Autor: Ehrlich, Carl Gotthilf, Frenzel, Franz Christoph
Sammlung: Realienbuecher vor 1871
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
397
' / - , - . ' ~v'
ander verbunden werden, als: Sachsen-Weimar,
Hessen - Cassel/ oder zwei Gattungsnahmen durch ei-
nen Erklärungsbegriff; Fürst-Bischof, (der Fürst
und der Bischof), kaiserlich - königlich ; desgleichen irr
drei,und mehrfach zusammengesttzten Wörtern r Ober-
Bergrath, General-Feld-Zeugmeister, Reichs-
General - Feldmarschall, Ober - Land - Jäger-
meister, und wenn von mehreren auf einander fol-
genden Zusammensetzungen der letzte Theil des Worts
in dem ersten wegbleibt: Ober- und Untergewchr,
das Hinter- und Vordertheil, drei-vier- und
mehrfach.
C. Von den im Schreiben üblichen Zeichen.
Die Schretbzeichen sind zur Verständlichkeit der
Schriftsprache durchaus nothwendig. Sie heißen:
das Komma oder der Beistrich (,)
das Semikolon oder der Strichpunkt (;)
das Kolon oder der Doppelpunkt (:)
der Gchlußpunkt (.)
das Fragezeichen (?)
das Ausrufungszetchen (!)
der Einschluß oder die Parenthese ( ) []
der Gedankenstrich (—)
das Zeichen einer abgebrochenen Rede (---
oder ...)
das Anführungszeichen (»»)
der Apostroph oder Oberstrich, ( ')
das Binde- und Theilungszeichen (- )
Das Komma unterscheidet die kleinern Glieder
eines Satzes, und stehet:
r. Vor und nach einem eingeschobenen Worte oder
Sa-
TM Hauptwörter (50): [T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land]]
TM Hauptwörter (100): [T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T44: [Sachsen Provinz Preußen Königreich Hannover Bayern Staat Hessen Baden Land]]
TM Hauptwörter (200): [T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T144: [Stadt Frankreich Münster Straßburg Metz Mainz Elsaß Bischof Frieden Trier]]
212 Friedrich'- I. Kampf mit dem lombardischen Städtebunde.
vischen Völker in Pommern und Mecklenburg sein Gebiet bedeutend erweitert
und bevölkerte das Land durch Anbauer aus Brabant, Flandern und Deutsch-
land; er legte Bisthümer und Stifter an, setzte in diesen Ländern überall
Grafen und Richter ein, schuf Wälder und Sümpfe in fruchtbares Acker-
land um, und wurde so, indem er seine eigene Macht vergrößerte, Beför-
derer der Cultur in Norddeutschland. Er wollte aus seinen beiden Herzog-
tümern ein politisches Ganze bilden, was nicht möglich war, wenn nicht
die Gewalt der geistlichen und weltlichen Großen in denselben möglichst be-
schränkt wurde. Deshalb bot er Alles auf, um die sächsischen Bischöfe,
Fürsten und Grafen wieder zur Anerkennung der herzoglichen Gewalt zu
bringen. Allein diese vereinigten sich gegen ihn und fielen von allen Sei-
ten über ihn her (1166). Seine Hauptfeinde waren die Erzbischöfe Wich-
mann und Hartwich von Bremen, die Bischöfe Hermann von Hildesheim
und Conrad von Lübeck, die Markgrafen Albrecht der Bär von Branden-
burg und Otto von Meißen, der'pfalzgraf Albrecht in Sachsen und der
Landgraf Ludwig der Eiserne von Thüringen. Aber der Löwe ließ sich
durch ihre große Zahl nicht schrecken, sondern ließ als Sinnbild seines un-
erschrockenen Muthes vor seinem Residenzschlosse zu Braunschweig einen
großen, aus Erz gegossenen Löwen aufftellen. Dann brach er unerwartet
los, eroberte Bremen wieder, jagte den Bischof von Lübeck aus dem Lande
und verheerte Thüringen und das Erzstift Magdeburg mit Feuer und Schwert.
Voll Siegesfreude feierte er seine Vermählung mit der Königstochter von
England und war im Begriffe, auch seine übrigen Feinde zu demüthigen,
da wurde er nebst seinen Gegnern von dem aus Italien zurückgekehrten
Kaiser auf den Reichstag zu Bamberg (1168) geladen. Jeder mußte seine
Eroberungen herausgebcn und Frieden versprechen.
4. Als so die Ruhe wieder hergestellt war, ließ der Kaiser seinen
ältesten Sohn Heinrich zum römischen Könige wählen, obschon er erst fünf
Jahre zählte, und zu Aachen vom Erzbischof von Eöln krönen. Später
versorgte er auch seine übrigen vier Söhne mit Herrschaften. Friedrich er-
hielt das Herzogthum Schwaben, Cortrad die Güter des früh verstorbenen
Sohnes König Conrad's tll., Otto die Grafschaft Burgund, das Erbe sei-
ner Mutter, und Philipp, der noch sehr jung war, einige geistliche Güter.
Heinrich der Löwe, welcher nicht ruhen konnte, unternahm um diese Zeit
einen Zug in's gelobte Land, erreichte glücklich Jerusalem, und kehrte wohl-
behalten nach Deutschland wieder zurück.
5. Endlich im siebten Jahre seiner Anwesenheit in Deutschland konnte
der Kaiser seine Aufmerksamkeit wieder dem aufrührerischen Italien zuwen-
den, wo der kriegerische Erzbischof Christian von Mainz schon seit drei
Jahren gegen die Feinde des Kaisers kämpfte. Mit einem glänzenden
Heere unternahm Friedrich im Herbste des I. 1174 seinen fünften Zug
über die Alpen. Die Stadt Susa ließ er wegen des vor sieben Jahren
daselbst gegen ihn entworfenen Mordplanes in Asche legen und schritt dann
zur Belagerung der Festung Alessandria. Allein diese leistete ihm einen so
hartnäckigen Widerstand, daß er sieben Monate sie vergebens belagerte, wo-
hei Krankheiten und Ungemach jeglicher Art sein Heer bedeutend schwächten.
Unterdessen hatten die Lombarden ein bedeutendes Heer gesammelt, das ge-
gen Ostern (1175) zum Entsätze Alessandria's heranzog.
6. Da ließ der Kaiser am Grünendonnerstage seine Schaaren gegen
die Stadt anstürmen. Schon drangen seine Krieger durch einen unterirdi^
schon Gang mitten auf^dem Marktplatze der Stadt aus der Erde hervor,
aber der unterirdische Weg stürzte zusammen, die Emgedrungenen wurden
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TM Hauptwörter (200): [T97: [Heinrich Herzog Graf Erzbischof König Grafe Kaiser Stadt Herr Mainz], T171: [Heinrich Otto Herzog Kaiser König Friedrich Sohn Konrad Sachsen Schwaben], T144: [Stadt Frankreich Münster Straßburg Metz Mainz Elsaß Bischof Frieden Trier], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch]]
Extrahierte Personennamen: Hartwich Hermann_von_Hildesheim Conrad_von_Lübeck Albrecht Albrecht Otto_von_Meißen Otto Albrecht Albrecht Ludwig_der_Eiserne_von_Thüringen Ludwig Heinrich Heinrich Friedrich_er- Friedrich Otto Philipp Philipp Heinrich Christian_von_Mainz Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Pommern Brabant Flandern Norddeutschland Bremen Sachsen Magdeburg England Italien Bamberg Jerusalem Deutschland Deutschland Italien
214 Friedrich's I. Kampf mit Heinrich dein Löwen.
9. Am 1. August schloß Friedrich mit dem Papste einen Vergleich
ab, nach welchem er Alexander Hl. als Papst anerkannte und den Lom-
barden einen sechsjährigen Waffenstillstand bewilligte. Aber wahrend
der sechs Jahre sollte an einem dauerhaften Frieden ernstlich gearbeitet
werden. Dieser Vergleich war für den Kaiser vorteilhafter, als für
den Papst, da jenem auch die Nutznießung der Mathildischen Güter auf
noch fünfzehn Jahre überlassen wurde. Friedrich's Aussöhnung mit
dem Papste war aufrichtig und dauerhaft, der kaiserlichen Majestät hatte
er nichts vergeben. Bald nachher kehrte der Kaiser durch Burgund
nach Deutschland zurück, wo er den alten Kampf seines Hauses, den er
bisher vermieden hatte, nämlich den Kampf gegen die Welfen wieder
erneuerte.
§. 75, Friedrich's Kämpfe mit Heinrich dem Löwen, seine Aussöhnung mit den
Lombarden, sein Kreuzzug und Tod.
1. Nach Deutschland zurückgekehrt, ließ Kaiser Friedrich den Lö-
wen sofort (1191) seines Ungehorsams wegen auf einen Reichstag nach
Worms laden; aber dieser mochte sich seinen Gegnern nicht freiwillig
in die Hände liefern und erschien weder zu Worms, noch zu Magde-
burg und Goslar, wohin er darauf geladen wurde. Sobald die Fürsten,
eifersüchtig auf Heinrich's Macht und erbittert über sein herrfchsüchti-
ges Wesen, des Kaisers veränderte Gesinnung gegen den Welfen erkann-
ten, brachten sie eine Menge von Beschwerden gegen ihn vor und so
wurde derselbe auf dem Reichstage zu Würzburg (1180) als ein unge-
horsamer Vasall mit der Reichsacht belegt und aller seiner Lehen ver-
lustig erklärt. Und sofort griffen seine erbitterten Nachbaren und Geg-
ner, denen Theile des zerstückelten Herzogthums Sachsen zugesprochen
waren, zu den Waffen; allein der alte Löwe wehrte sich tapfer, fiel über
die kaiserliche Reichsstadt Goslar her, besiegte auch das Heer des Erz-
bischofs von Cöln, eroberte Halberstadt, steckte mehrere Städte, u. a.
Mühlhausen und Nordhausen in Brand, nahm den Bischof von Halber-
stadt und den Landgrafen von Thüringen gefangen, und kehrte mit rei-
cher Beute beladen nach Brauuschweig zurück. Da rückte der Kaiser
selbst mit einem großen Heere in Sachsen ein (1180) und eroberte in
wenigen Tagen die meisten festen Schlösser. Im folgenden Jahre er
neuerte Friedrich den Kampf und trieb den stolzen Herzog so sehr in
die Enge, daß er sich endlich, nachdem er von allen seinen Vasallen
verlassen war, genöthigt sah, um Gnade zu bitten.
Auf dem Reichstage zu Erfurt (Nov. 1181) umfaßte Heinrich
die Kniee des Kaisers und flehte um Gnade; dieser sprach bis zu Thrä-
nen gerührt: „Und dennoch bist du selbst das Werkzeug deines Un-
glücks!" gab ihm aber seine Herzogthümer nicht zurück, sondern ließ
ihm nur sein väterliches Erbe Braunschweig und Lüneburg. Zugleich
mußte Heinrich auf drei Jahre das Reich meiden. Die Zeit seiner
Verbannung brachte er bei dem Könige Heinrich Ii. von England, dem
Vater seiner Gemahlin Mathilde zu, wo sein dritter Sohn Wilhelm,
der Stammvater des noch jetzt in England, Hannover und Braunschweig
blühenden Herrscherhauses, geboren wurde. Mit dem Sturze Heinrich's
des Löwen, dessen Folgen sich bis auf die Gegenwart erstrecken, beginnt die
gänzliche Auflösung der alten Nationalherzogthümer und damit zugleich
die Vielherrschaft im deutschen Wahlreiche. Heinrich der Löwe ist als
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich August Friedrich Friedrich Alexander_Hl Alexander Heinrich_dem_Löwen Heinrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich_Ii Heinrich Mathilde Wilhelm Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Burgund Deutschland Deutschland Worms Worms Goslar Halberstadt Nordhausen Sachsen Erfurt Lüneburg England England Hannover
Friedrich I. schließt Frieden mit den Lombarden.
215
der letzte Fürst zu betrachten, der die Herzogtümer als geschlossene
Staaten betrachten wollte. Die Bischöfe erhielten in ihren Sprengeln
die herzogliche Gewalt und durften sich nun als völlig reichsunmittelbar
ansehen. Die Volksherzöge hören auf; sie sind nur die ersten Laien-
fürsten; die Völkerstämme verlieren sich in größern oder kleinern Ge-
folgschaften von geistlichen und weltlichen Herren.
1. Den östlichen Theil Sachsens, nämlich Ostfalen und einen Theil von Engern
erhielt als „Herzogthum Sachsen" Graf Bernhard von Anhalt, Sohn Albrecht's des
Löwen.
2. Den westlichen Theil des Hcrzogthums Sachsen, Westfalen und das westliche
Engern, erhielt der Erzbischof von Cöln als „Herzog von Westfalen."
3. Die dem sächsischen Herzoge früher untergeordneten wendischen Fürsten in
Pommern, Mecklenburg und Holstein wurden jetzt unabhängige Hcrzöge.
4. Eine fernere Folge der Zerstückelung Sachsens war, daß die Markgrafen
von Brandenburg, Thüringen, Meißen, welche bisher nicdergehalten waren, seit dieser
Zeit ihre ^>acht bedeutend ausdchnten.
5. Das Herzogthum Bayern wurde nicht so, wie Sachsen, zersplittert, sondern
zum größten Theile dem Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach verliehen, dessen Nach-
kommen noch jetzt in Bayern regieren.
6. Einige an Franken grenzende Districte Bayerns mit den Besitzungen an der
dalmatischen Meeresküste wurden an die Grafen von Andechs gegeben, die auch den
Titel „Herzoge von Meran" erhielten.
7. Der Graf von Tyrol und der Markgraf von Steiermark und Krain wurden
von Bayern ausgeschieden und wie Herzöge unmittelbar dem Kaiser untergeordnet.
Der Markgraf von Steiermark erhielt bald den Titel Herzog.
8. Biele Bischöfe, nämlich in Bayern die von Salzburg, Regcnsburg, Freisin-
gen, Passau, in Sachsen die von Magdeburg, Bremen, Paderborn, Halberstadt, Hil-
desheim und Minden bekamen die Gebiete, welche sie bis dahin als Lehen besessen hat-
ten, als Eigenthum.
9. Die größten Städte in Sachsen und Bayern wurden vom Kaiser zu freien
Reichsstädten erhüben, z. B. Regensbnrg, Lübeck — die ältesten Reichsstädte, die sich
urkundlich Nachweisen lassen.
3. Indessen war (1183) der sechsjährige, mit den Lombarden ge-
schlossene Waffenstillstand abgelaufen, und da weder der Kaiser, noch die
Lombarden große Lust hatten, den Krieg fortzusetzen; so erschienen auf
dem Reichstage zu Constanz Abgeordnete aller lombardischen Städte, um
den Frieden abzuschließen, welcher am 24. Juni 1183 daselbst unter-
zeichnet wurde. Die Städte behielten diesem Friedensschlüsse gemäß für
immer alle Regalien innerhalb ihrer Ringmauern, außerhalb derselben
aber nur die, welche ihnen verliehen waren; zweifelhafte sollten unter-
sucht werden. Alle Consnln und obrigkeitlichen Personen werden von den
Bürgern erwählt, aber von dem Kaiser mit ihrer Würde belehnt. Sie
sollten sowie die Vasallen den Lehnseid leisten. Desgleichen sollten alle
Bürger von siebzehn bis siebzig Jahren dem Kaiser Treue schwören,
und diese ^Huldigung alle zehn Jahre erneuern. Bei des Kaisers Ein-
tritte in Italien sollten ihm die Städte Wege unv Brücken im Stande
halten, und die Lebensmittel für ihn und sein Gefolge liefern, dagegen
versprach der Kaiser, keine Stadt durch langen Aufenthalt zu drücken.
So hatten die Lombarden fast Alles erreicht, was ihnen durch die ron-
calischen Gesetze (1158) abgesprochen war.
4. Voll Freude über die Wiederherstellung des Friedens in Deutsch-
land und Italien sowie mit dem Papste, veranstaltete Friedrich nach sei-
ner Rückkehr ans Italien ein glänzendes Reichsfest zu Mainz, wozu die
Ertheilung der Ritterwürde an seine beiden älteren Söhne die nächste
Veranlassung gab. Auf Friedrichs Einladung versammelten sich nämlich
TM Hauptwörter (50): [T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_I. Bernhard_von_Anhalt Cöln Otto_von_Wittelsbach Otto Biele_Bischöfe B._Regensbnrg Friedrich Friedrich Friedrichs Friedrichs
328
Die Wiedertäufer iu Münster.
welcher selbst mit Rothmann und seinen Genossen einverstanden war, gab
ausweichende Antworten, und suchte unterdepen die Vermittlung und den
Beistand des Landgrafen Philipp von Hessen nach. Inzwischen ging die
Reformation in der Stadt ihren Gang fort, so daß alle Kirchen mit neuen
Predigern besetzt wurden. Nach langen Verhandlungen mußte den Pro-
testanten freie Ausübung der evangelischen Religion (14. Febr. 1533) be-
willigt werden, sowie sechs Kirchen zu ihrem Gebrauche; der Dom mit den
übrigen verblieb den Katholiken. Der neue Fürstbischof hielt am 4. Mai
1533 seinen feierlichen Einzug in die Stadt, empfing die Huldigung und
verweilte einige Tage daselbst, während Festlichkeiten aller Art stattfanden.
Dann verließ er die Stadt und sammelte Truppen, um Münster von außen
zu bewältigen. Aber auch die Bürger rüsteten sich itnb befestigten die
Stadt. Jetzt legte sich der Landgraffphillpp von Hessen in's Mittel und
brachte einen Frieden zu Stande. Der Bischof gab nach, Rothmann durfte
bleiben, die Bürger gelobten wieder Gehorsam. Allein eine wahre Aus-
söhnung war unmöglich und der Parteihaß wurde bitterer.
5. Die Münsteraner nahmen jetzt die Wiedertäufer auf, welche gerade
damals aus den Niederlanden, wo sie hart verfolgt wurden, in Menge
auswanderten (Juli 1533). Unter andern fand sich bereits zu jener Zeit
der später so berüchtigte Johann von Leyden auf kurze Frist ein; den
24. November dieses Jahres aber trafen zwei, förmlich von Johann Mat-
thiesen, dem Haupte der Wiedertäufer in Nordholland und am Niederrhein,
abgesandte Apostel in Münster ein und predigten daselbst. Sie lehrten,
das tausendjährige Reich Christi sei völlig eingetreten, Gott werde in Kur-
zem alle Tyrannen von der Erde vertilgen, und erklärten endlich Münster
für das neue Jerusalem, von wo die tausendjährige Herrschaft Christi aus-
gehen werde. Am 13. Januar 1534 kamen abermals zwei Apostel an,
vom Propheten Matthiesen gesandt, Gerhard tom Closter und Johann
Bockelsohn aus Leyden, jener ein Buchbinder, dieser ein Schneider, welchen
endlich (25. Jan.) auch der Prophet Mattbiesen mit seiner Frau nachfolgte.
Noch einmal versuchte es der Magistrat, sich wieder Ansehen zu verschaffen,
indem er einige Häupter der Wiedertäufer zur Stadt hinauswies, aber sie
wurden vom Volke zum andern Thore wieder hereingebracht.
6. Am 8. Februar 1534 rannten Bockelson, Knipperdolling u. a.
wie wahnsinnig durch die Straßen der Stadt und schrieen: „Buße, Buße,
Buße!" Ihre Begeisterung theilte sich der Menge mit, überall standen
Propheten auf, sowie entzückte Mädchen, die den Himmel offen und die Engel
herabsteigen zu sehen meinten. Die Protestanten und Katholiken verschanzten
sich auf dem Ueberwasser- Kirchhofe und erwarteten Beistand vom Fürst-
bischöfe, da die Gegenpartei ihnen überlegen war. Allein durch die Vcrrä-
therei eines der Bürgermeister wurde Alles vereitelt. Die Stadt gewann
nun das Ansehen eines Tollhauses, dessen Bewohner sich selbst überlassen
sind. Die Weiber rannten wie Mänadeu durch die Stadt, warfen sich
kreuzweise auf die Erde, beteten, fluchten; sogar der Oberbürgermeister
Tilbek ließ sich nochmals taufen. Der Magistrat wurde geändert, Knipper-
dolling und Gerhard Kippenbrock wurden Bürgermeister. Sie eröffnetcn
ihr Amt mit einer Plünderung der Kirchen und Clöster; die Heiligenbilder
wurden mit Füßen getreten, auch die ausgezeichnete Bibliothek des gelehr-
ten Domherrn Rudolf von Lange wurde ein Raub dieser vandalischen Wuth.
Da viele Bewohner Münsters auswanderten, so wurde aller Pöbel aus den
benachbarten Städten nach Münster eingeladen und ihnen Ueberfluß an
irdischen und himmlischen Gütern verheißen.
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TM Hauptwörter (200): [T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T68: [Schweiz Zürich Kanton Bern See Stadt Genf Basel Schweizer Schwyz], T58: [Kirche Lehre Luther Schrift Bibel Gott Christus Bischof Papst Wort], T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land], T144: [Stadt Frankreich Münster Straßburg Metz Mainz Elsaß Bischof Frieden Trier]]
Extrahierte Personennamen: Rothmann Philipp_von_Hessen Philipp Rothmann Johann_von_Leyden Johann Johann_Mat- Johann Apostel Christi Apostel Gerhard_tom_Closter Johann
Bockelsohn Johann Schneider Gerhard_Kippenbrock Rudolf_von_Lange Rudolf
Extrahierte Ortsnamen: Hessen Niederlanden Nordholland Niederrhein Christi Jerusalem
386
Neligioiieanzclegenheilcri in Deutschland.
4. Bald wäre auch ein ganzes geistliches Churfürstcuthum der
lutherischen Partei zugefallen. Nämlich Hermann, Graf von Wied,
seit dem Jahre 1515 Erzbischof von (Sollt, lange einer der eifrigsten
Gegner der Reformation, wurde endlich durch den straßburger Prediger
Bucer für dieselbe gewonnen. Letzterer wurde im Jahre 1511 nach
Büschhofen bei Bonn zum Churfürsten berufen, und zugleich zwei ka-
tholische Theologen aus Cöln, der Weihbischof Johannes Nopeüus und
der Canonicus Johannes Gropper, dahin eingeladen. Bucer zeigte sich
in der Unterredung, die hier gepflogen wurde, so nachgiebig, daß er
die beiden Theologen wohl für sich gewonnen hätte, wenn sie ihn nicht
anders aus seinen Schriften gekannt hätten. Bald wurde Bucer per-
sönlich von Melanchthon u. a. unterstützt, so daß die neue Lehre be-
reits in Bonn, Andernach, Kempen und andern Orten der Erzdiöcese
gepredigt wurde. Zugleich wurde ein Reformationsplan entworfen und
sowohl den Ständen,' als den Domherren in Cöln zur Begutachtung
mitgetheilt. Allein diese verlangtelf Entfernung der neuen Lehrer und
reichten eine Widerlegungsschrift ein und auch der Rath zu Cöln er-
hielt unterdessen Aufmunterungsschreiben sowohl vom Kaiser, der wie-
der nach Deutschland gekommen war und sich in Mainz aufhielt, als
auch vom Papste, welche ihn dringend ermahnten, sich den Unterneh-
mungen des Churfürsten fernerhin standhaft zu widersetzen. Endlich
kam der Kaiser nach Bonn und bewog den Churfürsten, die Reforma-
toren zu entlasserl. Doch war diese Nachgiebigkeit nur von kurzer
Dauer.
5. Daher richtete, als alle Gegenvorstellungen erschöpft waren,
die Geistlichkeit zu Cöln in Uebereinstimmung mit den übrigen Stän-
den eine Appellation gegen den Churfürsten an den Kaiser und Papst
ein. Jener nahm hierauf die Geistlichkeit in seinen Schutz und verbot
bei Strafe der Acht, daß Niemand sie weder in ihrer Religion, noch
in dem Besitze ihrer Güter und Rechte hindern solle und befahl zu-
gleich dem Erzbischöfe, sich innerhalb 30 Tagen vor ihm zu stellen und
ru verantworten. Auch der Papst Paul Hl. forderte denselben
rnnerhalb 60 Tagen vor seinen Richterstuhl, und da er nicht erschien,
excommunicirte er ihlr (16. April 1546), entsetzte ihn seiner Würden
und Aemter und entband die llnterthanen ihrer Verpflichtungen gegen
ihn. Unterdessen versuchte Hermanu, in den schmalkaldischen Bund
ausgenommen zu werden, was ihm nicht gelang; dennoch behauptete
er sich bis zur Auflösung dieses Bundes, worauf er sich nach der Graf-
schaft Wied begab und hier seine übrigen Lebenstage zubrachte.
6. So hatten die Anhänger der neuen Lehre an Zahl bedeutend
zugenommen, aber keineswegs an Einigkeit und Einheit. Schon im
Jahre 1524 war nämlich Luther mit Carlstadt, dem Bilderstürmer, in
Streit gerathen über die Lehre vom Abendmahle. Wahrend Luther
lehrte, daß von denjenigen, welche das gesegnete Brod und den geseg-
neten Wein im Abendmahle gläubig empfingen, mit diesen Zeichen des
Sacraments der Leib und das Blut Christi zugleich wirklich, wenn
auch nicht materiell, genossen, nnb dadurch für sie Vergebung der Sün-
den bewirkt werde, verwarf Carlstadt die leibliche Gegenwart Christi
im Sacramente und behauptete, es sei gleich unmöglich, daß der Leib
Christi in dem Zustande gegenwärtig sein könne, m welchem er einst
irdisch auf Erden gewandelt und am Kreuze getödtet worden sei. Der
Zweck der Abendmahlsfeier sei kein anderer, als Erneuerung an den
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
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Extrahierte Personennamen: Hermann Graf_von_Wied Johannes_Nopeüus Bucer Melanchthon
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Bonn Bonn Andernach Deutschland Mainz Bonn Christi Christi Christi
Der westfälische Friede.
423
4) Schweden erhält Vorpommern nebst der Insel Rügen, einen
Theil Hinterpommern's (Stettin, Garz, die Insel Wollin), fer-
ner Wismar, das Erzbisthum Bremen unv das Bisthum Ver-
den als weltliche Herzogthümer, und zwar dieses Alles als deutsche
Neichslehen, wodurch es Reichsstand wird, endlich 5,000,000
Thaler.
b. Die Entschädigungen an deutsche Fürsten durch Säcularisation geist-
licher Stifter:
1) Chnrbrandcnburg erhält den östlichen Theil Hinterpommern's
und die Stifter Magdeburg, Halberstadt, Minden, Camin als
vier weltliche Fürstenthümer;
2) Chnrsachsen erhält vier Aemter des magdeburgischen Gebietes;
0) Mecklenburg, für die Abtretung Wismar's, die Bisthümer
Schwerin und Ratzeburg als weltliche Fürstenthümer;
4) Braunschweig erbält Lüneburg und einige Elöstcr;
5) die Lanvgräfin Amalie von Hessen, die Abtei Hersfeld und die
Grafschaft Schanmbnrg nebst 600,000 Thalern.
c. Die Restitutionen:
1) Sämmtliche Reichsstände, welche gegen den Kaiser die Waffen
getragen, werden ohne Unterschied amnestirt, Baden, Wurtem-
berg u. a. restituirt;
2) Bayern behalt die Churwürde, die Oberpfalz und Donauwerth;
3) Carl Ludwig, der Sohu des geächteten Friedrich V. von der
Pfalz, erhält die Unterpfalz und die neu errichtete achte Churwürde.
ck. Die kirchlichen Verhältniste:
1) Das Jahr 1624 gilt als Normaljahr für alle kirchliche Fragen.
Wer den 1. Januar des I. 1624 in Deutschland im Besitze
von Kirchen, Schulen und geistlichen.gütern gewesen ist, soll
wieder in denselben eintreten*). Der geistliche Vorbehalt soll
bei beiden Religionen stattfinden. Das Jahr 1624 wurde zu-
gleich Normaljahr für die Religion in den Reichsstävten und für
die Religionsübung der Protestanten, welche unter katholischen,
und der Katholiken, welche unter protestantischem Landcsherrn
standen; diejenigen, welche 1624 öffentlichen oder Privat-Got-
tesvienst gehabt hatten, sollten denselben behalten; alle Uebri-
geu bekamen nur vie Vergünstigung der Auswanderung. Dennoch
blieben die Katholiken in den protestantischen Ländern Deutsch-
lands bis in's 10. Jahrh. allen ehemaligen Beschränkungen mit
geringen Ausnahmen unterworfen, und einige bestehen noch jetzt;
2) Die Calviniste» erhielten unter dem Namen „Neformirte" gleiche
Rechte mit den Lutheranern;
3) In seinen eigenen Erbstaaten ließ sich dcr Kaiser der Religion
wegen nichts vorschreiben;
4) Für die Verhandlungen in Religionssachen auf Reichstagen
wurde verordnet, daß, wenn die Katholiken und Protestanten sich
in zwei Parteien theilten, keine Mehrheit dcr Stimmen, son-
dem nur ein gütlicher Vergleich statkfinden sollte.
*) Die Protestanten erhielten demnach^ die Erzbisthümer Magdeburg und Brc-
die Bisthümer Lübeck, Osnabrück, Halberstadt, Verden, Meißen, Naumburg,
bu,- ^us9' Lebus, Brandenburg, Havelberg, Minden, Camin, Schwerin und Ratze-
(g,fy i. dh- Abteien Hersfeld, Walkcnried., Gandersheim, Quedlinburg, Hervord und
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser]]
TM Hauptwörter (100): [T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T44: [Sachsen Provinz Preußen Königreich Hannover Bayern Staat Hessen Baden Land], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T73: [Stadt Schloß Augsburg Grafe Nürnberg Reichsstadt Bischof Sitz Regensburg Fürst], T37: [Friedrich Brandenburg Heinrich Herzog Sachsen Land Albrecht Kaiser Mark Johann]]
TM Hauptwörter (200): [T144: [Stadt Frankreich Münster Straßburg Metz Mainz Elsaß Bischof Frieden Trier], T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk]]
Extrahierte Personennamen: Amalie_von_Hessen Carl_Ludwig Ludwig Friedrich_V. Friedrich_V.
Extrahierte Ortsnamen: Stettin Garz Wollin Wismar Bremen Chnrbrandcnburg Halberstadt Minden Ratzeburg Baden Donauwerth Deutschland Magdeburg Osnabrück Halberstadt Naumburg Lebus Brandenburg Havelberg Minden Schwerin Gandersheim Quedlinburg
428
Erster Neichskrieg gegen Ludwig Xiv.
3. Dieses Ziel verfolgend, erhob Ludwig gleich nach dem Tode
des spanischen Königs Philipp Iv., seines Schwiegervaters, für seine
Gemahlin Erbansprüche (iu8 llvvolulionm) auf die spanischen Nieder-
lande und besetzte schnell die Franche-Comte, Flandern und Hennegau.
Allein Holland und England, welche die spanischen Niederlande nicht
in den Besitz Frankreichs kommen lassen wollten, schlossen daher m.t
den Schweden die durch den Holländer Johann de Witt veranlagte
Tripelallianz. Dessen ungeachtet lieg Ludwig die unbeschutzte Freigraf-
schaft Burgund übetfallen und ganz besetzen, um auf diese Weise Spa-
nien zu günstigern Friedensbedingungen zu stimmen. Allein besürch-
tcub, die Zahl seiner Feinde möchte sich noch vermehren, schloss er den
Frieden zu Aachen (1638), nach welchem er sich mit den eroberten
Plätzen in Flandern begnügte und die Freigrafschaft Burgund zurück-
gab. Umsonst hatte Spanien das deutsche'reich um Hülfe gegen die
französische Eroberungssucht angerufen.
4. Seinen nächsten Eroberungsplan richtete Ludwig Xiv. (1672)
gegen die Holländer, um an diesen für die Stiftung der Tripelallianz
Rache zu nehmen und zugleich sein Reich wo möglich zu vergrößern.
Ehe er den Krieg begann, wußte er zunächst England und Schweden
von der Tripelallianz zu trennen und den englischen König zu einer
Verbindung gegen Holland zu bewegen. Auch durch Geld wußte Lud-
wig sich Bundesgenossen zu verschaffen. Zu diesen gehörte außer dem
Könige von England die schwedische Regierung; denn durch diploma-
tische Künste und durch freigebig ausgctheilte Gaben brachte er den
schwedischen Ncichsrath zum Abschlüsse eines Bundesvertrages, nach
welchem Schweden auf drei Jahre die Verpflichtung übernahm, jeden
deutschen Reichsfürsteu zu bekriegen, der in Ludwig's holländischem
Kriege den Niederländern Beistand leisten würde; dagegen versprach
Frankreich, der schwedischen Negierung eine jährliche Unterstützung von
600,000 Thalern zu zahlen und sie auch für jeden Verlust, welchen
sic durch ihre Hülfe erleiden würde, schadlos zu halten. Dieser Ver-
trag, welcher hauptsächlich gegen den Churfnrflen von Brandenburg
gerichtet war, wurde im April 1672 unterzeichnet, in demselben Augen-
blicke, als Ludwig fein Kriegsmanifest gegen die Niederländer erließ. So-
gar der kaiserliche Minister Lobkowitz ließ sich durch französisches Geld be-
stechen und bewog den Kaiser im Noo. 1671 einen geheimen Vertrag
mit Frankreich abzuschließen, in welchem er sich für den Fall, daß Lud-
wig mit England, Schweden oder den Niederlanden in Krieg gerathen
sollte, verpflichtete, keinem dieser Staaten Hülfe zu leisten. Ebenso
wurden der Chnrfürst von Cöln und der kriegerische Bischof von
Münster, Bernhard von Galen, durch bedeutende Summen für Lud-
wigs Interesse gewonnen.
5. Nachdem Frankreich und England am 17. Apr. 1672 und bald
darauf auch der Chnrfürst von Cöln und der Bischof von Münster
den Holländern den Krieg erklärt hatten, zog ein französisches Heer
von 120,000 Mann unter Türen ne und Conde an den Rhein und die
Maas, um in das Herz von Holland selbst einzubrechen, und besetzte
fast ohne Widerstand Geldern, Utrecht und Oberyssel. 'Nach diesem
Einfälle traf der Admiral Rnyter die englische und französische
Flotte ganz unerwartet im Hafen von Solebay, wo cs am 7. Juni
zur Schlacht kam, welche jedoch unentschieden blieb. Was den Verlauf
des Landkrieges betrifft, so trafen die Holländer damals alle Anstalten
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Extrahierte Ortsnamen: Flandern Hennegau Holland England Niederlande Frankreichs Schweden Burgund Aachen Flandern Burgund Spanien England Schweden Holland England Ludwig's Niederländern Frankreich Brandenburg Frankreich England Schweden Frankreich England Rhein Holland Solebay
Erster Reichskrieg gegen Ludwig Xiv.
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zu einer verzweifelten Gegenwehr. Die Amsterdamer drohten sogar
die ganze Umgegend unter Wasser zu setzen und waren entschlossen, sich
lieber mit Weib und Kind und mit ihrer Habe einzuschiffen und nach
Baravia überznsiedeln, als die harten Bedingungen des despotischen
Königs von Frankreich anznnehmen. Unterdessen wurde in Holland
die republikanische Partei gestürzt und der Krieg nahm eine für Hol-
land günstigere Wendung.
6. Schon vorher (6. Mai) hatte der Chnrfürst von Brandenburg
den Holländern in einem förmlichen Vertrage versprochen, 20,001) Mann
zu ihrer Hülfe nach Westfalen zu schicken, und brachte es endlich auch
beim Kaiser dahin, daß dieser ein Heer unter dem besten seiner Gene-
rale, dem Grafen Montecuculi, zu den brandenbucgischen Truppen
stoßen ließ. Aber dessenungeachtet wurde wenig oder nichts gegen die
Franzosen ausgerichtet; denn Lobkowitz, der alles vermögende Minister
des Kaisers, hemmte die Bewegungen Montecnculi's so sehr, daß dieser
sich genöthigt sah, seinen Abschied zu nehmen. Daher neigte sich auch
bald nachher der Chnrfürst, dessen Heer durch Hin- und Herziehen, so-
wie durch Hunger und Krankheiten sehr geschwächt war, zum Frieden,
uuö so wurden im Juni 1673 endlich im französischen Lager zu Vossem,
einem Dorfe unweit Antwerpen, die Präliminarien eines Friedens zwi-
schen Brandenburg und Frankreich unterzeichnet. Durch diesen Ver-
trag erhielt der Chnrfürst seine Besitzungen wieder, jedoch mit Aus-
nahme von Rees und Wesel, welche Orte vorerst in der Gewalt der
Franzosen blieben. Zugleich zahlte ihm Ludwig 800,000 Franken baar.
Der Krieg gegen Holland wurde von den Engländern und Franzosen auch im
Jahre 1673 zu Wasser und zu Lande ganz zum Vortheilc der Franzosen fortgesetzt,
und auch das deutsche Reich und Spanien in denselben verwickelt, so daß damals
(1673) der Kampf der Franzosen mit Holland sich in einen Krieg mit jenen beiden
Mächten, sowie im folgenden Jahre in einen Krieg mit dem deutschen Reiche und mit
Brandenburg verwandelte.
7. Das deutsche Reich ward den unmenschlichen Verwüstungen
und Erpressungen der Franzosen preisgegeben; denn Turenne zog ver-
wüstend und raubend in Franken und sogar in Schwaben unrher, ohne
Widerstand zu finden. Als endlich der Kaiser den Krieg erklärt hatte,
machte Turenne die Pfalz unter unerhörten Erpressungen zum Sam-
melplätze aller seiner wilden Söldner, welche keinen Unterschied zwischen
Kaiser und Reich machten, und also in Feindes Lande zu sein glaubten.
Ludwig behandelte schon im Jahre 1673 das deutsche Reich wie ein
Land ohne Regenten. Er unterwarf alle zehn Reichsstädte des Elsasses,
obwohl denselben ebenso, wie der Stadt Straßburg, ihre Freiheit und
ihre Verbindung mit dem Reiche im westfälischen Frieden gesichert wor-
den war, und vereinigte sie mit Frankreich. Seine Heere brandschatz-
ten diesseits und jenseits des Rheins, ja er drohte sogar, mit 30,000
Mann in die kaiserlichen Erblande einzufallen. Dagegen thaten die
deutschen Fürsten und Stände nichts anderes, als was sie bei drohen-
der Gefahr immer zu thun pflegten; sie berathschlagten viel in Regens-
burg, ohne zu handeln. Der Kaiser schickte damals ein starkes Heer
Unter Montecuculi durch die Oberpfalz an den Main und Rhein.
Montecuculi wollte den Marschall Turenne, welcher aus Westfalen nach
Franken gedrungen war, angreifen; dies erlaubten ihm jedoch des Mi-
uisters Lobkowitz verräterische Instructionen nicht, und Turenne ge-
wann Zeit, um glücklich über den Rhein zurückzukehren. Montecuculi
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Xiv Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Montecuculi
Extrahierte Ortsnamen: Baravia Frankreich Holland Brandenburg Westfalen Brandenburg Frankreich Wesel Holland Spanien Holland Schwaben Elsasses Straßburg Frankreich Rheins Main Rhein Westfalen Rhein
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Erster Reichskrieg gegen Ludwig Xiv.
Feldherren, Montecuculi und Condü, beendigten damals ihre militärische
Laufbahn und zogen sich am Ende des Jahres 1675 in's Privatleben
zurück.
13. In den beiden folgenden Jahren (1676 und 1677) wurde der
Krieg nur noch in den spanischen Niederlanden mit geringem Erfolge
fortgesetzt und gleichzeitig Friedensunterhandlungen zu Nimwegen an-
geknüpft, bei welchen Ludwig Xiv. die kluge Politik befolgte, mit jedem
Gegner besonders Frieden zu schließen, so daß aus dem gegen ihn ge-
schlossenen Bündnisse immer mehr Theilnehmer ausschieden, und die
Zurückbleibenden sich genöthigt sahen, immer härtere Bedingungen sich
gefallen zu lassen. Schon im Jahre 1676 wurden die Friedensunter-
handlungen in Nimwegen eröffnet, aber durch eine lange Reihe von
höchst lächerlichen und kindischen Streitigkeiten über Etikette, Titulatu-
ren, Formeln und andere Nebensachen sehr in die Länge gezogen, wo-
bei die Franzosen ihren Uebermuth auf eine recht auffallende Weise an
den Tag legten. Die Bedingungen des Friedens, welche Ludwig anbei,
schienen den übrigen Verbündeten so hart, daß keiner von ihnen darauf
eimgehen wollte. Nur die Niederländer, denen Ludwig die Rückgabe
von Mastricht angeboten hatte, waren geneigt, Frieden zu schließen, und
am 10. Aug. 1678 kam endlich ein Separat-Friede zwischen Frankreich
und Holland, sowie dem diesem verbündeten Spanien zu Stande, weil
man dadurch die übrigen Mächte zu isoliren und zur Annahme der
härtesten Bedingungen zu zwingen hoffte. Holland erhielt Mast-
richt und alle von den Franzosen besetzten Städte und Herrschaften
wieder; Spanien dagegen erhielt zwar fünf im Aachener Frieden abge-
tretene Städte zurück, mußte aber au Frankreich die ganze Franche-
Comtü, die setzt vom deutschen Reiche getrennt wurde, und vierzehn
feste Plätze in den Niederlanden abtretcn.
14. Nachdem Holland uno Spanien Frieden gemacht hatten, war
für das deutsche Reich kein Grund mehr vorhanden, den Krieg fortzu-
setzen. Der Reichstag beschloß daher, Frieden zu schließen mtb über-
ließ dieses Geschäft diesmal dem Kaiser. Die. französischen Gesandten
trieben' den Uebermuth so weit, daß sie erklärte, wenn der Kaiser nicht
vor Ende des Jahres 1678 die ihm vorgeschriebenen Bedingungen an-
nehme, so würden sie noch ganz andere stellen. Der Kaiser unterschrieb
daher schon am 5. Febr. 1679. In diesem von Kaiser und Reich mit
Frankreich und Schweden geschlossenen Nimwegener Fricdensverträge
mußten sich die Ersteren und ihre Verbündeten alles gefallen lassen,
was Ludwig's übermüthige bevollmächtigte Botschafter ihnen vor-
schrieben. Der westfälische Friede wurde zwar im Allgemeinen bestä-
tigt, aber von den Rechten der durch diesen dem Reiche vorbehaltenen
zehn Städte und der unmittelbaren Reichsritterschaft des Elsasses,
welche Ludwig gewaltsam unterdrückt hatte, war keine Rede. Eben-
sowenig wurde das der Stadt Straßburg entrissene Gebiet zurückgege-
den. Das eroberte Freiburg im Breisgau blieb den Franzosen, welche
dagegen dem Reiche das von dessen Truppen eroberte Philippsburg
ließen. Allen denen, welche den Franzosen auf irgend eine Weise Hülfe
geleistet hatten, wurde das Verlorene zurückgegeben. Der Bischof von
Münster, der am 29. März einen besonderen Frieden mit Frankreich
und Schweden schloß, mußte zwar den Schweden die Orte, deren er
sich bemächtigt hatte, zurückgcben, aber dafür erhielt er von ihnen
200,000 Thaler als Ersatz der auf Befest gung verwendeten Kosten.
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von_Mastricht Ludwig Ludwig Ludwig
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