die ihnen durch Frankreich zugefügten Verluste durch Landanweisungen in Deutschland abgefunden. So empfing der Großherzog von Toskana das Erzbistum Salzburg, der Herzog von Modena den österreichischen Breisgan, der Erbstatthalter der Niederlande das Bistum (früher Abtei) Fulda, die Abtei Corvey und die Reichsstadt Dortmund. Von den geistlichen Staaten blieben nur brei übrig, nämlich die des Großmeisters des Johanniterorbens, des Hochmeisters des Deutschen Ritterordens und des Erzbischofs von Mainz, der als „Kurerzkanzler" zu dem ihm gebliebenen Teil seiner Lande um Aschaffenburg Wetzlar und Regensburg erhielt. Die Reichsstädte schwanden bis auf sechs. An die Stelle der aufgehobenen geistlichen Kurfürstentümer Trier und Köln traten vier neue weltliche: Hessen-Kassel, Baden, Württemberg und Salzburg, die freilich nie das Wahlrecht ausgeübt haben.
Die Kaiserkrönung (1804). Im Frieden zeigte sich Bonaparte als weiser Gesetzgeber und sorgte durch Abschluß eines Konkordats mit dem in der Herrschaft des Kirchenstaates wieder anerkannten Papste Pius Vii. für die Nenorbnung der kirchlichen Verhältnisse. Das durch die Schrecknisse der Revolution geängstigte Volk erfreute sich enblich der Wohlthaten einer fürsorgenben und festen Regierung. In Anerkennung der Verdienste Bonapartes wurde derselbe 1802 zum Konsul auf Lebenszeit ernannt. Von einer Monarchie unterschied sich Frankreich jetzt nur noch durch den Titel seines Staatsoberhauptes. Schon 1804 nahm Napoleon die ihm von den Kammern angetragene Kaiserwürde unter der Beistimmung des Volkes an. Am 2. Dezember fand die Krönungsfeier statt, bei welcher Pius Vii. dem Kaiser in Notredame die Salbung erteilte. Im nächsten Jahre verwandelte der letztere die Italienische Republik, bereu Präsibent er war, in das Königreich Italien und setzte sich in Mailanb die Krone der Lombarben aufs Haupt. Seinen Stiefsohn Eugen Beauharnais bestellte er zum Vizekönig bieses Landes.
Die dritte Koalition (1805). Zwischen Frankreich und England war es nach nur einjährigem Frtebeii wieber zu Feinbfetigfeiten gekommen, ba letzteres die Herausgabe von Malta verweigerte, dessen es sich im zweiten Koalitionskriege bemächtigt hatte. Napoleon hatte deswegen Hannover besetzen lassen und zog Truppen und Schiffe zu einer Landung
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142 Das Königreich Preußen.
auf sonderlichen Widerstand zu stoßen, gelangten die Verbündeten nach Paris.
Der zweite Pariser Frieden. Zum zweitenmal hielten die verbündeten Monarchen ihren Einzug in die französische Hauptstadt. Mit dem zurückgekehrten Ludwig Xviii. schlossen sie den zweiten Pariser Frieden. Frankreich wurde jetzt nicht mehr so glimpflich behandelt. Es mußte die Kriegskosten bezahlen und alle in den vielen Kriegen geraubten Kunstschätze ausliefern. Auch einige Grenzgebiete, besonders Savoyen und Nizza, hatte es abzutreten, da sein Umfang auf die Grenzen von 1790 zurückgeführt wurde; damals kam Saarbrücken nebst Saarlouis an Preußen, Landau an Bayern. Aber vergeblich wiesen patriotisch gesinnte Männer darauf hin, daß jetzt der geeignete Zeitpunkt gekommen war, Elsaß und Deutsch-Lothringen zurückzufordern.
Napoleons Ende. Napoleon war nach Nochefort (roschsor) geflohen, um sich nach den Vereinigten Staaten von Amerika einzuschiffen. Da Kriegsschiffe der Engländer den Hafen eingeschlossen hielten, ergab er sich dem Admiral derselben. Er wurde auf die Felseninsel St. Helena im südatlantischen Ozean gebracht. Einige seiner Getreuen begleiteten ihn. Er lebte dort als General Bonaparte, von den Engländern bewacht, in einem Landhause bis zu seinem 1821 erfolgten Tode.
Die Neuordnung Europas.
Die Rückkehr Napoleons hatte die geschwundene Einigkeit unter den auf dem Wiener Kongresse vertretenen Mächten wieder hergestellt und die Verhandlungen beschleunigt. Noch bevor der Kampf erneut losbrach, waren dieselben beendet.
Gebietsveränderungen Preußens. Besondere Schwierigkeiten verursachte die Abfindung Preußens. Seine ruhmwürdigen Thaten in den Befreiungskriegen berechtigten es zu dem Ansprüche, daß es mindestens in seinem alten Umfange wieder hergestellt werde. Aber leider zeigten sich die preußischen Diplomaten ihrer Aufgabe nicht gewachsen. Nicht mit Unrecht klagte Blücher darüber, daß die Federn der Diplomaten das mit dem Schwerte Erkämpfte verdürben. So kam es, daß Preußens gerechte Erwartungen sich nur zum Teile erfüllten. Von seinem Besitzstände aus dem Jahre 1805 überließ es Neu-Ostpreußen, Nen-Schlesien und Süd-Preußen jenseit der Prosua an Rußland. Ansbach und Bayreuth blieben bei Bayern. Ostfriesland, die Nordhälfte von Singen, auch Hildesheim und Goslar kamen an Hannover, das als Königreich dem Beherrscher Englands zurückgegeben ward. Für diese Abtretungen erhielt Preußen den größeren nördlichen Teil des Königreichs Sachsen, Schwedisch-Vorpommern, die Herzogtümer Jülich und Berg, die Erzstifter Köln und Trier, die Abtei Neu-Corvey, die ehemaligen Reichsstädte Köln, Aachen, Dortmund und Wetzlar, mehrere Gebiete mediatisierter Fürsten, Grafen und Herren und den von Frankreich abgetretenen Landstrich um Saarbrücken und Saarlouis. —Der Verlust
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148 Das Königreich Preußen.
verzichtete er auf die Erträge der Krondomänen und behielt sich nur eine bestimmte Summe zum Unterhalte der königlichen Familie vor.
Die Union. Seit Johann Sigismund hielten sich die Kurfürsten und Könige aus dem Hause Hoheuzollern zum reformierten Bekenntnisse, während die Mehrzahl ihrer Unterthanen lutherisch war. Stets bemühten sich die Herrscher, der Zwietracht zwischen den Angehörigen der beiden Bekenntnisse nach Möglichkeit zu steuern und deren Vereinigung herbeizuführen. Das letztere gelang Friedrich Wilhelm Iii.
1817 Am 31. Oktober 1817, genau 300 Jahre nach Beginn der Reformation, empfing er gemeinsam mit den Lutheranern das Abendmahl. Sein Beispiel fand Nachfolge. An vielen Orten feierten die Lutherischen und Reformierten das Abendmahl fortan gemeinschaftlich. Jedem blieb hierbei seine religiöse Überzeugung von der Abendmahlslehre unbenommen. Die durch die gemeinsame Abendmahlsfeier begründete Vereinigung der Lutheraner und Reformierten zur evangelischen Kirche heißt Union. Der König als oberster Bischof seiner protestantischen Unterthanen arbeitete sodann mit den Hofgeistlichen eine Agende aus, durch welche der Kultus der Evangelischen in Preußen einheitlich gestaltet wurde. Im Jahre 1824 wurde sie eingeführt. Nur wenige Gemeinden, die Altlutheraner, schlossen sich der Union nicht an und stehen bis zum heutigen Tage außerhalb der evangelischen Landeskirche.
Die katholische Kirche. Die Organisation der katholischen Kirche in Deutschland war durch die Stürme der Napoleonischen Zeit; anfs heftigste erschüttert worden. Zum Zwecke der Neuregelung der kirchlichen Verhältnisse seiner katholischen Unterthanen trat Friedrich Wilhelm Iii. mit dem Papste in Unterhandlungen. Das Ergebnis derselben verössent-
1821 lichte Pius Vii. 1821 in der Bulle: „De salnte animarum“, und der König verlieh ihren Bestimmungen Gesetzeskraft. Die Bnlle enthielt eine neue Umschreibung der Diözesen. Für die westlichen Provinzen wurden das Erzbistum Köln und die Snfsraganbistümer Trier, Münster und Paderborn bestimmt, die Bistümer Aachen und Neu-Corvey also aufgehoben. In den östlichen Provinzen ward Posen zum Erzbistum erhoben und mit Gnesen vereinigt. Der Bischof von Knlm ist Snffragan des Erzbischofs von Posen-Gnesen, der Fürstbischof von Breslau und der Bischof von Ermeland sind exemt. Die Besoldung der Bischöfe und der Domgeistlichkeit übernahm der Staat, dem der gebührende Einfluß auf die Besetzung der Bischofsstühle gesichert ist.
Der Zollverein. Im Jahre 1818 nahm Friedrich Wilhelm Iii. eine Reform des Zoll- und Steuerwesens vor. Nach derselben können alle Waren in Preußen aus- und eingeführt werden, aber es muß dafür an der Grenze ein mäßiger Zoll entrichtet werden. Um den Betrag desselben erhöht sich der Preis des eingeführten Gegenstandes, und dies erleichtert den einheimischen Fabrikanten den Wettbewerb mit den fremden. Der Zoll schützt also die vaterländische Arbeit (Schutzzoll). Die an der Grenze verzollten Waren können dann durch ganz Preußen befördert werden, ohne daß der Staat von ihnen nochmals eine Abgabe erhebt.
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Friedrich Hi. 59
alle Erbrechte ausdrücklich verzichtet hatte, erhob Ludwig Xiv. für feine Schwägerin Ansprüche auf alle Teile der Pfalz, welche nicht Manneslehen waren, und ließ 1688 das Kurfürstentum und die übrigen Landschaften am Mittelrhein besetzen. Kaiser und Reich, „England und Holland, Savoyen und Spanien traten vereint dem neuen Übergriff des Despoten entgegen. Da dieser voraussah, daß er nicht alle in Deutschland besetzte Stellungen würde behaupten können, ließ er die blühende Pfalz durch greuliche Verwüstung in eine Einöde verwandeln, um dort eine Festsetzung feiner Gegner zu verhindern. Die Ortschaften wurden geplündert und angezündet, die Saatfelder umgepflügt, die Obstbäume umgehauen, die unglücklichen Menschen dem Elende preisgegeben. Dem hunnischen Vernichtungswerk fiel auch das Heidelberger Schloß, Deutschlands prächtigster Bau im Renaissancestil, zum Opfer, und selbst die Kais er-grüfte zu Speier wurden von den gallischen Räubern entweiht. Grimmiger Franzofenhaß fraß sich ob solcher Schandthaten ins Herz des deutschen Mannes. Kurfürst Friedrich Iii. erschien selbst am Rhein; er entriß mit seinen Brandenburgern dem Feinde manche Feste, besonders das hartnäckig verteidigte Bonn. Die Verbündeten erkannten den Wert der brandenburgischeu Hilfe an, indem sie dem Kurfürsten Hilfsgelder zusicherten. Aus dem Hauptkriegsschauplatze, in den Spanischen Niederlanden, kam es jedoch zu keiner Entscheidung, da Wilhelm Iii. zwar mehrmals geschlagen wurde, aber immer wieder ungeschwächt das Feld behauptete. Die Erschöpfung feines Landes bewog Ludwig Xiv., an den Frieden zu denken. Bei den Unterhandlungen zu Ryswyk (reisweik) beim Haag wußte er die Verbündeten geschickt zu trennen. Deutschland sah sich schließlich allein. Seine Forderung, die Franzosen sollten Straßburg und die übrigen Reunionen herausgeben, bezeichnete der Vertreter Hollands, das deutsche Waffen nun schon zum zweitenmal gerettet hatten, als „Traum eines kranken Gehirns". Der Kaiser mußte Frankreich die reunierten Gebiete endgültig überlassen und sich mit der Wiedergewinnung der französischen Besitzungen am rechten Rheinufer (Freiburg i. Br., Breisach u. a.) begnügen. Brandenburg konnte sich mit dem Bewußtsein trösten, für die Verteidigung Deutschlands wacker gestritten zu haben.
Der Türkenkrieg. Der 1683 begonnene Türkenkrieg zog sich in die Regierungszeit Friedrichs Iii. hinein. Doch sahen sich die Kaiserlichen auf die Verteidigung des bereits Gewonnenen beschränkt, seitdem der dritte Raubkrieg sie zu einer Teilung ihrer Kräfte genötigt hatte. Obwohl der Türkenkrieg nur noch rein habsburgischen Interessen diente, lieh Friedrich Iii. dem Kaiser bereitwillig seine Hilfe. Seine Truppen halfen dem kaiserlichen Feldherrn Ludwig von Baden zum Siege von Salankemen (gegenüber der Theißmündung). Prinz Eugen von Savoyen gab von der Tapferkeit der Brandenburger nach der Schlacht bei Zenta (unweit Szegedin) öffentlich Zeugnis, indem er den kurfürstlichen General von Schlabrendors umarmte und erklärte, daß er nächst Gott ihm und feinen Truppen den herrlichen Sieg verdanke. Der
1683
bis
im
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254 £>. Aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte.
von Gewalt stürzte er die bisherige Negierung und gab Frankreich 1799 eine neue (vierte) Verfassung. Nach derselben stand er selbst als Erster Konsul an der Spitze des Staates. Zwei ihm beigegebene weitere Konsuln hatten nur beratende Stimme. An der Gesetzgebung nahm eine Volksvertretung von zwei Kammern teil.
Den Kampf gegen die Koalition erleichterte dem Ersten Konsul die Uneinigkeit der Feinde. Infolge derselben rief der russische Kaiser sein siegreiches Heer zurück, so daß Bonaparte auch diesmal es hauptsächlich nur mit Österreich zu thun hatte. Im Frühlinge des Jahres 1800
1800 stieg er über die Alpen und stellte durch den Sieg von Marengo (unweit Alessandria) mit einem Schlage das Übergewicht der Franzosen in Italien wieder her. Nachdem noch ein anderes Heer derselben bei Hohenlinden (östlich von München) den achtzehnjährigen Erzherzog Johann, einen Bruder des Kaisers Franz, besiegt hatte, schloß letzterer 1801 den Frieden von Luueville*) (in Französisch-Lothringen), der den von Campo Formio der Hauptsache nach bestätigte. Dem Beispiele Österreichs folgte im nächsten Jahre auch England, und so schien der durch die französische Revolution entzündete Weltbrand endlich erloschen.
Der Reichsdepntationshauptschluß (1803). Im Luneviller Frieden hatten Kaiser und Reich der Abtretung des linken Rheinufers offen beigestimmt. Die erblichen Fürsten, welche hierdurch Gebietsverluste erlitten, sollten in den rechtsrheinischen Landen durch Säkularisationen und durch Aufhebung von Reichsstädten entschädigt werden. Zur Erledigung dieser Angelegenheit wurde zwar in Regensburg eine Reichsdeputation eingesetzt, aber den bestimmenden Einfluß übte Frankreich ans.
1803 Nach langen Verhandlungen erfolgte 1803 durch den Reichsdeputationshauptschluß die endgültige Festsetzung der Entschädigungen. Dieselben waren sehr reichlich bemessen. Besonders Bayern, Württemberg und Baden empfingen dadurch ansehnliche Vergrößerungen. Aber auch Preußens Erwerb war viermal so groß, als die 1795 gemachten Abtretungen. Es erhielt die Bistümer Hildesheim und Paderborn, den südöstlichen Teil des Bistums Münster, vom Erzbistum Mainz Erfurt und das Eichsfeld, mehrere Abteien und die Reichsstädte Mühlhausen, Nordhausen und Goslar.
Die Kaiserkrönnng (1804). Im Frieden zeigte sich Bonaparte als weiser Gesetzgeber und sorgte durch Abschluß eines Konkordats mit dem in der Herrschaft des Kirchenstaates wieder anerkannten Papste Pius Vii. für die Neuordnung der kirchlichen Verhältnisse. Das durch die Schrecknisse der Revolution geängstigte Volk erfreute sich endlich der Wohlthaten einer fürsorgenden und festen Regierung. In Anerkennung der Verdienste Bonapartes wurde derselbe 1802 zum Kousul auf Lebenszeit ernannt. Von einer Monarchie unterschied sich Frankreich jetzt nur noch durch den Titel seines Staatsoberhauptes. Schon 1804 nahm Napoleon unter der
1804 Beistimmung des Volkes die Kaiserwürde an. Am 2. Dezember fand
*) Sprich: lünwil.
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1555
168 C. Aus der deutschen Geschichte.
Bestreben des Kaisers, Deutschlands Regierung monarchisch zu gestalten, bedrohte ihn mit einer Schmälerung seiner fürstlichen Gewalt. Auch lag ihm wohl daran, die Schmach des Verrats an der Sache des gemeinsamen Glaubens zu tilgen. Darum betrieb er die Belagerung Magdeburgs lässig und trat 1551 mit mehreren deutschen Fürsten und dem französischen Könige Heinrich Ii. zu einem Bündnis zusammen. Den Franzosen wurden für ihren Beistand die Bistümer und Reichsstädte Metz, Toul und Verdun zugesichert. Nachdem Moritz Magdeburg durch Stellung günstiger Bedingungen zur Unterwerfung gebracht hatte, brach er plötzlich mit seinem Heere nach Süddeutschland auf. Der Kaiser, der von dem gegen ihn geschmiedeten Verrate nichts wußte, lag in Innsbruck krank danieder. Da er keine Truppen bei sich hatte, konnte er sich nur durch schleunige Flucht nach Kärnten vor Gefangenschaft retten.
Der Passauer Vertrag (1552). Nach dem Abfalle des thatkräftigen Moritz gab der fortgesetzt von der Gicht geplagte Kaiser die Hoffnung auf, die Glaubenseinheit in Deutschland herstellen zu können. Er stimmte vielmehr dem Passauer Vertrag bei, den in seinem Aufträge sein Bruder Ferdinand 1552 mit den protestantischen Ständen einging. Letztere erhielten bis zum nächsten Reichstage, der den Religionsstreit endgültig beilegen sollte, Religionsfreiheit. Die gefangenen Fürsten wurden frei.
Der Religionsfriede zu Augsburg (1555). Auf dem Reichstage zu Augsburg kam 1555 endlich der Religionsfriede zu stände. Die freie Religionsübung wurde den Reichsständen des Augsburger Bekenntnisses bestätigt. Jeder Reichsstand konnte in seinem Gebiet nach Belieben das katholische oder Augsburgische Bekenntnis einführen. Den Unterthanen, die sich einem ihnen zugemuteten Konfessionswechsel nicht fügen wollten, blieb hiergegen nur das Mittel der Auswanderung. Alle geistlichen Güter, welche die Protestanten vor dem Passauer Vertrag eingezogen hatten, behielten diese. Der „geistliche Vorbehalt", nach welchem katholische Kirchenfürsten beim Glaubenswechsel auf die mit ihrem geistlichen Amte verbundenen weltlichen Besitzungen verzichten sollten, wurde von den Protestanten nicht allgemein anerkannt.
Die Reformierten. Von dem Augsburger Religionsfrieden ausgeschlossen blieben die Reformierten, die Anhänger Zwinglis in Zürich und Calvins in Genf. Sie waren in den Rheingegenden, sowie in Schottland und Frankreich zahlreich. Ihr Bekenntnis stimmt in den meisten Stücken mit dem Luthers überein, unterscheidet sich aber wesentlich in der Lehre vom Abendmahl.
Karls V. Abdankung (1556). Seit 1552 hatte Karl V. in mehreren Feldzügen vergeblich versucht, Metz, Toul und Verdun den Franzosen zu entreißen. Im Jahre 1556 ging er einen Waffenstillstand ein, der sie im Besitze ihrer Erwerbungen ließ. — In dem letzten Kriege hatten häufig wiederkehrende Gichtanfälle den Kaiser genötigt, von der Sänfte aus seine Krieger zu befehligen. Schwer drückte ihn auch die Wahrnehmung, alle Pläne seines mühevollen Lebens: die Herstellung der Glaubenseinheit, die Demütigung Frankreichs, die Zurückdrängung der Türken, schließlich gescheitert zu sehen. Dies brachte in ihm
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178 C. Aus der deutschen Geschichte.
dieses Landes stand damals der Kardinal Richelieu*). Dieser wollte die Macht des Kaisers schwächen, um dadurch Frankreich zum ersten Staate Europas zu erheben. Zu diesem Zwecke scheute er sich nicht, als Bundesgenosse der Schweden offen hervorzutreten, zumal der Kampf den Charakter eines Religionskrieges längst eingebüßt hatte. Richelieu nahm Bernhard von Weimar und sein Heer in französischen Sold. Derselbe hatte das Elsaß erobert und gedachte dasselbe unter seiner Herrschaft zu behalten. Aber er starb eines plötzlichen Todes, und Frankreich übernahm sein Heer und seine Eroberungen. Französische Armeen überschwemmten das südwestliche Deutschland. Die Schweden errangen 1636 bei Wittstock in der Priegnitz einen Sieg. Seitdem schwankte das Kriegsglück. Keine Partei war stark genug, die gegnerische zu überwinden. Der Krieg wurde mehr und mehr ein bloßes Plündern, Sengen und Morden. Handel und Gewerbe und der Anbau des Landes hörten auf. Bürger und Bauern wurden die Opfer grauenerregender Mißhandlungen der verwilderten Soldatenhaufen, die mit ihrem zahlreichen Troß in den verödeten Landschaften kaum mehr ihren Lebensunterhalt fanden.
Der Westfälische Frieden (1648). Die Sehnsucht nach dem Frieden war im deutschen Volke allgemein. Auch Kaiser Ferdinand Iii. (1637—1657) bemühte sich um denselben. Nur die Ausländer, die am Marke Deutschlands zehrten, widerstrebten. 1644 wurden endlich in Münster und Osnabrück die Friedensunterhandlungen begonnen, in der ersten Stadt mit den Franzosen, in der letzteren mit den Schweden. Aber erst nach vier Jahren kamen sie zum Abschluß. Der schwedische General Königsmark hatte 1648 eben die Kleinseite von Prag erstürmt, als das lang ersehnte Friedenswort erscholl und dem Kriege an demselben Orte, wo er entbrannt war, ein Ende machte.
a) Gebietsveränderungen. Die Bistümer und freien Reichsstädte Metz, Toul und Verduu, die Frankreich bereits 1552 in Besitz genommen hatte, wurden an dasselbe förmlich abgetreten; dazu bekam es das bisher den Habsburgern gehörige Elsaß. Schweden beanspruchte Pommern, dessen Herzogsgeschlecht 1637 ausgestorben war. Aber das Anrecht Brandenburgs auf dieses Land war so sonnenklar, daß es nicht übergangen werden konnte. Darum erhielt Schweden nur Vorpommern und einen schmalen Landstreifen am rechten Oderufer, außerdem aber das Erzbistum Bremen, das Bistum Verden und die Stadt Wismar. Auch wurde es deutscher Reichsstand und nahm noch 5 000 000 Thaler Kriegsentschädigung in Anspruch. — Brandenburg mußte sich mit dem Reste von Hinterpommern begnügen. Als Entschädigung für den ihm entzogenen Teil Pommerns erhielt es die Bistümer Kammin (Provinz Pommern), Halberstadt und Minden als weltliche Fürstentümer und das Erzbistum Magdeburg als Herzogtum. Letzteres blieb jedoch dem damaligen Administrator, einem sächsischen Prinzen, zu lebenslänglichem
*) Sprich: rischljöh.
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Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Europas Frankreich Deutschland Wittstock Deutschlands Schweden Prag Frankreich Pommern Brandenburgs Wismar Brandenburg Hinterpommern Halberstadt Magdeburg
7. Friedrich Wilhelm Iii. 277
dem zurückgekehrten Ludwig Xviii. schlossen sie den zweiten Pariser 1815 Frieden. Frankreich wurde jetzt nicht mehr so glimpflich behandelt.
Es mußte die Kriegskosten bezahlen und alle in den vielen Kriegen geraubten Kunstschätze ausliefern. Auch einige Grenzgebiete hatte es abzutreten; damals kam Saarbrücken nebst Saarlouis an Preußen, Landau an Bayern. Aber vergeblich wiesen patriotisch gesinnte Männer darauf hin, daß jetzt der geeignete Zeitpunkt gekommen sei, Elsaß und Deutsch-Lothringen zurückzufordern.
Napoleons Ende. Napoleon war nach Nochefort*) geflohen, um sich nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika einzuschiffen. Da Kriegsschiffe der Engländer den Hafen eingeschlossen hielten, ergab er sich dem Admiral derselben. Er wurde auf die Felseninsel St. Helena im südatlantischen Ozean gebracht. Einige seiner Getreuen begleiteten ihn. Er lebte dort als General Bonaparte, von den Engländern bewacht, in einem Landhause bis zu seinem 1821 erfolgten Tode. Wir sehen in dem jähen Wechsel seines Geschickes, in dem Sturze von der Weltherrschaft zur Verbannung und Gefangenschaft, des gerechten Gottes Strafgericht über den blutigen Tyrannen.
h) Die Wiederherstellung Preußens.
Die Rückkehr Napoleons hatte die geschwundene Einigkeit unter den auf dem Wiener Kongresse vertretenen Mächten wieder hergestellt 1815 und die Verhandlungen beschleunigt. Noch bevor der Kampf erneut losbrach, waren dieselben beendet.
Gebietsveränderungen. Besondere Schwierigkeiten verursachte die Abfindung Preußens. Seine ruhmwürdigen Thaten in den Befreiungskriegen berechtigten es zu dem Ansprüche, daß es mindestens in seinem alten Umfange wieder hergestellt werde. Aber leider zeigten sich die preußischen Diplomaten ihrer Aufgabe nicht gewachsen. Nicht mit Unrecht klagte Blücher darüber, daß die Federn der Diplomaten das mit dem Schwerte Erkämpfte verdürben. So kam es, das Preußens gerechte Erwartungen sich nur zum Teile erfüllten. Von seinem Besitzstände aus dem Jahre 1805 überließ es Nen-Ostprenßen, Neu-Schlesien und Südpreußen jenseit der Prosua an Rußland. Ansbach und Bayreuth blieben bei Bayern. Ostfriesland, die Nordhälfte von Singen, auch Hildesheim und Goslar kamen an Hannover, das als Königreich dem Beherrscher Englands zurückgegeben ward. Für diese Abtretungen erhielt Preußen den größeren nördlichen Teil des Königsreichs Sachsen, Schwedisch-Vorpommern, die Herzogtümer Jülich und Berg, die Erzstifter Köln und Trier, die Abtei Neu-Eorvey, die ehemaligen Reichsstädte Köln, Aachen, Dortmund und Wetzlar, mehrere Gebiete mediatisierter Fürsten, Grafen und Herren und den von Frankreich abgetretenen Landstrich um Saarbrücken und Saarlouis. — Der Verlust der polnischen
*) Sprich: roschfor.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Ludwig_Xviii Ludwig Napoleons Napoleon Helena Napoleons
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Brandenburg
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
96
3. Im Reichslande Elsaß-Lothringen erhielt das neue Reich einen Gebietszuwachs von 15 000 qkm.
4. Zwei lang entfremdete Volksstämme wurden dem Deutschtum zurückgewonnen.
5. Die deutsche Westgrenze ward gesichert (Straßburg, Metz, die Vogesen) und der bedrohende Einfluß Frankreichs auf Süddeutschland beseitigt.
6. Das neue Reich gilt seither als erste Militärmacht Europas und sicherte diesem bisher den Frieden.
307. Inwiefern hatten die Jahre 1864—71 Oie Bahnen der älteren
preußischen Geschichte neu durch messen und ihre
Erbschaft eingezogen? (Aus Marcks a.a.o.)
1. „Der Dänische Krieg diejenige des Großen Kurfürsten, indem er an der Ostsee Preußen und Deutschland deu langumkämpsten festen Anteil sicherte und abschloß —"
2. „Der Krieg 1 8 6 6 mit seiner Lösnng von Österreich die des großen Königs —"
3. „Der Deutsch-französische Krieg in seiner Abrechnung mit Frankreich wie in seiner Vollstreckung des nationalen Ideals die Erbschaft von 1813."
308. Welches ist die Entwickelung des Volksschulwesens in
der zweiten Hälfte des Is. Jahrhunderts?
1. Zwischen preußischer Staatsleitung und kirchlichen Parteien herrschte wechselseitiges Streben nach Einfluß und Aufsicht der Volksschule.
2. Minister von Raumer legte durch die vou Stiehl verfaßte« „Regulative" vom 1., 2. und 3. Oktober 1854 die Fundamentalsätze des Unterrichts fest.
3. Das Schulaufsichtsgesetz vom 11. März 1872 unterstellte • die Volksschule dem Staate.
4. Minister Kalk gab in den von Dr. Karl Schneider verfaßten „Allgemeinen Bestimmungen" vom 15. Oktober 1872 dem Volksschulwesen durch Beschränkung des Memorier-stosses und Betonung des Realienunterrichtes eine zeitgemäße Umgestaltung und Erweiterung.
5. Das Fürsorgegesetz vom 2. Juli 1900 versucht der Verwahrlosung Minderjähriger entgegenzutreten.
6. Die Lehrerbesoldung war wiederholt Gegenstand eingehender Debatten und erhielt 1897 ihre erste gesetzliche Regelung.
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Extrahierte Personennamen: Marcks Raumer Karl_Schneider Karl
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