Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Höhere Töchterschule
Geschlecht (WdK): Mädchen
Die neueste Zeit. 133
wurde. Endlich mußte sich auch die stolze Hauptstadt dem Sieger Beugen. Die Forts wurden geräumt und von den Deutschen besetzt, und nachdem in Versailles ein vorläufiger Frieden unterzeichnet worden war, rückte ein Teil der deutschen Armee am 1. März in Paris ein. Der endgiltige Friede wurde am 10. Mai in Frankfurt am Main abgeschlossen. Frankreich trat Elsaß und Deutschlothringen mit Metz an Deutschland ab und mußte eine ungeheure Summe für Kriegskosten bezahlen. Die Frucht des Krieges war aber nicht nur die Wiedergewinnung dieser alten deutschen Landschaften, sondern auch die Gründung des deutschen Reiches. Schon am 17. Januar erklärte König Wilhelm in Versailles, daß er die ihm von den Fürsten und freien Städten einmütig angetragene Würde eines erblichen deutschen Kaisers annehme, und so fand denn Deutschland durch diesen glorreichen Krieg die lang ersehnte Einigung.
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm
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Geschlecht (WdK): Mädchen
Die neue Zeit bis zur französischen Revolution. 93
folgte ihm sein Sohn Ferdinand Iii. — Bernhard von Weimar 1637 schlug den Führer der Liga, Johann von Werth, und ging bis mit dem Plane um, sich im Elsaß ein eigenes Reich zu gründen. lb3‘-Da starb er plötzlich, vielleicht durch französisches Gift, denn Richelieu nahm fofort Besitz vom Elsaß. Die französischen Heere unter (Sonde und Turenne, sowie das schwedische unter Bauer kämpften fast überall glücklich; namentlich aber war es der gicht-kranke, schwedische General Torstenfon, der durch die Schnelligkeit feiner kriegerischen Unternehmungen Bewunderung erregte und die Kaiserlichen bei Leipzig entscheidend schlug. Nach ihm war Wrangel der fähigste, schwedische Heerführer. Schon hatte der schwedische General Königsmark die Kleinfeite von Prag erobert, als endlich das lang ersehnte Wort Friede! erscholl. —
Die Friedensunterhandlungen dauerten schon Jahre lang in Osnabrück und Münster und wurden erst 1648 beendigt. Der westfälische Friede überlieferte Elsaß an Frankreich; Vorpommern mit Rügen, Wismar, Bremen und Verden fielen an Schweden. Hinterpommern, Magdeburg, Halberstadt, Minden und Kammin wurden Brandenburg zuerkannt; Baiern behielt die Oberpfalz samt der Kurwürde, die Unter- oder Rheinpfalz aber erhielt der Sohn Friedrichs V. nebst einer neuen, achten Kurwürde; die Selbständigkeit der Schweiz wie der Niederlande wurde bestätigt. — Die einzelnen Landesfürsten erhielten unbeschränkte Souveränität, wodurch das kaiserliche Ansehen vollends zu einem Schatten Herabfant Für den Besitzstand der geistlichen Güter wurde das „Normaljahr" 1624 angenommen.
Deutschlands Zustand nach diesem unseligen Kriege war entsetzlich. Deutsche Länder waren verloren, Deutschland war entvölkert und verwüstet, Handel und Industrie waren vernichtet, französische Bilduug und Sitten wurden überall herrschend.
Zweite Periode.
Bis zur französischen Revolution 178 9.
§.82. Ludwig Xit.
Nach Mazarins Tode riß Ludwig Xiv. die ganze Gewalt an 1643 sich (L’etat c’est moiq und umgab sich mit Männern, die nur bis^ feinen Willen vollzogen und kein höheres Ziel kannten, als fernen 1715. Ruhm und Glanz zu mehren. Colbert hob durch Förderung der Industrie und des Handels den Wohlstand des Landes, Louvois war ein geschickter, aber rücksichtsloser Kriegsminister, Turenne, Conde und Luxembourg waren vortreffliche Feldherren, und Vauban verwandelte die eroberten Städte in starke Festungen. Ludwigs Hof zu Versailles entfaltete eine unerhörte Pracht und wurde als Muster des Geschmacks, der feinen Bildung und vor-
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Extrahierte Ortsnamen: Leipzig Osnabrück Frankreich Wismar Schweden Hinterpommern Magdeburg Halberstadt Minden Brandenburg Rheinpfalz Niederlande Deutschlands Deutschland Ludwigs_Hof Versailles
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Die neue Zcit bis zur französischen Revolution. 95
Friedrich Wilhelm da und brachte ihnen Lei Fehrbellin eine 1675. entscheidende Niederlage bei. — Als auch England, mit dessen Könige Karl Ii. Ludwig bisher im Bunde gewesen 'war, gegen ihn aufzustehen drohte, schloß Ludwig Xiv. den Frieden zu Nymwegen (1678), durch welchen Holland, wo Wilhelm Iii. von Oranien Statthalter geworden war, gar nichts, Spanien dagegen die Franche-Comte und das deutsche Reich Freiburg verlor. Auch der große Kurfürst mußte alle in Pommern gemachten Eroberungen den Schweden zurückgeben.
Ludwigs Übermut kannte nun keine Grenze mehr. Er errichtete Gerichtshöfe, um zu untersuchen, welche Gebietsteile irgend einmal mit den Gebieten zusammengehangen hatten, die ihm in den letzten Friedensschlüssen abgetreten worden waren.
Diese sollten dann ebenfalls an Frankreich fallen. Und so besetzte denn Ludwig mitten im Frieden nach den Entscheidungen dieser sogenannten Reunions-Kammern eine Menge Städte aus dem linken Rheinufer, darunter auch die freie Stadt Straß-burg (1681).
Der Kaiser mußte unthätig diesen Gewaltstreichen zusehen, weil in Ungarn ein Aufstand ausgebrochen war, welcher von den Türken unterstützt wurde. Sengend und brennend rückten diese abermals bis Wien vor (1683). Aber heldenmütig wurde dieses von Rüdiger von Staremberg so lange verteidigt, bis der Polenkönig Sobieski, unterstützt von Reichstruppen, zum Entsätze herbeieilte und den türkischen Großwesir Kara Mustapha unter großen Verlusten zurückschlug. — Nun drangen die österreichischen Feldherren Prinz Engen von Savoyen und Karl von Lothringen in das türkische Gebiet ein und erzwangen im Frieden von Earlowitz die Abtretung alles Landes zwischen Donau und Theiß.
Bald darauf kam es zu einem dritten Kriege mit Ludwig, weil dieser für seiye Schwägerin, die Herzogin von Orleans, Ansprüche auf die Rheinpfalz erhob, weshalb dieser Krieg auch der orleanssche ober pfälzische Krieg heißt. (1688—97.)
Die Franzosen fielen in die deutschen Grenzlänber ein und hausten darin wie Räuberhorden, denn nach Louvois' teuflischem Plane sollte zwischen Frankreich und Deutschland eine Wüste geschaffen werden. Vom Haardtgebirge bis zur Nahe rauchten Städte und Dörfer, Heidelberg (Heidelberger Schloß), Worms, Speier und Mannheim sanken in Asche! — Die Niederlande und England, welche beide bamals benselben Herrscher, Wilhelm Iii., hatten, Spanien und Savoyen traten dem Kriege gegen Frankreich bei.
Aber Luxembourg siegte wieberum auf allen Kriegsschauplätzen; nur zur See erlitten die Franzosen eine Nieberlage bei La Hogue in der Normandie. Ludwig wünschte endlich wegen eigener Erschöpfung den Fneben, der auch zu Ryswick in Holland zu
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Karl_Ii Karl Ludwig Ludwig_Xiv Ludwig Wilhelm Ludwigs_Übermut Ludwigs Ludwig Ludwig Polenkönig_Sobieski Kara_Mustapha Karl_von_Lothringen Karl Ludwig Ludwig Heidelberger_Schloß Wilhelm Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Fehrbellin England Holland Spanien Freiburg Pommern Schweden Frankreich Ungarn Wien Staremberg Earlowitz Donau Rheinpfalz Frankreich Deutschland Heidelberg Worms Mannheim Niederlande England Spanien Frankreich La_Hogue Holland
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Uv Die neueste Zeit.
1799. Gewaltstreich geschah am 18. Brumaire (9. Nov.), und Napoleon Bonaparte nahm hierauf als erster Consul die Regierung in seine Hand.
L. Napoleon Bonaparte.
§• 97. Der Gonsul Monaparte.
1798 Die zweite Koalition, welche sich während Bonapartes 17qq Spedition nach Ägypten bildete, bestand aus England Österreich, Rußland und der Türkei, während Friedrich Wilhelm in. von Preußen sich neutral hielt. Der Krieg wurde in Deutschland, in Italien, in der Schweiz und in den Niederlanden zugleich geführt. Die in Deutschland eindringenden Heere schlug Erzherzog Karl bei Stockach über den Rhein zurück. Die Russen und Österreicher unter Suwaroff eroberten die cisalpinische Republik. Nachdem die Franzosen in der blutigen Schlacht bei Novi entscheidend geschlagen worden waren, blieb ihnen von Italien nur noch Genua übrig, denn auch der Kirchenstaat wurde von den Österreichern wieder hergestellt, und der König von Neapel kehrte in sein Reich zurück, wo er die republikanisch Gesinnten unter den größten Grausamkeiten verfolgte. Als aber die Russen bei Zürich, von den Österreichern nicht unterstützt, geschlagen wurden, rief Kaiser Paul seinen Feldherrn Suwaroff zurück. (Suwaroffs berühmter Rückzug.) Da erschien der Consul Bonaparte auf dem Kriegsschauplätze in Italien, nachdem er den großen St. Bernhard überstiegen hatte. (Mai 1800.) Sein Sieg bei Marengo erhöhte seinen Ruhm, und nachdem auch Moreau bei Hohenlinden die Österreicher 1801. geschlagen hatte, kam es zum Frieden zu Luneville, in welchem Frankreich das linke Rheinufer und Italien bis zur Etsch erhielt. Die deutschen Fürsten entschädigte Bonaparte für ihre linksrheinischen Verluste durch säkularisierte Kirchengüter und aufgehobene oder mediatisierte Reichsstädte, von denen nur noch sechs bestehen blieben. (Hamburg, Lübeck, Bremen, Frankfurt a. M., Nürnberg und Augsburg.) — Nachdem auch die übrigen Mächte von der Koalition zurückgetreten waren, schloß zuletzt England den Frieden zu Amiens (1802). Doch war derselbe nur von kurzer Dauer. Schon nach Ablauf eines Jahres erklärten die Engländer von neuem den Krieg.
Am Hofe des ersten Cousuls in den Tuilerien sah man bald wieder die ehemaligen Trachten und Formen, die alte Etikette und Eleganz der königlichen Zeit. Die geselligen Gaben - und feinen Umgangsformen seiner Gemahlin Josephine und seiner Schwestern unterstützten ihn dabei. Viele Emigranten kehrten zurück und wurden mit Gunsterweisungen überhäuft. Frau von Stael, Neckers Tochter, versammelte wieder wie in früherer
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Gonsul_Monaparte Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Karl Karl Paul Bernhard Marengo Josephine von_Stael Neckers
Extrahierte Ortsnamen: England Deutschland Italien Schweiz Niederlanden Deutschland Stockach Rhein Italien Genua Neapel Italien Frankreich Italien Hamburg Bremen Frankfurt Nürnberg England Amiens
241
„Nun, Fritz, werde was Tüchtiges. Es wartet Großes auf dich. Ich bin
am Ende meiner Laufbahn und mein Tagewerk ist bald vollendet. Ich fürchte,
nach meinem Tode wird es Pèle mêle (drunter und drüber) gehen. Ueberall
liegen Gährungsstoffe, und leider nähren sie die regierenden Herren, vorzüglich in
Frankreich, statt sie zu beruhigen und auszurotten. Die Masten fangen schon an,
von Unten auf zu drängen, und wenn dies zum Ausbruche kommt, ist der Teufel
los. Ich fürchte, Du wirst mal einen schweren bösen Stand haben. Richte Dich
darnach ein, rüste Dich! Wache über unsere Ehre und unsern Ruhm! Halte es
stets mit dem Volke, daß es Dick liebe und Dir vertraue; darin allein kannst
Du stark und glücklich sein. Vergiß diese Stunde nicht!"
Was der alte Seher gesagt, hat sich erfüllt. In den Jahren
1792 bis 1795 nahm Friedrich Wilhelm an den Feldzügen gegen
Frankreich und Polen Theil, und zeichnete sich durch Tapferkeit und
Unerschrockenheit aus. Er war schon als Kronprinz der Liebling des
Volkes, und alle Blicke ruhten hoffnungsvoll auf ihm und seiner, seit
dem 24. Dezember 1793 ihm vermählten, schönen, deutschgesinnten,
edlen Gemahlin Luise, geb. am 10. März 1776, Prinzessin von
Mecklenburg-Strelitz, die einen Theil ihrer Jugendzeit auf dem Schlöffe
Broich bei Mülheim an der Ruhr verlebte, wo man auch noch gar
viel Schönes von der Herzensgüte Luisens erzählt.
Dort Luise schwebte Preußen gab die Krone
Über Wiesengrün, Gern Luisen hin;
Und sich Kränze webte, Und auf hohem Throne
Die hier nie verblühn. Strahlt die Herrscherin.
Nichts Schöneres war zu sehen, als die in Liebe und Treue
glückliche königliche Familie im gar einfachen, stillen, häuslichen Kreise.
In einer gar bösen, schlimmen Zeit, am 16. November 1797, bestieg
Friedrich Wilhelm den Thron seiner Väter, und fand 49 Millionen
Thaler Landesschulden. Preußen hatte seit 1795 Frieden, und der
König suchte denselben zu erhalten, um seinem Lande wohlzuthun
und die Landesschulden zu decken; Ordnung und weise Sparsamkeit
machten es möglich, daß von 1797 bis 1806 über 23 Millionen
Thaler der Schulden getilgt und an 26 Millionen Thaler für Kirchen
-und Schulen, für Kanäle und Kunststraßen rc. verwandt wurden.
Durch den Frieden zu Lüneville (9. Februar 1801) behielt
Frankreich alle Länder bis an den Rhein, wobei Preußen auf dem
linken Rheinuser 46 d> Meilen aufgeben mußte, für die ihm durch
den Reichsdeputations-Hauptschluß vom 25. Februar 1803 (nach dem
Baseler Friedensschlüsse von 1795) die in weltlichen Besitz umgewan-
delten (säcularisirten) bisherigen geistlichen Hochstifter Hildesheim und
Paderborn nebst einem Theile von Münster, zusammen 240 ^ Meilen
mit einer halben Million Einwohner zuerkannt wurden. Der fried-
liebende König beachtete die strengste Neutralität (Parteilosigkeit), die
Napoleon dadurch verletzte, daß er (1805) seine Armee durch das preu-
ßische Gebiet Ansbach ziehen ließ, um schneller auf dem Kampfplatz zu sein.
Nachdem nun Napoleon Österreich behindert und geschwächt und
durch den Rheinbund den Zusammensturz des deutscben Reiches
herbeigeführt hatte (1806), erklärte König Friedrich Wilhelm Iii.,
Ha esters' Lesebuch für Oberkl. evangel. Volkssch. lg
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Extrahierte Personennamen: Fritz Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Luise Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Napoleon Napoleon Friedrich_Wilhelm_Iii Friedrich Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreich Polen Mecklenburg-Strelitz Mülheim Luisens Frankreich Rhein Rheinuser Hildesheim Paderborn Rheinbund
285
tie Reise durch die ganze Welt. Die Franzosen wirken aber auch
Gold- und Silberstoffe, Tressen, prächtige und kunstreiche Ta-
peten, eine große Menge Wollen- und Baumwollenzeuge u. s. f.
Und wie viele andere Galanterie- und Modewaaren verfertigen
und verkaufen nicht die Franzosen? Die Pariser Modewaaren sind
in den Kaufläden aller Länder zu finden.
Der Bergbau will aber in Frankreich weit weniger besagen als
bei uns in Deutschland; denn der Metallreichthum ist — außer
dem Eisen — nicht groß. Den Ertrag der Steinkohlen schätzt
man auf 16 Millionen Centner jährlich, und doch muß eine noch
größere Quantität für dm Bedarf der vielen und großartigen Fabriken
aus England eingeführt werden.
Paris (an der Seine), die Weltstadt, mit 30,000 Häusern, 1150
Straßen, 300 Kirchen, 25 Hospitälern (Krankenhäusern) und 20 großen
und kleinen Theatern, 11 überbauten Märkten (Hallen), ist die
Hauptstadt Frankreichs. Sieben bis acht Stunden hat diese
große Stadt im Umfange, und fast zwei Millionen Menschen
wohnen und leben hier. Wie es in den mitunter engen und
krummen Straßen wimmelt von geputzten Herren, Damen und
Soldaten; von prächtigen Kutschen und Karossen; von schmutzigen
Wasserträgern und Schuhputzern, von fleißigen Einwohnern, wie von
Faulenzern und Bettlern; von ehrlichen Leuten, wie von Betrügern
und Diebsgesindel! Obwohl Paris im Allgemeinen unregelmäßig ge-
baut ist und eine nicht kleine Anzahl krummer und enger Straßen
enthält; so findet man daselbst doch auch viele neu angelegte, breite,
schöne und höchst regelmäßige Straßen mit den stattlichsten und groß-
artigsten Palästen besetzt, unter denen gar manche wahre Wunder der
- Baukunst sind.
Die Pariser selbst sind ein unruhiges und höchst reizbares Volk,
und was in großen, wichtigen Augenblicken die Bevölkerung von Paris
thut und beschließt, heißt stets das ganze große Frankreich gut. Daher
ist der Ausspruch entstanden: Paris ist Frankreich! Nach Paris
sind die bedeutendsten Städte Frankreichs: Lyon — Bordeaux (spr.
Bordoh) - Marseille (spr. Marsällst) und Straßbura mit seinem
herrlichen Münster — Nantes — Orleans — Calais (spr.
Kalläh) — Versailles (spr. Verfällst). — Straßburg war die
Hauptstadt des einst zu Deutschland gehörenden Elsasses, und wurde
1681 von Ludwig Xiv. mitten im Frieden dem deutschen Reiche
entriffen, wie auch Lothringen mit der Hauptstadt Metz an der
Mosel.
Die Mehrzahl der Bevölkerung Frankreichs (J/9 derselben) ist
katholisch. — 3u Frankreich gehört auch die Insel Corsrea mit
der Stadt Ajaccio (spr. Ajatscho), wo Napoleon I. geboren.
Wiederholungsfragen ¡ —
Zeichnen und Beschreihen! —
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Xiv Ludwig Napoleon_I.
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Deutschland England Paris Frankreichs Paris Paris Frankreich Paris Frankreich Paris Frankreichs Lyon Marseille Versailles Deutschland Elsasses Lothringen Frankreichs Frankreich Ajaccio
15
zahlreich gezogenen Schweinen kommen die berühmten westphälischen
Schinken. Der südliche Theil der Provinz ist der Distrikt der
Fabriken, besonders in Metallwaaren. Da giebt es Thäler, in
denen sich Eisenhämmer, Schleifmühlen und andere derartige Ge-
bäude Meilen lang hinziehen. Denn das Mineralreich liefert Eisen,
Blei, Kupfer, Galmei, Kalk und andere Steinarteu, Stein-
kohlen in großer Menge, Torf und Salz. — Auch an mineralischen
Heilquellen — deren Wasser in gar vielen Krankheiten zum Trinken
und Baden benutzt wird — fehlt es in Westphalen nicht. Die Bäder
zu Driburg und Lippspring waren schon in frühern Zeiten bekannt.
In der neuern Zeit aber ist das Bad Oeynhausen (spr. Öhuhausen)
bei Rehme im Regierungsbezirk Minden berühmt geworden. Bemer-
kenswerth sind die Bohrversuche, welche hier angestellt worden sind, um
Steinsalz aufzufinden. Bis zu einer Tiefe von 2,220 Fuß ist man mit
dem Erdbohrer in die Erde eingedrungen. Steinsalz hat man zwar
nicht gefunden, aber die Mühe ist doch nicht unbelohnt geblieben; denn
aus dem Bohrloch sprudelt eine warme Salzquelle hervor, deren
Heilkraft die Veranlassung wurde, dort im Jahre 1845 eine Bade-
anstalt zu errichten, welche immer mehr von Kranken besucht wird. —
In der Nähe des Bades Oeynhausen liegt die Saline Neusalz-
werk. Das bedeutendste Salzwerk Westphalens aber ist die Saline
Königsborn bei Unna; sie lieferte im Jahre 1654 über 6000
Lasten Salz (1 Last sind 4000 Pfd.).
Die Hauptstadt der Provinz Westphalen ist Münster, der Sitz
des Oberpräsidenten und des Bischofes der Diöcese Mün-
ster. Außer einem schönen Dom hat die Stadt mehrere herrliche
Kirchen, eine Akademie, ein Priester-Seminar, ein Lehre-
rinnen-Seminar und andere höhere Lehranstalten. Zu den vielen
Merkwürdigkeiten dieser Stadt gehört der Saal auf dem Rathhause,
worin im Jahre 1648 der jammervolle 30jährige Krieg durch
den Abschluß des westphälischen Friedens beendigt wurde. Die
übrigen bedeutendsten Städten der Provinz sind: die Festung Min-
den mit lebhaftem Handel und Schifffahrt auf der Weser — Bie-
lefeld mit bedeutendem Leinwandhandel — Paderborn, Sitz des
Bischofes der Diöcese Paderborn, mit einem Priester- und
einem Lehrerinnen-S eminar — Soest (spr. Sohst), in einer
sehr fruchtbaren Gegend gelegen — Dortmund und Bochum mit
bedeutenden Steinkohlenbergwerken — Iserlohn und Hagen mit vie-
len Stahl-, Eisen- undmessingwaaren-Fabriken — Siegen mit bedeuten-
den Eisengruben und Eisen- und Stahlwaaren-Fabriken —
und die Regierungsbezirks-Hauptstadt Arnsberg an der Ruhr. In
Büren und Langenhorst befinden sich katholische Lehrer-
Seminare. —
Das Weftphalenland erinnert uns an wichtige Begebenheiten aus
frühern Zeiten. Der Hermannsschlacht im teutoburger Walde
und des westphälischen Friedens in Münster ist schon gedacht
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38
brechen, werden unter dem Vorsitze königlicher Richter vor Schwur-
gerichten verhandelt, welche aus unbescholtenen Bürgern bestehen, die
Geschworene genannt werden. Die Geschworenen haben nach Fest-
stellung des Thatbestandes über den eines Verbrechens Angeklagten
ihr „Schuldig odernichtschuldig" auszusprechen, worauf alsdann die
richterliche Verurtheilung oder Freisprechung erfolgt. Zur Auf-
bewahrung der verurtheilten Verbrecher dienen die Zuchthäuser. —
Die Obrigkeit im Staate soll dem Unrecht, dem Bösen, wehren
und bildet daher den Wehrstand im weitern Sinne; aber der Wehr-
stand im eigentlichen Sinne ist die bewaffnete Macht, das Mili-
tari, die ^rrnee oder das Kriegsherr, welches aus dem stehenden
Heere, die Linie genannt, aus der Landwehr und dem Land-
sturm besteht. Jeder wehrhafte Preuße ist zum Kriegsdienste ver-
pflichtet, und gehört vom 20. bis zum 25. Lebensjahre zum stehen-
den Heere, vom 25. bis zum 40. Jahre zur Landwehr und
vom 40. bis zum 50. Jahre zum Landsturm. Das Kriegsheer ist
dazu da, den Staat gegen Angriffe äußerer Feinde, sowie gegen
Aufruhr und Empörung im Innern zu schützen.
6. Ihrer Religion nach sind die Bewohner des preußischen Staates
Christen; doch leben zerstreut unter diesen auch etwa 211,000 Juden,
von denen die meisten in den östlichen Provinzen, besonders in
der Provinz Posen wohnen. Die Christen unterscheiden sich nach
dem Bekenntnisse ihrer Religion in Katholiken und Evan-
gelische. Die Mehrzahl, fast 3/s der Bevölkerung, bekennt sich zur
evangelischen, und 2/5 zur katholischen Religion. Die Pro-
vinzen Schlesien, Sachsen, Brandenburg, Pommern und Preu-
ßen sind meist von Evangelischen, dagegen die Provinz Posen,
Westphalen und die Rheinprovinz überwiegend von Katholiken
bewohnt. Die Katholiken stehen unter ihren zwei Erzbischöfen
von Köln und Posen-Gnesen, unter ihren Leiden Fürstbischöfen
von Breslau und Ermeland, und unter ihren vier Bischöfen zu
Trier, Münster, Paderborn und Culm, von denen der letztere
dem Erzbischof von Posen-Gnesen, und die drei erstem dem
Erzbischof zu Köln untergeordnet sind. —
7. An der Spitze des preußischen Staates steht ein weiser und
mächtiger Fürst, der König von Preußen: Friedrich Wilhelm Iv.,
geb. am 15. Oktober 1795, vermählt mit Elisabeth von Baiern.
Der König hat seinen Sitz oder seine Residenz in Berlin, und darum ist
diese Stadt die Haupt- und Residenzstadt Preußens. — Weil der
König nicht überall persönlich gegenwärtig sein, und einen so großen
Staat, wie Preußen, nicht allein verwalten, regieren kann: so sind
die in der vorhergehenden Darstellung genannten Veranstaltungen
und Beamten des Staates nöthig, welche alle ihre Amtsgewalt im
Namen des Königs ausüben. Unter dem Könige stehen als die höchsten
Staats-Beamten die Minister: der Minister des Innern —
der Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm_Iv. Friedrich Wilhelm_Iv.
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen Brandenburg Pommern Breslau Paderborn Baiern Berlin
77
sich über 1250°* und gewährt eine herrliche Aussicht über Elsaß und
Baden mit dem zwischen beiden sich hinschlängelnden Silberbande
des Rheines; östlich reicht der Blick bis zum Schwarzwald, südlich
bis auf die Alpen der Schweiz. Wer von euch einmal eine Fahrt
auf der Eisenbahn durch das Elsaß nach der Schweiz macht, der kann
sich überzeugen, wie malerisch-schön die Vogesen in hervorragenden
Felsenklippen und gestreckten Bergrücken längs der ganzen Westgrenze sich
hinziehen, wie sie mit Wäldern und Burgruinen geschmückt sind und
an Großartigkeit dem gegenüberliegenden Schwarzwald nicht nachstehen.
Elsaß ist ein gesegnetes Land, ebenso fruchtbar am Rheine, als
schön und blühend nach den Vogesen hin. Acker-, Wiesen-, Ge-
müse-, Wein-, Obst-, Hopfen-, Hanf-, Tabaksbau und Vieh-
zucht gedeihen hier vortrefflich. Eine bedeutende Fläche nimmt aber der
Wald ein, der fast den dritten Theil des Landes bedeckt. Die Forsten
im Elsaß sind sehr schön und einträglich. Roch auf den höchsten Gipfeln
der Vogesen bildet die Buche dichte Wälder; weiter unten folgen Fichten
und Tannen, dann Buchen und Nadelholz gemischt, endlich am Fuße
des Gebirges die verschiedensten Laubhölzer: Eichen, Buchen, Ulmen
und Kastanien durch einander. — Der Hauptstuß des Elsaß ist der
Rhein, über welchen bei Kehl eine prachtvolle Eisendahnbrücke
nach Baden führt. Die bedeutendsten Nebenflüsse des Rheines sind
die Jll und die Lauter, von welchen letztere die Grenze zwischen
Elsaß und Rheinbayern bildet. Wichtig für die Schifffahrt ist der
Rhone-Rhein-Kanal, der sich bei Straßburg mit der Jll verbindet.
Lothringen, nordwestlich vom Elsaß bis in das Moselgebiet
sich erstreckend, ist ein von tiefen Thätern durchschnittenes, fruchtbares
Berg- und Hügelland. Es liefert reichlich Getreide, Hanf und
Flachs, Wein, Gemüse und Obst, Steinkohlen und Eisen
und besitzt ausgezeichnete Salz- und Mineralquellen. Die Mosel
und die Saar sind die Hauptwasserstraßen Lothringens.
Die Hauptstadt von Elsaß ist Straßburg, „die wunder-
schöne Stadt", wie sie im Volksliede genannt wird*). Bis zum
Jahre 1681 freie deutsche Reichsstadt, ist Straßburg jetzt eine starke
Festung und bedeutende Handelsstadt mit über 85,000 Einwohnern.
Sie ist der Sitz des kaiserlichen Oberpräsidenten von Elsaß-
Lothringen, eines katholischen Bischofs und einer Universität.
Straßburg liegt an der Jll, etwa eine halbe Stunde vom Rhein, mit
welchem es durch einen schiffbaren Kanal verbunden ist. Außerdem ist die
Stadt durch eine die ganze Länge des Landes durchziehende Eisenbahn
mit den bedeutendsten Städten in der Nähe und Ferne in Verbindung
gefetzt. Die größte Merkwürdigkeit Straßburgs ist das weltberühmte
Münster, nächst dem Dom zu Köln das herrlichste Denkmal deutscher
Baukunst, mit einem 153°* hohen Thurm. Im Innern des Münsters
befindet sich eine berühmte, kunstvoll gearbeitete Uhr, welche beim Schlage
der Stunden eine Menge Figuren in Bewegung setzt und um 12 Uhr
*) Siehe Erste Abschnitt Iv. Lieder Nr. 22.
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Mittags und Nachts einen künstlichen Hahn krähen läßt. Der Bau
des Straßburger Münsters begann unter dem Meister Erwin von
Steinbach im Jahre 1276 und wurde vollendet durch den Meister
Johann Hülz von Köln im Jahre 1439. — Die bedeutendste
Fabrikstadt des Elsaß ist Mülhausen, an der Jll, mit 52,000
Einwohnern. Es liefert Seiden-, Baumwollen- und Wollen-
zeuge und besitzt großartige Zeugdruckereien, Färbereien und
Bleichen. Auch die Fabrikation in Metallwaaren und Leder-
arbeiten ist sehr bedeutend. — Fast in der Mitte zwischen Straß-
burg und Mülhausen liegt in einer sehr schönen Gegend Colmar,
früher freie deutsche Reichsstadt, jetzt Hauptstadt des Bezirks Ober-
Elsaß, mit 24,000 Einwohnern. Nordwestlich von Straßburg, am
Fuße der Vogesen, liegt in schöner Gegend die Stadt Zabern, mit
6000 Einwohnem. Von hier führt ein schlangenförmig angelegter Weg,
die „Zaberner Stiege", mit 17 verdeckten, gemauerten Brücken
über die Vogesen nach Lothringen. Auch die Eisenbahn, welche,
von Straß-burg kommend, hier die Vogesen überschreitet, hat bedeutende
Brücken, Dämme, Tunnels und Viadukte. Außer diesen Städten
können hier nur noch genannt werden: Hagenau, durch seinen herrlichen
Wald, den „Hagenauer Forst", die reichste Stadt im Elsaß, mit
11,000 Einwohnern — Bischweiler, mit einträglichem Hopsenbau, be-
deutenden Tuchfabriken und 10,000 Einwohnern — und die Festungen
Schlettstadt, mit 11,000 und Neubreisach, mit 2000 Einwohnern.
— Bei den Städtchen Weißenburg und Wörth erfochten die deut-
schen Heere am 4. und 6. August 1870 die ersten Siege über die Fran-
zosen, wovon ihr in der vaterländischen Geschichte mehr erfahren werdet. —
Die Hauptstadt von Lothringen, Sitz eines katholischen
Bischofs, ist die alterthümliche Stadt und starke Festung Metz, an
der Mosel, über welche hier 14 Brücken führen. Unter den Kirchen der
Stadt zeichnet sich der großartige Dom aus. Als freie deutsche Reichsstadt
war Metz vom 11. Jahrhundert an von der größesten Bedeutung und
konnte sich an Macht, Reichthum und Glanz mit Frankfurt, Augs-
burg und Aachen vergleichen. Die glänzendsten Tage feierte die
Stadt und Bürgerschaft um Weihnachten des Jahres 1356, als der
deutsche Kaiser Karl Iv. hier den großen und berühmten Reichstag
abhielt, auf welchem die „goldene Bulle", ein Reichsgrundgesetz
über die Kaiserwahl und die Rechte der Kurfürsten, verkündigt wurde*).
Jetzt hat die Stadt Mer 51,000 Einwohner und besitzt bedeutende
gewerbliche Anstalten: zahlreiche Gerbereien, Glasmalereien,
Waffen-, Leinwand-, Flanell-, Seidenplüsch-, Hut- und
Blumensabriken. Daß nach drei siegreichen Schlachten, am 14.,
16. und 18. August 1870, die deutschen Heere eine französische Armee
in Metz eingeschlossen und am 27. Oktober gefangen genommen haben,
wird euch in der vaterländischen Geschichte ausführlicher erzählt. —~
*) Siche Erster Abschnitt Iv., S. 235.
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Extrahierte Personennamen: Erwin_von
Steinbach Johann_Hülz Johann August Metz Karl_Iv Karl August